Leben in der Todesnähe - Peter Krause - E-Book

Leben in der Todesnähe E-Book

Peter Krause

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Beschreibung

Dieses Buch unternimmt den Versuch, die anthroposophische Sichtweise auf Sterben und Tod in den Kontext der neueren medizinischen Forschung zu stellen. Auf eindringliche Weise konfrontieren sowohl spirituelle Sichtweisen wie auch nüchtern wissenschaftliche Fakten mit der Unausweichlichkeit und Realität des Todes. Dabei gelangt der Autor zu dem überraschenden Schluss, dass bereits Rudolf Steiner den Hirntod als Tod des Menschen aufgefasst habe – eine These, die als Ausgangspunkt einer Debatte und zur weiteren Schärfung der Frage gesehen werden will: Was ist der Mensch? „Wenn wir uns darum bemühen, dem Tod so gut es geht seinen Schrecken zu nehmen, werden wir die Bedeutung und Schönheit des Lebens entdecken.“ (Peter Krause)

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Peter Krause
Leben in der Todesnähe
Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der ­Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet überhttp://dnb.ddb.de abrufbar.
ISBN 978-3-924391-97-3
Erste Auflage 2019
© 2019 Info3-Verlagsgesellschaft Brüll & Heisterkamp KG,
Frankfurt am Main
E-Book-Konvertierung: Ulrich Schmid, de·te·pe, Aalen
Inhalt
1. Vorwort
2. Sterben und Tod
Aspekte der Anthroposophie: Sterben als Prozess des Lebens
3.1 Der Mensch als geistige Entität
3.2 Das Leben in der irdischen und geistigen Welt
3.3 Der Kausalitätsrhythmus
4.1 Der Hirntod als der Tod des Menschen
4.2 Gehirn und Bewusstsein
4.3 Der Tod als „Integral“ der Sterbeprozesse im Leben
5.1 Der Mensch und sein irdischer Leib
5.2 Personales Leben
5.3 Herz-Kreislauf-Atmungsautonomie
Aspekte der Humanmedizin: Sterbeprozess und Todeszeitpunkt
6.1 Der rätselhafte Tod
6.2 Das erforschte Sterben
6.3 Der Weg zum Tod und seine Feststellung
7.1 Altwerden und Sterben
7.2 Das Hirntod-Kriterium
7.3 Das Hirnleben-Kriterium
8.1 Intensivmedizin
8.2 Eingriff in den Sterbeprozess
8.3 Bewusstsein im Sterben
Erwägungen, Fragen und Konsequenzen
9.1 Beginn und Ende
9.2 Das natürliche Sterben
9.3 Der nicht natürliche Tod
10.1 Gefährdetes Leben
10.2 Akzeptiertes Sterben
10.3 Geschenktes Überleben
11.1 Auf das Ende vorbereiten
11.2 Nahtodeserfahrungen
11.3 Vor der Geburt und nach dem Tod
Epilog: Man stirbt nur einmal!
Anhang
13. Danksagung
14. Nachweis der Zitate
15. Literaturverzeichnis
Über den Autor
„Man stirbt nicht,
ohne Zeit gehabt zu haben,
sich damit vertraut zu machen,
1. Vorwort
Jedem Menschen ist es von einem bestimmten Moment an klar, dass seine Lebenszeit auf Erden begrenzt ist. Dennoch wird es meistens als unangenehm empfunden, sich mit dieser Tatsache näher zu befassen. Warum eigentlich?
In den vergangenen 200 Jahren sind Tod und Sterben immer genauer erforscht worden, so dass man heute darüber sehr viel weiß. Und man hat aus dem erworbenen Wissen heraus groß­artige Möglichkeiten entwickelt, um in den Sterbeprozess eingreifen zu können. Durch die Intensivmedizin werden tagtäglich Leben gerettet. Wenn das nicht mehr möglich ist, kann mit den Mitteln und Methoden der Palliativmedizin sehr viel getan werden. Und schließlich können durch die Transplantationsmedizin die Organe Verstorbener schwerkranken Mitmenschen zum Weiterleben verhelfen.
Dennoch stellen all die Möglichkeiten, die mit solchen Interventionen verbunden sind, einen Eingriff in den Gang des Lebens und Sterbens dar, der zu gewichtigen Fragestellungen führt. Was vom Möglichen ist unter welchen Voraussetzungen sinnvoll – und was nicht? Dazu lassen sich die verschiedensten Überlegungen anstellen, was aber nicht von der ganz persönlichen Verantwortung eines jeden einzelnen Menschen ablenken sollte, in den Angelegenheiten des Sterbens und des Todes schließlich frei und selbstbestimmt zu entscheiden. Diesen freien Willen eines jeden Menschen gilt es unbedingt – immer – zu respektieren.
Eine zentrale Rolle nimmt in den folgenden Darstellungen der Hirntod ein. Aufgrund der bis heute gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse gilt er als der Tod des Menschen. Auch Rudolf Steiner hat den Tod, also das Ende der personalen Existenz, mit dem Erlöschen der Hirnfunktionen gleich­gesetzt.
Mir ist bekannt, dass es anthroposophische Ärzte gibt, die dem Hirntod-Kriterium kritisch gegenüberstehen oder es auch gänzlich ablehnen. Obwohl die Ablehnung den Aussagen Rudolf Steiners widerspricht, gibt es aus ihrer Sicht dafür wohl erwogene Gründe. Ebenso sind mir Argumente gegen das Hirntod-Kriterium, wie sie von philosophisch-anthropologischer oder medizinethischer Seite vorgebracht werden, durchaus bewusst. Was im Hinblick auf den Hirntod aus wissenschaftlicher und medizinischer Sicht zum Pro und Contra zu sagen ist, findet sich beispielsweise seriös und gut nachvollziehbar dargestellt in dem BuchHirntod von Prof. Dr. med. Dag Moskopp, das ich hiermit sehr gern empfehle. Um den Umfang dieser Untersuchung nicht übermäßig zu strapazieren habe ich mich entschieden, diese Debatte hier nicht explizit aufzugreifen – wenngleich sich das vorliegende Buch in Teilen auch als Beitrag zu ihr versteht.
Sterbeprozess und Tod leiten nicht selten zu religiösen und spirituellen Empfindungen, Überlegungen und Fragen. Was ist der Sinn der Vergänglichkeit? Gibt es ein Leben nach dem Tod? Was vom eigenen Wesen könnte den Tod überdauern? Führt der Gang des Lebens möglicherweise sogar durch aufeinanderfolgende Erdenleben? Solche Fragen sind nicht weit hergeholt. Immer mehr Menschen denken darüber nach, besonders wenn sie mit dem Sterben, dem eigenen oder dem von Mitmenschen, konfrontiert werden.
In der Anthroposophie finden sich solche Überlegungen ganz ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt. Und es ist überraschend, wie konkret Rudolf Steiner sich dazu geäußert hat, und wie genau manche seiner Ausführungen zu dem passen, was heutzutage auf dem Gebiet der Humanmedizin gewusst und erwogen wird. Darum geht es in diesem Buch.
Herdecke, im Frühjahr 2019
Peter Krause
2. Sterben und Tod
Gestorben wurde und wird schon immer. Jeder Mensch wird irgendwann einmal jenen letzten Abschnitt seines Lebensweges gehen, der ihn in den Tod führt. Niemandem bleibt das erspart. Da es sich beim Tod um jenes Ereignis handelt, das unser bis dahin gewohntes und geliebtes Leben beendet, denken wir meist wenig oder doch nur mit gehörigem Respekt darüber nach. Sterben und Tod konfrontieren uns mit einer Endgültigkeit, die in vielerlei ­Hinsicht herausfordernd ist. Wir werden zu existenziellen Fragen geführt: Wann und wie ereignet sich mein Sterben? Wird es schmerzhaft, vielleicht sogar qualvoll sein? Bin ich mit meiner Lebenszeit gut genug umgegangen? Ist mit dem Tod tatsächlich alles aus und vorbei? Werden die Hinterbliebenen sich gern an mich erinnern?
Dem Tod des Menschen begegnen wir in der Regel bereits, bevor er uns selbst direkt betrifft. Auch das Sterben am Ende eines Lebens nehmen wir schon mehr oder weniger deutlich wahr, bevor auch für uns selbst das Ende naht. Dennoch wissen viele Menschen nicht sehr viel darüber, wie dieser Vorgang abläuft, der uns dem endgültigen Tod entgegenbringt.
Der Weg des Sterbens und der Moment des Todes
Wenn der klinische Tod eingetreten ist, muss innerhalb von Sekunden darüber entschieden werden, ob Reanimationsversuche sinnvoll sind. Der Arzt Sherwin B. Nuland beschreibt:
„Im Zweifelsfall geben die Augen Auskunft. In geöffnetem Zustand sind sie zunächst glasig, der Blick geht ins Leere. Ohne Wiederbelebung verlieren sie innerhalb von vier bis fünf Minuten ihren Glanz und werden stumpf; die Pupillen erweitern sich und bleiben starr. (…) Die Haut hat ihre Spannkraft und ihren natür­lichen Schimmer verloren. Nach einer gewissen Zeit des Herzstillstandes ist das Leben endgültig erloschen. Daran ändern dann auch Reanimationsversuche nichts mehr.“1
Aber erst wenn unwiderlegbare Beweise dafür vorliegen, dass das Gehirn seine Funktion für immer eingestellt hat, kann ein Mensch offiziell für tot erklärt werden. Für diese Feststellung des Todes gelten – besonders in Deutschland – strenge Regeln. Die erforderlichen Untersuchungen werden von erfahrenen Ärzten durchgeführt. (→ 7.2) Nach der Feststellung des Todes dürfen lebenserhaltende Apparaturen abgeschaltet werden, worauf der Herzschlag sofort aussetzt und der Blutkreislauf zum Erliegen kommt.
Im Rahmen des voranschreitenden Zelltodes stirbt das zentrale Nervensystem zuerst, dann weitere Organe bis hin zum Binde- und Sehnengewebe. Das Leben klingt nach dem Eintritt des Todes also langsam, über Stunden hinweg aus. „Einige anaerobe, also ohne Sauerstoff ablaufende Prozesse bleiben noch Stunden nach dem klinischen Tod in Gang: So kann die Leber weiterhin Alkohol in seine Bausteine aufspalten. Dass Haare, Finger- und Fußnägel eines Toten noch eine gewisse Zeit weiterwachsen, ist ein weit verbreiteter Irrtum.“ (Nuland)
Sterben und Tod sind, soviel wir heute wissen,ProzessundMoment. Sie wissen jetzt, dass Sie leben, und irgendwann werden andere wissen, dass Sie tot sind. Um genauer fassen zu können, was zwischen diesen Zuständen geschehen wird, ist es wichtig, dieKriterienund dieDefinitionen bezüglich des Sterbens und des Todes voneinander zu unterscheiden. Wir werden gleich noch genauer darauf schauen, worum es dabei geht und warum das so wichtig ist.
Inwiefern Sterben und Tod als Prozess und Moment verstanden werden können, möchte ich, bevor wir uns detailliert damit befassen, in einem Bild beschreiben: Stellen Sie sich dazu bitte ein Schiff vor, das im Hafen mit dem Steg vertäut liegt und für die Ausfahrt vorbereitet wird. Irgendwann wird die Besatzung damit beginnen die Leinen zu lösen, bis das Schiff keine Verbindung mehr zum Steg hat und aufs Meer hinaus fährt. Nach einer Weile ist das tiefe Fahrwasser erreicht, so dass es von nun an mit voller Kraft voraus weiterfahren kann. Das Ganze ist der Prozess der Ausfahrt aufs Meer, in dem das Lösen der letzten Leine der entscheidende Moment ist.
Übertragen auf das Sterben und den Tod des Menschen wissen wir von einem Prozess, der sich in drei Etappen ereignet, deren natürliche Aufeinanderfolge im soeben wiedergegebenen Zitat erkennbar ist: Sherwin B. Nuland bezeichnet sie als klinischen Tod, Hirntod und Zelltod (entsprechend der Vorbereitung der Ausfahrt, dem Lösen der letzten Leine und dem Erreichen des tiefen Fahrwassers). Dafür wurdenKriterienfür den Tod angewendet, wobei sogleich die Frage nach derDefinition des Todes des Menschen auftaucht. Also: Wann ist ein Mensch denn nun tot? Und: Geht es dabei um den Körper oder/und die Person? Um im eben gewählten Bild zu bleiben: Wann ist die letzte Leine vom Steg gelöst?
Mit diesen Fragen nach einer möglichen Todesdefinition sind wir mitten in jenem Dilemma angekommen, um dass sich gerade angesichts der heute erreichten Fortschritte von Wissenschaft und Medizin so vieles dreht. „Ein Kriterium kann wissenschaftlich be­stätigt oder widerlegt werden. Eine Definition kann hingegen nicht richtig oder falsch sein, nur adäquat oder unzweckmäßig, sinnvoll oder sinnlos; sie bleibt immer weltanschaulichen Ge­sichtspunkten, einer Konvention unterworfen. Es ist daher eine Utopie, zu glauben, in einer pluralistischen Gesellschaft könne eine einheitliche Todesdefinition etabliert werden.“2
Verschiedene Sichtweisen auf Sterben und Tod
Als den Tod kann man, auf zwei Extrempositionen vereinfacht, entweder das Ende jedweden Lebens verstehen oder aber einen Moment, der das eine Leben von einem anderen Leben trennt. Es geht um die Frage ob mit dem Tod „alles aus“ ist oder ob es sich um den Übergang in eine andere Seinsform, in eine andere Form von Leben, handelt? Zwischen diesen beiden Positionen sind zahlreiche Variationen möglich.
Im Zusammenhang mit der Anthroposophie finden sich viele Darstellungen der Prozesse und Ereignisse im Umkreis von Sterben und Tod. Rudolf Steiner hat darüber oft gesprochen und geschrieben, ebenso Menschen, die sich seither mit der anthroposophischen Geisteswissenschaft beschäftigt haben. Im Kern geht es um ein Menschenbild, das ausdrücklich auch mit einer spirituellen Dimension rechnet. Wir wollen uns damit grundsätzlich (→ 3), in Anwendung auf Sterben und Tod (→ 4) und auf das Bild von einem Dreischritt, der das Geborenwerden und Sterben verständlich macht (→ 5) beschäftigen.
Weiterhin wird es darum gehen, wie sich für die Humanmedizin das Verständnis von Sterben und Tod bis dato entwickelt hat (→ 6), was mit Hirntod und Hirnleben gemeint ist (→ 7) und inwiefern in den Sterbeprozess eingegriffen wird (→ 8). Es wird darum gehen, aufzuzeigen, wie sich ärztliche Kunst im Laufe der Zeit entwickelt hat und zugleich darum, wie medizinhistorische Entwicklungen den Blick auf das prozessuale Geschehen des Sterbens geklärt haben.
Schließlich wollen wir uns, jedenfalls ansatzweise, mit ethischen Erwägungen, Fragen und Konsequenzen beschäftigen (→ 9 bis 11), indem wir Aspekte der Anthroposophie und der Humanmedizin gleichermaßen berücksichtigen. Wir werden sehen, welche praktischen Gesichtspunkte sich daraus ergeben.
Aspekte der Anthroposophie: Sterben als Prozess des Lebens
3.1 Der Mensch als geistige Entität
Dass wir Menschen uns selbst als lebendige Wesen begreifen können, ist ebenso erstaunlich wie die Gewissheit, dass dieses große Wunder unserer biologischen Existenz einst in Sterben und Tod vergehen wird. Wir sind uns der Schwellen unseres Lebens bewusst. Kann es darüber hinaus sein, dass es ein Leben außerhalb dieser irdischen Existenz gibt, also etwa eine Herkunft aus einem vorgeburtlichen Leben und eine Zukunft, die sich noch jenseits des Todes ereignet? Als Menschen können wir uns der Erfahrung zuwenden, dass es immer jemanden gibt, der diese Fragen und alle anderen Facetten unseres Lebens erlebt, nämlich uns selbst. Die Möglichkeit dieser Erfahrung macht den Menschen zum Menschen. Kein anderes Lebewesen kann in dieser Form auf sich selbst blicken, kann gleichsam von der Erfahrung des Lebens einen Schritt zurücktreten, um sich schließlich zu fragen: Wer bin ich?
Dieser wichtigsten Lebensfrage begegnet der Mensch in erster Linie nicht durch Forschung und Studium, sondern schlicht durch sich selbst. Das Leben selbst führt jeden Menschen – immer wieder – dazu, sich nach sich selbst zu fragen. Und das lenkt die Aufmerksamkeit in ihrer tiefsten Dimension über die Bereiche der biologischen, familiären oder nationalen Identität hinweg zu einer Erfahrung, die sich im Kern des menschlichen Bewusstseins ereignet. Auf dem Weg dorthin passiert die Aufmerksamkeit allerhand, was im alltäglichen Leben als Ausdruck der Persönlichkeit verstanden wird: die äußere Erscheinung, die Sprache, die Bildung, Fähigkeiten, Erfahrungen, Hoffnungen, Wünsche, das soziale Umfeld, die kulturelle Herkunft und Zugehörigkeit, und so weiter. In all dem lebt ein jeder Mensch, all das ist ihm ein Zuhause, aber all das ist auch vergänglich. Kann der Mensch darüber hinaus für sich beanspruchen, noch etwas ganz anderes als das, nämlich etwas absolut Einzigartiges, Unverwechselbares und Unvergängliches zu sein? Oder erschöpft sich seine Persönlichkeit in dem Leib, in dem er als Mensch der Gegenwart für die Zeit seines Lebens gerade existiert?
Johann Gottlieb Fichte (1762 – 1814) stellte die Erfahrung des Ich ins Zentrum seiner Philosophie. Er schrieb:
„Das Ich setzt sich selbst, und es ist, vermöge dieses bloßen Setzens durch sich selbst; und umgekehrt: Das Ich ist, und es setzt sein Seyn, vermöge seines bloßen Seyns. – Es ist zugleich das Handelnde, und das Produkt der Handlung; das Thätige, und das, was durch die Thätigkeit hervorgebracht wird; Handlung, und That sind Eins und dasselbe; und daher ist das: Ich bin, Ausdruck einer Thathandlung.“3
Die „Tathandlung“ schließt an die Erfahrung der Frage des Menschen nach sich selbst an. Es begegnen sich insofern ein Erkenntnisvorgang und ein Willensakt. Der Mensch erkennt sich selbst und „setzt sein Seyn“. Rudolf Steiner hat mit seiner „Anthroposophie“ genannten Geisteswissenschaft u.a. an die Philosophie Fichtes angeknüpft, insofern er den „Wesenskern“ des Menschen, der in einem dreifach differenzierten Leib existiert als das Ich bezeichnet hat. „Wir müssen uns klar sein, dass wir zunächst in uns haben den geistig-seelischen Wesenskern, den wir zusammenfassen in seinem Mittelpunkt, wenn wir ‚Ich‘ oder ‚Ich bin‘ sagen. Dieser geistig-seelische Wesenskern ist eingebettet in den Astral-, Äther- und physischen Leib. So wie der Mensch jetzt in der Welt lebt, leben wir eigentlich, wenn wir innerlich leben, in unserem Ich; denn alle Seelentätigkeiten sind bei dem wachen Menschen mit dem Ich in irgendeiner Weise verknüpft, erscheinen gleichsam alle auf dem Hintergrunde des Ich.“4
Die Wesensglieder
Die zunächst vielleicht etwas befremdliche Vorstellung von einem mehrfach differenzierten Leib ist kulturgeschichtlich nicht neu, sondern findet sich bereits in früheren Zeiten. ( → 6.1) Sie wird zugänglich, wenn wir uns verdeutlichen, dass und wie wir zum Beispiel in einem Knochen-, Blut- und Nervensystem leben. Jedes dieser „Systeme“ ist für sich verständlich und zugleich vollkommen mit allen anderen Systemen verschmolzen. Die Einheit des Leibes beruht insofern auf einer Vielheit.
Wenn in der Anthroposophie im erweiterten Sinne von „Wesensgliedern“ die Rede ist, sind damit zunächst der physische, der ätherische und der astralische Leib gemeint. Es werden mit diesen Bezeichnungen jeweils besondere Aspekte des leiblichen Lebens benannt. Zum einen sind es die klar zutage tretenden physischen Merkmale unserer Existenz (der physische Leib), dann die Lebenskräfte (der ätherische Leib) und schließlich die Gedanken, Gefühle und Willensimpulse (der astralische Leib). In diese Wesensglieder eingebettet lebt der Mensch als Ich.
Die Wesensglieder – physischer, ätherischer und astralischer Leib – und das Ich hat der Mensch mit den anderen Wesen der Welt gemeinsam. Der Unterschied besteht darin, ob und wie weit ein Lebewesen darin sich seiner selbst bewusst ist. Und: „Bewusstsein haben hängt davon ab, dass man selber die Oberherrschaft über das Leben hat.“5 Insofern kann davon gesprochen werden, dass die Wesen der verschiedenen Naturreiche unterschiedlich weit in ihren Wesensgliedern inkarniert sind. Die Tatsache des Bewusstseins ist, anthroposophisch betrachtet, das wesentliche Faktum für menschliches Leben. Mit dem aufkeimenden Bewusstsein beginnt es, und mit seinem Erlöschen endet es. (→ 4) Der Tod ist demnachnicht das Aufhören des physischen Leibes, sondern das Erlöschen des Bewusstseins.
Dass der Mensch sich auch seiner Sterblichkeit bewusst ist, stellt ein besonderes Merkmal dar, das ihn von den Tieren unterscheidet. Dieses Bewusstsein leitet ihn zu jener bereits erwähnten wichtigsten Frage seines Lebens, nämlich zu der Frage nach sich selbst und seiner vom Leib unabhängigen, ewigen Existenz.
Die bewusste Präsenz des Menschen in seinen leiblichen We­sensgliedern bewirkt deren Entwicklung. Rudolf Steiner spricht von einer Entwicklung der leiblichen Wesensglieder zu denen der Seele und des Geistes. Die seelischen und geistigen Wesensglieder des Menschen beruhen auf einer Entwicklung, die sich in auf­einander folgenden Erdenleben ereignet (→ 3.3), was mit der Ausbildung eines zunehmend gesteigerten Be­wusstseins verknüpft ist.6
Das Menschenbild
Anthroposophisch betrachtet ist der Mensch, wie wir gesehen haben, ein geistiges Wesen, das in einer dreifach gegliederten irdischen Leiblichkeit erscheint. Das Ich des Menschen ist darin der ewige Wesenskern, der im Laufe von aufeinander folgenden Erdenleben immer bewusster erlebt wird, und der an einer Entwicklung von Seele und Geist aus der irdischen Leiblichkeit heraus beteiligt ist.
Eine besondere Eigenschaft des Menschen besteht darin, dass er von seiner Sterblichkeit, also der Vergänglichkeit seiner biologischen Existenz weiß. Mit diesem Wissen umzugehen, stellt für ihn eine zentrale Herausforderung dar, und zwar besonders darum, weil der Tod des Menschen darauf beruht, dass für ihn das gewohnte Bewusstsein erlischt. Wie kann unter solchen Vorzeichen von einer ewigen Existenz, also von der Unvergänglichkeit des Menschen gesprochen werden? Und was bedeutet diese Frage im Hinblick auf das menschliche Leben auf Erden?
So deutlich Rudolf Steiner hervorgehoben hat, dass der Tod des Menschennichtdarin besteht, dass der Leib stirbt, sondern darin, dass dasgewohnteBewusstsein erlischt, so deutlich hat er beschrieben, dass die Prozesse des Sterbens und der Tod mit einer Verwandlung des Bewusstseins verbunden sind, die sich von dem Moment an ereignen, von dem aus die Sterbeprozesse auch den ätherischen und astralischen Leib des Menschen erreichen.7 Die be­sonders in den letzten Jahrzehnten dokumentierten und er­forsch­ten Nahtodeserfahrungen (→ 11) sind Ausdruck der beginnenden Prozesse der Bewusstseinsveränderung durch Sterben und Tod.
Nachdem sich der Mensch von seinem physischen Leib gelöst hat, eröffnet sich für ihn der Blick auf ein Panoramabild seiner bis dahin gelebten irdischen Existenz.8 Dieser Vorgang beruht darauf, dass sich der ätherische Leib, in dem die Erinnerungen des Menschen bewahrt sind, vom physischen Leib gelöst hat. Bereits mit dem Beginn dieses Prozesses – nach Eintritt des klinischen Todes – können Erfahrungen gemacht werden, die sich vom gewohnten Bewusstsein stark unterscheiden. Manche Menschen berichten nach erfolgreicher Reanimation von solchen Nahtodeserfahrungen, in denen für ihr Erleben die Dimensionen von Raum und Zeit bereits anfänglich in Auflösung begriffen sind.
Mit dem Übergang des Verstorbenen in die geistige Welt verwandelt sich das Bewusstsein schließlich so weit, bis von einer gänzlichen Umstülpung gesprochen werden kann, weil der Mensch dann das Ich nicht mehr im Zentrum seines Wesens, sondern in der Peripherie der Welt erlebt.9 Darin erlebt sich der Mensch in absoluter Einheit mit allen Wesen und Erscheinungen der Welt. Sich diesem Bewusstseinszustand bereits im irdischen Leben vor dem Tod aus eigener Anstrengung nähern zu können, ist eines der Kernanliegen des anthroposophischen Schulungs­weges zu geistiger Entwicklung. Dem anthroposophischen Menschenbild liegt insofern ein holistisches Weltbild zugrunde10, demzufolge alle Wesen und Dinge in einer Einheit miteinander verbunden existieren.
Ichbewusstsein und Ichkontinuität
Kein Mensch kann sich durch einen anderen Menschen beweisen lassen, dass er ist. Die Kernerfahrung der Selbstgegenwart macht jeder Mensch ausschließlich für sich selbst. Er findet sich dazu zwar durch die Ereignisse und Erfahrungen seines Lebens angeregt, aber letztlich wird er nur für sich selbst sagen können: „Ja, ich bin!“, niemals für einen anderen. Diese Erfahrung seines Ich macht der Mensch zwarander Welt, aber ebenin sich selbst.
In seiner SchriftDie Philosophie der Freiheitgeht Rudolf Steiner auf diese Erfahrung und die mit ihr verbundenen Konsequenzen ein, indem er u.a. ausführt: „Das menschliche Bewusstsein ist der Schauplatz, wo Begriff und Beobachtung einander begegnen und wo sie miteinander verknüpft werden. Dadurch ist aber dieses (menschliche) Bewusstsein zugleich charakterisiert. Es ist der Vermittler zwischen Denken und Beobachtung. Insofern der Mensch einen Gegenstand beobachtet, erscheint ihm dieser als gegeben, insofern er denkt, erscheint er sich selbst als tätig. Er betrachtet den Gegenstand als Objekt, sich selbst als das denkende Subjekt. Weil er sein Denken auf die Beobachtung richtet, hat er Bewusstsein von den Objekten; weil er sein Denken auf sich richtet, hat er Bewusstsein seiner selbst oder Selbstbewusstsein.“11
Dem Selbstbewusstsein des Menschen liegt ein Sterbeprozess zugrunde, zu dem es in einer von Rudolf Steiner gemeinsam mit der Ärztin Ita Wegman verfassten Schrift zur anthroposophischen Medizin heißt:
„Die physische Stofflichkeit erfährt eine Weiterbildung ihres Wesens, indem sie zum Weben undLebenim Ätherischen übergeht. UndLebenhängt davon ab, dass der organische Körper dem Wesen des Irdischen entrissen und vom außerirdischen Weltall herein aufgebaut wird. Allein dieser Aufbau führt wohl zum Leben, nicht aber zumBewusstseinund nicht zumSelbstbewusstsein. Es muss sich der Astralleib seine Organisation innerhalb der physischen und der ätherischen aufbauen; es muss ein Gleiches das Ich in Bezug auf die Ich-Organisation tun. Aber in diesemAufbauergibt sich keine bewusste Entfaltung des Seelenlebens. Es muss, damit ein solches zustande kommt, dem Aufbau einAbbau gegenüberstehen. Der astralische Leib baut sich seine Organe auf; er baut sie wieder ab, indem er die Gefühlstätigkeit im Bewusstsein der Seele entfalten lässt; das Ich baut sich seine ‚Ich-Organisation‘ auf; es baut sie wieder ab, indem die Willenstätigkeit im Selbstbewusstsein wirksam wird.
Der Geist entfaltet sich innerhalb der Menschenwesenheitnichtauf der GrundlageaufbauenderStofftätigkeit, sondern auf derjenigenabbauender. Wo im Menschen Geist wirken soll, da muss der Stoff sich von seiner Tätigkeit zurückziehen.
Schon die Entstehung des Denkens innerhalb des ätherischen Leibes beruht nicht auf einer Fortsetzung des ätherischen Wesens, sondern auf einem Abbau desselben. DasbewussteDenken geschiehtnichtin Vorgängen des Gestaltens und Wachstums, sondern in solchen der Entgestaltung und des Welkens, Absterbens, die fortdauernd dem ätherischen Geschehen eingegliedert sind. In dem bewussten Denken lösen sich aus der leiblichen Gestaltung die Gedanken heraus und werden als seelische Gestaltungen menschliche Erlebnisse.“12
Diese Prozesse „der Entgestaltung und des Welkens, Absterbens, die fortdauernd dem ätherischen Geschehen eingegliedert sind“ finden sich schließlich im Tod am Ende des menschlichen Lebens zusammengefasst. (→ 4.3)
Im eingangs wiedergegebenen Zitat von Johann Gottlieb Fichte hieß es: „Das Ich setzt sich selbst, und es ist, vermöge dieses bloßen Setzens durch sich selbst; und umgekehrt: Das Ich ist, und es setzt sein Seyn, vermöge seines bloßen Seyns.“ In diesem Bewusstsein seiner selbst ist für den Menschen kein Anlass dafür zu finden, dass das Ich mit dem Tod des Leibes vergehen würde – allerdings aber auch nicht dafür, dass es den leiblichen Tod überdauert. Diese Tatsache verleiht dem irdischen Leben des Menschen seine besondere Bedeutung. Der Evolutionsbiologe Wolfgang Schad unterscheidet im Blick auf das anthroposophische Menschenbild darum auch die Ich-Anwesenheit vom Ichbewusstsein, und stellt fest, „dass das übliche Ichbewusstsein nur vermittels des Leibes, insbesondere vermöge einer temporären Großhirnleistung, gegeben ist, da­gegen nicht die Ichkontinuität selbst.“13 Letztere kann jeder Mensch nur für sich selbst erfassen – wozu er, als einziges Wesen auf Erden, im tiefsten Grund seines Wesens und Lebens veranlagt und begabt ist.
3.2 Das Leben in der irdischen und geistigen Welt
Im vorangegangenen Unterkapitel war die Rede von den Wesensgliedern des Menschen, ebenso vom Ich als Wesenskern. Mit den verschiedenen Wesensgliedern, also mit dem physischen, ätherischen und astralischen Leib, verbinden sich jeweils eigene Funktionen. Insgesamt wirken sie aber als eine Einheit zusammen, ähnlich wie Knochen-, Blut- und Nervensystem, die zusammen genommen ebenfalls zu einem Leib gehören. In dieser Einheit existiert die Persönlichkeit, das Ich des Menschen, das einzigartig und unverwechselbar ist.
Die vom Selbsterleben des Menschen ausgehenden Fragen nach einem vorgeburtlichen und einem nachtodlichen Leben können im Zusammenhang mit Darstellungen vom Leben in einer irdischen und geistigen Welt gesehen werden, die sich in der Anthroposophie finden. Darin heißt es, dass jedes Wesen in den verschiedenen Phasen seines Lebens mehr oder weniger intensiv in den Bereichen der irdischen und geistigen Welt existiert. Mit jedem Persönlichkeitsanteil hat der Mensch Anteil an einer jeweils eigenen Welt: der physischen, ätherischen und astralen Welt, sowie der Welt des Geistes, des Ich.
Materie und Geist
Rudolf Steiner hat einmal zur Erläuterung des Zusammenhangs der materiellen und geistigen Welt ein einfaches Naturbild verwendet, mit dem auch die Eigenarten der irdischen, seelischen und geistigen Welt angesprochen sind:
„Wie ein Stück Eis, das auf dem Wasser schwimmt, Stoff ist des umgebenden Wassers, aber sich durch gewisse Eigenschaften von diesem abhebt, so sind die Sinnendinge Stoff der sie umgebenden Seelen- und Geisterwelt; und sie heben sich von diesen durch gewisse Eigenschaften ab, die sie sinnlich wahrnehmbar machen. Hat man das begriffen, so fasst man auch, dass, wie das Wasser in Eis, so die Geist- in die Seelenwelt und diese in die Sinnenwelt übergehen können. (…) Ein Ding durch Gedanken verstehen ist ein Vorgang, der verglichen werden kann mit dem, durch welchen ein fester Körper zuerst im Feuer flüssig gemacht wird, damit ihn der Chemiker dann in seiner flüssigen Form untersuchen kann.“14
Folglich lebt auch jeder Mensch immer zugleich in der irdischen und geistigen Welt. Es besteht lediglich ein Unterschied darin, ob er in den leiblichen Wesensgliedern verkörpert ist und eine irdische Biografie lebt, oder ob er aus den leiblichen Wesensgliedern entkörpert vor allem in der Welt des Geistes beheimatet ist. Zwischen beiden Daseinsformen, dem Leben in den leiblichen Wesensgliedern und dem Beheimatet-Sein in der geistigen Welt vollzieht sich im Laufe der Zeit ein zyklischer Wechsel. (→ 3.3) Der Tod ist, anthroposophisch betrachtet, also vor allem ein Vorgang der Wandlung und des Übergangs, nicht bloß das Ende einer irdischen Existenz.
Wenn also in der Anthroposophie von einer irdischen und einer geistigen Welt die Rede ist, dann nicht in dem Sinne, dass es sich um zwei strikt voneinander getrennte Welten handeln würde, sondern um solche, die sich durchdringen und aufeinander wirken. „Man hat sich aber nicht vorzustellen, dass jemals alles Geistige sich in Stoffliches umwandelt; sondern man hat in dem Stofflichen immer nur umgewandelte Teile des ursprünglichen Geistigen vor sich. Dabei bleibt das Geistige auch während der stofflichen Entwickelungsperiode das eigentlich leitende und führende Prinzip.“15 Materie ist niemals ohne Geist, Geist niemals ohne Materie, wie bereits Aristoteles feststellte.
Lebenskraft und Erfahrung der geistigen Welt
Dass neben der irdischen, materiellen Welt auch von einer geistigen Welt gesprochen werden kann, ist in der Anthroposophie kein Postulat, sondern beruht auf Erfahrungen im Leben, die von jedem Menschen entsprechend gedeutet werden können. Der Menschkann sich als ewiges, geistiges Wesen begreifen – wenn er das will. Dabei geht es selbstverständlich nicht darum, sich vom irdischen, in Naturgesetzen verständlichen Leben abzuwenden, sondern zu erkennen, dass es noch weitere, eben geistige Dimensionen der Existenz gibt. Dem fortwährenden Zusammenwirken der irdischen und geistigen Welt entsprechend kommt es darauf an, auch auf der Erfahrungsebene die verschiedenen Aspekte in Einklang zu bringen.
„Man muss zum Beispiel heute, so wie die Weltentwickelung einmal liegt, den ernstesten Willen haben, das materielle Dasein kennenzulernen, man darf ja nicht in die Sucht jener Leute verfallen, welche sagen: Wir wollen uns mit dem Geiste beschäftigen, wir wollen die Materie nicht kennen lernen. – So viel als möglich die Materie als solche kennenzulernen, das ist die eine Seite des menschlichen Erkenntnis- und Willensstrebens, die andere Seite ist es, auch den Geist kennenzulernen. Denn zwischen beiden drinnen liegt, was wir eigentlich anstreben sollen, und beide Parteien haben unrecht, diejenigen, die sagen, die Welt sei nur Materie, und diejenigen, die sagen, die Welt sei nur Geist. Denn, was ist Materie? Materie, so wie der Mensch sie kennt, ist das, was von dem Geiste zurückgeblieben ist, nachdem der Geist wieder Geist geworden ist. Geist und Materie sind nur nach den Lebensaltern in der Welt verschieden.“16
Erste Erfahrungen der geistigen Natur des eigenen Wesens und der Welt ergeben sich, wenn der Mensch für seine Lebenskräfte und für sein inneres Leben in Gedanken, Gefühlen und Willens­impulsen aufmerksam wird. Der Geist ist darin nicht mehr ein ab­straktes totes Gebilde. „Der Geist fängt an, selber die Summe der Wachstumskräfte zum Beispiel in dem werdenden Menschen zu sein. Alles wird innerlich regsamer und tätig, der Geist wird schöpferisch, wird so dicht wie die Materie. Lernt man den Geist richtig kennen, so verwandelt er sich vor unserem Seelenauge in Materie, die dasjenige ist, was der Geist in seiner Schöpferkraft nach außen hin offenbart. Und die Worte Materie und Geist, einseitig gebraucht, hören auf einen Sinn zu haben.“17