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Das letzte Kapitel der großen Endzeit-Saga. Der Krieg zwischen der Kaskadischen Republik und der abtrünnigen Nation West Kanada ist im vollen Gange. Unterstützt von Präsident Cruz der Vereinigten Staaten konnte Gordon Van Zandt eine eindrucksvolle Armee um sich scharen und marschiert nach Norden, um sich dort den Invasoren zu stellen, die bereits einen Großteil von Idaho unter ihre Gewalt gebracht haben. Die entscheidende Schlacht steht unmittelbar bevor, doch das ist nicht der einzige Kampf, den Gordon ausfechten muss. In McCall und Olympia brodelt ein politischer Kleinkrieg, aus dem der gerissenste und mörderischste Widersacher hervorgeht, mit dem es Gordon bislang aufnehmen musste. Das Ende ist ungewiss, nur eines ist sicher: Der Kampf um die neue Welt wird bis zuletzt seine Opfer fordern.
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Seitenzahl: 262
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G. Michael Hopf
Copyright © 2017 by G. Michael Hopf All rights reserved. No part of this book may be used, reproduced or transmitted in any form or by any means, electronic or mechanical, including photocopying, recording, or by any information storage or retrieval system, without the written permission of the publisher, except where permitted by law, or in the case of brief quotations embodied in critical articles and reviews.
Dieser Roman ist ein fiktives Werk. Namen, Charaktere, Orte und Ereignisse entspringen der Fantasie des Autors oder werden fiktiv verwendet. Jede Ähnlichkeit zu tatsächlichen Ereignissen, Schauplätzen oder Personen, lebendig oder tot, ist rein zufällig.
Gewidmet Gordon Van Zandt und all jenen von seinem Schlag.
überarbeitete Ausgabe Originaltitel: THOSE WHO REMAIN Copyright Gesamtausgabe © 2024 LUZIFER-Verlag Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Cover: Michael Schubert Übersetzung: Andreas Schiffmann Lektorat: Diana Glöckner
Dieses Buch wurde nach Dudenempfehlung (Stand 2024) lektoriert.
ISBN E-Book: 978-3-95835-346-6
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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Gordon staunte, wie stark sich Olympia verändert hatte, seit er zuletzt hier gewesen war. Aufgeregt wie ein Grundschüler beim Klassenausflug schaute er ehrfürchtig zum Fenster hinaus auf das prachtvolle Stadtbild. Während die anderen nur über Alltäglichkeiten plauderten, unterbrach er sie immer wieder mit »Hey, seht euch das an« oder »Wow, das ist unheimlich schön«.
Haley betrachtete ihn mit reiner Liebe im Blick. Sie hatte ihren Vater über die Jahre sehr vermisst, und ihn zurückzuhaben, tat ungeheuer gut.
»Hey, Leute, schaut mal, gleich dort – dort drüben«, sagte er begeistert, indem er auf eine Statue zeigte, die ihn selbst mit einer hochgehaltenen Flagge auf einem Panzer darstellte. Sie gemahnte an einen Augenblick nach der Schlacht an der Rainbow Bridge während der frühen Tage des Großen Bürgerkriegs.
Während sich der SUV näherte, wich Gordons Überschwang, da er erkannte, dass das Denkmal markiert und mit den Wörtern »Tyrann« und »Mörder« beschmiert worden war.
»Jemand, äh … hat die Statue verschandelt«, sagte er mit finsterem Ernst.
»Ja, das waren diese Arschlöcher von der Kaskadischen Volkspartei«, erwiderte Sebastian mit Bezug auf jene linksextreme Vereinigung. Dabei handelte es sich um eine alternative Partei, die bei der Jugend Anklang fand.
Gordon lehnte sich zurück und knirschte mit den Zähnen.
»Ich kann förmlich sehen, wie dir der Dampf aus den Ohren steigt«, sagte Haley zu ihm.
»Wegen dieser Drecksäcke sind wir hier«, entgegnete er.
»Die schlagen viel Lärm, sind aber nur wenige«, fügte sie hinzu. »Nichts, worüber man sich Sorgen machen müsste.«
»Das stimmt nicht«, hielt Gordon dagegen.
»Na, dann erklär mal, warum«, sagte Haley.
»Wenn wir dort ankommen, wo wir hinwollen, erzähle ich es euch allen.«
***
Der SUV hielt vor dem Tor einer Einfahrt.
Ein Mann mit dunkler Sonnenbrille trat aus einem Wachhäuschen hervor und ging zu dem Wagen.
Der Fahrer ließ seine Scheibe herunter und sagte: »Ich habe Leatherneck plus vier weitere.«
»In Ordnung«, erwiderte der Wachmann und öffnete mit einem Knopfdruck das Tor.
»Lass mich raten: Du bist Leatherneck«, meinte Hunter zu Gordon.
Dieser lachte kurz auf. »Richtig. Schätze, man benutzt diese Kennung noch immer.«
Der SUV fuhr durchs Tor und die geschotterte Auffahrt hinauf, die von Eichen flankiert wurde. Hinter einer Kurve geriet eine große Villa in Sicht.
»Wow, wer wohnt hier?«, fragte Sebastian.
»Autry Lewis ist der Besitzer«, antwortete Gordon.
»Zuerst werden wir eingeflogen, und jetzt dürfen wir in seinem Haus aufschlagen«, rekapitulierte Hunter. »Du machst mich nervös, Großvater.«
Gordon ging nicht darauf ein, sondern grinste nur.
»Wie dein Großvater schon sagte, ist Autry schon lange eng mit ihm befreundet«, merkte John an, der vorne auf dem Beifahrersitz saß.
Sie hielten unter einem breiten Säulenvorbau an. Der Fahrer stieg aus und öffnete die Türen zur Rückbank.
Dann stieg Gordon aus, streckte sich und sagte: »Es riecht so anders hier.«
Die Haustür wurde geöffnet, und eine Gestalt erschien, die man nur an ihren Umrissen erkannte.
»Ist das derjenige, von dem ich glaube, dass er es ist?«, fragte Gordon laut.
»Na, sieh an, wer sich entschlossen hat, wieder ins Leben zurückzukehren«, rief Autry.
Gordon ging seinem alten Bekannten entgegen und umarmte ihn beherzt. »Freut mich, dich zu sehen, mein Freund, es ist sehr lange her.«
»Zu lange«, erwiderte Autry. Er hatte immer noch den für ihn typischen Bart und kurz geschorene Haare, die jedoch über die Jahre hinweg nicht braun geblieben, sondern grau geworden waren. Abgesehen davon war Autry stattlich gealtert, nach wie vor groß und schlank mit muskulösem Körperbau.
»Gut siehst du aus, mein Freund. Die Zeit hat dir kein bisschen geschadet«, sagte Gordon, während er Autrys jugendliche Figur bestaunte.
»Ach, übertreib's nicht, sonst deute ich deine Komplimente noch als Anmache«, scherzte Autry.
John kam zu den beiden und umarmte den Hausherrn. »Schön, dich wiederzusehen.«
»Meine Rede, meine Rede. Mensch, das ist wie bei einem Klassentreffen.« Autry grinste freudestrahlend.
Hunter und Sebastian schlenderten herbei.
Gordon stellte sie vor: »Autry, das sind meine Enkel, Hunter und Sebastian.«
»Freut mich, euch kennenzulernen«, entgegnete Autry, während er ihnen kräftig die Hände schüttelte.
»Und diese Schönheit kennst du ja, wie ich weiß«, fuhr Gordon fort, wobei er auf Haley verwies, die sich ein paar Fuß weit zurückhielt.
»Natürlich. Wie geht es dir, Haley?«, fragte Autry und nahm sie zärtlich in die Arme.
»Schön, Sie zu sehen, Mr. President«, antwortete Haley gemäß des Protokolls.
»Lassen wir dieses Gehabe. Nenn mich einfach Autry.«
»Wenn du darauf bestehst«, erwiderte Haley schüchtern.
»Bitte kommt rein.« Damit führte Autry sie in das große Haus.
***
Drinnen betrachtete Gordon die prunkvolle Einrichtung.
»Anscheinend lebst du immer noch auf großem Fuß«, bemerkte er.
»Man hat seine Höhen und Tiefen, aber wir beide wissen, dass ich nie Probleme hatte, Geld zu machen.« Autry legte einen Arm um Gordons Schultern. Während er seinen alten Freund anschaute, fügte er hinzu: »Ich freue mich riesig, dich wiederzusehen. Das letzte Mal ist ewig her, Mann.«
»Da hast du recht«, stimmte Gordon zu.
»Ihr wollt bestimmt etwas trinken, hm?«, bot Autry an.
»Haben Sie was zu essen?«, fragte Sebastian und schloss zu ihnen auf.
»Sicher doch«, antwortete Autry.
»Du hast nichts als Futtern im Kopf«, neckte ihn Hunter.
Sebastian entgegnete, während er sich den Bauch rieb: »Ein Mann muss zusehen, dass er nicht vom Fleisch fällt.«
Autry wies jemanden vom Hauspersonal an, etwas zu essen zu bringen, ehe er sich wieder zu Gordon und seinen Begleitern umdrehte. »Hier entlang zum Salon«, sagte er. »Die anderen warten dort.«
Hunter war gespannt darauf, um wen es sich bei den »anderen« handelte.
Autry ging vor ihnen her durch einen langen Flur zu einer gut acht Fuß hohen Tür. Er griff nach dem Knauf aus polierter Bronze und drehte daran. Schließlich drückte er beide Flügel auf, streckte einladend einen Arm aus und sagte: »Tretet ein, meine Lieben.«
Gordon tat es zuerst, gefolgt von Hunter, dann John, Haley und zuletzt Sebastian.
In dem großen Saal saßen mehrere Männer.
Als alle eingetreten waren, schloss Autry die Tür.
Hunter hielt inne, als er seinen Vorgesetzten, den Botschafter sah. »Botschafter Tiller?«
»Mr. Rutledge, wie nett, Sie zu sehen«, sagte Josh Tiller, der kaskadische Botschafter der Republik Texas.
»Was machen Sie hier?«, wollte Hunter wissen. Er ging auf ihn zu.
»Ich bin gekommen, um zu helfen«, antwortete Josh.
Hunter war geschockt und blieb mit halb offenem Mund stehen.
Gordon ging im Raum umher und stellte sich den Anwesenden einzeln vor, ehe er sich niederließ. Dann hob er sein Trinkglas und sagte: »Auf die fortdauernde Freiheit unserer beiden Republiken.«
»Was soll das?«, fragte Hunter nun. Dieses Treffen war ihm nicht geheuer, weil es jetzt den Anschein erweckte, man würde sich hier verschwören, um politische Gegner zu beseitigen.
Haley lenkte ein: »Hunter, bitte setz dich einfach und lass sie erklären.«
»Nein, ich kann nicht«, beharrte ihr Sohn. »Was soll das? Es kommt mir nämlich ein bisschen merkwürdig vor.«
»Ich kann Ihnen versichern, dass es sich nicht um eine außerordentliche Versammlung handelt«, beteuerte Josh.
»Reden Sie Klartext, bitte«, verlangte Hunter brüsk. Kein Zweifel, so langsam regte er sich auf. Seine persönliche Überzeugung, alles mit Integrität und gemäß den Gesetzen zu erledigen, sträubte sich gegen das, was hier vielleicht vorgeschlagen wurde.
Gordon warf ihm einen argwöhnischen Blick zu. »Nimm Platz«, sagte er, »lass dir diesen herrlichen Scotch schmecken, und hör zu, statt drauflos zu plappern.«
Daraufhin schwieg Hunter und beherzigte Gordons Rat.
»Ein Gast fehlt noch, sollen wir warten?«, fragte Autry.
»Nein, wir fangen besser an«, antwortete Josh. »Ich habe ihn über alles ins Bild gesetzt. Diese Leute sind genau informiert, also lassen Sie mich übernehmen.« Er stellte sein Glas ab und begann: »Zunächst möchte ich mich vorstellen. Ich bin Staatssekretär der Republik Kaskadien. Der Gentleman zu meiner Rechten ist Allison McBride, mein Stellvertreter, und ihm gegenüber steht Xavier Gohmert, der Leiter des Internationalen Nachrichtendienstes. Vor drei Wochen haben Grenzbeamte in Südoregon mehrere Personen festgenommen, illegale Einwanderer. Wir haben sie für gewöhnliche Flüchtlinge aus Mittelamerika gehalten, die sich dem kommunistischen Regime dort entziehen wollen, doch als wir sie verhört haben, hat sich einer gesprächsbereit gezeigt und prompt politisches Asyl verlangt – gegen Informationen bezüglich dessen, was seine beiden Begleiter und er vorhatten. Nachdem wir ein paar Formalien geklärt hatten, haben wir ihm abhängig vom Wert seiner Informationen vorübergehendes Asyl gewährt. Zwei Tage lang haben wir ihn gründlich verhört, und was er erzählt hat, ist nahezu unglaublich. Er hat ein gemeinsames Komplott von William Ayers Coleman und der Zentralamerikanischen Volksrepublik aufgedeckt. Sie alle wissen, wer William Coleman ist – der Anführer und demnächst auch Präsidentschaftskandidat der Kaskadischen Volkspartei.«
Gordon räusperte sich und warf ein: »Außerdem ist er Elizabeth Karens Sohn, womit klar sein dürfte, dass der Apfel nicht weit vom Stamm fällt.«
»Wie Präsident Van Zandt sagte«, fuhr Josh fort, »ist er Elizabeth Karens Sohn – der einzige –, und sie ein ehemaliges Mitglied des Rates der Republik aus der Zeit vor der Konstitution.«
Hunter blickte Gordon fragend an.
Josh sprach weiter: »Eine Woche später ist ein vertrauliches Memo eines namenlosen Gesetzesvollzugsbeamten vor Ort auf meinem Schreibtisch in Austin gelandet. Darin beschrieb er ausführlich die Begegnung der Polizei von Austin mit einer Gruppe, die man zunächst für eine lokale Verbrecherbande gehalten hatte. Bei der Durchsuchung ihres Appartements ist man auf zahllose Indizien gestoßen, dass es sich nicht bloß um städtische Kleinganoven handelt, sondern um Handlanger der Zentralamerikanischen Volksrepublik, mit dem Plan, die Regierung in Austin und eine Verbindungsstelle zu uns hier in Olympia zu unterwandern. Abermals ist William Colemans Name neben anderen aus seinem engen Mitarbeiterkreis aufgetaucht.«
»Eine kommunistische Verschwörung«, murmelte Gordon.
»Plump gesprochen, ja, genau das ist es«, pflichtete Josh bei.
»Welchen Plan, glauben Sie, verfolgt Coleman?«, fragte Haley.
Alle schauten sie an, weil niemand damit gerechnet hatte, dass sie sich zu Wort melden würde.
Xavier hob an: »Wir gehen davon aus, dass er zwei Dinge im Schilde führt. Erstens schart er Anhänger aus dem Volk um sich, in erster Linie Jugendliche. Diese Unterstützer sollen ihm bei der Wahl im nächsten Jahr helfen, und zweitens vermuten wir, dass er insgeheim Terrorzellen ausbildet, um in Kaskadien Anschläge auf die Regierung und Infrastruktur zu verüben, falls er nicht gewählt wird. Sein Ziel besteht unseres Erachtens darin, die Macht über die Republik an sich zu reißen, sei es rechtmäßig oder durch einen Staatsstreich.«
Gordon lachte leise.
»Ich habe mit dem Präsidenten von Texas gesprochen«, sagte Autry, »und seine Leute glauben, dass auch dort eine Gegenbewegung im Gange ist.«
»Ich habe alles gehört, was ich wissen muss. Wie reagieren wir nun darauf?«, fragte Gordon.
»Zuerst möchte ich betonen, dass es uns eine Ehre ist, Sie hier zu haben, Mr. President«, sagte Josh. »Als wir erfahren haben, dass Sie noch leben und aus Ihrem Unterschlupf kommen würden, um uns dabei zu helfen, diese unsägliche Entwicklung aufzuhalten … also, da fühlten wir uns geehrt.«
»Ich will nur, dass unsere Republik für zukünftige Generationen sicher ist«, gab Gordon zurück. »Dieser linke Abschaum versucht immer wieder, das Heft zu übernehmen und alles kaputtzumachen. Ihre neofaschistischen Ansichten verbreiten sich wie die Pest im Mittelalter. In Anbetracht meiner Anwesenheit hier sollte Ihnen klar sein, dass Sie gut daran tun, unmittelbare Maßnahmen zu ergreifen.«
Alle verstummten, als es an der Tür klopfte.
Autry fuhr hoch und ging darauf zu. »So wie es aussieht, ist unser besonderer Gast eingetroffen.« Er öffnete die Tür, woraufhin Leonard Shiver eintrat, der amtierende Präsident der Republik Kaskadien.
»Verzeihung, dass ich spät dran bin«, entschuldigte er, während er zügig in den Salon kam, und ging auf Gordon zu. »Mr. President, welche Ehre.«
Gordon erhob sich langsam, nahm Shivers Hand und schüttelte sie verbindlich. »Mr. President, freut mich, dass wir uns treffen.«
»Die Freude ist ganz meinerseits«, erwiderte Shiver. Er sah sich nach einem freien Platz um und setzte sich. »Also gut, wo waren Sie stehen geblieben?«
»Sir, ich habe sie auf den neusten Stand gebracht und einen allgemeinen Überblick dessen gegeben, was uns Sorgen bereitet«, antwortete Josh.
Hunter bekam den Mund nicht mehr zu, während er sitzen blieb und Shiver anstarrte. Hätte jemand vor nur einer Woche behauptet, dass er hier sein würde, hätte er es nicht geglaubt, ja nicht einmal in seinen kühnsten Träumen daran gedacht.
»Gut. Nun denn, meine Herren, William Coleman und seine Volkspartei sind nicht bloß eine politische Organisation, sondern stellen eine eindeutige latente Gefahr für unsere Republik dar. Ich hätte sie am liebsten einfach festnehmen lassen, als mir vor ein paar Tagen zu Ohren kam, dass Präsident Van Zandt noch lebt und in Besitz maßgeblicher Informationen ist, die unser Vorgehen gegen Mr. Coleman begünstigen können. Wenn wir Schritte gegen die Partei einleiten, möchten wir für alle Eventualitäten gesorgt haben, um ihn rechtskräftig verurteilen zu können. Er ist ein Charismatiker, der sich mit vielen flammenden Eiferern umgeben hat. Ihn einfach aus dem Weg zu räumen kommt nicht infrage; wir müssen ihn vor Gericht stellen und zeigen, dass ein Plan hinter alledem steckt, den seine Gruppe schon vor langer Zeit geschmiedet hat.« Während Shiver dies darlegte, fiel sein Blick auf Gordon.
Dieser fragte: »Das ist alles? Sie wollen nur die Aufnahmen, die ich habe?«
»Nicht nur diese alten Bänder. Sie müssen für uns an die Öffentlichkeit gehen und dem Volk mitteilen, was Sie bezüglich seiner Mutter wissen. Das kommt unserer PR-Kampagne gegen Coleman zugute. Es gilt sozusagen, alle Punkte miteinander zu verbinden.«
»Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich gerne vorführen lasse«, zögerte Gordon. »Eigentlich bin ich davon ausgegangen, dass Sie mich in anderer Befugnis brauchen würden. Wie wäre es, wenn ich Ihnen einfach die Aufnahmen gebe und nach McCall zurückkehre? Allerdings möchte ich hinzufügen, dass die Informationen, die ich gegen diese Frau in der Hand habe, über fünfzig Jahre alt sind. Nichts davon betrifft ihn.«
Haley neigte ihren Kopf zur Seite und fragte: »Was?«
Gordon sah sie an und sagte: »Wir reden später darüber.« Er wandte sich wieder an Shiver. »Wie gesagt, meine Informationen sind über fünfzig Jahre alt und nur relevant, was sie angeht. Bezüglich Coleman spielen sie eventuell keine Rolle.«
»Aber Großvater, ich dachte, an die Öffentlichkeit zu treten sei sowieso Teil deines Plans«, sagte Hunter, der sichtlich verwirrt wirkte.
»Lass uns das später gemeinsam besprechen.« Gordon bedeutete dem Jungen mit einer Hand, erst mal ruhig zu bleiben.
»Ich verstehe Ihre Vorsicht, doch bitte überlegen Sie es sich noch einmal. Wäre das nicht eine sagenhafte Geschichte, wenn Sie sich genau zum fünfzigjährigen Geburtstag der Republik am Freitag zeigen würden? Und die Informationen können etwas bewegen, denn unsere Presseabteilung wird in der Lage sein, diese Aufnahmen gegen Coleman einzusetzen.« Shiver sagte dies breit grinsend mit überschwänglichem Tonfall.
Haley neigte sich Gordon zu und flüsterte. »Alles in Ordnung, Dad?«
»Mir geht es gut«, murmelte er.
»Präsident Van Zandt, haben Sie diese Informationen mitgebracht?«, fragte Shiver.
Gordon bejahte.
»Gut«, erwiderte Shiver. »Wir brauchen sie schnellstmöglich. Wegen ihres Alters müssen wir sie bestimmt klanglich von unseren Technikern aufbereiten lassen.«
»Sie werden ihn also einfach festnehmen, das ist alles?«, hakte Gordon nach.
»Ja, doch dazu brauchen wir handfeste Beweise, um diese Arschlöcher eine Zeit lang von der Bildfläche verschwinden zu lassen«, antwortete Shiver mit heiterer Stimme. »Wir dürfen nicht zulassen, dass sich Coleman von seinen Verbündeten bei den Medienanstalten helfen lässt, Sympathien für sich zu schüren. Darum muss die Faktenlage wasserdicht sein, und diese Bänder werden dazu beitragen.«
»Aber in dieser Situation können wir uns nicht auf Gesetze berufen, sondern müssen militärisch eingreifen«, beharrte Gordon. »Dieser Mann plant einen Regierungsumsturz und steht mit einem unserer Gegner in Verbindung – einem Gegner, der geschworen hat, uns zu zerstören. Verdammt, die führen im Moment an der Grenze zwischen Mexiko und Texas einen Stellvertreterkrieg gegen die Texaner.«
»Darum kümmern wir uns, Mr. President. Deswegen brauchen Sie sich keine Gedanken zu machen«, versicherte Shiver.
Als Gordon den Präsidenten anstarrte, tat dieser ihm leid. Er blickte auf seine fahlen Wangen und teigig weichen Hände. Nun wusste er, dass sich die Republik weiter von ihren Gründungsprinzipien entfernte. Die Männer und Frauen von heute hatten nicht den erforderlichen Schneid, geschweige denn dass sie wussten, was es bedeutete, keine Freiheit zu genießen oder täglich mit dem Tod konfrontiert zu sein. Seine Landsleute waren schwach geworden, und er hatte genug gesehen. Er stand auf und sagte: »Nun gut, ich bin müde und werde mich wohl eine Weile hinlegen.« Er schaute Autry an, der verdutzt aussah, und fuhr fort: »Wo kann ich schlafen?«
»Oh, äh, komm mit mir«, antwortete sein Freund.
»Aber das Essen ist noch nicht hier«, beschwerte sich Sebastian.
»Ich lasse es auf eure Zimmer bringen«, sagte Autry.
Alle im Saal erhoben sich aus Respekt vor Gordon.
Haley, Hunter, Sebastian und John folgten ihm hinaus.
Autry zeigte durch den Flur auf eine breite Treppe. »Geht nach oben und dann nach rechts«, bemerkte er dazu. »Dieser Flügel des Obergeschosses gehört euch allein.«
»Danke«, erwiderte Gordon.
»Lass uns morgen miteinander reden, nur wir beide«, fügte Autry hinzu.
»Machen wir«, bestätigte Gordon.
Autry verabschiedete sich mit einem Lächeln und kehrte in den Salon zurück.
Als die Tür zuging, wandte sich Gordon an John und sagte: »Weicheier. Hast du nicht behauptet, sie würden Nägel mit Köpfen machen? Du meintest doch, sie würden sich um Coleman und sein Gesindel kümmern.«
John antwortete kopfschüttelnd: »Ich gebe zu, das war ein Irrtum meinerseits, aber sie haben sich dafür verbürgt, dass du sicher bist und man Coleman mit deiner Hilfe zu Fall bringen könne.«
»Wahrscheinlich haben sie eine andere Auffassung als wir davon, was es bedeutet, jemanden zu Fall zu bringen. Die Zeiten haben sich definitiv geändert.« Gordon lächelte abschätzig.
»Dad, worum geht es hier?«, fragte Haley besorgt.
Gordon zeigte zum Saal zurück. »Um uns, nicht um das Gerede dort drin, aber keine Angst, ich habe eine Idee.«
»Kneif mich mal jemand, das ist so aufregend«, sagte Hunter vergnügt.
Nachdem sich Gordon in beide Richtungen auf dem leeren Flur umgesehen hatte, sprach er weiter: »Lasst uns nach oben gehen. Ich bin müde, wir treffen uns später wieder.« Schließlich wandte er sich Hunter zu. »Komm in zwanzig Minuten zu mir ins Zimmer.«
***
Hunter klopfte an die Tür von Gordons Schlafzimmer, doch sein Großvater öffnete nicht. Nachdem er mehrere Minuten gewartet hatte, drehte er am Knauf und stellte fest, dass nicht abgeschlossen war. Er öffnete die Tür einen Spaltbreit und fragte: »Großvater?« Da er keine Antwort bekam, drückte er noch ein Stück weiter auf, wodurch er sehen konnte, dass die Balkontüren weit offen standen. Ein kühler, kräftiger Luftzug wehte durch den Raum, wobei die Vorhänge wie Segel flatterten. »Großvater?«
»Bin draußen«, rief Gordon.
Hunter trat ganz ein und ging sofort zum Balkon. »Ist dir nicht kalt?«
»Ach was, nein«, entgegnete Gordon.
»Mom lehrte mich immer, pünktlich zu sein sei gut, aber zu früh zu kommen großartig«, erzählte Hunter.
»Das hätte auch deine Großmutter sagen können«, erwiderte Gordon.
»Wie war Großmutter so als Mensch?«, fragte der Junge.
Gordons mürrischer Gesichtsausdruck schmolz bei Samanthas Erwähnung dahin. »Sie war eine wunderbare Frau, Freundin, Mutter und Ehepartnerin. Ungeheuer klug auch, viel klüger als ich. Offen gestanden hätte ich ohne sie wesentlich mehr dumme Fehler begangen. Außerdem war sie äußerst tapfer und kämpfte, falls es sein musste, vor allem wenn jemand ihren Kindern schaden wollte.«
»Ich wünschte, ich hätte sie kennengelernt«, seufzte Hunter.
»Du hast etwas verpasst, sie war die Beste. Gott bringt nur wenige wie sie zur Welt, ein Juwel von einem Mensch.«
»Großvater, was geschieht nun? Ich dachte, du würdest dein Versteck aufgeben, doch anscheinend hast du deine Meinung wieder geändert.«
»Ich will nicht mehr mit dem Kopf durch die Wand wie früher«, antwortete Gordon.
»Aber du hast dir vorgenommen, dem Präsidenten zu helfen, oder?«
»Ja, ich helfe ihm und seinen Leuten, aber ihr Plan ist Mist, völliger Quatsch.«
»Was würdest du tun?«, wollte Hunter wissen.
Gordon schaute zum Himmel auf. »Ich hasse es, dass man die Sterne hier nicht richtig sehen kann.«
»Was wir tun, ist eine hehre Sache. Zunächst habe ich geglaubt, dass unser Plan darin bestehe, unsere Regierung irgendwie zu stürzen, oder dass er in anderer Weise ungesetzlich sei. Tut mir leid, dass ich erst ein bisschen überreagiert habe.«
»Das muss dir nicht leidtun, die Hitzköpfigkeit liegt den Van Zandts im Blut, auch wenn ich dir raten würde, dich am Riemen zu reißen.«
»Warum regst du dich auf?«, fragte Hunter weiter.
»Weil ich vorhin einen schwachen Führer erlebt habe. Nichts ist schlimmer als ein unsicherer Mann oder ein Staatsoberhaupt, das Schwäche zeigt, und das schließt sich gegenseitig nicht aus.«
»Präsident Shiver ist nicht schwach. Er hat viel für Kaskadien geleistet.«
»Er ist drauf und dran, einen gewaltigen Fehler zu begehen, was Coleman angeht. Man kann einen solchen Typ nicht einfach einsperren.«
Hunter war fassungslos. »Willst du damit andeuten, dass wir ihn umbringen lassen sollten?«
»Nicht nur ihn, sondern alle von seinem Schlag.«
»Das ist Mord.«
»Das ist eine Maßnahme, um Sicherheit zu gewährleisten.«
Hunter schnappte nach Luft. »Wenn wir das tun, sind wir nicht besser als die Gegner, die wir als Bösewichte abstempeln.«
»Warum fällen schwache Menschen moralische Urteile?«
»Großvater, hast du gerade unterstellt, ich wäre schwach?«, fragte Hunter mit einem Anflug von Enttäuschung und Schrecken in der Stimme.
»Das war rhetorisch gemeint«, beteuerte Gordon. »Die Antwort lautet: Weil sie wissen, dass starke Menschen sie beschützen.«
Hunter seufzte wieder. Dass Gordon ihm möglicherweise Schwäche attestiert hatte, beunruhigte ihn ein wenig.
Da Gordon die verdrossene Miene seines Enkels sah, bekräftigte er: »Und nein, ich halte dich nicht für schwach, sondern nur für etwas fehlgeleitet.«
»Na toll, nicht schwach, dafür fehlgeleitet.«
»Das kann wieder in Ordnung kommen, wenn du einfach nur zuhörst, statt gedankenlos zu sprechen.«
»Nur weil wir weniger hartgesotten sind als du und nicht deine Meinung teilen, liegen wir nicht falsch. Du hast harte Zeiten durchgemacht, und seien wir ehrlich: Einige schlimme Dinge sind im Namen unseres Landes geschehen. Diese Zeiten sind jetzt vorbei, also dürfen wir die Dinge jetzt anders handhaben.«
Gordon schaute Hunter an und lächelte, bevor er erwiderte: »Ich bin alt und habe viel Scheiße erlebt. Im Laufe der letzten Jahre bin ich ein Stück weit philosophisch geworden, und es gibt eine Wahrheit, die unumstößlich ist: Aus harten Zeiten gehen starke Männer hervor, und starke Männer sorgen für gute Zeiten; in guten Zeiten verweichlichen die Männer, und dann werden die Zeiten wieder hart.«
Hunter schnaubte abfällig und stellte klar: »Wir sind eine Nation, die auf Gesetzen fußt, und können Coleman nicht einfach umbringen.«
»Wieso nicht?«
»Weil nur Diktatoren so etwas tun.«
»Weißt du, dass deine Großmutter behauptet hat, ich wäre besser ein Diktator geworden?«, fragte Gordon scherzhaft.
»Du kannst nicht im Ernst glauben, Coleman zu töten sei besser, als ihn zur Rechenschaft zu ziehen«, fragte Hunter.
»Und ob es besser ist – der Inbegriff von besser«, beharrte Gordon. »Indem wir ihn festnehmen und einsperren, riskieren wir, dass er dies als Propagandawerkzeug nutzt.«
»Aber wenn wir ihn töten, könnte es auf das Gleiche hinauslaufen; genauer gesagt würdest du ihn zu einem Märtyrer machen.«
»Hunter, mein Junge, wir besiegen unseren Feind nicht, indem wir ihn wegschließen und so in die Lage versetzen, genau jene Propaganda zu verbreiten, mit der er hofft, uns in die Knie zu zwingen. Das ganze Geschwätz über die Freiheit, sich selbst auszudrücken, ist mir geläufig, aber körperliche und geistige Freiheit sind nur möglich, wenn andere sie für uns wollen. Wenn jemand Freiheit lediglich mit dem Vorsatz hochhält, sie uns später zu nehmen, sobald er die Macht erlangt, ist es an der Zeit, ihm einen Riegel vorzuschieben. Wir führen hier keine Debatte. Sie werden unsere Verfassung nutzen, solange sie müssen, bis sie die Überhand gewinnen; dann kannst du davon ausgehen, dass sie sie auflösen. Sei nicht töricht. Du siehst dir diese Sozialisten an und denkst, sie seien genauso wie du, dass sie sich die gleichen Freiheiten wünschen und Uneinigkeit zwischen euch nur dahingehend herrscht, wofür die Regierung Geld ausgibt. Damit belügst du dich selbst, und jetzt hat die Regierung Beweise dafür, dass diese Partei mit dem Ausland zusammenarbeitet, um uns zu stürzen. Wie ich dem Präsidenten gesagt habe, kommt man diesem Problem nicht auf Gesetzeswegen bei, sondern mit Waffengewalt. Wir müssen deutlich machen, dass wir das nicht dulden; wir müssen diese Typen niederzwingen, sie auslöschen.«
»Auslöschen? Wow.«
Weil er einsah, dass Hunter dies nicht vollständig begriff, und die Diskussion leid war, versuchte Gordon eine andere Herangehensweise. Er hoffte, ihn vielleicht überzeugen zu können, indem er dem Jungen seine Vorstellung von Gerechtigkeit darlegte. »Wo sind wir abgeschweift?«
»Wovon?«
»Der Vergangenheit. An welchem Punkt habe ich die Erzählung unterbrochen?«
»Als Jacques in Idaho einfiel.«
»Ach ja, ganz genau. Gunny hatte mich verständigt. Wir könnten dort ansetzen, denn so wie es aussieht, werden wir uns bezüglich dieses Themas nicht einig.«
Hunter lehnte sich zurück und sagte: »Ich bin ganz Ohr.«
Jacques trommelte mit den Fingern auf den Laubholztisch. Die Adern an seiner Schläfe pulsierten, und seine Nasenlöcher zitterten mit jedem Atemzug.
Vor ihm stand Colonel Reginald Smith stramm, sein favorisierter Militärkommandant, bis zur Invasion Idahos.
»Sir, lassen Sie mich bitte erklären …«
Jacques hob eine Hand, um ihm das Wort abzuschneiden.
Smith schluckte krampfhaft und schlug die Augen nieder.
Die große Blockhütte im Norden Idahos, die Jacques jetzt als Einsatzzentrale nutzte, bot Ausblick auf den Lake Pend Oreille, einen gewaltigen natürlichen See mit einem Durchmesser von mehreren Meilen. Kräftige Böen wühlten das dunkelblaue Wasser auf, sodass die Wellen leicht schäumten.
Jacques hatte das sehr geräumige Wohnzimmer der Hütte zu seinem Büro erkoren. Mit seiner zwanzig Fuß hohen Decke und breiten Fenstern vom Boden bis unter die Dachrinne war es insofern perfekt, als es seine Persönlichkeit widerspiegelte.
Er hatte Smith herbestellt, um die jüngsten Schwierigkeiten zu besprechen, die während ihrer Kriegshandlungen aufgekommen waren. Der Mann stand schon zehn Minuten vor ihm, hatte aber weder einen Satz äußern dürfen, noch etwas aus Jacques Mund zu hören bekommen.
Am Gegenufer des Sees stieg eine dicke Rauchfahne hoch und hob sich von dem strahlend blauen, wolkenlosen Himmel ab.
Jacques setzte sich und blickte auf den Qualm, während er weiter auf den Tisch trommelte.
Smith hüstelte. Auch er beobachtete, wie der Rauch aufstieg.
»Ein Monat, nicht wahr?«, fragte Jacques endlich, ohne den Blick von draußen abzuwenden.
»Sir?«
»Es ist einen Monat her, dass wir unsere Freiheitskampagne begonnen haben.«
»Richtig, Sir.«
»Und was haben wir bisher erreicht?«, fuhr Jacques fort.
»Sir, wir besetzen nun einen beträchtlichen Teil West-Virginias vom Norden von Sandpoint bis zur Grenze«, gab Smith an.
»Das stimmt, doch was besetzen wir dabei genau? Eine Kleinstadt sowie nichts als Berge und Wasser, alles überzogen mit einer dicken Schneedecke.«
»Aber Sir, ich bin mir vollständig …« hob Smith an, wurde aber wieder unterbrochen.
»Sie haben mir versichert, diese Taktik würde funktionieren. Sie sagten, jemand wie Van Zandt könne keine ganze Woche lang warten, während wir hier sitzen, sondern fahre alle Geschütze auf, die er gegen uns einsetzen kann.« Damit drehte sich Jacques schließlich mit seinem Sessel um und schaute Smith an. »Mittlerweile ist ein Monat vergangen, und von Van Zandt oder seiner Armee fehlt jede Spur. Unterdessen haben wir uns ausgebreitet, doch unsere Versorgung gerät aufgrund der Wetterlage ins Stocken. Die Truppen, die wir im Norden gelassen haben, können uns nicht helfen kommen, weil Ottawa im Anmarsch ist.«
»Sir, ich weiß nicht, warum Van Zandt nicht im Norden angegriffen hat, um uns zu vertreiben. Bei jemandem mit seinem Charakterprofil und Werdegang war genau das zu erwarten.«
»Aus genau diesem Grund tue ich mich schwer mit Pseudo-Intellektuellen. Sie halten sich für viel gerissener als alle anderen. Sie mit Ihren Harvard-Abschlüssen denken, man könne Krieg anhand von Charakterprofilen führen.«
»Aber Sir, wenn ich mich rechtfertigen darf …«
»Dürfen Sie nicht. Wir sind jetzt eingeschneit, unsere Vorräte werden knapp, Soldaten desertieren, und der lokale Widerstand wird täglich stärker, während wir zusehends nachlassen.«
»Sir, falls Sie meinen Rat wollen: Es ist Zeit, dass wir nach Süden zurückkehren und Lewiston in Angriff nehmen. Erobern wir die Stadt, um Van Zandt noch mehr Bauchschmerzen zu bereiten. Dann sieht er sich bestimmt gezwungen, in den Norden vorzustoßen.«
»Sie möchten unsere Truppen noch weiter zerstreuen?«
»Nein Sir, wir lassen niemanden hier, sondern bewegen einfach alle Verbände. Unser Hauptziel besteht darin, seine Armee zu zerschlagen und ihn zu töten. Gelingt uns dies, ergibt sich alles Weitere von selbst.«