Die Sprache der Gärten - Peter Krause - E-Book

Die Sprache der Gärten E-Book

Peter Krause

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Beschreibung

Gärten sind nicht nur Produktionsstätten für Blumen und Gemüse, sondern zugleich Orte der Erholung oder sogar der Kunst. Beispielhaft werden in Text und Bild der Umweltkulturpark in Dortmund und der Chinesische Garten in Bochum vorgestellt. An beiden Orten lässt es sich üben, der Natur mit liebevoller Aufmerksamkeit zu begegnen. Vorab lässt ein geschichtlicher Exkurs nachvollziehbar werden, dass und wie der Mensch seinen Platz auf Erden gefunden und sich im Laufe der Zeit auch eine Gartenkunst entwickelt hat. Darin geht es um einen Umgang mit der Natur, der am vordergründigen Nutzen nicht besonders interessiert ist, sondern der seelisch berühren will. So ist die Geschichte des Gärtnerns auch eine der sich hier und da besonders entfaltenden Schönheit. Das vorliegende Buch vermittelt einen Eindruck davon.

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INHALT

Vorwort von Declan Kennedy

Einleitung

I. Allgemeines

1. Mutter Natur

Vom Wunder des Lebens

Der Mensch und die Natur

Das Ganze und die Teile

Der Mensch und sein Garten

2. Der Garten

Entstehung und Entwicklung der Gärten

Der Garten als Abbild der Welt

Gärten der Zukunft

3. Der Erlebnisraum

Der künstlerische Prozess

Gemeinsame Entwicklung von Mensch und Natur

II. Der Umweltkulturpark in Dortmund

1. Zugang zum Konzept der Permakultur

Rückkehr zum Natürlichen

Lebendige Vielfalt und Kooperation

Der Tanz mit der Natur

2. Der Park in Dortmund

Leben und lernen in der Natur

3. Fotografien von Roman Jäkel vom Umweltkulturpark in Dortmund

III. Der Chinesische Garten in Bochum

1. Zugang zum Konzept Chinesischer Gärten

Von den Ursprüngen chinesischer Gartenkunst

Natur als Quelle der Offenbarung

Den Garten erleben

2. Der Garten in Bochum

Im Pfirsichblütenland

3. Fotografien von Roman Jäkel vom Chinesischen Garten in Bochum

Nachweis der Zitate

Literaturverzeichnis

Die Autoren

VORWORT

(von Declan Kennedy)

GRÜNPLANUNG IM RUHRGEBIET 1975 BIS 1995

Vor 50 Jahren, 1972, begann ich in der TU Berlin mit ökologischer Stadt- und Siedlungsplanung zu arbeiten, ab 1981 nach Permakultur-Prinzipien. Damals war es vergebliche Mühe, über solche Konzepte mit Vertretern der Gemeinderäte oder -verwaltungen zu diskutieren. Ich wurde oft als ökologischer Spinner bezeichnet, die Begriffe „Ökologie“ und sogar „Umwelt“ mussten jedes Mal definiert werden, von dem Begriff „Permakultur“ ganz zu schweigen. Ich galt im Fachgebiet städtische Ökologie als fundamentalistisch.

Heute ist es anders. Ich bin meinen überkritischen Stempel los und finde, dass die ökologische Erneuerung zurzeit sehr rasch erfolgt. Das hat mit der UNO-Umwelt-Tagung in Rio 1992 zu tun, mit der daraus resultierenden Agenda 21 und mit den danach in Auftrag gegebenen Klimagutachten. Die partizipierenden Regierungen, allen voran die Bundesrepublik Deutschland, haben sich 1992 in Rio verpflichtet, nach den 21 Punkten der internationalen Klimakonferenz Aktionspläne zur Entwicklung und Verbesserung der Umwelt auszuarbeiten. Dabei entstanden neue Begrifflichkeiten wie „umweltfreundliche Entwicklung“ und „umweltfreundliche Planung“ und parallel dazu wurde die Schönheit durch Grün in der Stadt propagiert – die ästhetische Komponente des Städtebaus.

In diesem Zug und in dieser durchaus fortschrittlichen politischen Atmosphäre zwischen 1985 und 1995 entstanden zwei Parks im Ruhrgebiet: der UmweltKulturPark in Dortmund und der Chinesische Garten in Bochum. Beide wurden 1986 bzw. 1991 rechtlich gesehen als Ausgleichs- und Ersatzflächen wegen des Baus der dortigen Universitäten konzipiert, der TU Dortmund und der Universität und Fachhochschule Bochum. Es hat fast 20 Jahre gedauert, bis die Forderungen der Studenten der 68er-Revolution nach Chancengleichheit durch den dritten Bildungsweg realisiert wurden.

Hier gab es endlich Innovationen auch bei den Bürgerinnen und Bürgern und den politischen Parteien der jeweiligen Städte.

Die UNO-Agenda 21 enthält eine wichtige Klausel, die in Deutschland zu oft ignoriert wird: Mindestens 60 % aller Anstrengungen sollen auf lokaler Ebene realisiert werden. Das heißt, es gibt ein internationales Direktiv, das die städtischen Regierungen mehr oder weniger zwingt, die Vorschläge und Strategien zu berücksichtigen, die aus lokalen Umweltbelangen entstehen, also z. B. von lokalen Bürgerinitiativen (NGOs) vertreten werden.

Dies ist ein großer Unterschied zu jetzigen zentralistischen Tendenzen. Es setzte nicht nur die ursprünglichen föderativen Gedanken der Bundesrepublik Deutschland um, sondern ging einen Schritt weiter, indem es impliziert, dass die Bürgerinnen und Bürger, also du und ich, diesen fast überwältigenden Auftrag übernehmen. Hierbei helfen vor allem ganzheitliche Konzepte wie die Permakultur.

Einige Konzepte bei der Planung der beiden Parkanlagen:

1. Umweltplanung in Städten – nicht nur für die Menschen, sondern für alle Lebewesen – ist von höchster Wichtigkeit. Dem Chaos folgt die Neuordnung – „chaordisch“ (Dee Hock 1991).

2. Umweltplanung kann durch Permakultur in Parkanlagen unterstützt und die Zerstörung der natürlichen Ordnung über kurzzeitige Entwürfe verhindert werden. Es wird von vielen Umweltpsychologen behauptet, dass ein übertriebenes Interesse an der Schaffung von Monokulturen ein klassisches Zeichen für unterdurchschnittliche Intelligenz ist. Schreckliche Beispiele für den Einfluss von Monokulturen finden wir nicht nur in unserer Umwelt, sondern auch bei Kriegen, in der Ökonomie und oft bei der Moral-Diskussion.

3. Ein umweltfreundlicher Entwurf existiert nur dann, wenn er zwischenmenschlich, naturfreundlich und ökologisch verträglich ist. Er muss menschlich und menschenwürdig und er muss sozial verantwortlich sein. Außerdem muss er die Ästhetik mitberücksichtigen.

4. Der umweltfreundliche Entwurf, auf größere Parks angewandt, braucht die Kooperation von den entsprechenden Regierungskreisen, der Industrie, den Jungunternehmern und der gesamten lokalen Bevölkerung – eine fast unmögliche Aufgabe, heute wie damals.

5. Planer, Architekten und Designer treten meist auf der Stelle, wenn es um die ökologische Antwort geht. Oft warten sie auf Vorgaben von oben (z. B. Ausgleichs- und Ersatzflächen-Verordnung). Hier aber brauchten Dortmund und Bochum ein Entwurfssystem, das auf Ästhetik basiert und im Einklang mit der Natur steht, statt einer modischen Stilanwendung. Zuerst waren Ästhetik und Umweltverträglichkeit zu erfüllen, dann die Aspekte des Stils.

6. Entwurfskonzepte basieren auf spirituell orientiertem Mitgefühl mit dem Planeten, der Umwelt und dem Menschen. Sie vertreten einen tiefen moralischen und ethischen Standpunkt. Dieses erzeugt eine neue Formgebung, einen neuen ästhetischen Ausdruck. Wir brauchen nicht extra danach zu suchen. Sie sind bereits in den Aspekten der chinesischen Gartenkunst und parallel in den Permakultur-Prinzipien vorhanden, nur oft versteckt. Also brauchte es große Flexibilität und Klarheit in unseren Anstrengungen.

In unserer Planung des UmweltKulturParks Dortmund haben wir, meine Frau Margrit und ich, mit Ursula Stein und Henness Semar, 1986 die Interessen der lokalen Bevölkerung möglichst stark berücksichtigt. Die Bedürfnisse, sicher, wertgeschätzt und geliebt zu sein, sind inzwischen Kern der bisherigen menschlichen Erfahrungen mit beiden Parks, obwohl sie auf den ersten Blick vielleicht wie Gegensätze wirken.

Dieser Wunsch nach Sicherheit, Wertschätzung und geliebt Werden hat unsere Aufmerksamkeit nach außen gelenkt. Er ist fast zu unserer zweiten Natur geworden, und sehr lange hat es auf diese Weise gut geklappt.

Nun funktioniert es aber nicht mehr, möchte ich behaupten. Wenn sie ein Streben nach außen bleiben, können die gleichen Maßnahmen unsere Wünsche nicht mehr befriedigen. Sie spiegeln die Überlebensnotwendigkeit vergangener Zeiten. Für die Erfüllung kommen neuerdings eine neue Lebensweise, neue zwischenmenschliche Beziehungen, neue Konzepte im Gemeinwesen in Betracht, die höheren Zielen dienen. Emotionales und spirituelles Wachstum sinwd an der Tagesordnung.

Intakt bleiben unsere städtischen Außenräume in Form von Parks nur durch individuelle Kooperation. Die beiden hier beschriebenen Parks sind das beste Beispiel für Kollaboration, für Zusammenarbeit in einem ganzheitlichen System. Unsere Parks sind unser gärtnerisches Zuhause.

Lernerfahrungen entstehen aus der Schule der Erde – einer riesigen Schule. Alles, was unsere fünf Sinne erkennen können, ist Teil dieser Schule – von dem weitesten Stern bis zur einzelnen Pflanze. Wir sehen, hier in diesem Buch, dass durch Permakultur- und chinesische Parkanlagen-Planung neue Techniken, ja ein neuer Wissensstand praktischer Dinge entwickelt wurde.

EINLEITUNG

Es gibt vermutlich keinen Menschen auf dieser Welt, der nicht schon mal durch die Natur tief berührt wurde. Ob als Kind beim Spielen auf einer Wiese, an einem Bach, im Schnee, im Wald, oder als Jugendlicher beim Träumen in den Sonnenuntergang, vielleicht als Erwachsener bei manchem Spaziergang durch die erfrischende Natur oder während der Arbeit in einem Garten. Der Gelegenheiten sind viele dafür. Und immer ist es mit der Chance verbunden, für das Wunder und die Schönheit des Lebens aufmerksam zu werden.

Bemerkenswert ist trotz allem, dass wir dieses natürliche Berührtsein vornehmlich der Freizeitwelt und dem Zufall zuschreiben. In den Zeiten der Erwerbsarbeit oder der alltäglichen Umtriebigkeit ist es eher selten, dass wir mußevoll über all das staunen was die Natur uns fortwährend vor Augen führt. Das wirft ein Licht darauf, wie separiert von den Quellen allen Lebens wir uns eingerichtet haben. Dabei wäre es mehr als naheliegend, sich der unendlich großen Bedeutung der Natur auch dann bewusst zu sein und zu bleiben, wenn wir in ihr unseren Alltag gestalten.

Die Idee zu diesem Buch entstand mitten in der Corona-Pandemie, die uns Menschen weltweit warnend darauf aufmerksam werden ließ, dass wir unser Verhältnis zur Natur, zur Erde, den Pflanzen und Tieren dringend überdenken müssen. Wie es bisher war, kann und darf es nicht weitergehen. Die offensichtlich schwierige ökologische Lage, in der sich auf Erden alles befindet, können wir aber noch zum Guten wenden, wenn wir unserer Mitwelt gegenüber eine neue Wertschätzung und einen unbedingten Respekt entwickeln.

Die – mögliche und notwendige – Wende beginnt in unseren Gefühlen und der Art unserer Wahrnehmung. Jederzeit lässt es sich üben, der Natur mit liebevoller Aufmerksamkeit zu begegnen, und je besser uns das gelingt, desto feiner werden wir all die Wunder im Leben der Natur empfinden und wahrnehmen. Mit unsrem Buch wollen wir dazu anregen. Sie finden auf den folgenden Seiten darum keine Tipps für die Gartenpraxis, sondern vor allem Anregungen für ein anderes Erleben der Natur. Dafür werden wir Ihnen beispielhaft den Umweltkulturpark in Dortmund und den Chinesischen Garten in Bochum vorstellen. Das sind zwei Orte, an denen auf ganz unterschiedliche Weise wunderbar erlebt werden kann, wie schön, kostbar und vor allem lehrreich die Natur ist. Die Beschreibungen und viele farbige Fotografien laden dazu ein, sich einen Eindruck davon zu verschaffen.

Aber vorher begeben wir uns auf einen geschichtlichen Exkurs, denn dass und wie der Mensch seinen Platz auf Erden gefunden hat, beruht auf der sehr langen Geschichte der Evolution. Darin ist es ein insgesamt gesehen kurzer Abschnitt, in dem Menschen die Erde in Gärten und Landwirtschaften bestellen. Im Laufe der Zeit haben sich die Methoden gewandelt, wurde die Arbeit immer weiter perfektioniert. Dabei trat das unmittelbar ergreifende Erleben der Natur immer mehr in den Hintergrund, weil die Frage nach dem Nutzen den Blick auf das Leben zu dominieren begann. Allerdings hat es auch immer schon eine Gartenkunst gegeben, also einen Umgang mit der Natur, der am vordergründigen Nutzen nicht besonders interessiert ist, sondern der seelisch berühren will. So ist die Geschichte des Gärtnerns auch eine der sich hier und da besonders entfaltenden Schönheit.

Wir würden uns freuen, wenn unser Buch Ihnen Freude bereitet und zu intensiven Naturerfahrungen anregt. Die können dann auf viele Bereiche des Lebens übertragen werden, auch auf solche, in denen es gar nicht im engeren Sinne um Gärten geht.

Peter Krause und Roman Jäkel

I. ALLGEMEINES

I.1 MUTTER NATUR

Bis in die allgemeine Vorstellungs- und Sprachwelt hinein ist die Bezeichnung der Natur als unser aller Mutter bis auf den heutigen Tag präsent geblieben. Es ist eine starke Metapher, die sowohl im uralten kulturellen Erbe wie auch in den tiefsten seelischen Empfindungen der Menschen verankert ist.