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»Ein isländischer Schriftsteller kann nicht leben, ohne beständig über die alten Bücher nachzudenken.« Halldór Laxness Der Stellenwert, den die Isländersagas im kulturellen Gedächtnis der Isländer einnehmen, ist enorm. Bis heute haben die fesselnden Geschichten rund um die Besiedelung der nordischen Insel nicht an Leuchtkraft verloren: Die Prosatexte aus dem 13. und 14. Jahrhundert sind eine Sternstunde der Geistesgeschichte Europas – und können hier in einer breiten Auswahl bewundert werden. Mit der vorliegenden Neuedition öffnet sich dem Leser ein Tor in eine Welt, die beseelt ist von wütenden Außenseitern, starken Frauen und Rechtskundigen, von Rache, Totschlag und Buße, aber auch von Schadenszauber und Wiedergängern und nicht zuletzt abenteuerlichen Reisen in ferne Länder. Die Isländersagas sind Weltliteratur. Die ›Isländersagas‹ - vorgelegt von den besten literarischen Übersetzern und angereichert mit wissenschaftlichen Zusatzinformationen - räumen einer der bedeutendsten Literaturen den Platz ein, der ihr gebührt. Mit einem Vorwort der Herausgeber Mit Faksimiles der mittelalterlichen Handschriften Mit Karten der Handlungsorte der Sagas Mit einem Glossar
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Seitenzahl: 142
Die Saga von Þorsteinn Síðu-Hallsson und drei weitere Erzählungen
Isländersagas
Herausgegeben von Klaus Böldl, Andreas Vollmer und Julia Zernack
Aus dem Altisländischen von Thomas Esser
Fischer e-books
Mit einer Einleitung von Thomas Esser
Mit einem Vorwort der Herausgeber
Mit einer Faksimile der mittelalterlichen Handschrift
Mit einer Karte der Handlungsorte der Saga
Mit einem Glossar
Die Isländersagas (Íslendingasögur) sind umfangreiche Prosaerzählungen in altisländischer Sprache, entstanden im 13. und 14. Jahrhundert. Sie gelten als der wichtigste Beitrag Islands zur Weltliteratur und sind in viele Sprachen übersetzt worden, mehrfach auch ins Deutsche. Die vorliegende Ausgabe präsentiert eine breite Auswahl dieser Sagas in neuen deutschen Übertragungen, ergänzt durch eine Reihe thematisch und stilistisch verwandter Erzählungen (þættir) aus derselben Epoche. In ihrer novellenhaften Kürze und Pointiertheit legen sie zusammen mit den Isländersagas in eindrucksvoller Weise Zeugnis ab von der im Mittelalter einzigartigen Erzählkunst Islands.
Viele Übersetzer haben zum Entstehen der neuen Ausgabe beigetragen. Wenn die Übertragungen dadurch einen je individuellen Ton bekommen haben, dann ist dies durchaus beabsichtigt. Denn die Originaltexte haben bei allen Gemeinsamkeiten doch immer eine deutlich eigene Prägung, die auch in der Übersetzung noch durchscheint. Damit die Sagas als literarische Kunstwerke für sich wirken können, sollten sie von allen erläuternden Zusätzen möglichst frei bleiben. Für das Verständnis unverzichtbare Anmerkungen der Übersetzer sowie Karten zur geographischen Orientierung finden sich in einem Anhang. Den größeren kultur- und literaturgeschichtlichen Zusammenhang erschließt der Begleitband.
April 2011
Die Herausgeber
Þorsteins saga Síðu-Hallssonar
Aus dem Altisländischen und mit einer Einleitung von Thomas Esser
In dieser Handschrift des frühen 19. Jahrhunderts beginnt das »Sagabruchstück« von Þorsteinn Síðu-Hallsson mit einer großen Überschrift. Darunter hat der Schreiber festgehalten, dass seine Vorlage eine Pergamenthandschrift aus der Königlichen Bibliothek (in Kopenhagen) war.
Die folgenden Texte schildern Episoden aus dem Leben der Söhne des berühmten, schon im Isländerbuch und im Buch der Landnahmen erwähnten Hall von Síða (Síðu-Hall). Die Saga von Þorsteinn Síðu-Hallsson ist nur fragmentarisch überliefert. Der Anfang sowie ein langer Abschnitt gegen Ende fehlen. Þorsteinn will ins Ausland fahren und übergibt sein Godenamt derweil an Þórhadd. Auf Irland nimmt Þorsteinn an der Seite des Orkneyjarls Sigurð an der Schlacht von Clontarf teil, bei der der Jarl fällt, Þorsteinn aber dem Tod entgehen kann. Bei seiner Rückkehr nach Island entspinnt sich der Konflikt, der das gesamte Geschehen der Saga prägt: Þórhadd verweigert die Rückgabe des Godenamtes, das Þorsteinn nur mit Gewalt wieder an sich bringen kann. Aus Rache lässt Þórhadd ehrenrührige Gerüchte über Þorsteinn verbreiten. Eines Tages setzt Þorsteinn zur Rache an.
Auffallend in dieser Saga ist das Motiv des Traums. Þórhadds Träume präfigurieren spätere Ereignisse der Saga. Dadurch lassen sich Rückschlüsse über den Inhalt der verlorengegangenen Abschnitte ziehen.
Die Erzählung von Þorsteinn Síðu-Hallsson und seinen Träumen schildert den Tod der Titelfigur durch einen Knecht, der sich für seine Kastration durch Þorsteinn rächt. Der Verfasser hat den Stoff wahrscheinlich dem fehlenden Stück der Saga von Þorsteinn Síðu-Hallsson entlehnt.
In der Erzählung von Egill Síðu-Hallsson begleitet Þorsteinns Bruder Ólaf den Heiligen nach Dänemark, wo sie aus Rache an König Knút plündern und Gefangene nehmen. Da Egill Mitleid mit ihnen hat, löst er ihnen die Fesseln, was ihm den Zorn des Königs einbringt. Ólaf ist erst bereit ihm zu vergeben, wenn Egill es zustande bringt, dass der heidnische Jarl Valgaut König Ólaf aufsucht.
Die Erzählung von Þorsteinn Síðu-Hallsson schildert eines von Þorsteinns Erlebnissen im Ausland. Der Isländer ist ein Gefolgsmann des Königs Magnús. Er unternimmt ohne Erlaubnis des Herrschers eine Handelsfahrt, was zu seiner Ächtung führt. Einar Þambarskelfir, der Ziehvater des Königs, versucht über die Weihnachtstage den Zorn des Königs zu besänftigen.
[ …] und sie wurden beide erschlagen.
In diesem Sommer wollten Þorsteinn und Þorleif Island verlassen, und sie hatten alles dazu vorbereitet, ehe das Thing begann. Dort wurde besprochen, wem Þorsteinn sein Godenamt übertragen solle.
Þorsteinn sagte: »Wenn mir Þórhadd noch so nahestünde wie früher, hätte ich wohl nicht lange Ausschau halten müssen, aber beim jetzigen Stand der Dinge weiß ich nicht, was zu tun ist. Denn er hat eigentlich das Zeug dazu, Verstand und eine unerschrockene Art, aber im Moment steht es zwischen uns nicht zum Besten.«
Worte machen die Runde, nachdem sie den Mund verlassen haben, wie es im Sprichwort heißt, und so gelangten Þorsteinns Worte auch zu Þórhadd.
Dieser suchte Þorsteinn sofort auf und sagte: »Ich habe gehört, was du über mich gesprochen hast, und mir gefallen deine Worte. Lass uns doch unser unterkühltes Verhältnis vergessen und wieder Freundschaft schließen. Wenn es dir ratsam erscheint, dass ich dein Godenamt übernehme, dann bin ich vollkommen bereit dazu, alle Aufgaben zu übernehmen, die du mir auftragen willst.«
Þorsteinn sagte, er habe gut gesprochen, und Þórhadd übernahm auf dem Thing das Godenamt von ihm. Sie gingen in Freundschaft auseinander.
Þorsteinn segelte aus Island fort und kam zu den Orkneys, über die zur damaligen Zeit Jarl Sigurð Hlöðvesson herrschte. Er begrüßte Þorsteinn herzlich und lud ihn ein, bei ihm zu bleiben. Þorsteinn verbrachte den Winter beim Jarl und stand in hohen Ehren.
Als das Frühjahr kam, da fragte der Jarl Þorsteinn, ob er mit ihm auf Beutezüge gehen oder lieber dort bleiben wolle. Þorsteinn wollte mit dem Jarl ziehen. Sein Platz auf dem Schiff war direkt am Vordersteven. Þorsteinn war der tüchtigste Mann an Bord, und man hätte meinen können, dass er Erfahrung mit solchen Schiffstätigkeiten hatte.
Þorsteinn war ein scharfsinniger, kluger und tapferer Mann. Der Jarl forderte ihn auf, länger bei ihm zu bleiben, weil er Þorsteinns Familie kannte und ihm klargeworden war, dass sie miteinander verwandt waren. Þórey Össurardóttir war die Mutter Halls auf Síða, ihr Vater Össur war ein Sohn Hrollaug Rögnvalds, des Jarls von Møre. Ein Sohn des Jarls von Møre hieß Torf-Einar, dieser war der Vater von Þorfinn Hausaklúf, dessen Sohn Jarl Hlöðver war, der Vater von Jarl Sigurð.
Jarl Sigurð ging in weiten Teilen Schottlands im Sommer auf Beutezug, und niemand konnte Þorsteinn Mangel an Mut und Tapferkeit vorwerfen. Das lag zum einen an seiner Abstammung, zum anderen an seiner Unerschrockenheit. Der Jarl erschlug viel übles Gesindel, aber manche konnten in die Wälder entkommen. Sie zogen zu vielen Stellen in den Westlanden und plünderten dort.
Spät im Herbst kehrte der Jarl zu den Orkneys zurück, blieb dort für drei Monate und machte seinen Freunden kostbare Geschenke.
Der Jarl sagte zu Þorsteinn: »Du hast mir tapfer Gefolgschaft geleistet, nimm bitte die goldverzierte Axt von mir für deine Dienste an. Du bist derjenige, der sie tragen soll.« Þorsteinn dankte dem Jarl für diese große Kostbarkeit.
In diesem Herbst kam Brennu-Flosi mit seinen Leuten auf die Orkneys. Über ihre Auseinandersetzung mit Jarl Sigurð berichtet die Saga von Brennu-Njáll.
In diesem Winter machte sich Jarl Sigurð dazu bereit, nach Irland zu segeln. Dort kämpfte er gegen König Brjánn. Wegen der großen Zahl an Männern, die dort aufeinandertreffen, und der bedeutenden Ereignisse, die dort geschehen sollten, wurde diese Schlacht westlich des Meers sehr berühmt.
Als der Jarl von zu Hause nach Irland aufbrechen wollte, fragte er Þorsteinn, ob er ihn begleiten wolle. Þorsteinn sagte, nichts anderes komme für ihn in Frage, als mitzugehen und ihm auch in Gefahren beizustehen, »wenn wir schon das ruhige Leben bei Euch in Friedenszeiten genießen«.
Der Jarl dankte ihm für seine Worte. Dann segelten sie nach Irland und trafen dort in der Schlacht auf König Brjánn. Dort geschahen viele wichtige Ereignisse auf einmal, wie es in der Geschichte des Königs Brjánn heißt. Dort fielen drei Bannerträger des Jarls, und daher befahl der Jarl Þorsteinn, diese Aufgabe zu übernehmen. Þorsteinn antwortet: »Trag deine Krähe doch selbst, Jarl!«
Da sagte ein Mann: »Du tust das Richtige, Þorsteinn. Wegen des Banners habe ich meine drei Söhne verloren.« Der Jarl nahm das Feldzeichen von der Stange und stopfte es sich in seine Kleider, und kämpfte dann äußerst tapfer.
Kurz darauf hörten sie eine Stimme aus der Luft: »Wenn Jarl Sigurð siegreich sein will, muss er mit seinem Gefolge am Dumasbakki angreifen.«
Þorsteinn blieb immer in der Nähe des Jarls, so auch diesmal. Bei diesem Angriff fiel der Jarl, und seine Gefolgsleute stoben in alle Himmelsrichtungen davon. Dabei tötete Bróðir den König Brjánn. Brjánns Bruder Óspak packte Bróðir, zog ihm die Gedärme heraus, und führte ihn um eine Eiche herum.
Dort ließen viele Menschen auf einmal ihr Leben. Þorsteinn und einige Gefährten machten im Wald halt. Da sagte ein Mann: »Warum fliehst du nicht, Þorsteinn?« Er antwortet: »Selbst wenn ich fliehen würde, wäre ich heute Abend nicht zu Hause.«
Þorsteinn wurde verschont, und er fuhr zu den Orkneys zurück. Von dort aus segelte er nach Norwegen, ging zum Hof des Königs Magnús Ólafsson und wurde dessen Gefolgsmann. Þorsteinn war nicht wie diejenigen, die zu Hause auf ihrem Hof sitzen und sich von großen Ereignissen nur berichten lassen. Er umgab sich mit zahlreichen mächtigen Männern und stand in hohen Ehren. Man hielt ihn für einen hervorragenden Mann. Auch hatte er einen äußerst stattlichen Haushalt, sein Hof konnte sich mit denen der Mächtigen messen. Þorsteinn war ein zuverlässiger Freund, fröhlich und bescheiden, klug und nachgiebig, scharfsichtig und kompromisslos. Gegen seine Widersacher war er grimmig, aber mild gegenüber Bedürftigen und all jenen, die seiner Hilfe bedurften. Bedeutendere Männer überwältigte er oft durch seine Übermacht, als er hier auf Island war. Seine Herkunft war ausgezeichnet. Er erwarb sich durch eine gute Heirat das Vertrauen der Leute aus dem Vopnafjordgebiet.
Nachdem er drei Jahre im Ausland gewesen und sehr berühmt geworden war, kehrte er nach Island zurück. Þorsteinn war zwanzig Jahre alt gewesen, als er in der Brjánnsschlacht gekämpft hatte.
Er erreichte vor dem Herbstthing die Ostfjorde und ging zu seinem Hof, und seine Verwandten und Freunde und alle seine Thingleute freuten sich, ihn zu sehen.
Während Þorsteinn im Ausland gewesen war, hatte sich Þórhadd gut um seine Thingleute gekümmert. Gleichzeitig hatte er auch viel von Hauks Vermögen bekommen.
Im ersten Sommer, in dem er das Einfordern des Geldes übernommen hatte, war ihm ein großer und kostbarer Kessel als Bezahlung gegeben worden. Als sie sich trafen, um über die Aufteilung des Eingetriebenen zu beraten, wurden sie sich völlig einig über alles, bis der Kessel an die Reihe kam.
Da sagte Þórhadd: »Diese Kostbarkeit werde ich mir für meinen Hof nehmen und dir dafür etwas anderes im Gegenzug geben.«
Hauk erwiderte, auf den Kessel könne er nicht verzichten, und fügte hinzu, Þórhadd müsse doch sehr damit zufrieden sein, alles bekommen zu haben, und er könne doch kaum etwas dagegen haben, dass er den Kessel behalte. Þórhadd stimmte dem zu, sagte aber auch, es sei notwendig, andere Leute um ihre Meinung in dieser Angelegenheit zu fragen und nicht nur ihn alleine. Er ritt fort.
Im gleichen Augenblick kam Guðleif, Þórhadds Tochter, dorthin und sagte: »Wenn es nach mir gegangen wäre, hättest du den Kessel nicht behalten sollen. Angesichts des Hochmuts meines Vaters wird es noch schlimme Folgen haben. Reite ihm nach und bitte ihn, den Kessel zu nehmen.«
Hauk antwortete: »Das ist nicht nötig, er wird immer irgendetwas anderes fordern, wenn ihm anderes angeboten wird.«
Sie erwiderte: »Ich würde es nicht auf die Antwort meines Vaters ankommen lassen. Kauf dir lieber einen anderen Kessel.«
Sie ritten zu Þórhadd und wollten ihm den Kessel übergeben. Dieser sagt: »Es ist am besten, wenn Hauk den Kessel behält, aber ich werde meine Angelegenheiten regeln, wie es mir gefällt.« Hauk war mit der Antwort zufrieden. Guðleif sagte, es werde noch schlimme Folgen haben.
Im darauffolgenden Herbst ließ Þórhadd fünf Ochsen und dreißig Schafe, die Hauk gehörten, aus dem Gebirge hinuntertreiben und töten. Er sagte, man solle Hauk mitteilen, das Vieh wäre nur ein Bruchteil des Kesselwerts. Hauk fand, man habe ihm übel mitgespielt, er konnte aber nichts tun, solange Þorsteinn fort war. Er war der Meinung, Þórhadd habe ihm seine finanzielle Unterstützung übel entlohnt.
Guðleif fand, dass ihnen Schlimmes angetan worden war, doch sie war dafür, dass man sich ruhig verhielte. Þórhadd behandelte die anderen Leute im Bezirk gut und vermittelte in Gesetzesangelegenheiten unter ihnen.
Im nächsten Herbst ließ Þórhadd genauso viel Vieh Hauks aus den Bergen hinuntertreiben wie im Vorjahr und auf seinem Hof schlachten. Er ließ Hauk ausrichten, das entspreche wieder einem Teil des Kesselwerts. Hauk wusste nicht, was er gegen diese Diebstähle tun solle. Er sagte, dass ihm sein Freund Þorsteinn fehle.
Der Winter und der darauffolgende Sommer vergingen, und im dritten Herbst hintereinander brach Þórhadd mit seinen Söhnen in die Berge auf und ließ dann fünfzig Schafe und zehn Ochsen, die Hauk gehörten, heimtreiben und auf seinem Hof schlachten. Das wurde allgemein missbilligt. In anderen Angelegenheiten machte er sich allerdings bei den Leuten beliebt.
Hauk fragte Guðleif um Rat, was er dagegen tun solle. Sie erwiderte, es sei schwierig, gegen seine Angriffe und ihre Entehrungen vorzugehen, »aber bald wird Þorsteinn zurückkommen«.
Wie zuvor schon erwähnt wurde, kam Þorsteinn in diesem Sommer nach Island zurück. Die Zeit bis zum Herbstthing verging. Dorthin ritten Þorsteinn und seine Leute. Þórhadd und zahlreiche Leute waren ebenfalls anwesend.
Die Leute redeten über ihre Angelegenheiten und die Führung ihres Bezirks. Þorsteinn sagte, er habe gehört, Þórhadd habe sich um alles gut gekümmert, abgesehen von der Streitsache mit Hauk. Diese, erklärte er, sei so nicht hinnehmbar. Þórhadd erwiderte, das würden sein Schwiegersohn und er unter sich ausmachen, außerdem hätten einige Leute daraus ihre Vorteile gezogen.
Þorsteinn entgegnete, es sei richtig, dass sich jeder um seine Angelegenheiten kümmere: »Jetzt ist es wohl an der Zeit, dass ich mein Godenamt wieder übernehme.«
Þórhadd antwortet: »Das hättest du lieber früher gesagt, bevor die Rechtsangelegenheiten verhandelt wurden. Nun halte ich es für besser, wenn ich dir dein Godenamt auf dem Frühjahrsthing übergebe, bevor dort die Rechtssachen verhandelt werden. Im Winter kannst du mit dem Amt doch nichts anfangen.«
Þorsteinn wurde sehr wütend, als er sein Godenamt nicht zurückerhielt. So gingen sie auseinander.
Der Sommer verstrich und ebenso der Winter, und es ging auf das Frühjahrsthing zu.
Ehe Þorsteinn von zu Hause dorthin aufbrach, sagte seine Frau Yngvild: »Bei dir und den Leuten vom Vopnafjord geht es nicht gerecht zu, wenn du keinen höheren Titel als ein einfacher Bauer trägst.«
Als Þorsteinn sich dem Thingplatz näherte, sagte er: »Hier werden wir haltmachen und auf Þórhadd warten. Wenn ich mein Godenamt nicht zurückbekomme, wird einer von uns nicht am Thing teilnehmen.«
Wenig später erschien Þórhadd mit seinen Söhnen und einer kleinen Schar Männer. Þorsteinn trat vor ihn und forderte ihn auf, das Godenamt abzutreten und ihm die Hand zu reichen, »anderenfalls müssen wir uns im Kampf darum messen«. Er sagte, es sei ungehörig, wenn Bauern beraubt und Anführer entehrt würden, und er macht ihm Vorwürfe wegen seines Umgangs mit Hauk, da er nicht nur diesem, sondern auch seiner Tochter nur Schande bereite.
Þórhadd nannte Þorsteinns Auftreten dreist: »In Wahrheit bereitest du Hauk die größere Schande, indem du, immer wenn du bei ihm zu Gast bist, mit seiner Frau das Bett teilst, und Hauk auf diese Weise seine kostbaren Geschenke entlohnst.«
Þorsteinn antwortet: »Nur der ist ein guter Lügner, der Zeugen für seine Lügen hat. Ich vermute, du kannst niemanden benennen, der bezeugt, dass ich je die Frau eines anderen verführte. Ich habe eine gute Frau und bin ihr treu. Du musst dich entscheiden: Entweder trittst du mir das Godenamt ab oder es wird dir schlecht ergehen.«
Þórhadd erwidert: »Du bist ein Hitzkopf und kannst dich kaum beherrschen. Auch ohne Drohungen hättest du dein Godenamt zurückerhalten. Dein Vater hat es nicht so gemacht, als er seinen Sohn Ljót auf dem Allthing verlor. Damals sprach er überaus maßvoll, und das war wahrlich eine schwere Prüfung, was man hier nun nicht behaupten kann.«
Dann gingen einige der Umstehenden dazwischen, und Þorsteinn übernahm wieder seine Godenwürde. Auf dem Thing wurden die Rechtssachen verhandelt.
Vor der Auflösung des Things auf dem Thinghügel erhob sich Þorsteinn und sagte: »Die Leute wissen über den Streit zwischen Hauk und Þórhadd Bescheid. Wenn solche Dinge geschehen, sind die Bauern völlig schutzlos. Þórhadd wird sehr bald einsehen müssen, dass ich mächtiger bin als er. Ich verkünde hiermit, Þórhadd, dass dir der Hof als Wohnsitz zugedacht wird, der Streiti heißt und am Ufer des Berufjords liegt. Du musst Rannveigarstaðir mit allem, was du hast, binnen eines halben Monats verlassen. Andernfalls werde ich dich rücksichtslos von dort fortjagen. Ohne meine Erlaubnis dürfen weder du noch deine Söhne diesen Bezirk verlassen, weil wir Ostfjordleute am besten dazu geeignet sind, mit euren Feindseligkeiten fertig zu werden. Solltet ihr aber aus diesem Bezirk ohne meine Erlaubnis fortgehen, dann werde ich verhindern, dass ihr irgendwo aufgenommen werdet, und denjenigen ächten lassen, der euch Unterschlupf bietet.«
Þórhadd sagte, das sei unüberlegt gesprochen, »es könnte durchaus sein, dass wenig Gutes daraus entsteht, wenn ich auf meinem Hof bliebe, falls wir dann anders als andere behandelt werden. Übrigens, bis jetzt habe ich über meinen Wohnsitz immer noch selbst entschieden.«
Þorsteinn sagte, es werde dennoch so geschehen, wie er gesagt hat, und sie trennten sich.