Die Schöpfer der Wanderhure - Peter Lückemeier - E-Book

Die Schöpfer der Wanderhure E-Book

Peter Lückemeier

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Beschreibung

Unzählige Bestsellerplatzierungen, höchst erfolgreiche Romanverfilmungen, Bühnenfassungen, die ein breites Publikum begeistern – Iny Lorentz ist ein Phänomen, das Millionen Menschen in den Bann zieht. Wie aber lässt sich dieses Phänomen erklären? Was ist das Geheimnis des Erfolgs von Iny Lorentz? Antworten auf diese und viele andere Fragen liefert der FAZ-Journalist Peter Lückemeier, der das Autorenpaar befragt und ihm erstaunliche Antworten entlockt hat.

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Peter Lückemeier

Die Schöpfer der Wanderhure

Iny Lorentz im Gespräch

Knaur e-books

Über dieses Buch

Unzählige Bestsellerplatzierungen, höchst erfolgreiche Romanverfilmungen, Bühnenfassungen, die ein breites Publikum begeistern – Iny Lorentz ist ein Phänomen, das Millionen Menschen in den Bann zieht. Wie aber lässt sich dieses Phänomen erklären? Was ist das Geheimnis des Erfolgs von Iny Lorentz? Antworten auf diese und viele andere Fragen liefert der FAZ-Journalist Peter Lückemeier, der das Autorenpaar befragt und ihm erstaunliche Antworten entlockt hat.

Inhaltsübersicht

Das Phänomen Iny LorentzZwei MenschenKritik und KampfDurchbruchSchreibenLebenRat für angehende AutorenHappy End
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Das Phänomen Iny Lorentz

Als Erstes müssen Sie bitte erklären, wie es zu dem Autorennamen Iny Lorentz gekommen ist. Ich hatte immer gedacht, dahinter verberge sich eine einzige Person, nämlich eine gewisse Dame namens Iny Lorentz. In Wirklichkeit besteht Iny Lorentz ja aus Ihnen beiden.

 

INY KLOCKE: Als der Knaur Verlag unser erstes Buch vorbereitete, »Die Kastratin«, wurden unsere beiden vollständigen Namen auf das Cover gesetzt, also Iny Klocke und Elmar Wohlrath. Zum einen sah das ziemlich wuchtig aus, zum anderen waren die Computer der Buchhandlungen damals noch nicht so perfekt, als dass man uns darin ohne weiteres gefunden hätte. Der Verlag bat uns, einen kürzeren Namen zu suchen. Elmars verstorbener Vater hieß mit Vornamen Lorenz. Da haben wir noch ein T eingefügt, damit es als Hausname gekennzeichnet ist und sich von dem Vornamen Lorenz optisch unterscheidet. Und wir schlugen »Iny und Elmar Lorentz« vor, was im Computer allerdings noch schwieriger zu finden war. Die Dinger fanden uns weder unter Iny Lorentz noch unter Elmar Lorentz. Der Verlag fragte uns daraufhin: »Könnt ihr nicht einfach ›Iny Lorentz‹ verwenden? Das ist kürzer, sieht auf dem Cover gut aus, und man kann sich den Namen recht leicht merken.« Da mein Mann meinte, als »Lorentz« sei er ja zumindest indirekt dabei, war er einverstanden.

 

Woher kommt eigentlich »Iny«? Von welchem Namen ist das eine Kurzform?

 

INY: Ich sollte wirklich »Iny« heißen, nach einer mir unbekannten Vorfahrin. Da aber der Standesbeamte der Ansicht war, das sei kein Name, entschied mein Großvater, das Kind solle Ingrid heißen. Ich vermute, er dachte dabei an die damalige dänische Königin Ingrid. Und so steht bis heute »Ingrid« in meinen Papieren. Aber ich wurde nie anders als »Iny« gerufen. Mein seit der Heirat offizieller Name »Ingrid Klocke-Wohlrath« wäre auf dem Cover eines Buches noch sperriger.

»Ohne meinen Mann könnte ich nicht schreiben.«

Meist erwecken die Texte auf den Rückseiten oder in den Seitenklappen Ihrer Bücher aber den Eindruck, als sei Iny Lorentz nur eine Person, und zwar eine weibliche. Nur manchmal wird erkennbar, dass Sie ein Paar sind.

 

ELMAR WOHLRATH: Es sind die älteren Bücher, bei denen angegeben wird, es handele sich um eine einzelne Autorin.

 

INY: Mich hat das immer geärgert. Ich habe sehr oft darauf hingewiesen, dass wir zu zweit schreiben, denn ohne meinen Mann könnte ich nicht schreiben. Er ist inhaltlich besser, ich bin für die Kontrolle zuständig, für das Sprachliche, für die Feinarbeit. Er ist der Geschichtenerzähler. Grob gesagt.

 

Darauf kommen wir ausführlich im Kapitel »Schreiben« zu sprechen. Lassen Sie uns zunächst das Phänomen »Iny Lorentz« etwas näher beleuchten. Sie bringen es auf eine Gesamtauflage von sagenhaften 10,8 Millionen verkauften Büchern – derzeit. Nur einmal eine Zahl zum Vergleich: 1959 erschien »Die Blechtrommel« von Günther Grass, für die er den Nobelpreis bekam. Dieses Ausnahmewerk der deutschen Literatur verkaufte sich in den ersten zwanzig Jahren seines Erscheinens 3 Millionen Mal. Die Gesamtauflage des Büchner-Preisträgers Erich Fried wird auf 300 000 geschätzt. Peter Rühmkorf, der ja ebenfalls den Büchner-Preis bekam, soll insgesamt 400 000 Bücher verkauft haben.

 

INY: Ja, wir wissen auch von einer befreundeten anerkannten literarischen Schriftstellerin, dass ihr Werk, das in der »Süddeutschen Zeitung« groß besprochen worden war, nur 1300 Mal verkauft wurde. Aber ein Kollege von uns, der wie wir selten in den Feuilletons auftaucht, bringt es auf die Gesamtauflage von rund 40 Millionen verkauften Büchern.

 

Wer ist das?

 

INY: Wolfgang Hohlbein. Er schreibt Horror, Science-Fiction, vor allem Fantasy. Kein anderer nach 1950 geborener deutscher Autor hat eine höhere Auflage als er. Aber Wolfgang hat sich auch zwanzig Jahre früher als wir auf den Hosenboden gesetzt.

 

ELMAR: Und selbst wenn wir so früh angefangen hätten wie er, müssten wir nach dem Dreisatz schon eine höhere Auflage erreicht haben.

 

Fast elf Millionen Gesamtauflage und so zahlreiche Titel – da könnte man ja annehmen, Sie hätten sich längst daran gewöhnt, dass die Paketpost mit neuen Belegexemplaren ankommt. Wie ist das aber wirklich? Können Sie sich über einen neuen Titel noch freuen?

 

INY: Oh ja, das ist noch immer ein tolles Glücksgefühl. Es ist jedes Mal wieder wunderschön. Meist bekommen wir vorab ein druckfrisches Exemplar. Mein Mann legt es dann gleich auf den Scanner, damit unser Freund Johannes es sofort auf die Homepage stellen kann. Johannes betreibt unsere eigene Homepage www.inys-und-elmars-romane.de. Das ist sein Hobby, er macht das kostenlos und ganz toll.

 

ELMAR: Es ist noch immer schön, ein neues Buch in unseren Trophäenschrank zu stellen. Dieser Schrank ist mittlerweile randvoll, nicht nur mit den deutschen Neuerscheinungen, sondern auch mit den übersetzten Ausgaben. Deshalb haben wir zwei weitere Trophäenschränke eingerichtet, die auch kurz vorm Platzen sind. Dennoch macht den Reiz des Ganzen nicht das Sammeln oder die Auflage oder das Erreichen von Rekorden aus, sondern das Schreiben.

 

Wissen Sie, in wie viele Sprachen Ihre Bücher übersetzt wurden?

 

ELMAR: Ich glaube, es sind vierzehn. Grundsätzlich muss man wissen, dass unsere Romane fürs Ausland eigentlich zu umfangreich sind, weil die Übersetzungskosten zu hoch werden.

 

Ich darf hier vielleicht einmal eine Art Plakat anschauen, mit dem Sie Ihre literarische Agentur aus Anlass der zehnjährigen Zusammenarbeit beehrt hat. Wohlgemerkt, alle Angaben stammen aus dem Jahr 2011. Da heißt es: 22 Verlage weltweit, 134 Stunden Reitunterricht für Alexandra Neldel, 7 Pseudonyme, 17 743 publizierte Buchseiten in ersten Auflagen, mindestens 120 000 gefahrene Kilometer zu Lesungen, 23 Hauptheldinnen, 1 Hauptheld, 51 Titel unter Vertrag, 8 473 281 verkaufte Exemplare. Und heute sind sämtliche Angaben deutlich höher. Stolz?

 

INY: »Stolz« ist, glaube ich, nicht das richtige Wort. Aber wenn Sie von einer gewissen Zufriedenheit darüber sprächen, von einer gewissen Genugtuung, dass wir es geschafft haben, obwohl andere nicht an uns glaubten, dann würden Sie unsere Gemütslage ganz gut treffen.

 

In welchem Land außer Deutschland sind Sie am erfolgreichsten?

 

ELMAR: In Polen.

 

Wie erklären Sie sich das?

 

ELMAR: Urszula Pawlik, Journalistin und Trüffelschwein für polnische Verlage, die auch für uns Polen entdeckt hat, meint, die Polen lieben meinen schrägen Humor.

 

INY: Gut, das ist das eine. Das andere ist, dass unsere polnische Verlegerin Sonia Draga enorm viel Werbung gemacht hat. Und nun liegen dort zurzeit unsere »Wanderhure«-Romane in fünfundzwanzig einzelnen Folgen als eine Art Broschüre oder kleines Taschenbuch einer Zeitung bei.

 

ELMAR: Nach Polen folgen Tschechien und Ungarn.

 

Auf den tschechischen Titeln heißen Sie »Iny Lorentzová«.

 

INY: Stimmt! Aber auch die Titel, die ins Französische übersetzt wurden, liefen ganz gut. Und 2014 erschien »Die Wanderhure« in Amerika als »The Wandering Harlot«.

 

Was wissen die Erfolgsschriftsteller Klocke und Wohlrath über ihre Leser?

 

ELMAR: Es sind mehr Frauen als Männer. Allerdings scheint sich das ein bisschen zu ändern. Zu unseren ersten Lesungen kamen 90 bis 95 Prozent Frauen. Heute ist das Verhältnis vielleicht 75 zu 25.

»Wir schreiben nicht für Intellektuelle.« (Elmar)

INY: Die Frauen kaufen die Bücher, und viele Männer lesen sie.

 

ELMAR: Wir wissen, dass unsere Leserinnen und Leser aus praktisch allen Gesellschaftsschichten stammen. Iny hatte, als wir noch arbeiten gingen, in der Firma einen Kollegen mit zwei Doktortiteln; der las unsere Bücher mit Begeisterung. Wir schreiben aber nicht für Intellektuelle, sondern für die ganz normalen Menschen.

 

INY: Die Leserinnen und Leser stammen aus allen Altersgruppen. Schon öfter kamen drei Generationen aus derselben Familie zu Lesungen – Großmutter, Mutter und Tochter. Zu einer Lesung in Weimar erschien eine fast Hundertjährige. Und wir haben erfahren, dass junge Mädchen in der Schule die Aufgabe bekommen, eine Facharbeit über ein Thema aus der »Wanderhure« zu schreiben. Es kommen zu den Lesungen aber auch junge Männer, die selbst angeblich nicht lesen und sich die Bücher für ihre Großväter signieren lassen. Und das scheint auch zu stimmen, denn wenn man wunschgemäß »Für Ingolf« oder »Für Eberhard« signiert, kommen Ingolf und Eberhard bestimmt nicht aus der jüngeren Alterskohorte. Und dann erzählen uns bei den Lesungen manche Menschen etwas, das uns besonders freut und auch ein bisschen stolz macht: dass sie nämlich durch unsere Bücher wieder angefangen haben zu lesen.

 

Weiß der Verlag, der Buchhandel mehr über Ihre Leser?

 

INY: Das wissen wir nicht.

 

Es gibt also keine entsprechenden Marketing-Direktiven des Verlags, dass Sie mehr für die Single-Frau um die vierzig oder den begüterten, verheirateten, katholischen Handwerksmeister mit Motorradführerschein schreiben sollten?

 

INY: Nein, wir wüssten auch gar nicht, wie das gehen sollte. Wir schreiben doch zunächst einmal die Geschichte auf, die uns spannend und interessant erscheint.

 

Denken Sie beim Schreiben an Ihre Leser? Haben Sie so etwas wie die idealtypische Leserin im Kopf?

 

INY: Bei mir ist das schon so. Bei meinem Mann weiß ich es nicht. Ich glaube, der denkt nur ans Schreiben.

 

ELMAR: Das stimmt, ich denke immer ans Schreiben. Ich überlege, wie formuliere ich und wie baue ich die Geschichte. Ich will, dass es spannend bleibt, logisch und nachvollziehbar.

 

Wenn Sie sagen, Sie wollen Spannung erzeugen, dann denken Sie dabei ja aber nicht nur an sich, sondern an den imaginären Leser, für den es spannend bleiben soll, oder?

 

ELMAR: In dieser Weise stimmt es.

 

INY: Wenn er langweilig schreiben würde, könnte ich es auch nicht überarbeiten. Dann würde ich ihm den Text zurückgeben.

 

ELMAR: Allerdings haben wir eine Freundin und Testleserin. Sie bekommt oft sogar meine Rohmanuskripte mit allen Fehlern, die ich oder das Autokorrektursystem gemacht haben. Von ihr kommt dann die erste Kritik.

 

INY: Du kannst ja ruhig sagen, dass sie Lektorin ist. Und zwar eine mit gefühlten fünfhundert Jahren Berufserfahrung.

 

Ist sie die Lektorin Ihres Verlags?

 

ELMAR: Nein, sie gehört zur literarischen Agentur Lianne Kolf, also der Agentur, die uns vertritt.

 

Sie sieht den Text, bevor Sie, Frau Klocke, ihn überarbeitet haben?

 

INY: Teilweise zumindest, weil sie auch sehr ungeduldig ist.

 

ELMAR: Sie bekommt meist ein knappes Drittel. Mit dem Rest muss sie warten, bis Iny fertig ist. Es gab allerdings einen Roman, den sie komplett bekommen hat. Das war aber auch einer, den sie selbst initiiert hatte.

 

Welcher war das?

 

ELMAR: Er wird 2016 erscheinen. Er spielt in der Stauferzeit, in Italien, genauer gesagt in Süditalien, in Apulien.

 

Und was war der besondere Wunsch der Lektorin?

 

ELMAR: Sie findet Friedrich II. so interessant und dachte, er müsse einen guten Romanstoff für uns hergeben.

 

Friedrich II. war Barbarossa?

 

ELMAR: Nein, Barbarossa war Friedrich I. Der Kaiser, den wir beschreiben, Friedrich II., war der Enkel Barbarossas.

 

Und das Leben Friedrichs II. fand Ihre Lektorin so interessant? Aus welchem Grund?

 

ELMAR: Sie hat sich viel mit der Stauferzeit beschäftigt. Sie hätte auch einen Roman über Barbarossa akzeptiert, aber über den gibt es schon so viele, so dass wir uns auf Friedrich II. geeinigt haben, nach temperamentvollen Diskussionen übrigens.

»Mit dem Endprodukt war unsere liebe Ingeborg zufrieden.« (Elmar)

INY: Die beiden waren sehr unterschiedlicher Auffassung.

 

ELMAR: Aber mit dem Endprodukt war unsere liebe Ingeborg, so heißt die Lektorin, dann doch sehr zufrieden.

 

Inwiefern werden überhaupt Stoffe an Sie herangetragen?

 

INY: Das kommt durchaus vor, aber dann meist mit einem einzigen Wort.

 

Zum Beispiel?

 

INY: Limes. Und: Siebzig Jahre Königreich Mallorca. Diese beiden Stoffe plus das Staufer-Thema sind an uns herangetragen worden, mehr nicht. Das heißt, vor vielen Jahren kam mal die Anregung, dass wir einen Roman über deutsche Auswanderer in Amerika schreiben sollten. Aber der Verlag wollte das nicht. Viele Jahre später haben wir dann die Grundidee aufgegriffen, den Stoff aber ganz anders umgesetzt und eine vierbändige Romanfolge daraus gemacht.

 

Wie heißt die?

 

ELMAR: »Das goldene Ufer«, »Der weiße Stern«, »Das wilde Land«, und das vierte wird wahrscheinlich »Der rote Himmel« heißen.

 

Sie beide sind jetzt in einem Alter, in dem die meisten Menschen in Rente gehen. Sie haben mit Ihrer imponierenden Auflage einen großen Erfolg, auch wirtschaftlich. Sie könnten sich jetzt eigentlich zur Ruhe setzen. Dennoch arbeiten Sie pausenlos. Derzeit veröffentlichen Sie mindestens zwei Romane im Jahr. Warum hören Sie nicht auf?

 

INY: Was sollten wir denn dann machen? Däumchen drehen?

 

ELMAR: Wir müssen schreiben.

 

Ist der wirtschaftliche Aspekt für Sie noch ein Motiv?

»Ja, wir sind süchtig.« (Iny)

INY: Es hat gar keinen Sinn, danach zu fragen. Wir schreiben nicht für Geld und nicht nur zum Vergnügen. Wie mein Mann sagt: Wir müssen schreiben.

 

Sie sind in gewisser Weise süchtig?

 

INY: Ja, wir sind süchtig.

 

Von Kindheit an?

 

INY: Ich habe schon als Kind unendlich viel gelesen. Lesen war mein Lebensinhalt. Ich konnte irgendwann nicht mehr ohne Buch das Haus verlassen, sonst hätte ich mich nicht wohl gefühlt. Einmal wollten Taschendiebe mir mein Portemonnaie aus der Tasche stehlen. Das ist ihnen nicht gelungen, weil die Geldbörse unter fünf Büchern lag. Ich habe später, als ich arbeitete, im Monat zweihundert Mark für Bücher ausgegeben. Wir haben hier in unserem Haus dreizehn- bis vierzehntausend Bände. Was Sie übrigens hier im Wohnzimmer hinter Glas sehen, das sind alles handsignierte Bücher anderer Autoren.

 

Wie ist das eigentlich mit Belegexemplaren? Sie müssen ja wahnsinnige Mengen davon bekommen haben.

 

ELMAR: Wenn ein Buch herauskommt, erhalten wir fünfzig Freiexemplare. Für jede weiteren zehntausend gedruckte Exemplare gibt es noch einmal zehn. Bei der »Wanderhure« kamen etwa anderthalbtausend Belegexemplare ins Haus. Das war einfach zu viel, das haben wir dann einstellen können.

 

Können Sie sagen, wie oft sich die »Wanderhure« verkauft hat?

 

INY: Da müssten wir nachschauen. Auf jeden Fall mit den Übersetzungen über zwei Millionen Mal.

 

Welcher ist der zweiterfolgreichste Ihrer Romane?

 

INY: Das weiß ich nicht. Da müsste ich in den Unterlagen nachsehen.

 

ELMAR: Wir schreiben unsere Bücher nicht wegen der Erfolge und Verkaufszahlen. Wir schreiben über das, was uns interessiert. Wir schreiben auch über Themen, von denen wir wissen oder annehmen, dass sie nicht so rasenden Absatz finden. Es werden dann vielleicht nur sechzig- oder siebzigtausend davon verkauft.

 

Sie sagen »nur«. Von solchen Auflagen träumen viele Autoren.

 

INY: Hier habe ich die Liste. Unser erfolgreichstes Buch, »Die Wanderhure«, hat sich bis heute genau 2 063 000 Mal verkauft. Inklusive der Lizenzen, also der Übersetzungen in fremde Sprachen. »Die Wanderhure« wird unser erfolgreichstes Buch bleiben.

 

Und die anderen Folgen der »Wanderhure«?

 

ELMAR: »Die Kastellanin« kommt auf 1 239 000, »Das Vermächtnis der Wanderhure« auf 1 015 000. Und dann geht die Zahl etwas runter: 677 000, 544 000.

 

Und die schlechteste Verkaufszahl eines Ihrer Bücher überhaupt?

 

ELMAR: Das war das Hardcover von »Flammen des Himmels« mit 61 965 Exemplaren.

»Gott sei Dank ausreichend.« (Elmar)

Das sind ja alles wahnsinnige Größen.

 

ELMAR: Ja, Gott sei Dank ausreichend. Aber es geht uns nicht um Rekorde. Wir wollen auch nicht nur immer dieselben ausgetretenen Pfade gehen, deshalb widmen wir uns verschiedenen historischen Abschnitten, verschiedenen Orten und verschiedenen Themen.

 

Fühlen Sie sich durch Ihren enormen Auflagenerfolg eigentlich privilegiert?

 

INY: Nee, wieso denn?

 

Weil es so viele Menschen gibt, wahrscheinlich Hunderttausende, die das Gleiche wollen wie Sie, aber niemals auch nur annähernd an Ihren Erfolg heranreichen. Fühlen Sie sich nicht vom Schicksal begünstigt?

 

INY: Das Schicksal hat uns dafür keine Gründe gegeben.

 

ELMAR: Den Erfolg, den wir haben, bemerke ich daran, dass ich hin und wieder eine frisch gedruckte Buchausgabe in den Schrank stelle.

 

INY: Oder dass wir uns, wie geplant, einen Urlaub in Montegrotto in einem Thermalhotel leisten können. Und wir werden im Sommer mal wieder auf die »Mein Schiff 1« gehen, wo wir uns eine Suite leisten. Aber gar nicht so sehr wegen des Luxus, sondern weil sich enge, kleine Räume nicht gut auf mein Asthma auswirken.

 

Werden Sie eigentlich auf solchen Schiffen erkannt?

 

INY: Es kommt vor, aber eher selten. Einmal hat sich ein vielleicht zwölfjähriges Mädchen mit uns fotografieren lassen, ein anderes Mal sprach uns eine nette Dame vom Servicepersonal an, die wie unsere Hauptperson ausgerechnet Marie hieß. Ein Passagier hatte auch mal ein Buch von uns dabei und hat es sich dann signieren lassen.

 

ELMAR: Gott sei Dank geschieht das selten.

»Aber wir sind ja selbst auch freundlich.« (Iny)

Grundsätzlich begegnen Ihnen Ihre Leser freundlich?

 

ELMAR: Freundlich, munter, manchmal ein bisschen scheu. Aber eigentlich immer angenehm. Bei Lesungen ist es hinterher unterschiedlich. Manchmal muss man die Leute ein bisschen locken, damit sie sich zu Wort melden, manchmal sprudeln die Fragen nur so.

 

INY: Aufdringlich sind die Menschen eigentlich nie, auch nicht auf der Buchmesse. Aber wir sind ja selbst auch freundlich. Bei Lesungen zum Beispiel warten wir nicht die Anfangszeit ab und kommen dann wie Stars herein, sondern wir sitzen schon vorher da und schauen den Leuten beim Reinkommen zu. Und ich winke dann auch schon mal mit dem Kuli, falls jemand bereits vor der Veranstaltung ein Buch signiert haben will.

 

Sie könnten ja auch sagen: »Wir haben elf Millionen Bücher verkauft, warum sollten wir uns noch mit Lesungen abmühen.«

 

ELMAR: Aber wir wollen den Kontakt zu unseren Lesern nicht verlieren. Außerdem machen wir nicht so viele Lesungen. Im Jahr 2014 waren es vielleicht elf oder zwölf.

 

INY: Manchmal veranstalten wir Lesungen als Geschenk an Freunde und an Uralt-Fans. Wir haben beispielsweise einen weiblichen Fan, eine ganz liebe, freundliche Frau. Als sie geheiratet hat, waren wir zu Gast bei der kirchlichen Trauung und haben am Tag danach eine Lesung zu ihren Ehren gemacht. Die beiden sind an einen Extratisch gesetzt worden, mit Herzchen drüber.

 

Ich stelle mir Lesungen bei Ihren Sujets ja gar nicht so leicht vor. Sie müssen wahrscheinlich immer irgendwo mittendrin in einem Roman anfangen, oder?

 

ELMAR: Wir stellen zunächst die Hauptpersonen vor und den wichtigsten Antagonisten. Dann lesen wir vier Szenen vor.

 

Abwechselnd?

 

INY: Jeder für sich liest eine Szene. Satz für Satz oder Absatz für Absatz sich abzuwechseln, das finden wir nicht so gut.

 

Schauspielern Sie dabei?

 

INY: Nein, aber wir lesen bei den Dialogen mit leicht veränderten Stimmen. Die männlichen Stimmen härter, die weiblichen etwas weicher.

 

Ich habe jetzt viele Ihrer Werke als Hörbücher angehört. Die schienen mir stark gekürzt zu sein.

 

INY: Ja, die Hörbücher erscheinen bei Lübbe Audio und fassen den Inhalt immer auf sechs CDs zusammen. Die Romane sind hier in der Tat sehr gekürzt und geben den reinen Kern der Handlung wieder.

 

ELMAR: Wobei es neuerdings auch Gesamtlesungen gibt.

 

Wie sind Sie mit der Sprecherin zufrieden?

 

INY: Anne Moll hat eine großartige Stimme, sie macht das wunderbar. Zumal sie ja auch wesentlich dazu beigetragen hat, dass der Hörbuch-Version der »Wanderhure« die Goldene Schallplatte verliehen wurde.

 

Für wie viele Exemplare gibt es diese Goldene Schallplatte?

 

INY: Für mehr als 100 000 verkaufte Hörbücher. Wir haben, glaube ich, sogar 110 000 verkauft.

 

Ihre Schicksalsjahre heißen 2003 und 2007. 2003 veröffentlichten Sie mit »Die Kastratin« Ihren ersten historischen Roman, der gleich ein Erfolg wurde. Seit 2007 leben Sie als freie Schriftsteller. Das heißt, Sie konnten Ihre Brotberufe aufgeben. Welche Jahre waren für Sie noch besonders wichtig?

 

ELMAR: Ich würde auch noch das Jahr 2010 hervorheben. In diesem Jahr wurde die Verfilmung der »Wanderhure« ausgestrahlt.

 

INY: Und natürlich 1978, das Jahr, in dem wir uns kennenlernten.

 

ELMAR: Im Jahr 2000 habe ich die Rohschrift der »Kastratin« begonnen. 2002 hat Knaur den Roman angekauft. Auch das waren wichtige Daten.

 

Die Zusammenarbeit mit Knaur läuft seit 2002 oder länger?

 

ELMAR: Unser erstes Buch bei Knaur ist 2003 erschienen. Das war »Die Kastratin«. Angekauft worden war dieser Titel 2002. Also 2002 ist für uns ein Einschnitt, ein Schicksalsjahr, denn da hat Knaur auf einen Schlag drei weitere Romane von uns angekauft, ehe der erste erschienen war.

 

Das waren?

 

ELMAR: »Die Wanderhure«, »Die Goldhändlerin« und »Die Kastellanin« als Fortsetzung der »Wanderhure«.