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Der dreizehnjährige Sam verbringt mit seiner Familie einen fröhlichen Tag am Strand, als er einen seltsamen Fund macht. Dieser löst zunächst lebhaftes Interesse aus, wird dann aber schlichtweg vergessen. Das hat fatale Folgen, denn niemand weiß, was für Kräfte diese mysteriöse Kiste hat: Zwei Jungen tauschen ihr Aussehen und gelangen in die jeweils andere fremde Welt. Und sie geraten in ernste Schwierigkeiten. Ob sich alles aufklären wird? Spannende, verwirrende und aufregende Erlebnisse erwarten Sam und die Leser in „Die Sache mit Plunoptia“.
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Seitenzahl: 129
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Beate Irrgang
Die Sache mit Plunoptia
AUGUST VON GOETHE LITERATURVERLAG
FRANKFURT A.M. • WEIMAR • LONDON • NEW YORK
Die neue Literatur, die – in Erinnerung an die Zusammenarbeit Heinrich Heines und Annette von Droste-Hülshoffs mit der Herausgeberin Elise von Hohenhausen – ein Wagnis ist, steht im Mittelpunkt der Verlagsarbeit. Das Lektorat nimmt daher Manuskripte an, um deren Einsendung das gebildete Publikum gebeten wird.
©2014 FRANKFURTER LITERATURVERLAG FRANKFURT AM MAIN
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Medien- und Buchverlage
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ISBN 978-3-8372-5180-7
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1
Beinahe hätte ich es übersehen. Es lag im Schlamm, und nur weil eine Ecke herausragte, war ich darauf aufmerksam geworden. Ungeachtet des Schlamms kniete ich mich davor und buddelte es aus. Ich hielt es in den Händen, drehte es und betrachtete es von allen Seiten. Den gröbsten Schmutz putzte ich mit meinem T-Shirt weg. Es sah aus wie aus Holz, aber es fühlte sich glatt und weich an. Nirgends konnte ich einen Verschluss finden, doch es war klar, dass man es öffnen konnte. Es war nicht schwer, aber recht unhandlich zu tragen. Kurz entschlossen klemmte ich es unter meinen Arm und trabte zurück zu Mum und Alex.
„Hallo, Sam, was schleppst du denn da für Strandgut an?“
Alex stand inmitten einer mittelgroßen Sandburg, stützte die Hände in die Hüften und schaute mir entgegen. Er sah aus wie ein Feldherr vor der nächsten Belagerung, dachte ich mir bei seinem Anblick.
Mum lag bäuchlings auf einer großen Decke und frönte ihrer Lieblingsbeschäftigung: Krimi lesen. Nun legte sie ihr Buch zur Seite und schaute zu mir.
„Schaut euch das mal an!“ Aufgeregt legte ich meinen Fund so hin, dass wir alle drei ihn betrachten konnten. Mum und Alex beugten sich neugierig darüber.
„Das ist irgendeine Kiste“, sagte Alex und klopfte mit den Fingerknöcheln darauf.
„Hm, klingt aber nicht wie eine Kiste!“ Nun strich er vorsichtig mit der flachen Hand über das Fundstück. „Was für Material ist das? Fühlt sich angenehm an.“
„Zeig mal!“ Mum tastete es nun ebenfalls ab. „Ist das Leder?“
Na, soviel war klar: die beiden konnten mir auch nicht weiterhelfen.
„Ich glaube, man muss das irgendwie öffnen können, aber ich finde keinen Hinweis, wo.“
Ich untersuchte sehr sorgfältig die Kanten und Ecken - erfolglos.
„Vielleicht gibt es ein Schlüsselloch?“ Alex wieder! Pragmatisch, aber total einfallslos.
„Ich glaube, das wäre mir bestimmt schon aufgefallen“, antwortete ich etwas pikiert.
„Vielleicht ist es mit Druck zu öffnen?“ Mum setzte ihren Worten die Tat nach und drückte behutsam mit den Daumen abwechselnd auf die äußeren Ecken.
Nichts geschah. Nun waren wir erst einmal ratlos, und Alex drehte sich achselzuckend zu seiner Sandburg, um weiter daran zu arbeiten.
Mum fuhr erneut mit den Fingern an der seltsamen Kiste entlang. Plötzlich riss sie die Augenbrauen hoch und rief erstaunt: „Hier ist etwas! Fühlt sich an wie eine Vertiefung! Wenn ich da mal hineindrücke?“
Gebannt beobachtete ich Mums Vorgehen und sah sofort ihren enttäuschten Gesichtsausdruck.
„War auch nichts, was?“, fragte ich sie.
„Vielleicht braucht es etwas Dünnes, Spitzes. Mit meinen Fingern komme ich da nicht dran.“
„Wusste gar nicht, dass du solche Wurstfinger hast“, tönte Alex aus den Tiefen seiner Burgverliese.
„Altes Ekel!“, konterte Mum. „Gleich mach ich deine Burg dem Erdboden gleich!“
„Hier, probier das mal, ehe du noch zum Berserker wirst.“ Er streckte Mum einen länglichen Holzspan entgegen.
Bevor Mum zugreifen konnte, packte ich den Span und versuchte nun mein Glück.
Es gelang mir auch wirklich, so etwas wie eine Vertiefung zu finden. Vorsichtig steckte ich den Span dort hinein, drückte, drehte - nichts geschah.
„Auch kein Glück, oder?“, kommentierte Mum.
„Schmeiß das Ding einfach weg“, war Alex´ Meinung dazu. Er spießte gerade eine Papierfahne auf die Spitze seines Burgturmes, wischte sich den Sand von den Händen und schaute triumphierend auf sein Meisterwerk.
„Was sagt ihr dazu?“ Beifallheischend erwartete er nun lobende Worte von uns.
Mum sagte kurz angebunden: „Schön! Wie immer, wenn wir hier sind.“
„Prima, Alex“, war mein Kommentar dazu, und Alex räumte nun etwas enttäuscht seine Bauutensilien zusammen.
„Ihr solltet euch auch lieber kreativ betätigen“, brummelte er.
„Lesen bildet“, war Mums Reaktion darauf, und ich sagte lieber gar nichts dazu.
Ich rüttelte sachte an der Kiste. Es war nichts zu hören. Sie hatte eine außergewöhnliche Form, fast wie ein Sarg, nur schräg und nicht so gleichmäßig. Die Farbe ließ zuerst auf Holz schließen, aber jetzt schien sie eher schleimig grün, und das Material war ebenfalls merkwürdig, weich, glatt und irgendwie warm.
„Ich lass das mal hier liegen“, sagte ich zu Mum und rannte ins Wasser. Bevor der Aufbruch nahte, wollte ich noch etwas im Wasser plantschen. Es war herrlich kühl und erfrischend. Ich tauchte gerade zum dritten Mal unter, als mir plötzlich ein Gedanke kam. Vielleicht sollte man die Kiste ins Wasser legen? Möglich, dass man sie dann öffnen konnte. Vielleicht erweichte das Material und ließ sich irgendwie abschälen.
Wie von der Tarantel gestochen rannte ich aus dem Wasser, zurück zur Decke, schnappte mir die Kiste und lief wieder zum Wasser zurück. „Ich versuche mal etwas!“, rief ich Alex und Mum zu.
Mum erschauerte, als sie von einem Sprühregen kleiner, kalter Wassertröpfchen besprenkelt wurde.
Alex, neugierig geworden, trabte mir gemächlich hinterher.
Ich trug die Kiste mit ausgestreckten Armen vor mir her und ging langsam ins tiefere Wasser.
Jeden Moment erwartete ich, dass sich irgendeine Reaktion zeigen würde. Gespannt beobachtete ich die Kiste durch die Wasseroberfläche.
Als nichts passierte, war ich ziemlich enttäuscht.
„Keinen Treffer gelandet?“ Alex war inzwischen Wasser tretend neben mir.
„Sieht nicht so aus.“
„Wahrscheinlich kann man das Ding gar nicht öffnen.“
„Möglich.“
„Lass es einfach hier.“
„Nein. Behalten werde ich es trotzdem. Es gefällt mir.“
„Wie du willst. Komm, wir sollten zurück. Wird Zeit, dass wir einräumen und aufbrechen. Oma wartet bestimmt schon, heute ist doch unser Grillabend.“
Ich folgte Alex. In Gedanken aber war ich noch immer mit der Kiste beschäftigt.
2
„Nun mach mal Platz, mein Dicker!“ Oma stupste Zack, ihren nun schon ergrauten Schäferhund in die Seite. „Immer da, wo ich gerade hin muss, liegst du mir im Weg.“ Sie lächelte dabei. „Du riechst das viele gute Fleisch, was?“ Sie stellte eine weitere Platte mit marinierten Fleischscheiben in den Kühlschrank. Der war bereits zum Bersten voll.
Salatschüsseln, Fleischplatten, selbstgemachte Dressings - lauter Köstlichkeiten, die gut und gern für die Hälfte der Dorfbewohner gereicht hätten.
Zack leckte sich die Nase und schnupperte genießerisch.
Oma wischte sich die Hände an ihrer Schürze ab und strich Zack herzhaft durch das struppige Fell. „Für dich fällt bestimmt auch etwas ab.“ Dabei warf sie einen Blick durch das Küchenfenster, von dem aus sie den herrlichen Garten und den Eingang von der Straße sehen konnte.
„Ach, da kommt ja Peter schon!“ Erwartungsvoll ging sie ihm an die Haustür entgegen.
Peter, inzwischen ein schlaksiger, hochgewachsener Siebzehnjähriger, kam ihr mit einem Korb voller Wiesenblumen entgegen.
„Mensch, Oma, war das peinlich!“ Er reichte ihr den Korb, sichtlich erleichtert, das Objekt seiner Blamage los zu werden. „Das mach ich sicher kein zweites Mal!“
„Ich danke dir trotzdem. Du hast ganz wunderbaren Geschmack bewiesen. Schau doch nur, wie schön das alles farblich zusammenpasst!“
Peter zuckte die Schultern, freute sich aber insgeheim doch über das Lob. „Ich habe es auch wirklich nur dir zuliebe gemacht.“
„Lieb von dir. Dann werden wir zwei hübsche Girlanden winden und den Gartentisch schön dekorieren.“
„Tut mir jetzt ja echt leid, Oma, aber ich muss zuerst mal Susie anrufen. Das habe ich ihr zugesagt, und Versprechen muss man doch halten!“ Damit drehte Peter sich um und flüchtete schnell ins Wohnzimmer.
Oma lächelte. „Siebzehn Jahre! Ach, waren das noch Zeiten!“ Sie verlor sich kurz in der Vergangenheit, ehe sie wieder zu den Vorbereitungen zurückkehrte.
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