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Ein Interview mit einem Kosmonauten, der nie im All gewesen ist. Die Erinnerung an einen Roman, obwohl man ihn vergessen hat. Eine dreiste Lügenreportage aus dem Literaturbetrieb. Bekenntnisse zum Thema Scham & Ekel. Und ein wunderbares Kapitel aus «Tschick», das es nicht ins Buch geschafft hat. Die in diesem Band versammelten Geschichten und Texte sind recht unterschiedlich, beschäftigen sich aber alle auf ihre Weise mit dem Verhältnis von Literatur und Leben. Und jeder von ihnen legt Zeugnis ab von der sprachlichen Genauigkeit, der Wahrnehmungskraft und nicht zuletzt dem Humor Wolfgang Herrndorfs.
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Seitenzahl: 47
Veröffentlichungsjahr: 2017
Wolfgang Herrndorf
und andere Texte
Ein Interview mit einem Kosmonauten, der nie im All gewesen ist. Die Erinnerung an einen Roman, obwohl man ihn vergessen hat. Eine dreiste Lügenreportage aus dem Literaturbetrieb. Bekenntnisse zum Thema Scham & Ekel. Und ein wunderbares Kapitel aus «Tschick», das es nicht ins Buch geschafft hat.
Die in diesem Band versammelten Geschichten und Texte sind recht unterschiedlich, beschäftigen sich aber alle auf ihre Weise mit dem Verhältnis von Literatur und Leben. Und jeder von ihnen legt Zeugnis ab von der sprachlichen Genauigkeit, der Wahrnehmungskraft und nicht zuletzt dem Humor Wolfgang Herrndorfs.
Die Texte «Scham & Ekel GmbH», «Bulgarien», «Klagenfurt», «Die Rosenbaum-Doktrin», erschienen in «Wolfgang Herrndorf Gesamtausgabe Band 1» Copyright © 2015 by Rowohlt·Berlin Verlag GmbH, Berlin.
«Outtake: Tschick» erschien zuerst in «Arbeit und Struktur» Copyright © 2013 by Rowohlt·Berlin Verlag GmbH, Berlin.
Veröffentlicht im Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg, Mai 2017
Copyright © 2017 by Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg
Umschlaggestaltung any.way, Barbara Hanke/Cordula Schmidt
Umschlagillustration Wolfgang Herrndorf © VG Bild-Kunst, Bonn 2016
ISBN 978-3-644-40167-9
Schrift Droid Serif Copyright © 2007 by Google Corporation
Schrift Open Sans Copyright © by Steve Matteson, Ascender Corp
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Wolfgang Herrndorf im Gespräch mit Friedrich Jaschke
«Derjenige, der die Beschäftigung mit Arithmetik ablehnt, ist dazu verurteilt, Unsinn zu erzählen.»
John McCarthy
In einem Zimmer mit Kochnische in einem Alten- und Pflegeheim in der Berliner Invalidenstraße lebt Friedrich Jaschke. Zwei immergrüne Pflanzen stehen auf der Heizung, unter dem Bett liegen Bücherstapel. Auf dem Nachttisch das Foto einer jungen Frau, ein Wecker, ein Stundenplan für die Medikamente. Friedrich Jaschke empfängt den Besucher auf dem Bettrand sitzend, eine Wolldecke auf den Beinen. Er wurde 1948 in Wismar als erstes von drei Kindern geboren. Vor acht Jahren wurde bei ihm multiple Sklerose festgestellt, vor zwei Jahren Lungenkrebs. Fast wäre er der erste Deutsche im Weltall gewesen.
Herrndorf: Bitte erzählen Sie doch erst mal, wie sind Sie zur Weltraumfahrt gekommen, und was ist das eigentlich, Weltraumfahrt?
Jaschke: Ja, das war als Kind.
Herrndorf: Sie müssen sich etwas vorbeugen, bitte. Und lauter sprechen.
Jaschke: Ja? Das war als Kind. Ich wollte Pilot werden. Immer schon. Ich komme aus einer technikbegeisterten Familie. Ein Onkel von mir, der hat im Garten Strahlraketen gebaut, das war der Wilfried Bronnen, der Raketentechniker von Fritz von Opel. Die ganze Raketenforschung kommt ja aus Deutschland, aus den Zwanzigern, Hermann Oberth, Fritz von Opel, Wernher von Braun. Und da kommt auch die Weltraumfahrt her, von Wernher von Braun. Das war ja der Raketenmann. Der hat im Dritten Reich die V2 gebaut. In Peenemünde und Nordhausen, mit den KZ-Häftlingen aus Dora-Mittelbau [sic], und nach 45 dann mit den Amerikanern Apollo-Programm. Das kann man in diesem einen Hollywood-Film ja noch sehen, Dr. Seltsam, das ist ja Wernher von Braun. Das ist der Anfang vom Weltall, ob einem das gefällt oder nicht.
Herrndorf: Wieso durfte ein Nazi das Raumfahrtprogramm der Amerikaner machen?
Jaschke: Nazi … na ja. Auf seinem Gebiet war er halt sehr gut. Dass von Braun das gemacht hat, das war auch seine eigene Entscheidung, nicht die Entscheidung der Amerikaner.
Herrndorf: Inwiefern?
Jaschke: Im April 45, als alles am Ende war, hat von Braun seine Mannschaft genommen, 450 Leute, und sich in die Hände der Amerikaner fallenlassen. Das war geplant, da wurde abgestimmt. Von Braun hat zu seinen Männern gesagt: Was machen wir? Und vor den Russen hatten die meisten Angst. Die Franzosen waren technisch unbegabt, und die Engländer hatten nicht genug Geld, um Raketen zu bauen. Und das war ja die Absicht. Blieben also nur die Amis. Und da haben sich von Braun und Dornberger mit ihren Leuten dann nach Süddeutschland abgesetzt, Peiting, Nähe Oberammergau, und sind übergelaufen. Dazu mussten sie einen Zug kidnappen. Die haben den Nazis einen ganzen Zug weggenommen, damals fuhr ja schon nichts mehr.
Herrndorf: Und wie haben die Amerikaner reagiert?
Jaschke: Positiv. Natürlich. Die waren ja auch schlau. Die haben sofort begriffen, was ihnen da in die Hände gefallen ist. Das hat keine zwei Stunden gedauert, dann haben die ein Kommando durchs verwüstete Deutschland geschickt, nach Peenemünde und nach Nordhausen, und die haben alles da rausgeholt, was noch rumlag, die V2 und die ganze Technologie, und danach haben sie alles in die Luft gesprengt.
Herrndorf: Aber Peenemünde liegt auf Usedom. Gehörte das nicht zur sowjetischen Besatzungszone?
Jaschke