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Diese Bergroman-Serie stillt die Sehnsucht des modernen Stadtbewohners nach einer Welt voller Liebe und Gefühle, nach Heimat und natürlichem Leben in einer verzaubernden Gebirgswelt. "Toni, der Hüttenwirt" aus den Bergen verliebt sich in Anna, die Bankerin aus Hamburg. Anna zieht hoch hinauf in seine wunderschöne Hütte – und eine der zärtlichsten Romanzen nimmt ihren Anfang. Hemdsärmeligkeit, sprachliche Virtuosität, großartig geschilderter Gebirgszauber – Friederike von Buchner trifft in ihren bereits über 400 Romanen den Puls ihrer faszinierten Leser. Nach dem Gespräch mit Martin war Pfarrer Zandler den ganzen Tag sehr still. Seine Haushälterin Helene Träutlein beobachtete ihn mit verhaltener Sorge. Pfarrer Zandler war während des Essens sehr schweigsam. Danach verzog er sich in seine Studierstube und wollte nicht gestört werden. Am Nachmittag setzte er sich in den Pfarrgarten und schaute vor sich hin. Das war ungewöhnlich. Sonst las er etwas. Da stimmt etwas nicht, dachte Träutlein. Sie hätte ihn gern danach gefragt, aber ihr Bauchgefühl riet ihr davon ab. Das blieb auch noch so, als Pfarrer Zandler sie bat, jeden Anruf abzuwimmeln. "Sag, ich sei im Augenblick nicht zu erreichen", sagte er. Nicht zu erreichen, das stimmt, wenn auch in einem anderen Sinn, dachte Helene Träutlein. Wie immer, wenn sie unruhig war, stürzte sie sich in einen Großputz. Dieses Mal nahm sie sich die Speisekammer hervor. Dass Pfarrer Zandler es sah und keine Bemerkung machte, war für die gute Haushälterin ein weiteres Alarmzeichen. "Da stimmt etwas nicht", flüsterte sie immer wieder vor sich hin. Nach der Messe und dem Abendessen verließ Zandler das Pfarrhaus. Helene Träutlein schaute auf die Uhr. Sie stellte fest, dass er früher als sonst gegangen war. "Herrgott, gib mir Geduld!
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Nach dem Gespräch mit Martin war Pfarrer Zandler den ganzen Tag sehr still. Seine Haushälterin Helene Träutlein beobachtete ihn mit verhaltener Sorge. Pfarrer Zandler war während des Essens sehr schweigsam. Danach verzog er sich in seine Studierstube und wollte nicht gestört werden. Am Nachmittag setzte er sich in den Pfarrgarten und schaute vor sich hin. Das war ungewöhnlich. Sonst las er etwas.
Da stimmt etwas nicht, dachte Träutlein. Sie hätte ihn gern danach gefragt, aber ihr Bauchgefühl riet ihr davon ab. Das blieb auch noch so, als Pfarrer Zandler sie bat, jeden Anruf abzuwimmeln.
„Sag, ich sei im Augenblick nicht zu erreichen“, sagte er.
Nicht zu erreichen, das stimmt, wenn auch in einem anderen Sinn, dachte Helene Träutlein.
Wie immer, wenn sie unruhig war, stürzte sie sich in einen Großputz. Dieses Mal nahm sie sich die Speisekammer hervor. Dass Pfarrer Zandler es sah und keine Bemerkung machte, war für die gute Haushälterin ein weiteres Alarmzeichen.
„Da stimmt etwas nicht“, flüsterte sie immer wieder vor sich hin.
Nach der Messe und dem Abendessen verließ Zandler das Pfarrhaus.
Helene Träutlein schaute auf die Uhr. Sie stellte fest, dass er früher als sonst gegangen war.
„Herrgott, gib mir Geduld!“, flehte sie.
Pfarrer Zandler ging direkt zum Friedhof. Er setzte sich auf die Bank, von der er wusste, dass dort Alma Häusler sonst auf ihn wartete.
Er ließ den Rosenkranz durch die Finger gleiten. Er hatte die Augen geschlossen und sah nicht, als Alma kam.
Sie setzte sich im Abstand daneben.
Pfarrer Zandler sah nach einer Weile kurz auf. Dann betete er weiter den Rosenkranz.
Alma Häusler wunderte sich. Aber sie sagte lange Zeit nichts. Sie wartete darauf, dass er das Gespräch mit ihr beginnen würde wie jeden Abend.
Aber nichts geschah.
Dann räusperte sich Pfarrer Zandler. Er steckt den Rosenkranz in die Tasche, lehnte sich zurück und sah in die Ferne. Er rieb sich die Stirn.
„Haben Sie Kopfweh? Brummt der Schädel?“, fragte Alma.
„Ja, so ist es“, antwortete Zandler.
„Das ist kein Wunder bei dem Wetter. Ich schätze, es könnte ein Gewitter geben“, bemerkte Alma.
Pfarrer Zandler blickte zum Himmel hinauf. Er spannte sich hellblau über das Tal und die Berge von Waldkogel. Einige wenige weiße Wölkchen bewegten sich über den Berggipfeln.
„Mmm, mir sieht es nicht danach aus“, murmelte Zandler.
„Kopfdruck ist immer ein Zeichen, dass es einen Wetterwechsel gibt“, beharrte sie.
„Normalerweise kann es schon so sein, Alma. Da will ich dir nicht widersprechen. Aber Sorgen können auch Kopfweh machen.“
Alma riss die Augen auf und starrte ihn an.
„Schau nicht so!“, sagte er.
„Ich wundere mich nur. Sie dürften keine Sorgen haben.“
Pfarrer Zandler lächelte.
„Alma, ich bin genauso ein Mensch wie jeder andere in Waldkogel, auch wenn ich der Pfarrer bin. Ich mache mir oft Sorgen.“
Alma schwieg einen Augenblick, dann sagte sie:
„Wenn ich so darüber nachdenke, müssen Sie damit fertig werden, was Ihnen in der Beichte anvertraut wird. Damit dürfen Sie mit niemanden sprechen. Ich kann mir vorstellen, dass das nicht immer einfach ist. Da können Sie schon mal Kopfweh bekommen.“
Pfarrer Zandler schmunzelte.
„Du musst dir keine Sorgen machen. Ich kann mit dem Herrgott über alles reden. Nein, daher kommen meine Kopfschmerzen nicht.“
„Wenn der Kopf zu sehr drückt, holen Sie sich beim Martin eine Pille“, riet Alma.
„Schön wäre es! Aber den Martin will ich in Ruhe lassen, der hat im Augenblick genug eigene Sorgen, die ihm Kopfweh bereiten.“
„So, unser Doktor Martin Engler hat Sorgen? Das ist interessant. Davon weiß ich nichts.“
„Dass du davon nichts weißt, Alma, das glaube ich dir gerne. Von wem solltest du es erfahren? Erstens sprichst du mit niemandem, der dir etwas erzählen könnte, wie zum Beispiel die Walli oder die Ella. Es wissen nicht viele davon, dass sich Martin Sorgen macht. Er will auch nicht, dass es an die große Glocke gehängt wird.“
„Aber Ihnen hat er es erzählt?“
„Das hat er.“
„Kann man Martin nicht helfen? Martin hat sich damals nach dem Tod meines Mannes sehr um mich gekümmert“, sagte Alma.
Pfarrer Zandler freute es insgeheim, dass Alma sich Gedanken machte und dass sie etwas wie Mitleid an den Tag legte.
„Weißt du, vielleicht wird es auch nicht so schlimm. Was einem Kollegen passiert ist, mit dem Martin studiert hat, muss nicht unbedingt eintreten. Aber es ist eine Bedrohung“, seufzte Pfarrer Zandler. „Ich kann verstehen, dass Martin beunruhigt ist und schlaflose Nächte hat.“
„Mei, mei, mei, Herr Pfarrer, das hört sich nicht gut an.“
„Das stimmt. Es hätte unser aller Phantasie überstiegen, sich so etwas auszumalen. Aber leider gibt es Menschen, die treten anderen gern ans Schienbein. Sie wollen sich wichtig machen. Auch unter den Doktoren gibt es Ruppert Schwarzers“, sagte Zandler.
„Ruppert Schwarzer kann es überall geben. Der liebe Gott hat einen großen Tiergarten“, sagte Alma.
„Das stimmt. Und unter den Tieren gibt es nicht nur Kuscheltiere“, fügte Pfarrer Zandler hinzu. „Ich hoffe, dass Martin nie von solch einem bösartigen Tier angegriffen wird. Aber wissen kann man es nie. Die Menschen haben sich in den letzten Jahrzehnten sehr verändert. Sie haben einen Spaß daran, andere kaputt zu machen. Hier in unserem schönen Waldkogel ist es noch nicht so weit gekommen. Dem Himmel sei dafür Dank.“
„Dann hat Martin nichts zu befürchten.“
„Doch, Alma, das hat er. Zwar ist Martin der einzige Hausarzt. Aber das hat nichts zu sagen. Ihm kann von Auswärtigen zugesetzt werden.“
„Martin tut mir leid. Er hat mein ganzes Mitgefühl“, sagte Alma.
Es vergingen einige Minuten. Sie schwiegen beide. Pfarrer Zandler wartete auf den Augenblick, an dem Almas Neugier die Oberhand gewinnen würde.
Sie setzte einige Male zum Sprechen an, schwieg dann doch wieder.
Endlich räusperte sie sich.
„Sie können, dürfen oder wollen keine Einzelheiten erzählen?“, fragte Alma. „Sie wissen, dass ich mit niemandem rede. Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, dass ich es nicht weitererzählen werde. Meine Lippen sind versiegelt.“
Sie machte das Kreuzzeichen über ihrem Mund.
Pfarrer Zandler wiegte den Kopf hin und her. Er tat, als würde er nachdenken.
„Nun, warum sollte ich dir nicht eine Andeutung machen. Ich muss ja keine Namen nennen. Martin ist noch nicht betroffen. Es könnte ihn aber treffen. Du musst mir versichern, dass du schweigst.“
Alma nickte.
Pfarrer Zandler machte es spannend. Er holte zuerst zwei Bonbons aus seiner Tasche und gab eines davon Alma.
„Ich fange an. Martin hat einen Kollegen aus der Studienzeit. Der hat ihn angerufen, er wolle ihn warnen. Es ist ihm etwas passiert. Er wurde angezeigt. Wie der Paragraph genau heißt. weiß ich nicht. Ich muss es auch nicht wissen, ich bin Geistlicher, und kein Jurist. Es geht darum, dass dieser Kollege angezeigt wurde wegen unterlassener Hilfeleistung, Fürsorgeunterlassung oder wie das heißt. Dabei hat er sich nichts zuschulden kommen lassen, sagt Martin. Jedenfalls bis zur Klärung ist diese Hausarztpraxis geschlossen.“
Er machte eine Sprechpause, bevor er weiter sprach:
„Wenn ich mir vorstelle, dass Martins Praxis geschlossen würde, bekomme ich Gänsehaut. Was ist dann mit den Patienten? Viele Waldkogeler ist der Weg zu einem Doktor nach Kirchwalden zu weit. Das ist das Erste. Das Zweite ist, dass viele Ärzte keine Hausbesuche machen. Dass dann alle ins Krankenhaus müssten, die Martin liebevoll auf seiner Bettenstation aufnimmt, daran will ich erst gar nicht denken“, stöhnt Pfarrer Zandler.
„Ich bin kein kluger Kopf“, sagte Alma leise. „Ich habe das noch nicht verstanden.“
Sie rieb sich die Stirn.
„Alma, ich habe auch etwas Zeit gebraucht, bis mir alles klar war. Ich versuche, es dir deutlicher zu beschreiben.“
Alma nickte.
„Also, jeder Doktor, jede Praxis hat viele Patienten. Die einen kommen oft in die Sprechstunde, andere weniger. Es gibt Patienten, die kommen nur alle paar Jahre, welche Gründe sie auch immer haben. Vielleicht geht es ihnen gut und sie brauchen keinen Doktor. Es kann auch sein, dass sie umgezogen sind oder sich einen anderen Arzt gesucht haben. Man spricht dann von Karteileichen.“
„Das Wort habe ich schon einmal gehört“, warf Alma ein.
„Also weiter, eine dieser Karteileichen von Martins Kollegen ging es irgendwann sehr schlecht. Er musste den Notarzt holen und kam ins Krankenhaus. Danach wurde er zu einem Facharzt geschickt. Der forderte die alten Krankenunterlagen an, also die Patientenkartei. Anhand der Aufzeichnungen stellte er fest, das der Patient seit Jahren nicht behandelt worden war, obwohl seine Blutwerte damals bedenklich waren. Daraus drehte der Facharzt dem Hausarzt einen Strick, vielmehr er versucht es. Was er bisher erreicht hat, ist schon schlimm genug. Die Praxis wird überprüft. Dem Doktor wird Vernachlässigung und anderes vorgeworfen. Die juristischen Hintergründe verstehe ich auch nicht so ganz.“
„Und was hat das mit Martin zu tun?“, fragte Alma.
„Nun, Martin ist in Sorge. Er ist als Doktor exzellent, wie alle in Waldkogel wissen. Aber er hat in seinen Unterlagen auch Karteileichen. Es gibt viele Waldkogeler, die er seit Jahren nicht mehr in der Sprechstunde gesehen hat. Er denkt, es geht ihnen gut. Wenn sie ein Zipperlein haben, werden sie schon kommen oder mich anrufen für einen Hausbesuch. Martin ist erschüttert. Denn er weiß, wenn ihm jemand böse will, könnte es ihn auch treffen. Aber er will sich auch nicht aufdrängen und nicht wie ein Hausierer auftreten. So käme er sich vor, wenn er seinen Patienten hinterherliefe. Auf der anderen Seite hat er Angst. Er schätzt den Kollegen sehr und fühlt mit ihm. Gleichzeitig wurde ihm klar, wie schnell das Eis dünn werden kann.“
Pfarrer Zandler machte eine Sprechpause.
„Hast du den Sachverhalt jetzt verstanden?“
Alma nickte.
Zander sah ihr an, wie erschüttert sie war.
Es dauerte etwas, bis sie sagte:
„Aber da muss man doch etwas tun können. Alle schätzen Martin. Mehr noch, sie haben ihn gern, den Waldkogeler Bub.“
Pfarrer Zandler freute sich innerlich über Almas Anteilnahme, ließ sich aber nichts anmerken.
„Alma, jetzt weißt du, warum ich Kopfschmerzen habe“, sagte Zandler. „Ich mache mir auch Gedanken, wie ich Martin die Angst nehmen könnte. Es muss etwas geschehen.“
„Ist das nicht etwas übertrieben mit der Angst?“, fragte Alma.
„Übertrieben, sagst du? Nein, das denke ich nicht. Ich sehe es als Wink, dass so etwas geschehen kann.“
„Und wann hat Martin das erfahren?“, fragte Alma. „Ich habe ihn die Tage vom Fenster aus gesehen, er war drüben auf dem Nachbarhof. Er kam mir fröhlich vor, wie er aus dem Auto stieg. Er hatte die Boxerhündin dabei.“
„Das glaube ich dir gern. Da wusste Martin auch noch nicht, was er jetzt wusste. Der Kollege rief ihn heute Morgen in der Früh an. Martin kam danach gleich zu mir. Er suchte jemanden, dem er sein Herz ausschütten konnte. Martin war nach dem Anruf des Kollegen erschüttert und die Angst kroch in ihm hoch.“
„Das ist zu verstehen“, sagte Alma.
Sie schüttelte den Kopf und sagte:
„Der arme Martin! Er tut mir so leid. Da hängt eine schwarze Wolke über ihm, wie man sie sonst nur über dem Gipfel des Höllentors sieht. Ich meine das im übertragenen Sinn, Herr Pfarrer.“
„Ich habe dich schon verstanden, Alma. Der Vergleich ist gut. Genauso ist es. Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf. Es gibt auch noch die Engel.“
„Oh ja, die gibt es“, sagte Alma.
Sie wühlte in ihrer Handtasche und holte ihren Geldbeutel heraus. Sie entnahm einen großen Schein.
„Hier nehmen Sie, Herr Pfarrer! Besorgen Sie eine große dicke Kerze, so groß wie die Engel sie noch nie bekommen haben. Ich weiß nicht, wo ich eine solche Kerze kaufen könnte. Außerdem müsste ich nach Kirchwalden fahren. Aber Sie wissen es ja, ich bin am liebsten daheim. Deshalb bitte ich Sie, diese Aufgabe zu übernehmen. Tun Sie mir den Gefallen.“
Pfarrer Zandler schmunzelte.
„Willst du die Engel bestechen?“
„Nein, ich will sie durch das helle Licht aufmerksam machen“, antwortete Alma.
Pfarrer Zandler erinnerte sich an Wallis Besuch.
„Also gut, ich werde zusehen, dass ich eine ganz große Kerze bekomme, Alma. Ich habe einen Katalog für kirchliche Sachen. Ich nehme an, dass ich dort eine passende Kerze finde.“
„Sehr gut, vielen Dank!“
„Ich bringe den Katalog morgen Abend mit. Damit du dir ansehen kannst, was ich ausgesucht habe“, sagte Zandler.
„Nein, des machen Sie nicht, Herr Pfarrer“, platzte Alma heraus. „Dazu ist keine Zeit. Bestellen Sie die Kerze per Expressboten. Wenn es extra Porto kostet, übernehme ich es. Es eilt doch, Herr Pfarrer. Die Engel müssen sich sofort Martins Sorgen annehmen.“
Zandler unterdrückte nur mühsam ein Lächeln.
„Alma, wenn du das willst, komme ich deiner Bitte gern nach“, sagte er.
Zandler schaute auf die Uhr.
„Unsere abendliche Plauderei verlief heute etwas anderes. Sonst frage ich dich, wie es dir geht.“
„Das ist schon in Ordnung“, sagte Alma. „Wir haben auch länger geredet. Ich mache mich auf den Heimweg. Ich gehe nicht gern in der Dämmerung oder Dunkelheit die Straße entlang.“
„Die Zeit verging so schnell“, sagte Zandler. „Waldkogel liegt schon tief im Schatten. Soll ich dich begleiten?“
„Das ist nicht nötig. Ich eile mich. Pfüat di, Herr Pfarrer!“
„Pfüat di, Alma und Gott segne dich!“
Alma bedankte sich.
Sie stand auf. Dann zog sie ihr Dreieckstuch enger um sich, als würde es ihr Schutz bieten gegen die Gefahren der Dunkelheit. Sie nahm ihre Handtasche und ging.
Pfarrer Zandler blieb noch eine Weile der Bank sitzen und hielt stumme Zwiesprache mit seinem Chef, wie der den Herrgott nannte.
Dann schloss er den Friedhof ab und ging zurück ins Pfarrhaus.
*
Helene Träutlein saß in der Küche am Tisch und trank Tee.
„Grüß Gott!“, sagte sie. „Sie kommen heute später, Herr Pfarrer.“
„Ja, ich habe mich ein bisserl verspätet. Bist du mit der Putzerei fertig geworden? Als ich nach dem Abendessen wegging, wolltest du noch etwas machen. Ich dachte mir, ich lasse mir Zeit, damit du hier deine Ruhe hast“, flunkerte Zandler.
„Ja, ich bin fertig geworden und habe mir gerade Tee gemacht. Trinken Sie mit?“
„Nein, ich muss noch einmal weg.“
„Sie haben heute viel zu tun, wie?“
„Stimmt, solche Tage gibt es auch bei mir. Jetzt will ich sehen, ob ich Oberin Justina noch sprechen kann.“
„Warum rufen Sie sie nicht an und fragen sie?“, wunderte sich Träutlein.
„Nein, dann wäre es keine Überraschung. Es kann spät werden. Warte nicht auf mich!“, sagte Zandler.
Er verabschiedete sich und verließ das Pfarrhaus.
Helene Träutlein hörte, wie er wieder einmal Schwierigkeiten hatte, sein altes Auto zu starten. Er musste lange probieren.
„Er sollte sich wirklich von dem Vehikel trennen“, schimpfte Träutlein sich hin.