Zweiter Anlauf für Benz ... - Friederike von Buchner - E-Book

Zweiter Anlauf für Benz ... E-Book

Friederike von Buchner

0,0

Beschreibung

Auf Tonis und Annas romantischer Berghütte haben sie schon so manchem Paar den Weg ins Glück geebnet. Aber an die Tatsache, dass die Kinder ihrer Patchwork-Familie erwachsen werden, müssen sie sich erst noch gewöhnen. Toni schmerzt das Herz, wenn er an das Lebens- und Liebesglück seiner Tochter Wendy und der geliebten Adoptivkinder denkt. Wird Franziskas erste große Liebe ihr großes Glück oder großen Kummer bringen? Wozu wird sich Sebastian entscheiden, - übernimmt er eines Tages die Berghütte? Und dann gibt es auch im engsten Freundeskreis ungewohnte Aufregung – in mehreren Ehen kriselt es. Toni und Anna können da nicht untätig zusehen! Diese Bergroman-Serie stillt die Sehnsucht des modernen Stadtbewohners nach einer Welt voller Liebe und Gefühle, nach Heimat und natürlichem Leben in einer verzaubernden Gebirgswelt. Die Sonne ging langsam über den Berggipfeln von Waldkogel unter. Schatten senkten sich über das Tal. Lediglich die goldene Turmspitze der schönen Barockkirche glänzte noch in der Sonne. Henk parkte auf dem Marktplatz und stieg aus. Veronika und Franz Boller trugen die Warenkörbe in den Laden, die tagsüber neben der Eingangstür standen. Veronika platzierte dort kleine Andenken, die bei Touristen beliebt waren und Sonderangebote. »Grüß Gott!«, sagte Henk. »Lass mich mit anpacken, Veronika! Das Ding ist schwer.« Veronika Boller lächelte. »Grüß Gott, Henk! Gegen einen starken Burschen, der anpackt, sage ich nichts.« Sie waren bald damit fertig. »Machst du einen Abendspaziergang?«, fragte Veronika. »Nein, ich wollte bei euch einkaufen. Der Kühlschrank ist leer. Beate und Carl kommen zurück.« Henk schaute auf seine Armbanduhr.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 129

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Toni der Hüttenwirt (ab 301) – 307 –

Zweiter Anlauf für Benz ...

Nimmt Clara seinen Antrag jetzt an?

Friederike von Buchner

Die Sonne ging langsam über den Berggipfeln von Waldkogel unter. Schatten senkten sich über das Tal. Lediglich die goldene Turmspitze der schönen Barockkirche glänzte noch in der Sonne.

Henk parkte auf dem Marktplatz und stieg aus.

Veronika und Franz Boller trugen die Warenkörbe in den Laden, die tagsüber neben der Eingangstür standen. Veronika platzierte dort kleine Andenken, die bei Touristen beliebt waren und Sonderangebote.

»Grüß Gott!«, sagte Henk. »Lass mich mit anpacken, Veronika! Das Ding ist schwer.«

Veronika Boller lächelte. »Grüß Gott, Henk! Gegen einen starken Burschen, der anpackt, sage ich nichts.«

Sie waren bald damit fertig.

»Machst du einen Abendspaziergang?«, fragte Veronika.

»Nein, ich wollte bei euch einkaufen. Der Kühlschrank ist leer. Beate und Carl kommen zurück.« Henk schaute auf seine Armbanduhr. »Sie haben von unterwegs angerufen. Ich schätze, sie sind in einer Stunde hier, wenn sie nicht in einen Stau geraten.«

»Ah, dann willst du den Kühlschrank auffüllen, verstehe«, lächelte Veronika.

Henk bat Veronika alles Notwendige zusammenzustellen. Er war sich sicher, dass sie besser wusste als er, was Beate einkaufte. Veronika nickte und verschwand im hinteren unteren Teil des Trachten- und Andenkenladens, den sie mit ihrem Mann betrieb. Sie verkauften nicht nur Andenken und Trachtenmoden, sie führten auch Waren des täglichen Bedarfs, damit die Waldkogeler nicht nach Kirchwalden in die Supermärkte fahren mussten.

»Dann sind deine Tage in Waldkogel gezählt, Henk«, bemerkte Franz Boller.

»Im Augenblick ja, meine Praxisvertretung ist vorbei. Ich hoffe, dass Beate und Carl mich wieder bitten, Urlaubsvertretung zu machen, wenn sie in Urlaub fahren.«

»Es hat dir hier gut gefallen?«, fragte Franz.

»Das hat es, Franz. Die Mischung macht es. Da sind die Großtiere der Landwirte, die Pferde auf dem ­Reiterhof und die Kleintiere, die in die Praxis gebracht werden. In der Stadt hast du es nur mit Hunden, Katzen, Hasen, Goldhamstern, Meerschweinchen und Vögeln zu tun. Eine Tierarztpraxis auf dem Land ist etwas anderes als eine Praxis in der Stadt.« Henk lächelte. »Und Waldkogel hat mir besonders gut gefallen. Die Leute hier sind sehr freundlich. Waldkogel ist ein schöner Ort. Meine Tante Addi hat sich richtig in das Dorf verliebt.«

»Das habe ich schon gehört. Sie hat Veronika erzählt, sie möchte gern eine einfache, schlichte Almhütte kaufen.«

»Ja, das will sie. Doch sie hat noch nichts gefunden. Die Hütten, die ihr angeboten wurden, seien zu Tode renoviert, sagt Tante Addi.«

Sie lachten beide.

»Mei, das muss sie verstehen, Henk. Viele Landwirte haben die Almwirtschaft aufgegeben und aus den Almhütten Ferienhäuser gemacht. Da ist dann eben ein gewisser Komfort gefragt«, antwortete Franz.

»Das stimmt! Aber von Komfort hat Addi genug. Die Villa in München und das Chalet hoch über Kirchwalden lassen bestimmt keine Wünsche an Komfort offen. Sie träumt von einer einfachen Hütte, ähnlich der Almhütte auf Wendys Alm«, sagte Henk. »Sie muss Geduld haben.«

»Veronika hört sich auch schon um«, sagte Franz. »Sobald wir etwas erfahren, geben wir Beate und Carl Bescheid. Sie können es an dich weitergeben.«

»Das ist schön, vielen Dank!«

Veronika kam mit einem Karton. »Franz, unten steht noch einer«, rief sie.

Franz holte den zweiten Karton mit Lebensmitteln und Getränken. Veronika tippte alles ein. Henk zahlte. Gemeinsam brachten sie die Sachen zu Henks Auto.

Die Bollers sahen ihm nach, als er davonfuhr.

Henk war gerade fertig mit dem Einräumen der Lebensmittel und Getränken, als er ein Auto hörte. Er eilte zur Tür.

Beate und Carl stiegen aus dem Auto.

»Willkommen daheim!«, rief Henk.

Es folgte eine herzliche Begrüßung.

»Mei, das Auto ist ganz schön vollgepackt«, sagte Henk. »Ich helfe euch ausladen.«

»Henk, das machen wir später. Wir sind durchgefahren, und ich muss erst mal durchatmen. Du doch auch, Schatz?«, fügte Beate hinzu und sah ihren Mann an.

Carl gab ihr einen Kuss. »Geh schon rein, Beate! Henk und ich stellen alles in den Flur. Dann können wir uns später oder morgen Koffer für Koffer vornehmen, Stück für Stück. Außerdem kommt übermorgen der Spediteur und bringt die Möbel. Ich denke, wir sollten warten, meine Sachen auszupacken, bis alles aufgestellt und umgeräumt ist.«

»Perfekt! Es ist wunderbar, einen Mann zu haben, der sich um alles kümmert.« Beate gab Henk einen Kuss. Sie ging ins Haus.

»Gar nicht so einfach, zwei Haushalte zusammenzuwürfeln, wenn man geheiratet hat, wie?«, bemerkte Henk.

»Wahrlich nicht! Die ersten beiden Wochen haben wir mein Haus geräumt und die Sachen eingepackt, die ich mit hierherbringen wollte. Die meisten Möbel sind dortgeblieben. Ich werde die ebenerdigen Räume möbliert vermieten. Für Beate und mich habe ich unterm Dach die Wohnung behalten. Annas Großeltern sind meine Nachbarn. Sie kümmern sich um alles. Man glaubt es kaum, was alles zusammenkommt, wenn man anfängt zu sortieren. Im Auto sind hauptsächlich meine wissenschaftlichen Unterlagen. Die wollte ich keiner Spedition anvertrauen.«

Henk und Carl luden das Auto aus. Sie trugen die Kisten und Kartons dann doch in die Einliegerwohnung, in der er vor ihrer Hochzeit bewohnt hatte.

Carl duschte und zog sich etwas Bequemes an.

Als er in die Küche kam, war Beate noch oben im Bad. Aber es dauerte nicht mehr lange, dann kam sie. Sie sah hinreißend aus in einem bodenlangen Sommerkleid und den noch feuchten Haaren.

Carl und Henk standen in der Küche und tranken Bier, als sie kam.

»Beate, ich habe eingekauft«, sagte Henk. »Das heißt, ich bat Veronika, alles zusammenzustellen. Sie weiß am besten, was du regelmäßig einkaufst.«

»Großartig!«, sagte Beate und öffnete den Kühlschrank. »Wow, perfekt! Du wirst einen guten Ehemann abgeben, Henk,«

Henk legte die Stirn in Falten. Er schaute Beate und Carl nicht an, als er sagte: »Ich habe meine Hochzeit verschoben.«

Beate rieb sich die Stirn. Carl und sie wechselten Blicke.

»Nun mal langsam zum Mitschreiben! Du hast gesagt, du hast deine Hochzeit verschoben. Du hast nicht gesagt, wir haben die Hochzeit verschoben. Was hat das zu bedeuten?«, fragte Beate.

»Es bedeutet genau das, was ich gesagt habe, Beate. Ich werde es euch irgendwann erzählen.«

Carl und Beate stellten keine weiteren Fragen. Ihnen war klar, dass etwas Schwerwiegendes vorgefallen sein musste.

Beate schlug vor, einen schönen italienischen Salat zu machen. »Dazu essen wir Käse und Schinken.«

»Großartig!«, sagte Carl. »Kann ich helfen?«

»Gern Schatz, du kannst den Tisch decken.«

Henk trat zurück. Er lehnte sich an den Türrahmen und beobachtete die beiden Jungverheirateten. Dabei trank er nachdenklich sein Bier zu Ende. Es erkannte, dass es niemals so zwischen ihm und Sandy sein würde. Das schmerzte ihn. Doch er wollte nicht an Sandy denken.

»Deine Tante ist schon wieder in Kirchwalden«, bemerkte Beate. »Das ist schade. Ich habe gehofft, sie kennenzulernen.«

»Sie ist nach München gefahren und wird dort ein paar Tage bleiben. Herr Busch, das Herrchen von Wuschel, ist aus der Reha zurück. Der Mann hat natürlich Sehnsucht nach seinem Hund. Wahrscheinlich wird Frau Pfeifer mit Wuschel die nächsten Tage noch Gassi gehen. Möglich, dass sie Herrn Busch und Wuschel begleitet, bis sie sicher ist, dass er es allein schafft.«

Henk schmunzelte. ›Tiere können Herzen verbinden‹, dachte Henk. Und plötzlich wurde ihm bewusst, dass sich Sandy nie etwas aus Tieren gemacht hatte. Er überlegte, wieso ihm das erst jetzt bewusst geworden war. Er gestand sich ein, dass er Sandy wohl zu lange durch die rosarote Brille gesehen hatte. ›Das ist eben so, wenn man verliebt ist‹, dachte er.

Inzwischen hatte Beate den Salat bereitet und Carl den Tisch gedeckt.

»Schatz, geh doch mal in den Keller und hole eine gute Flasche roten Landwein herauf!«, sagte Beate.

Carl brachte nicht nur den Rotwein mit, sondern auch eine Flasche Champagner. Sie hatten reichlich Champagner für ihre Hochzeit bestellt und es waren Flaschen übriggeblieben.

»Den Champagner trinken wir später!«, sagte Carl.

»Das ist eine sehr gute Idee«, stimmte ihm Beate zu.

Carl legte den Champagner kalt.

Dann setzten sie sich und aßen. Dabei erzählen Beate und Carl von ihren Flitterwochen.

Nach dem Essen machten sie es sich im Wohnzimmer gemütlich. Der Champagner war inzwischen kalt genug.

Carl öffnete die Flasche und schenkte die Gläser voll. »Auf ein wunderbares gemeinsames Alltagsleben, Beate!« Carl schaute Beate liebevoll an. Sie lächelte ihm zu. Sie stießen an, bevor sie sich Henk zuwandten.

»Also«, sagte Henk, »ich wünsche euch sieben Tage in der Woche, dreihundertfünfundsechzig Tage im Jahr, Harmonie und Fröhlichkeit, Glück und Freude!«

»Das hast du schön gesagt, Henk«, sagte Carl.

Beate bedankte sich ebenfalls für die guten Wünsche.

Sie stießen an und tranken.

»So, nun erzähle, wie es dir hier in Waldkogel ergangen ist«, forderte ihn Beate auf. »Wir haben zwar einige Male telefoniert. Aber du bist sehr verschwiegen gewesen.«

Henk lachte laut. »Ich dachte, je weniger ich von der Praxis berichte, desto unbeschwerter werden eure Flitterwochen. Ich hätte euch nämlich zugetraut, dass ihr früher zurückkommt.«

»Ist es so schlimm gewesen?«, fragte Carl besorgt.

»Carl, keine Sorge, ich habe es überstanden. Es gab einige Tage hintereinander, da habe ich nachts nur zwei Stunden geschlafen. Ich dachte, die ganze Tierwelt hat sich gegen mich verschworen. Aber es ging auch vorbei. Ich habe alle Unterlagen extra gestapelt. Sie liegen links oben auf dem Schreibtisch. Wir können sie morgen oder übermorgen zusammen durchgehen.«

»Das machen wir.«

»Beate, ich habe einen Heidenrespekt, wie du das die ganzen Jahre allein geschafft hast«, bemerkte Henk anerkennend.

Beate lächelte. »Henk, du weißt doch selbst, wie das ist. Man ist müde, dann wird man zu einem ­Notfall gerufen. Sofort ist man hellwach und will dem Tier nur noch helfen.«

»Stimmt! Aber Notfall ist nicht gleich Notfall. Es gibt Notfälle, die gehen einem unter die Haut. Vor ein paar Tagen hatte ich solch einen Notfall. Toni hatte mich angerufen. Benno hatte wohl Gift gefressen. Es ging ihm ziemlich schlecht.«

»Benno? Um Gotteswillen, Giftköder auf der Berghütte?«, rief Beate aus.

Henk schüttelte den Kopf. »Nein, wahrscheinlich im Wald. Annas Verwandte sind zu Besuch. Sie waren wandern und nahmen die Hunde mit, Benno und Bella. Abends ging es Benno plötzlich sehr schlecht. Toni war mit ihm bei Wendy auf der Alm. Es war dramatisch, natürlich ließ ich mir Toni gegenüber nichts anmerken. Doch ich hatte Angst, Benno könnte es nicht schaffen.«

Beate war anzusehen, dass sie erschüttert war.

Carl stand auf und holte sich einen Obstler. Er hatte Benno und seine Mutter Bella nach Waldkogel gebracht und so Beate wieder getroffen. Deshalb hatte er die beiden Neufundländer tief ins Herz geschlossen.

»Das Schlimme ist, dass man meistens nicht weiß, wo die Hunde Giftköder gefressen haben«, sagte Beate. »Vergiftungen bei Hunden und Katzen gab es kaum, seit ich die Praxis übernommen habe. Alle in Waldkogel gehen sehr behutsam und vorsichtig mit der Natur um. Obwohl es in den letzten Jahren mehr Wühlmäuse, Feldmäuse, Marder und Waschbären gab. Mir ist niemand bekannt, der Gift ausgelegt hat. Außerdem ist es verboten. Aber schwarze Schafe gibt es immer«, sagte Beate. »Es ist schon traurig.« Sie sah Carl an. »Ich werde mit Fellbacher sprechen, Carl. Er kann im Gemeindeblatt eine Warnung veröffentlichen.«

»Das ist eine sehr gute Idee, Beate. Und wir sollten mit Toni sprechen. Wenn wir herausfinden, welchen Weg sie mit den Hunden gegangen sind, können wir Nach­forschungen anstellen. Wir bitten einige Leute um Hilfe. Gemeinsam laufen wir die Strecke ab und suchen nach Giftködern. Vielleicht erfahren wir so mehr, wenn wir Weitere finden.«

Beate hielt das für eine gute Idee. »Ich werde gleich morgen eine Telefonaktion starten. Ich werde alle Hundebesitzer anrufen, die mit ihren Hunden in unsere Praxis kommen. Ich bin sicher, wir bekommen eine große Gruppe zusammen.«

Damit war das schlimme Thema abgehandelt, obwohl es jedem nachhing.

»Aber es gibt auch eine sehr erfreuliche Nachricht«, sagte Henk. Er schmunzelte. »Es kommt nicht nur bei Menschen vor, dass Teenager schwanger werden. Auf dem Reiterhof gibt es ungeplanten Nachwuchs. Julia, die braune Jungstute … Ihr erinnert euch bestimmt?«

»Das ist doch die mit der weißen Blesse in Herzform«, sagte Beate gleich.

»Genau die, sie hat wohl in einer Nacht, als sie mit den anderen auf der Koppel war, ihr Herz verloren. Nun bei der Zeichnung sollte es einem nicht wundern, dass sie es mit der Liebe hat. Denn es muss wohl Liebe gewesen sein. Mit ihr waren noch andere Jungstuten auf der großen Koppel, aber die sind alle nicht tragend.«

»Erzähle! Wie wurde es bemerkt?«, fragte Carl.

»Wie ihr mir aufgetragen habt, habe ich die termingemäßen Untersuchungen aller Pferde durchgeführt. Dabei habe ich es entdeckt. Zunächst wollte mir niemand glauben. Besonders Juans und Luises Stallmeister sprach mir jede Kompetenz ab. Ihr hättet ihn sehen müssen, wie er grinste über meine Blödheit! Es war offensichtlich, dass er mich für unfähig hielt. Die Jungstute könne nicht tragend sein. Natürliche Deckung gebe es auf dem Reiterhof nicht. Ich müsse mich irren, sagte er. Nächste Woche wärt ihr wieder hier, dann würde sich mein Irrtum bestätigen. Doch nach weiteren Untersuchungen meinerseits musste er klein beigeben. Mei, war ihm das peinlich. Wir riefen Juan und Luise dazu. Sie konnten sich auch keinen Reim darauf machen.« Henk nippte an seinem Champagnerglas. »Dass Julia tragend ist, war für alle auf dem Reiterhof ein großes Rätsel. Doch dann beichteten die Zwillinge, dass sie dafür verantwortlich seien. Pia und Jan hatten den Riegel an der Gattertür zwischen den Koppeln nicht richtig verschlossen. In der Koppel nebenan war Wotan. Und die Jungstute hatte wohl Gefallen an dem feschen starken Burschen gefunden und ist zu ihm in die Koppel.«

Beate hing an Henks Lippen. »Wotan, ausgerechnet Wotan, unglaublich!«, murmelte sie.

»Ja, es war Wotan. Die Zwillinge haben es beobachtet. Es war so: Juan und Luise waren nach Kirchwalden gefahren. Sie trafen sich mit Freunden im Biergarten. Sie baten die Kinder, an ihrer Stelle den abendlichen Rundgang durch die Ställe zu machen und auch draußen nach den Pferden zu sehen. Das taten die beiden. Dabei entdeckten sie Julia und Wotan. Es hat sie viel Mühe gekostet, Julia in die andere Koppel zurückzutreiben und das Gatter fest zu verriegeln. Sie hatten es verschwiegen. Sie dachten, da wird schon nichts passiert sein, Julia ist noch viel zu jung dafür.«

»Sie fürchteten die Schelte«, sagte Carl.

»Natürlich und ihr hätte die beiden sehen sollen. Sie hatten hochrote Köpfe, als sie es beichteten«, berichtete Henk. »Aber Juan und Luise waren nachsichtig. Ihr wisst, was Wotan für ein unberechenbarer Draufgänger ist. Reiten lässt er sich nur von Luise. Wenn er in Zorn gerät, kann gefährlich werden, für jeden, der sich ihm nähert. Nur Luise kann ihn reiten. Immerhin lässt er sich von den beiden Fünfzehnjährigen satteln, ohne wild zu werden. Luise hofft, dass sie ihn eines Tages reiten können. Jedenfalls haben Pia und Jan ihre Eltern dazu überredet, dass sie das Fohlen behalten dürfen. Und nun kommt es: Ich habe es nur Addi erzählt, aber sie erzählt es nicht weiter. Julia ist nicht nur tragend, sie erwartet Zwillinge. Bei der nächsten Untersuchung werdet ihr das feststellen. Ich wollte keinen Ultraschall machen, hatte auch das Ultraschallgerät nicht dabei. Ich dachte, das überlasse ich euch.«

»Das ist wirklich eine Sensation«, sagte Carl. »Zwillingsfohlen sind selten.«

»Da hat die Natur allen ein doppeltes Schnippchen geschlagen. Carl, wir besuchen gleich am Montag den Reiterhof und machen einen Ultraschall.«

»Ja, das machen wir. Ich finde, das ist doch ein schöner Anfang für unsere gemeinsame Praxis und unser berufliches Leben.«

»Du sagst es, Carl. Das ist ein gutes Omen. Es gibt natürlich auch ein erhöhtes Risiko bei einer Zwillingsträchtigkeit. Aber ich habe bei Julia eigentlich keine Bedenken. Sie ist kräftig. Sie ist kräftiger, als die anderen Jungstuten ihres Jahrganges.«

Carl grinste. »Nach dem, was passiert ist, könnte man auch sagen, sie ist frühreif.«

Alle lachten.