Die Tempelschwestern. Band 2 - Georg Ebers - E-Book

Die Tempelschwestern. Band 2 E-Book

Georg Ebers

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Beschreibung

DIE TEMPELSCHWESTERN Ägypten im Jahre 164 vor unserer Zeit: Zwei Schwestern sollen Dienerinnen im Tempel des Gottes Serapis werden. Doch ihre Schönheit bleibt auch den Sterblichen nicht verborgen und weckt Begehrlichkeiten. Und der Tempel birgt ein eigenes Geheimnis… Der zweibändige historische Roman »Die Tempelschwestern« spielt im Alexandria des zweiten Jahrhunderts vor Christus. Dem Historiker und Ägyptologen Georg Ebers gelingt die Verbindung von geschichtlich korrekter Darstellung und fiktiver Erzählung. Der altertümlich anmutende Sprachstil trägt zusätzlich zur authentischen Gesamtwirkung des Werkes bei. Diejenigen Leserinnen und Leser, die die Qualität eines historischen Romans auch in seiner Realitätsnähe erkennen, werden mit diesem Buch einen lohnenden Fund machen. Der historische Roman umfasst ca. 450 Seiten und liegt hier in einer zweibändigen und überarbeiteten Neuauflage vor. Dieses ist der zweite von zwei Bänden. Der Umfang des zweiten Bandes entspricht ca. 250 Buchseiten. CHRONIKEN DES SCHWARZEN LANDES Der zweibändige historische Roman »Die Tempelschwestern« bildet zugleich die Teile 7 und 8 der episch angelegten Reihe »CHRONIKEN DES SCHWARZEN LANDES«. Diese Reihe behandelt in eigenständigen Geschichten verschiedene Epochen des Alten Ägyptens. Die eigenständigen Geschichten können unabhängig voneinander gelesen werden. In ihrer Gesamtheit vermitteln sie den Leserinnen und Lesern auf unterhaltsame und spannende Weise einen soliden Wissensstand über Geschichte, Kultur, Religion und Alltagsleben des antiken Reiches, das seine Macht auf das fruchtbare Delta des Nils fußte und von seinen Einwohnern einst »Kemet« genannt wurde: »Schwarzes Land«.

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GEORG EBERS

 

 

DIE

TEMPELSCHWESTERN

 

Historischer Roman

in zwei Bänden

 

 

BAND 2

DAS GEHEIMNIS DES TEMPELS

 

 

 

 

 

 

Dieses Buch ist Teil der BRUNNAKR Edition: Fantasy, Historische Romane, Legenden & Mythen.

 

BRUNNAKR ist ein Imprint des apebook Verlags.

 

Nähere Informationen am Ende des Buches oder auf:

www.apebook.de

 

1. Auflage 2020

V 1.1

 

 

ISBN 978-3-96130-359-5

 

Buchgestaltung/Coverdesign: SKRIPTART

www.skriptart.de

 

Alle Rechte vorbehalten.

© BRUNNAKR/apebook 2020

 

 

 

 

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DIE TEMPELSCHWESTERN

 

Band I

Band II

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Inhaltsverzeichnis

DIE TEMPELSCHWESTERN. Band 2: Das Geheimnis des Tempels

Frontispiz

Impressum

Vorbemerkung

Karte

ZWEITER BAND: Das Geheimnis des Tempels

Erstes Kapitel.

Zweites Kapitel.

Drittes Kapitel.

Viertes Kapitel.

Fünftes Kapitel.

Sechstes Kapitel.

Siebentes Kapitel.

Achtes Kapitel.

Neuntes Kapitel.

Zehntes Kapitel.

Elftes Kapitel.

Zwölftes Kapitel.

Dreizehntes Kapitel.

Eine kleine Bitte

Chroniken des Schwarzen Landes

BRUNNAKR Edition

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Zu guter Letzt

Vorbemerkung

 

Die nachfolgende Geschichte spielt im Alten Ägypten, zu einer Zeit, die so weit entfernt liegt von der unsrigen, dass wir Mühe haben, uns in die damalige Lebenswelt einzufinden - zumal die geschilderten Begebenheiten in einem uns fremden Kulturkreis stattfinden. Die dargestellten Gepflogenheiten in Kultur, Religion und Leben entsprechen jedoch exakt dem Kenntnisstand der Geschichtswissenschaft des 19. Jahrhunderts. Der Autor der Bücher, Georg Ebers, zählt zu den bedeutendsten Ägyptologen der Welt. Somit werden die Leserinnen und Leser dieser Geschichte nicht nur in eine fremde Welt in längst vergangener Zeit entführt, sondern werden auch sehr viel lernen über das Leben im Alten Ägypten.

 

Die Sprache der Geschichte ist für heutige Leserinnen und Leser in einer zunächst ungewohnten Rechtschreibung verfasst. Dabei handelt es sich aber nicht um Fehler, sondern um eine antiquierte Schreibweise, die die altertümliche Stimmung des historischen Romans unterstützt. Die geneigte Leserin und der geneigte Leser werden schnell bemerken, dass nach einer kurzen Phase der Eingewöhnung die gewählte Form nicht mehr den Lesefluss hemmt, sondern die eben besagte Wirkung entfaltet. Wer sich an dieser Schreibweise jedoch stört, dem sei von der Lektüre und dem Erwerb der Bücher von vornherein abgeraten.

 

Der zweibändige historische Roman »Die Tempelschwestern« bildet zugleich die Teile 7 und 8 der episch angelegten Reihe »CHRONIKEN DES SCHWARZEN LANDES«. Diese Reihe behandelt in eigenständigen Geschichten verschiedene Epochen des Alten Ägyptens. Die einzelnen Romane sind in chronologischer Reihenfolge:

 

Uarda (3 Bände)

Die Königstochter (3 Bände)

Die Tempelschwestern (2 Bände)

Kleopatra (2 Bände)

Der Kaiser (3 Bände)

Homo sum (2 Bände)

Per Aspera (2 Bände)

Serapis (2 Bände)

Die Nilbraut (3 Bände)

 

Die eigenständigen Geschichten können unabhängig voneinander gelesen werden. In ihrer Gesamtheit vermitteln sie den Leserinnen und Lesern auf unterhaltsame und spannende Weise einen soliden Wissensstand über Geschichte, Kultur, Religion und Alltagsleben des antiken Reiches, das seine Macht auf das fruchtbare Delta des Nils fußte und von seinen Einwohnern einst »Kemet« genannt wurde: »Schwarzes Land«.

 

 

 

 

 

 

 

KARTE

des

ALTEN ÄGYPTEN

 

 

ZWEITER BAND

 

DAS GEHEIMNIS DES TEMPELS

Erstes Kapitel.

Wagen auf Wagen jagte aus der hohen Pforte des Königspalastes in die vom Schlummer der Nacht umfangene Stadt.

In dem großen Festsaale war es still geworden, und dunkelfarbige Sklaven begannen beim spärlichen Lichte einiger Lampen, die nicht verlöscht worden waren, den Mosaikfußboden, auf dem Rosen und andere, aus welkenden Epheu und Pappelkränzen gefallene Blätter umherlagen und verschütteter Wein dunkel glänzte, mit Besen und Schwämmen zu säubern.

Ein junger Flötenspieler saß, übermannt von Schläfrigkeit und Wein, in einer Ecke.

Der Pappelkranz, der seine Locken geschmückt hatte, war ihm von der Stirn geglitten und verdeckte sein hübsches Gesicht, seine Flöte aber hielt er auch im Schlafe fest mit den Fingern umspannt.

Die Diener ließen ihn ruhen und hantirten gleichgültig um ihn herum; nur ein Aufseher zeigte auf ihn mit dem Finger und sagte lachend:

»Seine Kameraden gingen auch nicht nüchterner nach Hause, als Der da. Ein hübscher Junge ist es und dazu der Liebste der schönen Chloë; die wird ihn heute umsonst erwarten.«

»Vielleicht auch morgen,« entgegnete der Andere, »denn wenn der Dicke sie sieht, so hat sie dem armen Damon am längsten gehört.«

Aber der Dicke, wie die Alexandriner und mit ihnen die anderen Aegypter den König Euergetes benannten, dachte in dieser Stunde an keine Chloë und ihresgleichen.

Er befand sich in dem zu seiner glänzend eingerichteten Wohnung gehörenden Bade.

Völlig entkleidet stand er in dem lauwarmen Naß, welches ein großes Bassin von weißem Marmor ganz erfüllte. In der blanken Oberfläche des duftenden Wassers spiegelten sich die Bildsäulen von jungen Nymphen, die vor verliebten Satyrn flohen, und das glänzende Licht vieler von der Decke herabhängender Lampen.

An der einen Schmalseite dieses Beckens lag die bärtige Männergestalt des Nilgottes, auf der sechzehn Kindergestalten, welche die Zahl der Ellen verbildlichten, deren der Strom Aegyptens zu einem günstigen Wachsthum bedurfte, zu ihrer eigenen und ihres stattlichen Vaters Lust und Freude umherkletterten.

Aus der Vase, auf welche der würdige Greis seinen Arm stützte, quoll ein reichlicher Strom von kaltem Wasser, das fünf schöne Jünglinge in schlank geformten Alabastervasen auffingen, um es über das Haupt, die ungeheuren Muskelberge an der Brust, dem Rücken und den Armen des jungen badenden Königs zu gießen.

»Mehr, mehr, immer mehr!« rief Euergetes, da die Jünglinge mit dem Schöpfen und Gießen inne zu halten begannen, und als sich nun ein neuer Wasserstrom über ihn ergoß, schnaufte und prustete er vor Behagen und weithin spritzten dichte Wasserstrahlen, sobald der Sturmhauch seiner Lungen das über ihn fortstürzende Naß berührte.

Endlich rief er ein lautes »Genug!«, stürzte sich mit seiner ganzen Schwere in das Wasser, so daß es so hoch aufspritzte, als habe man einen Felsblock hineingeschleudert, hielt sich eine Zeitlang unter der Oberfläche des feuchten Elementes und stieg dann auf marmornen Stufen aus dem Bade, schüttelte dabei muthwillig und kräftig sein Haupt, um mit knabenhaftem Uebermuth seine am Rande des Beckens stehenden Freunde und Diener völlig zu durchnässen, ließ sich mit schneeweißen und durchsichtig feinen leinenen Tüchern umwickeln, mit kostbaren Essenzen von zartem Duft bespritzen und trat in ein kleines, rings mit bunten Teppichen bekleidetes Gemach.

Dort warf er sich auf einen Hügel von weichen Kissen nieder und sagte tief athmend:

»Nun ist mir wohl und ich bin wieder so nüchtern wie ein Kind, das noch nichts Anderes als die Milch seiner Mutter zu kosten bekam. Pindar hat Recht! Nichts ist besser als Wasser! Es löscht auch die heiße Glut, die der Wein in unseren Herzen und Köpfen entzündet. Hab' ich vorhin viel dummes Zeug geschwatzt, Hierax?«

Der also Angeredete, der Befehlshaber der Truppen des Königs und sein bevorzugter Freund, warf einen fragenden Blick auf die übrigen Anwesenden; da ihm Euergetes aber unbekümmert zu reden befahl, so entgegnete er:

»Bis zur Thorheit entkräftet selbst der Wein nie einen Geist wie den Deinen, aber unvorsichtig bist Du gewesen. Ein Wunder wär' es, wenn Philometor nicht gemerkt haben sollte . . .«

»Vortrefflich!« unterbrach ihn der König und richtete sich auf seinen Kissen in die Höhe. »Ihr, Hierax, und Du, Komanus, bleibt hier; ihr Anderen mögt gehen. Aber entfernt euch nicht zu weit, damit ihr rasch zur Hand seid, wenn ich euch brauche. Es kommen jetzt Tage, in denen so viel vorgehen muß, wie sonst in Jahren.«

Die Entlassenen zogen sich zurück, nur der Ankleider des Königs, ein vornehmer Macedonier, blieb zaudernd an der Thüre stehen, diesem aber winkte Euergetes, sich gleichfalls zu entfernen, und rief ihm nach:

»Ich bin munter und werde gar nicht in's Bett gehen. Drei Stunden nach Sonnenaufgang erwarte ich Aristarch, – und zwar zur Arbeit. Lege die Handschriften aus, die ich mitnahm. Wartet der Eunuch Euläus im Vorzimmer? Ja? Um so besser!

»Nun wären wir allein, meine weisen Freunde Hierax und Komanus, und ich muß euch eröffnen, daß ihr mir vor lauter Klugheit dießmal nichts weniger als klug zu sein scheint.

»Klug sein heißt über einen weiten Gedankenkreis unbeschränkt herrschen, so zwar, daß uns das Nahe so wenig widersteht wie das Ferne; unklug, nur das Eine sehen oder das Andere. Das Gebiet der beschränkten Köpfe ist das, was dicht neben ihnen liegt, das der Narren und Phantasten die Ferne. Ich will euch nicht schelten, denn auch mancher Weise hat seine unklugen Stunden, ihr aber vergeßt heute ganz gewiß über dem Schauen in's Weite das Naheliegende, und so seh' ich euch stolpern. Wäret ihr nicht diesem Fehler verfallen, so hättet ihr kaum so verwundert drein geschaut, als mir vorhin mein ›Vortrefflich!‹ entfuhr.

»Gebet nun Achtung!

»Philometor und meine Schwester wissen sehr gut, wie ich gesinnt bin und was sie von mir zu erwarten haben.

»Hätt' ich mir die Maske eines zufriedenen Mannes auf die Nase gedrückt, dem das genügt, was er hat, so würden sie sich gewundert und Unrath gewittert haben; so aber zeigt' ich mich ihnen gerade so wie immer und rücksichtsloser noch als gewöhnlich, und sprach so offen von dem, was ich begehre, daß sie sich jeder Gewaltthat für die Zukunft von mir versehen, aber schwerlich eine listige Ueberrumpelung am morgenden Tage erwarten werden, denn wer seinen Feind von hinten überfallen will, macht keinen Lärm.

»Glaubt' ich an eure Tugendlehre, so würd' ich denken, das von hinten Ueberfallen sei nichts sonderlich Schönes, denn auch ich sehe lieber das Gesicht als die Rückseite der Menschen, und namentlich meiner Geschwister, die ja zu den wohlgebildeten Leuten gehören.

»Aber was soll man thun?

»Der Beste ist schließlich immer noch Der, der den Sieg erringt und im Spiele gewinnt.

»Meine Kampfart kann auch unter den Weisen Vertheidiger finden.

»Wer Mäuse fangen will, braucht Speck, wer Menschen in's Garn locken will, muß wissen, wie sie empfinden und denken, und zunächst bestrebt sein, sie zu verwirren.

»Der Stier ist am ungefährlichsten, wenn er wüthend geradeaus rennt, und sein Gegner auf zwei Beinen, wenn er nicht weiß, woran er ist und tastend bald nach rechts, bald nach links läuft.

»Dank für euren Beifall, denn ich hab' ihn verdient und hoffe ihn Dir zurückgeben zu können, mein Hierax. Ich bin begierig auf Deinen Bericht. Lockere mir das Kissen hier unter meinem Haupte, und nun magst Du beginnen.«

»Es scheint mir Alles vortrefflich zu stehen,« antwortete der Oberst. »Unsere Kerntruppen, die Hetären und Diadochen, zweitausendfünfhundert Mann, sind hieher unterwegs und beziehen schon morgen nördlich von Memphis das Lager. Fünfhundert werden mit den Priestern und anderen Gratulanten Einlaß in die Feste finden, um Dich zu Deinem Geburtstag zu beglückwünschen, die anderen Zweitausend bleiben versteckt in den Zelten. Der Führer der Philobasilisten Deines Bruders Philometor ist bestochen und steht zu uns; aber er war theuer, denn Komanus mußte ihm zwanzig Talente bieten, ehe er anbiß.«

»Die soll er haben,« lachte der König, »und er soll sie auch behalten, bis es mir gefällt, ihn verdächtig zu finden und ihn, indem ich seine Güter einziehe, nach Verdienst zu belohnen. Sprich weiter!«

»Um den Aufstand in Theben zu dämpfen, sandte Philometor vorgestern die besten Söldner, die Standarte des Desilaus und die von Arsinoë nach Süden. Es hat freilich nicht wenig gekostet, die Rädelsführer zu werben und die Unruhen zum Ausbruch zu bringen.«

»Mein Bruder erstattet uns diese Auslagen,« unterbrach ihn der König, »wenn wir seinen Schatz in den unsern schütten. Nun weiter.«

»Den schwersten Stand werden wir mit den Priestern und Juden haben. Die Ersteren halten zu Philometor, weil er der älteste Sohn Deines Vaters ist und namentlich den Tempeln von Apollinopolis und Philä Vieles gewährt hat; die Juden hängen ihm an, weil er sie fast mehr als die Griechen begünstigt, sich mitsammt seiner Gattin, Deiner erhabenen Schwester, um ihre eitlen Glaubenszänkereien kümmert, mit ihnen über die in ihrem Buch enthaltenen Lehren disputirt und sich bei Tisch mit Niemand lieber unterhält, als mit ihnen.«

»Ich werd' ihnen den Wein und Braten versalzen, mit denen sie sich hier mästen,« rief Euergetes heftig. »Heute hab' ich mir schon ihre Anwesenheit bei Tafel verbeten, denn sie besitzen helle Augen und Geister, die so scharf und spitz geschnitten sind wie ihre Nasen.

»Am gefährlichsten sind sie da, wo sie zu fürchten oder auf Gewinn zu rechnen haben.

»Dabei kann man nicht leugnen, daß sie treu sind und zähe, und weil die Meisten von ihnen etwas besitzen, so machen sie namentlich in Alexandria selten mit der schreienden Menge gemeinsame Sache.

»Daß sie auch fleißig und unternehmend sind, kann ihnen nur der Neid zum Vorwurfe machen, denn ihr und ihrer phönizischen Verwandten Beispiel hat die Rührigkeit der Hellenen gesteigert.

»In ruhigen Tagen geht es ihnen am besten, und weil es unter meinen Geschwistern stiller hergeht, als unter mir, so hängen sie ihnen an, borgen meinem Bruder Geld und besorgen für meine Schwester geschnittene Steine, Saphire und Smaragden, schöne Stoffe und andern Weiberkram gegen beschriebenen Papyrus, der bald nicht mehr werth sein wird, als die Feder, die dem grünen Schreihals dort auf der Stange aus dem Flügel gefallen.

»Unbegreiflich ist es mir, daß so kluge Leute nicht einzusehen vermögen, daß es nichts Beständiges gibt, als den Unbestand, nichts Gewisses, als daß nichts gewiß ist, und daß sie darum ihren Gott für den einzig wahren, ihre Lehren für absolut und ewig richtig halten und das, was die anderen Völker glauben, verachten.

»Dieser Dünkel macht sie zu Narren, aber vielleicht gerade wegen ihres geschraubten Selbstbewußtseins und ihrer festen Zuversicht auf ihren luftigen Gott auch zu guten Soldaten.«

»Ja, das sind sie,« fiel Hierax bestätigend ein, »aber sie lassen sich lieber und um geringeren Preis für Deinen Bruder werben, als für uns.«

»Ich werde ihnen zeigen,« rief der König, »daß ich diese Geschmacksrichtung verkehrt und strafwürdig finde. Die Priester brauche ich, denn sie lehren das Volk, gehorsam zu sein und seine Noth geduldig zu tragen; die Juden aber,« und bei diesen Worten rollten seine Augen mit wildem Feuer, »rotte ich aus, wenn die Zeit gekommen.«

»Das wird auch für unsere Schatzkammer gut sein,« lächelte Komanus.

»Und für die Tempel des Landes,« ergänzte Euergetes, »denn andere Feinde suche ich zu vertilgen, die Priester aber gewinne ich mir lieber, muß ich mir zu gewinnen suchen, wenn Philometor's Reich mir zufällt, denn die Aegypter verlangen einen Gott zum Könige; zu einem rechten Gotte, zu dem meine braunen Unterthanen mit Vergnügen und ohne mir das Leben durch Aufstände sauer zu machen, gern beten mögen, kann ich's aber nur bringen, wenn mich die Anerkennung der Priester dazu erhebt.«

»Und dennoch,« entgegnete Hierax, der einzige Diener des Euergetes, der sich nicht scheute, ihm in wichtigen Fragen zu widersprechen, »und dennoch wird heute noch um Deinetwillen an den Oberpriester des Serapis eine schwere Zumuthung gestellt werden. Du dringst auf die Auslieferung einer Dienerin des Gottes und Philometor wird nicht versäumen . . .«

»Wird nicht versäumen,« fiel Euergetes ein, »dem mächtigen Asklepiodor mitzutheilen, daß er die süße Kleine nicht für sich, sondern für mich verlange. Wißt ihr, daß Eros mein Herz getroffen hat und ich für die holde Irene glühe, obgleich es diesen Augen noch nicht vergönnt war, sie zu sehen?

»Ihr glaubt mir's, ich seh' es euch an, und ich rede die lautere Wahrheit, denn diese kleine Hebe will ich besitzen, so wahr ich den Thron meines Bruders zu erwerben hoffe, aber ich pflanze meine Bäume nicht nur, um meinen Garten zu zieren, sondern auch, um Nutzen aus ihnen zu ziehen. Ihr werdet ja sehen, wie ich mir zugleich mit dem schönsten Liebchen den Oberpriester des Serapis gewinne, der zwar ein Grieche, aber doch ein schwer zu beugender Mann ist.

»Mein Werkzeug wartet schon draußen!

»Verlaßt mich jetzt und befehlt, den Eunuchen Euläus zu mir zu führen.«

»Du bist wie die Gottheit,« sagte Komanus, sich tief verneigend, »und wir sind nur sterbliche Menschen. Dunkel und unfaßlich erscheint unserem schwächeren Geiste oftmals Deine Handlungsweise, aber wenn das, was uns zu keinem guten Ausgang zu führen scheint, sich erfüllt, so müssen wir staunend erkennen, daß Du zwar oft einen verschlungenen, aber immer den besten der Wege gewählt hast.«

Kurze Zeit blieb der König allein, zog die Augenbrauen zusammen und schaute ernst nachdenkend zu Boden.

Sobald er die leisen Schritte des Eunuchen und die lauteren seines Einführers nahen hörte, nahm er wieder die Miene des ausgelassenen und sorglosen Genußmenschen an, rief Euläus ein munteres Willkommen entgegen und erinnerte ihn an seine, des Königs, Knabenzeit, und wie oft er, der Eunuch, ihm geholfen habe, seine Mutter zu bestimmen, ihm Wünsche, die sie schon abgeschlagen, dennoch zu erfüllen.

»Aber, mein Alter,« fuhr der König fort, »die Zeiten haben sich geändert und heute heißt es bei Dir: Alles für Philometor und nichts mehr für den armen Euergetes, der gerade als der Jüngere Deiner Hülfe am meisten bedürfte!«

Der Eunuch verneigte sich mit einem Lächeln, welches andeutete, daß er gut verstehe, wie wenig ernst gemeint die letzten Worte des Königs waren, und sagte:

»Ich war gewillt und glaube auch jetzt noch dem Schwächeren unter euch Beiden zu dienen.«

»Du meinst meine Schwester?«

»Die Herrin Kleopatra gehört dem Geschlechte an, das wir oft mit Unrecht das schwächere nennen. Obgleich Du gewiß zu scherzen beliebtest, als Du Deine letzte Frage stelltest, so halte ich mich doch für verbunden, Dir bestimmt zu antworten, daß ich nicht sie, sondern den König Philometor meinte.«

»Philometor? Du glaubst also nicht an seine Stärke, hältst mich für kräftiger als ihn und hast mir doch heute beim Gastmahl Deine Dienste angeboten und mir erzählt, es sei Dir die Aufgabe zugefallen, die Auslieferung der kleinen Dienerin des Serapis im Namen des Königs von dem Oberpriester Asklepiodor zu verlangen.

»Heißt das dem Schwächeren dienen?

»Vielleicht warst Du trunken, als Du mir das mittheiltest?

»Nein?

»Du bist mäßiger gewesen als ich?

»So ist wohl gar eine Sinnesänderung in Dir vorgegangen?

»Das sollte mich wundern, denn Deine Grundsätze gebieten Dir ja, den schwächeren Sohn meiner Mutter . . .«

»Du spottest meiner,« unterbrach der Höfling mit leisem Vorwurf und doch mit bittender Stimme den König. »Wenn ich mich Dir zuwandte, so ist es nicht aus Wankelmuth geschehen, sondern gerade, weil ich dem einzigen Zwecke meines Lebens treu zu bleiben begehrte.«

»Und der wäre?«

»Für das Wohl dieses Landes im Sinne Deiner erhabenen Mutter, deren Rathgeber ich war, zu sorgen.«

»Du vergißt den andern, Dich selbst so gut zu stellen, wie möglich.«

»Ich vergaß ihn nicht, aber ich sprach ihn nicht aus, denn ich weiß, wie knapp gemessen die Zeit der Könige ist, und zudem will es mir so selbstverständlich erscheinen, auch an seine eigene Person zu denken, als daß wir, wenn wir ein Pferd kaufen, auch seinen Schatten mit ihm erwerben.«

»Wie fein! Aber ich tadle Dich ja auch ebensowenig wie ein Mädchen, das sich vor den Spiegel stellt, um sich für seinen Geliebten zu schmücken, und sich nebenbei auch an seiner eigenen Schönheit ergötzt.

»Doch kommen wir jetzt auf Deine erste Aeußerung zurück.

»Um Aegyptens willen glaubst Du, wenn ich Dich recht verstanden, mir die Dienste, die Du bisher meinem Bruder weihtest, anbieten zu sollen?«

»Du sagst es! In dieser schwierigen Zeit bedarf es des Willens und der Hand eines kräftigen Leiters.«

»Und Du hältst mich für einen solchen?«

»Für einen Riesen an Willensstärke, Körper und Geist, dem sein Wunsch, beide Theile Aegyptens wieder zu vereinigen und allein zu besitzen, nicht fehlschlagen kann, wenn er rüstig zugreift und wenn . . .«

»Wenn?« sprach der König dem Eunuchen nach und schaute ihm so scharf in die Augen, daß er die seinen niederschlug und leise erwiederte:

»Wenn Rom keine Einsprache erhebt.«

Euergetes zuckte die Achseln und gab ernst zurück:

»Das ist wie das Schicksal, das überall den Ausschlag gibt bei Allem, was wir thun. An ungeheuren Opfern, um diese unabwendbare Macht zu besänftigen, ließ ich's wahrhaftig nicht fehlen, und mein Agent, durch dessen Hände größere Summen gehen, als durch die der Zahlmeister meiner Truppen, schreibt mir, man sei mir nicht ungünstig gesinnt im Senate.«

»Das Gleiche wissen wir auch von dem unsern. Du besitzest am Tiber mehr Freunde als Philometor, mein König, aber unser letzter Brief ist schon mehrere Wochen alt und in den letzten Tagen haben sich Dinge ereignet . . .«

»Sprich!« rief Euergetes und richtete sich in seinen Kissen straff in die Höhe. »Aber legst Du mir eine Schlinge und redest Du jetzt als meines Bruders Werkzeug, so laß ich Dich, und wolltest Du auch zu der entlegensten Höhle der Troglodyten entfliehen, so laß ich Dich, so wahr ich meines Vaters echter Sohn zu sein hoffe, einfangen und bei lebendigem Leibe in Stücke zerreißen.«

»Ich würde solche Strafe verdienen,« entgegnete Euläus demüthig und fuhr fort: »Wenn ich recht gesehen, so stehen uns schon in den nächsten Tagen große Dinge bevor.«

»Ja!« sagte Euergetes entschieden.

»Aber gerade jetzt wird Philometor besser in Rom vertreten sein, als je zuvor. Du hast den jungen Publius Scipio an der Tafel des Königs kennen gelernt und Dich wenig beflissen gezeigt, seine Gunst zu erwerben.«

»Er ist ein Cornelier,« fiel der König ein, »ein vornehmer Gesell, der mit Allem verwandt ist, was sich groß dünkt am Tiber, aber er ist kein Gesandter, reist von Athen nach Alexandria, um sich zu unterrichten, was ihm mehr als noth thut, und trägt den Kopf nur höher und bewegt seine Lippen nur freier, als es ihm Königen gegenüber geziemt, weil die Jungen denken, es stünde ihnen gut, sich wie die Alten zu geberden.«

»Er bedeutet mehr als Du glaubst.«

»So lad' ich ihn nach Alexandria und gewinne ihn mir dort in drei Tagen, so wahr ich Euergetes heiße.«

»Es wird dann zu spät sein, denn er hat heute, das weiß ich gewiß, Vollmacht vom Senat erhalten, im Nothfall, bis der Gesandte, den man uns wiederum schicken will, hier eintrifft, in seinem Namen zu reden.«

»Und das erfahr' ich erst jetzt!« rief der König und sprang von seinem Lager auf. »Taub und blind und lahm sind meine Freunde, wenn ich überhaupt welche habe, meine Diener und Boten!

»Widerwärtig ist mir der hochmüthige, anmuthslose Bursche, aber ich lade ihn morgen, lade ihn heute schon zu einem fröhlichen Gastmahl und sende ihm das schönste Viergespann von denen, die ich mit aus Kyrene gebracht habe. Ich werde . . .«

»Es wird das Alles vergeblich sein,« sagte Euläus ernst und gelassen, »denn er besitzt in des Wortes vollster und ausgedehntester Bedeutung die Gunst, ja ich erlaube mir, es frei heraus zu sagen, die mehr als warme Zuneigung der Königin Kleopatra, und genießt diese holdeste der Gaben dankbaren Herzens. Philometor läßt, wie überall, die Dinge gehen wie sie mögen und Kleopatra und Publius, Publius und Kleopatra freuen sich auch öffentlich ihrer Liebe, schauen sich einander in die Augen, wie nur je ein Schäferpaar in Arkadien, tauschen ihre Becher und küssen mit ihren Lippen die Stelle des Randes, die der Mund des Andern berührt hat. Versprich und gewähre diesem Manne, was Du auch willst, er wird für Deine Schwester einstehen und, wenn es Dir gelingt, sie vom Throne zu drängen, wie Popilius Laenas um Deinen Oheim Antiochus, um Deine Person frech einen Kreis ziehen und Dir sagen, wenn Du diesen zu überschreiten versuchen solltest, so werde Rom Dir entgegentreten.«

Euergetes hörte diese Worte schweigend an, riß dann die ihn umhüllenden Tücher von seinem Leibe und ging stürmisch bewegt und von Zeit zu Zeit aufstöhnend und brüllend wie ein wilder Stier, der sich von Stricken und Banden gebändigt fühlt und all' seine Kräfte vergeblich anstrengt, um sie zu zerreißen, in seinem Gemache auf und nieder.

Endlich blieb er vor Euläus stehen und fragte:

»Was weißt Du noch von dem Römer?«

»Er, der Dir nicht gestatten wollte, Dich mit Alcibiades zu vergleichen, sucht es dem Liebling der Mädchen Athens zuvorzuthun, denn es ist ihm nicht genug, einem Könige das Herz seiner Gattin zu rauben, vielmehr streckt er seine Hände nach der schönsten Dienerin des höchsten der Götter aus. Die Krugträgerin, welche des Römers Freund Lysias als Hebe empfahl, ist des Corneliers Geliebte, deren Gunst er leichter in eurem heiteren Palaste, als im finsteren Tempel des Serapis genießen zu können erwartet.«

Der König schlug sich bei dieser Rede vor die Stirn und schrie:

»Ein König zu sein, ein Mann, der es aufnimmt mit Zehn, und sich das achselzuckend bieten lassen zu müssen wie ein Bauer, dessen Saat meine Reiter zerstampfen!

»Alles kann er verderben, Alles; meine Pläne wie meine Wünsche, und es bleibt mir nichts übrig, als die Fäuste zu ballen und vor Wuth zu ersticken!

»Aber dieß Stöhnen und Knirschen ist so nutzlos wie mein Toben und Fluchen am Lager meiner sterbenden Mutter, die doch todt blieb und nicht wieder aufstand.

»Wäre der Cornelier ein Grieche, ein Syrer, ein Aegypter, ja wär' er mein eigener Bruder, ich sage Dir, Euläus, er sollte mir nicht lange im Wege stehen, aber er ist Roms Bevollmächtigter, und Rom ist das Schicksal, Rom ist das Schicksal!«

Der König warf sich schwer aufathmend und wie gebrochen auf seine Kissen zurück, indem er sein Antlitz in das weiche Gepolster drückte, Euläus aber trat unhörbar leise zu dem jungen Riesen heran und flüsterte ihm mit feierlicher Langsamkeit zu:

»Rom ist das Schicksal, aber auch Rom kann nichts gegen das Schicksal. Der Cornelier muß sterben, weil er Deiner Mutter Tochter verdirbt und Dir, dem Retter Aegyptens, im Wege steht. Einen Mord an ihm würde der Senat furchtbar rächen, aber was will er thun, wenn wilde Thiere seinen Bevollmächtigten überfallen und in Stücke zerreißen?«

»Köstlich, herrlich!« schrie Euergetes auf, indem er wieder auf die Füße sprang und die großen Augen so überrascht und glückselig strahlend erhob, als habe sich der Himmel vor ihnen geöffnet und er gewahre die erhabene Schaar der an goldenen Tafeln schmausenden Götter.