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Der Märchen-Roman DIE PRINZESSIN VON SAN LORENZO 2 ist die Fortsetzung der spannenden Geschichte einer jungen Frau, die von einer Hexe manipuliert und entführt wird. Mit ihrer Freundin, der Fee Lamina und dem Zwerg Jorge, begegnen der jungen Prinzessin auch in diesem Abenteuer viele Menschen und märchenhafte Gestalten, die durch ihr kurioses Verhalten die Welt in Chaos versetzen. Im Reich der Drachen ist ein Konkurrenzkampf zu erwarten, und die Liebe hofft auf ein Happy End.
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Seitenzahl: 209
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Gudrun Leyendecker ist seit 1995 Buchautorin. Sie wurde 1948 in Bonn geboren.
Siehe Wikipedia.
Sie verö ffentlichte bisher circa 98 Bü cher, unter anderem Sachbü cher, Kriminalromane, Liebesromane, und Satire. Leyendecker schreibt auch als Ghostwriterin fü r namhafte Regisseure. Sie ist Mitglied in schriftstellerischen Verbänden und in einem italienischen Kulturverein. Erfahrungen fü r ihre Tätigkeit sammelte sie auch in ihrer Jahrzehntelangen Tätigkeit als Lebensberaterin.
Der Märchen-Roman DIE PRINZESSIN VON SAN LORENZO 2 ist die Fortsetzung der spannenden Geschichte einer jungen Frau, die von einer Hexe manipuliert und entführt wird. Mit ihrer Freundin, der Fee Lamina und dem Zwerg Jorge, begegnen der jungen Prinzessin auch in diesem Abenteuer viele Menschen und märchenhafte Gestalten, die durch ihr kurioses Verhalten die Welt in Chaos versetzen. Im Reich der Drachen ist ein Konkurrenzkampf zu erwarten, und die Liebe hofft auf ein Happy End.
Für Rike
in tiefer Verbundenheit
Was bisher geschah
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Letztes Kapitel
Es war einmal … in Italien. Was bisher geschah: Ganz in der Nähe des kleinen Ortes San Lorenzo in Banale, den man unweit der Brenta-Dolomiten findet, wurde in jener besonderen Nacht eine Prinzessin geboren.
Es war die Nacht des 10. August, in der man am Gardasee, die „Notte di San Lorenzo“ feierte, die Nacht der Sternschnuppen.
Jedes Jahr kann man um diese Zeit den Schwarm der Sternschnuppen beobachten, die mit dem Namen Perseiden an der Erde vorbeiziehen. In Italien werden sie auch die „Tränen des Heiligen Lorenzo“ genannt, der über die bösen Menschen sehr traurig gewesen sein soll.
Weil allgemein bekannt ist, dass Sternschnuppen Glück bringen, nannte man die kleine Prinzessin Federica Felicità. Federica ist ein italienischer Vorname und bedeutet Frieden oder „die Friedenbringende“ und „Felicità“ ist, wie die meisten Menschen wissen, das Glück. Die Einwohner des winzigen Königreichs von San Lorenzo erhofften sich von der erwachsenen Prinzessin, sie möge beides in ihrem Land und in der Welt verbreiten: Frieden und Glück.
Doch in den Jahren nach Federicas Geburt veränderten sich die Zustände in dem kleinen Land. Vom Gletscher der Marmolata stieg die böse Fee Nüssli herab und mischte sich, zuweilen als ältere Frau verkleidet, unter die Einwohner von San Lorenzo.
Weil sie selbst gern einmal Königin dieses kleinen Königreichs werden wollte, verbreitete sie die Nachricht, dass Federica eine große, böse Zauberin sei, die mit der Vollendung ihres 18. Lebensjahres große Schrecken, Katastrophen und Epidemien über dem Land verbreiten werde. Doch damit dieses Gerücht nicht zu Federica gelangen sollte, behauptete sie, dass jeder sofort tot umfalle, der davon etwas am Königshof verlauten lasse.
So geschah es dann, dass sich die Bürger von San Lorenzo vor dem 18. Geburtstag der Prinzessin fürchteten und zu planen begannen, was zu tun sei, um das Königreich zu retten.
Federica dagegen wusste von alldem nichts und bereitete sich mit Sorgfalt für die Krönungsfeier vor, die am 10. August um Mitternacht stattfinden sollte.
Mitten in diese Vorbereitungen hinein, erschien die böse Nüssli in der Verkleidung einer Botschafterin bei der Prinzessin und behauptete, Nachrichten von den im Exil lebenden Eltern zu haben. Die Hexe behauptete, der König und die Königin brauchten dringend einen Teil des Schatzes, den der Drache Polka in seiner Höhle gut behütete.
Federica, die ihre Eltern sehr liebte, war gern bereit, das Lösegeld für ihre Eltern zu beschaffen, doch kaum hatte sie es der Hexe übergeben, wurde sie von ihr mit einem Zauber belegt.
Mit einer völlig neuen Identität, die ihr aufgezwungen wurde, reiste sie nach Italien und Monaco, und wurde gezwungen, ein Leben zu führen, das nicht ihren innersten Wünschen entsprach.
Während ihre Freundin, die gute Fee Lamina, und der Zwerg Jorge nach der Prinzessin suchten, versuchte Nüssli, Federica in eine fremde Welt zu integrieren. In der Absicht der bösen Fee lag auch, die junge Frau mit einem Fremden in einem anderen Land zu verheiraten, damit sie dort sesshaft würde. Doch da die böse Fee, die Hexe Nüssli nur bedingte Zauberkraft besaß, misslangen ihr einige Versuche, Federica von der Vergangenheit zu entfremden.
In Venedig lernte die Prinzessin den Franzosen Mario kennen, einen Musikstudenten, der sich sofort in die junge Frau verliebte. Doch der Hexe gelang es, Federica mit präparierten Pflastern, deren Wirkstoffe in die sensible Haut eindrangen, wieder zu betäuben und zu entfremden.
Nach vielem Hin und her und einigen Abenteuern gelang es jedoch Lamina und dem Zwerg, die Prinzessin zu befreien und sie nach San Lorenzo zurückzuholen. Dort klärte sich nach und nach alles auf, und an Federicas achtzehnten Geburtstag ereignete sich die große Wende: Nüssli und ihr böser Freund Mettlach konnten festgenommen werden und der König und die Königin kehrten ins Schloss zurück und übernahmen die Regentschaft. Sie befreiten die Prinzessin vom Druck der zukünftigen Position und rieten ihr erst einmal zu erholsamen Ferien mit langen, ausgiebigen Reisen.
Weil die Brille der Erkenntnis der jungen Frau geraten hatte, die Melodie ihres Lebens zu finden, erkannte sie, dass sie den Rufen der Musik folgen durfte.
So nahm Federica das freundliche Angebot ihrer Eltern sofort an, verließ umgehend das Königreich und reiste nach Venedig. Dort traf sie Mario wieder und beide beschlossen, in Zukunft mit Musik zu arbeiten und ihre eigene Lebensmelodie zu finden.
Die böse Fee Nüssli aber lebte in einer der Höhlen des Ätnas in Gefangenschaft, und der sizilianische Drache Maximo Eterno bewachte sie Tag und Nacht.
Im Schloss von San Lorenzo
Schauen wir einmal, wie es heute, ein Jahr später aussieht, und was aus Federica geworden ist! An ihrem neunzehnten Geburtstag finden wir sie in San Lorenzo, im Schloss ihrer Eltern.
Gerade hat sie sich ein Festkleid angezogen, steht vor dem Spiegel und kämmt sich die Haare.
Ihre Freundin, die gute Fee Lamina, steht neben ihr und schaut ihr zu: „Du siehst wieder einmal zauberhaft aus, und du bist in dem letzten Jahr noch hübscher geworden. Sicher hat das damit zu tun, dass du sehr glücklich bist. Wie weit bist du jetzt mit deiner Musikausbildung?“
„Die Schule in Venedig ist sehr gut, und ich habe schon einige pädagogische Seminare hinter mir. Dabei kommt auch mein Klavierspiel nicht zu kurz.“ Sie legt die Haarbürste beiseite und dreht sich um. „Ich habe ja im Moment jeden Abend in der Woche Zeit zu üben. Mario studiert in Paris, da können wir uns nur am Wochenende sehen.“
„Das ist aber eine teure Angelegenheit“, findet die Freundin. „Hat Mario denn so viel Geld, um immer zu dir fliegen zu können?“
Die Prinzessin seufzt und legt sich eine zarte Goldkette um den Hals. „Er gibt vielen Schülern Gitarren-Unterricht, und damit bezahlt er die Flüge, denn er mag es partout nicht, wenn ich ihm helfe.“
„Er ist eben sehr verliebt“, stellt Lamina fest. „Dafür strengt man sich schon einmal an.“
„Er behauptet, damit täte er ja nicht nur mir einen Gefallen, sondern auch sich selbst. Er gehört wirklich zu den wenigen sensiblen Vertretern des männlichen Geschlechts. Denn unter meinen Schulkollegen habe ich schon ganz andere kennengelernt.“
Die Fee rollt die Augen. „Du schriebst mir einmal, dass dort viele Schüler lernen, da hast du bestimmt jetzt schon viel Erfahrung mit unterschiedlichen Mentalitäten gemacht. Da sind bestimmt auch sehr feurige Typen dabei.“
Federica lächelt. „Oh, ja! Meine Mitschüler haben unterschiedliche Temperamente. Da gibt es einen, den vergleiche ich mit Brahms, er komponiert auch selbst und macht uns allen mit seiner Musik viel Freude.“
In diesem Augenblick klopft es an der Tür, und die Prinzessin ruft ein vernehmliches „Herein“.
Die Küchenfee Veronika tänzelt ins Zimmer. „Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht.“
„Du kannst sie uns ruhig verraten“, bittet die Königstochter. „Du weißt doch, Lamina ist meine beste Freundin und darf alles mithören.“
„Die gute Nachricht ist, dass mir der Zitronen-Bisquitkuchen ausnahmsweise einmal sehr gut gelungen ist. Aber die schlechte Nachricht mag ich gar nicht sagen. Ihr habt doch sicher davon gehört, dass der Ätna wieder ausgebrochen ist.“
Die beiden Frauen nickten.
„Das habe ich heute in der Zeitung gelesen“, berichtet die Fee.
„Es ist uns tatsächlich bekannt“, bestätigt die Prinzessin. „Ich hoffe, dass niemandem etwas dadurch passiert ist.“
„Es muss da ganz schön gerumpelt haben“, bemerkt Veronika. „Die böse Fee Nüssli war dort bei dem Drachen Maximo Eterno in einem bewachten Gefängnis. Sie lebte dort in einer der unzähligen Höhlen dieses gigantischen Vulkans, der ab und zu etwas aus seinem Rachen spuckt. Aber durch diese Bewegung im Inneren des Berges hatte sich ein winziger Ausgang gebildet, und durch den ist diese Hexe jetzt entflohen.“
Federica lächelt. „Mach dir deswegen keine Sorgen! Ich bin nun schon ein Jahr älter geworden, und etwas weiser, auch sehr viel stärker. Jetzt kann mir die böse Fee nichts mehr anhaben.“
„Unsere liebe Königstochter ist nicht mehr so unwissend wie früher“, bestätigt Lamina. „Mittlerweile durchschaut sie die Tricks dieser bösen Hexe.“
„Ich bitte um Entschuldigung! Aber ich mache mir Sorgen“, gesteht die Küchenfee. „Wenn ich noch daran denke, wie erfolgreich diese böse Frau sämtliche Einwohner von San Lorenzo davon überzeugt hat, die Prinzessin verspiele den ganzen Staatschatz in den Spielcasinos von Monaco, dann wird es mir noch ganz gruselig.“
„Das stimmt“, gibt die gute Fee zu. „Es ist erstaunlich, mit welcher Ausdruckskraft man das Böse verbreiten kann. Ich hätte damals nie geglaubt, dass sich die treuen Einwohner dieses Königreiches so blenden lassen. Ich denke, wir werden uns noch einmal fachlichen Rat holen müssen.“
Federica bedankt sich bei Veronika und entlässt sie mit ein paar freundlichen Worten. Als sich die Tür hinter der Küchenfee geschlossen hat, wendet sie sich an die Freundin. „An wen hast du gedacht, an den Drachen Polka?“
„Ich dachte eher an die weiße Schneekatze Luciana, die Nüssli damals am Gletscher zurückgelassen hat, als sie hier nach San Lorenzo hinunterstieg.“
Die Prinzessin staunt. „Was versprichst du dir davon? Glaubst du, sie plaudert über ihre ehemalige Herrin?“
„Möglicherweise schon. Sie wurde von der Hexe verlassen, und vor einigen Monaten tauchte sie plötzlich in der Schlossküche auf und fragte, ob sie etwas zum Essen haben könnte. Sie war sehr dünn geworden, sah sehr schlecht aus, und ich hatte das Gefühl, dass sie nicht gut auf Nüssli zu sprechen war.“
„Dann werden wir morgen einmal hinauf zum Gletscher wandern“, schlägt Federica vor. „Ich habe zwar keine Angst mehr vor ihr, der Hexe, aber wir sollten trotzdem vorsichtig sein und nicht vergessen, dass sie auch zaubern kann.“
„Schade, dass deine Eltern nicht hier sind, sie wüssten bestimmt auch noch einen guten Rat, aber es ist verständlich, dass sie zur Krönung des befreundeten Königs fahren mussten. Findest du nicht auch, dass dieser Geburtstag ein bisschen traurig ist? Nicht einmal dein Freund hat die Möglichkeit, heute hier zu sein.“
„Seine Prüfungen sind jetzt erst einmal wichtiger“, ruft sich die Prinzessin zur Vernunft. „Schließlich befinden wir uns beide noch in der Ausbildung, da muss man schon einmal auf verschiedene Dinge verzichten.“
Lamina lächelt der Freundin zu. „Du bist es von früher gewohnt, zu verzichten und dich zu disziplinieren. Daher fällt es dir jetzt nicht schwer. Aber ich hoffe, du kannst heute, an deinem Geburtstag etwas lockerer sein.“
„Natürlich, gleich freue ich mich beim Kaffeetrinken mit den Einwohnern von San Lorenzo über das schöne Fest, heute Nacht ist das Feuerwerk, das jährlich um diese Zeit abgebrannt wird. Und wenn ich in den Himmel schaue, sind mir alle die Personen nah, an die ich denke.“
Geburtstag, einmal ganz anders.
Am Nachmittag freut sich Federica über die vielen Blumen, Geschenke und Glückwünsche der Bürger von San Lorenzo und hat Mühe, jedem die Hand zu schütteln und zu danken.
Beim öffentlichen Ball, bei dem auch ein riesiges Buffet geboten wird, tanzt sie pflichtgemäß mit den Ministern, aber gestattet ebenso einigen geladenen Bürgern ein Tänzchen.
Als der Mond heraufzieht, ist sie froh, dass sie sich kurz ins Büro zurückziehen und fernmündlich mit ihren Eltern kommunizieren kann. König Ernesto und Königin Margarita gratulieren ihrer Tochter herzlich und wünschen ihr alles Glück dieser Erde.
Etwas später meldet sich auch Mario mit einem Anruf und wünscht ihr das Allerbeste. Doch gleich, nachdem er seine Glückwünsche ausgesprochen hat, fährt er besorgt fort: „Als ich hörte, dass Nüssli aus ihrem Gefängnis ausgebrochen ist, wollte ich sofort zu dir kommen, um dich zu beschützen. Aber leider hat man mir nicht freigegeben. Ich hatte auf die Prüfung verzichten und lieber zu dir kommen wollen, aber der Professor riet mir davon ab. Er sagte mir, dass ich die Prüfung dann erst im nächsten Jahr nachholen kann. Schließlich habe ich mich dann entschieden, trotzdem zu dir zu fliegen, aber nun habe ich erfahren, dass sowohl hier in Frankreich als auch in Italien die Piloten streiken. Also musst du tatsächlich ohne mich feiern, deinen Geburtstag allein zu Ende bringen.“
Federica kichert. „Das war aber eine lange Rede. Jetzt kannst du wirklich ganz unbesorgt sein! Wenn du von Paris nicht nach San Lorenzo fliegen kannst, wird auch Nüssli nicht hierhin fliegen können. Außerdem weichen mir Lamina und Jorge nicht von der Seite.“
„Das hoffe ich. Trotzdem wäre ich gern bei dir gewesen, und ich hoffe auch, dass die böse Fee keine Möglichkeit findet, einen Weg zu dir zu finden.“
„Sei unbesorgt!“ versucht sie ihren Freund zu beruhigen. „Du bist ja darüber informiert, dass Nüssli nur wenige negative Dinge zaubern kann, so wie sich meine gute Fee Lamina lediglich auf die weiße Magie in Maßen beschränken muss. Ich werde also gleich wieder zu meinen Gästen gehen, um mir das Feuerwerk mit ihnen anzuschauen. Morgen werden wir in die Berge wandern, bis zu der Gletscherzunge, in deren Nähe die Schneekatze wohnt. Von ihr erhoffen wir uns einige Auskünfte über ihre ehemalige Herrin, die böse Fee.“
„Bist du denn sicher, dass sie euch nicht schaden kann?“ fragt Mario besorgt.
„Man glaubt ja allgemein, dass Luciana auf Nüssli immer noch böse ist, weil sie sich seit langer Zeit nicht mehr um sie kümmert und einfach fortgegangen ist. Zwar gibt es auch Katzen, die gern allein sind, aber die böse Fee und die Schneekatze waren früher unzertrennlich. Wenn es oben kalt war, dann legte sich Luciana wie ein Pelzkragen um den Hals der bösen Frau. Sie waren früher in jeder Minute zusammen.“
„Aber was soll diese Katze denn jetzt über Nüssli wissen, wenn sie doch schon so lange getrennt sind?“ wendet der junge Mann voller Zweifel ein.
„Sie kennt ihre Gewohnheiten. Ich denke, bei den Hexen ist das so wie bei den Menschen. Einige können sich ändern, wenn sie es wollen. Aber dann gibt es die, die so stark mit sich selbst beschäftigt und so wenig empathisch sind, dass sie gar nicht im Traum daran denken, etwas ändern zu müssen.“
„Ja, gut“, gibt Mario nach, „aber weißt du auch, dass Nüssli eine Schwester hat, die Dolores heißt? Sie soll sich gern manchmal als graue Katze verkleiden und schon allerlei Chaos in der Welt verbreitet haben. Verwechsele die beiden Katzen also nicht!“
„Ja, davon habe ich gehört. Und ich weiß noch mehr. Nüssli hat auch einen Sohn, der Hieronymus heißt. Bisher war er in einem speziellen Internat, in dem man auch das Zaubern lernen kann“, weiß Federica.
„Ist er nicht schon ein bisschen zu alt für eine Schule“, überlegt Mario.
„Es ist ein Internat, an das auch eine Hochschule angeschlossen ist. Hieronymus soll in der Schule so perfekt gewesen sein, dass er ein Stipendium für diese seltene Uni bekommen hat.“
Der junge Mann staunt. „Was mag er da überhaupt gelernt haben? Weißt du denn, wo dieses Internat liegt? Bestimmt in einem großen Urwald“, vermutet er.
„Oh nein! Mitten in einer der größten Städte dieser Erde, aber es ist nicht bekannt, in welcher. Dort fallen die Schüler am wenigsten auf.“
„Hoffentlich ist er noch nicht so gut wie seine Mutter, sonst könnte er mächtigen Schaden anrichten“, überlegt Mario.
„Er soll sogar noch besser sein, weil er sehr ehrgeizig ist“, berichtet ihm die Prinzessin. „Das hat mir Jorge vorhin verraten, denn sein Zwergenreich ist gut vernetzt, über alle Länder der Erde.“
„Dann wollen wir hoffen, dass er über alles schnell informiert wird, damit er dich warnen kann. Aber jetzt wollen wir diese Gedanken wieder fortschicken. Bevor du wieder zu deinen Gästen gehst, muss ich dir unbedingt noch sagen, wie sehr ich dich vermisse.“
Federica freut sich. „Ich vermisse dich auch sehr, und ich freue mich, wenn wir uns bald wiedersehen können.“
„Ich kann es gar nicht erwarten“, verrät er ihr. „Und dann haben wir ganz viel nachzuholen. Weißt du eigentlich, wie viele Küsse du inzwischen schon verpasst hast?“
Sie lacht. „Ich kann es mir so in etwa denken. Es könnte eine sehr schwierige Rechenaufgabe werden.“
„Wir werden alle Zeit der Welt brauchen“, vermutet er. „Hast du schon überlegt, wann und wo wir uns wiedersehen?“
„Venedig passt mir sehr gut, da musst du auch nicht in einen anderen Flieger umsteigen und hast keine Anfahrten. Wenn du zu mir nach San Lorenzo kommst, musst du vom Flughafen Verona aus, doch noch ein ganzes Stück fahren, um zu mir zu kommen. In zwei Tagen bin ich wieder Italien. Vielleicht hast du bis dahin auch alles geschafft?“
„Ich habe hier noch drei Prüfungstage, aber danach kann ich mir erst einmal freinehmen. Übrigens habe ich für dich noch eine kleine Geburtstags Überraschung. Soll ich sie dir verraten?“
Federica kichert. „Nein, Heb dir deine Überraschung für später auf! Ich kann gut warten und finde es schön, die Vorfreude zu genießen. Aber ich werde schon einmal beginnen, die Stunden zu zählen. Drei Tage, das sind genau 72 Stunden, die werde ich es bestimmt noch aushalten. Aber jetzt muss ich mich wirklich wieder bei meinen Gästen blicken lassen, denn das Telefongespräch mit meinen Eltern hat auch schon ein bisschen länger gedauert, als es vorgesehen war. Wir haben jetzt schon eine Viertelstunde vor Mitternacht. Da ist es besser, wenn wir uns jetzt verabschieden.“
„Schade, das ist traurig“, findet er. „Bist du denn jetzt allein im Büro? Ich hoffe Lamina und Jorge sind in der Nähe.“
„Ja, sie stehen hier direkt vor meiner Bürotür und warten auf mich. Du kannst also jetzt auch ganz beruhigt schlafen, und ich schicke dir dazu die wunderschönsten Träume und meine aufregendsten Küsse.“
„Ich fange alles mit offenen Armen auf“, scherzt er. „Und ich werde sie mir gut aufteilen, damit ich nicht vor Sehnsucht krank werde. Du darfst die Zahl deiner Küsse selbst bestimmen. Soviel, wie du willst.
„Das ist lieb von dir“, findet sie. „Denn davon kann ich nie genug bekommen.“
„Und vergiss nicht: ich liebe dich“, flüstert er zärtlich.
Sie beenden gemeinsam das Gespräch, und die Prinzessin atmet einen Augenblick tief durch. Was hat ihr der Himmel doch für ein Glück beschert mit diesem wunderbaren Mario! Sie denkt an das vergangene Jahr: Seit sie ihn kennt, ist sie rundherum glücklich, und keine Arbeit, keine Aufgabe wird ihr zu viel.
Die Turmuhr der Kirche von San Lorenzo zeigt durch ihr Schlagen an, dass es Zeit wird, hinauszugehen, und Federica beendet Träume.
Sie verlässt das Büro und geht gemeinsam mit Lamina und Jorge auf den Schlosshof, auf dem bereits alle Schlossbewohner und viele Bürger von San Lorenzo auf die Prinzessin warten.
Um Mitternacht zündet der Feuerwerker die magischen Lichterspiele an, die den Himmel mit bunten Figuren und Sternen beleben. Während die Zuschauer klatschen und bewundernde Rufe ausstoßen, schießen die magischen Kugeln in die Höhe und explodieren zu zauberhaften, leuchtenden Formen, zeigen sich als bunte Herzen, Blumen und glitzernde Kometenschauer.
Dieses blinkende Farbenspiel scheint den Sternenhimmel nicht sonderlich zu beeindrucken, und als das farbige Spektakel erlischt, funkelt es in den Tiefen des Firmamentes wie eh und je.
Die weiße Katze Luciana
Als die Prinzessin und Lamina an der Gletscherzunge neben dem Geröllfeld angekommen sind, entdecken sie ein Murmeltier, das Männchen macht und in der Luft herumschnuppert. Über ihnen schwebt ein Adler, der mit seinem majestätischen Gleiten zeigt, dass er sich seiner Würde und der Wichtigkeit seiner Aufgaben bewusst ist.
Die beiden Frauen schauen sich um und suchen die Höhle, die am Rande des Gletschers liegen soll.
Lamina runzelt die Stirn. „Diese großen Eiszungen bewegen sich leider immer weiter nach unten. Vielleicht ist diese hier über den Höhlen-Eingang gerutscht, möglicherweise gibt es jetzt einen anderen Ein- oder Ausgang.“
„Dann sollten wir vielleicht einfach einmal nach der Katze rufen“, schlägt Federica vor.
In diesem Augenblick ertönt ein lautes Schnurren und eine weiße Katze in der Größe eines Pumas erscheint.
Geschmeidig nähert sie sich und setzt sich vor die beiden Frauen hin. „Ihr habt mich gerufen, habt von mir gesprochen, warum sucht ihr mich auf?“
„Ich will gar nicht um den heißen Brei herumreden“, beginnt Federica. „Es geht um deine Herrin. Bist du über alles unterrichtet, was man gerade so über sie erzählt?“
Luciana hebt eine Pfote, leckt darüber, benetzt sie mit Speichel und putzt sich über das Mäulchen. „Du redest gerade von heißem Brei, das macht mir Appetit. Habt ihr etwas davon mitgebracht?“
Lamina setzt den Rucksack ab, holt einige Töpfchen hervor, öffnet sie und stellt sie vor die Katze. „An heißen Brei haben wir leider nicht gedacht, aber unsere Spitzenköchin Veronika hat dir einige andere Speisen liebevoll zubereitet. Magst du einmal probieren?“
Die weiße Katze schnuppert an den kleinen Behältern. „Das riecht ganz appetitlich, aber bevor ich davon esse, möchte ich doch wissen, was euch zu mir treibt.“
Federica zögert nicht. „Wir hatten gehofft, dass du uns ein wenig über deine Herrin erzählen kannst. Sie war zuletzt in einer der Vulkan-Höhlen des Ätna gefangen und wurde von dem Drachen Maximo Eterno bewacht. Beim letzten Ausbruch des Berges konnte sie ebenfalls ausbrechen.“
Die Schneekatze schleicht um die Näpfe herum. „Ja, auch wenn ihr euch vielleicht darüber wundert: Ich bin über alle Aktivitäten meiner Herrin informiert, obwohl ich mich weit über der Baumgrenze befinde.“
„Dann weißt du sicher auch, dass sie sich die Prinzessin als Spielball ausgesucht hat“, fährt Lamina sofort. „Sie hat sie mit allen Mitteln so bearbeitet, dass sie sich selbst fremd wurde, nicht mehr sie selbst war. Sie hat sie manipuliert.“
„Das ist mir in meine weißen Katzenohren gekommen“, bestätigt Luciana. „Damit habe ich aber nichts zu tun.“
„Davon bin ich überzeugt“, antwortet Federica. „Alle, die dich zwischendurch einmal in San Lorenzo gesehen haben, reden nur Gutes von dir. Aber wenn du so gut informiert bist, weißt du vielleicht auch, was Nüssli weiter vorhat? Ist sie immer noch hinter mir her, oder hat sie sich nun für ein friedliches Miteinander entschieden?“
„Nüssli ist eine Marionettenspielerin mit Leidenschaft. Sie braucht immer Puppen, die sie tanzen lässt, und ich weiß, dass sie Italien schon gestern verlassen hat.“
Lamina staunt. „Aber gestern haben doch die Piloten gestreikt, und der Ätna befindet sich ganz im Süden Italiens, Sizilien ist der Stein vor der Stiefelspitze. Ist sie etwa wie eine echte Hexe auf dem Besen geritten?“
Das melodische Schnurren der weißen Katze hört sich an wie ein Lachen. „Aber nein! Wir leben doch nicht mehr im Mittelalter. Ihr Sohn Hieronymus hat dafür gesorgt, dass ein Privatjet, der Phoenix aus der Asche, gechartert wurde. Die beiden sind noch gestern von Catania aus gen Norden geflogen.“
Die gute Fee runzelt die Stirn. „Der Phoenix aus der Asche? Ich glaube, da gab es mal einen Film, der hieß: der Flug des Phoenix. Meintest du diesen alten Klapperkasten, oder hast du an den Feuervogel gedacht?“
Luciana umkreist die Näpfe und atmet den Duft tief ein. „Nüssli hat es nicht nötig auf einem Feuervogel zu reisen. Dieser „Phoenix aus der Asche“ ist ein zum modernsten Flugzeug umgebauter Privatjet, der es mit jedem Überschallflugzeug aufnehmen kann. Hieronymus pflegt da die besten Beziehungen, selbst zur NASA.“
Die beiden Frauen staunen und sehen die weiße Katze erwartungsvoll an.
„Was weißt du noch?“ wagt sich Federica, das intelligente Tier weiter zu befragen. „Ist deine Herrin vielleicht schon wieder in diesem Bereich der Brenta-Alpen gesehen worden?“
Lucianas Schwanz steigt steil in die Höhe, das Fell sträubt sich. „Sie hat fest vor, sich mit dem Kuschelkater Jeremias zu treffen, und will dadurch einen großen Einfluss auf die Entwicklung der Menschheit ausüben.“
„Das verstehe ich jetzt gar nicht“, wirft Lamina ein. Zu dem „Kuschelkater gehen doch alle Menschen, die in ihrer Kindheit zu wenig Streicheleinheiten bekommen haben und auch die, die das Kuscheln erlernen müssen. Das passt doch überhaupt nicht zu der bösen Fee. Mit ihr kann man doch nun wahrhaftig nicht kuscheln und ich bin nicht sicher, ob sie es den anderen Menschen gönnt.“
Die Schneekatze faucht ein bisschen. „Wahrhaftig möchte niemand mit ihr kuscheln, seit sie sich vorgenommen hat, für ihren Sohn Hieronymus extra stark zu werden. Ich kenne sie noch aus alten Zeiten, da hat sie sich begnügt, ein paar Lawinen vom Berg hinunterzuschicken. Dank eurer Frühwarnsysteme kam meist keiner zu Schaden.“
„Und welches Ereignis hat sie dann so verändert?“ fragt Federica interessiert.