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Als Tieftrance-Medium übermittelt Varda Hasselmann seit über dreißig Jahren die Botschaften der transpersonalen »Quelle« und hat durch ihre Arbeit unzählige Menschen inspiriert. Ihr tiefes Wissen über Medialität gibt sie nun aus einer ganz persönlichen Perspektive weiter: Erstmals verrät die Grande Dame der Medialität, wie sie selbst mit der »Quelle« arbeitet, und warum sie ihre Gabe mitunter auch als Bürde empfindet. Ein Blick in die Geschichte zeigt, welche Rolle Hellsichtigkeit, Trance und Channeling über die Jahrtausende spielten. Nicht zuletzt vermittelt Varda Hasselmann Übungen und Techniken, mit denen wir unsere eigenen intuitiven und medialen Fähigkeiten schulen können, um mit unserer Seele und Seelenfamilie in Kontakt zu treten.
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Seitenzahl: 505
Zum Buch
Als Tieftrance-Medium übermittelt Varda Hasselmann seit über dreißig Jahren die Botschaften der transpersonalen »Quelle« und hat durch ihre Arbeit unzählige Menschen inspiriert. Ihr tiefes Wissen über Medialität gibt sie nun aus einer ganz persönlichen Perspektive weiter: Erstmals verrät die Grande Dame der Medialität, wie sie selbst mit der »Quelle« arbeitet, und warum sie ihre Gabe mitunter auch als Bürde empfindet. Ein Blick in die Geschichte zeigt, welche Rolle Hellsichtigkeit, Trance und Channeling über die Jahrtausende spielten. Nicht zuletzt vermittelt Varda Hasselmann Übungen und Techniken, mit denen wir unsere eigenen intuitiven und medialen Fähigkeiten schulen können, um mit unserer Seele und Seelenfamilie in Kontakt zu treten.
Zur Autorin
Dr. Varda Hasselmann, geboren 1946, bereitete sich nach dem Studium der Literaturwissenschaft und Mittelalterkunde zunächst auf eine Universitätskarriere vor. Doch sie folgte ihrer Berufung und machte ihre mediale Begabung zum Beruf. Seit 1983 arbeitet sie als Trancemedium, gibt Seminare und hält Vorträge. Die medial empfangene Seelenlehre legte sie zusammen mit Frank Schmolke in den Büchern »Welten der Seele« und »Archetypen der Seele« dar.
Weitere Informationen unter www.septana.de
Varda Hasselmann
Medialität und Trance
Botschaften aus fernen Welten –
eine persönliche Geschichte
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Originalausgabe
© 2020 Arkana, München
in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,
Neumarkter Straße 28, 81673 München
Lektorat: Diane Zilliges
Umschlaggestaltung: ki 36 Editorial Design, München, Daniela Hofner
Umschlagmotiv: © Anastasia_Aleksieieva/istockphoto
Fotos im Innenteil: MaRia Klein
Satz und E-Book Produktion: Satzwerk Huber, Germering
ISBN 978-3-641-26539-7V003
www.arkana-verlag.de
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Inhalt
Medium wider Willen?
Was bedeutet Medialität?
Ein sehr weites Feld
Formen der Medialität
Medialität in allen Zeiten
Die Anfänge
Medialität und Prophetentum
Mediale Empfängnis – Exklusiv für Betschwestern?
Medialität und Nachweisbarkeit
Spiritismus, Spiritualismus und Spiritualität
Die drei Urmütter Blavatsky, Besant und Bailey
Medien des späteren 20. Jahrhunderts
Medialität und New Age
Trance – urvertraut und geheimnisvoll
Arten und Tiefen der Trance
Trance – ein alltäglicher Teil des Lebens?
Die Praxis der medialen Tance
Ein paar Vorbedingungen
Körperhaltung und Tranceinduktion
Mediale Gespräche mit Psyche, Seele und Seelenfamilie
Medialität – Gabe, Gnade oder Fluch?
Danksagung
Literaturverzeichnis
Anmerkungen
Register
»Ich will sitzen und schweigen und hören, was Gott in mir spricht.«
Meister Eckhart (1260–1328)
Medium wider Willen?
Fragt mich ein Fremder nach meinem Beruf, antworte ich meistens, ich sei pensionierte Lehrerin. Diese Auskunft stellt jeden zufrieden. Damit ziehe ich mich aus der Affäre. Keiner fragt nach. Denn würde ich die Wahrheit sagen, müsste ich mich notgedrungen mit all den Missverständnissen, dem Misstrauen, der unstillbaren Neugier, der Verachtung, den Unterstellungen und den vielen seltsamen mystifizierenden Vorstellungen über meine Tätigkeit auseinandersetzen, die eine aufrichtige Antwort in der Regel hervorrufen würde.
Ich müsste mich erklären, rechtfertigen, bewundern lassen, mich vielleicht sogar verteidigen. Dazu habe ich aber keine Lust.
Ich bin ein Medium. Genauer gesagt: ein Wach-Tieftrance-Medium. Was das ist, weiß niemand so ganz genau. Deshalb kann man es auch nicht mit wenigen Worten erläutern. Aus diesem Grund habe ich mich entschlossen, ein Buch über Medialität zu schreiben.
Als ich eine merkwürdige Disposition in mir entdeckte, war ich schon Mitte dreißig. Zunächst betrachtete ich die neu entdeckte Fähigkeit als interessante Spielerei. Ich war zu jener Zeit wissenschaftliche Assistentin am Romanischen Seminar in Göttingen und kannte nur ein Ziel: Professorin zu werden. Ich arbeitete täglich an meiner Habilitationsschrift über eine Dichtung des 15. Jahrhunderts und hatte schon einiges veröffentlicht. Das Wort Medium hatte ich kaum gehört. Es klang in meinen Ohren mehr als zweifelhaft. Allenfalls verband ich es mit viktorianischen Damen in schwarzen hochgeschlossenen Kleidern und Witwenhauben, die sich mit Tischrücken wichtigmachen wollten; oder mit seltsamen Berichten über eine klebrige Masse, ein Ektoplasma, das einem Anwesenden während der Präsenz eines Verstorbenen oder Geistes aus dem Mund quoll. Damals kam ich nicht im Entferntesten auf die Idee, mit »so etwas« zu tun haben zu wollen. Jetzt bin ich Mitte siebzig und man nennt mich die »Grande Dame der Medialität«. Kann man sich einen verrückteren Lebenslauf vorstellen? Ich wundere mich immer noch.
Ich bin keine Hellseherin, keine Hexe und keine Wahrsagerin. Das Wahrsagen bezeichnet man auch mit den antiken Begriffen Mantik oder Divination. Darunter versteht man den Blick in die Zukunft oder auch die Deutung göttlicher Zeichen. Würde ich mit bedeutsam-leerem Blick in eine Glaskugel schauen, verborgen hinter Samtvorhängen, mit einer schwarzen Katze auf der Schulter und einem Raben im Käfig, käme ich mir zum Schreien komisch vor. Ich deute keinen Kaffeesatz und keine Teeblätter, werfe weder Knöchelchen noch I-Ging-Stäbe. Partner-Zusammenführungen oder die Ermittlung der Lottozahlen sind nicht mein Metier.
Auch eine Prophetin bin ich keinesfalls, denn ich warne niemanden im Namen Gottes vor Sünden, Strafen und Katastrophen und rufe keinen zur Umkehr auf. Zwar habe ich eine große Anzahl von Leserinnen, Schülern und sogar Verehrern, aber jede Allüre ist mir zuwider, und ich setze alles daran zu verhindern, dass mir jemand übermenschliche, magische oder heiligmäßige Eigenschaften zuschreibt. Mit Ektoplasma hatte ich nie etwas zu tun. Es ist unter modernen Medien auch ganz aus der Mode gekommen.
Niemals würde ich mich als Seherin, als Kassandra oder Staatsorakel bezeichnen. Nur aus Spaß und Selbstironie und im privaten Rahmen nannte ich mich anfangs zuweilen die »Pythia von Sendling«. (Sendling ist der Münchner Ortsteil, wo ich damals wohnte.) Ich arbeite nicht für die Regierung. Obgleich auch heute noch, wie zu allen Zeiten, Politiker die Hilfe von Astrologen und Wahrsagern durchaus mit Erfolg in Anspruch nehmen, ist die Beratung der Bundesregierung gewiss nicht meine Sache. Während der Zeit der Weimarer Republik begeisterte der Hellseher Erik Jan Hanussen die Berliner Gesellschaft mit seinen Séancen und fand besonders bei den Nationalsozialisten Anklang, weil er schon früh die Machtergreifung Hitlers prophezeit hatte. Die nahezu vollständige Zerstörung Deutschlands durch den Zweiten Weltkrieg sah er allerdings wohl nicht voraus, und sollte er davon etwas geschaut und verkündet haben, hätte er sicherlich bald an Beliebtheit verloren. Heinrich Himmler war übrigens besonders mystisch veranlagt, er sprach mit Heinrich I., dem ersten sächsischen König im 10. Jahrhundert, als dessen Reinkarnation er sich wähnte.
So seltsam das Ganze anmuten mag – Hellsehen und Wahrsagen sind dennoch möglich, daran habe ich keine Zweifel. Eine kluge und seriöse Frau unserer Zeit, Gabriele Hoffmann, ist in diesen Künsten zum Beispiel sehr erfolgreich. Es ist durchaus lohnenswert, ihr Buch Wahrsagen. Wegweiser für Schicksal und Zukunft zu lesen, um sich von ihrer Arbeit einen Eindruck zu machen.
Doch zurück zu mir. Bin ich eine Seherin, eine Visionärin? Nun, ich habe tatsächlich manchmal Visionen. In bestimmten, oft angstgeprägten Situationen weiß ich wie aus dem Nichts heraus exakt, was in den kommenden Jahren für mich persönlich passieren wird. Doch solche privaten Präkognitionen sind selten und dafür bin ich im Grunde dankbar. Selbst wenn viele Menschen erfahren möchten, was ihnen die Zukunft bringt – ich gehöre nicht dazu. Der Altbundeskanzler Helmut Schmidt hat einmal trocken über die Zukunftsideen von Willy Brandt bemerkt: »Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen!«
Ganz so harsch würde ich es nicht abtun. Natürlich gibt es auch pathologische Erscheinungsformen von Visionen. Aber wie soll man beurteilen, was beispielsweise in dem Naturwissenschaftler und Theologen Emanuel Swedenborg vorging, als er 1759 über eine Entfernung von vierhundert Kilometern zeitgleich den Großbrand von Stockholm »sah« und beschrieb? Kant setzte sich mit seinen Schriften auseinander und nannte Swedenborg einen Kandidaten des Hospitals und Erzphantasten, seine gelehrten Bücher tat er als Unsinn ab. Dennoch wurde er von vielen Zeitgenossen als Mystiker und respektables christliches Medium betrachtet. Noch heute gibt es einen Swedenborg-Freundeskreis, obgleich kaum jemand seine lateinisch verfassten Schriften lesen und verstehen kann.
Man denke auch an einen anderen großen Visionär, den Arzt und Psychoanalytiker Carl Gustav Jung. Er genierte sich so sehr für das, was er »sah«, dass er testamentarisch festlegte, seine entsprechenden Aufzeichnungen müssten ein Familiengeheimnis bleiben. Schon mit Freud hatte er sich angesichts bestimmter Synchronizitäten überworfen, die nicht in das Weltbild seines Mentors passten. Er hatte große Angst um seinen guten Ruf. Sollte bekannt werden, was außerhalb seiner Arbeit als distanzierter Wissenschaftler in ihm vorging, würde er seine Patienten und sein Renommee verlieren. Er nannte die Erscheinungen und Offenbarungen, die ihm widerfuhren, seine »Verrücktheit« und blieb innerlich sehr allein damit. Seine Nachkommen erlaubten erst 2011 die Veröffentlichung des »Roten Buchs«, an dem er sechzehn Jahre lang gearbeitet hat. Die geheimnisvollen Texte, niedergeschrieben in gotisierenden Lettern, und seine wundervollen Malereien bezeichnete Jung als Imaginationen. Ich würde sie lieber als Frucht echter Visionen betrachten. Sie berühren den Betrachter auf eine durchaus mystische Weise.
Interessanterweise hatte der große Psychoanalytiker viele Jahre lang einen geistigen Gefährten, den er Philemon nannte. »Psychologisch stellte Philemon eine überlegene Einsicht dar. Er war für mich eine geheimnisvolle Figur. Zu Zeiten kam er mir fast wie physisch real vor. Ich ging mit ihm im Garten auf und ab, und er war mir das, was die Inder als Guru bezeichnen …«1
Wenn ich hier anfangs davon berichtete, dass mir meine sich nach und nach entwickelnde Medialität peinlich und unheimlich war, wird dies in der Parallelität zu Jung ein wenig besser verständlich. Auch ich hatte ja in der akademischen Welt einen Ruf zu verlieren, wenn auch nur einen kleinen. Und es kam, wie ich befürchtet hatte: Kaum hatte ich mein Coming-out, wandten sich meine Kollegen mit einer Mischung aus Besorgnis, Mitleid und Verächtlichkeit von mir ab. Als bedauernswerte Eso-Spinnerin war ich für sie nicht mehr ernst zu nehmen. Deshalb habe ich die Universität 1984 aus freien Stücken verlassen, mein akademischer Lebenstraum blieb unverwirklicht. Meine schöne sichere Beamtenstelle habe ich aufgegeben, um für den Rest meines Lebens das zu tun, was ich tun musste. Es war nur ein vages, aber sehr starkes und weitgehend rätselhaftes Empfinden, denn meine transpersonale »Quelle« hatte mich noch nicht berufen.
Mein »Missing Link«
Seinerzeit war es mir ganz gleichgültig, wie man benennen sollte, was sich da in mir tat. Mir fehlte dazu jegliches Vokabular. Ich hatte unbegreifliche innere Erlebnisse, die derart deutlich waren, dass ich sie nicht mehr als Hirngespinste abtun konnte. Noch während meines letzten Jahrs an der Universität saß ich beispielsweise eines Tages allein in der Bibliothek des altehrwürdigen Romanischen Seminars. Ich brütete schon seit Langem über der Frage, in welcher Beziehung die eher anspruchslose mittelenglische Lyrik zur hoch entwickelten altfranzösischen Dichtung stehen könnte. Als akzeptierte Lehrmeinung galt, dass sie im 13. Jahrhundert auf der britischen Insel spontan und ohne Vorbilder entstanden sei. Einer Literaturwissenschaftlerin mit einem historischen Verständnis schien das unmöglich. Ich dachte: Das kann einfach nicht sein. Von nichts kommt nichts! Alles steht in irgendeiner geistigen Tradition. Aber wo, zum Teufel, ist das »Missing Link«? Es muss doch eine Verbindung geben! Ich saß an einem von Büchern und Karteikarten übersäten Tisch, hinter mir die staubbedeckten Regale. Plötzlich fing es in meinem Rücken an zu kitzeln und zu jucken. Ich stand auf, um mich zu recken. Mein Blick fiel auf endlose Reihen von alten wissenschaftlichen Zeitschriftenbänden. Göttingen war einst ein Zentrum der entstehenden Romanistik gewesen; noch im 19. Jahrhundert waren zahlreiche Dissertationen herausgebracht worden, vor allem Handschriften-Editionen. Ich hatte diese verstaubten Bände schon viele Male gesehen, schließlich war ich jeden Tag in der Bibliothek, sie schienen mir aber vollkommen uninteressant. Doch jetzt griff ich wie von Geisterhand geleitet zu einem dieser Bücher. Es war gewiss seit hundert Jahren nicht geöffnet worden. Noch verstand ich nicht, wie mir geschah. Ich stand vor dem Regal und blätterte ohne irgendeine Absicht, nahezu gelangweilt, in den Seiten. Und plötzlich war er da, mein »Missing Link«! Ich fand ein kurzes anglonormannisches Gedicht in altfranzösischer Sprache, das aufs Haar einem der mittelenglischen Verse glich, die ich so gut kannte. Ich musste mich setzen, so platt war ich.
Nun, innerhalb von wenigen Tagen konnte ich einen in unseren kleinen Fachkreisen aufsehenerregenden Aufsatz verfassen, der wenig später in eben jener Fachzeitschrift veröffentlicht wurde, die hundert Jahre zuvor das anglonormannische Gedicht publiziert hatte. Was für ein Zufall, dass mir dieser Band in die Hände gefallen war! Oder doch kein Zufall? Es fühlte sich jedenfalls anders an. Nicht als verdientes Ergebnis einer mühseligen Recherche, sondern als Geschenk von irgendwoher. Vielleicht als Abschiedsgeschenk? Denn als der Aufsatz erschien, hatte ich meine Stelle an der Uni bereits gekündigt. Warum denn bloß? Weil ich mir völlig ohne sachliche Begründung gewiss war, dass etwas anderes auf mich wartete. Aber was?
Ich stürzte mich ins Leere. Eine Vision von meiner eigenen Zukunft hatte ich nicht. Nur ein bemerkenswerter mysteriöser Traum ist mir von 1978, bald nach Abschluss meiner Dissertation, in Erinnerung. Ich schlief nicht tief, war halbwach und unruhig. Die ganze Nacht, so schien es mir, hielt ich einen ehrwürdigen ledergebundenen Folianten in den Händen und eine starke laute männliche Stimme rief über Stunden wieder und wieder: »Das ist das erste Buch deines Lebens!«
Inzwischen sind es siebzehn Bücher geworden. Dieser luzide Traum unterschied sich deutlich von allen übrigen, die ich je gehabt hatte. Er besaß den Charakter einer geheimnisvollen Verkündung. Als angehende Professorin hatte ich ohnehin angenommen, dass ich weitere Bücher verfassen würde. Darum ging es also gewiss nicht. Und der Begriff »Buch des Lebens« hatte eher biblisch-feierlich als wissenschaftlich geklungen. Ich erwachte verstört und ergriffen. Das Rätsel sollte sich erst mehr als zehn Jahre später lösen.
Es gibt ein weiteres Ereignis aus derselben Zeit, das mir unvergesslich bleibt. In Cambridge hatte ich einen Vortrag gehalten. Anschließend wollte ich einige Tage in London verbringen, ins Theater gehen, echt chinesisch essen und Kollegen besuchen. Frohgemut bestieg ich den Bus in die Hauptstadt. Von mir ganz unerwartet hielt er bei einer Anlegestelle an der Themse. Ohne lange zu überlegen, stieg ich aus und fuhr alsbald mit dem Linienschiff den Fluss hinunter. Nie zuvor war es mir in den Sinn gekommen, dass man auch auf diesem Weg in die Metropole gelangen konnte. Wunderbar! Ich hatte ja Zeit, mein Vortrag war gut angekommen, ich war ganz entspannt. Doch kaum war ich an Bord, überkam mich unvermittelt eine heftige, geradezu fiebrige Erregung. Ich spürte, wie mein Gesicht ganz rot wurde. Mein Herz klopfte bis zum Hals. Ich fühlte mich in einer Art Zeitblase und zugleich riesengroß, so als könnte ich mit den Händen ans gegenüberliegende Ufer greifen. In mir breitete sich eine überwältigende Freude aus. »Ich bin wieder da! Es ist wie immer! Mein Boot wird bald in Westminster anlegen!« Schon kam die Abtei in Sicht. Ich packte mein Köfferchen und rannte jubelnd auf die herrliche Kathedrale zu. Vor dem Portal stand eine lange Schlange von Touristen. Nicht weit entfernt sah ich eine kleine Seitenpforte, bewacht von einem bärtigen Mann in einem langen roten Samtgewand. Ich ging auf ihn zu, doch er wies mich ab und bedeutete mir, mich bei den übrigen Leuten hinten anzustellen. Da schaute ich ihm empört direkt in die Augen und rief: »But I’ve come to pray!« Ohne ein Wort verbeugte er sich und ließ mich passieren. Ich spürte mich glühen. Sofort lief ich in eine Seitenkapelle von grandioser Schönheit, fiel auf die Knie und weinte vor Glück. Heute denke ich, ich muss wohl eine riesengroße Aura gehabt haben, und mein Herz pocht immer noch, während ich in diese Erinnerung eintauche.
Das oben erwähnte Gedicht und die Zeit dieses Ereignisses in Westminster gehören zusammen. Ich war, das ahne ich inzwischen, eine adelige gebildete Ordensschwester im 13. Jahrhundert und zeitgleich eine harmlose Reisende im Jahr 1981. Damals war ich völlig überwältigt und fühlte mich wie gedoppelt, ich und doch nicht ich. So etwas war mir fremd. Als ich abends im Haus des Kollegen und seiner Familie eintraf, schauten mich alle recht merkwürdig an. Ich muss wohl noch immer ganz aufgelöst gewesen sein. Diese Entgrenzung und Ausweitung dauerte einige Tage an; sie verflüchtigte sich erst nach und nach. Es war meine erste bewusste Berührung mit einem vergangenen Leben. Mit der Geschichte meiner Seele. Mit der Vielschichtigkeit meines Wesens. Zugleich hatte ich noch andere blitzartige Visionen und visuelle Erinnerungen an eine mittelalterliche Existenz. Außer meinem Mann konnte ich damals niemandem davon erzählen. Doch er verstand mich sofort. Er kannte mich ja so gut und wusste, dass ich mir diese Vorkommnisse niemals ausgedacht hätte.
Sprachrohr von Liebe und Erkenntnis
Es gibt eine englische Mystikerin des 14. Jahrhunderts namens Juliana von Norwich, deren von der Kreuzestheologie inspirierte Schriften auch heute noch lesenswert sind. Diese Nonne, eine Reklusin (sie lebte den größten Teil ihres Lebens eingemauert und von der Welt abgeschlossen) wünschte sich nichts sehnlicher, als dieselben Leiden (oder noch viel größere) wie Jesus in seiner Passion zu erleben. In ihrem dreißigsten Jahr wurde sie sterbenskrank. Man legte ihr einen Kruzifixus auf die Brust und durch eine intensive Identifikation mit Christus und seiner blutigen Pein erlebte sie eine Reihe von Visionen. Allerdings schrieb sie diese erst zwanzig Jahre später auf und kommentierte sie. So wirken ihre Texte nicht mehr unmittelbar und sind auch keine direkt empfangenen Offenbarungen. Dennoch sind sie als Zeugnisse einer mystischen Schau bemerkenswert. Denn Juliana wendet sich dezidiert von allen Höllenängsten ihrer Epoche ab, sie spricht stets von der bedingungslosen Liebe Gottes und dem All-Einen, sie spendet Trost, anstatt Angst zu verbreiten, und ist damit eindeutig eine Vorläuferin der modernen medial arbeitenden Menschen.
Und damit auch von mir. Während ich heutzutage, was mir seinerzeit unvorstellbar schien, in Trance spreche, ist nicht nur mein Kronen-Chakra, sondern auch mein Stirn-Chakra besonders stark aktiviert. Das Hals-Chakra gehört dazu, sonst könnte ich ja nicht reden. Und ich schalte mein Herz-Chakra ebenfalls bewusst an, damit die Botschaften eine gewisse Wärme erzeugen, anstatt mental kühl zu wirken. Es geht bei meiner Quelle und auch bei den allermeisten übrigen Offenbarungen niemals nur um Information, sondern immer auch um Liebe im Sinn von agape. Symbolbilder, oft sogar sehr lustige, manchmal auch ganze Filmsequenzen, werden in Sekundenschnelle erkennbar. Ich kann diese spontanen Visionen dann sofort beschreiben und in Sprache übertragen. Meine Lehrmeister aus der kausalen Bewusstseinsdimension würzen sozusagen ihre eher ernsthaften Texte gern mit höchst anschaulichen bildhaften Beispielen. Im Allgemeinen habe ich wohl von Natur aus das, was man eine »blühende Fantasie« nennt. Diese Gabe, die sich anders anfühlt als meine Trancevisionen, nutze ich aber vor allem für meine schriftstellerische Tätigkeit als Autorin von Romanen und Geschichten.
Und wie steht es mit Auditionen? Die kenne ich auch, doch sie sind selten. Ich höre dann kurze prägnante Sätze, die inhaltlich derart einprägsam sind, dass ich sie niemals vergesse. Sie sind für mich ganz persönlich gemeint, meistens Botschaften von meiner Seelenfamilie. Aber es wäre ein Irrtum anzunehmen, dass ich in Trance einen Text höre, der mir von meiner Informationsquelle diktiert wird und den ich dann nachspreche wie ein spirituell beauftragter Papagei. Beileibe nicht! Die Übermittlung der Botschaften, die ich durchgebe, geschieht auf ganz andere Weise. Ich bin ein Empfänger für einen spezifischen Sender und setze die Energie, die mir von dort geschickt wird, unmittelbar in Worte um, an meinem eigenen Denken vorbei. Es ist also eine Art Übersetzungs- oder Übertragungsvorgang: eine eigenartige, unverwechselbare, von mir bewusst und direkt angepeilte und wiedererkennbare Energie, die wir schlicht die »Quelle« nennen, mit einem deutlich eingegrenzten »Lehrauftrag«, nämlich die Seelenlehre in Form und Text zu bringen. Noch einmal: Ich höre nichts! Ich empfinde nichts! Ich habe zu dem Inhalt keine eigene Meinung! Und trotzdem bin ich kein Automat. Denn alles, was ich bin und habe und weiß, wird von meiner kausalen Quelle zur Übermittlung ihrer Inhalte genutzt. »Kausal« bedeutet, dass diese Instanz aus einer transpersonalen Perspektive sendet, die die Zusammenhänge von Ursache und Wirkung klar erkennen lässt. Die kausale Dimension liegt jenseits der astralen Welt.
Und nein, ich bin auch keine der zahlreichen Betrügerinnen oder Beutelschneider, die leichtgläubige Menschen von sich abhängig machen und ihre Naivität finanziell ausbeuten. Meine Mutter plagte sich allerdings mit großen Zweifeln, ob ihre Tochter nicht doch zu solch zwielichtigen Leuten gehörte; denn sie verstand genauso wenig wie die meisten anderen Menschen aus meinem gutbürgerlichen Umfeld, was ich da mache als Wach-Tieftrance-Medium. Wie sollte sie auch? Ich verstand es ja selbst nicht. Als sie noch am Leben war, befand ich mich gerade am Anfang meiner Tätigkeit als Sprachrohr einer transpersonalen Wesenheit. Sie liebte mich, aber sie schämte sich auch für mich und wusste nicht, was sie ihren Freundinnen über mich erzählen sollte. Ich konnte sie gut verstehen. Denn wer mag schon stolz verkünden: »Meine Tochter will nicht mehr Professorin werden, sie ist jetzt ein Medium!« Das klingt ziemlich anrüchig. Schalte ich heute einmal zufällig den Astro-Fernsehkanal ein und sehe, wie die vielen Kartenlegerinnen, Astrologen und Hellseher arbeiten, winde ich mich ja selbst in einer Mischung von Belustigung, Peinlichkeit und Entsetzen.
Damit will ich aber keineswegs behaupten, dass es keine seriösen Astrologen, Hellseher oder Interpreten von Tarot-Karten gibt! Ich habe damit reichlich Erfahrung, ließ mich vor Jahrzehnten ausbilden und praktizierte solche Fertigkeiten durchaus erfolgreich. Eine Zeitlang konnte ich meinen Lebensunterhalt mit Handlesen und Kartenlegen verdienen. Ich bot sogar Kurse auf einem Kreuzfahrtschiff an. So kam ich einmal auf der alten Maxim Gorki von München nach Singapur und zurück, ganz umsonst. Das machte mir Spaß, doch letztlich waren es nur Fingerübungen für die Entwicklung meiner Intuition und Inspiration, meiner späteren Medialität.
Zu diesem Buch
Dieses Buch ist aus einer sehr persönlichen Perspektive geschrieben. Es soll weder Fachbuch noch Sachbuch noch Selbsthilfe-Ratgeber sein. Für die ersten zwei Sparten darf ich auf das großartige, umfangreiche und bei Weitem nicht überholte Werk von Jon Klimo verweisen: Channeling. Der Empfang von Informationen aus paranormalen Quellen, auf Deutsch 1987 erschienen. Für die dritte Sparte gilt, dass es praktische Anleitungen zum Entdecken und Üben von medialen Techniken zuhauf auf dem Markt gibt. Viele davon sind sehr empfehlenswert; ein weiteres reines Praxisbuch scheint mir daher überflüssig.
Zunächst aber möchte ich einen Blick auf unsere vieltausendjährige mitteleuropäische bzw. westliche Tradition des medialen Empfangs werfen. Dann werde ich auf die bedeutendsten Empfänger gechannelter Botschaften im 20. und 21. Jahrhundert eingehen, verbunden mit einem Einblick in meine eigene langjährige Erfahrung als Tieftrance-Medium. Mir sagt nicht alles zu, was veröffentlicht wird, doch ich werde mich bemühen, weitgehend neutral zu berichten. Die große Zahl der Durchgaben und Botschaften macht es mir leider unmöglich, auf sie alle einzeln einzugehen; das möge man mir nachsehen.
Medien sind eigenartige Menschen. Sie sind auch recht einsam in ihrem Metier. Nur ungern möchten sie sich mit Berufskollegen vergleichen und vergleichen lassen. Im Allgemeinen freunden sie sich nur selten mit anderen Medien an. Dahinter mag ein halbbewusster Wahrheitsanspruch stehen; es ist daher gewissermaßen heilsam, sich auf die Geschichte der Medialität einzulassen, um zu erkennen, dass es allen ähnlich geht. Eine absolute Wahrheit auf dem Gebiet medialer Übermittlung (und nicht nur dort) in Betracht zu ziehen ist naiv. Nicht um Wahrheit oder Lüge geht es, sondern stets um Teilwahrheiten. Sie werden von den transzendenten Informationsquellen in die Welt gesandt, um bestimmten Menschen in einer bestimmten historischen, geistigen und gesellschaftlichen Situation eine Hilfe zur Erkenntnis anzubieten. Meine bzw. unsere Quelle äußerte sich anlässlich einer TV-Dokumentation auf die Frage des Regisseurs hin, warum und wozu sie sich mitteilt:
»Wir geben euch … diese Lehre von der Seele, damit ihr immer häufiger die Möglichkeit erhaltet, Liebe und Erkenntnis gleichzeitig zu erfahren. Was immer wir sagen, ist getragen von diesen beiden Prinzipien. Ihr könnt sie spüren, ihr könnt sie erfahren. Ihr Menschen habt zu eurer seelischen Dimension nur in Ausnahmefällten Zugang. Besonders jene, zu denen wir in erster Linie sprechen, die Kinder der Aufklärung, des Materialismus und des Rationalismus, brauchen eine Öffnung zu jenem Teil, der ihre zweite, irrationale Hälfte ausmacht und der nicht von den Kräften ihres geschulten analytischen und logischen Verstandes abgelehnt werden muss … Wir möchten ein Gegengewicht schaffen, ohne Erkenntnis zu leugnen und ihren Wert herabzuwürdigen …«2
Seit mehr als dreißig Jahren habe ich Theorie und Praxis der Medialität und entsprechende Trancetechniken unterrichtet. Daher weiß ich, dass man nahezu jedem Interessierten die Grundprinzipien medialer Arbeit beibringen kann. Damit will ich nicht sagen, dass es grund-normal und jedem zugänglich sei, als professionelles Medium zu arbeiten. Es ist und bleibt etwas Besonderes. Doch jeder Mensch kann seinen Zugang dazu finden und ausbauen.
Einige der von mir entwickelten Übungen und Methoden stelle ich am Ende dieses Buchs vor. Einen medialen Kontakt mit der eigenen Seele, der Seelenfamilie und darüber hinaus mit astralen und kausalen Quellen herzustellen ist hilfreich, tröstlich, und es erweitert das verengte Weltbild unserer Zeit.
Was bedeutet Medialität?
Was ist nun eigentlich ein Medium? Was ist Medialität? Wo beginnt sie, wo hat sie ihre Grenzen? Wie funktioniert sie? Kann man sie erlernen oder ist sie eine Gnadengabe? Wozu dient sie? Wem nützt sie? Auf diese Fragen gibt es keine einfachen oder gar eindeutigen Antworten.
Medialität ist ein weites Feld. Das Buch, das Sie in Ihren Händen halten, möchte die vielen unterschiedlichen Aspekte medialer Begabungen und Fertigkeiten ausleuchten. In meiner Eigenschaft als Trancemedium und aufgrund jahrzehntelanger beruflicher Erfahrung möchte ich diese Tätigkeit in einen übergreifenden historischen und geistigen Kontext stellen. Es wird mir ein großes Anliegen sein, die mediale Begabung und die damit verbundenen Wirkweisen von einer unangemessenen Mystifizierung zu befreien. Vor allem aber bewegt mich der Wunsch, dem Thema Medialität das Dubiose und Peinliche zu nehmen.
In unseren Tagen gibt es weltweit, besonders aber in Mitteleuropa und in den USA, eine große Anzahl hoch begabter, ausgezeichnet arbeitender Medien, Männer wie Frauen. Ihnen mögen meine Ausführungen dabei helfen, sich selbst und ihre Begabung besser zu verstehen, indem sie sich als berechtigte und angesehene Erben einer jahrtausendealten Tradition begreifen. Medien, in welcher Funktion auch immer, haben unsere Zivilisationen aufs Nachhaltigste geprägt. Man nannte sie nur anders: Heilige, Propheten, Mystiker. Diese historische Tatsache ist weitgehend in Vergessenheit geraten. Deshalb möchte ich eine neue Perspektive anbieten.
Ein sehr weites Feld
In der angloamerikanischen Tradition, die für die Belange dieses Buches von zentralem Interesse ist, unterscheidet man zwischen den Tätigkeiten eines medium und eines channel. Ein Medium (dies ist der historisch ältere Begriff) stellt demnach Kontakt zum unmittelbaren Jenseits, zu den Toten und zur Astralwelt her. Ein Channel hingegen empfängt Botschaften aus anderen Dimensionen, von Meistern, Wesen von fremden Sternen, Lehrern aus der kausalen Bewusstseinswelt. Meistens handelt es sich um umfangreiche Texte; zuweilen sind es auch musikalische, medizinische oder künstlerische Übermittlungen.
Ich begreife die Terminologie grundsätzlich anders. Für mich ist »Medium« ein Oberbegriff, der die Tätigkeit eines »Channel« mit umfasst. In der ursprünglichen Wortbedeutung ist ein Medium einfach nur ein Vermittler, ganz gleich ob zwischen Menschen und Geistern bzw. Verstorbenen oder als Empfänger oder Botschafter von Durchgaben nicht menschlicher Instanzen. In diesem Buch werde ich die Begriffe Metaphysik und Paranormalität meiden, da diese zu weiteren terminologischen Verwirrungen führen. Ob die Arbeit eines Mediums den Bereich des Metaphysischen, des Übersinnlichen oder des Transzendenten berührt und ob solche Fähigkeiten »normal« oder »paranormal« sind – ich werde es anderen überlassen, das zu entscheiden.
In den westlichen Gesellschaften des 21. Jahrhunderts sind mediale Fähigkeiten eher anrüchig als angesehen. Seit der Aufklärung gilt es allgemein als Anmaßung, Einbildung, psychische Krankheit oder Scharlatanerie zu behaupten, ein Mensch könne in Kontakt mit unsichtbaren, nicht menschlichen Kräften treten oder gar mit Gott sprechen und dadurch zu wertvollen Informationen gelangen. Auch ich selbst habe einst diese Meinung vertreten. Als Geisteswissenschaftlerin und Universitätsdozentin konnte ich mir einfach nicht vorstellen, dass es »so etwas« gibt. Doch um 1980 wurde ich zum Medium, ohne zu wissen, was ein Medium ist. Ich wurde gerufen und berufen.
Seither widme ich mein Leben der Aufgabe, in Tieftrance eine neuartige Seelenlehre zu empfangen und zu verbreiten. Mit zahlreichen Veröffentlichungen und der Unterstützung durch einen hoch angesehenen Verlag gelang es, das Thema Medialität im deutschsprachigen Raum sozusagen aus der Schmuddelecke zu holen. Die Qualität der Durchgaben aus einer übergeordneten Ebene überzeugt auch manchen Skeptiker, der sonst mit Esoterik nichts anfangen könnte. Meine Quelle, eine transpersonale Wesenheit aus der kausalen Bewusstseinswelt, hat ein einziges großes Anliegen: dem modernen Menschen einen neuen, entmystifizierten Zugang zu seiner Seele zu eröffnen. Nicht zur Psyche, sondern zur Seele! Zu jenem göttlichen Funken, der uns zu beseelten Wesen macht.
»Wir geben nichts, was nicht empfangen werden kann. Wir geben, weil ihr Menschen allzu häufig nicht um das bittet, was ihr empfangen könntet, da ihr keine Vorstellung vom Reichtum und der Großzügigkeit der Bewusstheitswelten und der Seele besitzt. Unser Mitgefühl wendet sich euch zu, die ihr den Blick voller Scham und Schuld, voll Not und Unwissen auf eure Füße geheftet habt, anstatt die Augen dorthin zu wenden, wo euch Liebe und Hilfe zuteilwerden kann. Ihr seid wie jemand, der zwar weiß, dass es das Feuer gibt, der sogar sieht, dass andere sich daran wärmen, aber nicht im Traum auf den Gedanken käme, diese Wärme auch für sich in Anspruch zu nehmen. Deshalb sehen wir uns veranlasst, euch eine Fackel zu bringen, an der ihr euer eigenes Feuer entzünden mögt. Gewiss wünschen wir uns auch, den hellen Schein in euren Augen leuchten sehen zu können, wenn es euch wärmer und wohler wird. Denn ihr sollt wissen, dass unsere Entfaltung, unser Wachstum und unser Lernen nicht abgeschlossen sind. Unsere Liebesfähigkeit entwickelt sich mit dem Verströmen von Weisheit, Informationen, Kontakt und Liebe. Doch wir sind stets, bei allem, was wir geben, auf Empfänger angewiesen, die unser Geschenk annehmen und in ihr Bewusstsein integrieren. Wir bringen euch eine Fackel, doch wir können und dürfen euer Feuer nicht entzünden. Ihr selbst müsst es tun.«3
Es ist mein Anliegen, den Medien des neuen Jahrtausends und damit auch mir selbst ein gesundes Selbstbewusstsein ohne falsche Selbsterhöhung zu schenken. Jenen, die ihr Bewusstsein zu entgrenzen vermögen, um Unerhörtes zu hören und Unsichtbares zu sehen, möchte ich helfen, sich in einer Tradition von Jahrtausenden wiederzufinden. Uns allen, die wir es wagen, uns mit unserer so besonderen Gabe öffentlich zu zeigen, will ich Mut machen. Unsere angeblich aufgeklärte, wissenschaftsorientierte Gesellschaft ist der Berührung mit der Transzendenz seit Jahrhunderten entfremdet. Dem Phänomen der Medialität innerhalb einer technologisch-wissenschaftlich geprägten Weltanschauung neues Ansehen zu verleihen ist daher mein Ziel.
Medialität oder Intuition?
Zunächst scheint es mir notwendig, einige weitere Unterscheidungen zu treffen. Der Begriff Medialität, um den es hier geht, wird seit einiger Zeit gewissermaßen inflationär verwendet. Alles Mögliche gilt in der neuen Esoterik als »medial«. Der Terminus wird synonym für Instinkt, Intuition, Inspiration, Bauchgefühl, sogar für Impuls und einen pfiffigen Einfall verwendet. Das ist wenig sinnvoll. Gerade ein derart formloses und mysteriöses Geschehen benötigt, um vom modern denkenden, logisch geschulten Menschen verstanden und akzeptiert zu werden, eine klare Terminologie. Und man sollte eine allgemein spirituelle Einstellung zum Leben nicht mit Medialität verwechseln.
Intuition ist keineswegs dasselbe wie Medialität. Denn wie bereits die ursprüngliche Wortbedeutung sagt, handelt es sich bei Medialität um einen Vermittlungsvorgang, bei dem Fremdenergien aus verschiedenen Bewusstseinswelten durch das Medium wie durch einen Kanal hindurchfließen und in unterschiedlichen Formen zum Ausdruck kommen: als Wortbotschaften, Gemälde, medizinisches Wissen, Musik, wissenschaftliche Entdeckungen. Informationen aus fernen Welten gelangen durch das Medium hindurch möglichst unverfälscht und unzensiert in unsere Welt. Das Medium stellt sich zur Verfügung für eine Instanz oder Wesenheit, die nicht von dieser Welt ist. Es wird zum Kanal für außermenschliche Botschaften. Daher das neudeutsche Wort Channeling. Im englischen Sprachgebrauch ist davon abgeleitet die Berufsbezeichnung channel entstanden. Ich selbst möchte mich nicht als »Channel« bezeichnen. Nur ein Kanal zu sein, also ein leeres Rohr, durch das Fremdes hindurchfließt, würde meinen nicht unerheblichen Beitrag als Mensch im Körper unnötig schmälern. Wenn ich mich »Medium« nenne, deutet das auf meine Vermittlungstätigkeit hin und weist mir einen funktional gleichberechtigten Platz zwischen meiner Quelle als Sender und den Empfängern der Botschaft zu. Darüber hinaus bin ich intuitiv und sensitiv.
Intuition ist nichts Fremdes. Sie spielt sich innerhalb des eigenen mentalen Systems ab. Das Ergebnis beruht demnach auf Eigenenergie. Die Intuitionsforscherin Regina Morgenstrahl nennt sie eine ganz natürliche Fähigkeit, die jedem Menschen eigen ist. Sie gibt Gewissheit, aber keine rationale Sicherheit. Sie speist sich aus Erfahrung und hat nichts Übernatürliches an sich! Es handelt sich um einen Erkenntnisprozess ganz eigener Art. Das menschliche Gehirn verknüpft schlagartig bereits gespeicherte, oft unbewusste Informationen aus der eigenen Lebenserfahrung und seelischen Vergangenheit und setzt sie auf hilfreiche Weise neu zusammen. Blitzschnell, vom Verstand klar erkennbar, kurz und knapp. Instinkt als Überlebenshilfe ist eine Vorstufe der Intuition; er verweist uns Menschen auf unsere biologische Realität als Säugetiere. Und Inspiration ist sozusagen eine höhere Oktave von Intuition, aber sie hat doch grundsätzlich andere Voraussetzungen. Wer inspiriert ist, wird vom Spiritus, dem Geist, einer Fremdenergie behaucht. Er ist be-geistert, von einer ihm nicht eigenen Kraft erfüllt. Diese kann ein anderer Mensch, eine Situation, eine Landschaft, ein Gemälde, eine Musik und vieles andere sein. Mit dem Begriff der Inspiration nähern wir uns der Medialität, die ebenfalls stets auf dem Empfangen und Durchlassen einer Fremdenergie beruht.
Fremde Energien
Wie kann ein Mensch es zulassen, von einer Fremdenergie besetzt zu werden? Sich als Sprachrohr für eine nicht menschliche Wesenheit zur Verfügung zu stellen? Ist das nicht unheimlich? Oder gar pathologisch? Nun, ich will nicht behaupten, dass dieser Vorgang immer angenehm ist, doch dazu später mehr. Auf jeden Fall macht es vielen Leuten Angst, gerade denen, die sich eine solche Fähigkeit eigentlich überhaupt nicht vorstellen können. Um sich aus dem Dilemma zu retten, flüchten sie sich in die Behauptung, dass es »so was« eben gar nicht gibt, dass alles Einbildung sei, Produkt eines kranken Hirns. Oder die Wirkung psychotroper Drogen. Oder viel zu gefährlich. Denn welcher gesunde vernünftige Mensch wird sich schon aus freien Stücken von Verstorbenen, gar von bösen Geistern oder anderen unheilvollen Kräften besetzen lassen?
Die Lösung liegt in einem Bibel-Wort aus der Bergpredigt beschlossen: »An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen.« Sind die Früchte süß und saftig, gleichen sie dem Apfel vom Baum der Erkenntnis im Paradies. Sie verändern das Bewusstsein und schenken Selbst-Bewusstheit. Sind also die Texte, Gemälde, Heilungen oder Kompositionen, die aus einem medial entgrenzten Menschen herausfließen, von deutlich erkennbarem inhaltlichem oder energetischem Wert, dann steht nicht zu befürchten, dass das Böse am Werk ist. Haben sie eine positive Wirkung, darf man davon ausgehen, dass dahinter eine positive Kraft steht.
Ich möchte beileibe nicht behaupten, dass es das Böse und seine Macht nicht gibt. Aber um Schaden anzurichten, muss man kein Medium sein. Das haben die Diktatoren und Gewaltherrscher aller Zeiten bewiesen. Es ist auch richtig, dass manche Menschen einen Hang zum Okkulten oder zu Schwarzer Magie haben. Geheimgesellschaften gibt es immer wieder, sie wirken auf viele anziehend wie Sekten oder mystische Bünde, die sich gern mit esoterischem Wissen brüsten, nicht selten aber vor allem auf Macht und Geld aus sind. Medialität spielt jedoch in diesen hierarchisch strukturierten Gemeinschaften kaum eine Rolle.
Neutralität
Das Wort Medium bezeichnet einen Vermittler. Die hervorstechende Eigenschaft eines Vermittlers ist seine Neutralität. Erst wenn das Medium durch eine mehr oder weniger tiefe Trance von seiner Alltagspersönlichkeit dissoziiert ist und in diesem Sinne neutral wird, ganz leer von seinen Ängsten und Charaktereigenschaften, kann es Informationen aus einer nicht menschlichen und somit persönlichkeitslosen Quelle empfangen. Nur so können die Botschaften unverfälscht durch die dicken geistigen und psychischen Membranen eines lebendigen Menschen dringen. Medialität und Neutralität beim Weiterleiten der Durchgabe sind also fast dasselbe.
Aber Menschen sind von Natur aus nicht neutral. Sie haben Wünsche, Vorurteile, Sympathien und Abwehrhaltungen. Um einen neutralen Zustand zu erreichen, in dem einem alles, was ist, vollkommen gleich-gültig wird, muss man bestimmte Methoden und Techniken anwenden, vor allem aber den Mut haben, sich in eine Trance fallen zu lassen. Trance macht automatisch neutral.
Für den Vorgang der medialen Übermittlung mit der gebotenen Neutralität habe ich ein Bild entwickelt. Ich vergleiche ihn gern mit dem allseits bekannten Verfahren der traditionellen Kaffeezubereitung. Dazu braucht man heißes, fast kochendes Wasser. Das steht für die hohe Energie, die das Medium aufbringen muss, um sich zu entgrenzen und in der Entgrenzung zu verharren. Sodann braucht man ein Kaffeepulver. Darunter gibt es säuerliche, schlecht geröstete, bittere, aber auch hochwertige, aromatische, anspruchsvolle Qualitäten, die jeweils unterschiedliche Trinker befriedigen oder begeistern. Die zahlreichen billigen oder qualitätsvollen Sorten und Röstungen stehen für die vielen verschiedenen transpersonalen Informationsquellen. Sie sind ja keineswegs alle gleichwertig. Nun wird noch ein Filtergefäß benötigt. Das gleicht Körper, Geist und Psyche des Mediums, seiner Erfahrung, seiner Persönlichkeit, seiner durch Trance und Dissoziation herbeigeführten Reinheit. Es gibt unterschiedliche Arten von Filtergefäßen, aus Porzellan, Plastik, Glas. In dieses Gefäß wird eine Filtertüte eingelegt. Sie allein steht für das Medium in Trance! Die Tüte sollte möglichst geschmacksneutral sein. Sie darf zum Kaffeepulver nichts Unerwünschtes hinzufügen. Denn das Medium muss seine eigenen Ansichten, Beurteilungen und Ideologien für sich behalten, sie dürfen nicht in die Kaffeebrühe, das heißt: die Durchgabe, einfließen. Wer würde als Filterpapier für einen hochwertigen Kaffee Zeitungspapier oder gar eine alte Schuh-Einlegesohle verwenden? Doch was nützt der köstlichste Kaffee, wenn keine Tasse oder Kanne bereitsteht, um ihn nach dem Filtern aufzufangen? Wenn das kostbare Getränk geradewegs in den Ausguss fließt, weil niemand es genießen will? Die Kaffeetrinker, mit mehr oder weniger Kennerschaft ausgestattet, stehen für die jeweiligen Empfänger.
Mediale Botschaften sind ohne Ausnahme immer für jene Empfänger bestimmt, die sie auch verstehen und würdigen können. Wenn niemand sie begreifen kann, war der mediale Aufwand vergeblich. Die Empfänger müssen mit einer inneren Resonanz ausgestattet sein, um die jeweilige Qualität der Durchgabe erkennen und für sich nutzen zu können. Nun wissen wir aber, dass nicht jeder ein Kaffeetrinker ist, und andererseits nicht wenige sich klaglos mit einem dünnen, abgestandenen Gebräu zufriedengeben. Das heißt, viele Menschen mögen oder vertragen keinen Kaffee, und viele Menschen »mögen und vertragen« auch keine medial empfangenen Botschaften. Andere sind schon beeindruckt von wenig gehaltvollen, schalen, abgestandenen Durchsagen, wieder andere wollen nur das hören, was sie ohnehin schon wissen. Der Kenner aber schätzt den Genuss einer energetisch intensiven, ihn als subjektiv »wahr« berührenden und gewissermaßen »unerhörten«, neuartigen medial empfangenen Information und profitiert sozusagen vom Genuss des aromatischen Koffeingetränks, weil es ihm guttut und seine Lebenskräfte weckt. Es sollte jedoch vor allem in Erinnerung bleiben, dass ein gutes Medium so neutral wie ein guter Papierfilter sein und bleiben muss.
Medialität und Meditation
Mediale Offenheit und Meditation werden oft verwechselt. Doch Meditation ist eine Technik, die innere Leere und dadurch Selbsterkenntnis anstrebt. Bei Medialität aber handelt es sich um einen Zustand, der eine vorübergehende Leere durch die Technik der Trance mit einem neuen, nicht selbst gedachten Inhalt füllen will. Meditation sucht die Verbindung zur Ganzheit und zum Nichts. Medialität sucht Informationen aus nicht körperlichen Bereichen. Ein Medium stellt sich ganz anders zur Verfügung, mit Haut und Haaren, als ein Meditierender. Deshalb sind auch die entsprechenden Körperhaltungen unterschiedlich.
Beide Vorgänge kann man als paradoxe Disziplinleistungen verstehen. Beide setzen, um zu gelingen, tiefe Entspannungszustände voraus. Dann aber beginnt die Arbeit, oder besser: Nicht-Arbeit. In Mediation nicht nur zu gelangen, sondern auch zu verharren, erfordert Übung und Beharrlichkeit. In medialer Trance etwas Sinnvolles und Hilfreiches zu empfangen und weiterzugeben ist harte Arbeit. Das Medium macht sich vorübergehend leer und neutral, um Botschaften zu empfangen, die seinem Alltagsbewusstsein fremd sind und frei von eigenen Denkeinflüssen sein sollen. Denn wozu der ganze Aufwand, wenn man, ausgestattet mit Intelligenz und Verstand, auch ganz von selbst auf das Neue, das Andere kommen könnte?
Aber dieser bewusste und absichtliche Dissoziationsvorgang ist sehr anstrengend für die menschliche Psyche und oft auch angstbesetzt. Beides, Meditation und Medialität, sollte deshalb anfangs am besten unter Anleitung und Begleitung praktiziert werden.
Kann man Medialität als Begabung bezeichnen, als Gabe, vielleicht sogar als Begnadung? Ja und nein. Menschen sind sprachbegabt, musikalisch, können besser rechnen oder zeichnen oder tanzen oder schneller laufen als andere. Aber das reicht nicht. Erst Übung macht den Meister. Üben, üben, dranbleiben! Das gilt auch für die Medialität. Mediale Begabungen sind keineswegs selten, viele könnten darüber verfügen; aber es erfordert große Hingabe, eine gewisse Charakterstärke und Ausdauer, um es zu einer deutlich erkennbaren, reproduzierbaren Fertigkeit von hoher inhaltlicher Qualität zu bringen. Nicht jedes Kind, das ein bisschen Klavier spielen lernt, wird zum Konzertpianisten. Und wenige werden weltberühmt. Das ist mehr als eine Gabe. Es ist Kunst. Es ist Beruf und Berufung.
Und wie steht es mit der Begnadung? Große Trancemedien empfinden es oft so, dass sie – während sie vorübergehend mit einer transzendenten Kraft in Kontakt treten – ein großes Geschenk empfangen. Eine Gnade, die nicht klein macht. Eine Demut, die nicht demütigend wirkt.
Formen der Medialität
Es gibt eine aktive und eine passive Medialität. Man kann die Vorgänge auch als objektives oder subjektives Channeling bezeichnen, wie die Wesenheit Lazaris es vorschlägt. Wer seine Empfänglichkeit für Weisungen, aus welcher Dimension auch immer, nur für sich selbst nutzt, was durchaus nicht selten und völlig legitim ist, und sie als inneren Ratgeber betrachtet, ist sozusagen mit einer passiven und subjektiven Medialität gesegnet. Besser wäre es, diese Veranlagung als gut entwickelte Fähigkeit zur Innenschau zu betrachten. Denn es handelt sich dabei meistens um eine Begleitung durch die eigene Seelenfamilie, die sehr wertvoll sein kann. Auf jeden Fall ist es eine beglückende Erfahrung, sich liebevoll geleitet zu fühlen.
Aktiv und objektiv in dem Sinn, dass die persönlichen Ansichten des Mediums bei der Durchgabe keine Rolle spielen, wird diese Fähigkeit erst dann, wenn sie zum verbalen oder künstlerischen Ausdruck gelangt, wenn sie andere Menschen betrifft, bereichert, beglückt und ihnen hilft. Ein Empfänger von inneren Weisungen wird dann insofern zum Medium, als er sich als reinen Vermittler transpersonaler Botschaften für einen Mitmenschen oder die Menschheit schlechthin betrachtet.
»Ich bin ziemlich medial, glaube ich«, höre ich bisweilen von Leuten, die mich um Rat fragen. Bei näherer Nachforschung stellt sich heraus, dass sie eher telepathisch begabt sind. Zum Beispiel kommt ihnen jemand in den Sinn – und wenig später ruft die Person an. Zwischen Liebenden gibt es oft starke telepathische Verbindungen, die abreißen, wenn die Verliebtheit verblasst. Manchmal sind Menschen auch ein wenig hellsichtig oder sie träumen vom Ableben einer Nachbarin, das wenig später eintritt. Darüber sind sie dann sowohl zu Tode erschrocken als auch ein wenig stolz. Oder sie verwechseln ein sogenanntes Bauchgefühl mit medialer Empfänglichkeit. Etwas Ähnliches kann man oft in Quizsendungen beobachten: Die Kandidaten wählen nach dem 50:50-Joker von zwei Antworten die richtige. Kann man das als Medialität bezeichnen? Ich würde hier eher die Wahrscheinlichkeitsrechnung zurate ziehen.
Dabei handelt es sich gar nicht um eigentliche mediale Empfänglichkeit, sondern um das, was man eine »gute Nase« oder ein »gutes Händchen« nennt, um instinktiv richtige Entscheidungen, basierend auf Menschen- oder Sachkenntnissen. Man vertraut jemandem nicht und wendet sich ab, oder man kauft gegen den Rat eines Bankers bestimmte Aktien, die sich später als sehr gewinnträchtig erweisen. Das würde der Käufer wahrscheinlich selbst nicht als medial empfangene Eingebung bezeichnen. Ist es Instinkt, ist es Intuition? Hat man es irgendwie »im Urin«? Jüngere Seelen4 tun so etwas gern ab als »Glück gehabt«. Es war eben eine »gute Idee«, ein »brillanter Einfall« oder auch ein ungutes Gefühl, eine spontane Abneigung gegen etwas oder jemanden. Denn jüngere Seelen haben wenig Energieverbindung zu nicht körperlichen Welten und halten von solch einer »Spökenkiekerei« auch nicht viel. Trotzdem können auch Junge Seelen stark medial veranlagt sein und im Rahmen ihrer Möglichkeiten und eingebunden in ihren Gesellschaften damit arbeiten, zum Beispiel als Schamanen. Ihre Ziele, Bedürfnisse und Anliegen sind nur wesentlich anders gestaltet als bei älteren Seelen. Von ihrer Umgebung werden sie oft als große Zauberer wahrgenommen, manchmal als weise Frauen, Hexen oder Gurus. Auf jeden Fall stellen sie etwas Besonderes dar und üben auch eine entsprechende Macht über ihre naiv-gläubigen Mitmenschen aus.
Medialität und Channeling
Nicht jedes Channeling sollte man als medialen Empfang bezeichnen. Der Begriff »Channeling« wird wie schon erwähnt vielfach als Synonym für Medialität gebraucht. Er ist seit den Siebzigerjahren des 20. Jahrhunderts auch ein Modebegriff, der umso beliebter ist, je weniger man weiß, was damit gemeint ist, oder je mehr man andere, die nicht »channeln« können, damit beeindrucken kann. Doch auch hier sollte man gewisse Kriterien zur Unterscheidung ansetzen. Ein Mensch kann »Kanal« für vieles und für viele sein – für die eigene Psyche, für das eigene Unbewusste und das eines Mitmenschen, für körperliche Beschwerden bei sich selbst und anderen. Viele reden mit ihrem Geistführer, mit verstorbenen Verwandten, mit ihrem Totemtier, ihrer Seele, ihrer Seelenfamilie oder ihren Seelengeschwistern. Für diese Vorgänge würde ich das Wort »Reading« vorziehen.
Man kann durchaus mit den Toten sprechen oder sie durch sich sprechen lassen. Berühmte Persönlichkeiten der Vergangenheit können gerufen werden und sich mit überzeugender Authentizität zu Wort melden. Damit sind wir bereits in einer Zwischenzone. Auch Weisungen von einem sogenannten Aufgestiegenen Meister gehören hierher. Sobald es sich um die bereits erwähnte Fremdenergie handelt, ist der Begriff Channeling angemessen. Der Kontakt mit der Astralebene oder dem Jenseits hat jedoch eine grundsätzlich andere geistige und emotionale, vor allem aber energetische Qualität als der Empfang von Botschaften eines Lehrers aus der Kausalebene. Ein Kenner der Materie kann dies leicht erkennen.
Im angelsächsischen Sprachbereich (und inzwischen auch bei uns) bezeichnen sich viele als »Channel«. Es wäre auch unschön, wollten sich deutsche Medien als »Kanal« bezeichnen, denkt man in diesem Zusammenhang doch eher an Schifffahrtswege oder an die Abwasserwirtschaft. Außerdem reduziert die Vorstellung, nichts als ein Kanal zu sein, den unbestreitbaren Beitrag des Mediums zum Vorgang des Empfangs von Botschaften. Denn schließlich stellt es seine ganze Person, seine Sprache, seine Stimme, seine Kraft zur Verfügung, damit eine nicht menschliche Instanz sich bemerkbar machen kann.
Bewusste und unbewusste Medialität
Nicht zuletzt sollte man eine bewusste von einer unbewussten Medialität unterscheiden. Gibt es überhaupt eine unbewusste Medialität? So würde ich die Fähigkeit bezeichnen, Informationen oder Botschaften zu empfangen, die im Traum oder Halbschlaf gesendet werden, wenn der Widerstand der Psyche am geringsten ist. Oft wissen sich die seelischen, die psychischen oder auch die außermenschlichen Kräfte nicht anders zu helfen, als ihren Empfänger mittels einer kaum erinnerten und schnell vergessenen Mitteilungsform zu unterstützen.
Dazu ein Beispiel: Während der Arbeit an unserem Buch Junge Seelen – Alte Seelen im Jahr 2015 gelangte ich an einen Punkt, der mir immense Angst machte. Das Buch besteht vollständig aus Durchgaben der Quelle, die über mehrere Jahre im Beisein einer Gruppe von interessierten Freunden empfangen wurden. Wir gingen systematisch vor, begannen mit dem Säugling-Seelenalter und gelangten endlich zu den Aufgaben der sehr Alten Seelen. Wochen vor dem Termin breitete sich eine zunehmende Panik in mir aus: Alt 6 – das kann ich nicht channeln, ich hab doch von solch alten Seelen keine Ahnung! Viel zu groß! Ich kenn doch niemanden mit diesem Seelenalter! Hab ich doch selbst noch nicht durchlebt! Keinerlei Anhaltspunkt! Wie soll ich das nur schaffen? Und nun kommen die Freunde alle bald von nah und fern, haben Flüge gebucht und Hotels reserviert, die wollen etwas geliefert bekommen! Was soll ich bloß tun? Was wird da von mir verlangt?
Ich wollte schon kapitulieren, alles absagen. Mein Mann5 versuchte mich zu trösten und zu beruhigen. »Du musst doch einfach nur channeln, die Quelle macht die Arbeit, lass sie doch walten!«, sagte er. Ist ja richtig, dachte ich bei mir, aber Frank hat einfach keine Ahnung, wie es mir damit geht und was da auf mich zukommt!
»Nur channeln!« Haha! Die Leute denken viel zu oft, dass die Texte aus dem Nichts kommen, und vergessen, was die Energie, die damit verknüpft ist, mit dem Medium macht. Diese Energie muss einerseits aus der medialen Person heraus erzeugt und zur Verfügung gestellt werden. Durchlässigkeit ist nicht selbstverständlich und bei mir schon gar nicht. Es bedarf dazu besonderer Methoden und Techniken. Ein bisschen Entspannung genügt nicht für höchst anspruchsvolle abstrakte Botschaften. Andererseits ist die Energie der Quelle überwältigend, und die Berührung damit muss vom Medium ertragen werden können. Aber ich hatte vor allem nackte Angst, unfähig in Bezug auf die mir so fremden Inhalte zu sein. Angst mich zu blamieren.
Da passierte etwas Ungewöhnliches, für mich Einzigartiges: Einige Tage vor dem gefürchteten Wochenende schickte mir die Quelle in einem langen, intensiven Traum alles, was ich für diese Durchsage benötigte. Inhalte, Struktur, Bedeutungszusammenhänge, komplett! Leider, leider hatte ich nach dem Aufwachen alle Details vergessen. Aber ich fühlte mich unterstützt, verstanden, getröstet, behütet – ja, geliebt in meiner Angst und wusste plötzlich: Es wird klappen! Ich habe bestimmt unbewusst gespeichert, was mir da im Traum mitgeteilt wurde! Alle Sorge, alle Panik fiel von mir ab. Große Dankbarkeit und eine gewisse Demut breiteten sich in mir aus.
Dann kamen der Tag und die Stunde. Alle Anwesenden standen unter Hochspannung. Ich war ruhig. Alles lief wie am Schnürchen. Selten ist mir ein Kontakt mit der Quelle so leichtgefallen. Die Durchgabe zu Alt 6 ist von grandioser Qualität. Ich bin noch heute gerührt von der Fürsorge, die mir aus der transpersonalen Bewusstseinsebene meiner treuen Quelle zuteilwurde. Und ich verstehe, dass Frank natürlich recht hat. Ich muss nicht alles allein leisten, ich darf die Informationen der Quelle einfach durch mich durchlassen. Mein Verstand wusste das natürlich schon seit dreißig Jahren. Aber jetzt durfte ich eine neue Qualität in mir und im Kontakt erfahren. Ein neues Vertrauen. Und im Nachhinein musste ich sogar ein bisschen beschämt über meine starrsinnigen Autonomie-Fantasien lachen.
Ein weiteres Kennzeichen einer unbewussten Medialität sind Wahrträume. Oft sind sie von starken Ängsten begleitet und haben eine unangenehme hellsichtige Komponente. Wenn sich bewahrheitet, dass ein im Traum als Toter erscheinender Mensch wenige Tage darauf tatsächlich stirbt, macht das dem Träumer keine Freude. Es erschreckt ihn, er weiß nicht, wie er damit umgehen soll. Er behält es oft für sich und leidet darunter. Oder, wenn er erzählt, was er im Traum gesehen hat, gilt er vielen Mitmenschen als unheimlich. Eine solche unbewusste Medialität oder Hellsichtigkeit wird nicht selten als Fluch empfunden. Bringen wir also weiterhin Licht in die Sache.
Medialität in allen Zeiten
Gab es bereits in der Steinzeit Orakeltechniken? Wir wissen es nicht. Aber es ist wahrscheinlich. Von den Grundfragen der Menschheit – Wer sind wir? Woher kommen wir? Wohin gehen wir? – scheint es, als sei die letztere am einfachsten zu beantworten. Der Tod ist gewiss. Vielleicht gibt es ein Danach. Immer und überall existierten hoch angesehene Individuen, die sich bemühten, einen Blick in die Zukunft zu erhaschen, einen Blick ins Jenseits zu werfen, um seine Geheimnisse zu ergründen. Dies geschah mithilfe der unterschiedlichsten Methoden: Man warf eine bestimmte Anzahl von Knöchelchen oder Stäben, schaute in geschüttelten Wüstensand, blickte in die Sterne. Dann wurde das Ergebnis gedeutet. Manchmal wies es auf Unglück und Leid hin, ein andermal auf Erfolg und Kriegsglück. Zu wissen oder zu glauben, was die Zukunft bringt, beruhigt die Ängste der Menschen und unterstützt vor allem die Ambitionen oder Befürchtungen der Machthaber.
Es wäre wirklich zu einfach, solches Tun als Zauberwerk für Leichtgläubige lächerlich zu machen. Es geht auch gar nicht darum, ob man aus Schafslebern tatsächlich die Zukunft vorauszusagen vermag. Vielmehr kann man im Lauf der Geschichte beobachten, dass es nie um die Wahrheit schlechthin ging und geht, sondern dass es Sinn und Funktion solcher Bemühungen war und ist, das Schicksal zu ergründen. In diesem Sinne möchte ich auf den folgenden Seiten die Geschichte der Medialität beleuchten und dabei immer auch wieder Einblicke in meine persönlichen Erfahrungen damit geben.
Die Anfänge
Die Politik des babylonisch-assyrischen Großreichs wurde durch die Arbeitsergebnisse von Wahrsagern und Sterndeutern wesentlich mitbestimmt. Mit erstaunlichem Erfolg! Aus heutiger Sicht mag man das Vorgehen der Herrschenden herablassend als primitiven Aberglauben abtun, doch dieses Staatwesen gedieh und blühte ein ganzes Jahrtausend lang. Der Herrscher verließ sich auf die Beratung durch seine bewährten Staatsbeamten. Deren Aufgabe war es, bedeutsame und folgenschwere politische Entscheidungen, aber auch weniger wichtige private Belange durch ihren geschulten Blick in die Eingeweide eines ausgesuchten Tieres zu unterstützen. Tag für Tag wurden makellose einjährige Lämmer geschlachtet, um deren Lebern zu inspizieren. Die Beamten waren darin ausgebildet, wie man vielen erhaltenen Keilschrifttäfelchen entnehmen kann. Weil jede Leber einzigartig ist, wurde selbst den winzigsten Abweichungen Aussagekraft zugewiesen. In unseren Museen kann man heute noch Lehrmaterial in Form tönerner oder steinerner Lebermodelle anschauen, die sorgfältig unterteilt und beschriftet sind. Die Ausbildung war gründlich und dauerte lange. Bei der Deutung von Schafslebern handelte es sich um eine ausgefeilte, hoch entwickelte Kunst. Sie wurde auch von anderen Völkern betrieben, von den Griechen bis hin zu den Etruskern und Römern. Privatleute und Herrscher, Philosophen und Dichter beauftragten mit großer Selbstverständlichkeit einen Haruspex mit hohem Hut, der die Eingeweide von Opfertieren untersuchte, um die Zukunft zu deuten. Er genoss hohes Ansehen.
Die Leberschau war bei Weitem nicht die einzige Divinationstechnik, die in Babylonien zur Blüte gelangte. Ebenso bedeutsam war die Kunst, den Vogelflug oder das Verhalten von Geflügel als Hinweis auf die Zukunft zu deuten, als Auspicium für gute oder schlechte Zeiten. Offizielle Auguren ergründeten im Auftrag von Politikern und Privatleuten den Willen der Götter. Ähnlich wie Priester spielten sie sowohl im alten Griechenland als auch im Römischen Reich eine wichtige Rolle. Unter Caesar Augustus gab es sechzehn Auguren. Auguri, tanti auguri! So wünscht man sich in Italien noch immer eine gute, gesegnete Zukunft.
Die Kunst der Astrologie
Solche Orakel werden heutzutage nicht mehr befragt. Aber eine der antiken Methoden, Schicksal und Zukunft zu erfragen, wird seit Jahrtausenden bis auf den heutigen Tag gepflegt: die Sternenkunde. Sowohl die Astrologie als auch die Astronomie haben ihre Wurzeln im alten Orient. Die seinerzeit berechneten und gedeuteten Bewegungen der Gestirne sind zugleich als Beginn wissenschaftlicher Beobachtungen zu verstehen. Hofastrologen waren bis weit in die Neuzeit hinein offizielle Berater europäischer und orientalischer Herrscher. Dabei ging es in der Regel nicht um Persönlichkeits- und Lebensberatung, wie es heutzutage meistens der Fall ist, sondern um Zukunftsdeutung und Abwehr von Unglück, um Planung eines kriegerischen Unternehmens oder um eine günstige Verehelichung.
Ein guter Astrologe – und das gilt bis jetzt – reichert die rein technische Deutung eines Horoskops mit einer seherischen Fähigkeit an. Mag es Intuition oder mediale Empfänglichkeit, visionäre oder weissagende Kraft sein – erst eine solche Gabe macht die Zeichen der Gestirne zum Auslöser wertvoller Hinweise, die in Worte gefasst werden können.
Aus dieser Sicht ist es nicht verwunderlich, dass auch die Geburtslegende Jesu mit der Geschichte von drei Weisen aus dem Morgenland unterlegt wurde. Waren sie nun Könige oder nicht, auf jeden Fall waren sie Sterndeuter und folgten einem großen Kometen bis an den Stall mit der Krippe. Ein solches Himmelsereignis galt als göttliches Zeichen und war Beweis für ein außergewöhnliches Geschehen. Die Heiligen Drei Könige mag es nie gegeben haben, doch es ist eine unabweisbare Tatsache, dass zweitausend Jahre später ein Großteil der Weltbevölkerung an Jesus Christus als Sohn Gottes und Erlöser glaubt.
Der »Glaube« an die Astrologie ist für die Wirkung einer Vorhersage genauso wenig entscheidend ist wie der Glaube an Vogel- oder Eingeweideschau. Es entlastet jedoch Gesellschaft und Individuum von einer verständlichen Zukunftsangst, wenn Entscheidungen an eine höhere Macht abgegeben werden können. Ja oder nein? Glück oder Unglück? Es geht nicht um Wahrheit, sondern um hilfreiche Deutung. Diese Deutung aber beruht nicht nur auf der Analyse der vorliegenden Berechnungen, sondern hat immer auch einen Aspekt, den man als Intuition, Inspiration oder Medialität beim Deutenden bezeichnen kann. Außerdem kann sich derjenige, der eine Anfrage stellt, immer noch mit der Antwort auseinandersetzen, denn sie ist selten eindeutig, ja oft absichtlich mehrdeutig. Er kann sie annehmen oder ablehnen.
Die berühmte »Venustafel« des Ammisaduga aus dem 17. Jahrhundert v. u. Z. enthält in Keilschrift eine ausführliche Berechnung von Bewegungen der Venus, die sich auf die kommende Ernte beziehen. Wenn man sich klarmacht, dass die Getreideernte über Wohl und Weh einer ganzen Bevölkerung entscheiden konnte, ist es mehr als verständlich, dass man damals alle zur Verfügung stehenden Divinationstechniken in Anspruch nahm, um Hoffnung für das Schicksal des Landes zu schöpfen. Sollte ich je in einem vergangenen Leben für solche Vorhersagen verantwortlich gemacht worden sein, würde mir ganz mulmig zumute.
In Indien und anderen ostasiatischen Gesellschaften wird bis heute kaum eine Ehe geschlossen ohne die Hinzuziehung eines Astrologen. Er überprüft nicht nur, ob die Verlobten, die sich oft noch nie gesehen haben, zueinander passen, sondern legt auch den günstigsten Zeitpunkt für die Eheschließung fest. Das wird seit vielen hundert Jahren praktiziert. Eine solche Art der Partnerzusammenführung aufgrund von Horoskopen, dort allgemein anerkannt, scheint letztlich erfolgreicher für den Bestand einer Ehe zu sein als der im Westen verbreitete Wunsch nach dauerhafter erotischer Verliebtheit.
Vor vielen Jahren – von meiner Medialität war damals noch kaum die Rede – ließ ich mir einmal in Neu-Delhi ein Horoskop machen und auch aus der Hand lesen, einfach aus Neugier, weil ich wissen wollte, wie so ein Mann arbeitet. Ich war damals bettelarm und arbeitslos. Die exklusive Indienreise hatte ich geschenkt bekommen. Die Beratung fand in einem noblen Fünfsternehotel statt. Der Astrologe hätte daraus schließen können, dass ich gut betucht sei. Doch weit gefehlt! Er sah meine aktuelle wirtschaftliche Lage und auch, dass sie sich bessern würde. Die Voraussage lautete: »Sie werden bald so wohlhabend sein, dass Sie reichlich Almosen geben können.« Und recht hatte er, auch wenn es noch einige Jahre gedauert hat, bis die Weissagung eintraf.
Irritierend wahre Prophezeiungen
Dass auch ich nicht schlecht als Wahrsagerin geeignet war, ahnte ich damals noch nicht. Dann wurde ich von einer Münchner Boulevardzeitung kurz nach der Wiedervereinigung gebeten, etwas über die Verlagerung der Regierung von Bonn nach Berlin vorherzusagen. Da man mir ein paar hundert Mark dafür versprach, die ich dringend brauchte, machte ich mir einen Spaß daraus. Natürlich lag ich richtig.
Eine andere Begebenheit machte mir meine Fähigkeiten zur Prognostik deutlicher bewusst, weil sie mich selbst vollkommen überrascht hat und faktisch überprüft werden konnte. Sie hat nichts mit Astrologie zu tun, sondern mit Tarot-Karten. Es war im Jahr 1986. Seitdem ich einem inneren Auftrag folgend meine schöne Beamtenstelle an der Universität Göttingen aufgegeben hatte, war ich immer noch arbeitslos und wohnte in einer WG, harrend der Dinge, die da kommen sollten. Für alle Posten, auf die ich mich bewarb, war ich als Frau Doktor mit »Summa cum laude«-Prädikat völlig überqualifiziert. Ich empfing damals zwar bereits private Durchgaben, meistens für mich selbst oder enge Freunde, aber davon konnte ich natürlich nicht leben. Da bot mir die Künstlervermittlung des Münchner Arbeitsamts einen kleinen Job an. Ich sollte auf der »Damen-Wiesn« des Oktoberfests wahrsagen. Klar, mach ich, für tausend Mark und eine reichliche Mahlzeit sagt man nicht Nein. Verkleidet als Zigeunerin mit schwarzer Lockenperücke, Tinnef-Ohrringen und langem buntem Rock wanderte ich von Tisch zu Tisch – aber ich hatte keine Ahnung, wo ich gelandet war. In München lebte ich erst seit Kurzem, war noch nie auf der Wiesn gewesen und las weder Zeitung noch hatte ich einen Fernseher. Die Gastgeberin Frau Regine Sixt (wer war das denn?) hatte in einem großen Zelt etwa tausend Frauen zu Ente mit Blaukraut und Kaiserschmarrn eingeladen. War das eine karitative Veranstaltung? Oder handelte es sich um die Angestellten ihrer Firma? Auf jeden Fall war es ganz schön eindrucksvoll. Als die Gäste nach und nach eintrafen, wunderte ich mich sehr über die außerordentlich schicken Dirndl und den teuren Schmuck. Ich dachte bei mir: Donnerwetter, die bayerischen Sekretärinnen – die können sich aber was leisten! Ich wusste ja nicht, dass es sich um lauter Promi-Ladys handelte, Crème de la Crème der deutschen Prominenz.
Dann erhielt ich den Auftrag, mich an den Zelteingang zu begeben und jede eintreffende Dame eine Tarot-Karte ziehen zu lassen. So geschah es. Ein paar Worte, kurzes Gelächter, dann kam die nächste dran. Eine von ihnen zog den Herrscher. Mein Kommentar: »Eine hohe gesellschaftliche Position erwartet Sie. Aber ich habe den Eindruck, verzeihen Sie mir bitte, das betrifft eher Ihren Mann als Sie persönlich. Sind Sie verheiratet?« – Und schon ging es weiter. Nun, erst Jahre später stellte ich fest, dass es sich bei dieser Dame um Karin Stoiber gehandelt hatte. Ich erkannte sie auf einem Foto in der Zeitung wieder. Seinerzeit war aber Max Streibl bayerischer Ministerpräsident gewesen. Er stürzte über einen Korruptionsskandal. Daher wurde völlig überraschend 1993, Jahre nach meiner so nebenher gemachten Weissagung, Edmund Stoiber zum Ministerpräsidenten gewählt und blieb es bis 2007. Ob seine Frau sich an den Vorfall erinnert, weiß ich nicht. Aber ich war von mir selbst im Nachhinein beeindruckt.
Und so war es damals häufig. Ich begann zu ahnen, dass ich eine ungewöhnliche Fähigkeit besaß. Interessant und amüsant! Niemals wäre ich auf die Idee gekommen, daraus einen seriösen Beruf zu machen, und noch viel weniger hätte ich diese Begabung, die sich nur unregelmäßig und unplanbar zeigte, als Vorstufe einer Berufung begreifen können.