Die Saga von den Leuten aus dem Vatnsdal -  - E-Book

Die Saga von den Leuten aus dem Vatnsdal E-Book

0,0
2,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

»Ein isländischer Schriftsteller kann nicht leben, ohne beständig über die alten Bücher nachzudenken.« Halldór Laxness Der Stellenwert, den die Isländersagas im kulturellen Gedächtnis der Isländer einnehmen, ist enorm. Bis heute haben die fesselnden Geschichten rund um die Besiedelung der nordischen Insel nicht an Leuchtkraft verloren: Die Prosatexte aus dem 13. und 14. Jahrhundert sind eine Sternstunde der Geistesgeschichte Europas – und können hier in einer breiten Auswahl bewundert werden. Mit der vorliegenden Neuedition öffnet sich dem Leser ein Tor in eine Welt, die beseelt ist von wütenden Außenseitern, starken Frauen und Rechtskundigen, von Rache, Totschlag und Buße, aber auch von Schadenszauber und Wiedergängern und nicht zuletzt abenteuerlichen Reisen in ferne Länder. Die Isländersagas sind Weltliteratur. Die ›Isländersagas‹ - vorgelegt von den besten literarischen Übersetzern und angereichert mit wissenschaftlichen Zusatzinformationen - räumen einer der bedeutendsten Literaturen den Platz ein, der ihr gebührt. Mit einem Vorwort der Herausgeber Mit Faksimiles der mittelalterlichen Handschriften Mit Karten der Handlungsorte der Sagas Mit einem Glossar

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 258

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Die Saga von den Leuten aus dem Vatnsdal

Isländersagas

Herausgegeben von Klaus Böldl, Andreas Vollmer und Julia Zernack

Aus dem Altisländischen von Sabine Schmalzer

Fischer e-books

Mit einer Einleitung von Sabine Schmalzer

Mit einem Vorwort der Herausgeber

Mit Faksimiles der mittelalterlichen Handschriften

Mit einer Karte der Handlungsorte der Saga

Mit einem Glossar

Vorwort

Die Isländersagas (Íslendingasögur) sind umfangreiche Prosaerzählungen in altisländischer Sprache, entstanden im 13. und 14. Jahrhundert. Sie gelten als der wichtigste Beitrag Islands zur Weltliteratur und sind in viele Sprachen übersetzt worden, mehrfach auch ins Deutsche. Die vorliegende Ausgabe präsentiert eine breite Auswahl dieser Sagas in neuen deutschen Übertragungen, ergänzt durch eine Reihe thematisch und stilistisch verwandter Erzählungen (þættir) aus derselben Epoche. In ihrer novellenhaften Kürze und Pointiertheit legen sie zusammen mit den Isländersagas in eindrucksvoller Weise Zeugnis ab von der im Mittelalter einzigartigen Erzählkunst Islands.

Viele Übersetzer haben zum Entstehen der neuen Ausgabe beigetragen. Wenn die Übertragungen dadurch einen je individuellen Ton bekommen haben, dann ist dies durchaus beabsichtigt. Denn die Originaltexte haben bei allen Gemeinsamkeiten doch immer eine deutlich eigene Prägung, die auch in der Übersetzung noch durchscheint. Damit die Sagas als literarische Kunstwerke für sich wirken können, sollten sie von allen erläuternden Zusätzen möglichst frei bleiben. Für das Verständnis unverzichtbare Anmerkungen der Übersetzer sowie Karten zur geographischen Orientierung finden sich in einem Anhang. Den größeren kultur- und literaturgeschichtlichen Zusammenhang erschließt der Begleitband.

 

April 2011

Die Herausgeber

Die Saga von den Leuten aus dem Vatnsdal

Vatnsdœla saga

Aus dem Altisländischen und mit einer Einleitung von Sabine Schmalzer

Eine Pergamenthandschrift aus dem 17. Jahrhundert, geschrieben von Brynjólfur Jónsson. Die Sagatexte sind durchgehend zweispaltig angeordnet; zweimal enden sie in einem spitz zulaufenden Schriftspiegel. Hier ist der Beginn der Saga von den Leuten aus dem Vatnsdal zu sehen, darüber das Ende der Saga von Þórð Hreða.

Das Titelblatt der Saga von den Leuten aus dem Vatnsdal in einer Handschrift von 1807, geschrieben von Jón Salómonsson. Manche der neuzeitlichen Sagahandschriften zeichnen sich durch aufwändige und farbenprächtig gestaltete Titelblätter mit verzierten Rahmen, Auszeichnungsschriften und mehrfarbige Initialen aus.

Einleitung

Jeden Sommer gehen der junge Norweger Ingimund und seine Gefährten auf Wikingerfahrt. Reichtum und Ansehen erlangt man schließlich nicht zu Hause am warmen Herdfeuer. Mit diesen Worten hatte schon sein Großvater Ketill einst den eigenen Sohn zu riskanten Heldentaten ermutigt. Nun ist es an Ingimund, in die Fußstapfen seiner Vorväter zu treten. Unter seinen Gefährten gilt der junge Wikinger als angriffslustiger Kämpfer und ebenso treuer Freund, seine Unternehmungen sind stets vom Glück begünstigt. Als König Harald um die Vorherrschaft in Norwegen kämpft, schließt sich Ingimund seinem Heer an und kämpft in der Schlacht am Hafrsfjord an dessen Seite. Zu den vielen Kostbarkeiten, die ihm der König als Belohnung für seine Gefolgschaft schenkt, zählt auch ein Talisman des Gottes Frey. Es ist die Zeit der Erschließung neuen Landes und der Besiedelung Islands. Eine Seherin prophezeit Ingimund, dass auch er bald nach Island segeln und sich dort niederlassen wird. Seinen Talisman soll er an jenem Ort wiederfinden, an dem er seinen Hof errichten wird. Ingimund ist aufgebracht und will nicht viel auf das Geschwätz eines zauberkundigen Weibes geben, hat er doch sein Schicksal bisher immer selbst in die Hand genommen. Doch am nächsten Morgen ist der Talisman verschwunden …

Die Vatnsdœla saga gleicht mit einem vier Generationen umfassenden Erzählzeitraum einer Familienchronik. Ihre Protagonisten sind die mächtigen Vatnsdælir, die Leute aus dem Vatnsdal. Die Ereignisse, von denen diese Saga berichtet, reichen von der norwegischen Vorzeit über die Auswanderung Ingimunds um das Jahr 900 bis zur Einführung des Christentums auf Island um das Jahr 1000. Vermutlich machte sich ein Geistlicher in der letzten Hälfte des 13. Jahrhunderts daran, diese Geschichte über seine Vorfahren zusammenzustellen. Er muss den Hauptschauplatz der Saga, das Vatnsdal im Nordwesten Islands, gut gekannt haben, vielleicht war er ein Mönch des Klosters Þingeyrar. Einige Merkmale deuten darauf hin, dass ihm wahrscheinlich eine ältere Vorlage zur Verfügung stand, er könnte sein Werk aber auch aus mehreren kleineren Erzählungen zusammengesetzt haben, da es einzelne selbständige Episoden enthält, die in sich abgeschlossen sind. Den roten Faden dieser Geschichte bildet die Frage um das Erbe der Godenwürde, die von Generation zu Generation weitergegeben wird. Als typische Familiensaga kann die Vatnsdœla saga jedoch mit mehr aufwarten als einer bloßen Genealogie der Gesetzessprecher. Wir hören von Zauber und Schamanismus, von Schicksal und Abenteuer, sogar von Räubern und Plünderern mit edelmütigem Charakter.

Gerade diese letztgenannte Wesensart nimmt in der Schilderung der Hauptfiguren eine besondere Stellung ein. Schon in der märchenhaft ausgestalteten Vorgeschichte vom Wegelagerer mit adliger Herkunft zeigt sich, dass die Männer des Vatnsdal-Geschlechtes ein bestimmtes Ideal verkörpern. Vorbild hierfür dürften die christlichen Moralvorstellungen und das höfische Rittertum des Hochmittelalters gewesen sein. Interessant ist aber, dass nicht nur Eigenschaften wie Freigebigkeit, Edelmut und Friedfertigkeit besonders im Mittelpunkt stehen, sondern auch der Mut zum Kampf sowie Scharfsinn, Wortgewandtheit und Gewitztheit. Anscheinend schimmern hier noch die alten Heldenbilder der heidnischen Zeit durch. So verkörpern Ingimund und seine Nachkommen einerseits das christliche Idealbild eines friedlichen und weisen Goden, aber andererseits hilft ihnen nicht selten ihr Wortwitz, ihr Einfallsreichtum und, wenn es sein muss, auch ein kräftiger Hieb dabei, ihre Ziele zu erreichen. Alle Vorhaben der Familie aus dem Vatnsdal scheinen stets unter einem guten Stern zu stehen. Zu Beginn ist es der Gott Frey, der als überirdischer Beschützer in Erscheinung tritt. Freys Talisman weist Ingimund den Weg zu seinem neuen Land, und auch Ingimunds Söhne erfahren Hilfe durch ein mythisches Pferd, das Frey geweiht ist. Viel stärker wird jedoch der Glaube an den »Schöpfer der Sonne« betont, was den Eindruck erweckt, dass die Protagonisten der Saga bereits vor der Durchsetzung des neuen Glaubens die Eigenschaften eines guten Christen in sich tragen. Auf diese Weise ist es dem Verfasser der Vatnsdœla saga gelungen, seine wikingerzeitlichen Vorfahren in die christliche Welt des Mittelalters mit hinüberzunehmen.

Die Saga von den Leuten aus dem Vatnsdal

1Ketill Raum und seine Familie

Ein Mann hieß Ketill und trug den Beinamen Raum. Er war ein wohlhabender Mann. Der Hof, auf dem er wohnte, lag in Romsdal und war zugleich nach diesem Ort benannt. Das ist im Norden Norwegens. Er war der Sohn des Orm Skeljamoli, Sohn des Nes-Björn, eines Nachkommen des Jötunn-Björn, der aus dem Norden Norwegens stammte.

Damals, als diese Geschichte sich ereignete, herrschten Kleinkönige über Norwegen. Ketill war ein angesehener Mann und sehr vermögend, ziemlich stark und immer der Mutigste, wenn es gefährlich wurde. In seinen jungen Jahren war er stets auf Wikingerfahrt gewesen, aber nun, da er älter geworden war, hatte er sich auf seinem Hof zur Ruhe gesetzt. Er hatte Mjöll, die Tochter des Án Bogsveigi, zur Frau. Sie hatten zusammen einen Sohn, der Þorsteinn hieß. Er sah gut aus, war aber nicht besonders groß oder kräftig. Er zählte erst achtzehn Winter, als sich diese Ereignisse zutrugen, und doch machte sich Þorsteinn verglichen mit den anderen jungen Männern überdurchschnittlich gut.

Zu dieser Zeit vermuteten die Leute, dass Räuber oder Verbrecher den Weg überfielen, der Jämtland und Romsdal miteinander verband, denn niemand, der dort entlangging, kehrte jemals zurück. Selbst wenn sich fünfzehn oder zwanzig Reisende zu einer Gruppe zusammentaten, kehrte trotzdem kein Einziger wieder, weshalb die Leute glaubten, dass der Wegelagerer ein hervorragender Kämpfer sein müsse. Die Nachbarn von Bauer Ketill waren von diesen Überfällen am wenigsten betroffen, weder von Totschlägen noch von Diebstahl, weshalb der Vorwurf laut wurde, dass derjenige wohl ein Feigling sei, der in dieser Gegend das Sagen hatte, wenn er gegen solche Verbrechen nichts unternehmen würde, und die Leute sagten, Ketill sei alt geworden. Dieser tat zwar so, als würde er nichts darauf geben, aber es war ihm dennoch nicht gleichgültig, was sie sagten.

2Ketill stachelt seinen Sohn Þorsteinn zu Heldentaten an

Einmal sagte Ketill zu seinem Sohn Þorsteinn: »Die jungen Männer verhalten sich heutzutage anders als zu meiner Zeit, da hat keiner die Gelegenheit ausgelassen, eine ruhmreiche Heldentat zu vollbringen. Entweder schlossen sie sich einem Wikingerheer an und gingen auf Plünderungszug oder sie erwarben sich Besitz und Ehre durch Taten, bei denen sie das Leben aufs Spiel setzen mussten, aber jetzt wollen die Jungen bloß noch Stubenhocker werden und am warmen Herdfeuer sitzen und sich mit Met und Bier den Bauch vollschlagen. Sie machen sich nichts aus Mannhaftigkeit und Kühnheit, dabei habe ich es nur deshalb zu Vermögen und Ansehen gebracht, weil ich es wagte, mich Gefahr und harten Zweikämpfen auszusetzen. Þorsteinn, dir ist eben nur geringe Stärke und Größe zugefallen, weshalb es auch verständlich ist, dass du dein Handeln und all deinen Mut nach deiner Kraft richtest und dich deshalb nicht den Taten deiner Vorväter zuwenden willst, und wenn ich mir dich so ansehe, kommt dein Herz ganz nach deiner Größe. Schon immer war es die Sitte der wohlhabenden Männer, der Könige und Jarle, unseresgleichen also, auf Wikingerfahrt zu gehen und Reichtum und Ruhm zu erlangen. Doch dieses Vermögen sollte nicht zum Erbe gehören und auch nicht vom Vater auf den Sohn übergehen, sondern den Herrschern selbst in den Grabhügel beigelegt werden. Obwohl ihre Söhne also die Ländereien bekamen, konnten sie ihre Stellung dennoch nicht halten, denn Ehre wurde ihnen nur dann zuteil, wenn sie sich mit ihren Männern in Gefahr und Kämpfe stürzten und sich so Vermögen und Ansehen verdienten, und so trat einer nach dem anderen in die Fußstapfen seiner Vorväter. Ich glaube, du kennst die Gesetze der Krieger noch nicht, aber ich könnte sie dir beibringen. Außerdem bist du jetzt in einem Alter, in dem es an der Zeit wäre, deinen Mut zu beweisen und dein Glück einmal auf die Probe zu stellen.«

Þorsteinn antwortete: »Angestachelt wäre ich nun zur Genüge, wenn es nur etwas nützen würde.« Er stand auf und ging weg und war ziemlich wütend.

Ein großer Wald lag zwischen Romsdal und Opplönd, durch den der Hauptweg verlief, wenn er auch gerade nicht passierbar war wegen der Unholde, die vermutlich dort draußen auf der Lauer lagen, obwohl niemand etwas über sie berichten konnte. Hier schien eine ruhmreiche Tat jetzt am meisten gebraucht zu werden.

3Þorsteinn überwältigt den Räuber Jökull

Wenig später, nachdem Vater und Sohn miteinander gesprochen hatten, entfernte sich Þorsteinn allein vom Trinkgelage und dachte vor allem daran, nun das Glück seines Vaters auf die Probe zu stellen und dessen Beleidigungen nicht auf sich sitzen zu lassen. Lieber wollte er jetzt sein Leben riskieren. Er nahm sein Pferd und ritt allein in Richtung des Waldes, dorthin, wo er vermutete, auf die Räuber zu treffen, obwohl er angesichts einer solchen Übermacht, die er dort vorzufinden glaubte, nur wenig Aussicht auf Erfolg hatte. Aber jetzt wollte er dennoch lieber sein Leben aufs Spiel setzen, als sich vergebens auf den Weg gemacht zu haben.

Am Waldrand band er sein Pferd an und ging dann ins Unterholz. Er entdeckte einen Pfad, der abseits des Hauptweges lag. Als er ein Stück gewandert war, stieß er im Wald auf ein großes Haus, das solide gebaut war. Þorsteinn nahm an, dies müsse der Unterschlupf des Mannes sein, der die Wege unsicher machte, war es nun einer oder mehrere. Dann ging Þorsteinn in das Haus und fand dort große Kisten und viele kostbare Dinge. Auf der einen Seite war ein großer Stapel Brennholz aufgeschichtet und auf der anderen Seite lagerten Waren in Säcken und alle Arten von Handelsgut. Da sah er auch ein Bett, es war viel größer als alle Betten, die Þorsteinn je gesehen hatte. Er dachte, der Mann muss aber ziemlich groß sein, der dort hineinpasst. Das Bett war fein bezogen. Dort gab es auch einen gedeckten Tisch mit reinen Tüchern, herrlichen Speisen und bestem Trank. Þorsteinn rührte nichts davon an. Dann suchte er sich ein Versteck, damit er nicht sofort von demjenigen entdeckt werden würde, der diese Halle bewohnte, denn er wollte erst einmal herausfinden, mit wem er es zu tun hatte, ehe sie miteinander sprachen oder sich gegenüberstanden. Er schlüpfte dann zwischen den Säcken hinter einen Stapel mit Waren und wartete.

Da hörte er von draußen großen Lärm, als es bereits Abend wurde, und ein Mann kam herein, der ein Pferd hinter sich herführte. Der Mann war sehr groß und hatte hellblonde Haare, die ihm in seidigen Locken auf die Schultern fielen. Þorsteinn fand ihn außergewöhnlich schön. Dann machte der Mann Feuer, zuvor jedoch hatte er sein Pferd in den Stall gebracht. Er stellte eine Schale mit Wasser vor sich hin, wusch sich und trocknete sich mit einem weißen Tuch ab. Aus einem Fass füllte er einen köstlichen Trank in einen riesigen Becher und nahm sich dann etwas zu essen. Þorsteinn erschien das ganze Benehmen dieses Mannes seltsam und sehr fein. Er war viel größer als sein Vater Ketill, und Þorsteinn hielt ihn für den größten Mann der Welt, und das war er.

Als der Herr des Hauses sein Mahl beendet hatte, setzte er sich ans Feuer, schaute hinein und sagte: »Hier stimmt etwas nicht, das Feuer ist jetzt weiter heruntergebrannt, als es sein müsste. Ich habe es doch eben erst angefacht. Ich weiß zwar nicht, was das zu bedeuten hat, aber vielleicht sind Männer gekommen und wollen mir ans Leben. Sie hätten ja auch allen Grund dazu, also werde ich das Haus durchsuchen.«

Dann nahm er ein brennendes Holzscheit und suchte und kam dorthin, wo die Waren gestapelt waren. Man konnte von dem Stapel aus in einen breiten Rauchfang gelangen, der auf das Dach führte. Und als der Räuber den Stapel durchsuchte, war Þorsteinn schon draußen, und der Hausherr konnte ihn nicht finden, denn Þorsteinn war ein anderes Schicksal bestimmt, als dort getötet zu werden. Dreimal suchte er das Haus ab und fand nichts.

Da sagte der Hausherr: »Nun werde ich es gut sein lassen, aber es ist ungewiss, was passieren wird. Es kann sein, dass es mir so ergehen wird, wie man sagt, dass jeder das bekommt, was er verdient.«

Dann ging er nach hinten zur Bettstatt und nahm sein Kurzschwert ab. Für Þorsteinn war dieses Schwert die größte Kostbarkeit, die er je gesehen hatte, und die Klinge schien sehr scharf zu sein, und da kam ihm in den Sinn, dass es bestimmt nützlich wäre, an das Schwert zu kommen. Er dachte nun auch an die Worte, mit denen ihn sein Vater angestachelt hatte, dass man Kraft und Mut brauche, um solche oder andere Heldentaten zu vollbringen, aber Ruhm und glänzendes Gold als Belohnung erhalte, und dass es ihm hinterher lieber wäre, fortgegangen zu sein, als am Herd seiner Mutter zu sitzen. Da fiel ihm auch ein, dass sein Vater gesagt hatte, er tauge an der Waffe nicht mehr als eine seiner Töchter oder irgendeine andere Frau und dass er seinen Verwandten mehr Ehre bereite, wenn er gar nicht erst im Stammbaum auftauche. Das spornte Þorsteinn an, und deshalb wollte er einerseits die Gelegenheit nutzen, ganz allein das Unrecht vieler Leute zu rächen, doch andererseits hielt er es für einen großen Verlust, diesen Mann zu töten.

Dann schläft der Hausherr ein, aber Þorsteinn macht ein wenig Lärm, um zu sehen, wie fest er schläft. Er wacht auf und dreht sich auf die Seite. Nach einer Weile macht Þorsteinn einen zweiten Versuch, und er wacht auch diesmal auf, jedoch nicht ganz. Das dritte Mal geht Þorsteinn hin, schlägt kräftig auf die Bettkante und stellt fest, dass diesmal alles ruhig um ihn bleibt. Da entzündet Þorsteinn eine Fackel und nähert sich dem Bett und will nachsehen, ob der Mann weg ist. Þorsteinn sieht, dass er noch dort liegt. Er ist mit einem seidenen, mit Goldfäden durchwirkten Hemd bekleidet und schläft mit dem Gesicht nach oben. Da ergreift Þorsteinn das Schwert, stößt es dem großen Mann in die Brust und fügt ihm eine tiefe Wunde zu. Der Mann springt sofort auf, packt Þorsteinn, zieht ihn zu sich hinauf aufs Bett, aber das Schwert steckt in der Wunde, und so fest hat Þorsteinn zugestoßen, dass die Spitze im Holzrahmen feststeckt, aber dieser Mann ist furchtbar stark und lässt das Schwert einfach dort stecken, wo es ihn durchdrungen hat.

Der Verwundete sagt: »Wer ist der Mann, der mich durchbohrt hat?«

Er antwortet: »Mein Name ist Þorsteinn und ich bin der Sohn von Ketill Raum.«

Der Mann sagt: »Ich dachte mir schon, dass du es bist, aber ich glaube, von dir und deinem Vater habe ich das am wenigsten verdient, denn euch habe ich eigentlich nichts getan. Aber nun warst du zu schnell und ich war zu langsam, weil ich gerade jetzt vorhatte, von hier fortzugehen und mit dem Rauben aufzuhören. Doch noch habe ich dich in meiner Gewalt, soll ich dich leben oder sterben lassen … Nun, wenn ich mich danach richte, was du verdienst und was du vorgehabt hast, würde wohl niemand über unseren Kampf berichten, deswegen halte ich es für angebracht, dich am Leben zu lassen, und du könntest mir noch nützlich sein, wenn es gelingt. Nun will ich dir auch meinen Namen sagen: Ich heiße Jökull und ich bin der Sohn des Jarl Ingimund von Gautland. Und wie es sich für den Sohn eines wohlhabenden Mannes gehört, habe ich mir ein Vermögen erworben, auch wenn es auf die harte Art geschah, aber nun wollte ich in meine Heimat aufbrechen. Also, wenn dir dein Leben lieb ist, dann geh zu meinem Vater, doch sprich zuerst mit meiner Mutter, ihr Name ist Vigdís, und bitte sie um eine Unterredung unter vier Augen. Erzähl ihr, was hier passiert ist, und überbringe ihr meinen liebsten Gruß. Dann sag ihr, sie soll den Jarl dazu bringen, dass er dir Frieden und Freundschaft anbietet, in der Weise, dass er dir seine Tochter zur Frau gibt, meine Schwester Þórdís. Nimm diesen goldenen Ring und trage ihn als Beweis dafür, dass ich dich schicke, und auch wenn ihre Trauer um mich groß sein wird, hoffe ich, dass sie meine Liebe und mein Wort höher achtet als deine Tat. Aber mir sagt eine innere Stimme, dass das Glück auf deiner Seite sein wird. Wenn du einmal Söhne oder Enkelsöhne haben wirst, dann lass meinen Namen nicht vergessen sein, denn von der Weitergabe meines Namens erhoffe ich mir Gutes, und ich verlange es dafür, dass ich dir das Leben schenke.«

Þorsteinn bat ihn, das zu tun, was er wolle, ob er ihm nun das Leben schenke oder nicht, erklärte er, er werde um nichts bitten.

Jökull sagte, Þorsteinns Leben liege jetzt in seiner Hand, »aber dein Vater muss dich ganz schön zu dieser Tat angestachelt haben, und nun ist sein Plan also aufgegangen. Ich sehe, dass es dir nichts ausmacht, wenn wir beide sterben, doch dir scheint ein besseres Schicksal bestimmt. Mit deiner Kühnheit und Mannhaftigkeit wirst du diejenigen gut beschützen, die du anführst, und es ist besser für meine Schwester gesorgt, wenn du sie bekommst, als wenn sie Wikingern in die Hände fällt. Doch falls dir die Herrschaft in Gautland angeboten wird, dann kehre lieber zurück auf deinen Hof in Romsdal, denn nach dem Tod meines Vaters werden seine Verwandten dir nicht die Herrschaft zugestehen, und es kann passieren, dass ihr tragische Totschläge in eurer Familie zu beklagen habt und die Leute unschuldige Verwandte verlieren. Du darfst meinen Namen nicht öffentlich nennen, sondern nur deinem Vater und meinen Verwandten, denn ich habe ein hässliches Leben geführt, und jetzt bekomme ich den gebührenden Lohn dafür, so ergeht es wohl den meisten Übeltätern. Nimm diesen Ring und trage ihn als Erkennungszeichen. Und jetzt reiß das Schwert heraus, dann wird unser Gespräch nicht mehr lang dauern.«

Dann zog Þorsteinn das Schwert heraus, und Jökull starb.

4Þorsteinn kehrt nach Hause zurück

Nach diesem Abenteuer ritt Þorsteinn nach Hause. Als er sich dem Hof näherte, sah er viele Männer, die ihm entgegenritten, und da erkannte er seinen Vater und viele Bekannte. Alle hatten sie nach ihm gesucht. Als sie sich schließlich gegenüberstanden, begrüßte Ketill seinen Sohn mit freundlichen Worten, und es schien dem Vater, als sei der Sohn aus der Hel heimgekehrt. »Ich habe sofort bereut, was ich zu dir gesagt habe, denn damit habe ich dich gereizt und beleidigt.«

Þorsteinn erwiderte, es habe Ketill ja auch wenig gekümmert, ob er überhaupt jemals zurückkäme, aber, meinte er, das Schicksal habe es nun so gewollt, dass er heil zurückgekehrt sei. Auch wenn sie sich diese Worte mit einer gewissen Feindseligkeit an den Kopf warfen, versöhnten sie sich schnell wieder. Þorsteinn erzählte seinem Vater nun alles, was er erlebt hatte. Für diese Heldentat wurde Þorsteinn von allen gerühmt, wie es zu erwarten war. Dann ließ Þorsteinn eine Thingversammlung einberufen, zu der alle Leute aus den benachbarten Bezirken kamen.

Auf diesem Thing stand Þorsteinn auf und sprach: »Euch allen soll bekanntgegeben werden, dass die Zeit, in der die Räuber Angst und Schrecken auf allen Wegen verbreiteten, nun aus und vorbei ist. Ich habe euch auch deshalb hergebeten, weil ich möchte, dass jeder sein Hab und Gut zurückbekommt, das ihm gestohlen wurde, und ich werde das behalten, was übrig bleibt.«

Da erhob sich großer Beifall, und Þorsteinn erntete viel Ruhm für seine Taten. Den Namen des Übeltäters aber erfuhr die Allgemeinheit nicht, da er kaum laut ausgesprochen wurde.

5Þorsteinn erwirkt Versöhnung mit Jökulls Vater, Jarl Ingimund von Gautland

Eines Tages sprach Þorsteinn mit seinem Vater darüber, dass er nach Osten fahren wolle, um Jarl Ingimund aufzusuchen, wie er es Jökull versprochen hatte.

Ketill hielt es nicht für klug, sich in die Hände seiner Feinde zu begeben, und bat ihn, lieber auf dem Hof zu bleiben.

»Selbst wenn dir der Jarl kein Leid zufügen will, so kann es doch sein, dass dir dort einige feindlich gesinnt sind und nicht freundlich.«

Þorsteinn antwortete: »Was ich Jökull versprochen habe, das werde ich halten, und selbst wenn ich nicht mit heilen Knochen zurückkehren sollte, so werde ich trotzdem gehen.«

Dann machte sich Þorsteinn bereit und reiste nach Gautland, und es kam so, dass er früh am Tage zum Haus des Jarls gelangte. Der war nach der Gewohnheit wohlhabender Leute zur Jagd ausgeritten. Þorsteinn betrat die Halle und setzte sich mit seinen Begleitern auf eine Bank. Da kam die Gemahlin des Jarls in den Raum, um einen Blick auf die Neuankömmlinge zu werfen, und sah, dass sie aus dem Ausland kommen mussten. Sie fragte, wer sie seien.

Þorsteinn erklärte, er sei Norweger, »aber ich habe eine geheime Botschaft für Euch. Lasst uns ein Stück zusammen gehen, nur wir beide.«

Sie folgte ihm.

Da sagte Þorsteinn: »Ich soll Euch diese Nachricht überbringen: Jökull, Euer Sohn, wurde getötet.«

Sie antwortete: »Das ist sehr schmerzlich für mich, und doch habe ich es bereits erwartet, denn er hat schlimme Verbrechen begangen, doch was führt dich dazu, diese traurige Botschaft zu überbringen und einen so weiten Weg dafür auf dich zu nehmen?«

Þorsteinn antwortete: »Es ist sehr wichtig. Als wir uns trennten, habe ich ihm in Treue versprochen, Euch aufzusuchen und Euch die Wahrheit darüber zu sagen, wie wir auseinandergingen. Ich darf nicht verheimlichen, dass ich es war, der ihn getötet hat, denn unsere Leute konnten die Überfälle nicht mehr länger ertragen, bei denen er mordete und raubte. Und doch, um es Euch im Vertrauen zu sagen, kam ich in seine Gewalt, und er hätte mich töten können, wenn er es gewollt hätte, aber er schenkte mir das Leben und trug mir auf, Euch seine Worte zu überbringen. Wie Ihr sehen könnst, wäre es einfacher für mich gewesen, zu Hause zu bleiben, als mich Eurer Gnade auszuliefern. Seht, ich habe hier einen Goldring. Er sagte, Ihr würdet ihn wiedererkennen, und ich solle ihn als Beweis tragen, damit Ihr den Jarl dazu bringt, mit mir Frieden zu schließen, indem er mir Eure Tochter Þórdís zur Frau gibt. Er meinte außerdem, dass er hoffe, Ihr würdet seine Botschaft und seinen letzten Willen höher achten als meine Tat.«

Vigdís errötete stark und sagte: »Du musst ein mutiger Mann sein, aber ich denke, dass du die Wahrheit über eure Begegnung gesagt hast, und wenn Jökull dir das Leben schenkte, so ist dies auch mein Wille, dass du es behältst, denn du siehst aus wie einer, der vom Glück begünstigt ist. Und weil mein Sohn Jökull mich darum gebeten hat, werde ich dein Anliegen vor dem Jarl befürworten, du aber bleibst zunächst versteckt.«

Und als der Jarl nach Hause kam, da ging die Fürstin zu ihm und sprach: »Ich habe eine Nachricht für Euch, die uns beide betrifft.«

Der Jarl antwortete: »Ihr müsst vom Tod meines Sohnes Jökull sprechen.«

Sie sagte, dass es so sei.

Der Jarl sagte: »Er wird wohl nicht an einer Krankheit gestorben sein.«

Sie antwortete: »Es ist wahr, er wurde getötet, aber bevor er starb, verhielt er sich sehr ehrenhaft. Er schenkte dem Mann das Leben, der ihn tötete, und schickte ihn mit glaubhaften Beweisen hierher in unsere Gewalt, damit Ihr ihm Sicherheit gewährt und ihm seine Schuld vergebt, wie groß sie auch sei. Der Mann könnte Euch außerdem nützlich sein, wenn Ihr ihn zu Eurem Schwiegersohn macht und ihm die Hand Eurer Tochter gebt, so wie Jökull es wünschte. Er hoffte darauf, dass auch Ihr seinen letzten Willen ein wenig achten würdet. Ihr könnt auch sehen, wie treu dieser Mann sein Versprechen gehalten hat, indem er seine Heimat verließ, in die Fremde reiste und sich in unsere Gewalt begab. Nun hoffte ich, dass Ihr um meiner Worte und der Botschaft Eures Sohnes willen tun würdet, um was ich Euch bitte, und seht, hier ist der Beweis!«

Da zeigte sie ihm den Ring.

Der Jarl holte tief Luft und sagte: »Lang war Eure Rede und sehr mutig Eure Bitte, dass ich dem Mann Ehre erweisen sollte, der meinen Sohn erschlug. Dieser Mann hätte eher den Tod verdient als meine Freundschaft.«

Die Fürstin sagte: »Herr, Ihr solltet zum einen im Blick haben, was hier höher geachtet werden muss, nämlich Jökulls Botschaft und die Treue dieses Mannes, der sich in Eure Gewalt begeben hat. Zum anderen braucht Ihr wegen Eures hohen Alters einen Verwalter, und dieser Mann wäre gut dafür geeignet. Wenn Jökull ihm das Leben schenkte, obwohl er ihn zuvor vollkommen in seiner Gewalt hatte, und dieser Mann trotz seiner ungünstigen Lage glücklich davonkam, dann liegt es doch auf der Hand, dass wir nicht in den Erfolg und das Schicksal dieses Mannes und die ehrenhafte Entscheidung unseres Sohnes eingreifen dürfen. Und das ist eine große Tat, so zu handeln, wie Jökull es tat, wenn wir dem das Leben schenken, der uns so etwas angetan hat, aber es ist die größte Schande, ihm nun Leid zuzufügen, nachdem er sich treu in unsere Hände begeben hat.«

Der Jarl sagte: »Ihr setzt Euch ja sehr für ihn ein, also muss er Euch gut gefallen, und fürwahr, ich möchte ihn sehen und selbst beurteilen, was ich von ihm halte, und es wird für ihn entscheidend sein, wie er sich mir gegenüber zeigt.«

Dann wurde Þorsteinn vorgeführt und blieb vor dem Jarl stehen. Die Fürstin hatte diesen jedoch beschwichtigt, so dass sein größter Zorn bereits verraucht war.

Þorsteinn sagte: »Herr Jarl, ich bin nun völlig in Eurer Gewalt. Ihr wisst nun auch, welche Botschaft ich hierhergebracht habe. Ich möchte Euch auch um Frieden bitten, aber ich fürchte mich nicht vor Eurem Willen. Dies ist auch der Herrscher Sitte, denen das Leben zu gewähren, die sich ihnen freiwillig ausliefern.«

Der Jarl sagte: »Du gefällst mir so gut, dass ich dir das Leben schenken werde. Es wäre nun auch die beste Buße für meinen Sohn, wenn du seinen Platz einnimmst, vorausgesetzt, du willst bei mir bleiben, denn du trägst das Zeichen des Glücks. Es ist auch nicht ehrenhaft, jemandem Gewalt anzutun, der sich freiwillig in meine Hände begibt.«

Þorsteinn dankte dem Jarl für sein Leben und blieb eine Zeitlang dort, und die Männer lernten sich näher kennen. Der Jarl merkte schnell, dass Þorsteinn klug und in jeder Weise vorbildlich war.

Einmal sagte Þorsteinn zu ihm: »Jetzt möchte ich gerne wissen, ob ich Euer Schwiegersohn werden darf, Herr.«

Der Jarl antwortete: »Ich will es dir nicht verweigern, denn es könnte unserer Familie Glück bringen, aber ich will, dass du bei uns bleibst.«

Þorsteinn sagte: »Das will ich annehmen und mich dankbar zeigen. Ich werde hierbleiben, solange Ihr lebt, aber nach Eurem Tod werden mir die Männer hier meine Stellung nicht gönnen, und dann muss jeder seinem eigenen Schicksal folgen.«

Der Jarl sagte, das sei treffend gesprochen.

6Þorsteinn heiratet Jökulls Schwester Þórdís. Nach dem Tod des Jarls kehrt er in seine Heimat zurück

Bald darauf ritt Þorsteinn nach Hause und erzählte seinem Vater, was er vorhatte. Er bat ihn, mit ihm zu reisen, und das tat Ketill. Der Jarl richtete die Hochzeitsfeier aus, und Þorsteinn kam mit den Bewohnern von Romsdal und vielen mächtigen Männern dorthin. Auf dem Fest gab es die besten Speisen und köstlichsten Getränke. Man ließ es mit den höchsten Ehren und prächtigen Geschenken ausklingen, und der Jarl und Ketill verabschiedeten sich in größter Freundschaft voneinander. Þorsteinn blieb mit seiner Frau zurück. Stets empfing Þorsteinn freundliche Worte vom Jarl. Bald wuchs eine große Liebe zwischen Þorsteinn und Þórdís.

Eines Abends geschah es, dass Männer mit der Nachricht zum Jarl kamen, Ketill Raum sei gestorben. Sie berichteten auch, dass seine Landsleute wollten, dass Þorsteinn in seine Heimat zurückkehre und dort die Herrschaft übernehme. Þorsteinn sprach mit seiner Frau und dem Jarl darüber. Þórdís überließ ihm die Entscheidung und erklärte, sie wolle ihm folgen, wohin er auch gehe. Er sagte, dass es sein größter Wunsch wäre, in seine Heimat zu gehen, denn dort würde ihm sein Besitz am wenigsten geneidet und am meisten Ehre gegönnt. Dieser Einschätzung stimmte der Jarl zu und auch er hielt es für wahrscheinlich, dass Þorsteinn in seiner Heimat mehr Erfolg beschieden sein würde als in der Fremde. Bald danach wurde der Jarl krank.

Er rief seinen Schwiegersohn Þorsteinn und auch seine Tochter zu sich und sprach: »Bereitet nun Eure Abreise so vor, dass Ihr mit großem Ansehen und reichem Vermögen von hier fortzieht. Mögen unsere Verwandten damit zufrieden sein, dass ihnen hier im Lande die gesamte Herrschaft überlassen wird, mit allem, was dazugehört. Und sollte Euch ein Sohn geschenkt werden, dann gebt ihm meinen Namen.«

Þorsteinn sagte, das werde geschehen, und deswegen strebe er nicht nach der Jarlswürde, erklärte er, weil keiner seiner Verwandten so hoch gestellt wäre.

7Þorsteinns Freund Ingjald übernimmt die Pflegschaft für Þorsteinns Sohn Ingimund. Ingimund und seine Ziehbrüder gehen auf Wikingerfahrt. Ingimund und Sæmund aus Sogn gründen einen Wikingerbund

Jarl Ingimund starb wenig später, und Þorsteinn kehrte zurück, um das Erbe seines Vaters anzutreten. Im Sommer ging er auf Wikingerfahrt und gewann Besitz und Ehre, aber im Winter blieb er zu Hause auf seinem Hof und galt als Mann mit größtem Ansehen.

Ingjald hieß ein Mann, der auf der Insel Hefni im Norden in Hálogaland wohnte. Er war ein mächtiger Gutsherr und ging im Sommer auf Wikingerfahrt, aber den Winter verbrachte er zu Hause. Ingjald und Þorsteinn waren gute Freunde. Ingjald war ein erfolgreicher und angesehener Mann.

Þorsteinn hatte mit seiner Frau einen Sohn, und als der Junge geboren war, wurde er seinem Vater gebracht. Þorsteinn betrachtete ihn und sagte: »Dieser Junge soll Ingimund heißen, nach dem Vater seiner Mutter, und ich hoffe, dass ihm dieser Name Glück bringen wird.« Der Junge wurde schnell groß und stark.