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Die Saga von Brennu-Njáll E-Book

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Beschreibung

»Ein isländischer Schriftsteller kann nicht leben, ohne beständig über die alten Bücher nachzudenken.« Halldór Laxness Der Stellenwert, den die Isländersagas im kulturellen Gedächtnis der Isländer einnehmen, ist enorm. Bis heute haben die fesselnden Geschichten rund um die Besiedelung der nordischen Insel nicht an Leuchtkraft verloren: Die Prosatexte aus dem 13. und 14. Jahrhundert sind eine Sternstunde der Geistesgeschichte Europas – und können hier in einer breiten Auswahl bewundert werden. Mit der vorliegenden Neuedition öffnet sich dem Leser ein Tor in eine Welt, die beseelt ist von wütenden Außenseitern, starken Frauen und Rechtskundigen, von Rache, Totschlag und Buße, aber auch von Schadenszauber und Wiedergängern und nicht zuletzt abenteuerlichen Reisen in ferne Länder. Die Isländersagas sind Weltliteratur. Die ›Isländersagas‹ - vorgelegt von den besten literarischen Übersetzern und angereichert mit wissenschaftlichen Zusatzinformationen - räumen einer der bedeutendsten Literaturen den Platz ein, der ihr gebührt. Mit einem Vorwort der Herausgeber Mit Faksimiles der mittelalterlichen Handschriften Mit Karten der Handlungsorte der Sagas Mit einem Glossar

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Seitenzahl: 678

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Die Saga von Brennu-Njáll

Isländersagas

Herausgegeben von Klaus Böldl, Andreas Vollmer und Julia Zernack

Aus dem Altisländischen von Karl-Ludwig Wetzig

FISCHER E-Books

Mit einer Einleitung von Karl-Ludwig Wetzig

Mit einem Vorwort der Herausgeber

Mit Faksimiles der mittelalterlichen Handschriften

Mit einer Karte der Handlungsorte der Saga

Mit einem Glossar

Inhalt

VorwortDie Saga von Brennu-NjállEinleitung1 Höskuld erzürnt über seinen Bruder Hrút2 Hrút will Unn zur Frau und segelt erst einmal nach Norwegen3 Hrút trifft den König und möchte in sein Gefolge aufgenommen werden. Gunnhild, die Königinmutter, lädt ihn in ihr Schlafgemach ein4 Hrút segelt mit dem ungewaschenen Úlf und seiner Mannschaft nach Süden5 Hrút und seine Männer kämpfen gegen Atli und seine Männer Hrút kehrt zurück nach Norwegen und teilt mit dem König seine Beute6 Hrút kehrt zurück nach Island und heiratet Unn, doch es ist schwierig zwischen ihnen7 Unn möchte sich von Hrút trennen. Mörð, ihr Vater, erwirkt die rechtskräftige Scheidung8 Hrút und Mörð geraten in Streit über Unns Vermögen, trennen sich aber gütlich9 Þorvald heiratet Hallgerð10 Hallgerð streitet mit ihrem Vater Höskuld11 Hallgerðs hohe Ansprüche verärgern Þorvald. Er gerät darüber mit Þjóstólf in Streit und wird getötet12 Ósvíf verlangt für seinen Sohn Buße von Höskuld, und beide einigen sich13 Die Brüder Þórarinn, Ragi und Glúm. Þórarinn wirbt um Hallgerð14 Þórarinn und Hallgerð halten Hochzeit. Hallgerð bringt ein Mädchen zur Welt15 Glúm gewährt Þjóstólf Unterschlupf16 Glúm und Hallfreð geraten wegen Þjóstólf in Streit17 Þjóstólf tötet Glúm im Streit. Dafür tötet ihn Hrút18 Unn gibt ihr ganzes Erbe aus19 Gunnar, der Mann mit den besten Tugenden20 Njáll, der Kenner der Gesetze21 Unn will ihr Vermögen von Hrút zurück, und Gunnar zieht in dieser Sache Njáll zu Rate22 Gunnar soll sich als Krämer-Héðinn ausgeben und so Hrút reinlegen23 Gunnar tut, was Njáll ihm geheißen24 Gunnar erhebt Klage gegen Hrút, und Hrút zahlt25 Unn heiratet Valgarð. Njáll rät seinen Söhnen zur Heirat26 Njáll rät seinem Sohn Helgi, um Þórhalla anzuhalten27 Helgi und Þórhalla heiraten. Njáll nimmt Þórhall Ásgrímsson als Zögling auf28 Gunnar fährt ins Ausland, und Njáll führt solange seine Geschäfte29 Ölvir greift Gunnar unter die Arme30 Gunnar bestreitet verschiedene Kämpfe vom Schiff aus31 Gunnar reist nach Dänemark und wird vom König wohlwollend aufgenommen32 Gunnar kehrt nach Island zurück33 Gunnar hält um Hallfreðs Hand an. Hrút rät ihm ab34 Þráinn will Þórgerð heiraten35 Hallfreð fängt bei Njálls Fest einen Streit an36 Kol tötet Svart37 Bergþóra fordert Atli auf, Kol zu töten38 Brynjólf tötet Atli und verkündet Hallfreð seinen Erfolg39 Þórð verkündet Bergþóra, dass er Brynjólf getötet hat40 Njáll bietet Gunnar einen Vergleich für den Totschlag an Brynjólf an41 Gunnar lädt Sigmund und Skjöld zu sich ein42 Hallfreð ermuntert Sigmund und Skjöld dazu, Þórð zu töten43 Gunnar überlässt Njáll für diesen Totschlag das Selbsturteil44 Bergþóra hetzt ihre Söhne auf45 Die Njállssöhne töten Sigmund und Skjöld im Kampf46 Gissur hieß ein Mann47 Otkell hieß ein Mann48 Hallfreð ruft den Sklaven Melkólf zu sich49 Hallfreð ist eine Diebin. Otkell und Gunnar verhandeln50 Skammkell holt sich Rat beim Goden Geir51 Gissur bietet Gunnar das Selbsturteil an52 Runólf lädt Otkell ein53 Otkell nimmt die Einladung an54 Gunnar wird von Otkell und Skammkell angegriffen55 Die Tötung Otkells soll vor Gericht56 Der Gode Geir erhebt gegen Gunnar Klage57 Starkað und seine ganze Familie sind hartgesottene Leute58 Egills Söhne sind immer zu Streit aufgelegt und machen mit Starkaðs Söhnen gemeinsame Sache. Njáll glaubt, dass Gunnar im Pferdekampf gewinnen wird59 Gunnar verliert bei der Pferdehatz seinen Hengst60 Njáll mahnt Gunnar, stets auf der Hut zu sein61 Starkað und Egill wollen mit ihren Männern Gunnar eine Falle stellen62 Gunnar hat einen Traum63 Gunnar tötet eine Vielzahl an Männern64 Gunnar bittet Njáll um Rat65 Mörð drängt Þorgeir, die Klage gegen Gunnar einzuleiten Njáll drängt Gunnar, Klage gegen Þorgeir wegen unerlaubten Beischlafs anzustrengen66 Der Prozess auf dem Thing ist eine große Sensation. Gunnar gewinnt großes Ansehen67 Þorgeir Otkelsson soll in der Sache »Gunnar« helfen68 Þorgeir Otkelsson und Þorgeir Starkaðarson werden dicke Freunde69 Njáll sieht Fylgjen von Gunnars ärgsten Feinden70 Die beiden Þorgeirs verlieren viel Geld an Gunnar71 Mörð will Gunnar Schaden zufügen72 Es kommt zum erneuten Kampf zwischen Gunnar und den beiden Þorgeirs. Þorgeir Otkelsson findet den Tod73 Die Zeit des Things74 Gunnar plant für eine Weile, das Land zu verlassen75 Gunnar ändert seine Meinung und bleibt in Island76 Önund tötet Gunnars Hund77 Es kommt zum erneuten Kampf. Gunnar stirbt78 Gunnar zeigt sich fröhlich und strahlender Laune79 Skarphéðinn will seinen Vater Gunnar rächen80 Es kommt zum Vergleich81 Kolskegg lässt sich in Dänemark taufen und tritt in Konstantinopel in Sold82 Þráinn reist nach Norwegen und tötet im Auftrag des Jarls Kol. Der Jarl bittet Þráinn, in Norwegen zu bleiben83 Die Njállssöhne Grím und Helgi verlassen Island84 Auf See geraten sie in einen schweren Kampf85 Helgi wird Jarl Sigurð von Orkney vorgestellt86 Kári und die Njállssöhne folgen dem Jarl nach Süden und es entwickelt sich eine heftige Schlacht gegen die Schotten87 Kolbeinn nimmt Hrapp mit an Bord nach Norwegen. Hrapp sucht dort Guðbrand auf, trifft auf Guðrún und macht viele Schwierigkeiten88 Hrapp setzt den Tempel in Brand und schlägt einige Männer nieder. Der Jarl sucht ihn vergeblich89 Der Jarl spürt die Njállssöhne auf und eröffnet den Kampf. Kári nimmt die Njállssöhne in Schutz90 Kári und die Njállssöhne kehren nach Island zurück. Helgi und Grím bitten ihren Vater Njáll um Rat91 Die vier Njállssöhne und Kári machen sich auf die Suche von Þráinn, bei dem sich Hrapp aufhält92 Skarphéðinn spaltet mit der Axt Þráinns Kopf. Grím durchbohrt Hrapp mit dem Speer. Und Kári tötet Tjörvi93 Ketill, mit Njálls Tochter Þorgerð verheiratet und Bruder von Þráinn, handelt mit Njáll einen Vergleich aus94 Njáll nimmt den jungen Höskuld in seine Obhut95 Flosi und seine Familie96 Hall und seine Familie97 Njáll möchte seinen Ziehsohn Höskuld mit Hildigunn, Flosis Frau verheiraten. Njáll sucht ein Godentum für Höskuld98 Lýting greift mit seinen Leuten Höskuld an und tötet ihn99 Njáll will sich mit Höskuld Hvítanesgoði für den Totschlag vergleichen100 Machtwechsel in Norwegen: Jarl Hákon ist tot, Ólaf Tryggvason tritt an seine Stelle. In Norwegen kehrt das Christentum ein101 Þangbrand soll in Island missionieren102 Steinunn, die Mutter des Skalden Ref, verkündet Þangbrand den heidnischen Glauben103 Þangbrand bekehrt trotz großer Widerstände einige Isländer104 Fast bricht auf dem Thing ein Kampf zwischen Heiden und Christen aus105 Þorgeir verkündet, dass jeder in Island Christ werden soll106 Ámund verlangt von Lýting Buße, erschlägt ihn und wird blind107 Valgarð verlangt von Mörð, dass er alle Njállssöhne tötet. Mörð weigert sich, und Valgarð stirbt108 Mörð setzt ein Festgelage für die Njállssöhne an109 Mörð schwärzt Höskuld gegenüber die Njállssöhne an110 Mörð stachelt Skarphéðinn und seine Brüder auf, Höskuld zu töten111 Die Njállssöhne töten Höskuld, den Hvítanesgoden112 Die Tötung Höskulds wird heftig verurteilt113 Guðmund genießt großes Ansehen, von ihm stammen die vornehmsten Familien Islands ab114 Snorri zählt zu den weisesten Männern Islands115 Flosi ist bestürzt über Höskulds Tod. Runólf verspricht ihm, auf dem Thing zu erscheinen116 Hildigunn verlangt von Flosi Rache für Höskuld117 Flosi bietet Ketill und seinen Brüdern Unterstützung an118 Njáll unterstützt Ásgrim119 Ásgrim wirbt für weitere Anhänger120 Ásgrim zieht mit Skarphéðinn von einer Thinghütte zur nächsten, um noch mehr Unterstützung in der Sache zu bekommen121 Die Klage wegen Totschlags an Höskuld ist unzulässig122 Njáll schlägt einen Vergleich vor, und Flosi stimmt zu123 Hall setzt eine Geldbuße für Höskulds Ermordung fest. Flosi will Höskuld lieber ungebüßt lassen oder Blutrache nehmen, als das Geld anzunehmen124 Flosi gewinnt Verbündete, die einen Eid darauf schwören, Njáll und seine Söhne zu erschlagen. Hróðný warnt Njáll vor dem bevorstehenden Angriff125 Hildiglúm hat eine bedeutungsschwere Erscheinung von einem riesigen Feuer126 Flosis Männer versammeln sich zur Blutrache, nur Ingjald fehlt127 Grím und Helgi kehren früher als erwartet von einem Ausritt zurück. Njáll hat eine böse Vorahnung128 Flosi und seine Leute greifen Njálls Hof an, sie scheitern an der Gegenwehr129 Njálls Hof wird in Brand gesteckt. Njáll und Bergþóra wählen den Tod. Kári kann entkommen130 Flosi und seine Männer verschanzen sich auf dem Berg Þríhyrning131 Hjalti, Kári und Mörð machen auf die Suche nach den Angreifern. Flosi und seine Männer reiten gen Osten132 Die Brandleichen werden zur Kirche überführt. Kári und Ásgrím beschließen, Anklage auf dem Thing zu erheben133 Flosi hat einen unheilvollen Traum. Ketill aus Mörk sieht darin kommende Tode voraus134 Mehrere Männer versprechen Flosi, ihn auf dem Allthing zu verstärken135 Mörð benennt Zeugen und leitet die Klage gegen Flosi ein136 Flosi und die anderen Brandstifter kehren bei Ásgrím ein. Ásgrím verliert die Beherrschung137 Alles, was Rang und Namen hat, findet sich zum Thing ein138 Flosi besticht den gesetzeskundigen Eyjólf mit einem goldenen Armreif139 Der Gode Snorri sagt Ásgrím und Kári seine Unterstützung im Kampf zu140 Guðmund der Mächtige verspricht jede Hilfe, die in seiner Macht steht141 Die Klagen werden vor dem Thing verkündet. Eyjólf berät mit Flosi über das weitere Vorgehen142 Der Prozess ist in vollem Gange. Die Parteien überbieten sich in ihren Klagen und Verteidigungen143 Eyjólf erhebt Einspruch und behauptet, die Klage sei vor dem falschen Viertelsgericht vorgetragen worden144 Das Fünfte Gericht tritt zusammen. Flosi und seine Verbündeten werden für schuldig befunden. Mörð begeht einen Fehler und Eyjólf erklärt das Urteil für ungültig145 Ásgrím und seine Männer eröffnen den Kampf. Ein Vergleich wird geschlossen. Flosi und die anderen Mordbrenner verfallen der kleinen Acht146 Kári und Þorgeir knöpfen sich die Sigfússöhne vor und töten fünf von ihnen147 Þorgeirr lässt sich zu einem Vergleichstreffen mit Flosi und den Sigfússöhnen umstimmen148 Kári findet heimlich Unterschlupf bei dem Draufgänger Björn149 Flosi bringt die Brautwerbung eines Norwegers zum Erfolg und bekommt dafür dessen Handelsschiff. Björn berichtet Kári von den Plänen der Sigfússöhne150 Kári und Björn lauern den Sigfússöhnen auf und töten einige von ihnen151 Glúm und die anderen Männer schlagen zurück, Kári ist raffinierter und behält die Oberhand152 Kári bittet Þorgeir, seine Hand über Björn zu halten und steigert in der Folge Björns Ansehen153 Flosi und sein Gefolge erleiden Schiffbruch auf den Orkneys. Flosi wird zum Gefolgsmann Jarl Sigurðs154 Jarl Sigurð veranstaltet ein Fest155 Kári ersticht Gunnar Lambason. Jarl Sigurð verspricht König Sigtrygg Unterstützung im Kriegszug gegen König Brjánn156 Bróðir und seine Männer empfangen bedeutsame Vorzeichen. Brjánn lässt Männer zum Kriegsdienst aufrufen157 In der Schlacht wird Brjánn erschlagen. Bróðir fällt der Folter zum Opfer158 Káris Rachefeldzug geht in Wales weiter. Flosi unternimmt eine Pilgerreise159 Kári und Flosi versöhnen sich. Flosis TodAnmerkungenDie Saga von Brennu-NjállGlossarEditorische Notiz zu Schreibung und Aussprache isländischer Namen und Begriffe

Vorwort

Die Isländersagas (Íslendingasögur) sind umfangreiche Prosaerzählungen in altisländischer Sprache, entstanden im 13. und 14. Jahrhundert. Sie gelten als der wichtigste Beitrag Islands zur Weltliteratur und sind in viele Sprachen übersetzt worden, mehrfach auch ins Deutsche. Die vorliegende Ausgabe präsentiert eine breite Auswahl dieser Sagas in neuen deutschen Übertragungen, ergänzt durch eine Reihe thematisch und stilistisch verwandter Erzählungen (þættir) aus derselben Epoche. In ihrer novellenhaften Kürze und Pointiertheit legen sie zusammen mit den Isländersagas in eindrucksvoller Weise Zeugnis ab von der im Mittelalter einzigartigen Erzählkunst Islands.

Viele Übersetzer haben zum Entstehen der neuen Ausgabe beigetragen. Wenn die Übertragungen dadurch einen je individuellen Ton bekommen haben, dann ist dies durchaus beabsichtigt. Denn die Originaltexte haben bei allen Gemeinsamkeiten doch immer eine deutlich eigene Prägung, die auch in der Übersetzung noch durchscheint. Damit die Sagas als literarische Kunstwerke für sich wirken können, sollten sie von allen erläuternden Zusätzen möglichst frei bleiben. Für das Verständnis unverzichtbare Anmerkungen der Übersetzer sowie Karten zur geographischen Orientierung finden sich in einem Anhang. Den größeren kultur- und literaturgeschichtlichen Zusammenhang erschließt der Begleitband.

 

April 2011

Die Herausgeber

Die Saga von Brennu-Njáll

Brennu-Njáls saga

Aus dem Altisländischen und mit einer Einleitung von Karl-Ludwig Wetzig

Die abgebildete Seite stammt aus einer der ältesten Handschriften der Saga von Brennu-Njáll aus der Zeit um 1300 (Kálfalækjarbók). Das Pergamentfragment ist schlecht erhalten, zeigt aber an einigen Stellen Reste von farbigen Initialen. Der Text hier beschreibt jene berühmte Szene, in der Gunnar durch das Stolpern seines Pferdes veranlasst wird, nicht in die Verbannung zu gehen, sondern auf Island zu bleiben, obwohl ihn dies das Leben kosten wird (Kap. 75).

Einleitung

Aus dem 19. Jahrhundert brachte die Beschäftigung mit den Isländersagas die Überzeugung mit, dass sie »ursprünglich nur auf Grund mündlich umlaufender Überlieferungen aufgezeichnet worden« seien (Konrad Maurer). Ausgerechnet aber in der Saga, die von der Mehrzahl der Kenner als Krone und Vollendung der Gattung angesehen wird, musste diese These an ihre Grenzen stoßen, denn wie soll man sich das Gedächtnis eines Menschen vorstellen, der in der Lage sein müsste, eine nur mündlich überlieferte Erzählung zu behalten, die aus weit mehr als 100 000 Wörtern besteht, in einer an Ereignissen nicht gerade armen Handlung fast 600 Personen beim Namen nennt und dabei von vielen auch noch ihre verwandtschaftlichen Beziehungen bis ins fünfte oder sechste Glied darlegt? Genau dies aber ist der Stoff, aus dem die Saga von Brennu-Njáll gemacht ist, und zwar auf eine Weise, die geeignet scheint, doch eher den Anhängern einer konkurrierenden Theorie recht zu geben: Ihr zufolge sind die Isländersagas vielmehr hochstehende literarische Schöpfungen von einzelnen Autoren des 13. Jahrhunderts, deren komplexer Aufbau mit zahlreichen Vorausdeutungen und späteren Rückgriffen nur auf schriftliche Aufzeichnungen gestützt ausgearbeitet werden konnte.

Die in der Saga von Brennu-Njáll geschilderte Handlung setzt, wenn man ihr Zeitgerüst mit historischen Ereignissen abgleicht, um das Jahr 960 ein und endet etwa im Jahr 1015/16. Eine Originalhandschrift ist nicht erhalten, doch verschiedenen Indizien zufolge wurde die Saga wahrscheinlich im letzten Viertel des 13. Jahrhunderts geschrieben, in den zwanzig Jahren zwischen 1275 und 1295, also einige Zeit nachdem die einst so stolzen Isländer ihre Unabhängigkeit verloren hatten und steuerzahlende Untertanen der norwegischen Krone geworden waren, und auch mindestens 260 Jahre nach den in ihr erzählten Begebenheiten. Diesen nicht unbeträchtlichen Zeitabstand können auch die Anhänger der »Buchprosatheorie« nicht leicht ohne die Annahme einer zunächst mündlichen Weitergabe von Berichten und Erzählungen überbrücken. Für den in mehr als fünfzig Handschriftenbruchstücken schriftlich festgehaltenen Text der Saga gilt jedoch, daran ließ der isländische Herausgeber der auch dieser Übersetzung zugrundeliegenden Edition keinen Zweifel, »dass die Saga in ihrer Gesamtheit das Werk eines einzigen Mannes ist« (Einar Ólafur Sveinsson).

Nur zu gern wüssten wir seinen Namen.

»Damit schließe ich die Saga von Brennu-Njáll«, heißt es nach bald 500 Seiten mit der ganzen sachlichen Schlichtheit, die gute Sagaprosa oft auszeichnet, und doch sind in diesem unaufdringlichen Schlusssatz zwei sonst selten oder nie vorkommende Aussagen enthalten. Zum einen verleiht der Autor selbst seiner Geschichte einen Titel, was bei nicht vielen Isländersagas überliefert ist; und zum anderen tritt in der ganzen Sagaliteratur nur an dieser einen Stelle ganz kurz das »Ich« eines Erzählers und des hinter ihm stehenden Autors in Erscheinung. Regeln oder Konventionen der Gattung scheinen den Verfassern nämlich abverlangt zu haben, anonym hinter ihre Werke zurückzutreten, und so weit, mit seinem Namen zu signieren, ging auch der Autor der Saga von Brennu-Njáll nicht. Im Lauf der Forschungsgeschichte haben sich daher immer wieder die intimsten Kenner der Sagas und der Epoche, in der sie geschrieben wurden, mit dem Spürsinn kriminalistischer Profiler auf die Suche nach ihm begeben, doch keiner der Namen, die sie vorschlugen, hat allgemeine Zustimmung gefunden. Es wird dabei bleiben: Wir kennen den Verfasser der Saga von Brennu-Njáll nicht namentlich, und so war es auch gedacht. Denn wenn kein einzelner Autor für den Inhalt der Saga verantwortlich zeichnet, erhält seine Geschichte durch das (echte oder fiktive) Herstammen aus einer kollektiv von vielen Generationen getragenen Überlieferungstradition umso größere Glaubwürdigkeit. Ein kalkuliert schlichter Erzählstil, der in vielem mündliches Erzählen nachbildet, trägt zusätzlich dazu bei.

Unübersehbar deutlich ist, dass der Verfasser der Saga von Brennu-Njáll ein bewusst literarisch schaffender Autor war, der – sehr belesen – souverän mit den Konventionen des Sagaerzählens umzugehen verstand. Überblickt man den Stoff seiner Erzählung, dann bestand sein größtes Interesse augenscheinlich an Fragen der Konfliktlösung, durch außergerichtliche Vergleiche oder Gerichtsprozesse oder, als letztes Mittel, auch durch Gewalt. Hätte es den Berufsstand im damaligen Island bereits gegeben, würde man den Autor sicher unter den führenden Juristen seines Landes suchen. – »Mit Gesetzen soll man unser Land aufbauen«, lautet die wohl bekannteste Maxime, die seit Njáll in Island bis heute zum geflügelten Wort wurde.

In den ersten dreißig Kapiteln geht es vor allem um Eheschließungen und Eheverträge, doch mit Gesellschaftsklatsch hat das kaum zu tun. Vielmehr ist das Knüpfen von Heiratsverbindungen, der Austausch von Frauen, wenn man so will, vielleicht der älteste und wichtigste Weg zur Anbahnung von Kontakten zwischen Menschengruppen. Verläuft es glücklich, sichern sie den Frieden, scheitern sie, beschwört das Konflikte herauf. Durch das nachdrücklich erbetene Eingreifen nach einer gescheiterten Ehe wird der Held des ersten Teils der Saga in die Geschichte hineingezogen: Gunnar von Hlíðarendi. Er trägt nicht nur den im Norden gebräuchlichen Namen von Burgundenkönig Gunther, sondern ist auch sonst als eine für die Heldensage geeignete, fast siegfriedähnliche Gestalt gezeichnet. Schon ein Blick auf den Titel der Saga lässt aber vermuten, dass nicht Gunnar als Held dieser Geschichte gedacht ist, sondern sein bester Freund, Njáll; und Njáll ist ein früh als alt dargestellter Mann mit dem unmännlichen Merkmal, keinerlei Bartwuchs zu haben, und ein Mann des friedlichen Ausgleichs, ebenfalls ein mit allen Wassern gewaschener Kenner der Gesetze (und ihrer Lücken), der seine größten Erfolge im Aushandeln von Vergleichen oder vor Gericht erringt, und nicht auf dem Kampfplatz. Isländersaga ist nicht Heldensage. Dazu ist sie viel zu sehr an gesellschaftlichen Fragen und Konflikten interessiert. Die Saga von Brennu-Njáll erzählt unter anderem von einem permanenten Widerspiel der Kräfte von Freundschaft und friedliebendem Ausgleich auf der einen und einer von der Gesellschaft geforderten Pflicht zu Bestrafung und Rache auf der anderen Seite. Gunnars und Njálls schöne Freundschaft wird durch eine Kette tödlicher Zwischenfälle auf zunehmend härtere Belastungsproben gestellt, doch sie bewährt sich, bis eine übermächtige Koalition von Feinden Gunnar zur Strecke bringt, nicht zuletzt weil er sich weigert (oder war es so vorherbestimmt?), einen von Njáll für ihn vor Gericht ausgehandelten Vergleich zu erfüllen.

Mit Gunnars Tod kann die Geschichte nicht zu Ende sein. Er hat Söhne, er hat eine willensstarke Mutter, die Vergeltung will, und er hat Freunde. »Ich bestehe darauf, dass meine Söhne ihr Leben mit dem deinen verbinden«, hat Njáll noch zu helfen versucht, bevor Gunnar – und damit wird er dann doch den Helden des Nibelungenlieds ähnlich – in einem letzten Akt trotziger Selbstbehauptung allein auf sich gestellt in seinem Haus auf die Feinde wartete.

Ohne eine solche Entschlossenheit zur Selbstbehauptung konnte man leicht zu den Verlierern gehören in einer Gesellschaft, die keine undurchlässig strikt gegliederte Ständepyramide kannte, die nicht jedem seinen unverrückbaren Platz schon mit der Geburt zuwies, und deren Gründer bewusst auf die Errichtung eines staatlichen Machtapparats zur Aufrichtung und Durchsetzung von Frieden und Ordnung verzichtet hatten. Unter solchen Bedingungen konnte sich ein Individuum am ehesten gegen Übergriffe schützen, indem es den anderen immer wieder signalisierte, gegen jede Beschädigung, und sei es die seines Rufs, seines Ansehens, entschlossen vorzugehen. Dreh- und Angelpunkt allen Geschehens in der Saga ist darum immer wieder die Frage, ob, wie und mit welchen Mitteln ein Individuum in kritischen Konfliktsituationen seine persönliche Integrität und Unverletzlichkeit, das, was man früher seine Ehre genannt hätte, bewahren kann.

Zweite Schutzmaßnahme war eine Verpflichtung zu gegenseitiger Hilfeleistung unter Familienangehörigen, angeheirateten Verwandten, Freunden, Bluts- und Ziehbrüdern, Verbündeten. Solche Verpflichtungen mussten zwingend sein, wenn sie wirksam sein sollten, und daraus folgte mit innerer Notwendigkeit eine Pflicht, jemanden, der einen Freund, Verwandten, Verbündeten verletzt oder getötet hatte, zu verfolgen und nachträglich Rache zu üben.

Skarphéðinn, der Herausragende unter Njálls Söhnen, die im zweiten Hauptteil der Saga für Gunnar Rache nehmen, hat gut lachen, auch wenn er meist nur ein zähnefletschendes Grinsen aufsetzt, denn er folgt unbeirrt und ohne Zweifel diesem Weg, den ihm die von der Gesellschaft vorgegebenen ethischen Verpflichtungen zeigen, auch dann noch, als er in seinen eigenen und den Tod seiner ganzen Familie führt. (Dass es daneben auch schlicht um Fragen von Macht und Herrschaft ging, spricht in aller Deutlichkeit z. B. die Strafpredigt aus, die im 107. Kapitel der Gode Valgarð Grái seinem Sohn Mörð hält.)

Andere Sagafiguren, wie etwa Kjartan in der Saga von den Leuten aus dem Laxárdal oder hier Njáll, geraten durch solche Normen in viel tiefere Widersprüche und Zweifel. Da klingt die immer wieder geäußerte Überzeugung von einer schicksalhaften Unausweichlichkeit des Kommenden fast wie eine Entlastung. »Jeder muss tun, was ihm bestimmt ist«, »es kommt, was kommen muss«, solche Sätze werden in der Saga von Brennu-Njáll wie Mantras wiederholt. »Es wurde schlechtes Korn gesät, und daraus kann nur Schlechtes wachsen«, sagt der im Süden und Osten des Landes führende Flosi Þórðarson mit dem Ton des Unausweichlichen, der für diese Saga vielleicht noch kennzeichnender ist als für andere, bevor er gegen Njáll und seine Söhne zum Allthing zieht, um gegen sie den Prozess wegen des Totschlags am Mann seiner Nichte anzustrengen, der zugleich Njálls eigener geliebter Ziehsohn ist. Der Ausblick zeigt, wie man durch sich überkreuzende Schutz- und Hilfszusicherungen in fürchterliche Zwangslagen geraten konnte, die einen am Ende unerbittlich nötigten, seine Wahl zu treffen, notfalls auch gegen Menschen, denen man in Liebe verbunden war. Das Beispiel zeigt daneben übrigens auch, wie wesentlich die für uns oft so ermüdend ausführlich dargelegten Verwandtschaftsverhältnisse in den Sagas sind, so dass man keinesfalls, wie es einige frühere Übersetzungen taten, die vielen ausführlichen Genealogien im Text einer flüssigeren Lesbarkeit zuliebe einfach weglassen kann. Die Menschen in den Sagas sind als Individuen dargestellt, als sehr ausgeprägte oft genug, aber sie sind in der Regel auch stets eingebunden in soziale Netzwerke von Verwandtschaft und Freundschaft. Nicht zuletzt ist die höchste Strafe, die die Gesetze des isländischen Freistaats zur Sagazeit vorsahen, der Waldgang, die vollständige Verstoßung aus der Gemeinschaft. In der Praxis kam sie wohl meist einem Todesurteil gleich. Ein solches Urteil, die große Acht, sollte schließlich auch die Männer treffen, die sich verbündeten, um gegen Njáll und seine Söhne vorzugehen, mit Feuer und Schwert. Einen solchen Überfall, bei dem man das Haus des Angegriffenen mit seinen Bewohnern darin niederbrannte, nannte man eine Brenna. Daher Njálls Beiname. Doch der nächste Rächer folgte den Mordbrennern bald wie ein Schatten.

1Höskuld erzürnt über seinen Bruder Hrút

Mörð hieß ein Mann, den man Gígja nannte, die Fiedel. Er war ein Sohn von Sighvat Rauð und lebte auf dem Hof Völl in Rangárvellir. Er war ein einflussreicher und mächtiger Mann, der stets aufmerksam alle Rechtsstreitigkeiten verfolgte, und er war ein so guter Kenner der Gesetze, dass niemand ein Urteil für rechtsgültig hielt, wenn er nicht daran mitgewirkt hatte. Mörð hatte eine Tochter mit Namen Unn, sie war eine schöne Frau, vornehm erzogen und gebildet, und sie galt als die beste Partie der ganzen Gegend.

Die Geschichte wendet sich jetzt zunächst nach Westen in die Täler am Breiðafjord. Ein Mann dort wird Höskuld genannt, er war ein Sohn des Dala-Koll. Seine Mutter hieß Þorgerð und war eine Tochter Þorsteinn Rauðis, eines Sohns von Ólaf Ingjaldsson Hvíti, Sohn des Helgi. Die Mutter Ingjalds war Þóra, eine Tochter des Sigurð Orm-í-auga, der wiederum ein Sohn von Ragnar Loðbrók war. Die Mutter von Þorsteinn Rauði war Uð Djúpúðga, Tochter Ketill Flatnefs und Enkelin von Björn Buna. Höskuld lebte auf Höskuldsstaðir im Laxárdal. Sein Bruder hieß Hrút und wohnte auf Hrútsstaðir. Höskuld und Hrút hatten die gleiche Mutter, doch Hrúts Vater war Herjólf. Hrút war ein ansehnlicher Mann, groß und stark und waffenerprobt, aber auch besonnen und äußerst klug, konsequent und rücksichtslos gegen seine Feinde, doch hilfsbereit in wichtigen Angelegenheiten.

Einmal gab Höskuld ein Fest für seine Freunde, und sein Bruder Hrút nahm ebenfalls daran teil und saß an seiner Seite. Höskuld hatte eine Tochter mit Namen Hallgerð. Sie spielte mit anderen Mädchen auf dem Fußboden. Sie war hübsch und gut gewachsen und ihr Haar so schön wie Seide und so lang und dicht, dass es ihr bis über den Gürtel reichte.

Höskuld rief sie. »Komm einmal her«, sagte er, und sie kam gleich zu ihm. Er griff ihr unters Kinn und gab ihr einen Kuss; dann ging sie wieder. Höskuld fragte seinen Bruder: »Wie gefällt dir das Mädchen? Findest du es nicht schön?«

Hrút schwieg.

Höskuld wiederholte seine Frage.

Da sprach Hrút: »Wunderschön ist die Kleine, und dafür werden noch viele bezahlen. Nur eins kann ich mir nicht erklären, wie diese Diebsaugen in unsere Familie gekommen sind.«

Darüber erzürnte Höskuld, und für eine Weile kühlte das Verhältnis der Brüder merklich ab.

Hallgerðs Brüder waren Þorleik, der Vater Bollis, und Ólaf, der Vater Kjartans, sowie Bárð.

2Hrút will Unn zur Frau und segelt erst einmal nach Norwegen

Ein andermal ritten Höskuld und Hrút zum Allthing, das von vielen Teilnehmern besucht wurde. Dort sagte Höskuld zu Hrút: »Ich fände es gut, Bruder, wenn du die Stellung deines Hauses verbessern und dir eine Frau suchen würdest.«

»Das geht mir auch schon lange durch den Kopf«, antwortet Hrút, »ich habe mich nur bisher noch nicht entschließen können. Jetzt aber will ich deinem Wunsch folgen. Wo sollen wir suchen?«

»Auf dem Thing hier sind viele wichtige Leute anwesend, da gibt es reichlich Auswahl«, sagt Höskuld. »Trotzdem habe ich für dich schon einmal in eine bestimmte Richtung gedacht. Es gibt da eine Frau namens Unn, sie ist die Tochter von Mörð Gígja, diesem so klugen Mann. Er hält sich hier auf dem Thing auf und seine Tochter ebenso. Wenn du willst, kannst du sie also in Augenschein nehmen.«

Als die Menschen am folgenden Tag zur gesetzgebenden Versammlung Lögretta gingen, sahen sie vor der Thinghütte der Leute aus dem Rangábezirk einige gutgekleidete Frauen.

»Da ist sie, die Unn, von der ich gesprochen habe«, meinte Höskuld zu Hrút. »Wie gefällt sie dir?«

»Gut«, gab Hrút zurück, »aber ich weiß nicht, ob wir miteinander glücklich werden können.«

Darauf gingen sie weiter zur Versammlung Lögretta. Mörð Gígja erklärte wie üblich die Gesetze und legte sie aus und kehrte anschließend zu seiner Thinghütte zurück. Höskuld und Hrút erhoben sich und folgten ihm. Mörð saß in seiner Hütte. Sie traten ein und grüßten. Er stand auf und ging ihnen entgegen, begrüßte Höskuld mit Handschlag und führte ihn zu dem Platz an seiner Seite, Hrút setzte sich neben Höskuld. Dann unterhielten sie sich über vieles, und am Ende brachte Höskuld das Gespräch darauf, »dass ich gekommen bin, um dir eine Heirat anzutragen. Hrút möchte gern dein Schwiegersohn werden und deine Tochter heiraten, und ich will dazulegen, was ich kann.«

Mörð antwortete: »Ich weiß, du bist ein einflussreicher und vermögender Mann, deinen Bruder aber kenne ich nicht.«

Höskuld versicherte: »Er hat mir noch einiges voraus.«

Mörð sagte: »Du wirst ihm eine Menge beisteuern müssen, denn meine Tochter wird einmal meine einzige Erbin sein.«

»Auf meine Antwort darauf will ich dich nicht lange warten lassen«, gab Höskuld zurück, »ich statte ihn aus mit dem Land von Kambsnes und Hrútsstaðir bis hinauf zur Þrándargil. Er selbst besitzt ein Handelsschiff, das gerade auf Handelsfahrt unterwegs ist.«

Da ergriff Hrút das Wort: »Versteht das so, Bóndi, dass mein Bruder mich aus Zuneigung in günstigem Licht erscheinen lässt. Doch wenn Ihr die Sache in Betracht ziehen wollt, dann wüsste ich gern Eure Bedingungen.«

»Die habe ich mir schon überlegt«, antwortete Mörð. »Sie soll von mir sechzig Hunderte bekommen. Von deiner Seite soll die Hälfte dieser Summe aufgebracht werden. Wenn ihr einmal Erben bekommt, soll euch das Gesamtvermögen aber jeweils zu gleichen Teilen gehören.«

Hrút sagte: »Diese Vereinbarung akzeptiere ich. Lasst sie uns vor Zeugen bekräftigen.«

Dann standen sie auf, gaben sich die Hand darauf, und Mörð versprach Hrút seine Tochter Unn. Die Hochzeit sollte einen halben Monat nach Mittsommer bei Mörð stattfinden.

Beide Parteien ritten vom Thing nach Hause, und die Brüder bogen an den Hallbjarnarsteinen nach Westen ab. Da kam ihnen Þjóstólf, der Sohn von Björn Gullberi aus dem Reykjardal, entgegen und teilte ihnen mit, dass an der Hvítá ein Schiff gelandet sei, mit Hrúts Onkel Össur an Bord, der wünsche, dass Hrút so schnell wie möglich zu ihm komme. Als Hrút das hörte, bat er Höskuld, ihn zum Schiff zu begleiten. Beide ritten dorthin, und als sie beim Schiff eintrafen, begrüßte Hrút seinen Onkel freudig und von Herzen. Össur lud sie zu einem Umtrunk in eine Hütte ein, dann nahm man ihnen die Pferde ab, und sie traten zum Trinken in die Hütte.

Hrút sagte zu Össur: »Jetzt sollst du mit mir in den Westen kommen und den Winter bei mir verbringen, Onkel.«

»Daraus wird nichts«, erwiderte Össur. »Denn ich muss dir den Tod deines Bruders Eyvind melden. Er hat dich auf dem Gula-Thing zu seinem Erben bestimmt, doch wenn du das Erbe nicht antrittst, werden es deine Feinde übernehmen.«

»Was soll ich jetzt tun, Bruder?«, fragte Hrút. »Das ist doch eine verzwickte Sache, wo ich gerade erst meine Hochzeit verabredet habe.«

Höskuld meinte: »Du solltest zu Mörð reiten und ihn bitten, eure Vereinbarung dahingehend zu ändern, dass eure Verlobungszeit auf drei Jahre ausgedehnt wird. Ich reite derweil nach Hause und lasse deine Sachen zum Schiff bringen.«

»Dafür möchte ich, dass du dir Mehl, Holz und anderes, was du brauchen kannst, von der Ladung nimmst«, sagte Hrút, ließ seine Pferde holen und machte sich auf den Weg ins Südland, während Höskuld nach Westen ritt.

Hrút traf bei Mörð in Rangárvellir ein und wurde dort freundlich empfangen. Er unterrichte Mörð von der geänderten Sachlage und fragte ihn um Rat.

»Um wie viel Geld geht es?«, erkundigte sich Mörð.

Hrút meinte, wenn er alles bekomme, gehe es um einen Gegenwert von zweihundert Mark Silber.

»Das ist viel, wenn man mein Erbe danebenhält«, sagte Mörð, »und wenn du es möchtest, solltest du unbedingt fahren.«

Anschließend änderten sie den Ehevertrag, und sie sollte ihm drei Jahre lang versprochen bleiben.

Darauf ritt Hrút zum Schiff und hielt sich den Sommer über dort auf, bis es zum Auslaufen bereit war. Höskuld brachte Hrúts ganze bewegliche Habe dorthin, und Hrút vertraute ihm für die Dauer seiner Abwesenheit die Verwaltung seines Besitzes im Westland an. Dann kehrte Höskuld nach Hause zurück. Wenig später erhob sich ein günstiger Wind, und sie stachen in See. Sie brauchten drei Wochen für die Überfahrt und erreichten Norwegen bei Hernar. Von dort segelten sie nach Osten in die Vík.

3Hrút trifft den König und möchte in sein Gefolge aufgenommen werden. Gunnhild, die Königinmutter, lädt ihn in ihr Schlafgemach ein

Harald Graumantel regierte Norwegen. Er war ein Sohn von Eirík Blutaxt, dem Sohn von Harald Schönhaar. Seine Mutter hieß Gunnhild und war eine Tochter von Össur Toti. Sie residierten damals in Kungälv im Osten.

Dort sprach sich die Ankunft eines Schiffs in der Vík herum. Als Gunnhild davon erfuhr, erkundigte sie sich, welche Isländer an Bord seien. Ihr wurde gesagt, einer der Männer heiße Hrút, und er sei ein Neffe des Össur.

Da sagte Gunnhild: »Dann weiß ich Bescheid. Er wird sein Erbe einfordern, das ein gewisser Sóti in Verwahrung hat.« Sie rief ihren Kammerknecht Ögmund. »Begib dich in die Vík, suche Össur und Hrút auf und richte ihnen aus, ich würde sie gern beide über den Winter zu mir einladen und mich ihnen gewogen zeigen. Wenn Hrút meiner Einladung Folge leistet, werde ich ihn in seiner Erbangelegenheit unterstützen und auch in anderen Dingen, die er vorhat. Ebenso will ich beim König ein Wort für ihn einlegen.«

Ögmund machte sich auf den Weg und suchte die beiden auf. Als sie hörten, dass er ein Bote von Gunnhild war, nahmen sie ihn sehr freundlich auf. Diskret richtete er seinen Auftrag aus. Anschließend besprachen sich die beiden unter vier Augen, und Össur sagte zu Hrút: »Ich glaube, uns bleibt keine große Wahl, Neffe, denn ich kenne Gunnhilds Art: Wenn wir nicht zu ihr gehen, wird sie uns aus dem Land jagen und alles, was uns gehört, mit Gewalt an sich reißen; suchen wir sie aber auf, wird sie all das für uns tun, was sie uns in Aussicht stellt.«

Ögmund kehrte zurück und berichtete Gunnhild vom Ausgang seiner Reise und dass sie kommen würden.

Gunnhild sagte dazu: »Damit war zu rechnen, denn dieser Hrút ist ein kluger Mann. Du aber achte darauf, wann sie im Ort eintreffen, und gib mir dann Bescheid.«

Hrút und Össur fuhren ostwärts nach Kungälv, und als sie dort landeten, kamen ihnen Verwandte und Freunde entgegen und begrüßten sie herzlich. Sie fragten, ob der König anwesend sei, und man bestätigte es. Wenig später trafen sie auf Ögmund; er begrüßte sie in Gunnhilds Namen und sagte weiter, dass die Königin sie, um Gerede zu vermeiden, nicht empfangen werde, ehe sie dem König ihre Aufwartung gemacht hätten: »Damit es nicht so aussieht, als wären sie meine Günstlinge. Ansonsten aber werde ich ihnen zukommen lassen, was mir gefällt; und Hrút soll vor dem König kein Blatt vor den Mund nehmen und ihn ersuchen, in sein Gefolge aufgenommen zu werden, lässt sie euch ausrichten. Hier sind auch noch Hofkleider, die sie dir schickt, Hrút. In denen sollst du vor den König treten.« Damit ging Ögmund wieder.

Am folgenden Tag sagte Hrút: »Gehen wir den König aufsuchen!«

»Einverstanden«, gab Össur zurück.

Sie nahmen zehn Begleiter mit, alle Freunde oder Verwandte von ihnen, und kamen in die Halle, als der König beim Trinken saß. Hrút trat als Erster vor und grüßte den König. Der musterte den Mann eingehend, der einen guten Eindruck machte, und fragte ihn nach seinem Namen. Er nannte ihn.

»Bist du Isländer?«, fragt der König.

Hrút bejaht.

»Was führt dich zu uns?«

»Ich wollte das Ausmaß Eurer Pracht und Hoheit kennenlernen, Herr, und außerdem habe ich hierzulande eine größere Erbangelegenheit zu regeln und werde auf Eure Unterstützung angewiesen sein, um mein Recht zu erlangen.«

»Ich habe jedem Mann in diesem Land sein Recht versprochen«, erwidert der König. »Was hast du noch auf dem Herzen, das dich zu uns führt?«

»Herr«, fährt Hrút fort, »ich möchte in Eure Gefolgschaft eintreten und Euer Mann werden.«

Der König schweigt dazu.

Da mischt sich Gunnhild ein: »Mir scheint, dieser Mann bietet Euch etwas sehr Ehrenvolles an, denn meinem Eindruck nach wäre Euer Gefolge bestens besetzt, wenn es mehr Männer wie ihn enthielte.«

»Hat er etwas im Kopf?«, fragt der König.

»Er ist sowohl klug als auch ehrgeizig.«

»Wie mir scheint, möchte meine Mutter unbedingt die Auszeichnung für dich erreichen, die du dir vorgenommen hast«, wandte sich der König an Hrút. »Doch um mein Ansehen und die Gepflogenheiten in diesem Land zu wahren, komm in einem halben Monat wieder. Dann will ich dich in meine Gefolgschaft aufnehmen – bis dahin soll dich meine Mutter verköstigen. Such mich also wieder auf.«

Gunnhild gab Ögmund die Anweisung: »Bring die beiden zu meinem Haus und lass ihnen dort ein gutes Essen bereiten!«

Ögmund ging hinaus, und sie folgten ihm. Er führte sie zu einem Haus aus Stein. Im Innern war es mit prächtigen Wandbehängen ausgekleidet; und dort stand auch Gunnhilds Hochsitz.

Da sagte Ögmund: »Jetzt zeigt sich, dass es wahr ist, was ich dir von Gunnhild berichtet habe; hier steht ihr Hochsitz, und darin sollst du Platz nehmen, und du darfst sogar darin sitzen bleiben, wenn die Königin selbst erscheint.«

Dann ließ er sie bewirten.

Sie hatten noch nicht lange zu Tisch gesessen, als Gunnhild eintrat. Hrút wollte aufspringen und sie begrüßen.

»Bleib sitzen«, sagte sie, »dies soll dein Platz sein, solange du mein Gast bist.« Dann setzte sie sich zu Hrút, und sie stießen miteinander an. Gegen Abend sagte sie: »Ich möchte, dass du heute Nacht oben in meinem Schlafgemach bei mir liegst, nur wir beide allein.«

»In solchen Dingen sollt Ihr bestimmen«, antwortete er.

Darauf gingen sie zu Bett, und die Königin verschloss die Bodenkammer sogleich von innen. Sie verbrachten darin die Nacht. Am nächsten Morgen gingen sie dorthin, wo die Leute zum Trinken beisammensaßen, doch die ganzen zwei Wochen lang schliefen sie immer nur zu zweit in der Kammer im oberen Stockwerk.

Zu ihren Bediensteten sagte Gunnhild: »Ihr werdet nicht weniger verlieren als euer Leben, solltet ihr gegenüber irgendjemandem auch nur ein Sterbenswörtchen über Hrúts und mein Zusammensein verlauten lassen.«

Hrút schenkte ihr einhundert Ellen dickes Lodentuch und zwölf Webpelze guter Handelsware. Gunnhild dankte ihm für die Gaben. Dann machte er sich auf den Weg, küsste sie vorher und dankte ihr, und sie wünschte ihm viel Erfolg.

Am folgenden Tag suchte er, begleitet von dreißig Mann, den König auf und trat vor ihn.

Der König sagte: »Jetzt möchtest du sicher, dass ich mein Versprechen einlöse«, und so wurde Hrút in das königliche Gefolge aufgenommen.

»Wo ist mein Platz?«, fragte Hrút.

»Das soll meine Mutter entscheiden«, antwortete der König.

Sie wies ihm den ehrenvollsten Sitzplatz zu, und Hrút verbrachte, hochgeachtet, den Winter am Königshof.

4Hrút segelt mit dem ungewaschenen Úlf und seiner Mannschaft nach Süden

Im nächsten Frühjahr hörte Hrút, dass Sóti nach Dänemark gefahren war und das gesamte Erbe mitgenommen hatte. Da suchte er die Königin auf und teilte ihr die Neuigkeit mit.

Gunnhild sagte: »Ich stelle dir zwei Langschiffe mit Besatzung zur Verfügung, darunter den ungewaschenen Úlf, den mutigen Anführer unserer Königsboten. Geh aber vor deinem Aufbruch noch einmal zum König.«

Das tat Hrút, und als er vor ihm stand, berichtet er ihm von Sótis Abreise und seiner Absicht, ihn zu verfolgen.

Der König sagte: »Welche Verstärkung gibt dir meine Mutter mit?«

»Zwei Langschiffe und Úlf Óþveginn als Anführer.«

»Ausgezeichnet«, sagte der König, »ich gebe dir noch zwei weitere Schiffe. Du wirst jeden Mann brauchen können.«

Dann geleitete er Hrút zum Schiff und wünschte ihm viel Glück. Hrút segelte mit seiner Mannschaft nach Süden.

5Hrút und seine Männer kämpfen gegen Atli und seine Männer Hrút kehrt zurück nach Norwegen und teilt mit dem König seine Beute

Atli hieß ein Mann. Er war der Sohn des Jarl Arnvið aus dem östlichen Gautland. Er war ein großer Krieger und befehligte im Osten auf dem Mälarsee acht Schiffe. Sein Vater hatte Hákon Aðalsteinsfóstri keine Steuern oder Tribute zahlen wollen und war darum mit dem Sohn von Jämtland nach Gautland ausgewichen. Atli lief mit seinen Schiffen durch den Stokksund aus dem Mälarsee aus, fuhr nach Süden und nahm Kurs auf Dänemark. Dort legten sie sich in den Øresund. Wegen etlicher Überfälle und Totschläge, die er in ihren Ländern verübt hatte, war Atli auch vom Dänen- und vom Schwedenkönig geächtet worden.

Hrút fuhr ebenfalls nach Süden, mit Kurs auf den Øresund, und als sie den Sund erreichten, entdeckte er darin eine Anzahl von Schiffen.

Úlf fragte ihn: »Was nun, Isländer?«

»Wir segeln weiter«, sagt Hrút, »denn was man nicht versucht, kann auch nichts werden. Das Schiff von Össur und mir übernimmt die Spitze, du magst angreifen, wo und wie es dir behagt.«

»Selten habe ich andere als Schild benutzt«, erwidert Úlf und legt sein Langschiff neben das Hrúts. So fahren sie in den Sund ein. Die dort erkennen, dass Schiffe auf sie zuhalten, und melden es Atli.

Er sagt: »Da gibt es reiche Beute zu machen. Die Männer sollen auf allen Schiffen die Zelte abschlagen und sich mutig zum Kampf fertigmachen. Mein Schiff legt sich ins Zentrum der Flotte.«

Die Schiffe laufen aufeinander zu. Als sie in Hörweite kommen, erhebt sich Atli und ruft: »Ihr seid sehr unvorsichtig. Habt ihr denn nicht gesehen, dass Kriegsschiffe hier im Sund lagen? Wie heißt euer Anführer?«

Hrút nannte seinen Namen.

»Wessen Mann bist du?«, fragt Atli.

»Ein Gefolgsmann von König Harald Graumantel.«

»Mein Vater und ich sind seit langem keine Freunde eurer Norwegerkönige.«

»Genau das ist euer Verhängnis«, ruft Hrút zurück.

»Aber wir treffen unter solchen Umständen aufeinander, dass du von ihnen keinem mehr Bericht erstatten können wirst«, sagt Atli, ergreift einen Wurfspieß und schleudert ihn auf Hrúts Schiff. Der, den er traf, war sofort tot.

Damit begann der Kampf, doch an Hrúts und Össurs Schiff kamen sie nur schwer heran. Úlf griff beherzt an und teilte Hiebe und Stiche aus. Atlis Mann am Vordersteven hieß Ásólf; er sprang auf Hrúts Schiff hinüber und tötete vier Männer, ehe Hrút auf ihn aufmerksam wurde; dann ging er sofort auf ihn los. Als sie aufeinandertrafen, führte Ásólf einen Stoß gegen Hrút, der den Schild traf und durchstieß, Hrút aber versetzte ihm einen tödlichen Hieb.

Úlf Óþveginn beobachtete das und meinte: »Du teilst ja ordentlich aus, Hrút, hast der Gunnhild schließlich auch einiges zu entgelten.«

»Etwas zeigt mir, dass du schon mit dem Mund eines Toten sprichst«, erwiderte Hrút.

Im gleichen Moment sah Atli eine Lücke in Úlfs Deckung und durchbohrte ihn mit dem Speer.

Nun entbrannte der Kampf noch heftiger. Atli steigt auf Hrúts Schiff über und räumt dort mächtig auf. Össur stellt sich ihm entgegen und wirft einen Speer nach ihm, fällt aber selbst auf den Rücken, weil ein anderer Mann ihn trifft. Darauf nimmt Hrút den Kampf mit Atli auf, der sogleich einen mächtigen Streich gegen seinen Schild führt und ihn von oben bis unten spaltet. Da wurde Atli von einem Stein am Arm getroffen, und er ließ das Schwert fallen. Hrút hob es sofort auf und schlug ihm damit ein Bein ab, anschließend versetzte er ihm den Todesstoß.

Sie machten dort reiche Beute und nahmen die beiden besten Schiffe mit, hielten sich aber noch kurz dort auf.

Sóti fuhr unbemerkt an ihnen vorbei und segelte nach Norwegen zurück, wo er in der Gegend von Limgarðssíða an Land ging. Dort lief er Gunnhilds Kammerknecht Ögmund über den Weg; der erkannte ihn sofort und fragte: »Wie lange gedenkst du hierzubleiben?«

»Drei Nächte«, antwortete Sóti.

»Und wohin willst du dann?«, fragte Ögmund weiter.

»Nach England und nie wieder zurück nach Norwegen, solange Gunnhild das Land regiert.«

Ögmund ließ ihn stehen und suchte Gunnhild auf, die sich mit ihrem Sohn Guðröð bei einem Gastmahl in der Nähe aufhielt. Ögmund berichtete ihr von Sótis Plänen. Sie beauftragte Guðröð, Sóti zu töten. Guðröð brach sogleich auf, überraschte Sóti, ließ ihn an Land führen und aufknüpfen. Was er besessen hatte, nahm er mit und übergab es seiner Mutter. Sie erteilte einigen Männern Anweisung, die gesamte Habe nach Kungälv zu schaffen. Dann begab sie sich selbst auf den Weg dorthin.

Im Herbst kehrte Hrút mit reicher Beute zurück, suchte sogleich den König auf und wurde von ihm huldvoll empfangen. Hrút bot dem König und Gunnhild so viel von der Beute an, wie sie haben wollten, und der König beanspruchte ein Drittel. Gunnhild sagte Hrút, sie habe sein Erbe sichergestellt und Sóti aufhängen lassen. Er dankte ihr und schenkte ihr die Hälfte.

6Hrút kehrt zurück nach Island und heiratet Unn, doch es ist schwierig zwischen ihnen

Hrút verbrachte den Winter beim König und stand hoch in dessen Gunst. Doch als der Frühling kam, wurde er zusehends stiller. Gunnhild bemerkte das und sprach ihn darauf an, als sie einmal allein waren.

»Bedrückt dich etwas, Hrút?«, fragte sie.

»Es geht mir wie im Sprichwort«, antwortete Hrút. »Unglücklich wird, wer in einem Unland aufwuchs.«

»Möchtest du zurück nach Island?«

»Das möchte ich gern.«

»Hast du dort eine Frau?«, erkundigt sie sich.

»Das nicht.«

»Das glaube ich aber doch«, sagt sie.

Dann beendeten sie ihr Gespräch.

Hrút suchte den König auf und grüßte ihn.

»Was möchtest du diesmal, Hrút?«, fragte er.

»Ich möchte darum bitten, Herr«, antwortete Hrút, »dass Ihr mir Erlaubnis zur Heimreise nach Island gebt.«

»Bist du der Meinung, dort zu höheren Ehren zu kommen als hier?«, fragt der König.

»Das nicht«, meinte Hrút, »aber jeder muss tun, was ihm bestimmt ist.«

»Das wird ein Tauziehen mit einem Starken«, warf Gunnhild ein, »lasst ihn lieber ziehen, wohin er will.«

Im Vorjahr hatte es eine Missernte gegeben, aber trotzdem verschaffte der König Hrút Mehl, das er sich gewünscht hatte.

Er und Össur machten sich fertig zur Ausreise, und als alles bereit war, suchte Hrút noch einmal den König und Gunnhild auf. Sie führte ihn zu einem Gespräch unter vier Augen beiseite und sagte: »Hier ist ein Goldring, den ich dir schenken möchte.« Und sie streifte ihm den Ring auf den Arm.

»Ich habe viel Gutes von dir geschenkt bekommen«, sagte Hrút.

Da legte sie ihm die Arme um den Hals, küsste ihn und sagte: »Wenn ich so viel Macht über dich habe, wie ich es mir wünsche, dann erlege ich dir hiermit auf, dass du mit anderen Frauen in Island tun und lassen kannst, was dir beliebt, aber bei der Frau, die du dort heiraten willst, nichts erreichen sollst. Gut geht es jetzt keinem von uns; du hast mir nicht vertraut.«

Hrút lachte darüber und ließ sie stehen.

Er ging zum König und bedankte sich bei ihm. Der König wünschte ihm eine gute Fahrt und meinte, Hrút sei ein ganz hervorragender Mann, der sich gut unter Personen von Rang und Stand bewegen könne. Dann begab sich Hrút gleich zum Schiff und stach in See. Sie bekamen günstigen Wind und landeten im Borgarfjord. Nachdem das Schiff sicher an Land lag, ritt Hrút nach Hause in den Westen, während Össur die Ladung löschen ließ. Hrút ritt nach Höskuldsstaðir. Höskuld hieß ihn freudig willkommen, und Hrút erzählte ihm alles von seiner Reise. Dann schickten sie einen Boten zu Mörð Gígja, er solle die Hochzeit vorbereiten. Sie selbst ritten zum Schiff, und Höskuld unterrichtete Hrút, wie es um seinen Besitz bestellt war; er hatte sich während seiner Abwesenheit beträchtlich vermehrt.

Hrút sagte: »Ich kann dir das nicht so reichlich vergelten, wie du es eigentlich verdient hättest, aber ich möchte dir so viel Mehl geben, wie du für deinen Hof den Winter über brauchst.«

Dann zogen sie das Schiff auf Land und machten es winterfest, die gesamte Ladung brachten sie nach Westen in die Dalir.

Bis sechs Wochen vor Winteranfang blieb Hrút auf seinem Hof Hrútsstaðir, dann machten sich die Brüder und Össur, begleitet von sechzig Männern, auf den Weg nach Osten zu Hrúts Hochzeit. Sie ritten nach Rangárvellir, wo sie bereits von einer großen Zahl geladener Gäste erwartet wurden. Allen wurden Plätze angewiesen, die Frauen bekamen ihre eigene Bank, und die Braut machte einen eher traurigen Eindruck. Dann wurde Hochzeit gefeiert, und alles verlief gut. Mörð zahlte die Mitgift seiner Tochter aus, und sie ritt mit ihrem Mann zu seinem Hof im Westen. Dort übertrug Hrút ihr die gesamte Wirtschaft innerhalb des Hauses, und alle waren damit zufrieden. Mit dem Vollzug der Ehe aber sah es eher schlecht aus, und so blieb es auch bis zum Frühjahr.

Als es Frühling wurde, hatte Hrút eine Reise in die Westfjorde zu unternehmen, um die Bezahlung für seine Handelswaren einzutreiben, doch bevor er sich auf den Weg machte, sprach ihn seine Frau an: »Hast du vor, nach Hause zu kommen, bevor die Leute zum Thing reiten?«

»Weshalb ist das wichtig?«, fragte Hrút zurück.

»Ich will selbst auch zum Thing reiten und meinen Vater dort treffen«, antwortete sie.

»Dann soll es so sein«, sagte er. »Ich werde dich zum Thing begleiten.«

»Das ist auch in Ordnung«, schloss sie.

Dann brach er in die Westfjorde auf, verpachtete und verlieh dort alles, was er einnahm, und ritt anschließend wieder nach Hause.

Als er aus dem Westen zurückgekehrt war, bereitete er sogleich den Ritt zum Allthing vor und ließ all seine Nachbarn mit sich reiten. Sein Bruder Höskuld kam ebenfalls mit. Zu seiner Frau sagte Hrút: »Wenn du immer noch so gern zum Thing möchtest, wie du behauptet hast, dann mach dich fertig und komm mit mir!«

Sie beeilte sich, dann brachen sie auf und ritten zum Thing.

Unn ging dort zur Hütte ihres Vaters, und er begrüßte sie freudig, sie aber wirkte etwas niedergeschlagen. Als der Vater das bemerkte, fragte er sie: »Ich habe dich schon in besserer Stimmung gesehen. Was drückt dir denn aufs Gemüt?«

Sie begann zu weinen und gab keine Antwort.

Da sagte er: »Warum kommst du zum Thing geritten, wenn du dich mir nicht anvertrauen willst? Gefällt es dir dort im Westen nicht?«

»Ich würde alles dafür geben, nie dorthin gekommen zu sein«, antwortete sie.

»Darüber werde ich rasch Genaueres wissen«, sagte Mörð und schickte einen Mann zu Hrút und Höskuld. Sie kamen sofort zu ihm. Er erhob sich, ging ihnen entgegen und hieß sie willkommen. Sie sollten doch Platz nehmen. Sie unterhielten sich lange und freundlich, dann erkundigte sich Mörð: »Warum gefällt es meiner Tochter eigentlich so wenig bei euch im Westen?«

»Sie soll es sagen, wenn sie mir irgendwelche Vorwürfe machen will«, meinte Hrút. Doch es wurden keine Vorwürfe gegen ihn erhoben. Hrút ließ seine Nachbarn und die Leute auf seinem Hof befragen, wie er sich ihr gegenüber betrage. Alle stellten ihm ein gutes Zeugnis aus und erklärten, sie könne schalten und walten, wie es ihr beliebe.

Da erklärte Mörð: »Geh nach Hause und freunde dich mit deiner Lage an, denn alle Aussagen sprechen eher für ihn als für dich.«

Darauf ritt Hrút mit seiner Frau nach Hause, und den Sommer über verstanden sie sich gut. Doch als der Winter kam, wurde es wieder schwieriger zwischen ihnen, und je weiter dann das Frühjahr fortschritt, umso schlimmer wurde es. Hrút musste noch einmal eine Reise in die Westfjorde unternehmen und erklärte, er werde in diesem Jahr nicht zum Allthing reiten. Unn sagte wenig dazu. Als Hrút reisefertig war, machte er sich auf den Weg.

7Unn möchte sich von Hrút trennen. Mörð, ihr Vater, erwirkt die rechtskräftige Scheidung

Die Zeit des Things kam näher. Unn sprach Sigmund Össurarson an und fragte ihn, ob er sie zum Thing begleiten wolle. Er sagte, er wolle es nicht tun, wenn sein Verwandter Hrút dagegen sei.

»Ich habe dich gefragt, weil ich mir von dir von allen am ehesten einen Gefallen erwartet habe«, sagte sie.

»Ich tue es unter zwei Bedingungen«, sagte Sigmund, »du kommst auch wieder mit mir zurück, und du hegst keine Hintergedanken gegen mich oder Hrút.«

Das versprach sie, und so ritten sie zum Thing.

Ihr Vater Mörð hielt sich ebenfalls dort auf. Erfreut begrüßte er seine Tochter und lud sie ein, für die Dauer des Things in seiner Hütte unterzukommen. Das nahm sie an.

Mörð fragte sie: »Was hast du mir von deinem Mann Hrút zu berichten?«

»Nur Gutes kann ich über ihn sagen, zumindest was das betrifft, was in seiner Macht steht«, antwortete sie.

Darüber wurde Mörð still.

Dann sagte er: »Was ist mit dir, Tochter? Ich sehe doch, du möchtest mir etwas anvertrauen, was außer mir niemand wissen soll, und du kannst dich darauf verlassen, dass ich dir am besten helfen kann.«

Darauf gingen sie abseits, wo niemand sie hören konnte, um sich auszusprechen.

Mörð meinte: »Sag mir jetzt alles, was zwischen euch ist, und mach es nicht schlimmer, als es ist.«

»So soll es sein«, sagt sie. »Ich möchte mich von Hrút trennen, und dir will ich auch sagen, welcher Grund mich vor allem zu diesem Schritt bewegt. Er kann nicht so mit mir schlafen, dass ich etwas davon habe, dabei ist er sonst körperlich ausgestattet wie die allerkräftigsten Männer.«

»Wie geht denn das zu?«, fragt Mörð. »Erklär es mir genauer.«

Darauf sagt sie: »Wenn er zu mir kommt, dann schwillt sein Glied so dick an, dass er nicht in mich eindringen kann. Wir haben es auf alle erdenkliche Weise versucht, wie wir einander genießen könnten, doch es klappt nicht. Sobald wir aber voneinander ablassen, wird er wieder so normal wie andere Männer.«

»Du hast gut daran getan, mir davon zu erzählen«, sagt Mörð. »Ich werde dir jetzt einen Plan vorschlagen, der aufgehen wird, wenn du ihn befolgst und nicht im Geringsten von ihm abweichst. Also, du wirst sofort vom Thing nach Hause reiten. Dein Mann wird schon dort sein und dich mit offenen Armen empfangen. Sei freundlich und nachgiebig zu ihm, und er wird glauben, es sei alles wieder gut zwischen euch. Du darfst dir keine Verstimmung anmerken lassen. Wenn das Frühjahr kommt, legst du dich zu Bett und tust, als seist du krank. Hrút wird deiner Krankheit nicht weiter auf den Grund gehen wollen und dir keine Vorwürfe machen, vielmehr wird er anordnen, dass sich alle so gut wie möglich um dich kümmern sollen. Dann wird er sich wieder in die Fjorde im Westen begeben und Sigmund mitnehmen, und sie werden alles, was Hrút dort gehört, aus den Fjorden herüberschaffen, und darum wird er einen großen Teil des Sommers fort sein. Wenn aber die Leute zum Thing reiten und aus den Dalir alle aufgebrochen sind, die dorthin wollen, dann sollst du aufstehen und Männer zu deiner Begleitung aufbieten. Wenn du aber voll und ganz reisefertig bist, dann musst du noch einmal an dein Bett treten, und auch die Männer, die dich begleiten sollen. Auf der Bettseite deines Mannes musst du sie zu Zeugen aufrufen und dich offiziell von ihm geschieden erklären, wie man es nach den Regeln des Allthings und den allgemeinen Gesetzen tun soll. Das Gleiche wiederholst du noch einmal vor der Männertür. Dann reitest du los, und zwar über die Laxárdalsheiði und dann über die Holtavörðuheiði, denn man wird dich nicht am Hrútafjord suchen. Reite von da aus immer weiter bis zu mir, ich werde mich der Sache annehmen, und du sollst ihm nie mehr in die Finger kommen.«

Danach ritt Unn vom Thing nach Hause, wo Hrút schon eingetroffen war und sie gutgelaunt empfing. Sie kam ihm freundlich entgegen und war nett zu ihm. Das folgende Halbjahr hatten sie ein gutes Verhältnis zueinander. Als das Frühjahr kam, wurde sie krank und legte sich zu Bett. Hrút ordnete an, dass sie gut gepflegt würde, und machte sich auf den Weg in die Westfjorde. Als die Zeit des Things anbrach, bereitete Unn ihre Abreise vor und führte alles so durch, wie ihr Vater ihr gesagt hatte, und ritt dann zum Thing. Leute aus der Umgebung suchten sie, fanden sie aber nicht.

Mörð nahm seine Tochter gut auf und fragte, ob sie sich an seinen Plan gehalten habe.

»Ich bin in nichts von ihm abgewichen«, gab sie zurück.

Darauf ging er zum Gesetzesfelsen und verkündete dort ihre rechtskräftige Scheidung von Hrút. Das erregte großes Aufsehen. Unn zog zu ihrem Vater und kehrte nie wieder ins Westland zurück.

8Hrút und Mörð geraten in Streit über Unns Vermögen, trennen sich aber gütlich

Hrút kam nach Hause und zog ein finsteres Gesicht, als seine Frau verschwunden war, doch verhielt er sich still, saß den ganzen Sommer und Winter über zu Hause und sprach mit niemandem über die Angelegenheit.

Im folgenden Sommer ritt er in Begleitung seines Bruders Höskuld und eines zahlreichen Gefolges zum Allthing. Als er dort ankam, erkundigte er sich, ob Mörð Gígja am Thing teilnehme. Es wurde ihm gesagt, er sei da, und alle erwarteten, sie würden über ihre Angelegenheit reden, aber das geschah nicht.

Eines Tages, als die Menschen zum Gesetzesfelsen gingen, benannte Mörð Zeugen und verklagte Hrút auf Herausgabe des Vermögens seiner Tochter, das er auf neunzig Hunderte veranschlagte. Er klagte auf Fälligkeit und sofortige Auszahlung bei einer Geldbuße von drei Mark. Er machte die Klage beim Gericht des zuständigen Landesviertels anhängig und gab sie auch laut vor aller Ohren am Gesetzesfelsen kund.

Nachdem er gesprochen hatte, hielt Hrút die Gegenrede: »Du erhebst diese Klage, die deine Tochter betrifft, mehr aus Geldgier und Streitsucht gegen mich als mit Anstand und gutem Willen. Deswegen will ich dir etwas entgegensetzen, und noch hast du das Geld nicht in der Hand, über das noch immer ich verfüge. Darum erkläre ich hiermit und ernenne alle zu Zeugen, die hier am Gesetzesfelsen zuhören, dass ich dich zum Zweikampf fordere, und zwar um die gesamte Mitgift, und ich setze noch einmal genau so viel dazu. Der Sieger soll alles zusammen bekommen. Willst du dich aber nicht mit mir schlagen, dann verfällt dein gesamter Anspruch.«

Da blieb Mörð stumm und beriet sich leise mit seinen Freunden wegen des Duells.

Der Gode Jörund erklärte: »Du brauchst uns deswegen gar nicht zu fragen, denn du weißt selbst, wenn du mit Hrút kämpfst, wirst du beides verlieren, Geld und Leben. Alles spricht für ihn, er ist von Natur aus stark und völlig unerschrocken.«

Da gab Mörð bekannt, dass er nicht gegen Hrút antreten werde. Darauf wurde es laut am Gesetzesfelsen, die Leute zischten und buhten und riefen, und Mörð musste eine schmähliche Demütigung einstecken. Im Anschluss ritten die Leute nach Hause.

Höskuld und Hrút zogen durch das Reykjardal westwärts und übernachteten auf Lund, wo Þjóstólf, der Sohn von Björn Gullberi, lebte. Es hatte viel geregnet an diesem Tag, und die Männer waren durchnässt; darum wurden die Langfeuer entfacht. Þjóstólf der Hausherr saß zwischen Hrút und Höskuld. Vor ihnen auf dem Boden spielten zwei Jungen, die Þjóstólf von armen Leuten als Pflegekinder bei sich aufgenommen hatte, und ein kleines Mädchen. Sie sprachen laut miteinander, weil sie es nicht besser gelernt hatten.

Der eine der beiden sagte: »Ich bin Mörð und verklage dich, dass du deine Frau herausgibst, weil du sie noch nicht bestiegen hast.«

Der andere antwortete: »Dann bin ich Hrút und sage, du kriegst überhaupt nichts, wenn du nicht mit mir kämpfst.«

So ging es ein paarmal hin und her, und sie lösten beim Gesinde großes Gelächter aus. Da wurde Höskuld wütend und zog dem Jungen, der den Mörð spielte, mit einer Rute eins über. Er traf ihn im Gesicht, und die Haut platzte auf. Dazu rief er: »Scher dich raus und mach dich nicht über uns lustig!«

Hrút rief den Jungen: »Komm einmal her!«

Der Junge trat näher.

Hrút zog einen goldenen Ring vom Finger, gab ihn dem Jungen und sagte: »Geh jetzt und mache nie wieder jemanden zum Gespött.«

Der Junge wandte sich zum Gehen und sagte: »An deine Großmut werde ich mich immer erinnern.«

Für seine Geste bekam Hrút viel Anerkennung. Sie ritten dann nach Hause, und damit endet die Geschichte von Hrút und Mörð.

9Þorvald heiratet Hallgerð

Jetzt ist da wieder einzusetzen, wo Hallgerð heranwächst, die Tochter Höskulds. Sie entwickelte sich zur bestaussehenden aller Frauen und wurde sehr groß, weshalb man sie Langbrók nannte, die mit den langen Hosen. Sie hatte schönes und so dichtes, langes Haar, dass sie sich darin einhüllen konnte. Sie war verschwenderisch und hartherzig. Ihr Erzieher hieß Þjóstólf, er stammte von den Hebriden. Er war ein starker und kampfkräftiger Mann und hatte so manchen Gegner erschlagen, aber nie für jemanden Buße gezahlt. Es hieß, er würde Hallgerðs Charakter nicht gerade bessern.

Ein anderer Mann hieß Þorvald Ósvífsson. Er wohnte auf Fell an den Meðalfellsströnd und war ziemlich wohlhabend. Ihm gehörten die Inseln, die Bjarneyjar genannt werden und draußen im Breiðafjord liegen. Von dort bezog er Klippfisch und Mehl. Þorvald war ein starker und vornehmer Mensch, manchmal aber konnte er heftig aufbrausen.

Eines Tages unterhielten sich Vater und Sohn darüber, wo sich Þorvald nach einer Frau umsehen könnte; dabei zeigte sich, dass er überzeugt war, in weitem Umkreis keine finden zu können, die ihm ebenbürtig wäre.

Da meinte Ósvíf: »Willst du nicht um Hallgerð Langbrók, die Tochter Höskulds, anhalten?«

»Um sie werde ich freien«, erklärte Þorvald.