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Weil wahre Gefühle stärker sind als alles andere: Der historische Liebesroman »Die Spur des Highlanders« von Hannah Howell als eBook bei venusbooks. Schottland im Jahr 1471. Die schöne und leidenschaftliche Highland-Lady Ilsa Campbell ist außer sich vor Zorn – ein Jahr ist es her, dass sie ihr Herz an Sir Diarmont MacEnroy verschenkt hat … und er sie kurz nach der Hochzeitsnacht ohne eine Erklärung verließ. Doch nun will der Schuft eine andere Frau heiraten? Das wird sie verhindern, koste es, was es wolle! Als Ilsa schließlich auf seinem Familienstammsitz vor Diarmont steht, scheint er tatsächlich jede Erinnerung an sie verloren zu haben. Was ist geschehen? Treibt jemand gar ein dunkles Spiel mit dem Erben der McEnroys – und gibt es für Ilsa wirklich keine Hoffnung mehr auf ein Leben mit dem Mann, den sie insgeheim immer noch über alles liebt? Jetzt als eBook kaufen und genießen: Das Romance-Highlight »Die Spur des Highlanders« von New-York-Times-Bestseller-Autorin Hannah Howell. Lesen ist sexy: venusbooks – der erotische eBook-Verlag.
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Seitenzahl: 516
Über dieses Buch:
Schottland im Jahr 1471. Die schöne und leidenschaftliche Highland-Lady Ilsa Campbell ist außer sich vor Zorn – ein Jahr ist es her, dass sie ihr Herz an Sir Diarmont MacEnroy verschenkt hat… und er sie kurz nach der Hochzeitsnacht ohne eine Erklärung verließ. Doch nun will der Schuft eine andere Frau heiraten? Das wird sie verhindern, koste es, was es wolle! Als Ilsa schließlich auf seinem Familienstammsitz vor Diarmont steht, scheint er tatsächlich jede Erinnerung an sie verloren zu haben. Was ist geschehen? Treibt jemand gar ein dunkles Spiel mit dem Erben der McEnroys – und gibt es für Ilsa wirklich keine Hoffnung mehr auf ein Leben mit dem Mann, den sie insgeheim immer noch über alles liebt?
Über die Autorin:
Hannah Howell, geboren 1950 in Massachusetts, kann ihren amerikanischen Familienstammbaum bis in das frühe 17.Jahrhundert zurückverfolgen – liebt aber vor allem die Geschichte Englands und Schottlands; auf einer Reise dorthin lernte sie auch ihren späteren Ehemann kennen. Hannah Howell hat in ihrer schriftstellerischen Karriere über 60 Liebesromane veröffentlicht, darunter den großangelegten Zyklus über die Familie Murray, in dem sie mitreißend vom Schicksal mehrerer Generationen einer weitverzweigten schottischen Highlander-Dynastie erzählt. Hannah Howell wurde für ihr Werk mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Golden Leaf Award und dem Preis des Romantic Times Bookclub Magazine.
Bei venusbooks erschienen die folgenden Romane von Hannah Howell:
HIGHLAND HEROES: Das Schicksal des Highlanders; Die Lust des Highlanders; Das Schwert des Highlanders
HIGHLAND ROSES: Die Spur des Highlanders; Die Sehnsucht des Highlanders
HIGHLAND LOVERS: Der Fürst der Highlander; Der ungezähmte Highlander; Der Held der Highlands
HIGHLAND DREAMS: Das Begehren des Highlanders; Der Stolz des Highlanders; Die Versuchung des Highlanders
Der Kuss des Schotten
Das Herz des Highlanders
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eBook-Neuausgabe Dezember 2019
Ein eBook des venusbooks Verlags. venusbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, München.
Dieser Roman erschien erstmals 2003 unter dem Originaltitel »Highland Groom« bei Zebra Books/Kensington Publishing Corp., New York.
Copyright © der Originalausgabe 2003 by Hannah Howell
Published by Arrangement with Kensington Publishing Corp., New York, NY, USA
Copyright © der deutschen Erstausgabe 2007 by Verlagsgruppe Weltbild GmbH, Steinerne Furt 67, 86167 Augsburg
Copyright © der Neuausgabe 2019 dotbooks GmbH, München
Copyright © der Lizenzausgabe 2019 venusbooks GmbH, München.
Copyright © der aktuellen eBook-Neuausgabe 2020 venusbooks Verlag. venusbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, München.
Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück, 30161 Hannover.
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Titelbildgestaltung: Wildes Blut – Atelier für Gestaltung Stephanie Weischer unter Verwendung mehrerer Bildmotive von shutterstock/Julia_Luzina, Nicoleta Ionescu, LouieLea, Swen Stroop, STILLFX, enterphoto
eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (ts)
ISBN 978-3-95885-718-6
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Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie sich für dieses eBook entschieden haben. Bitte beachten Sie, dass Sie damit ausschließlich ein Leserecht erworben haben: Sie dürfen dieses eBook – anders als ein gedrucktes Buch – nicht verleihen, verkaufen, in anderer Form weitergeben oder Dritten zugänglich machen. Die unerlaubte Verbreitung von eBooks ist – wie der illegale Download von Musikdateien und Videos – untersagt und kein Freundschaftsdienst oder Bagatelldelikt, sondern Diebstahl geistigen Eigentums, mit dem Sie sich strafbar machen und der Autorin oder dem Autor finanziellen Schaden zufügen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit direkt an uns wenden: [email protected]. Mit herzlichem Gruß: das Team des venusbooks-Verlags
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Hannah Howell
Die Spur des Highlanders
Roman
Aus dem Englischen von Andrea Hahn
venusbooks
Schottland, Frühling 1471
Ilsa stöhnte, als sich acht ihrer vierzehn Brüder in ihr kleines Cottage drängten. Sie sahen sich um, jeder von ihnen mit demselben missbilligenden Blick. Keiner mochte oder tolerierte ihre Entscheidung, aus der Burg auszuziehen. Unglücklicherweise verstand auch keiner, dass ihre oft genug herrische Beschützerhaltung sie erstickte. Obwohl mindestens einer von ihnen gleich mehrmals am Tag zu Besuch kam, genoss sie ihre neue Freiheit. Diese neigte sich aber, wie sie fürchtete, nun bald dem Ende zu.
»Es ist fast ein Jahr«, verkündete Sigimor, ihr ältester Bruder, während er und sein Zwillingsbruder Somerled sich an den Wiegen ihrer Neffen niederkauerten. »In zwei Wochen sind das Jahr und der Tag vorbei.«
»Ich weiß das.«
Ilsa stellte zwei schwere Krüge mit Bier auf den riesigen Tisch, der fast den ganzen Raum einnahm. Eines Tages hatte sie erkannt, dass sie ihre Brüder nicht davon abhalten konnte vorbeizuschauen, wenn es ihnen gerade einfiel, deshalb hatte sie den Wohnbereich entsprechend umgestaltet. Der gewaltige Tisch, die derben Bänke und zusätzlichen Sitze, die an der Wand hingen, bis sie gebraucht wurden, waren eigens für ihre Brüder angefertigt worden. Sie hatte am anderen Ende des großen Raums, der fast das ganze Erdgeschoss einnahm, eine kleine Sitzgruppe eingerichtet, die mehr ihrem Geschmack entsprach. In einem niedrigen, etwas grob gezimmerten Anbau auf der Rückseite ihres Heims befanden sich eine Küche, eine kleine Speisekammer, ein Raum zum Baden und die Schlafkammer für ihre Begleiterin. Der hohe Dachboden, der als Obergeschoss diente, war der Bereich, wo sie das machte, was ihr gefiel. Sie hatte das dumpfe Gefühl, dass ihre Brüder sie gerade jetzt, wo sie es sich so richtig bequem gemacht hatte, zwingen wollten, ihr kleines Cottage aufzugeben.
»Die Jungen brauchen ihren Vater«, sagte Sigimor, während er seinem Neffen Finlay erlaubte, seinen Finger zu ergreifen.
»Reichen denn nicht vierzehn Onkel?«, erwiderte sie müde und stellte acht Krüge auf den Tisch.
»Nein. Ihr Vater ist ein Laird, hat Land und Geld. Sie verdienen es, einen Teil davon zu bekommen.«
»Es könnte sich zeigen, dass ihr Vater nicht gerade derselben Meinung ist.«
Es schmerzte, diese Worte auszusprechen, aber Ilsa bemühte sich, ihren Schmerz zu verbergen.
»Ihr wollt, dass ich mich einem Mann zu Füßen werfe, der mich sitzen gelassen hat?«
Sigimor seufzte und begab sich zu seinen Brüdern an den Tisch. Elsa stellte indessen Brot, Käse und Haferkuchen hin. »Nein, ich möchte, dass du ihm gegenübertrittst und von ihm forderst, was er deinen Söhnen, seinen Söhnen, von Rechts wegen schuldet.«
Ilsa seufzte ebenfalls, während sie sich neben ihren Zwillingsbruder Tait setzte. Sie hatte gehofft, dass ihre Brüder nicht die Rechte oder das Wohlergehen ihrer Söhne als Argument benutzen würden, um sie zu überreden, und sie hatte den Verdacht, dass sie dumm genug war, dafür empfänglich zu sein. Sie mochten raubeinig, laut, anmaßend und viel zu behütend sein, aber sie waren nicht dumm. Ihr Schwachpunkt waren ihre Söhne, und nur ein Esel würde das nicht erkennen.
»Vielleicht noch eine Woche«, setzte sie an und seufzte, als alle ihre Brüder den Kopf schüttelten.
»Das würde es aufs Äußerste ausreizen. Wir werden morgen früh aufbrechen.«
»Aber ...«
»Nein. Ich muss zugeben, dass ich einigermaßen von dem Knaben enttäuscht bin ...«
»Er ist so alt wie du«, murrte Ilsa.
Sigimor überging sie und fuhr fort: »Weil ich all seinem Gerede von wegen, er müsse eine Bedrohung aus dem Weg räumen und seine Burg für eine Frau herrichten, Glauben schenkte. Das war der Grund, warum ich mich nur mit einer beurkundeten Hochzeit zufriedengab. Ich fühlte mich ein kleines bisschen unbehaglich, weil ich auf beglaubigten Dokumenten bestand, aber jetzt bin ich froh, dass ich es getan habe. Er kann dich oder die Jungen nicht verleugnen. Wir können ihn zwingen, das Eheversprechen, das er abgelegt hat, zu erfüllen.
Einen Moment lang beobachtete er Ilsa scharf. »Ich dachte, du magst den Mann. Du wolltest ihn ja unbedingt haben.«
»Und ich dachte, er würde mich mögen«, fauchte sie zurück. »Das war offensichtlich kompletter Unsinn. Nur einen Augenblick lang vergaß ich, dass ich zu arm, zu dünn und zu rothaarig bin. Dieser Mann hatte nur vor, ein zwielichtigeres Spiel als üblich zu spielen, um ein Mädchen zu Fall zu bringen.«
»Das ergibt keinen Sinn, Ilsa«, warf Tait ein. »Er hat uns wissen lassen, wo er lebt.«
»Bist du dir da sicher?« Sie nickte, als ihre Brüder für kurze Zeit wie betäubt waren. »Wir haben in dieser Hinsicht nur sein Wort darauf, und ich denke, wir können davon ausgehen, dass sein Wort nicht sehr viel wert ist.«
»Wir werden trotzdem reisen«, sagte Sigimor. »Wenn sich herausstellt, dass alles Lug und Trug war, dann wissen wir, dass wir einen Mann vor uns haben, den wir zur Strecke bringen müssen.« Er nickte, als alle seine Brüder ihre Zustimmung murmelten. »So. Somerled wird hierbleiben, ebenso Alexander, dessen Frau ihm bald sein erstes Kind gebären wird. Sie können auf die Jüngeren aufpassen. Ich, Gilbert, Ranulph, Elyas, Tait, Tamhas, Brice und Bronan werden mit dir reiten. Und ich denke, dazu noch einige von unseren Leuten und ein paar von unseren Cousins.«
»Das ist fast eine Armee«, protestierte Ilsa.
»Genug Leute, um unseren Worten Gewicht zu verleihen, aber nicht zu viele, um nicht bedrohlich zu wirken.«
Ilsa versuchte, ihnen ihre Pläne auszureden, scheiterte aber. Sobald ihre Brüder weg waren, vergrub sie ihr Gesicht in den Händen und kämpfte gegen das Bedürfnis an, zu weinen. Sie hatte schon genug geweint. Eine sanfte Berührung an der Schulter lenkte sie von ihrer Mutlosigkeit ab, und sie sah zu Gay auf, ihrer Begleiterin und der Amme, die ihr dabei half, den unerschöpflichen Hunger ihrer Söhne zu stillen. Sie war brutal vergewaltigt und danach von ihrer Familie hinausgeworfen worden und musste schließlich noch den Tod ihres Kindes über sich ergehen lassen, all das hatte aus der jungen Gay den fast stummen Schatten eines Mädchens gemacht, das panische Angst vor Männern hatte, sich noch immer zu viel fürchtete und in Trauer über all das, was sie verloren hatte, versunken war. Gay versteckte sich immer, wenn Ilsas Brüder auf einen Besuch hereinstampften.
»Ihr müsst gehen«, flüsterte Gay.
»Ich weiß«, erwiderte Ilsa. »Als er nicht zurückkam, um mich zu holen, nicht einmal einen Brief oder ein Geschenk sandte, habe ich erkannt, dass er mich zum Narren gehalten hat, und es hat mir damals sehr wehgetan. All das habe ich tief drin in mir vergraben, und ich will nicht, dass dies alles wieder ans Licht gezerrt wird.«
Gay nahm den quengelnden Finlay hoch, übergab ihn Ilsa und nahm dann Cearnach. Für kurze Zeit genoss Ilsa den sanften Frieden, als Gay und sie die Säuglinge stillten. Wenn sie ihre Söhne betrachtete, in ihre großen, wunderschönen blauen Augen blickte, wurde sie allerdings schmerzlich an den Mann erinnert, der ihr Erzeuger war. Der Schmerz war noch immer da, saß tief und würde vermutlich nie vergehen.
Einige kurze, berauschende Wochen lang hatte sie sich als geliebt, begehrt und sogar als schön empfunden. Im Alter von zwanzig Jahren, einem Alter, in dem sie von den meisten schon als alte Jungfer angesehen wurde, hatte sie schließlich doch noch die Blicke eines Mannes auf sich gelenkt. Und auch noch eines so gut aussehenden, dachte sie grübelnd und seufzte. Das hätte ihr eine Warnung sein sollen. Gut aussehende Männer jagten nicht Frauen wie ihr hinterher. Um ehrlich zu sein, war nie ein Mann hinter ihr hergejagt. Sie hatte es zugelassen, dass ihr Einsamkeit, Leidenschaft und Sehnsucht nach Liebe ganz und gar den Verstand geraubt hatten. Wenn sie dem Wunsch ihrer Brüder folgte und zu dem Mann zurückging, würde sie das nur allzu hart an ihre eigene Idiotie erinnern. Nicht dass sie es allerdings jemals völlig vergessen hätte, murmelte sie zu sich selbst.
»Ihr müsst es für die Jungchen tun«, sagte Gay, als sie Cearnach an ihre zarte Schulter legte und seinen Rücken rieb.
»Ich weiß«, erwiderte Ilsa, die mit Finlay dasselbe machte. »Es ist ihr Geburtsrecht, und ich darf nicht zulassen, dass es ihnen gestohlen wird. Wenn es überhaupt ein Geburtsrecht gibt und wir nicht feststellen müssen, dass dieser Mann uns nichts anderes als Lügen aufgetischt hat. Du wirst mit uns kommen müssen.«
Gay nickte. »Das geht in Ordnung. Ich verstecke mich vor Euren Brüdern, weil sie so groß sind, nicht weil ich Angst vor ihnen habe. Sie füllen den Raum aus, und das kann ich nur schwer ertragen. Ich finde dort, wo wir hingehen, schon Orte, wohin ich entweichen kann. Ich weiß, dass Eure Brüder mich nicht verletzen werden, aber das reicht nicht aus, um all meine grundlosen Ängste zu bannen.«
»Sehr verständlich.«
»Liebt Ihr den Mann noch immer?«
»Es könnte sein, das wäre allerdings eine große Dummheit. Aber es ist Zeit, dass ich aufhöre, mich aus Angst vor einer neuen Verletzung zu verstecken. Zum Wohl der Jungen muss ich diesen Bastard unbedingt ausfindig machen, aber ich fange an zu glauben, dass ich es auch für mich selbst tun muss. Ich muss dem Teufel ins Auge sehen, erfahren, wie groß meine Dummheit war und dann damit umgehen. Wenn er da ist und nur darauf hofft, dass ich in den Dunstschleiern verschwinden könnte, dann ist es das Beste, ihn mit seinen Verpflichtungen zu konfrontieren. Und danach kann ich alles tun, was mir möglich ist, damit er sich jämmerlich fühlt.«
Als Gay kurz und sanft lachte, spürte Ilsa, wie deren Stimmung sich aufhellte. Gay war dabei, gesund zu werden. Es würde langsam gehen, und es würden Narben bleiben, aber bald würde Gay von den Verletzungen genesen, die man ihr zugefügt hatte. Und wenn sie selbst ihren Liebhaber wiedertreffen sollte, wäre sie um vieles klüger und um vieles stärker. Sie würde nicht mehr Opfer irgendwelcher naiven Träume werden.
***
»Meine Kinder brauchen eine Mutter.«
»Ach, er ist wieder zurück, um einmal mehr zu sich selber zu sprechen.«
Sir Diarmot MacEnroy lächelte seinen Bruder Angus an, der rechts von ihm saß. Links saß sein Bruder Antony, oder vielmehr Nanty, wie er oft genannt wurde. Sie waren zu seiner Hochzeit gekommen, und er freute sich aufrichtig über ihre Gesellschaft. Der Bruder, den er allerdings wirklich zu sprechen wünschte, war sein ältester Bruder Connor, doch der war gerade erst zusammen mit seiner schwangeren Frau Gillyanne angekommen. Trotz Gillys Protesten hatte Connor sofort darauf bestanden, dass sie sich eine Weile ausruhte, und sie nach oben zu ihrer gemeinsamen Schlafkammer gebracht. Es würde geraume Zeit dauern, bis er einen von den beiden wiedersah. Diarmot hoffte wenigstens, dass vor seiner Hochzeit noch Zeit blieb, um vertraulich mit ihm sprechen zu können.
»Ich fühle mich nur unbehaglich wegen der Hochzeit«, sagte Diarmot.
»Dachte, du willst dieses Mädchen heiraten.«
»Ja, das will ich auch. Ich muss mich nur daran erinnern, warum jetzt und warum noch einmal.«
»Sie ist ein hübsches kleines Ding«, sagte Nanty. »Ruhig.«
»Sehr ruhig«, stimmte Diarmot zu. »Reizend. Gehorsam. Keusch.«
»Ganz anders als deine erste Frau«, murmelte Angus.
»Genau so, wie ich sie haben wollte. Anabelle war eine Pest. Margaret wird ein Segen sein.« Ein langweiliger Segen, dachte er bei sich, und vermutlich kalt dazu. Dann schob er solche Gedanken hastig beiseite. »Gute Mitgift und ein schönes Stück Land.«
»Weiß sie von den Kindern?«, fragte Angus.
»Ja«, antwortete Diarmot. »Ich habe sie ihnen vorgestellt. Sie scheint locker damit umzugehen. Ihr Vater war zuerst nicht sonderlich glücklich damit, nicht, bevor er erkannte, dass das einzig legitime Kind Alice ist. Als ihm dann klar war, dass jeder Sohn, den seine Tochter zur Welt bringen wird, mein Erbe ist, hat er sich beruhigt.«
»Es wird nicht so sein, wie bei Connor und Gilly, oder?« Nanty fragte mit einem Ton in der Stimme, der andeutete, dass er bereits die Antwort auf seine Frage kannte.
»Nein«, erwiderte Diarmot leise. »Ich dachte, ich hätte das mit Anabelle gefunden, aber es war nichts anderes als ein Fluch. Nicht jeder Mann kann mit so etwas gesegnet sein, wie Connor es gefunden hat, aber auch kein Mann verdient es mehr.« Beide Männer murmelten ihre Zustimmung. »Was ich jetzt suche, ist Frieden, Zufriedenheit.«
Er überging die Blicke, die seine Brüder wechselten, in ihnen lag ein deutlicher Ausdruck von Mitleid. Da er selbst gelegentlich dazu neigte, so zu empfinden, brauchte er nicht deren Mitleid. Wie auch immer, es war Zeit, sein Leben wieder in die richtige Bahn zu lenken. Er hatte sich nach der Katastrophe seiner Ehe mit Anabelle viel zu lange gehen lassen, hatte sich in Orgien und Saufereien gestürzt, die ihm ein Haus voller Kinder einbrachten, von denen dem Gesetz nach nur ein einziges legitim war, obwohl er sich nicht sicher war, dass Klein-Alice wirklich sein Kind war. Dann, als er schließlich langsam wieder zur Besinnung kam, war er angegriffen und scheinbar tot liegen gelassen worden. Die Monate, die er gebraucht hatte, um wieder gesund zu werden, hatten ihm viel zu viel Zeit zum Nachdenken gelassen. Das hatte zu der bevorstehenden Hochzeit mit der reizenden, scheuen, willigen Margaret Campell geführt. Und eisern sagte er sich, dass das der richtige Schritt war.
Es war spät geworden, bis er die Möglichkeit zu einem vertraulichen Gespräch mit Connor erhielt. Diarmot hatte fast das Treffen, das er sich vorher so ersehnt hatte, vermieden, da die Blicke, die Connor und Gilly miteinander gewechselt hatten, während sie mit Margaret und ihrer Familie zu Abend aßen, ihn nicht gerade ermutigten. Es war denkbar, dass Connor versuchen würde, ihm die Heirat auszureden, und Diarmot fürchtete, dass er zu unsicher war, um einem solchen Überredungsversuch standzuhalten. Als sie sich in seinem Schlafgemach auf Stühlen niederließen, die unmittelbar vor dem Kamin standen, und ihren Wein tranken, beobachtete Diarmot seinen älteren Bruder argwöhnisch.
»Bist du dir sicher damit, Diarmot?«, fragte Connor schließlich. »Mit dem Mädchen scheint nicht viel los zu sein.«
»Das stimmt«, gab Diarmot zu, »aber genau das ist es, was ich jetzt will.«
»Haben dich deine Verletzungen dazu veranlasst, dein Gedächtnisverlust?
»Meine Verletzungen sind weitgehend verheilt. Und, nun ja, mein Gedächtnis ist immer noch schlimm durcheinander wegen ein paar weißen Flecken aus der Zeit unmittelbar vor und nach dem Angriff, die mich verunsichern. Aber das hat nichts mit meiner Entscheidung zu tun.« Er seufzte und nippte an seinem Wein. »Nicht jeder Mann hat das Glück, das du mit deiner Gillyanne hast. Ich hab es versucht und bin gescheitert, dramatisch und erbärmlich. Nun suche ich nach Frieden, nach einer Frau, die sich um mein Haus und meine Kinder kümmert und die mein Bett mit mir teilt, wenn ich in der Stimmung dazu bin. Weiter nichts.«
»Warum willst du dann mit mir sprechen?«
»Na, ich habe dich seit Monaten nicht mehr gesehen«, begann Diarmot und schnitt eine Grimasse, als Connor ihn ironisch und belustigt anstarrte. »Ich glaube, ich wollte wie ein dummer Junge hören, wie du sagst, ich hätte recht, und du mir deine Zustimmung gibst.«
Connor nickte. »Aber du bist nicht länger ein kleiner Junge. Du bist der Einzige, der sagen kann, ob du recht hast oder nicht.«
»Du wirst mir deine Meinung nicht mitteilen, nicht wahr?«
»Ich bin mir nicht sicher, ob du sie hören willst«, antwortete Connor schleppend. »Und auch nicht, warum du meine Meinung wissen willst. Eigentlich hast du dir selbst eine vorteilhafte Heirat arrangiert, du gewinnst Land, Geld und eine reizende, jungfräuliche Braut. Eigentlich sollte dir von so ziemlich jedem gratuliert werden.«
»Aber nicht von dir oder Gilly.«
»Ich kann nicht in dein Herz sehen, Diarmot. Ich kann nicht sicher wissen, was du willst, was du suchst. Um offen zu sein, ich sehe die reizende, scheue, gehorsame Braut an, die du dir ausgewählt hast, und frage mich, wie lange es dauern wird, bis du daran erinnert werden musst, dass du eine Frau hast.«
Diarmot lachte und stöhnte zugleich. »Etwa einen Monat. Ich sehe dasselbe, was du siehst, aber ich denke, ich brauche das. Dennoch nagt die ganze Zeit etwas an mir und schwächt meinen Entschluss. Eine dieser verlorenen Erinnerungen versucht die Nebel in meinem Kopf zu durchdringen. Je näher die Zeit kommt, um mein Eheversprechen abzulegen, desto heftiger wird das Nagen. Ich habe mehr und mehr Träume, befremdliche Träume, aber ich kann ihre Bedeutung nicht fassen.«
»Was geschieht in diesen Träumen?«
»Absurdes.« Diarmot seufzte. »Vergangene Nacht träumte ich, dass eine scharlachrote Elfe mich anstieß, mich verwünschte und mir auftrug, diese verdammten Nebel aus meinem kümmerlichen Gehirn wegzuschaffen, bevor ich eine Dummheit begehen würde. Dann waren da noch ein paar verärgerte glühende Dämonen, fast ein Dutzend davon, die mich anbrüllten, ich solle gefälligst den richtigen Schritt machen oder sie würden mir die Knie durchhauen. Danach schien alles in Ordnung zu sein, bis der erste Hieb mich traf. Ich glaube, wegen dieser Schläge wache ich immer schweißgebadet auf, mit Todesangst, die einen scharfen Geschmack in meinem Mund zurücklässt.«
»Letzteres kann ich verstehen«, sagte Connor. »Du warst hilflos. Kein Mensch möchte sterben, aber im Dunkeln Männern ausgeliefert zu sein, die du nicht erkennen kannst, die dich aus Gründen, die dir nicht bekannt sind, halb tot schlagen, das würde in jedem Menschen Angst wachrufen.«
Diarmot nickte.
»Das kann ich auch verstehen. Ich wünsche mir nur, wenn ich mit dieser Angst aufwache, dass ich die Erinnerung daran festhalten könnte, wer es war und warum sie es taten.«
»Sie wird kommen. Aber Elfen und glühende Dämonen? Nein, das verstehe ich nicht. Vielleicht versteht es Gilly. Es könnte irgendeine List deines Gedächtnisses sein, die darum. kämpft, dass du dich an etwas erinnerst.«
Er zuckte die Achseln.
»Das würde all das Gerede über wegzuschaffende Nebel und so weiter erklären. Vielleicht solltest du die Hochzeit verschieben.«
»Und welchen Grund könnte ich anführen? Träume von scharlachroten Elfen?«
»Na, das könnte reichen«, erwiderte Connor gedehnt, aber seine offensichtliche Erheiterung verflüchtigte sich schnell. »Die Rückkehr deines Gedächtnisses. Erzähl Sir Campell, dass du hinter dem, was dir zugestoßen ist, eine Gefahr spürst, und da die Erinnerung darum kämpft zurückzukehren, könnte es das Beste sein zu warten, ob du schließlich wiedererkennen kannst, um welche Gefahr es sich handelt.«
Einige Zeit saß Diarmot da und trank Schluck für Schluck seinen Wein, er starrte ins Feuer und dachte über Connors Rat nach. Es war ein guter Rat. Die zunehmend befremdlichen Träume, die er hatte, konnten tatsächlich bedeuten, dass er anfing, sich an den Angriff zu erinnern. Doch dann schüttelte er den Kopf. Es spielte nicht wirklich eine Rolle, ob seine Erinnerung zurückkehrte, ob es vor oder nach seiner Hochzeit war. Er mochte sich vielleicht nicht daran erinnern, welche Gefahr es war, aber er war sich absolut sicher, dass es eine Gefahr war, die ganz allein ihn betraf. Wenn sie sich auf andere erstrecken sollte, dann würde sie sich genauso schnell auf seine Verlobte wie auf seine Ehefrau ausdehnen.
»Nein, es würde nur mehr Schwierigkeiten verursachen als lösen«, sagte Diarmot schließlich. »All meine Instinkte sagen mir, dass die Gefahr, der ich gegenüberstehe, mir droht und zwar ganz allein mir.«
»Aber wenn du dich irrst?«, fragte Connor leise.
»Dann habe ich Margaret bereits in die Gefahr hineingezogen, indem ich sie zu meiner Verlobten gemacht habe.«
»Das ist wahr. Zumindest hast du bessere Kontrolle über Schutzmaßnahmen für sie, wenn sie deine Frau ist. Ich fürchte, ich konnte dir keine große Hilfe sein.« Connor hielt inne. »Vor Jahren hätte ich mir die Abstammungslinie deiner Braut angesehen, ihr Land, ihre Mitgift und hätte gesagt: ›Guter Junge.‹ Seit ich mit Gilly verheiratet bin, habe ich diese Naivität verloren.«
»Und wenn Gilly dein Leben fast in so etwas wie eine Hölle auf Erden verwandelt hätte, wie Anabelle meines? Würdest du es noch einmal riskieren, einem Mädchen diese Art von Vertrauen entgegenzubringen, ihr sogar Macht zugestehen?«
»Nein«, erwiderte Connor unverzüglich. »Du bist deiner Meinung gefolgt, ich wünsche nur, sie wäre anders.«
»Ich auch, aber es ist weitaus besser eine Frau zu haben, die so unscheinbar ist, dass du vergisst, dass sie da ist, als eine, die dein Herz und deine Seele in Fetzen reißt.«
Connor ging zur Tür, blieb jedoch nochmals stehen und sah sich zu Diarmot um. »Es gibt noch eine dritte Wahlmöglichkeit, und du hast bis zum Morgen Zeit, dich zu entscheiden.«
»Welche dritte Möglichkeit?«
»Überhaupt keine Frau.«
Diarmot dachte noch immer über Connors Abschiedsworte nach, als er sah, wie die Dämmerung den Himmel erhellte. Er hatte sehr wenig geschlafen, war wieder von dem seltsamen Traum beunruhigt worden und auch von seinem eigenen Unbehagen. Obwohl es in seinem Leben eine Reihe von Entscheidungen gegeben hatte, von denen er wusste, dass er besser zweimal darüber nachgedacht hätte, sah ihm diese anhaltende Besorgnis wegen etwas nicht ähnlich.
Es war durchaus möglich, dass seine Erinnerungen zurückkehrten, obwohl er sich wünschte, dass sie das nicht in so befremdlichen Träumen tun würden. Er konnte nicht verstehen, warum sie seine Entscheidung, sich zu verheiraten, in Frage stellen sollten, doch genau das schienen sie zu tun. Bevor es mit diesen Träumen losgegangen war, war er mit der Wahl seiner Braut und seinen Zukunftsplänen zufrieden gewesen. Und er konnte sich einfach nicht vorstellen, was es mit scharlachroten Elfen und glühenden Dämonen überhaupt auf sich haben sollte.
Plötzlich wurde ihm bewusst, dass er die Dämmerung verpasst hatte, weil er sich so sehr in seinen Gedanken verloren hatte. Diarmot fluchte und ordnete an, ihm sein Badewasser zu bringen. Genug war genug. Krankheit und ein eigenartiger Widerwille mit irgendeinem der willigen Mädchen rund um Clachthrom zu schlafen, hatten ihn ein Jahr lang zum Zölibatär gemacht. Sicher war es das, was seine Gedanken und Träume durcheinander brachte. Diarmot wollte nicht länger nur seine eigenen Gedanken zur Gesellschaft haben.
Als er mit Connor an seiner Seite zur Kirche schritt, wurde Diarmot klar, dass er nicht blindlings zum Altar gehen, seine Braut heiraten und alles hinter sich bringen konnte. Connor war angespannt, weil er das Bedürfnis hatte, etwas zu sagen.
»Nun, was ist los?«
»Ich hatte sehr gehofft, dass du die dritte Möglichkeit wählen würdest«, murmelte Connor. »Und so ging es auch Gilly.«
»Warum?«
»Na ja. Gilly sagt, Margaret sei tatsächlich reizend, schüchtern und gehorsam. Sie sagt aber auch, sie sei, äh, nichtssagend.«
»Nichtssagend? Was heißt das?«
Connor zuckte die Achseln. »Nicht viel Gefühl in dem Mädchen.«
»Gut so«, fuhr Diarmot ihn an, obwohl ihn Gillys Eindruck beunruhigte. »Ich hatte mein Maß an Gefühl. Anabelle ertränkte mich in Gefühlen, guten wie schlechten. Gemütsruhe wäre zur Abwechslung ganz nett.«
»Es könnte auch zum Zähneknirschen langweilig werden.«
»Das macht mir nichts aus.« Er sah weg, um nicht Connors zweifelnden Gesichtsausdruck sehen zu müssen. »Ich mag vielleicht im Bett meiner Frau keinerlei Feuer finden, aber immerhin wird sie da sein, wenn ich zu ihr komme. Sie mag mich vielleicht nicht sehr herzlich willkommen heißen, aber sie wird niemand anderen willkommen heißen, weder Mann noch Frau.«
Connor pfiff leise. »Du hast Anabelle mit einer Frau erwischt?«
»Ja, allerdings floh die Frau, bevor ich sie richtig sehen konnte. Anabelle fand das alles ziemlich lustig. Sagte mir, dass das Mädchen und sie seit Jahren ein Liebespaar seien. Versuchte mir zu erzählen, man könne das nicht als Ehebruch bezeichnen. Ich könnte dich tagelang mit all den Geschichten über Anabelle, ihre Liebhaber und Liebhaberinnen, ihre Wutausbrüche, ihre Tränenausbrüche und ihr Phantasieren unterhalten. Nach all dem klingt das Wort langweilig für mich sehr angenehm.«
Diarmot war erleichtert, als Connor nichts mehr erwiderte. Er mochte die schmerzlichen Erinnerungen an seine Zeit mit Anabelle nicht heraufbeschwören. Andererseits halfen ihm diese Erinnerungen, sich die Gründe für die Wahl von Margaret ins Gedächtnis zu rufen. Er musste dringend Frieden finden, dachte er, und schritt mit einem sichereren Gefühl zur Kirche.
Als er neben seiner Braut niederkniete, kehrten seine Zweifel jedoch Tröpfchen für Tröpfchen zurück. Eine Stimme in seinem Kopf hörte nicht auf, ihm zu sagen, dass dies falsch sei, gab ihm aber auch keine Erklärung dafür. Margarets Hand in seiner war kühl und trocken, ihr Gesichtsausdruck von freundlicher Gelassenheit. Was konnte nur falsch sein?
Gerade als der Priester fragte, ob jemand einen Grund vorbringen wolle, warum Diarmot und Margaret nicht heiraten könnten, wurde es an den Türen zur Kirche unruhig, und eine klare, wütende Frauenstimme sagte: »Ich glaube, ich habe ein oder zwei Gründe.«
Schockiert sah sich Diarmot um, und seine Augen weiteten sich vor Schreck. Eine zierliche Frau mit leuchtend kupferroten Haaren marschierte auf ihn zu. Hinter ihr her kamen acht große, finster dreinschauende rothaarige Männer. Sie hielt ein Bündel auf den Armen, und ein klein gewachsenes, dunkelhaariges Mädchen neben ihr hielt ein zweites.
»Nun, Diarmot«, bemerkte Connor gedehnt und mit schwachem Lächeln, »es scheint, als seien deine Träume Prophetie gewesen.«
»Was?« Diarmot warf einen Blick auf Connor, der langsam aufstand.
»Hast du nicht von einer scharlachroten Elfe und einem Haufen glühender Dämonen geträumt?«
Diarmot beschloss, dass er seinen grinsenden Bruder in den Schlamm werfen würde, sobald er herausgefunden hatte, was hier vor sich ging.
Der Schmerz schien mit jedem Herzschlag durch Ilsa hindurchzujagen, so als würde er von ihrem Blut transportiert. Als man ihnen sagte, dass der Laird of Clachthrom heirate, waren ihre Brüder außer sich vor Wut. Ihr war es nicht anders gegangen, aber sie hatte sich gleichzeitig gewünscht, einfach nur umzukehren und nach Hause zu gehen. Ihre Brüder hatten ihr einen solchen Rückzug verweigert. Während sie sie zu der kleinen Steinkirche hindrängten, hatte sie sowohl gehofft, dass es zu spät war, als auch gefürchtet, dass es zu spät war. Ilsa wusste, dass ihr nichts weiter übrig blieb, als darauf zu hoffen, rechtzeitig wieder genug Verstand und Stärke zu erlangen, um ein Blutvergießen zu verhindern.
Als sie ihren Geliebten, den Vater ihrer Kinder sah, wie er neben einer hübschen, übertrieben jungen Frau sein Eheversprechen murmelte, zerschnitt es ihr das Herz. Dann wurde sie von Wut überwältigt, einer Wut, die aus dem Schmerz und dem Verrat geboren worden war. Sie konnte nicht glauben, dass es vor ihren Brüdern ausgesprochen worden war. Als sie auf Diarmot zumarschierte, der langsam hochtorkelte und seiner hübschen Braut aufhalf, verstärkte sich ihre Wut immer mehr. Er schaute sie an, als hätte er sie noch nie zuvor gesehen.
Er sah noch immer so stattlich aus, dass es ihr bei seinem Anblick das Herz zusammenzog. Groß, gut gebaut, schlank und doch stark, seine Gestalt war das, was sich jede Frau nur wünschen konnte. Sein Haar war von der Farbe kräftigen Kleehonigs, voll und ein bisschen lang hing es mehrere Zentimeter über seine breiten Schultern hinunter. Seine breite Stirn, elegante gerade Nase und sein schön geformter Mund mit einer Andeutung von vollen Lippen formten ein Gesicht, das Ilsa trotz aller Bemühungen, sich ihn aus dem Kopf zu schlagen, ein Jahr lang in ihren Träumen verfolgt hatte. Unter leicht geschwungenen Augenbrauen, die von beneidenswert dunklen Wimpern eingerahmt wurden, lagen Augen von einem wunderschönen tiefen Blau, doch der Blick in sie vermehrte nur ihren Schmerz. Weg war die sanfte Wärme, die sie früher darin gesehen hatte, während er sie fest an sich gezogen und ihr geschworen hatte, dass sie bald wieder zusammen sein würden. Nun war nichts außer kaltem Ärger und Misstrauen darin zu lesen. Sie kämpfte gegen den heftigen Drang an, diesem Blick zu entfliehen, und bemühte sich, an ihrer Wut festzuhalten.
»Welches Recht habt Ihr, diese Zeremonie zu unterbrechen?«, forderte Diarmot zu wissen, wobei er sich sagte, dass der Grund für sein Unbehagen beim Anblick dieser Frau darin lag, dass sie ihn so stark an seine befremdlichen Träume erinnerte.
»Das Recht, dass Ihr mir vor einem Jahr gegeben habt«, antwortete sie.
»Ich habe keine Ahnung, wovon Ihr da brabbelt.«
Diese Dreistigkeit von diesem Mann, dachte sich Ilsa. »Sigimor, zeig ihm bitte die Papiere.«
Während der Rest ihrer Brüder ein wachsames Auge auf die Gäste hatte, von denen einige zunehmend verärgert aussahen, kam ihr ältester Bruder nach vorn und händigte Diarmot alle Papiere aus, die ihre beurkundete Ehe betrafen. Ilsa versuchte zu ignorieren, dass er während deren Lektüre erblasste. Sie bemerkte, dass der große blonde Mann neben Diarmot sie ebenfalls las und ihr dabei immer wieder Blicke zuwarf, die ein Übermaß an Neugierde verrieten.
»Sie scheinen in Ordnung zu sein, Diarmot«, sagte Connor ruhig und nahm die Papiere aus Diarmots schlaffem Griff.
»Was geht hier vor?«, begehrte Margaret zu wissen, wobei sie ihren Arm unter Diarmots schob und versuchte, einen Blick auf die Papiere zu erhaschen.
Da Diarmot nichts weiter unternahm, als dieses Mädchen anzustarren, antwortete Ilsa langsam. »Es scheint, als sei Euer Verlobter bereits verheiratet – mit mir.« Aus dem Tumult, den sie hören konnte, schloss Ilsa, dass die Familie der Braut wütend war, aber sie vertraute darauf, dass ihre Brüder sie zurückhielten. »Diarmot und ich wurden vor einem Jahr unter urkundlicher Bezeugung getraut.«
»Urkundlich bezeugt? Ist das alles? Solche Ehen können leicht außer Kraft gesetzt werden.«
Hin und her gerissen zwischen dem Drang, sie offenen Mundes anzustarren oder sie in ihr hübsches Gesicht zu schlagen, sah Ilsa das Mädchen starr an. Das wirklich Überraschende war, wie wenig Reaktion dieses Mädchen angesichts der Möglichkeit zeigte, dass ihr Verlobter sie hinters Licht geführt hatte und sie fast in eine unrechtmäßige, eine bigamistische Beziehung hineingezogen worden wäre. Wo blieb die Wut, die gerechte Reaktion auf die Beleidigung? Es war nicht einmal ein schwaches Glimmen von Schmerz in den blassblauen Augen des Mädchens zu sehen. Entweder besaß Diarmots hübsche kleine Blaut keinerlei Gefühlstiefe oder sie war schwachsinnig.
»Es ist nicht so einfach zu machen, Margaret«, sagte Diarmot.
»Es ist überhaupt nicht zu machen«, fauchte Ilsa.
Sie entfernte die Decke um Finlay. Aus dem Augenwinkel sah sie, dass Gay die Decke öffnete, in die Cearnach eingewickelt war. Als sie erkannte, dass Gay genauso wütend war wie sie, war Ilsa etwas schockiert. Im Augenblick hatte die Wut allem Anschein nach Gays Ängste gedämpft.
»Deine Söhne, Finlay und Cearnach.« Ilsa nickte, während sie die beiden vorstellte, in die Richtung von jedem Kind. »Sie sind drei Monate alt. Diese Jungen geben mir das Recht, dich als meinen Ehemann einzufordern. Sie zwingen dich aufgrund deines eigenen Gelöbnisses, mich vor Gott und vor Verwandten, von einem Priester zu deiner Ehefrau segnen zu lassen.«
»Nein, das sind nicht meine«, sagte Diarmot.
Ilsa spürte, wie Sigimor einen Schritt näher an Diarmot herantrat, und hörte ihn grollen. Hinter ihr erklang ein Echo dieses wilden Geräuschs, ihre sieben Brüder teilten eindeutig Sigimors Zorn. Obwohl sie selbst heftig erzürnt war, war sie froh, dass die Männer ihre Waffen dem Brauch gemäß vor der Kirche abgelegt hatten.
»Nein, Sigimor«, sagte sie, während sie ihren Sohn wieder in seine Decke wickelte.
»Er beleidigt dich«, schnappte Sigimor. »Er beleidigt uns.«
»Ja, das ist leider wahr, und auch wenn etwas in mir sich wünscht, dass er zu einem Schmutzfleck auf dem Boden zusammengestampft wird, sage ich dennoch ›nein‹. Du warst derjenige, der mich gedrängt hat, ihn ausfindig zu machen, damit er seinen Verpflichtungen nachkommt. Ich kann das nicht tun, wenn du ihn in winzige, blutige Stücke brichst. Es würde auch für die Jungen nicht gut sein, wenn sie erleben müssten, wie ihre Onkel ihren Vater niedermetzeln.«
»Wie kann ich ihr Vater sein?«, fragte Diarmot fordernd. »Ich weiß ja nicht einmal, wer Ihr seid, Frau.«
Diarmot kämpfte gegen das Bedürfnis an, einen Schritt vor der Unverschämtheit und der Wut, die sich von Seiten der Frau und ihrer Begleiter gegen ihn richtete, zurückzuweichen. Das war unmöglich. Jemand versuchte, ihn zu betrügen. Er konnte nicht glauben, dass er seine eigene Frau vergessen hatte, egal, wie schwer seine Verletzungen gewesen waren. Eine Frau mit kupferfarbenem Haar und efeugrünen Augen war sicher etwas, an das sich ein Mann erinnern würde. Er sah sich Hilfe suchend nach Connor um, musste aber feststellen, dass sein Bruder und der Priester sorgfältig die Papiere prüften. Als beide Männer ihn ansahen, fühlte Diarmot, wie Panik sein Blut in Wallung brachte. Der Blick, den sie ihm zuwarfen, verriet ihm, dass er bei ihnen kaum Hilfe finden würde.
»Ist das da auf diesen Papieren Eure Unterschrift?«, fragte der Priester Diarmot.
»Ja, aber –«
»Nein, keine Widerrede, bitte. Diese Papiere bescheinigen, dass Ihr mit dieser Frau verbunden seid«, der Priester schaute auf die Dokumente hinunter, »dieser Ilsa Cameron.« Er warf einen betont auffälligen Blick auf die Zwillinge, bevor er sich wieder Diarmot zuwandte. »Es hat sich erwiesen, dass alles bestens übereinstimmt, infolgedessen ist das die Frau, mit der ich Euch verheiraten werde.«
Bevor Diarmot noch etwas sagen konnte, schwoll unter den Campbells das vereinte Gebrüll ihrer Wut an. Er blickte zu Margaret, auch wenn er nicht so recht wusste, was er sagen oder tun konnte, und sah, dass sie am Altar stand. Sie sah noch immer reizend und ruhig aus, aber in ihren Augen spiegelte sich ein Hauch froher Erwartung. Noch ehe er sich darüber wundern konnte, entdeckte er eine große Faust, die auf ihn zielte, und er duckte sich. Einen Herzschlag später fand er sich in einem Handgemenge aus Fäusten und gebrüllten Drohungen über Vergeltung wieder.
Ilsa zog sich schnell auf die andere Seite der Kirche zurück und spürte, wie eine zitternde Gay ihr folgte. Als sie sich gegen die Wand presste, drückte sich Gay fest an ihre Seite. Ilsa drehte sich um, um mit Gay zu sprechen, und sah eine hübsche, offensichtlich schwangere Frau mit leichtem Silberblick an Gays anderer Seite stehen.
»Ich bin Gillyanne MacEnroy«, sagte diese Frau. »Die Ehefrau von Connor, dem großen Mann, der neben Diarmot stand.«
»Ich bin Ilsa, und das ist Gay.« Ilsa beobachtete, wie die Frau die Zwillinge begutachtete. »Es sind Diarmots Kinder.«
»Ja, ich weiß. Sie haben auch seine Augen.« Gillyanne streichelte leicht Gays Arm. »Beruhige dich, Kind. Keiner dieser Männer wird dich verletzen. Auch wenn sie jetzt groß und laut sind, die MacEnroys und die Camerons würden niemals einem Mädchen Schaden zufügen.«
»Der größte Teil von mir weiß das, Mylady«, sagte Gay, doch dann runzelte sie die Stirn. »Ihr habt die Campbells, die Verwandten der Braut, nicht eingeschlossen.«
»Nein, bei ihnen bin ich mir nicht sicher.« Sie wühlte in den dicken roten Locken auf Cearnachs Kopf. »Süß.«
»Ich hatte gehofft, dass er Diarmots Haar bekommen würde«, murmelte Ilsa, nebenbei bemerkte sie, dass Gillyannes Worte, vielleicht allein schon ihre Anwesenheit, Gay beruhigt hatten.
»Es ist nichts Falsches an rotem Haar, und ich vermute, es wird noch etwas nachdunkeln.« Gillyanne warf einen Blick auf die Männer und fuhr zusammen. »Nanty ist gerade zu Boden gegangen. Ach, da, er steht wieder auf den Beinen.«
Ilsa sah zu den Männern und erkannte, dass zwei weitere Männer ihrem Ehemann ähnlich sahen, sie standen Schulter an Schulter mit Diarmot, Connor und einigen von ihren Brüdern. »Nanty?«
»Antony, Diarmots Bruder. Wir nennen ihn Nanty. Er steht rechts von Diarmot. Angus, ein weiterer Bruder, steht rechts von Connor. Sein Bruder Andrew und seine Schwester Fiona verblieben auf Deilcladach. War das gerade einer von Euren Brüdern, der eben unter all den Campbells verschwunden ist?«
»Ja. Es war Elyas, aber Gilbert und Tait werden ihn bald herausholen. Tait ist mein Zwillingsbruder.«
»Ich hoffe nur, dass das nicht eine erbitterte Fehde zur Folge hat.«
»Oh ja, das wäre ganz sicher ein Fluch. Es würde mir leidtun, der Anlass für solche Schwierigkeiten zu sein. Vielleicht –«
»Nein, kein Vielleicht, kein Zögern. Ihr seid Diarmots Frau.«
Etwas überrascht von den Worten der Frau, fragte Ilsa: »Ihr glaubt mir?«
»Oh ja.« Gillyanne zuckte die Achseln. »Ich spüre etwas, wisst Ihr. Ich fühle die Wahrheit in Euch.« Sie wies mit dem Kopf in Richtung Margaret. »Sie löst ein Gefühl von Unbehaglichkeit in mir aus, und zwar von Anfang an. Ich spüre nichts in ihr. Es gibt einige Leute, darunter mein Ehemann, die einen Schutzschild über ihre Gefühle gelegt zu haben scheinen, den ich nicht durchdringen kann, selbst wenn ich es versuche, aber Lady Margaret wirkt nicht so auf mich. Sie wirkt einfach, nun ja, nichtssagend, wenn das überhaupt einen Sinn ergibt.«
»Einigen«, erwiderte Ilsa eher zu sich selbst, leicht verunsichert durch Lady Gillyannes Worte, doch unfähig, die Ansprüche jener Frau zu hinterfragen. »Mir schien es seltsam, dass sie so wenig Reaktion auf meine Ansprüche gegenüber Diarmot zeigte. Sie blieb ruhig, fast heiter.«
»Ja, sie ist immer ruhig und heiter.«
»Das ist doch nicht natürlich«, murmelte Gay.
Gillyanne lachte weich. »Nein, das ist es nicht.« Sie sah wieder auf Margaret. »Ich habe hin und wieder etwas Verstimmung wahrgenommen, aber die kam und ging so schnell, dass ich nicht wage zu behaupten, dass sie wirklich da war. Ich bin sehr froh, dass Margaret nicht Teil unserer Familie wird.«
Ilsa beobachtete die Frau, die Diarmot hatte heiraten wollen. Margaret stand bei dem Priester, der seinen Versuch aufgegeben hatte, den Kampf zu verhindern, und klug genug war, dem Handgemenge nicht zu nahe zu kommen. Wenn sie gerade dabei gewesen wäre, einen Mann zu heiraten, dann aber die Hochzeit unterbrochen worden wäre, weil plötzlich eine Ehefrau, die er verleugnete, auftauchte, mit Kindern im Arm, dann wäre sie außer sich gewesen vor Wut. Sie wäre genauso verletzt und wütend gewesen, wie sie sich jetzt als Anstifterin all des Ärgers fühlte. Ja, Margaret blieb ruhig, ihre Hände waren vor ihren Röcken leicht gefaltet. Es schien ihr nicht einmal etwas auszumachen, dass ihre Verwandten gründlich besiegt wurden und dass dieser Vorfall sich leicht zu einer blutigen Fehde ausweiten konnte, die jahrelang andauern konnte. Ilsa fühlte sich allein schon beim Beobachten dieser Frau unbehaglich und sah wieder zu Gillyanne.
»Bestenfalls scheint sie über all das leicht amüsiert zu sein«, flüsterte Ilsa. »Ich besitze nicht Eure Gabe, aber etwas Geschick darin, zu spüren, was ein Mensch denkt oder fühlt. Oder wenigstens glaubte ich es zu besitzen.«
»Aber Ihr besitzt es, Ilsa«, sagte Gay.
»Wirklich?« Ilsa seufzte. »Wenn ja, dann hat es mich bei Diarmot vollkommen im Stich gelassen. Ich hielt ihn für aufrichtig, vertrauenswürdig, doch er behauptet, dass er nichts weiß von mir oder von unserer Ehebeurkundung. Ich lag offensichtlich mit meinem Urteil über ihn sehr falsch.«
»Nein, Ihr hattet recht«, erwiderte Gillyanne. »Er ist aufrichtig und vertrauenswürdig.«
»Aber er sagte –«
»Eine Menge Unsinn. Unglücklicherweise glaubt er vermutlich, was er sagt. Das ist möglich, weil es auf gewisse Weise die Wahrheit sein mag. Kurz nachdem er Euch verlassen hat, Ilsa, wurde Diarmot überfallen und fast totgeschlagen. Er schaffte es bis zur Hütte eines Kleinpächters, dann konnte er nicht mehr weiter. Er wusste gerade noch so viel, dass er dem Mann dort sagen konnte, wen er ausfindig machen sollte, und dieser Mann schickte eine Nachricht zu Connor auf Deilcladach. Wir holten ihn, und ich tat alles in meiner Macht Stehende. Trotzdem waren wir nicht sicher, ob er überleben würde. Sobald wir zurück auf Deilcladach waren, sandten wir nach meiner Tante Maldie Murray, einer anerkannten Heilkundigen. Doch auch trotz ihrer großen Fähigkeiten dauerte es lange, bis wir alle zuversichtlich waren, dass er leben würde. Diarmot bestand darauf, hierher zurückzukehren, und als wir sicher waren, dass er die Reise überstehen würde, brachten wir ihn nach Clachthrom. Seine Genesung nahm lange Zeit in Anspruch, und ich bin, um ehrlich zu sein, erstaunt, dass er so gut wiederhergestellt ist. Wie auch immer, so gesund er körperlich wieder ist, sein Gehirn bleibt, sagen wir, verletzt.«
»Was meint Ihr damit?«
»Er kann sich an nichts aus jener Zeit erinnern. Er weiß nicht, warum er da war, wo er war, wann oder wie er überfallen wurde und von wem. Er hat kaum eine Erinnerung an seine schlimmsten Schmerzen und seine Krankheit, ebenso wenig an die Zeit seiner Heilung. Diarmot erinnert sich tatsächlich nicht an Euch.« Gillyanne lächelte schwach, als Ilsa sie stirnrunzelnd ansah. »Das ist schwer zu glauben, ich weiß.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass Ihr lügt.«
»Nein, aber Ihr glaubt, dass Diarmot es tut.«
Ilsa zuckte die Achseln und seufzte. »Ich weiß nicht, was ich glaube. Eine Ehefrau zu vergessen? Und die Zeit mit mir lag vor dem Überfall, warum sollte also seine Erinnerung daran ihn im Stich lassen?«
»Wer weiß? Versucht bitte, Euer Herz und Euern Verstand nicht durch Zorn und verletzte Gefühle verschließen zu lassen.«
Gillyanne blickte zu den Männern.
»Ihr solltet versuchen, neu anzufangen. Ich weiß allerdings, dass das nicht leicht sein wird.«
»Nein, das wird es nicht sein.« Ilsa fuhr zusammen, als ein Campbell über die Kirchenbänke hinwegzufliegen schien und nahe der Tür aufschlug.«
»Oh je«, sagte Gay, »Sigimor ist äußerst wütend. Er wirft Männer durch die Gegend.«
»Ja.« Ilsa lächelte kurz der kichernden Gillyanne zu. »Mit diesem Unsinn wird bald Schluss sein. Sobald die Campbells feststellen, wie viele von ihnen in der Nähe der Wände auf einem ächzenden Haufen enden, werden sie klein beigeben.«
»Euer Bruder beendet oftmals einen Kampf auf diese Weise, oder?«, fragte Gillyanne.
»Er sagt, dass sie, wenn sie nicht den Verstand haben, liegen zu bleiben, nachdem er sie niedergeschlagen hat, es verdienen, weggeworfen zu werden.« Sie schüttelte den Kopf, als ein weiterer Campbell in Richtung Wand flog, aber sie bemerkte auch, dass das Bedürfnis weiterzukämpfen langsam von denen wich, die noch immer ihren Brüdern und den MacEnroys gegenübertraten. »Tait sagt, Sigimor sei es nur leid, ihnen Schläge zu versetzen, und möchte, dass sie abhauen. Ich denke, dass er es einmal gemacht hat, gesehen hat, wie sie daraufhin zögerten oder aufgaben, und beschlossen hat, dass es eine wunderbare Kampftaktik sei.«
»Tja, das ist es. Ich sehe schon, mein Ehemann stimmt herzlich damit überein.« Gillyanne sah Ilsa an.
Als diese Frau fortfuhr, sie prüfend zu beobachten, ohne aber etwas zu sagen, begann Ilsa sich unbehaglich zu fühlen. »Was ist?«
»Liebt den Dummkopf, wie Ihr es tut, Ilsa Cameron. Es wird Zeit brauchen, bevor alles in Ordnung kommt, aber es wird eine gut angewendete Zeit sein. Aha, der Priester wagt sich nach vorn, um zu versuchen, die Gemüter zu beruhigen.«
Ilsa wollte die Frau fragen, was sie mit diesen Worten gemeint habe, erwartete allerdings nicht, eine Antwort zu erhalten. Wenn Lady Gillyanne mehr hätte sagen wollen, dann hätte sie das gemacht. Das bezweifelte Ilsa nicht. Sie schüttelte innerlich den Kopf. Diese Frau hatte sie schnell akzeptiert, fast ohne eine Frage zu stellen. Dennoch empfand Ilsa kein großes Misstrauen deshalb, was an sich sehr ungewöhnlich war. Sie wandte ihre Aufmerksamkeit den Männern zu, die mit dem Priester und untereinander stritten.
»Er brachte Schande über meine Tochter«, fuhr Sir Lesley Campbell auf und funkelte Diarmot und den Priester an. »Das beleidigt mich und meine Familie.«
»Es war keine absichtliche Geringschätzung«, erwiderte Vater Goudie.
»Ich wusste nicht, dass ich eine Frau habe, beurkundet oder sonstwie«, murrte Diarmot.
»Wie könnt Ihr eine Ehefrau vergessen?«, forderte Sir Lesley zu wissen. »Erwartet Ihr von mir wirklich, dass ich das glaube?«
»Ich glaube, dass ich Euch von meinen Verletzungen und dem Verlust meines Gedächtnisses erzählt habe, als wir diese Heirat verabredeten.«
Diarmot musste nicht erst auf die Camerons sehen, um zu wissen, dass sie seine Behauptung ebenfalls anzweifelten. Er konnte ihre Wut und ihr Misstrauen beinahe körperlich spüren.
»Ihr werdet dafür bezahlen, MacEnroy. Ihr solltet meine Tochter zur Frau nehmen, sie zur Herrin dieser Burg machen.«
»Nun, es scheint, als könne er dies nicht machen, oder?«, sagte Sigimor. »Er hat meine Schwester vor fast einem Jahr urkundlich geheiratet, und jene Kinder geben ihr das Recht, ihn als Ehemann zu beanspruchen.«
»Wenn die Kinder wirklich von ihm sind«, fauchte Sir Campbell, er machte allerdings einen Schritt rückwärts, als Sigimor sich auf ihn zubewegte.
»In meiner Kirche wird es keinen Kampf mehr geben«, rief Vater Goudie und bremste damit Sigimors Vorrücken, während er Sir Campbell streng ansah. »Die Papiere, die Lady Cameron besitzt, sind für mich Beweis genug. Ich weiß außerdem, dass Sir Diarmot schwer krank war. Ich glaube ihm, wenn er sagt, er könne sich nicht daran erinnern, schon eine Frau zu haben. Dies war nichts anderes als ein unverschuldeter Irrtum und tatsächlich keine Beleidigung. Und damit sollte alles ein Ende haben.«
»Ach ja, Ihr würdet das also so sehen? Ja?«, sagte Sir Campbell, der in seiner Wut dreist wurde, sobald Sigimor einen Schritt zurückgetreten war. »Ihr seid ein Goudie, also von einem Clan, der mit den MacEnroys verbündet ist.«
Vater Goudie stand sehr aufrecht, sein Gesichtsausdruck und seine Stimme waren kalt. »Ihr werdet beleidigend. Ich bin ein Priester. Meine obersten Verbündeten sind Gott, die Kirche und die Wahrheit. Ihr würdet gut daran tun, Eure Flüche und Behauptungen einzustellen und Gott zu danken, dass die Wahrheit ans Licht kam, bevor Eure Tochter sich als illegitime Ehefrau in einer bigamistischen Ehe wiedergefunden hat.«
Sir Campbell blitzte den Priester zornig an, sagte aber nichts mehr, sondern sah einfach zu seiner Tochter. »Komm. Margaret.«
Als seine ehemalige Verlobte an ihm vorbeiging, blickte Diarmot sie an, unfähig etwas Entschuldigendes zu sagen. Sie lächelte schüchtern, und er runzelte innerlich die Stirn. Ihr liebliches Gesicht und ihre blauen Augen wirkten fast ausdruckslos. Margaret war so gelassen wie immer, doch das ergab überhaupt keinen Sinn. Diarmot wusste, dass sie keine Liebesheirat eingegangen wären, trotzdem sollte dieses Mädchen doch wenigstens verärgert sein. Er begann sich zu fragen, ob das, was er als lieblichen, nachgiebigen Charakterzug angesehen hatte, in Wirklichkeit tiefste Stumpfsinnigkeit war.
»Es wird am Ende alles gut werden«, murmelte sie und ließ sich von ihrem Vater fortziehen.
Diarmot bemerkte, dass jeder Margaret mit dem gleichen verwirrten Blick nachschaute, den vermutlich auch er ihr hinterherschickte. »Was meinte sie damit?«
»Vielleicht ist sie nachsichtig«, schlug Vater Goudie vor. »Sie versteht, dass das alles ein unverschuldeter Irrtum ist, und wünscht Euch alles Gute für die Erneuerung Eurer Ehe mit Lady Ilsa. Sollen wir mit der Zeremonie beginnen?«
Es lag Diarmot auf der Zunge zu sagen, dass Goudie unmöglich solch ein naiver Mensch sein könne, aber er verbiss sich diese Worte. Stattdessen konzentrierte er sich auf den Wink, nun die Frau mit dem kupferfarbenen Haar zu heiraten, die behauptete, dass sie urkundlich miteinander verheiratet seien. Es interessierte ihn nicht, mit welchen Papieren sie wedelte, er war sich sicher, dass er Opfer eines erbärmlichen Täuschungsmanövers war.
»Ich glaube nicht«, begann Diarmot, doch Connor zog ihn einige Meter weit weg von den grollenden Camerons. »Das hier hat sich zu einem falschen Spiel entwickelt, Connor.«
»Nein, das glaube ich nicht«, erwiderte Connor. »Die Dokumente sehen zu echt aus.« Er warf einen Blick auf die kleine Menschenansammlung im hinteren Teil der Kirche, viele davon waren ins Innere geschlüpft, nachdem die Campbells abgezogen waren. »Ich rechne damit, dass einige von diesen Leuten Zeugen sind.« Dann sah er auf seine Frau, die noch immer nah bei Lady Ilsa stand. »Gillyanne hat alles anerkannt.«
Diarmot folgte dem Blick seines Bruders, sah Gillyanne neben Lady Ilsa stehen und fühlte, wie ihn fröstelte. »Sie hat Margaret nie gemocht.«
»Warum verhältst du dich in diesem Fall so widerspenstig? Du hast eine Frau gesucht. Na gut, es sieht so aus, als hättest du eine gefunden.«
»Sie ist nicht das, was ich gesucht habe.«
»Nein? Sie ist ein gut aussehendes Mädchen und hat dir zwei gesunde Söhne geschenkt, und zwar legitime.«
»Wenn ihre Ansprüche der Wahrheit entsprechen.« Diarmot schnitt eine Grimasse und fuhr sich mit den Händen durchs Haar. »Sie ist nicht das, was ich gesucht habe«, wiederholte er ein wenig hilflos. »Sie ist nicht ruhig und nicht reizend. Sie wirkt so, als ob sie zu heftigen Gefühlen neigt, und das will ich nicht.«
Connor fluchte leise. »Sie ist gekommen, um den Ehemann zu suchen, von dem sie dachte, dass sie ihn hat – einen Ehemann, von dem sie ein Jahr lang nichts mehr gehört hat –, nur um feststellen zu müssen, dass er gerade dabei ist, eine andere zu heiraten. Das würde in jedem Mädchen heftige Gefühle erregen, sofern sie einigen Verstand oder ein Herz hat.«
Das war eine betonte Anspielung auf Margarets völlige Gelassenheit, aber Diarmot konnte sich nicht dazu überreden, dieses Mädchen zu verteidigen. Margarets völliger Gefühlsmangel in einer solchen Situation war seltsam. »Sie ist zu dünn und zu rothaarig.« Er fluchte, als ihm Connor auf den Hinterkopf schlug.
»Du hast sie vor einem Jahr eindeutig als reizvoll empfunden. Ja, sie mag nicht reizend und ruhig sein, und ihre Kurven sind nur schwach ausgeprägt, aber diese Kinder beweisen, dass sie dir ihren Dienst tun werden. Wenn ich es richtig beurteile, wird es auch nicht viel Mitgift geben. Doch es ist offensichtlich, dass dich dieser Mangel vor einem Jahr nicht weiter gestört hat.« Connor zog eine Augenbraue hoch. »Noch weitere Einwände gegen das, was du tun solltest?«
Diarmot schaute Connor nur finster an und schüttelte langsam den Kopf. Er könnte vielleicht noch weitere Einwände anbringen, aber Connor würde einfach fortfahren, sie mit Leichtigkeit vom Tisch zu fegen. Allem, was er jetzt sagen würde, konnte ohne weiteres die Tatsache entgegengehalten werden, dass es ihn vor einem Jahr offensichtlich kein Zögern gekostet hatte, dieser Frau sein Wort zu geben, zumindest würden die Camerons das alle so glauben lassen.
»Woher weißt du, dass ich diese Dokumente aus meinem eigenen freien Willen unterzeichnet habe?«, fragte er schließlich.
»Und woher weißt du, dass du das nicht hast? Du kannst dich sicher nicht daran erinnern. Ich glaube an die Echtheit der Papiere und daran, dass hier kein Spiel gespielt wird. Es scheint so, als würde Gilly das auch glauben. Wenn hier keine List vorliegt, schuldest du dem Mädchen das Ehegelübde vor einem Priester. Und wenn es eine List sein sollte, wäre es dann nicht klug, sie nah bei dir zu haben? Du sagst, du kannst dich nicht daran erinnern, dass sie deine Geliebte oder Frau gewesen ist. Du kannst dich auch nicht daran erinnern, wer dein Feind war. Heirate sie. Wenn dies nur eine List ist, eine Lüge, dann wird das ausreichen, um die Ehe zu trennen. Spiel das Spiel im Moment mit.«
Was Connor gesagt hatte, war ausgesprochen sinnvoll. Diarmot fragte sich, warum er noch zögerte, aber er zögerte eben. Als er Ilsa betrachtete, fühlte er, wie die verschiedensten Gefühle in ihm wach wurden, und er vermutete, dass genau das der Grund war. Er wollte keine Gefühle. Er wollte Seelenfrieden. Und auch wenn er nicht ganz erkennen konnte, was er eigentlich empfand, so war es doch kein Frieden. Er holte tief Atem, um sich innerlich zu festigen, und ging auf Lady Ilsa Cameron zu.
Ilsa hatte keine Möglichkeit, sich über die Angelegenheit zu beschweren oder darüber zu sprechen, bevor sie sich neben Diarmot kniend wiederfand. Etwas benommen legte sie vor Vater Goudie ihr Eheversprechen ab. Diarmot zögerte nicht, das seine abzulegen, aber in seiner Stimme schwang währenddessen kalte Wut, und diese ließ die Worte, nach denen sie sich so sehr gesehnt hatte, nur zu einer weiteren Form von Verletzung werden. Sein Kuss, mit dem er ihr Ehegelöbnis besiegelte, war ebenfalls kalt und hastig.
Sie wusste nicht, was sie sagen sollte, als sie Finlay wieder auf den Arm nahm und Gillyanne, die so nett gewesen war, ihn zu halten, schwach anlächelte. Auch sonst schien niemand etwas sagen zu wollen. Diarmots Hand auf ihrem Arm fühlte sich etwas zu sehr nach Handschellen an. Diese Hochzeit war so weit von ihren mädchenhaften Vorstellungen entfernt, dass sie, wie sie selbst wusste, unter Schock stand. Erst als sie die Burg betraten, war sie wieder so weit zur Besinnung gekommen, um zu erkennen, dass sie erst ihre Söhne versorgen musste, bevor sie sich weiteren Erschütterungen oder Zurücksetzungen auszusetzen hatte.
»Habt Ihr eine Kemenate für die Kinder?«, fragte sie Diarmot und widersetzte sich endlich seinem Zerren an ihrem Arm, womit sie ihn zwang, stehen zu bleiben und sie anzusehen. »Gay und ich müssen die Kinder stillen und wickeln.« Sie fühlte sich sehr unbehaglich, als er langsam lächelte.
»Die Kemenate für die Kinder«, murmelte er und begann, sie zu den engen Steinstufen zu führen, die in die oberen Stockwerke führten. »Erlaubt mir, Euch dorthin zu bringen.«
Ein murrender Protest kam von Diarmots Familie, aber er überging ihn. Ilsa war sich nicht sicher, warum die MacEnroys nicht wollten, dass er sie zur Kinderkemenate brachte, oder warum Diarmot viel zu erfreut schien, sie dorthin zu bringen. Sie verstand auch nicht, warum sie sich plötzlich wünschte, nicht dorthin zu gehen, aber es war so.
Diarmot hielt vor der Tür an, öffnete sie und winkte sie und Gay mit einer herrischen Bewegung in den Raum. Ilsa machte ein paar Schritte hinein, blieb stehen und starrte auf die sechs kleinen Kinder, die ihrem Vater Grußworte zuriefen. Ein Teil von ihr, jener Teil, der bestens zu gutem Benehmen erzogen worden war, ließ sie jedem Kind höflich zunicken, während Diarmot sie vorstellte.
»Werft Eure einfach zu den andern«, sagte Diarmot und ging weg.
Als Ilsa hörte, wie die Tür hinter ihm ins Schloss fiel, hatte sie den verrückten Gedanken, dass es klang, wie wenn der Deckel eines Sargs über all den Hoffnungen und Träumen, die sie jemals hatte, zugenagelt würde.
»Mylady, lasst mich das Kind nehmen. Ich glaube, ihr haltet ihn etwas zu fest.«
Ilsa zwinkerte und blickte auf eine mollige ältere Frau, die vor ihr stand. Diese Frau war bestimmt in den Dreißigern, ein Silberhauch zog sich über ihr dunkles Haar, und sie hatte ein rundes freundliches Gesicht. Sympathie spiegelte sich in ihren Augen, und Ilsa spürte, wie dies ein Stück weit den Schock, der sie so fest im Griff hatte, durchdrang. Finlays sanftes Wimmern überzeugte sie, und sie übergab ihren Sohn jener Frau. Ilsa war bewusst, dass sie ihren Babys nicht die Aufmerksamkeit schenken konnte, die sie brauchten, solange sie ihre tobenden Gefühle nicht etwas unter Kontrolle bringen konnte. Sie wusste auch, dass ihre Fassungslosigkeit die Zwillinge reizen konnte.
»Und wer bist du?«, fragte sie, überrascht, wie ruhig und gleichförmig ihre Stimme klang. »Ich fürchte, ich habe die Vorstellung nicht sehr aufmerksam verfolgt.«
»Das überrascht mich nicht. Weiß nicht, was der Junge sich dabei gedacht hat, was für ein dummes Spiel er spielte. Werft sie zu den anderen, sagte er. Ihm müssen die Ohren lang gezogen werden, das ist es. Ich bin Mistress Fraser, aber die meisten nennen mich Fraser oder Amme.« Die Frau machte einen Knicks. »Mein Vorname ist Mary müsst Ihr wissen, und es gibt hier eine Menge Marys. Mochte es nicht, wie sie versucht haben, ein Wort vor Mary zu setzen, um mich von den anderen zu unterscheiden, also nur Fraser oder Amme.«
»Erfreut, dich kennenzulernen, Fraser.« Ilsa berührte Gays Schulter. »Dies ist Gay. Sie hilft mir dabei, die Zwillinge zu füttern und zu versorgen.« Ilsa bemerkte Neugierde in den Augen der Frau, aber Fraser drängte sie nicht zu irgendeiner Erklärung, sondern zog nur die Kinder näher heran und stellte sie eines nach dem anderen vor.
Da gab es Alice, ein hübsches kleines Mädchen, drei Jahre alt, mit vollen blonden Locken und großen braunen Augen. Hinter vorgehaltener Hand, aber nicht sehr leise erklärte sie, dass das Mädchen Diarmots einziges legitimes Kind sei und aus seiner ersten Ehe mit einer Frau namens Anabelle stammte. Es wäre schön gewesen, wenn ihr Diarmot erzählt hätte, dass er schon einmal verheiratet gewesen war, dachte sich Ilsa, während Fraser Ivy vorstellte, ein fünfjähriges Mädchen mit blondem Haar und blauen Augen. Danach kam Odo, ein kräftiger kleiner Junge, ebenfalls fünf Jahre alt, mit braunem Haar und blauen Augen. Ein schüchterner kleiner Junge, der vier war und Aulay hieß, schien alle Schattierungen von Braun aufzuweisen, angefangen bei seinem vollen Haar über seine großen dunkelbraunen Augen bis zu seinem leicht dunkelhäutigen Aussehen. Ewart, zwei Jahre alt, war ein auffallend schöner kleiner Junge mit dicken schwarzen Locken und leuchtendblauen Augen. Zuletzt wurde ihr ein schmächtiger Junge namens Gregor vorgestellt. Dieser Junge war ebenfalls zwei, hatte dunkelblondes Haar und helle graue Augen.
Fünf uneheliche Kinder, dachte sie. Einige in der Zeit vor seiner Ehe, einige während seiner Ehe gezeugt. Diarmot hielt offensichtlich seine Ehegelübde nicht in Ehren.
Zwei Kinder im Alter von fünf Jahren und zwei Kinder im Alter von zwei Jahren verrieten, dass Diarmot nicht einmal einer Geliebten gegenüber treu war, geschweige denn seiner Ehefrau.
Ihre Zukunft schien schwärzer und schwärzer zu werden, dachte sie mit einem Seufzen.
Als Fraser den neuen Geschwistern Cearnach und Finlay vorstellte, spürte Ilsa, wie der Schock, der sie betäubt hatte, langsam von einer versengend heißen Wut verdrängt wurde. Selbst die Feststellung, dass keine Kinder darunter waren, deren Alter eine Untreue Diarmots ihr gegenüber verraten hätte, konnte ihren Zorn nicht dämpfen. Er hatte seine Saat offensichtlich weit und breit ausgesät und seiner ersten Frau gegenüber keinerlei Treue gehalten. Er hatte ihr nie erzählt, dass er schon einmal verheiratet gewesen war. Er hatte ihr nie erzählt, dass er eine kleine Horde unehelicher Kinder hatte. Diarmot konnte nicht behaupten, solch ziemlich wichtige Tatsachen vergessen zu haben, da ihre gemeinsame Zeit vor seiner Verletzung gelegen hatte. Er hatte sie angelogen, sie hinters Licht geführt. Sie konnte nicht anders als sich fragen, wie weit diese Irreführung gegangen war, ob alles, was zwischen ihnen war, ebenfalls eine Lüge war.
Und die Art und Weise, wie er sie in diese Kemenate gestoßen hatte, dachte sie und ballte dabei ihre Hände zu Fäusten, war grausam und beleidigend. Ilsa war sich sicher, dass der Mann es als Beleidigung gemeint hatte.
Diarmot hatte mit seinen Abschiedsworten seine Söhne ebenfalls beleidigt. Das durfte nicht zugelassen werden. Wenn er sie und ihre Ehe wirklich vergessen hatte, hatte er ein Recht auf Zweifel.