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Ist Patricia nach all den bedrohlichen Ereignissen und schaurigen Visionen endlich ein gemeinsames Glück mit Adrian vergönnt? Bis zu eurem Tod werdet ihr gegen die dunklen Kräfte kämpfen. Erste Zeichen deuten schon bald darauf hin, dass sich diese Vorhersage bewahrheitet. Wird die Rache des mysteriösen Hexenmeisters aus längst vergangener Zeit ihr junges Glück zerstören? Die Fortsetzung zu: Der Geist des Hexenjägers Eine Liebe, die Jahrhunderte überdauerte. Bravourös gelingt der Autorin der Balanceakt zwischen Fantasie, Spiritualität und romantischer Liebe.
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Seitenzahl: 575
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Im Jahre 1954 wurde sie in Schwäbisch Hall geboren. Ihre Kindheit und Jugend verbrachte sie in Schwäbisch Gmünd. 1973 heiratete sie. 1981 zog die Familie nach Nördlingen ins Ries.
Bereits als Teenager schrieb sie Kurzgeschichten für ihre Freundinnen. Nach der Schulzeit wollte sie ihren größten Wunsch, Schriftstellerin zu werden, in die Tat umsetzen. Doch das Leben kam dazwischen. Erst Jahre später gelangte sie nach einigen Umwegen in eine Situation, die sie erkennen ließ, dass allein das Schreiben genau das war, was sie schon immer tun wollte. Und so wurde es zu einem wesentlichen Teil ihres Lebens.
Während ihrer jahrelangen beruflichen Tätigkeit als Einzelhandelskauffrau, Ausbilderin und Seminarleiterin durfte sie Menschen aus unterschiedlichen sozialen Schichten kennenlernen und zwischenmenschliche Erfahrungen sammeln, die sich in ihren Romanen widerspiegeln.
Ihre Romane handeln von der Liebe, die stets geheimnisvoll und zuweilen sogar gefährlich sein kann, von Schicksalen, wie sie einem täglich begegnen, und mystischen Ereignissen, die der Verstand mitunter nur schwer erklären kann. Es geht jedoch immer um Frauen – starke, schwache, träumende, liebende und mit dem Schicksal hadernde Frauen.
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Epilog
Adrian reckte und streckte seine Glieder, gähnte lauthals und seufzte wohlig, bevor er sich auf die Seite drehte und mit noch geschlossenen Lidern unerwartet warme, zarte Haut ertastete. Augenblicklich riss er seine Augen auf und staunte nicht schlecht, als er – nur spärlich bedeckte Schultern, einen nackten – zugegeben ästhetisch prachtvoll modellierten Po und ein ebenso nacktes, formvollendet langes Frauenbein erblickte. Patricia! Plötzlich wie ein Wirbelsturm brach die Erinnerung an die letzte Nacht über ihn herein. Er erinnerte sich an seine wunderschöne, von Flammen umzüngelte Patricia, beschützt von den Kindern der Nacht, die mit ernsten Gesichtern inmitten dieses Feuers einen Schutzkreis um sie herum gebildet hatten. Er sah, wie Asmodeus, dieser mächtige Dämon und Fürst der Unterwelt, den seelenlosen Körper von Lukas verließ. Und sich selbst, wie er diesen hohlen Leib für seinen eigenen Geist in Besitz nahm. Er ertastete seine Brust, kniff sich in den Oberarm. Der kurze stechende Schmerz ließ ihn erkennen, dass er nicht träumte. Endlich besaß er wieder einen menschlichen Körper, durch den warmes Blut pulsierte, das sein Herz kräftig pochen ließ. Noch einmal sah er sich kämpfend dem Dämon gegenüber und wie er diesen letztendlich den Flammen übergab. Mit besinnlichem Lächeln auf den Lippen erinnerte er sich daran, wie er Patricia auf seinen Armen aus der Flammenhölle befreit hatte.
Während sich die Erinnerung wie Nebelfetzen auflöste, bemerkte er die wundersame Ruhe, die sich wie Balsam auf seine geschundene Seele legte. Die unendlich lange Zeit des Wartens als Geist war vorüber, er lag hier als lebendiger Mensch.
„Patricia“, flüsterte er und warf einen Blick zur Zimmerdecke. „Mein Gott, ich danke dir.“ Unbeschreibliche Freude schlich zunächst, als könne er das Geschehene nicht wirklich glauben, aus der Mitte seines Körpers, bevor sie sich ungezügelt und mit ungeheurer Wucht über seine ganze Brust ausbreitete. Einen Augenblick befürchtete er gar, sie müsste ihm bersten vor Glück, als er an den von Leidenschaft und tiefer Liebe geprägten Rest der Nacht dachte. Zumindest den Teil, bevor er eingeschlafen war. Erst nachdem er einmal tief eingeatmet hatte, gelang es ihm, sich ein wenig zu beruhigen. Leise stützte er sich zunächst auf seinen Ellbogen, ehe er sich auf seinem Handballen abstützend über Patricia beugte. Vorsichtig, um sie nicht zu wecken, strich er ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht und lächelte. Als sich daraufhin jedoch ein eindeutiges Lustgefühl zwischen seinen Lenden regte, musste er sich enorm beherrschen, sie nicht so lange zu streicheln, bis sie wach und lustvoll in seinen Armen stöhnte. Um sich abzulenken, legte er sich auf den Rücken und betrachtete das Zimmer. Da machte sich plötzlich ein anderes, von leisem Grollen begleitetes Gefühl in seinem Magen bemerkbar, welches er lange Zeit nicht verspürt hatte. Hunger! Ich habe Hunger. Er drehte sich zur anderen Seite, schlug die Steppdecke zurück und erhob sich, um für sie beide ein fulminantes Frühstück zubereiten zu lassen. Ein Frühstück, wie er es seit Jahrhunderten nicht mehr zu sich genommen hatte.
In diesem Moment fiel sein Blick auf das Nachttischchen, auf dem ein Briefumschlag mit Patricias Namen lag. Eine Liebeserklärung von Lukas? Außerdem entdeckte er ein kleines, mit rotem Samt überzogenes Kästchen. Er nahm es an sich, öffnete es und machte große Augen, als er den mit einem funkelnden Diamanten besetzten Ring erblickte. Lukas wollte Patricia also tatsächlich fragen, ob sie seine Frau werden wolle. Er lächelte. Nun gut, er wird sie fragen. Freudig klappte er es wieder zu und schlich, das Kästchen fest in seiner Hand, aus dem Schlafgemach. Speck, Eier und ein herzhaftes Brot. Beim Gedanken daran lief ihm der Speichel im Mund zusammen. Er eilte die Stufen hinunter, quer durch die Eingangshalle, direkt in die Küche. Kein Laut war zu hören. Verwundert öffnete er die Tür. Da fiel ihm ein, dass es keine Angestellten mehr in diesem Haus gab. Die angebliche Haushälterin Emma hatte sozusagen gekündigt. Sie hatte sich mit ihrem richtigen Namen, Sybilla, auf eine ihrer Reisen in die Vergangenheit begeben. Er war erst einmal auf sich allein gestellt, und da er in seinem früheren Leben nie eine Speise zubereitet hatte, blickte er sich hilflos um. Nun ja, überlegte er, während er das Kästchen auf den Tisch legte, eine Pfanne, Speck, Eier und Brot werden sich wohl finden lassen. Ach Sybilla, du fehlst mir schon jetzt. Ich muss mich dringend auf die Suche nach einer Haushälterin machen.
Pfannen unterschiedlicher Größe waren nicht zu übersehen, sie hingen an Haken unter einem Regal, auf dem verschiedene, mit Namen gekennzeichnete Keramiktöpfe standen. Mehl, Zucker und Salz befanden sich darin. Ein Schmalztopf stand ebenfalls dabei.
Er nahm eine Pfanne vom Haken und stellte sie auf den Herd, wie er es bei Patricia gesehen hatte. So, jetzt muss ich nur noch die Eier und den Speck finden. Speck hab’ ich allerdings nie bei Patricia gesehen. Die Eier bewahrt sie im Kühlschrank auf. Hier scheint es allerdings keinen Kühlschrank zu geben, stellte er bedauernd fest, nachdem er die Türen einiger Küchenschränke geöffnet hatte.
„Suchst du etwas Bestimmtes?“, fragte Patricia, während sie mit verschränkten Armen, angelehnt am Türrahmen, auf seine Antwort wartete.
„Patricia! Guten Morgen, mein Liebling. Wie …, wie fühlst du dich?“, stammelte er überaus verwirrt von ihrem hinreißenden Anblick, sie trug lediglich Höschen und Bluse. „Ich …, ich wollte uns Frühstück machen.“
„Und? Willst du das jetzt nicht mehr?“
„Dddoch …“ Mein Gott, ist das Weib schön!
Vergessen war sein Appetit auf Eier mit Speck. Ein Appetit ganz anderer Natur regte sich zwischen seinen Lenden. Langsam ging er auf sie zu, zog sie in seine Arme und küsste sie zärtlich und fordernd, bis ihnen beiden die Luft wegblieb. „Lass uns nach oben gehen“, raunte er in ihr Ohr, während er heimlich das Kästchen an sich nahm.
„Hast du noch nicht genug?“
„Genug? Nach einer Nacht der Ruhe? Ich bin ein gesunder und … hungriger Mann. Außerdem werde ich von dir nie genug kriegen.“
„Aber es gibt so vieles zu tun. Wir müssen …“
„Später“, hauchte er, hob sie auf seine Arme und trug sie über die Stufen nach oben in ihr Schlafgemach, wo er sie behutsam aufs Bett legte. Als er bei ihr lag, sah er ihr eine Weile tief in die Augen, bevor sein Blick sich ihren Brüsten zuwandte, während seine Finger sanft ihre Fesseln liebkosten, zärtlich ihre Kniekehlen und Schenkel streichelten, zu einer Stelle, die ihr einen entzückten Aufschrei entlockte. Nachdem er ihre Bluse etwas hochgeschoben hatte, schob er seine Finger in ihren Slip und diesen über ihre Hüften nach unten. Nach einem weiteren tiefen Blick in ihre Augen kam er langsam näher und küsste sie leidenschaftlich. Seine Zunge tanzte gekonnt mit ihrer, als sie lautes Heulen vernahmen wie das eines verwundeten Tieres.
„Der Mastino“, flüsterte Patricia.
„Der …, aber der …“
„Er ist noch hier. Ich habe ihn heute Nacht unter unserem Fenster gesehen.“
„Es ist noch nicht vorbei“, murmelte Adrian nachdenklich.
„Erinnerst du dich an Sybillas Worte? So lange es Dämonen gibt, ist es nicht vorbei.“
„Dämonen wird es immer geben“, antwortete Adrian sinnierend. „In uns und um uns herum, in Gestalt von Menschen, die uns zu verletzen suchen, und tatsächliche Dämonen, die uns als geisterhafte Wesen besuchen und von unseren Seelen oder gar unseren Körpern Besitz ergreifen und unser Handeln beeinflussen. Sie hätte bei uns bleiben sollen.“
„Wer?“
„Sybilla.“
„Sie wird wiederkommen.“
„Ich weiß. Aber inzwischen sind wir auf uns gestellt“, sagte er, erhob sich, ging ans Fenster und schaute suchend in den Park hinunter. Alles sah so friedlich aus. Das Licht der aufgehenden Sonne zauberte glanzvolle Farbreflexe auf den vom Tau benetzten Rasen. Vögel zwitscherten und irgendwo miaute eine Katze. Der Morgen versprach einen wundervollen Tag.
„Du bist besorgt“, stellte sie fest.
„Du nicht? Bist du mir böse, wenn ich jetzt …“, fragte er, als er sich mit zerknirscht blickender Miene wieder ihr zuwandte.
„Unsinn. Lass uns nach unten gehen. Ich mache uns ein ordentliches Frühstück“, versprach sie und ging an ihm vorbei. Doch bevor sie das Zimmer verlassen konnte, ergriff er ihr Handgelenk.
„Mittlerweile weißt du ja, was das ist.“
„Ja, Sebastian hat mir beigebracht, was ein kulinarisch ausgewogenes Frühstück sein sollte. Leider weiß ich nicht, was ich in dieser Küche vorfinde.“
„Du magst ihn mehr, als du mir gegenüber zugeben willst, habe ich recht?“, fragte Adrian mit leisem Missklang in der Stimme, der auf seine immer noch vorhandene Eifersucht schließen ließ.
„Wärest du nicht wieder auf diese spektakuläre Weise in mein Leben getreten, wäre ich vermutlich noch mit ihm zusammen. Ich weiß es nicht. Obwohl ich verliebt in ihn war, gab es tief in mir – sagen wir eine gewisse Unsicherheit. Doch nun ist Sebastian ein guter Freund. Zugegebenermaßen einer, den ich sehr verletzt habe, und der mir erst zu einem Freund geworden ist, nachdem er mir verziehen hat, dass ich ihn sang- und klanglos abserviert habe“, erklärte sie. Doch dann blickte sie einige Sekunden nachdenklich vor sich hin. „Allerdings weiß ich nicht, ob er das jetzt immer noch so sieht, da er sich an nichts mehr erinnern kann, was während der letzten Tage geschehen ist. Nun ja, das wird schon. Jedenfalls weiß ich erst, seit du erneut in mein jetziges Leben getreten bist, was wirkliche Liebe ist.“
„Wieder und immer wieder … Seltsam, dass wir uns in fast allen Leben, die wir bereits gelebt haben, begegnet sind. Ist das ein Fluch oder ein Segen? Ich weiß es nicht“, spekulierte Adrian. „In jedem Leben liebte ich dich bis zur Selbstaufgabe und immer wieder verlor ich dich. In den meisten wurde ich getötet und ließ dich leidend zurück, bis Gevatter Tod auch dich ereilte.“
„Und doch ist es ein Segen, da ich durch dich die wahre Liebe und ein tiefes Glücksgefühl erleben durfte. Und ich danke Gott dafür. Wer weiß? Jetzt, da wir um all die Geschehnisse wissen, haben wir vielleicht die Chance, unsere Liebe bis zum Greisenalter leben zu dürfen.“
Adrian nickte nachdenklich vor sich hin. „Ich hoffe es. Ich hoffe es so sehr, mein Liebling.“
„Adrian, ich …“
„Stopp! Lass uns diese Chance nicht kaputtmachen, weil du mich immer noch Adrian nennst. Ich bin nun Lukas. Adrian war ich in einem früheren Leben. Wir haben nur wenige Tage, um uns seinen Namen zu verinnerlichen. Lukas’ Vater wird in wenigen Tagen aus der Klinik entlassen.“
„Ich weiß“, antwortete Patricia und nickte zustimmend.
„Was wolltest du sagen?“
„Lukas“, nannte sie ihn betont deutlich bei seinem neuen Namen, „ich liebe dich ebenfalls. Und ich bin davon überzeugt, dass wir eines Tages auf der Bank unter der alten Eiche sitzen werden, mit unseren Enkeln auf dem Schoß.“
„Dein Wort in Gottes Gehör“, sagte er, während er vor ihr niederkniete.
„Adrian? Lukas, du wirst doch nicht …?“
„Doch das muss jetzt sein. Damit du unsere Enkelkinder nicht als meine Mätresse auf deinem Schoß schaukeln musst, frage ich dich: Willst du meine Frau werden?“ Er entnahm dem Kästchen den Ring und wartete auf ihre Antwort.
Patricias Herz schlug vor Freude Purzelbäume. Ja, ja, ja, jauchzte sie in Gedanken.
„Patricia?“, fragte er besorgt, als sie keine Antwort gab.
„Ich hab’ doch ja gesagt“, flüsterte sie.
„Hast du nicht.“
„Nicht?“
„Nein.“
„Nun denn. Ja, ich will deine Frau werden.“
Adrian streifte ihr den Ring über, erhob sich und küsste sie leidenschaftlich. „Du machst mich zum glücklichsten Mann der Welt.“
„Und du mich zur glücklichsten Frau. Das hoffe ich zumindest.“
„Was heißt das nun wieder?“, fragte er betroffen.
Statt einer Erklärung küsste ihn Patricia erneut. Doch sollte sie angenommen haben, ihm diese dadurch schuldig bleiben zu können, hatte sie sich getäuscht.
„Ich warte noch auf deine Antwort.“
„Du kennst die Antwort. Hast es doch eben selbst gesagt. In Anbetracht unserer früheren Leben, da ist es …“
„Ja“, seufzte er und nickte verstehend vor sich hin.
„Wir werden es schon schaffen“, sagte sie aufheiternd. „Dadurch, dass wir nun alles über unsere vorherigen Leben und vieles über unsere Feinde wissen, sind wir gewarnt.“
„Ja, das ist richtig. Diesmal kriegen sie uns nicht und ich werde alles dafür tun, was in meinen Mächten steht“, antwortete er.
„Komm“, sagte Patricia, „lass uns nach unten gehen.“
Gemeinsam schritten sie die Treppe hinunter und gingen in die Küche.
„Ich kann zwar nicht kochen, aber ein paar Rühreier krieg’ ich hin.“
Patricia fand den Kühlschrank auf Anhieb. Sie entnahm ihm Butter, Eier und Schinken. „Magst du Rühreier mit Schinken?“
„Keine Ahnung. Speck hängt nicht irgendwo? In einer Vorratskammer oder so?“
Patricia lächelte verstehend. „Nimm am besten erst mal das, was du kriegen kannst. Du bist doch hungrig, oder?“
„Schon, aber …“
„Na dann. Kaffee oder Tee?“
„Kaffee, diese braune Brühe, die du ständig in dich hineinschüttest, möchte ich unbedingt mal probieren.“
„Ach ja, während unseres damaligen Lebens gab es noch keinen Kaffee bei uns, weder hier noch im ehemaligen Ostpreußen“, sagte sie, während sie die Kaffeemaschine befüllte und einschaltete. „Und was das Kochen angeht, gibt es zwei Möglichkeiten, entweder machen wir einen Kochkurs oder …“
„Wir?“, unterbrach er sie. „Kochen ist nun wahrlich Weibersache.“
„Darf ich dich erinnern, dass wir im Zwanzigsten Jahrhundert leben? 1548 mag das so gewesen sein, heutzutage ist das nicht mehr so. Ich werde ganz sicher kein Heimchen am Herd. Zumindest vorerst nicht. Nicht einmal für dich. Wir suchen nach einer Haushälterin, die das alles draufhat“, antwortete Patricia, während sie den Schinken in Streifen schnitt.
„Daran habe ich heute Morgen auch schon gedacht. Sybilla wird uns fehlen. Dass sie aber auch ständig durch die Zeit reisen muss. Nun gut, so machen wir es. Ich werde gleich nachher …, ja, wie macht man denn so etwas heutzutage?“
„Ich übernehme das. Ich gebe ganz einfach eine Annonce in der Wasserburger Wochenzeitung auf. Du solltest dir dann nur die Zeit nehmen, die Damen, die sich vorstellen, in Augenschein zu nehmen.“
„Auf keinen Fall! Das überlasse ich sehr gerne dir. Schließlich bist du demnächst die Herrin des Hauses. Ich bitte dich also, auch diese Aufgabe zu übernehmen. Zumal ich während der nächsten Tage genug damit zu tun habe, mich zum Jurastudium an der Universität einzuschreiben. Weißt du, an welcher Universität Lukas studiert hat?“
„Darüber haben wir nie gesprochen. Sicher findest du aber etwas in seinen Unterlagen“, antwortete sie nachdenklich. „Du könntest schon mal den Tisch decken. In einem dieser Schränke befinden sich Teller und in einer der Schubladen das Besteck“, bat sie ihn, während sie die verquirlten Eier über den angebratenen Schinken goss.
„Meine kleine Hausfrau“, murmelte er vor sich hin, während er hinter sie trat, ihre Taille umfasste und zärtlich ihren Nacken küsste.
Patricia wandte sich ihm zu, schlang ihre Arme – den Pfannenwender in einer Hand – um seinen Hals und gab sich seinen stürmischen Küssen hin. „Das Rührei!“, schrie sie plötzlich auf, wandte sich der Pfanne zu, nahm sie vom Herd und verteilte das appetitlich duftende Gericht auf die Teller. Dann hob sie den Deckel des Keramikbrottopfes, den sie neben dem Kühlschrank entdeckt hatte, und schaute hinein. Tatsächlich lag ein halber Brotlaib darin. Sie nahm ihn heraus, legte ihn auf die Brotmaschine und schnitt zwei Scheiben herunter.
Der Kaffee war inzwischen ebenfalls fertig. Sie nahm zwei Tassen aus dem Schrank und füllte sie mit dem aromatisch duftenden Getränk. Im Kühlschrank fand sie Milch. Den Keramikbehälter mit Zucker nahm sie vom Regal und stellte ihn ebenfalls auf den Tisch.
„Was es heutzutage für Maschinen gibt“, meinte Adrian kopfschüttelnd, während er die exakt geschnittene Brotscheibe betrachtete. Früher schnitt man das Brot mit einem ordentlichen Messer, aber so sah das dann nicht aus.“
„Ja, zwischen 1548 und heute wurden ganz ordentliche Erfindungen gemacht“, stimmte Patricia ihm zu.
„Kühlschrank, Brotschneidemaschine, ein Herd, bei dem man lediglich einen Knopf drehen muss, damit die Platten heiß werden. Ich bin gespannt, was es sonst noch alles gibt.“
„Ich freue mich darauf dir alles zu zeigen. Am liebsten sofort. Ich habe nämlich keine Lust, den Tag ohne dich zu verbringen“, erklärte sie, während sie sich setzte. „Aber ich muss nachher in die Bibliothek und ein Besuch bei Doris im Krankenhaus ist ebenfalls fällig.“
„Wie geht es deiner Freundin inzwischen?“, fragte er interessiert.
„Sie hat den Unfall, sofern es denn einer war, Gott sei’s gedankt, gut überstanden. Und dank Sybillas Blumen des Vergessens kann ich sie nun besuchen, ohne dass sie mir lästige Fragen stellt. Ich hoffe nur, das Vergessen hält an. Andererseits war es ziemlich erleichternd, mal mit jemandem über meine Gabe sprechen zu können“, antwortete Patricia und einen Blick auf Adrians Teller gerichtet, zuckte sie andeutungsweise mit dem Kinn. „Und?“
„Hm?“
„Schmeckt’s?“
„Mhm. Ich hab’ so ’nen Hunger. Ich würde das auch essen, wenn du es total versalzen hättest. Nein, mein Liebling, die Rühreier sind wirklich lecker. Danke.“
„Und der Kaffee? Ich trinke ihn schwarz, aber viele trinken ihn mit Milch und Zucker oder auch nur mit einem von beiden.“
Adrian nippe daran. „Bitter. Ich tu mal Zucker rein“, sagte er, tat es und rührte um. Dann trank er erneut. „Nicht schlecht. Ich denke, den trinke ich ab sofort jeden Tag.“
Nach dem Frühstück begaben sich Adrian und Patricia erneut in Lukas’ Gemächer.
Adrian empfand das warm herunterrieselnde Wasser unter der Dusche als äußerst angenehm. Wie sie funktionierte, hatte er ja bereits als Geist bei Patricia gesehen. Und da seine Seele nun in Lukas’ Körper steckte, verstand er es als selbstverständlich auch dessen Kleidung zu benutzen. Er zog sich an und ging ins Arbeitszimmer hinunter.
Als Patricia wenig später ebenfalls Lukas’ Arbeitszimmer betrat, saß er bereits über einen Stapel Papiere gebeugt und blätterte darin.
„Sollten wir nicht in den Park gehen und die Reste von letzter Nacht beseitigen?“
„Ich mache das nachher.“
„Mich würde vor allem interessieren, was aus dem Tagebuch geworden ist. Lukas hat es mit mir dem Feuer übergeben.“
„Stimmt! Das würde mich allerdings auch interessieren.“
Wenig später standen sie vor den Resten eines Lagerfeuers. Adrian trat nahe heran, bückte sich nach einem Ast und stocherte in der Asche herum. „So wie es aussieht, ist es tatsächlich verbrannt. Wir leben im Jetzt und unsere Geschichte lebt nur noch in uns weiter.“
„Schade, ich hätte es gerne aufbewahrt. Obwohl mir sehr wohl bewusst war, dass dieses Tagebuch unter großen körperlichen und seelischen Schmerzen geschrieben worden war, waren die Worte darin doch eine einzige Liebeserklärung an mich.“
„Ich denke, es ist besser so. Allerdings, was sagen wir dem Baron, wenn er von der Kur zurückkommt?“, fragte er besorgt.
„Keine Ahnung. Er hat es mir übergeben und was ich damit mache, ist schließlich meine Sache.“
„Nein, nein, so geht das nicht und daran hat Sybilla sicher auch gedacht. Warum sollte er es dir übergeben? Doch nur, wenn er um dein Geheimnis weiß. Das aber wollte ihn Sybilla vergessen lassen.
„Das stimmt.“
„Und wie erklärt es sich, dass du und Lukas sich kennen? Sie hätte uns wenigstens eine Nachricht hinterlassen können.“
„Ja, das wäre wohl hilfreich gewesen.“
„Nachricht! Da fällt mir ein, auf dem Nachttisch liegt ein Brief für dich. Möglicherweise ist das eine Nachricht von Sybilla“, sagte er, wandte sich ab, lief eilends ins Haus und zwei Stufen auf einmal nehmend nach oben in sein Schlafzimmer. Er ergriff den Brief und lief genauso schnell wieder nach unten.
„Hier“, sagte er und reichte ihn an Patricia, die inzwischen die Terrasse betreten hatte.
Meine Lieben,
wenn ihr diesen Brief in Händen haltet, bin ich bereits weit weg. Doch ich will euch nicht im Ungewissen lassen über meine letzte Handlung am Baron.
Ich habe ihm suggeriert, dass du dich ihm vorgestellt hast, um ihm für die Bücherspende zu danken. Die Erinnerung, dass du das Tagebuch versehentlich erhalten hast und seine Nichte es ihm zurückgebracht hat, ließ ich ihm. Man weiß ja nie, vielleicht spricht sie ihn ja mal darauf an. Jedenfalls fand es so wieder seinen Platz auf dem Regal. Natürlich konntest auch du es nicht lesen. Zu dem Grillabend mit seinem Sohn hat er dich lediglich eingeladen, weil er dich so sympathisch fand.
Ich wünsche euch ein glückliches Leben. Spätestens zur Geburt eures ersten Kindes werde ich wieder bei euch sein.
Sybilla
Patricia faltete den Brief wieder zusammen und steckte ihn ins Kuvert zurück. „Leider hat die Gute zu dem Zeitpunkt, als sie das geschrieben hat, wohl nicht daran gedacht, dass das Buch verbrannt wird. Was tun wir also? Vielleicht wird er nicht sofort bemerken, dass es nicht auf seinem Platz liegt, aber früher oder später …“
„Du weißt doch wie es aussah? Es muss doch möglich sein, ein ähnliches zu finden und einen entsprechenden Ledereinband dazu. Das legen wir dann aufs Regal. Er hat es nie heruntergeholt und das wird er auch zukünftig nicht.“
„Gute Idee. Ich mache mich gleich heute auf die Suche.“
„Und mach dir nicht zu viele Gedanken. Wir lassen das auf uns zukommen. Nun zurück ins Arbeitszimmer. Ich muss weiter nach diesen Studienunterlagen suchen.“
„Und ich muss los.“
***
„Also dann, bis später, mein Schatz“, verabschiedete sich Patricia, nachdem sie ihre Jacke aus Lukas Schlafzimmer geholt hatte.
Adrian hob seinen Blick und musterte sie eine Sekunde, bevor er schmunzelnd bat: „Sag das nochmal.“
„Also dann, …“
„Nein, der Schluss genügt.“
„Mein Schatz.“
„Gib mir noch einen Kuss und dann verschwinde, sonst finde ich Lukas’ Studienunterlagen nie. Jede Menge Zeug, das mit seinen Priesterseminaren zu tun hat, aber nichts über sein Jurastudium.“
Patricia zuckte unwissend mit den Schultern und wandte sich zum Gehen, doch da erfasste Adrian ihr Handgelenk, schob seinen Stuhl zurück und zog sie auf seinen Schoß. Er küsste sie so leidenschaftlich, dass die ohnehin kaum vorhandene Lust zu gehen bis auf ein Minimum sank.
„Komm bald zurück. Ich vermisse dich schon jetzt.“
Langsam schob sich Patricia von seinen Schenkeln. „Ja“, sagte sie nickend, als sie ihm zum Abschied zuwinkte, „ich dich auch.“
Was für ein Weib, dachte Adrian, während er Patricia bewundernd hinterher sah.
„Ach“, sagte sie, bevor sie den Raum verließ und sich noch einmal zu ihm umdrehte, „du könntest auf dem Dachboden nachsehen. Vielleicht hat ja der Baron einiges vom Jurastudium seines Sohnes dort aufbewahrt.“
„Gute Idee. Sowie ich hier durch bin, gehe ich nach oben.“
***
Da ihren Kleidern ein rauchiger Geruch anhaftete, beschloss Patricia zunächst nach Hause zu fahren, um sich umzuziehen. Hab’ ich etwas vergessen? Nein, meine Tasche liegt im Wagen und eine Jacke hatte ich nicht dabei, überlegte sie, während sie forschen Schrittes die Eingangshalle durchquerte und die Haustür öffnete. „Oh!“, rief sie aus, als sie das von tiefen Falten durchzogene, grau wirkende Gesicht einer Frau in den besten Jahren erblickte und keine Sekunde später die tiefblauen Augen, die sie verblüfft musterten. „Wer sind Sie? Sie haben mich fast zu Tode erschreckt.“
„Ich ..., das wollte ich nicht. Entschuldigen Sie, ich wollte eben läuten, aber ich habe nirgends ...“
„Es gibt nur einen Türklopfer.“
„Ach so“, sagte die Frau und warf einen Blick auf den Löwenkopf mit dem Ring im Maul.
„Wie kann ich Ihnen denn helfen?“
„Eine Freundin schickt mich. Sie meinte, Sie würden eine Haushälterin benötigen“, erklärte sie ruhig.
„Und um wen handelt es sich bei dieser Freundin?“
„Emma. Sie hat sich gestern Nachmittag von mir verabschiedet, da sie dringend verreisen müsse und nicht vor einem Jahr zurückkäme. Dann erwähnte sie, dass Sie nun ohne Haushaltshilfe dastünden.“
„Ja, das stimmt“, antwortete Patricia misstrauisch. „Und Emma hat Ihnen davon erzählt? Woher kennen Sie Emma? Wohnen Sie denn hier in der Nähe?“
„Emma besuchte jeden zweiten Donnerstag die Seniorennachmittage im Bürger Bahnhof. Ich habe dort ab und zu bedient. Wir haben uns angefreundet. Emma ist eine ganz besondere Frau. Sie hat uns eine Menge über Heilpflanzen erzählt und mit ihren historischen Geschichten konnte sie sehr viel zur allgemeinen Unterhaltung beitragen.“
Die Vorstellung, Emma in der Umgebung eines Seniorenheims inmitten lauter alter Leute zu sehen, fand Patricia schon äußerst absurd. Dass sie über Heilkräuter sprach und Geschichten erzählte noch viel absurder. Doch wenn die Frau das sagte … „Tatsächlich? So redselig kenne ich Emma gar nicht. Bitte, treten Sie ein, dann kann ich Sie mit dem Sohn des Hausherrn bekannt machen.“ Sie deutete auf eine kleine Sitzgarnitur. „Bitte nehmen Sie Platz. Ich sage Herrn von Reineck Bescheid.“
Patricia eilte zu Adrians Arbeitszimmer, klopfte kurz an und öffnete die Tür, bevor ein „Herein“ ihr den Zutritt erlaubte. Durch den Türspalt sagte sie: „Da ist eine Frau, die sich um die Stelle der Haushälterin bewirbt.“
„Das ging aber fix. Hast du gezaubert, du kleine Hexe?“, fragte er schmunzelnd.
„Sie sagt, Emma hätte sie geschickt. Bitte schau sie dir an. Ich muss jetzt los. Wenn sie etwas auf dem Kasten hat, stell sie ein.“
„Sie hat einen Kasten dabei?“
„Nein. Das ist nur so eine Redensart. Wenn du sie für gut befindest, meinte ich damit.“
„Ach so. Ich komme gleich. Bitte sie doch, schon mal in der Halle Platz zu nehmen.“
„Hab’ ich schon“, entgegnete Patricia. Als sie die Eingangshalle wieder betrat, stand die Frau am Fuß der Marmortreppe und betrachtete das gigantische Mosaikfenster, das auch sie selbst bei ihrem ersten Besuch in diesem Haus in Erstaunen versetzt hatte.
„Dieses Bild stellt den Kampf gegen weltliche und religiöse Obrigkeiten und gegen Dämonen der Hölle dar“, erklärte die Frau ungefragt.
„Ach ja?“ Ein kurzer Schauer, den sie jedoch nicht weiter beachtete, jagte über Patricias Rücken. „Ich war zwar beeindruckt, als ich es zum ersten Mal sah, aber ich dachte, es handelt sich um die übliche Szene auf einem Schlachtfeld. Doch jetzt, da Sie es sagen …“
„Guten Morgen. Ich bin Lukas von Reineck“, begrüßte er die Frau und streckte ihr seine Hand entgegen. „Was kann ich für Sie tun?“
„Herr von Reineck“, sagte die Frau, ergriff die Hand des Hausherrn und senkte dabei leicht ihr Haupt, „guten Morgen. Ich gedenke etwas für Sie zu tun, sofern Sie das möchten.“
Patricia reichte der Frau zum Abschied die Hand. „Ich bin dann mal weg“, richtete sie lächelnd ihren Blick auf Adrian, hob noch einmal die Hand zum Gruß und verließ das Haus.
„Ist gut. Bis heute Abend. Bitte, setzen sie sich doch Frau …“
„Oh! Entschuldigung, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Mein Name ist Wolf, Odette Wolf.“
Das waren die letzten Worte, die Patricia vernahm. Eine seltsame Frau, sinnierte sie, während sie sich auf den Weg zu ihrem Wagen machte, den sie am Abend zuvor in der Zufahrt abgestellt hatte. Und bevor sie sich versah, erinnerte sie sich daran, weshalb sie ihn dort und nicht im Hof abgestellt hatte. Augenblicklich wurden ihre Gedanken in eine Richtung gelenkt, in die sie jetzt auf keinen Fall gedanklich abdriften wollte. Doch es gelang ihr nicht den Erinnerungsschwall aufzuhalten.
Adrian, noch als Geist im Priestergewand an ihrer Seite, ganz so, als wäre er einem ihrer früheren gemeinsamen Leben entstiegen. Lukas, der den Scheiterhaufen entzündet hatte und die schreckliche Vision von Adrians damaliger Hinrichtung, welche sie auf dem Weg dorthin heimgesucht hatte. Das Knistern des Feuers, die tiefe, fremde Stimme des Dämons, der sich Lukas’ Körper zu eigen gemacht hatte. Dessen Angebot, ihr das Leben zu schenken, würde sie sich doch noch mit ihm vermählen, und die Aufklärung, weshalb ausgerechnet sie es sein sollte. Dann der Schnitt in ihr Handgelenk. Blut floss. Sybilla, die plötzlich ebenfalls anwesend war und unverständliche Worte murmelte. Habichte, die unerwartet am Himmel kreisten. Und dann die „Kinder der Nacht“, Wesen aus einer anderen Welt, die von Anbeginn der Zeit auf unserer Erde lebten, um diese für die Menschheit bewohnbar zu machen. Plötzlich standen diese Wesen mitten im Feuer und fingen sie, als der Dämon sie dem Feuer übergab, mit ihren starken Armen auf. Sie erinnerte sich auch daran, wie sie sanft abgelegt wurde und an den Kreis, den sie gleich darauf wie eine Schutzmauer gegen die Flammen um sie herum gebildet hatten. So behütet konnte Patricia den Kampf zwischen dem Dämon, der in seiner narzisstischen Persönlichkeitsstörung Lukas’ Körper verlassen hatte, um sich in seiner wahren Gestalt zu präsentieren und Adrian beobachten, der diese Gelegenheit zu nutzen gewusst hatte, um sich in Lukas’ Körper zu manifestieren.
Als die Erinnerung sie langsam losließ, bemerkte sie, dass sie stehen geblieben war und mit tränenverschleiertem Blick zum Scheiterhaufen starrte. Werde ich das, fragte sie sich, je vergessen? Selbst das bösartige Knurren des Mastinos habe ich noch im Ohr, dachte sie, bevor sie sich auch daran erinnerte, dass sie ihn in der Nacht unter ihrem Fenster gesehen hatte. So schnell sie konnte, lief sie zu ihrem Auto und ließ sich hinters Steuer gleiten. Ihr Herz klopfte bis zum Hals, als sie sich umwandte und den Park mit ängstlichen Blicken absuchte. Da muss etwas geschehen! Aber wie vertreibt man einen Hund, der gar nicht real existiert? Oder war auch er nur besessen?
Patricia steckte den Schlüssel ins Schloss, drehte ihn um und gab Gas.
***
„Odette, ein ungewöhnlicher Name“, stellte Adrian fest.
„Aus dem Nibelungenlied, Krimhilds Mutter. Meine Mutter hatte ein Faible für deutsche Heldensagen“, erklärte sie.
„Oh! Meine Verlobte sagte, Emma hätte Sie zu uns geschickt? Emma ist verreist. Wann war sie bei Ihnen?“, fragte er skeptisch.
„Gestern, bevor sie ihre Reise antrat. Sie meinte, dass Sie jemanden für den Haushalt benötigen. Ich putze, bügle und koche ganz ordentlich. Jedenfalls habe ich diesbezüglich keine gegensätzlichen Aussagen von meinem Gatten gehört.“
„Waren Sie denn schon mal als Haushälterin tätig?“
„Nein, das hatte ich nicht nötig. Habe ich auch heute nicht. Mein Gatte hat immer gut verdient und die Witwenrente, die ich erhalte, genügt meinen bescheidenen Bedürfnissen. Ich bin seit einem halben Jahr Witwe. Da ich mich Emma gegenüber gelegentlich darüber geäußert habe, dass mir mitunter buchstäblich die Decke auf den Kopf fällt, meinte sie, es wäre doch eine gute Idee …“
„Ach so“, unterbrach er sie ungeduldig, „die gute Emma. Sie will aller Welt helfen. Na gut, wir können es ja mal miteinander versuchen. Letztendlich müssen Sie jedoch mit meiner zukünftigen Frau klarkommen. Und mein Vater, der sich zurzeit in der Schweiz aufhält, hat natürlich das letzte Wort.“
„Ich verstehe. Ihr Vater … Ja gut, wann soll ich anfangen?“
Er lächelte. „Am liebsten gleich. Sagen wir ab Montag?“
Odette nickte. „Gut, dann bin ich Montag früh gegen sechs Uhr hier.“
„Sieben genügt völlig.“
Wieder nickte Odette und erhob sich. Sie verabschiedete sich mit einem seltsam zufriedenen Lächeln auf den Lippen, welches Adrian eine Sekunde lang irritierte. In Anbetracht der Belanglosigkeit dieser Angelegenheit und in Gedanken bereits wieder an seinem Schreibtisch dachte er jedoch nicht weiter darüber nach. Er brachte Odette Wolf zur Tür und fragte: „Wo steht Ihr Auto? Ach, da fällt mir ein, ich habe Sie gar nicht gefragt, wo Sie wohnen.“
„Mein Auto habe ich gleich um die Ecke vor dem Gesindehaus geparkt. Ich wohne ganz in der Nähe, wäre das Waldstück nicht, ich wäre zu Fuß gekommen.“
„Wir sind also Nachbarn?“
„Nun ja, nicht gerade Nachbarn. Mein Haus steht am Ortsende des Dorfes, das sich hinter diesem Wäldchen befindet.“
„Schön. Na dann bis Montag.“
Odette nickte, wandte sich von ihm ab und ging rasch zu ihrem Wagen.
Adrian schloss die Tür, doch bevor er sich auf den Weg in sein Büro machen konnte, vernahm er lautes, nachhaltiges Knurren und einen durch Mark und Bein gehenden Schrei. Dieser verdammte Köter! Hoffentlich hat er sie nicht angegriffen, überlegte er, während er die Tür erneut aufriss.
„Frau Wolf, ist etwas geschehen?“, rief er hinaus. Doch da brauste der kleine rote Fiat auch schon vom Abstellplatz hervor und hielt direkt vor Adrian. „Da war eben ein riesiger Hund. Ich dachte wirklich, mein letztes Stündlein hat geschlagen. Ich habe es rechtzeitig in mein Auto geschafft und der Hund ist geknickt von dannen gezogen. Gehört der Ihnen? Sie sollten das Riesenvieh besser anketten oder zumindest in einen Zwinger stecken.“
„Nein, der gehört uns nicht. Möglicherweise ein Hund aus der Nachbarschaft. Der ist sicher ausgebüxt.“
„Gut, dass ich mit dem Wagen hier bin. Hätte ich es nicht rechtzeitig hinters Steuer geschafft, hätte er mich womöglich angegriffen und zerfleischt.“
Adrian zuckte kurz mit den Achseln. „Ich werde mich darum kümmern. Fahren Sie vorsichtig.“ Er hob noch mal seine Hand zum Gruß und machte kehrt.
Eine seltsame Person, sinnierte er, während er sich das Gesicht der Frau ins Gedächtnis zurückrief. Ja, irgendwie seltsam. Habe ich mit ihrer Anstellung einen Fehler gemacht? Dieser alte Name und …, plötzlich erinnerte er sich an diesen einen kurzen Moment, als sie lächelte und daran, dass ihm dieses Lächeln irgendwie eigenartig erschienen war, um nicht zu sagen abschreckend. Hätte nur noch gefehlt, dass sie sich die Lippen leckt wie eine Katze, die den Rahmtopf leergeschleckt hat. Na was soll’s, sie hat die Anstellung bekommen. Sie hat zufrieden gewirkt. Allerdings jetzt, so im Nachhinein – das ist eindeutig ein Siegerlächeln gewesen. Eine Bestätigung dessen, was sie bereits im Voraus gewusst hat. Ja, sie hat gewusst, dass sie die Stelle bekommen wird. Irgendwie erinnert mich ihr schief lächelnder Mund an etwas … Oder ist es der Gesamtausdruck auf ihrem Gesicht? Verdammt! Ich erinnere mich nicht. Da ist etwas, das ich noch nicht fassen kann. Na, vielleicht fällt es mir noch ein. Ich wüsste wirklich zu gerne … Kopfschüttelnd lachte er kurz auf. Wenn ich nicht aufpasse, treibt mich mein Misstrauen in den Wahnsinn. Es ist vorbei. Bis auf diesen Köter. Aber das soll mein geringstes Problem sein. Asmodeus ist weg, der Köter wird, sobald sich die letzten Energien des Dämons im Nichts auflösen, ebenfalls verschwinden. Hoffentlich.
***
Nachdem Patricia zunächst zu ihrer Wohnung gefahren war, geduscht und sich frische Kleider angezogen hatte, rief sie in der Bibliothek an und gab Sandra Bescheid, dass sie erst später kommen würde, da sie zuvor Doris im Krankenhaus besuchen wolle.
„Dann richte ihr bitte einen schönen Gruß von mir aus und gute Besserung. Übrigens – dein Verehrer war heute schon hier.“
„Mein …?“
„Sebastian“, antwortete sie, bevor Patricia die Frage zu Ende stellen konnte und fügte hinzu: „Sag mal, wenn du keinen Bedarf mehr an ihm hast, könntest du ihn doch mir abgeben.“
„Versuch dein Glück“, antwortete Patricia rasch, doch nur, weil sie genau wusste, dass Sebastian sich nie mit Sandra einlassen würde. „Was wollte er denn?“
„Na, was wohl? Dich sprechen wollte er. Ich habe ihm gesagt, er soll später nochmal vorbeikommen.“
„Falls noch was sein sollte: Ich denke, in spätestens einer Stunde werde ich in der Bibliothek sein und außerdem kannst du mich jederzeit auf dem Handy erreichen.“
„Sofern du es nicht wieder zuhause vergisst.“
„Das wirst du nicht mehr erleben“, sagte sie und dachte an den Steinschlag, der sie tags zuvor am Spätnachmittag fast das Leben gekostet hatte. Zumindest war ihr dadurch der Weg zurück in die Stadt versperrt worden. Auch so ein Erlebnis, das ich wohl nie mehr vergessen werde, und eine Lehrstunde im Umgang mit Handys. Nur gut, dass ich vor meinem Besuch bei Lukas mit Sebastian eine Vereinbarung getroffen hatte, sonst wäre ich ohne mein Handy ziemlich aufgeschmissen gewesen. Nein, ich hab’s begriffen. Handys sind durchaus brauchbar.
Nach kurzem Anklopfen betrat Patricia das Krankenzimmer. „Guten Morgen, Doris, wie …“, begrüßte sie die Freundin fröhlich, stockte jedoch, als sie einen weiteren Gast an deren Bett entdeckte. „Sebastian …? Du hier?“
„Er kümmert sich wenigstens um mich“, antwortete Doris weinerlich.
„Hallo! Bin ich hier? Ich kümmere mich auch um dich“, begehrte Patricia auf. „Wie geht es dir?“
„Ich weiß immer noch nicht, wie es zu dem Unfall kommen konnte. Aber egal, Hauptsache es wird alles wieder heil. Sebastian sagte, es hätte gestern ein Frühlingsfeuer beim Baron gegeben? Ein Frühlingsfeuer im Mai? Die finden doch normalerweise schon im März statt.“
Patricia musste für die passende Erklärung nicht lange überlegen. „Du hast recht, aber dieses Frühlingsfeuer diente einem ganz bestimmten Zweck. Du hast einiges“, wandte sie sich an Sebastian, „nicht mitbekommen, da du durch den kleinen Ausrutscher etwas gehandicapt warst. Übrigens …, guten Morgen, lieber Sebastian. Wie geht es deinem Kopf?“
„Meinem Kopf geht es nach zwei Aspirin wieder gut und auch die Schmerzen in meiner Schulter und meinem Hintern spüre ich nicht, solange das Aspirin wirkt. Also, was habe ich verpasst?“
„Lukas hat mir einen Antrag gemacht“, antwortete sie, hob demonstrativ ihre Hand und drehte sie in der Luft, damit die beiden Freunde den funkelnden Diamanten auf ihrem Verlobungsring bewundern konnten.
„So richtig mit auf die Knie gehen?“, fragte Doris begeistert.
„Und mit allem was dazu gehört.“
„Wow! So einen hätte ich dir nicht kaufen können“, meinte Sebastian mit einer Spur Neid in der Stimme und fügte spitz hinzu: „Hast du dich deshalb für ihn entschieden?“
Patricia sah ihn fragend an. „Du denkst doch nicht etwa, ich habe seinen Antrag nur angenommen, weil er es sich leisten kann, mir einen teuren Verlobungsring zu schenken?“
„Nein! Nein, natürlich nicht. Ich bin wohl nur ein wenig neidisch “, gab er zu. „Und eifersüchtig. Der Kerl hat dich nicht verdient. Er hat überhaupt keine Frau verdient, schließlich ist er Pfaffe“, schmollte er.
„Lukas wird schnellstmöglich ein Gespräch mit seinem Bischof führen und um seine Laisierung nachsuchen. Und du, mein Freund, findest schon noch die Frau fürs Leben“, meinte sie versöhnlich.
„Ich hatte die richtige Frau gefunden. Doch da sie mich quasi in die Wüste geschickt hat, werde ich mich nun auf die Reise machen. Ich werde mich mit Leib und Seele meinen Ausgrabungen widmen.“
„Hallo, ihr beiden“, meldete sich Doris zu Wort, „ich bin auch noch da. Und nun fühle ich mich etwas vernachlässigt von euch.“
Sebastian und Patricia schauten betreten zu Doris. Daraufhin tauschten sie einen kurzen Blick, bei dem sie sich ohne Worte sofort verstanden. Gleichzeitig beugten sie sich über die Freundin und küssten sie auf beide Wangen.
„Genug!“, rief sie daraufhin. „Musst du nicht in die Bibliothek?“
„Ich kann noch ein Stündchen bleiben“, erklärte Sebastian, „dann fahre ich nach München ins Völkerkundemuseum. Was hältst du davon, Doris in deiner Mittagspause zu besuchen? Da ich jetzt hier bin, könntest du ihr doch später die Zeit versüßen und ihr ein leckeres Törtchen zum Nachmittagskaffee mitbringen.“
„Eine gute Idee“, meinte Patricia. „Das mache ich. Du musst also beruflich nach München?“
„Könnte man so sagen. Eine Besprechung bezüglich weiterer Ausgrabungen in Ostafrika.“
„Dann verlässt du uns also demnächst tatsächlich in Richtung Wüste?“
„Sag ich doch. Voraussichtlich für ein halbes Jahr.“
„Lukas möchte mich so schnell wie möglich heiraten. Ich hätte dich gerne bei meiner Hochzeit dabei“, bat sie und sah ihn dabei bittend an.
„Ich wäre auch gerne bei deiner Hochzeit dabei“, antwortete er und fügte missmutig hinzu: „Als Bräutigam.“
„Sorry, ich wollte dich nicht verletzen“, erklärte sie zerknirscht. „Du warst mir während der letzten Tage ein so guter Freund. Ich möchte auch zukünftig nicht auf deine Freundschaft verzichten.“ Zu spät erkannte Patricia ihren Fehler.
„Ach? Ich war dir … Also diese Gedächtnislücke macht mir echt zu schaffen. Ich meine, wir haben uns seit dem Abend, als du mir den Laufpass gegeben hast, nicht mehr getroffen? Wir sollten uns mal unterhalten, damit ich die Lücke auffüllen kann.“
„So viel gibt es da nun auch wieder nicht zu berichten.“
„Schon gut. Ich sage dir noch Bescheid, wann ich fliege.“
„Und ich?“, mischte sich Doris in die Unterhaltung. „Was ist mit mir? Ich will auf deiner Hochzeit tanzen.“
„Wir kriegen das hin. Irgendwie“, erklärte Patricia. „Schließlich bist du meine Trauzeugin.“
„Sag mal, gestern Abend …“, wandte sich Sebastian erneut an sie.
„Ja?“
„Gab es da einen Kampf? Ich meinte, etwas in der Art bemerkt zu haben. Aber dann …“
„Das hast du sicher nur geträumt“, antwortete sie und erhob sich. „Du warst immerhin einige Zeit bewusstlos.“
„Nein, ich bin mir ganz sicher zwei gegeneinander kämpfende Gestalten gesehen zu haben. Im Hintergrund war dieses Feuer. Und das wäre doch ein seltsamer Zufall, dass ich etwas träume, das tatsächlich stattgefunden hat. Es sah alles ziemlich gespenstisch aus.“
„In Träumen vermischt sich schon mal Realität mit Unerklärlichem. Ich kann dir versichern, dass kein Kampf stattgefunden hat. Okay? Ich geh dann mal“, sagte sie abschließend und wandte sich an Doris: „Was darf ich dir denn Süßes mitbringen?“
„Am liebsten etwas mit Schokolade. Du weißt ja, die ist gut fürs Gemüt.“
***
Während Adrian sich in juristische Studienbücher vertiefte, vergaß er Odette. Ich hätte Sybilla bitten sollen, mir die juristischen Bücher ebenfalls in die Bibliothek zu bringen. Dann wäre ich jetzt bereits auf dem neuesten Stand. Er lächelte, da er sich nun an die Zeit als Geist erinnerte und daran, wie ihn die Freundin während all der Jahrhunderte immer wieder rief, damit er die neueste Entwicklung der Menschheitsgeschichte mitbekam. Damit ich mich, wenn denn meine Zeit für ein neues Leben gekommen ist, nicht wie ein Trottel benehme. Ja, die gute Seele hat mir für ihr Leben mit weitaus mehr gedankt, als ich tatsächlich verdient habe. Es war doch nur meine Menschenpflicht, als ich ihr damals aus dem Kerker half und ihr dadurch weitere Verhöre und Folterungen ersparte. Aber wer weiß schon, was ich noch für sie tun kann.
Das tiefe und laute Bellen eines Hundes riss ihn aus seinen Gedanken. Er erhob sich und eilte zum Fenster. Ein monströses Tier, aber eigentlich wirkt er gar nicht so böse, dachte er, als sich der Hund, ihn offensichtlich bemerkend, auf die Hinterbeine setzte und mit heraushängender Zunge abwartend hechelte. Fehlt nur noch, dass er Männchen macht. Wird Zeit, dass wir ihn loswerden. Wäre doch zu schade, würde ich am Montag früh wieder kein ordentliches Frühstück bekommen, weil er Odette aufgefressen hat. Welch makabre Vorstellung.
Adrian setzte sich wieder an den Schreibtisch und vertiefte sich in den Text des aufgeschlagenen Buches, bis ihn das Läuten des Telefons unterbrach. Er starrte es einen Moment unsicher an. Patricia, erinnerte er sich, hat zunächst auf den leuchtenden Knopf gedrückt und dann das Ding ans Ohr gehalten. Noch während er sich fragte, ob er das nun ebenfalls tun sollte, nahm er zum ersten Mal in seinem neuen Leben ein Telefon zur Hand, drückte den bewussten Knopf und sagte: „Hallo?“
„Hallo, mein Sohn“, meldete sich die sonore Stimme des Barons.
„A, a … Vater?“
„Ja, ich bin’s und zwar stehenden Fußes.“
„Du kannst wieder gehen?“, fragte Adrian erfreut.
„Nun ja, mit dem Gehen hapert es noch, aber ein paar Schritte krieg’ ich schon hin. Der Arzt meinte, in etwa vier Wochen kann ich entlassen werden. Ist bei dir alles in Ordnung?“
„Ja, alles so weit, so gut. Ich sitze gerade über den Büchern und bemühe mich, mich in die Materie einzuarbeiten. Ach ja, das weißt du ja noch gar nicht, ich habe Patricia gefragt, ob sie meine Frau werden will.“
„Du hast was? Aber du … Entschuldige, ich bin etwas verwirrt. Und? Was hat sie geantwortet?“
„Na, was wohl? Sie hat ja gesagt.“
„Mein Junge! Das hieße ja dann wohl, dass du dein Priesteramt niederlegst?“
„In ein paar Tagen findet das Gespräch mit dem Bischof statt“, log er, um den Baron zu beruhigen. „Ich sitze bereits über den juristischen Büchern, die du dank weiser Voraussicht oder warum auch immer auf dem Dachboden aufgehoben hast.“
„Ich habe die Hoffnung, dass du wieder Vernunft annimmst, nie ganz aufgegeben. Hast du dich an der Uni eingeschrieben?“
„Noch nicht. Das habe ich über dem Studium der Bücher total vergessen. Aber das werde ich noch heute in Angriff nehmen.“
„Dir ist aber schon klar, dass das um diese Zeit schwierig sein wird? Das Büro wird bereits geschlossen haben. Und fürs Sommersemester, das bereits im April begonnen hat, bist du ohnehin zu spät dran. Du kannst dich erst fürs Wintersemester einschreiben und dafür ist es noch zu früh.“
„Die Immatrikulation erfolgt ausschließlich online“, antwortete Adrian mit Patricias Worten.
„On… was? Mit diesem neumodischen Zeug kenne ich mich nicht aus.“
„Das heißt, dass ich mich auf jeden Fall fürs Wintersemester einschreiben werde. Außerdem werde ich der Uni einen Besuch abstatten, um mich mit einem der Professoren zu beraten.“
„Das hört sich gut an. Dann mach das und melde dich mal. Hier ist es mehr als langweilig.“
„Kein Kurschatten in der Nähe?“
„Dafür bin ich zu alt.“
„Da gibt es doch so ein Sprichwort, je oller je doller – oder so ähnlich.“
Der Baron lachte tief auf. „Bis bald, mein Sohn“, antwortete er und beendete damit das Gespräch.
Das also war mein „Vater“, dachte er und legte das Telefon zur Seite. Dann erhob er sich und verließ das Haus, um im Park Ordnung zu schaffen, wie er es versprochen hatte.
***
Der Tag neigte sich bereits dem Ende zu, als Patricias Blick auf das Paket fiel, das neben ihrem Schreibtisch stand und bereits den ganzen Tag darauf wartete, ausgepackt zu werden. Wie üblich war sie schon von Neugier gepackt worden, als sie das Paket entdeckt hatte. Sandra hatte es, wie sie von ihr erfuhr, am Tag zuvor an der Eingangstür vorgefunden und in Patricias Büro gestellt. Doch in der Bibliothek war während der letzten Tage ihrer Abwesenheit einiges liegengeblieben, welches unbedingt aufgearbeitet werden musste, bevor sie sich Neuem widmen konnte. Dann, während ihrer Mittagspause, der Besuch bei Doris. Patricia empfand es als ziemlich anstrengend, mit der Freundin nicht über die Vorkommnisse der letzten Tage sprechen zu dürfen. Mehr als einmal wünschte sie sich während dieses Besuches, ihr Herz bei ihr ausschütten zu können, und nur allzu gerne hätte sie ihr von der großen Liebe ihres jetzigen und des vergangenen Lebens erzählt. Doch Doris durfte und konnte sich dank Sybillas Blumen des Vergessens an nichts mehr erinnern. Schließlich gab es außer Adrian – der nun Lukas hieß und fortan ein Leben in dessen Körper leben würde – keine Menschenseele, mit der sie über die letzten Vorgänge sprechen konnte. Vor allem daran, ihn mit dem richtigen Namen anzusprechen, musste sie sich gewöhnen. Und nun fühlte sie sich müde und ausgelaugt. Ein Bad zur Entspannung, ein leckeres Essen, vielleicht ein Glas Wein, eine Weile schweigend mit Adrian in der Bibliothek vor dem Kamin sitzen und dann ins Bett und nur noch in seinen Armen einschlafen, danach sehnte sie sich im Moment mehr als danach, ihre Neugier zu stillen. Sie atmete einmal tief durch. Dennoch, möglicherweise auch weil dieses Paket sie schon den ganzen Tag anstarrte und förmlich danach schrie geöffnet zu werden, hob sie es nun doch hoch und stellte es auf ihrem Schreibtisch ab.
„Ich geh dann“, verabschiedete sich Sandra, nachdem sie kurz angeklopft und ihren Kopf durch den Türspalt hereingestreckt hatte.
„Ist gut. Ich pack nur noch diese Bücherlieferung aus, dann mache ich ebenfalls Schluss. Hast du schon abgeschlossen?“
„Ja, hab’ ich. Mach nicht mehr so lange, du siehst müde aus.“
Patricia nickte, griff zur Schere und ritzte das Paket auf. Sie entnahm ihm einen neu aufgelegten Gedichtband von Friedrich Schiller, zwei Liebesromane, einen Krimi, nichts Wertvolles. Sie wunderte sich nicht, dass der Unbekannte, es stand kein Absender auf dem Karton, sich nicht die Mühe gemacht hatte eine Liste anzufertigen. Da hat wohl wieder jemand sein Bücherregal ausgemistet, überlegte sie.
Die Sammelaktion, die sie bereits vor Monaten ins Leben gerufen hatte, trug stetig Früchte. Inzwischen waren schon etliche alte und wertvolle Bücher für den sogenannten „Zauberbuchsalon“, wie der Raum der historischen Bücher liebevoll genannt wurde, gespendet und erworben worden. Bücher, die es nicht wert waren im “Zauberbuchsalon“ der Bibliothek eingestellt zu werden, brachten bei den Bücherflohmärkten, die sie alle zwei Monate vor der Bibliothek – bei schlechtem Wetter in der Eingangshalle – veranstalteten, wenigstens ein wenig Geld, um historisch wertvolle Bücher bei Versteigerungen oder Sammlerauktionen zu erwerben. Auch diese Bücher würden dort angeboten werden.
Als sie das letzte Buch aus dem Karton nahm, entdeckte sie jedoch ein zusammengefaltetes Blatt Papier, auf dem mit roter Farbe geschrieben ihr Name stand. Doch eine Liste? Sie nahm das Blatt heraus, faltete es auf und las.
Die Zeit heilt nicht alle Wunden, im Gegenteil, manche beginnen sich zu entzünden, zu faulen und wie eine eiternde Wunde zu stinken. Ein Freund
„Nein!“, flüsterte sie tonlos. Nein, nicht – bitte nicht, flehte sie in Gedanken, während ihr Herz so heftig zu schlagen und ihre Hand so stark zu zittern begann, dass ihr der Brief entglitt. Starr vor Entsetzen riss sie die Augen weit auf, als sich das Papier selbst entzündete, noch während es zu Boden flatterte. Nichts, auch nicht das kleinste Aschekrümelchen blieb davon zurück. Es war, als hätte er nie existiert. Einige Sekunden starrte sie noch ins Nichts und überlegte gar, ob sie sich infolge von Übermüdung das eben Geschehene nur eingebildet hatte. Ohne sich noch einmal umzusehen, zog sie ihre Jacke von der Stuhllehne, schnappte ihre Tasche und den auf ihrem Schreibtisch liegenden Schlüsselbund und verließ ihr Büro in Windeseile. Bevor sie jedoch aus der Bibliothek hinaus auf den nur schwach beleuchteten Parkplatz trat, schaute sie sich argwöhnisch um. Erst als alles ruhig zu sein schien, trat sie hinaus und zog die Tür hinter sich zu. Es dauerte eine Weile, bis es ihr mit immer noch zitternden Händen gelang, den Schlüssel ins Schlüsselloch des Personaleingangs zu stecken, um abzuschließen. Wieder einmal war sie froh, einen Funkschlüssel zu besitzen, mit dem sie die Tür ihres Wagens per Fernbedienung öffnen konnte. Angsterfüllt ließ sie sich auf den Fahrersitz gleiten. Als der Schlüssel endlich im Zündschloss steckte, atmete sie zur Beruhigung mehrmals tief durch, bevor sie den Wagen startete. Plötzlich kroch ihr ein Schauer über den Rücken. Unwillkürlich warf sie einen Blick in den Rückspiegel. Hat sich da etwas bewegt? Beobachtet mich jemand? Sie legte den Rückwärtsgang ein, fuhr aus ihrem Parkplatz und lenkte den Wagen auf die Straße. Selbst während der Fahrt verlor sich dieses ungute Gefühl, beobachtet zu werden, nicht. Was zur Folge hatte, dass sie sich nicht genügend auf die Fahrbahn konzentriert, sondern ihre Aufmerksamkeit immer wieder auf die vorüberhuschende Umgebung und in den Rückspiegel lenkte. Fast hätte sie dadurch den Gegenstand übersehen, der mitten auf der Fahrbahn lag. Erschrocken trat sie in allerletzter Sekunde auf die Bremse. Der Wagen drohte auszubrechen, doch gerade noch rechtzeitig riss sie das Steuer herum und brachte ihn auf der Grasnarbe am Straßenrand zum Stehen, bevor er in den Entwässerungsgraben abrutschen konnte. Ihr Puls raste. Ihr Atem flatterte wie die Flügel eines Kolibris, als sie sich am ganzen Leib zitternd übers Steuer beugte und erschöpft darauf liegen blieb. Zu Tode erschrocken zuckte sie zusammen, schnellte wie eine aufgezogene Feder zurück, um dann wie erstarrt an der Rückenlehne des Fahrersitzes regelrecht kleben zu bleiben, als sie ein klopfendes Geräusch am Seitenfenster vernahm.
Oh Gott! Ich habe die Türen nicht … Wo verschließt man …?
Den Gedanken noch nicht zu Ende gedacht, wurde die Fahrertür aufgerissen.
„Ist alles in Ordnung? Kann ich Ihnen helfen?“, fragte der ältere Herr, der sich hilfsbereit zu ihr hinunterbeugte.
„Ich weiß …, keine Ahnung“, flüsterte sie, sich dem Herrn zuwendend. „Es geht mir gut. Da lag etwas auf der Fahrbahn.“
„Ja, das habe ich gesehen und bereits an den Straßenrand gelegt. Es handelt sich um einen Unterlegkeil, wie ihn LKW-Fahrer benutzen. Vermutlich war er nicht richtig gesichert und hat sich darum vom Lastwagen gelöst. Kann ich etwas für Sie tun?“
„Nein, danke. Ich denke, es geht schon. Meinen Sie, ich komme hier wieder raus?“
„Der Mann ging zunächst an den Fond des Wagens, anschließend nach vorne und zurück zu ihr. „Ich meine, Sie kommen unbeschadet wieder auf die Fahrbahn. Vergessen Sie nicht, den Rückwärtsgang einzulegen.“
„Gut, dann fahre ich jetzt mal los. Danke, dass Sie sich um mich gekümmert haben.“
„Gern geschehen. Schönen Abend noch.“
Patricia nickte. „Auf Wiedersehen“, verabschiedete sie sich mit einem unsicheren Lächeln. Sie startete den Motor, legte den Rückwärtsgang ein und lenkte den Wagen langsam auf die Straße zurück.
Erschöpft parkte sie wenig später direkt vor dem Herrenhaus. Während sie ausstieg, suchten ihre Blicke die Umgebung ab. Jetzt fehlt nur noch dieses Riesenvieh, dachte sie und da entdeckte sie es auch schon. Doch entgegen dessen bisheriger Verhaltensweise saß er auf seinen Hinterbeinen und schien sie lediglich zu beobachten. Sie eilte zur Haustür, griff an den Ring im Löwenmaul und klopfte kräftig gegen die Tür.
Der Mastino erhob sich und begann, einen Schritt vor den anderen setzend, auf sie zuzugehen.
Noch einmal klopfte Patricia energisch an die Tür.
„Ist ja gut. Ich kann nicht fliegen“, erklang Adrians Stimme aus dem Inneren des Hauses, bevor die Tür gleich darauf geöffnet wurde. „Guten Abend, Liebling“, begrüßte er sie verwundert. „Deinen Hausschlüssel vergessen?“
Patricia schüttelte verwirrt den Kopf. „Hab’ nicht dran gedacht“, antwortete sie und schlüpfte schnell an ihm vorbei ins Haus. „Schließ die Tür.“
„Was ist …? Du bist ja völlig durch den Wind? Hattest wohl einen anstrengenden Tag?“, fragte er, rührend um ihr Wohl besorgt.
„Sieht man mir das an?“
„Du bist weiß wie eine gekalkte Wand. Was ist geschehen?“, fragte er, während er ihr einen Arm um die Schultern legte, sie ins Innere des Hauses schob und mit der anderen die Tür zuzog. „Nun rede doch“, fügte er ungeduldig hinzu und führte sie fürsorglich in die Bibliothek.
„Da draußen …“
„Der Köter? Ich weiß. Den werden wir auch noch los. Aber nun gib mir deine Jacke und lass uns in die Bibliothek gehen.“
Ein wärmendes Feuer flackerte knisternd im Kamin und verströmte einen rauchig-harzigen Geruch. Auf dem Fensterbrett und auf dem kleinen Tischchen standen Kerzenständer, in denen brennende Kerzen romantische Gemütlichkeit verströmten. Auf einem Servierwagen standen silberne Platten mit Häppchen.
Adrian drückte sie sanft aufs Kanapee, setzte sich neben sie, zog sie in seine Arme und küsste sie sanft.
Umhüllt von der wohlig angenehmen, romantischen Stimmung des Raumes und Adrians Armen fühlte sich Patricia sogleich beschützt.
„Du zitterst ja am ganzen Körper. Hat er dich so sehr erschreckt?“
„Es ist nicht wegen des Hundes.“
„Du setzt dich jetzt an den Tisch. Ich habe diese kleinen, appetitlich aussehenden Häppchen vom Feinkosthändler kommen lassen. Während des Essens kannst du mir berichten, was geschehen ist.“
„Ich habe gar keinen Appetit.“
„So schlimm?“
Patricia nickte.
Adrian nahm sie erneut in die Arme. „Besser?“
„Ja.“
„Na, siehst du. Können wir dann jetzt essen? Ich sterbe sonst vor Hunger. Und du wirst merken, mit etwas im Magen schaut die Welt gleich sehr viel besser aus.“
„Ach, da fällt mir ein …“, Patricia zog ihre Tasche heran und entnahm ihr ein Büchlein im Ledereinband, das dem Tagebuch täuschend ähnlichsah, „das habe ich im Antiquariat gefunden. Was sagst du?“
„Das ist großartig. Sind die Seiten beschrieben?“, fragte er und blätterte darin.
„Nein, nur leere Seiten.“
„Ich lege es gleich ins Regal“, sagte er und trat auf die fahrbare Regalleiter. „Und? Das sieht doch gut aus.“
„Von hier unten ist kein Unterschied zu erkennen“, antwortete Patricia zufrieden. Obwohl ihr noch nicht nach Essen zumute war, erhob sie sich, setzte sich an den Tisch und ließ sich von ihm einige wirklich lecker aussehende Teilchen auf ihren Teller legen.
„Wie hast du das gemacht? Ich wusste nicht, dass du dich mit dem Telefon auskennst, und dann rufst du bei einem Feinkosthändler an?“
„Der Baron hat sich gemeldet. Danach habe ich mich eingehend mit diesem Telefon befasst. Auf der eingespeicherten Liste im Telefon fand ich auch diesen Feinkosthändler. Nachdem mir der Plan, dich mit einem leckeren Essen zu verwöhnen, nicht mehr aus meinem Kopf wollte und ich des Sprechens mächtig bin, habe ich dort angerufen.“
„Ich sehe schon, du wirst dich ziemlich schnell an unser heutiges Leben gewöhnen.“
Er schien tatsächlich hungrig zu sein, denn er verschlang in kürzester Zeit eine kleine Quiche, zwei Mini Tramezzini und ein Artischockentörtchen.
Während sie ebenfalls eine Quiche aß, spürte sie, wie ihr Appetit wuchs.
„So, nun leg los. Aber bitte der Reihe nach“, bat er.
Patricia berichtet von ihrem Besuch bei Doris. „Sebastian war auch da. Er geht übrigens für ein halbes Jahr zu Ausgrabungen nach Ostafrika.“
„Das hört sich doch gut an“, murmelte Adrian.
Patricia musste unwillkürlich lächeln. Dann berichtete sie von der Bücherlieferung und dem unseligen Brief.
„Ich sehe schon“, sagte er, „es gibt einiges zu tun. Hast du einen Absender?“
„Nein. Kein Absender. Da es jedoch nicht mit der Post geliefert wurde, hat es wohl jemand, möglicherweise im Auftrag, einfach vor die Tür gestellt.“
„Du kannst also nicht herausfinden, woher das Paket kommt oder wer es geliefert hat.“
„Morgen werde ich nochmal mit Sandra darüber sprechen. Vielleicht kann sie ja etwas dazu sagen. Und wie war dein Tag?“
„Ich muss unbedingt in Erfahrung bringen, wann die Anmeldefrist für das Wintersemester abläuft“, wechselte er das Thema. „Und dazu werde ich mich morgen mit der juristischen Fakultät in Verbindung setzen. Eventuell kann ich dann auch abklären, ob eine Möglichkeit besteht, doch noch am Sommersemester teilnehmen zu können. Ich schätze, uns steht noch einiges bevor. Als erstes müssen wir dieses Monster von Hund loswerden. Er hätte heute fast Frau Wolf angefallen.“
Adrian musste plötzlich lachen und wenige Sekunden, nachdem Patricia begriffen hatte weshalb, stimmte sie in sein Lachen mit ein.
„Ja, das ist wirklich komisch. Er hält sich im Park auf. Eben kam er ganz langsam auf mich zu. Ich hatte irgendwie den Eindruck, dass der Hund real ist.“
„Er ist real. Könnte er dich sonst angreifen?“
„Aber …“
„Du denkst an das Erlebnis, das du nach einem Besuch bei Lukas hattest, als das Tier dich bis zu deinem Wagen verfolgte und daran hochsprang. Hat sich nicht dieser Habicht auf den Hund gestürzt und ihn vertrieben?“
„Das Monstrum hat sich daraufhin einfach in Luft aufgelöst. Wie kann er nun real vor mir stehen?“
„Ich kann mir das nur so erklären, dass es sich bei dem Angriff um eine Sinnestäuschung handelte, die der Dämon verursacht hat. Der Habicht hat sie lediglich unterbrochen.“
„Aber der war doch real?“
„Möglich. Sein Erscheinen bewirkte jedenfalls die Unterbrechung dieser Illusion. Das ist in etwa so, als würdest du einen Stecker aus der Leitung ziehen.“
„Was weißt du von Stecker und Leitung?“
„Na, hör mal!“, empörte er sich. „Wäre es dir lieber, ich würde sagen, das Böse hält ihn am Leben?“
„Das Böse haben wir vernichtet“, gab sie zu bedenken.
„Stimmt. Und so wurde aus dem Monster ein Lamm?“
„Aber wäre er lediglich ein Vasall von Asmodeus, müsste er nicht ebenfalls verschwunden sein? Ich versteh’ das nicht. Wäre es tatsächlich möglich, dass der Hund jetzt friedlich ist, da er nicht mehr vom Dämon manipuliert wird?“
„Liebste, lassen wir uns besser nicht von seinem traurigen Hundeblick täuschen. Egal wie, wir müssen das Vieh loswerden, bevor er jemanden anfällt. Den Postboten zum Beispiel oder die Wolf. Gibt es so etwas wie Hundefänger heutzutage auch noch?“
Bei dem Wort „Hundefänger“ legte Patricia das appetitliche Häppchen, das sie eben noch verspeisen wollte, zurück auf den Teller. Mit diesem Wort verband sie brutale Kerle, die mit Stöcken und Netzen auf Hunde losgehen. Im Grunde sollte sie erleichtert sein, dieses Monster auf welche Weise auch immer loszuwerden, aber plötzlich tat ihr der Hund leid. „Kommt nicht in Frage! Ich werde mir etwas überlegen und mich gegebenenfalls erkundigen, was man tun kann.“
„In Ordnung, dann überlasse ich es dir, dich darum zu kümmern.“
Als sie sich etwas beruhigt hatten, deutete Patricia auf den PC. „Du musst lernen, wie man einen Computer bedient. Möglicherweise besitzt Lukas einen Laptop“, sagte sie und schob sich ein Häppchen in den Mund.
„Muss das sein?“
„Unbedingt!“, antwortete sie kauend und fügte hinzu, nachdem sie hinuntergeschluckt hatte, „ohne Computer geht heutzutage gar nichts. Du musst lernen E-Mails zu schreiben. Es gibt allerhand Funktionen, die dir das Berufsleben, auch dein Studium, erleichtern könnten. Am besten wir lassen jemanden kommen, der dich in Informatik unterrichtet. Ich höre mich mal um.“ Plötzlich ritt sie ein kleines Teufelchen. In sich hineinschmunzelnd meinte sie: „Vielleicht würde Sebastian das ja übernehmen? Ich werde ihn fragen.“
„Sebastian? Auf keinen Fall!“, fuhr Adrian sie an. „Er ist Archäologe. Was hat er mit Computern zu schaffen?“