Inhaltsverzeichnis
Buch
Autoren
Bei Arkana sind von Varda Hasselmann und Frank Schmolke bereits erschienen:
Vorwort
Teil I - Archetypen der Angst - Die sieben Urängste
Energie 1 - Selbstverleugnung - Die Angst vor Unzulänglichkeit
Typ 1: Das Mauerblümchen
Typ 2: Die Gute Seele
Copyright
Buch
Die bekannten Autoren stellen die Urängste des Menschen in einer völlig neuen, klar strukturierten Form vor. Die Grundangst eines jeden Menschen ist unausweichlicher Teil seiner seelischen Struktur und fixiert sich bereits im Säuglingsalter nach genau beschreibbaren Regeln. Dabei wählt die Seele aus sieben archetypischen Grundformen der Angst zwei aus, die im Laufe vieler Leben in immer neuen Variationen zum seelischen Wachstum und zur Sinnhaftigkeit menschlicher Existenz beitragen. Allerdings kann ein Überschuss an Angst durch Einsicht und Verstehen oder therapeutische Begleitung abgebaut werden, wenn ein Mensch dies wirklich wünscht. Theoretische Erörterungen und praktische Hinweise ergänzen diese neuartige Betrachtungsweise.
Autoren
Dr. Varda B. Hasselmann, geb. 1946, wuchs in Italien auf. Nach einer Universitätslaufbahn als Romanistin in Göttingen entdeckte sie 1983 zu ihrem eigenen Erstaunen ihre ungewöhnliche mediale Begabung, die sie mit ihrer hohen geisteswissenschaftlichen Kompetenz verbindet. Ihr Ehemann Frank Schmolke (geb. 1944), Studienrat und Heilpraktiker, ist der geistige Mentor und Motor der Zusammenarbeit. Gemeinsam betreuen sie zahlreiche Veröffentlichungen sowie ein umfangreiches Veranstaltungsprogramm zu den Archetypen der Seele, der Seelenfamilie und den heilenden Aspekten von Medialität.
Bei Arkana sind von Varda Hasselmann und Frank Schmolke bereits erschienen:
Archetypen der Seele (12223 und 21516)
Weisheit der Seele (12262)
Welten der Seele (12196)
Wege der Seele (21625)
Seelenfamilie (21529)
Seelen-Elixiere (21749)
sowie von Varda Hasselmann:
Die Seele der Papaya (21522)
Septana®, Archetypen der Seele® und Seelen-Elixiere® sind international geschützte Marken. Sie dürfen für Publikationen und Veranstaltungen Dritter nicht verwendet werden.
Vorwort
Angst ist ein Faszinosum - diese Perspektive möchten wir unseren Lesern vermitteln. Menschen vermeiden oft aus sehr verständlichen Gründen, sich der eigenen Angst zuzuwenden. Wir halten es aber für äußerst lohnend, dies zu tun, und möchten dafür neue Werkzeuge der Wahrnehmung zur Verfügung stellen. So lenken wir in diesem Buch den Blick nachdrücklich auf die sieben Archetypen der Angst, um menschliche Ängste und ihre immer ähnliche Vorgehensweise durchschaubarer zu machen. Wenn man erst einmal gelernt hat, die Taktik der Ängste an sich selbst und anderen wahrzunehmen, entsteht eine innere Distanz. Sie ist eine wichtige Voraussetzung dafür, sich diesem Aspekt des Lebens gegenüber neu und anders und mit mehr Entscheidungsfreiheit zu verhalten.
Aus unserer Sichtweise existieren sieben archetypische Urängste. Zwei davon wählt die Seele in jedem Leben neu aus, um ihre Grundangst zu gestalten. Diese beiden Ängste sind zwar nicht ohne weiteres sichtbar, sie bilden aber ein äußerlich wahrnehmbares Merkmal im Verhalten des Menschen aus. Wir nennen sie Hauptmerkmal und Nebenmerkmal der Angst. Der Begriff Merkmal bedeutet: Hieran »merkt« man, um welche spezifische Angst es sich handelt. Aber dieses Merkmal ist nur Oberfläche. Die eigentliche Angst liegt dahinter verborgen. Das Hauptmerkmal Hochmut zum Beispiel ist bei vielen Menschen an ihrer arroganten Haltung leicht zu erkennen. Hinter diesem äußerlichen unnahbaren Stolz ist aber eine große Angst vor Verletzung verborgen. Sie bestimmt das Leben, die Wirkung und das existenzielle Lernen dieser Person.
Die Angststruktur des Menschen ist einem Baum vergleichbar. Die Grundangst - die für jeden Menschen gültige Kombination zweier archetypischer Urängste - ist seine Wurzel. Wurzel bedeutet zweierlei: Zum Ersten ist sie an der Oberfläche nicht sichtbar. Den meisten Menschen ist ihre Grundangst dementsprechend nicht bewusst. Ein Bewusstsein dafür zu wecken ist das wesentliche Anliegen dieses Buches. Zum Zweiten nährt die Wurzel den ganzen Baum. Das heißt, dass es viele kleinere und größere Angstzweige dieses Baums gibt, mit denen der Mensch mehr oder weniger gut umgehen kann, die ihn aber nicht zentral bestimmen. Die von zwei archetypischen Urängsten geprägte Grundangst durchdringt den ganzen Baum und stimuliert die vielen Einzelängste. Sie ist notwendiger Teil der seelischen Struktur. Sie wird schon beim Säugling durch Umwelteinflüsse fixiert und bestimmt fortan entscheidend den Erfahrungsweg und die Charakterentwicklung eines Menschen.
Unser Buch Archetypen der Seele (1993) stellt die gesamte seelische Struktur (Matrix) mit ihren sieben Elementen vor: Seelenrolle, Grundangst (Haupt- und Nebenmerkmal), Entwicklungsziel, Modus, Mentalität, Reaktionsmuster und das Seelenalter. In Die sieben Archetypen der Angst wird nun der Teilaspekt der Grundangst aufgegriffen und in detaillierter Form erläutert. Wir sind uns bewusst, dass wir in den nunmehr fünfzehn Jahren seit Erscheinen von Archetypen der Seele vieles hinzugelernt haben; deshalb treten im Detail gewisse Widersprüche zu den damaligen Aussagen auf. Bei unserer Arbeit handelt es sich um ein organisch wachsendes Forschungsvorhaben, das Korrekturen am Weg notwendig macht. Das vorliegende Werk stellt unseren jetzigen Erkenntnisstand dar.
Dieses Buch hat drei Teile. Im ersten Teil werden die sieben Urängste mit jeweils drei am häufigsten vorkommenden Untertypen vorgestellt. Die mit jedem Untertyp verbundenen speziellen körperlichen Merkmale und Beschwerden kommen dabei zur Sprache. Es werden außerdem konkrete Vorschläge zur Behandlung jedes besonderen Untertyps gemacht. Für die Untertypen haben wir prägnante, in der Umgangssprache bereits übliche Bezeichnungen gewählt. Diese Namen machen sie anschaulich. Sie helfen, schnell zu verstehen und sich über die einzelnen Typen leicht zu verständigen. Dadurch entsteht ein unmittelbares Assoziationsbild. Jeder weiß, was gemeint ist, wenn man hört, jemand sei ein Habenichts, Spielverderber, Racheengel, Geizhals, Tapferes Schneiderlein oder eine Gute Seele und so weiter. Die Bezeichnungen werden in unseren Selbsterfahrungsgruppen sogar von den Betroffenen selbst gern angenommen, vorausgesetzt es ist ein Interesse am Erforschen der eigenen Angststruktur vorhanden.
Die aus zwei Urängsten gebildete Grundangst eines jeden Menschen besteht also aus dem Hauptmerkmal und dem Nebenmerkmal. Dies macht überhaupt erst eine Angstdynamik möglich, die auf solche Weise zur Voraussetzung für den existenziellen menschlichen Lernprozess wird. Im zweiten Teil des Buches werden folglich alle 42 möglichen Varianten der Grundangst, also Kombinationen von Haupt- und Nebenmerkmal, beschrieben, jeweils mit Vorschlägen zur Minderung des Angstpegels. Wenn man also einmal sein Hauptmerkmal ermittelt hat, kann man anhand dieser Varianten zusätzlich überprüfen, was das Nebenmerkmal sein könnte.
In einem dritten Teil werden weiterführende Fragen zu den Urängsten und zu angrenzenden Gebieten beantwortet. Das dadurch entstehende tiefere Verständnis der menschlichen Ängste ist punktuell angelegt, nicht systematisch wie die vorherigen Teile. Die Aussagen stellen einen Anfang bei dem Versuch dar, dieses riesige Thema in Teilbereichen neu und tiefer zu ergründen.
Aus unserer Betrachtungsweise, die ihren Ausgangspunkt in der Annahme eines individuellen Seelenmusters findet, sind Urängste und die Erfahrungen mit ihnen notwendig für die menschliche Entwicklung. Dabei geht es um die Entfaltung der Liebesfähigkeit der einzelnen Seele über viele körperliche Existenzen hinweg. Der Mensch braucht Gegensätze und eine Pulsation zwischen diesen Gegensätzen, um lernen zu können. So ist Angst als »Kontrastmittel« zur Liebe zu verstehen, nach der sich jede Seele zutiefst sehnt. Ohne Angst, ohne die bewusste oder unbewusste Auseinandersetzung mit den Archetypen der Angst, kann aber Sehnsucht nach Liebe nicht entstehen. Hierin liegt nach unserer Auffassung eine zentrale Bedeutung von Angst für den Menschen. Die sieben Archetypen der Angst als Erfahrungsbausteine eines jeglichen Menschenlebens sind unverzichtbar für seelische und psychische Lernprozesse.
Wenn nun die Archetypen der Angst grundsätzlich zum Inkarnationsplan und zum Seelemuster jedes Menschen gehören, soll und darf man sie dann beeinflussen? Und wenn sie in diesem Sinne existenziell bedeutsam sind, also notwendig, um leben und lieben zu lernen, wozu dient dann dieses Buch?
Um die Dynamik der aus zwei Urängsten bestehenden Grundangst zu verstehen, muss zwischen einem notwendigen und einem überflüssigen Aspekt unterschieden werden. Notwendig ist diese Angst an sich, und zwar als Motor der menschlichen Entwicklung. Überflüssig sind hingegen viele ihrer oberflächlichen Erscheinungsformen, der Schematismus ihrer Reaktionen, das allzu Leidvolle, das Trennende, das Übertriebene. Alles Notwendige bleibt bestehen, das Überflüssige aber kann abgebaut, positiv verändert oder therapiert werden.
Um es mit einem Beispiel zu erläutern: Ein Mensch mit einer Urangst, zusammengefügt aus den Archetypen Starrsinn und Märtyrertum, wird immer wieder Situationen erleben, in denen er mit nahezu stereotypen Reaktionen auf seine unsägliche Angst vor dem Unberechenbaren, auf seine Befürchtung, am Ende von Gott und der Welt verlassen zu sein, die mit seinem Leiden an einem imaginären Unwert und an seiner Opferrolle verbunden ist, antwortet. Wenn er dies erkennt und beobachtet, kann er daran wachsen und sich entfalten. An seiner Grundangst wird er jedoch nichts ändern können. Sie gehört zu seiner Daseinsform. Wohl aber werden psychische Reifungsprozesse, therapeutische Interventionen, nachhaltige Erkenntnis der inneren Zusammenhänge oder auch die stete Liebe eines Mitmenschen etwas an seinem Umgehen mit diesen archetypischen Grundängsten ändern. Er wird seine Angst, verlassen dazustehen, als Angst erkennen und sie von der Wirklichkeit unterscheiden lernen. Er wird sein immer wiederkehrendes Gefühl, Opfer der Verhältnisse zu sein, mit Humor und Verständnis betrachten können. Er wird lernen, seine gewohnten Verhaltensweisen liebevoll zu durchschauen, statt sie bitterernst zu nehmen. Er gewinnt die Freiheit, auch einmal anders zu reagieren. Mit anderen Worten: Der Angstbaum wird zurechtgeschnitten, aber Wurzel und Stamm bleiben erhalten.
Selbsterkenntnis mildert die groben Ausformungen und Auswirkungen der Ängste. Wer sich selbst beobachten kann, gewinnt Freiheit. Wer um die Existenz der Grundängste weiß, wird sich selbst und seinen Mitmenschen verständnisvoller gegenübertreten. Nur überflüssige, das heißt für den seelischen und psychischen Lernprozess nicht notwendige Angst kann überhaupt abgebaut werden. Scheinbare Stärken als von Angst gespeiste falsche Tugenden zu erkennen ist sehr aufschlussreich.
Die Darstellung der sieben archetypischen Urängste wendet sich demnach an alle, die sich selbst tiefer erfahren möchten, und auch an jene, die in ihrem Bemühen, andere auf vielerlei Weise heilsam zu unterstützen, die Seele als wesentlichen Aspekt des Menschseins in ihr Weltbild hineinnehmen möchten. Werden die weit verzweigten, leidvollen und nicht für das innere Wachstum notwendigen Erscheinungsformen der Grundangst nach und nach gemildert, weil sie durch Beobachtung und Bewusstwerdung deutlicher zutagetreten, rückt Lebenslust automatisch an die Stelle, so wie eine grüne Wiese zum Vorschein kommt, wenn im Frühjahr der Schnee geschmolzen ist. Diese neue Lebenslust wird tiefer erlebt, als wenn sie von Anbeginn da gewesen wäre. Ein Mensch, dessen innerer Schnee zu schmelzen beginnt, erlebt die ersten Sonnenstrahlen dankbarer als jemand, der schon immer auf den Inseln des ewigen Frühlings geweilt hat.
Wir wünschen uns Leser, die bereit sind, die Qualität dieser Informationen unvoreingenommen zu befragen und auf ihren Wert und ihre Anwendbarkeit hin zu überprüfen. In unseren Veranstaltungen durften wir erleben, wie erschütternd, aber auch befreiend das Erkennen der eigenen Angstmuster für einen Menschen sein kann, der sich mit Interesse, Offenheit und der Bereitschaft zur Selbstwahrnehmung dieser neuartigen Seelenlehre nähert.
Weitere Informationen zur Seelenmatrix und den Archetypen sind in unseren Veröffentlichungen im Arkana Verlag zu finden: Welten der Seele (1993), Archetypen der Seele (1993), Weisheit der Seele (1995), Die Seelenfamilie (2001), Wege der Seele (2002), Seelen-Elixiere (2006).
Wer eine unserer Veranstaltungen besuchen möchte, um seine persönlichen Archetypen zu erfahren, kann sich auf unserer Internetseite www.septana.de informieren und unter folgender Adresse ein aktuelles Programm anfordern:
SEPTANA GbR Postfach 70 08 11 81308 München
Varda Hasselmann und Frank Schmolke
April 2009
Teil I
Archetypen der Angst - Die sieben Urängste
Die Archetypen der Angst
Energie 1
Selbstverleugnung - Die Angst vor Unzulänglichkeit
Allgemeines
Die inkarnierte Seinsweise ist kein leichtes Geschäft. Und so ist es nicht verwunderlich, wenn eine Seele, die sich in die irdisch-leibliche Sphäre begibt, Angst hat, dem Dasein mit all seinen Herausforderungen und Anforderungen nicht gerecht zu werden. Die Befürchtung, der neuen Existenzform und dem Leben, so wie es geplant wurde, hilflos und unfähig gegenüberzustehen, sowie die Angst, sich nicht behaupten zu können angesichts all der Forderungen, die dieses Leben und die damit verbundenen Umstände an einen Menschen stellen, führen zu dem Archetyp der Selbstverleugnung. Dahinter verbirgt sich eine tiefe Angst vor Unzulänglichkeit. Die Auseinandersetzung mit dieser Urangst vor einem Versagen angesichts der Gegebenheiten des Inkarnationszustands ist wichtig und notwendig. Sie muss im Laufe der verschiedenen Seelenalter immer wieder einmal erforscht und erfahren werden. Denn eine Junge Seele erlebt sie anders als eine Alte Seele.
Das Angstmerkmal Selbstverleugnung verleugnet in allererster Linie, dass aus einigen oder gar vielen vergangenen Existenzen auf der Erde bereits ein reicher Erfahrungsschatz zur Verfügung steht, der prinzipiell gewährleistet, allen Schwierigkeiten des neuen Lebens mit einer gewissen Vorbereitung und Erfahrung gerecht zu werden. Diese Erfahrung ist in der Seelenrolle eines jeden Menschen und ihrer oft vieltausendjährigen Geschichte geborgen und gespeichert. Wenn nun jemand aus Angst, vor dem Leben zu versagen, dieses ihm innewohnende Potenzial leugnet, so leugnet er damit zugleich die Geschichte seiner Seelenrolle. Aber auch das jeweilige Entwicklungsziel fällt unter den Schatten der Angst zu versagen, obgleich dieses Ziel im Laufe einer längeren Inkarnationsgeschichte ebenfalls schon mehrfach angestrebt und entsprechend der Entfaltungsstufe und des Seelenalters auch erfolgreich bewältigt worden ist.
Ein Mensch, der sich mit der Verleugnung seiner besten, schönsten Fähigkeiten und Eigenschaften und mit der Negierung seiner bereits vorhandenen Erfahrung aus vergangenen Leben, aber auch aus dem aktuellen Leben herumplagt, erfährt immer wieder, dass alles, was er sich nicht selbst zutraut, ihm auch von anderen wenig zugetraut wird. Diese Spiegelung potenziert das eigene subjektive Empfinden, unfähig zu sein, nicht zu genügen, nicht genügend zu können, nicht genügend zu wissen, nicht gut genug zu sein. Es ist wichtig, eine solche hilflose Selbsteinschätzung nicht mit einem mangelnden Selbstwertgefühl zu verwechseln, denn mit seinem Wert an sich hat der selbstverleugnende Mensch, anders als jemand mit dem Archetyp Märtyrertum, kein Problem. Er hat zwar ein großes Fragezeichen seiner Bewährung dem Leben gegenüber, aber nicht seinen Wert als Mensch betreffend, der existenziell ist und es für ihn auch bleibt.
Selbstverleugner versuchen verständlicherweise ihr Gefühl des Ungenügens auf die eine oder andere Weise zu leugnen oder zu kompensieren. Sie finden dafür eine reichhaltige Methodik, die ihnen gestattet, ihr Leben trotz ihrer Befürchtungen und tiefen Versagensängste zu gestalten und zu bewältigen. Es ist auffällig, dass Menschen mit dem Hauptmerkmal Selbstverleugnung sogar oft sehr viel besser mit den Herausforderungen des Lebens zurechtkommen als solche, die nicht von der Angst vor Versagen gequält werden, denn sie geben sich unendlich viel mehr Mühe, dieses Ungenügen und diese Unfähigkeit, die sie sich zuschreiben, selbst nicht in vollem Maß zu spüren. Sie tun alles, um sich und auch den Mitmenschen zu beweisen, dass sie für dieses Leben mehr als gut genug sind.
Diese Beweisführung darf jedoch niemals so weit führen, dass das Erreichte aus dem Rahmen der selbst programmierten Bescheidenheitsrolle fällt. Denn wenn dies zufällig einmal passiert, wird das gewohnte Gefühl des Ungenügens, das in einem Widerstreit zwischen Leugnung und Sehnsucht steht, sofort zurückgefahren und wieder an seinen Platz gesetzt, so dass die im Seelenmuster angelegte Angst sich beruhigt und befriedigt fühlt: »Ja, so ist es, ich bin unfähig.« Der Mensch sieht sich darin bestätigt, dass er eben doch nicht so clever, so klug, so gewieft, so fleißig oder so erfolgreich ist, wie er es sich zeitweilig hoffungsfroh eingebildet hat, um seine Grundangst zu bekämpfen.
Die Pole der Angst vor Unzulänglichkeit
Bei der Bescheidenheit eines Menschen mit Selbstverleugnung handelt es sich wohl selten genug um eine natürliche, im Wesen dieses Menschen angelegte Anspruchslosigkeit, die zufrieden und liebevoll in die Welt hinausstrahlt. Vielmehr verbirgt sich dahinter eine falsche Tugend, denn der betreffende Mensch ist nicht deshalb bescheiden, weil dies die ihm in Wahrheit entsprechende Seinsform ausdrückt, sondern er ist es aus Angst, Ansprüche zu stellen. Er bescheidet sich, um nicht aufzufallen. Er bescheidet sich aus Angst vor Zurückweisung. Er bleibt bescheiden im Hintergrund, weil er sich nichts zutraut und sich vor Blamage, vor Ablehnung, vor Versagen fürchtet.
Wenn er könnte, wie er wollte und wie er in seinen geheimen Allmachtsträumen fantasiert, wäre er sogar alles andere als bescheiden. Er würde fordern, er würde nehmen, er würde einklagen, was ihm zusteht, und mehr noch als dieses. Doch er zieht sich hinter die Fassade einer tugendhaften Bescheidenheit zurück. Er verharrt im Halbschatten seiner Anspruchslosigkeit, um nicht aufzufallen, um nicht in Anspruch genommen zu werden, denn er zittert bei dem Gedanken, dass ihm eine Aufgabe angetragen werden könnte, der er nicht gewachsen ist.
Schon wenn ein anderer, der spürt, dass hier die Angst vor Unzulänglichkeit das Verhalten diktiert, scherzhaft die Ermunterung ausspricht: »Bescheidenheit ist eine Zier, doch weiter kommt man ohne ihr!«, zuckt der Selbstverleugner innerlich zusammen. Er fühlt sich einerseits bei seinen Größenfantasien ertappt, die ihm sehr wohl in Aussicht stellen, dass er ohne seine furchtsame Bescheidenheit viel weiter käme. Andererseits verweist ihn dieser Spruch hinter seine Bescheidenheitsfassade, die ihm sagt, diese sei auf jeden Fall moralisch höher zu bewerten als jede Erscheinungsform von Unbescheidenheit. Denn in der eingebildeten moralischen Überlegenheit liegt auch ein erheblicher psychischer Gewinn. Der Selbstverleugner profitiert hier gern von einem durch christliche Tugenden geprägten Moralkodex, der Bescheidenheit zu einem hohen Gut stilisiert hat, ohne Rücksicht darauf, aus welcher Quelle sie gespeist wird - aus der Angst oder aus der Liebe.
Hinzu kommt im Allgemeinen eine dem weiblichen Geschlecht zugeschriebene Verhaltensmaxime, sich - unabhängig von den vorhandenen Möglichkeiten und Bedürfnissen - sittsam, bescheiden und rein als Dienerin des Männlichen und einer vom maskulinen Prinzip beherrschten Umwelt zu geben. In den meisten menschlichen Gesellschaften hat das Weibliche sich bescheiden zu geben, um dem Männlichen ein Empfinden von Überlegenheit und Stärke zu vermitteln. Ist eine Frau nun innerhalb einer Inkarnation bereit, die Thematik der Selbstverleugnung zu erkunden, entspricht sie damit häufig einem Weiblichkeitsideal, das sie in ihre Schranken verweist und mit dem sie sich gern selbst identifiziert. Dass die falsche Bescheidenheit, die aus der Selbstverleugnung herrührt, dann als besonders hohe Tugend interpretiert wird, muss nicht verwundern. Einem männlichen Wesen hingegen wird übergroße Bescheidenheit als Schwäche und Hilflosigkeit angerechnet, so dass es sich nicht so leicht hinter seine Doppelprägung zurückziehen kann. So geschieht es, dass Männer häufig die ihnen von ihrer Angst auferlegte falsche Bescheidenheit leidvoller erfahren und, wenn es ihnen möglich ist, stärker dagegen ankämpfen, denn gerade im Berufsleben wird sie ihnen wenig Gewinn einbringen.
Es darf nun keineswegs übersehen werden, dass es sich bei der Selbstverleugnung um ein Energiephänomen der inspirativen Energie 1 handelt (wie bei der Seelenrolle »Heiler«). Somit spielt der Bezug dieser Angstform zum Übermenschlichen und Überirdischen, zum Transzendenten oder, mit anderen Worten, zu einer Entlohnung des entsagungsvollen Selbstbildes »im Himmel« eine zentrale Rolle. Der Selbstverleugner, ob es ihm nun bewusst ist oder nicht, ist bereit, auf vieles zu verzichten und sich dem Leben gegenüber bescheiden zufriedenzugeben. Er projiziert seine Hoffnung, belohnt zu werden, auf einen fernen Tag, an dem er dem irdischen Leben mit seinen übergroßen Anforderungen nicht mehr ausgeliefert ist, sondern in jenen Bereich zurückkehrt, in dem die Frage »Bin ich fähig oder unfähig?« sich nicht mehr stellt. Darüber hinaus ersehnt er einen späten Lohn für seine Bescheidenheit wie jene Jungfrau aus dem Märchen mit dem Namen Goldmarie. Sie stürzt sich aus Verzweiflung über die ihr von der Stiefmutter zugeschriebene Unfähigkeit in den Brunnen und kann erst in einem paradiesischen Jenseits ihre wahren Qualitäten enthüllen. Dafür wird sie dort reich belohnt.
Wenn sich die Selbstverleugnung in dem Minuspol dieses Merkmals äußert, führt sie zu einer devoten Haltung, einer servilen Unterwürfigkeit, einer kriecherischen oder andienenden Ausstrahlung, die wie in einer nahezu biologisch programmiert anmutenden Demutsgeste dem Mitmenschen signalisieren soll: »Tu mir nichts. Greif mich nicht an. Tadle mich nicht. Ich will auch immer gut und artig sein. Ich tue alles, was du willst. Ich bin bereit, dir zu dienen, aber sei lieb zu mir. Ich ertrage keinerlei Kritik oder Zurückweisung.«
Das energetische Ergebnis einer solchen Haltung ist jedoch oft nicht, was der Unterwürfige sich erhofft. Er erlebt im Gegenteil, dass er getreten wird, weil er sich als Fußabstreifer angeboten hat; dass er verachtet wird, weil er sich selbst nicht achtet; dass er gedemütigt wird, weil er sich demütig gibt; dass er als Diener und manchmal sogar wie ein Sklave behandelt wird, weil er sich in vorauseilendem Gehorsam als ein solcher angeboten hat. Dieses Angebot vollzieht sich selbstverständlich nicht aus einer Kalkulation oder einem Willensakt heraus. Ein unterwürfiger Selbstverleugner duckt sich aus Angst gegenüber denen, die er als größer, stärker, klüger, mächtiger, wichtiger und bedeutender empfindet - und die es oft auch sind, weil der Selbstverleugner, gerade wenn er dazu neigt, sich unterwürfig zu geben und nicht nur bescheiden, die Nähe von Selbstsicheren oder nach Macht Strebenden, Hochbegabten oder Schönen und Berühmten sucht. Dann kann er sich im Schatten stehend doch wenigstens aus der Ferne in ihrem Glanz spiegeln.
Der Bescheidene freut sich an seiner Bescheidenheit, ist sogar ein wenig stolz darauf. Er spürt aber, dass irgendetwas ihn daran hindert, aus dem Halbschatten herauszutreten. Der Unterwürfige hingegen verkriecht sich im Schatten und freut sich in keiner Weise an sich selbst, sondern sorgt dafür, dass er sich selbst mit Füßen tritt, wenn gerade niemand in der Nähe ist, der es für ihn tun würde. In beiden Fällen entwickelt der Betreffende einen mehr oder weniger subtilen Selbsthass und eine angstvolle Form des nichtsexuellen Masochismus, der auf die Mitmenschen unangenehm wirkt und Verständnislosigkeit hervorruft. Dass hinter all diesen Verhaltensweisen im Pluspol wie im Minuspol die nackte Angst lauert, dem Leben mit seinen Anforderungen an Arbeit, Durchsetzungsvermögen, Beziehungsfähigkeit und vielem anderen mehr nicht gewachsen zu sein, wird allen Beteiligten nur selten bewusst. Eine starke Selbstverleugnung führt zu erheblichem Leid, denn die Diskrepanz zwischen dem tatsächlichen Können und der eigenen Selbsteinschätzung dieses Könnens ist außerordentlich groß.
Das befreite Potenzial
Das Potenzial, das hinter der Selbstverleugnung verborgen liegt, aber durch die Auswirkungen der Angst gebunden wird, ist eine erhebliche Kompetenz in den Bereichen des Lebens. Diese Kompetenz wird bei einem schrittweisen Abbau der selbstverleugnenden Angstform mit einer zunehmenden Selbstsicherheit, einer ruhigen Ausstrahlung von Fähigkeit, Wissen und Zuständigkeit sowie mit einer realistischen Einschätzung der eigenen Möglichkeiten und Fähigkeiten verbunden. Da Selbstunterschätzung und Selbstüberschätzung gleichermaßen Ausdrucksformen dieser Angst sind, vollzieht sich bei einem Abbau des Angstniveaus wie von selbst ein Einpendeln in der Mitte. Die Selbstwahrnehmung wird nun realistischer. Es ist dann leichter, einmal zuzugeben, dass man etwas nicht kann oder nicht weiß oder sich erst kundig machen muss. Eine solche Aussage ist weniger als zuvor mit Scham und innerer Not verknüpft. Selbst das Eingeständnis, dass es Bereiche gibt, die dem eigenen Können aufgrund äußerer Umstände, mangelnder Begabung oder ungeeigneter körperlicher Beschaffenheit nun einmal nicht zugänglich sind, führt nicht mehr unweigerlich zu ohnmächtigen, schambesetzten Gefühlen des Versagens und der Unfähigkeit.
Ebenso ist in dieser eher mittig zwischen Plus- und Minuspol angesiedelten realistischen Selbstwahrnehmung nicht mehr die Notwendigkeit enthalten, sich in der Fantasie, in Träumen oder im Kontakt mit den Mitmenschen zu erhöhen, mit Pseudowissen zu prahlen oder mit einer Fähigkeit anzugeben, die man sich mühselig angeeignet hat, aber doch nur ansatzweise besitzt. Selbstsichere Kompetenz verbreitet sich in dem Maß, wie der Angstpegel sinkt, wie Öl auf dem Wasser. Das Wissen um diese Kompetenz führt zu einer Beruhigung der besorgten, ängstlichen Gefühle von unterwürfiger Bescheidenheit. Auch der Körper reagiert nicht mehr übermäßig somatisierend auf die Bedrohung durch Anforderungen, denen man sich nicht gewachsen glaubt. Es ist jetzt keine große Sache mehr zu gestehen: »Damit fühle ich mich überfordert. Das kann ich nicht.« Ein solches Eingeständnis wird zu einer ruhigen, realitätsorientierten Aussage, die die Welt des Selbstverleugners nicht mehr zum Einstürzen zu bringen droht.
Große Freude kommt bei der Beobachtung auf, dass die eigenen Fähigkeiten, Talente und Kompetenzen von den Mitmenschen als Potenzial schon lange erahnt oder gesehen wurden und einzig der Selbstverleugner sich bei dem Gedanken gegrämt hat, dass er den Anforderungen des Berufs, der Familie oder des Alltags nicht gewachsen sei. Diese Freude ist wie die Seligkeit eines kleinen Kindes, das entdeckt, dass es ohne Hilfe laufen und den Löffel halten kann und bei den ersten Erkundungsversuchen der Umgebung nicht in Lebensgefahr gerät, sondern einen großen Gewinn bei der Eroberung seiner kleinen Welt empfindet. Von Sekunde zu Sekunde baut sich ein Lernen auf, das Lebenskompetenz zum Ziel hat. Und so wird sich auch der Selbstverleugner, sobald er einmal erkannt hat, dass er sich seine zahllosen Unfähigkeiten letzten Endes nur aus Angst eingebildet hat, überschäumen vor Vergnügen an seinen Fähigkeiten, die er jetzt auch zeigen darf, ohne von irgendjemandem bestraft zu werden. Er kann sogar Lob annehmen, ohne zu erröten oder es schamvoll abzuwehren.
Drei Typen der Angst vor Unzulänglichkeit
1. Das Mauerblümchen traut sich nicht zu, sich zu zeigen, und wird deshalb nicht gesehen. Es macht sich grau, hält sich bedeckt und im Hintergrund und wird auch von anderen in die Ecke oder an den Rand gestellt. Hier besteht ein besonderes Problem der Selbstwahrnehmung durch mangelnde Spiegelung. Das Mauerblümchen fühlt nur seine Angst, nicht sein Ich.
2. Die Gute Seele ist so bescheiden und so lieb, dass sie keiner Menschenseele und keiner Kreatur etwas zuleide tun könnte. Diese Güte ist jedoch von Angst geprägt, denn die Gute Seele fühlt sich unfähig, sich zu wehren, für die eigenen Belange einzustehen, auch einmal anzugreifen oder sich zu behaupten. Die Gute Seele ist gut aus Furcht, sich mit dem Leben und seinen Schattenseiten zu konfrontieren.
3. Wie eine emsige Biene summt und surrt das Fleißige Lieschen und arbeitet daran, das eigene Selbstbild, das von der Angst vor Unfähigkeit geprägt ist, Lügen zu strafen. Durch unermüdliche Fleißarbeit, durch selbstlosen Arbeitseinsatz, durch bescheidene Selbstüberschätzung schafft es das Fleißige Lieschen, ein enormes Pensum zu bewältigen. Es wundert sich nur über eines: dass dies alles nie recht bemerkt wird und Lob nicht zu hören ist. Wird doch einmal ein Lob empfangen, wird das Fleißige Lieschen es allerdings sofort schamhaft oder unwirsch zurückweisen.
Typ 1: Das Mauerblümchen
Wenn ein Mensch dieses Typs der Selbstverleugnung sich auch nur vorstellt, aus der Dämmerung oder dem Halbschatten seines Selbstbildes hervorzutreten und sich ins Sonnenlicht der Beachtung zu begeben, fängt er an zu zittern und zu beben. Die Vorstellung, gesehen zu werden, beachtet zu werden, gelobt zu werden, bewundert oder gar geliebt zu werden, löst eine mehr oder weniger starke Panik aus. Das Mauerblümchen ist ganz besonders schüchtern und traut sich gar nichts zu - keine Attraktivität, keine Fähigkeiten, keine Resonanz bei Mitmenschen. Es meint, nur geringfügige Kompetenzen zu haben. Das Mauerblümchen verharrt deshalb unter einem Schleier der Halbsichtbarkeit. Jedoch träumt es von dem einen großen Tag irgendwann, möglichst spät im Leben, wenn es von irgendeinem Menschen - oder je nach Seelenrolle auch von einem großen applaudierenden Publikum - aus dem Schatten ans Licht gezerrt wird, weil endlich all die Qualitäten, die Schönheiten und die glitzernden Facetten des eigenen Wesens, die es an sich selbst noch nie gesehen hat, von anderen entdeckt werden.
Das Mauerblümchen leidet an einer Spiegelungsproblematik, denn es hofft, dass andere etwas sehen, das es selbst nicht sehen kann. Das Mauerblümchen wirkt deshalb so grau und unscheinbar, weil es sich nicht traut, sich selbst im Spiegel zu betrachten - aus lauter Angst, dort nur ein Häufchen Asche zu entdecken. Solange es die Augen geschlossen hält und versucht, sich nicht zu sehen, empfindet das Mauerblümchen einen gewissen Frieden, denn mit geschlossenen Augen kann es von einem glänzenden Coming-out träumen. Es ist dieser Traum, dessen Verwirklichung unerträgliche Angst machen würde, der die unsichere psychische Stabilität weitgehend aufrechterhält.
Das Mauerblümchen - ob Mann oder Frau - ist auch das, was man ein stilles Wasser nennt. Durch das starke Innenleben, von dem so wenig nach außen dringt, ergibt sich mit den Jahren ein großer Reichtum an Empfindungen und Empfindsamkeit. Dadurch, dass das Mauerblümchen kaum auf Resonanz durch die Umwelt stößt, muss es alle Kraft in sich selbst entwickeln und alle Fähigkeiten, alle Talente und Begabungen in sich selbst tief vergraben, damit niemand davon erfährt. Sie sind trotzdem vorhanden, und nur selten gelingt es dem Mauerblümchen, sich einem liebenvollen, geduldigen und beharrlichen Menschen so weit zu öffnen, dass es ihm oder ihr gestattet, einen Blick in die Tiefe dieses stillen Sees zu tun mit all seinen versunkenen, geheimnisvollen und verborgenen Schätzen.
Das Mauerblümchen hält somit eine Scheinfassade von Unfähigkeit aufrecht. Diese Scheinfassade ist jedoch wie eine bemalte japanische Papierwand. Wer achtlos daran vorübergeht, wird nicht dahinterblicken. Um dies zu tun, muss man nahe herangehen, oft sogar mit der Faust oder einem spitzen Gegenstand ein Loch in diese ndurchsichtige, aber sehr dünne Membran der Selbstunterschätzung stoßen.
Wenn ein Mauerblümchen, männlich oder weiblich, einen Raum betritt, hat man das Gefühl, dass es nicht wirklich da ist, so als ob ein Schatten oder Schemen ohne lebendige oder massive Ausstrahlung sich genähert hätte. Ein Mauerblümchen tut alles und versucht alles, um nicht aufzufallen. Männer wie Frauen machen sich auf eine unscheinbare Art und Weise unattraktiv. Sie sind nicht wirklich auffällig hässlich - aus Angst, dies könnte wiederum zu Beachtung oder Kommentaren führen. Alles an einem Mauerblümchen bleibt schattenhaft. Die Bewegungen sind zurückhaltend; der Blick ist oft gesenkt. Die Ausstrahlung bewirkt eher, dass man wegschaut, als dass man hinschaut. Es geht eine unhörbare Botschaft von diesem Menschen aus: »Nimm um Himmels willen nicht wahr, wer ich wirklich bin!« Dies geschieht, ohne dass die selbstverleugnende Person ihr Wirklichsein inhaltlich beschreiben könnte; denn gerade das ist es, was sie selbst noch nicht entdeckt hat.
Die Klage, die man von einem Mauerblümchen oft hört, lautet: »Mich sieht irgendwie keiner.« Dahinter offenbart sich aber eine gewisse Befriedigung über die gelungene Strategie, denn gerade das Gesehenwerden ist verknüpft mit Horrorfantasien, bloßgestellt oder in die Pflicht genommen zu werden, sich ausgeliefert und hilflos zu fühlen. Die eingeübte Unscheinbarkeit dient wie eine Tarnkappe dazu, das permanente Gefühl der Angst vor Versagen im mitmenschlichen Bereich zu ertragen.
Ein Mensch des Mauerblümchen-Typs ist im Übrigen davon überzeugt, dass er über wenig oder gar keine sexuelle Attraktivität verfügt, und deshalb wird er sich vom anderen Geschlecht tunlichst fernhalten. Wenn jedoch ein Partner gefunden wurde, so glaubt das Mauerblümchen, in zurückhaltender Bescheidenheit und Unterwürfigkeit, in einer hausmütterchenhaften, unauffälligen Hingabe oder als unermüdlich im Hintergrund arbeitsamer Familienvater seine Erfüllung zu finden. Ein solcher Selbstverleugner muss dann aber meist erleben, dass sich der Partner über kurz oder lang einem anderen Menschen zuwendet, der weniger Probleme mit seiner Attraktivität hat.
Merkmale
Ein Mauerblümchen wird sich, wenn mehrere Sitzgelegenheiten zur Verfügung stehen, immer ganz hinten oder am Rand einen Platz suchen. Die Stimme ist verhalten, leise bis hin zum Flüstern; die Körperhaltung wirkt zusammengezogen und brav. Auf ein Ansprechen harmlosester Art, zum Beispiel: »Na, wie geht’s denn?«, kommen nur nichtssagende Floskeln wie »Na ja, so lala« oder »Ach, geht schon«. Man erfährt nur mit großer Mühe, wie die wahre Befindlichkeit ist, und dies liegt nicht daran, dass etwas verschwiegen werden soll, sondern daran, dass die Person es selbst nicht zu empfinden weiß.
Die Haut ist eher bleich mit einem grauen Schimmer. Die gesamte Person macht einen wenig vitalen Eindruck. Entweder treibt dieser Mensch keinen Sport und geht nicht gern an die frische Luft, oder er wählt exzessiv betriebene, einsame Sportarten, die nicht so sehr der Vitalität und Gesundheit, sondern der Gefühlsdisziplinierung dienen. Joggen oder Schwimmen zum Beispiel können dazu eingesetzt werden, sich müde zu machen, oder bieten einen Zeitvertreib, der zwar gesellschaftlich akzeptabel ist, aber dennoch keinen Kontakt mit Gleichgesinnten notwendig macht. Partys oder große fröhliche Veranstaltungen werden tunlichst gemieden.
Ein solcher Mensch ist häufig eine rechte Leseratte, denn in Büchern erlebt er das Leben, wie es sein könnte, und er kann sich mit literarischen Gestalten identifizieren, die nicht so schüchtern und mausgrau sind, wie er sich selbst fühlt. Zuweilen kann das Mauerblümchen aber ungewöhnliche Ausbrüche und Durchbrüche erleben, zum Beispiel im Karneval, wenn im maskierten Zustand alles erlaubt ist, oder während einer Reise in ein fremdes Land, wo niemand es kennt und es sich versuchsweise anders geben kann, als es normalerweise der Fall ist. Auch im Fußballstadion oder auf Massenveranstaltungen, die eventuell gerade deshalb aufgesucht werden, weil ein Mauerblümchen in der Masse unterzugehen hofft, können gewisse Ekstasen der Befreiung von den gewohnten Hemmungen erlebt werden.
Typische Beschwerden
Der Typ des selbstverleugnenden Mauerblümchens hat oft Probleme mit seiner Haut. Akne in schwerer Form, Urtikaria, Psoriasis und Neurodermitis kommen vor. Kontaktallergien an den Händen oder ein Pilzbefall der Haut, der Füße und der Genitalien sind eine scheue Maßnahme des Körpers, um einer Begegnung mit den Mitmenschen tunlichst aus dem Weg zu gehen. Allerlei unspektakuläre und unspezifische Beschwerden, die nur selten einmal einen Gang zum Arzt erforderlich machen, schränken die Lebenslust eines Mauerblümchens ein.
Das Mauerblümchen ist häufig kurzsichtig oder sehbehindert. Gleichzeitig gewinnt man den Eindruck, dass eine starke Brille nicht primär dem Erkennen der Außenwelt dient, sondern dem Verstecken und Verschleiern des eigenen Blicks. Die Augen schauen schüchtern; sie wenden sich dem Gesprächspartner kaum zu. Auch Schwerhörigkeit, die manchmal nur psychisch bedingt ist, kann beobachtet werden. Migräne, die dem Mauerblümchen erlaubt, sich eine Zeit lang, Stunden oder Tage, ganz aus der quälenden Interaktion mit den Mitmenschen zurückzuziehen, ist nicht selten.
Psychiatrische Ausprägungen dieser Angstform sind bei Menschen zu finden, die sich nicht nur extrem zurückziehen, sondern wie Einsiedler leben und oft wochenlang mit niemandem sprechen und keinen Mitmenschen sehen wollen. Es gibt eine noch stärkere Ausprägung der mauerblümchenhaften Menschenscheu, die ihre Probleme dadurch löst, dass sie den Mitmenschen allerlei böse, auch schwarzmagische Praktiken unterstellt. Ein solchermaßen psychisch erkrankter Mensch sieht in denen, die ihm nahekommen möchten oder ihn in seiner extremen Schüchternheit bedrohen, Feinde und übermächtige Bösewichter. Eine weitere Erscheinungsform sind Wahngedanken oder Wahnvorstellungen, die sich auf Größenfantasien, eigene Machtausübung, Gedankenübertragung und entsprechende Beeinflussung der Mitmenschen beziehen. Was in der Realität nicht gelebt wird, spielt sich - wie mit einer Abspaltung - in einer imaginierten Persönlichkeit ab, die ihrerseits die Mitmenschen einschüchtern und beherrschen möchte und dafür ein großartiges, überdimensioniertes Selbstbild entwickelt. Manchmal schließt sich ein solches Mauerblümchen auch einer Gemeinschaft an, die satanische Riten praktiziert, besondere geheimnisvolle Spielformen entwickelt oder im Internet gefährliche Gemeinschaftsfantasien ausarbeitet, um die Gesellschaft, die einem scheinbar so feindselig gesinnt ist, zu schädigen oder gar auszulöschen.
Hinweise für die Behandlung
Ein Mauerblümchen, das Hilfe sucht, um seine von ihm selbst erkannten übergroßen Hemmungen und seine schamvolle Schüchternheit zu bearbeiten und zu überwinden, braucht einen umfassenden Handlungsansatz, der auch impliziert, dass einige in Liebe angewandte Tricks ihm über die hohen Schwellen seiner Selbstbeschränkung hinweghelfen. Sobald sich ein Vertrauensverhältnis etabliert hat oder wenn es bereits vorhanden ist, sollte der Behandelnde jedes Mal ein irgendwie geartetes kleines Lob aussprechen und wenig später die Verarbeitung dieser Intervention im System des Hilfesuchenden thematisieren.
Ist es rechtlich möglich, kann der Behandelnde ein Placebo verabreichen, das dem Hilfesuchenden mehr Mut, weniger Schüchternheit, mehr Offenheit in Aussicht stellt. Wichtig ist auch, dem Betreffenden kleine Aufgaben, die aufeinander aufbauen, zu stellen. Diese beziehen sich in einer ersten Phase auf Kleidung, Frisur und Ausstattung. Zum Beispiel kann man einem Mann den Auftrag erteilen, einen farbigen Pullover zu erstehen und bei den Treffen zu tragen. Dieser muss nicht rot sein, auch die Farben Blau, Grün oder Gelb können für den Anfang sinnvoll sein. Man kann den Klienten auffordern, einen Ring oder einen Schmuckstein mitzubringen, der vielleicht in der Schublade liegt, ererbt, aber bislang nie getragen. Sich entsprechend den finanziellen Möglichkeiten etwas in dieser Art anzuschaffen, eventuell unter Mithilfe einer Freundin oder gar des Behandelnden, ist eine weitere Maßnahme. Auch ein Tuch, ein Schal, eine Handtasche oder andere Schuhe können für das Mauerblümchen schon eine erhebliche Herausforderung darstellen, was sein Selbstbild betrifft.
In einem späteren Stadium kann dann mit Spiegelungstechniken gearbeitet werden. Diese können zum Beispiel so gestaltet sein, dass der Behandelnde die Rolle einer von ihrem Kind begeisterten Mutter übernimmt, um den frühkindlichen, präverbalen Hunger des Mauerblümchens nach Spiegelung in den Augen der Mutter zu kompensieren. Man kann dem Klienten ganz besonders freudig in die Augen schauen und ihm sagen, wie froh man sei, ihn wiederzusehen, oder wie man sich freue, dass die Ausstrahlung schon viel fröhlicher geworden sei, und Ähnliches. Es können auch einzelne Körperteile in den Fokus gerückt und thematisiert werden, zum Beispiel die Hände, die Beine, die Haut und das Haar. So verwandelt sich die gestörte Selbsteinschätzung in eine realistischere Betrachtungsweise der eigenen Person. Der Behandelnde muss selbstverständlich darauf achten, dass er nicht schlechte Zähne schönredet oder dünnes, struppiges Haar zu einer prachtvollen Mähne deklariert. Es kann auch ein Handspiegel oder ein Körperspiegel zu Hilfe genommen werden, um den Patienten sehr vorsichtig zu ermuntern, sich selbst zu betrachten, um seine Selbstkritik offenzulegen und die guten und schönen Aspekte seines Wesens hervorzuholen.
Typ 2: Die Gute Seele
Die Gute Seele hat einen Vertrag mit dem Leben abgeschlossen. Darin steht: »Ich tue dir nichts, damit du mir nichts tust« und »Tu du mir nichts, dann tue ich dir auch nichts« oder »Wenn ich in allem nur das Schöne und Gute sehe, dann gibt es das Schlechte und Hässliche nicht«. Die Gute Seele scheut den Konflikt und hasst jede Problematik, die im Zusammenspiel mit den Mitmenschen oder den Gegebenheiten des Lebens auftritt. Sie will immer Frieden und Harmonie, denn sie fühlt sich grundsätzlich allem, was nicht schön, friedlich und harmonisch ist, nicht gewachsen.
Es ist, als würde der Guten Seele in ihrer genetischen Ausstattung ein immunisierender Faktor fehlen, der es ihr gar nicht möglich macht, sich den Aggressionen der Welt auszusetzen. Die Gute Seele lebt deshalb wie unter einem Isolierzelt. Sie glaubt, dass jeder aggressive Akt sie wie mit einem tödlichen Virus oder Bazillus treffen könnte. Ihre Abwehr sucht sie nun durch ein Ausstrahlen von ungeheurer Liebenswürdigkeit und entwaffnender, naiver, nahezu einfältiger Gutherzigkeit zu stärken. Gern nimmt sie dafür in Kauf, dass sie ausgenutzt, verlacht und betrogen wird. Hauptsache, sie hat niemandem etwas Böses zugetraut. Dann ist ihre Welt in Ordnung, und sie kann sich nur wundern, warum die anderen so sind, wie sie sind.
Selbstverleugnung macht sich dadurch bemerkbar, dass dieser Mensch sich nicht zutraut, dem Leben anders als mit dieser geradezu übermenschlichen Arglosigkeit zu begegnen. Die Unfähigkeitsgefühle bestehen vor allem gegenüber der Auseinandersetzung als solcher - und nicht was die eigenen Fähigkeiten im Sinne von Talenten oder Alltagsbewältigung betrifft. Die Gute Seele entwaffnet durch ihre Ausstrahlung alle, die an ihr etwas kritisieren oder sie tadeln könnten (»Man kann ihr so etwas unmöglich antun!«). Dafür wird aber hinter ihrem Rücken einiges darüber geredet, wie unerträglich dieses süßliche Getue und Gutsein auf die Gemeinschaft wirkt. Aber ihr selbst gegenüber wird man darüber kein Wort verlieren, weil sie ausstrahlt: »Jede Kritik tötet mich unverzüglich.«
Die Gute Seele ist auch daran zu identifizieren, dass sie recht sentimental auf alles reagiert, was anderen an Leid, Kritik oder Unglück zugefügt wird. Sie hat wie alle Selbstverleugner heimliche Träume, die davon handeln, einmal mit der Faust auf den Tisch zu schlagen, jemanden anzubrüllen und fertigzumachen. Diese Fantasien reichen bis hin zu Mordgelüsten gegenüber denjenigen, die ihr jemals etwas zuleide getan, sie kritisiert oder konfrontiert haben. So hortet die Gute Seele in sich ein nicht zu unterschätzendes Gewaltpotenzial, das zur Explosion kommen kann, wenn ein weniger gehemmter Mensch unbedacht die gestauten Aggressionen freisetzt.
Merkmale
Die Gute Seele wirkt in ihrem Erscheinungsbild kindlich, weich und verletzlich. Die Augen strahlen in einem milden, auf Anteilnahme hoffenden und Mitgefühl heischenden Blick. Sie lobt gern und bewundert andere wie mit einer Art Abwehrzauber. Sie hat die Erfahrung gemacht, dass ein Mensch kaum noch in der Lage ist, etwas anderes als Güte und Anteilnahme zurückzugeben, wenn sie ihn erst einmal mit ihrer Güte und ihrem Lob überschüttet hat.
Die Gute Seele fällt durch ein permanentes, liebevolles Lächeln auf, das nahezu chronisch wirkt und schon in jüngeren Jahren eine maskenhafte Faltenbildung hervorruft. Die Augen sind von Erstaunen über den »wunderbaren« oder »ganz, ganz schrecklichen« Mitmenschen weit geöffnet. Das Gespräch kommt recht bald auf Themen, die belegen, wie gut man zu seiner Verwandtschaft, zu seinem Hund oder zu den Kollegen ist oder dass man sich ständig etwas einfallen lässt, um deren Zuneigung zu hegen und zu pflegen. In einem extremen Fall kommt es zu Äußerungen der Art: »Wenn ich bedenke, wie gut ich bin, kommen mir die Tränen.« Die Ausstrahlung und die Aussagen sind verharmlosend, alles entschuldigend und krampfhaft harmonisierend. Die Stimme ist ein wenig hoch und kindlich oder bei Männern brummbärig begütigend.
Das Zuhause ist mit kindlichen Trostsymbolen geschmückt. Da gibt es Schmusetiere und zahllose Andenken von unendlich dankbaren, guten Menschen, auch Püppchen, Kissen mit Volants und reichlich Rosa und Himmelblau, so als träte man in das Babyzimmer eines nie geborenen oder früh gestorbenen Kindes. Die Farben, die eine Gute Seele in ihrer Kleidung bevorzugt, sind milde Pastellfarben. Auch Männer tragen gern einen rosafarbenen Pullover oder ein helles, zartes Gelb.
Männer wirken in ihrer Erscheinung oft wie ein gutmütiger Bär; Frauen haben etwas Mütterliches-Busiges. Beide berichten, dass ihnen nicht selten gesagt wird: »Du bist viel zu gut für diese Welt!« Es ist der Guten Seele selten klar, dass dies alles auf der Leugnung aggressiver Impulse, die aber durchaus kraftvoll vorhanden sind, beruht. Das Wissen darüber kann jedoch vorsichtig geweckt werden. Dass Güte nicht verloren geht, wenn man sich wehrt oder auf seinem Standpunkt besteht, ist auch der Guten Seele nach und nach einsichtig.
Weil sie keiner Fliege etwas zuleide tun kann, zieht die Gute Seele es vor, vegetarisch zu leben. Sie hofft auch, dass Fleischverzicht sie noch friedlicher macht. Diese Lebensweise ist nicht gesundheitlich bedingt, sondern angstvoll ideologisch. Auch begegnet man ihr gehäuft in Reformhäusern, Ökoläden oder Beratungsstellen. Sie ist dabei, wenn nächtens Kröten über die Straße getragen werden sollen, oder sie unterstützt Schutzprogramme für Wale. Die Gute Seele sucht sich Tätigkeiten und Berufe, in denen sie »gut« sein kann oder zumindest in höchstem Grad politisch korrekt.
Die Gute Seele verwöhnt und verzärtelt ihre Kinder und andere, die ihr anvertraut sind. Sie setzt keine Grenzen, weil sie Widerstand fürchtet, und zieht dadurch Nachkommen heran, die ihr nicht nur auf der Nase herumtanzen, sondern ihr auch mit einer gewissen Verächtlichkeit begegnen. Dementsprechend klagt die Gute Seele über unbotmäßige Kinder oder Mobbing am Arbeitsplatz oder im fortgeschrittenen Alter darüber, dass sie von allen ausgenutzt wird und wenig Anerkennung erfährt.
Typische Beschwerden
Die Gute Seele verliert oft schon in relativ jungem Alter viele Zähne, und manchmal ist sie nicht bereit, fehlende Zähne zu ersetzen, da sie sich mit einem zahnlosen Mümmelmund im Grunde recht wohl fühlt. Eine Immunschwäche äußert sich in häufigen Erkältungen, dauerhafter Verschnupfung durch chronische Nebenhöhlenentzündung oder Autoimmunerkrankungen wie Arthrose. Zu beobachten ist auch ein langsamer Puls. Das Herz schlägt langsam und erregt sich nur bei Beobachtung von Ungerechtigkeit und fremdem Leid. Oft kommt es bereits in mittlerem Alter zum Einsetzen eines Herzschrittmachers, da sich die Bradykardie (Verlangsamung der Herzfrequenz) frühzeitig verstärkt.
Die gewohnheitsmäßige Zurückhaltung aggressiver Impulse führt zu einer Versteifung der Gelenke und zu Arthrose, da Energie nicht ungehindert fließen kann und Säure sich in den Gelenken absetzt. Auch eine Gewichtszunahme, die den säuglinghaften oder brummbärhaften Eindruck verstärkt - mit einer gewissen schwammigen Qualität des Gewebes so wie weiches Gummi - ist nicht selten. Denn um die sich schüchtern meldenden Aggressionen im Keim zu ersticken, fällt der Guten Seele oft nichts Besseres ein, als sich ein üppiges, herztröstendes Stück Torte oder eine kräftige Mahlzeit zuzuführen. Bezeichnend ist auch, dass die Gute Seele ständig etwas zu essen braucht, weil sie durch den Verzicht auf tierisches Eiweiß wenig Substantielles zu sich nimmt, so dass immer ein nicht gestillter Appetit befriedigt werden möchte.
Nimmt diese Angstvariante überhand und mündet in psychiatrische Formen, befürchtet die Gute Seele bis hin zum Zwanghaften, andere Menschen zu verletzen, und zwar gerade die, die ihr lieb und teuer sind. Sie hat Angst in der Nähe von Messern, räumt alles fort, was zur Hieb- oder Stichwaffe dienen
1. Auflage
Originalausgabe Dezember 2009
© 2009 Arkana, München
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SB · Herstellung: cb
eISBN : 978-3-641-03771-0
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