Die wahren Sozialisten - Engels Friedrich - E-Book

Die wahren Sozialisten E-Book

Engels Friedrich

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Beschreibung

Dieses Werk gilt als Ergänzung zu der Schrift "Die deutsche Ideologie."

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Die wahren Sozialisten

Friedrich Engels

Inhalt:

Friedrich Engels – Biografie und Bibliografie

Die wahren Sozialisten

Die wahren Sozialisten, Friedrich Engels

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

Loschberg 9

86450 Altenmünster

ISBN: 9783849611828

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

Friedrich Engels – Biografie und Bibliografie

Sozialist, geb. 28. Nov. 1820 in Barmen als Sohn eines Fabrikanten, gest. 5. Aug. 1895 in London, war 1838 Volontär in einem Geschäft in Bremen und übernahm dann die Filiale des väterlichen Geschäfts zu Manchester, die er bis 1845 leitete. Schon in früher Jugend literarisch tätig und sozialistischen Ideen zugeneigt, wurde er durch seinen Aufenthalt in England angeregt zur Veröffentlichung des Werkes »Die Lage der arbeitenden Klassen in England« (Leipz. 1845; 2. Aufl., Stuttg. 1892; engl. Übersetzung, mit Nachtrag, von Wischnewetzky, New York 1887). Nachdem er bereits 1844 für die von A. Ruge und K. Marx herausgegebenen »Deutsch-französischen Jahrbücher« Beiträge geschrieben, ward er 1844 in Brüssel mit Marx persönlich bekannt, dem er fortan in treuer Freundschaft anhing. Mit ihm verfasste er gemeinsam die gegen Bruno Bauer gerichtete Schrift »Die heilige Familie«, ebenso 1847 im Auftrag des internationalen Kommunistenbundes das »an die Proletarier aller Länder« gerichtete kommunistische Manifest. E. war damals erst in London, später in Brüssel Sekretär des Zentralausschusses des genannten Bundes. 1848–49 beteiligte er sich als Mitarbeiter an der von Marx in Köln redigierten »Neuen rheinischen Zeitung«, dann nahm er an den Aufständen in der Pfalz und in Baden teil und flüchtete nach deren Niederwerfung nach England, wo er nach Gründung der »Internationale« für diese und überhaupt für Verbreitung sozialistischer Ideen wirkte. Von 1850–69 war er wieder im väterlichen Geschäft in Manchester tätig und lebte seit 1869 in London. Eine Reihe von seinen im »Vorwärts« veröffentlichten Abhandlungen erschien 1878 u. d. T.: »Herrn Eugen Dührings Umwälzung der Wissenschaft« (4. Aufl., Stuttg. 1901); andre Schriften sind: »Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates« (Zür. 1884; 8. Aufl., Stuttg. 1900); »Ludwig Feuerbach und der Ausgang der klassischen deutschen Philosophie« (das. 1888, 3. Aufl. 1903); »Die Entwickelung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft« (4. Aufl., Berl. 1881). Auch gab er den von Marx im Manuskript hinterlassenen 2. und 3. Band des Werkes: »Das Kapital, Kritik der politischen Ökonomie« (Hamb. 1885) heraus und besorgte die 3. und 4. Auflage des 1. Bandes. Gesammelte Schriften aus dem Nachlaß wurden zusammen mit denen von Marx und Lassalle von Mehring herausgegeben (Stuttg. 1901 ff.). Vgl. »Die Neue Zeit«, 9. Jahrgang, S. 225 ff. (Stuttg. 1890); Sombart, Friedrich E. (Berl. 1895).

Die wahren Sozialisten

I.

 Seit die obigen Schilderungen wahrer Sozialisten geschrieben wurden, sind mehrere Monate verflossen. Während dieser Zeit hat der wahre Sozialismus, der bisher nur vereinzelt, hie und da auftauchte, einen großartigen Aufschwung genommen. Er hat in allen Teilen des Gesamtvaterlandes Vertreter gefunden, er hat sich sogar zu einer gewissen literarischen Parteibedeutung emporgehoben. Noch mehr, er sondert sich bereits in mehrere Gruppen, die zwar durch das gemeinsame Band deutscher Innigkeit und Wissenschaftlichkeit, durch gemeinsame Bestrebungen und Zwecke eng verbunden, die aber doch durch die besondre Individualität einer jeden bestimmt voneinander geschieden sind. Auf diese Weise ist "die chaotische Lichtmasse", wie Herr Grün so schön sagt, des wahren Sozialismus mit der Zeit in eine "geordnete Helle" übergegangen; sie hat sich zu Sternen mit Sterngruppen konzentriert, bei deren mildem, ruhig strahlendem Schein der deutsche Bürger seinen Plänen für redliche Erwerbung eines kleinen Vermögens und seinen Hoffnungen für Hebung der niederen Volksklassen sorglos nachhängen kann.

Wir dürfen vom wahren Sozialismus nicht scheiden, ohne vorher wenigstens die entwickeltsten dieser Gruppen näher beobachtet zu haben. Wir werden sehen, wie jede von ihnen, anfangs in der Milchstraße der allgemeinen Menschenliebe verschwimmend, durch die eintretende saure Gärung, die "wahre Begeisterung für die Menschheit" (wie Herr Dr. Lüning, gewiß eine kompetente Autorität, sich ausdrückt), sich als besondre Flocke konstituiert und von den bürgerlich-liberalen Molken scheidet; wie sie dann eine Zeitlang als Nebelfleck am sozialistischen Himmel figuriert, wie der Nebelfleck an Größe und Helligkeit zunimmt und schließlich gleich einer Rakete sich in eine blendende Gruppe von Sternen und Sternbildern zerteilt.

Die älteste, am frühsten selbständig entwickelte Gruppe ist die des westfälischen Sozialismus. Dank den überaus wichtigen Händeln dieser Gruppe mit der königlich preußischen Polizei, dank dem Eifer dieser westfälischen  Fortschrittsmänner für Öffentlichkeit, hat das deutsche Publikum den Gewinn gehabt, die ganze Geschichte dieser Gruppe in der "Kölnischen ....", "Trier'schen ... " und andern Zeitungen lesen zu können. Wir brauchen hier daher nur das Nötigste zu erwähnen.

Der westfälische Sozialismus ist in der Gegend von Bielefeld, im Teutoburger Walde zu Hause. Die Zeitungen enthielten ihrer Zeit geheimnisvolle Andeutungen über den mystischen Charakter seiner frühesten Epoche. Aber bald überschritt er die Stufe des Nebelflecks; mit dem ersten Hefte des "Westphälischen Dampfboots" erschloß er sich und zeigte dem erstaunten Auge ein Heer schimmernder Sterne. Wir befinden uns im Norden des Äquators und, sagt ein alter Reim:

Im Norden sind zu sehn der Widder und der Stier, Die Zwilling, Krebs und Leu, samt einer Jungfrau Zier.

Die Existenz der "Jungfrauen" wurde schon früh von der "guten Presse" behauptet; der "Leu" war ebenderselbe Hermann der Cherusker, der bald, nachdem der westfälische Nebelfleck sich erschlossen, seine trauten Freunde verließ und nunmehr als Volkstribun von Amerika herüber seine blonden Mähnen schüttelt. Nicht gar zu lange darauf ist ihm der Krebs "wegen unangenehmer Wechselgeschichten" gefolgt, wodurch der westfälische Sozialismus zwar Witwe wurde, aber darum nicht minder das Geschäft fortsetzt. Von den Zwillingen ist der eine ebenfalls nach Amerika gegangen, um eine Kolonie zu stiften; während er dort abhanden kam, erfand der zweite "die Volkswirtschaft in ihrer zukünftigen Gestaltung" (vgl. Lüning, "Dies Buch gehört dem Volke", II. Jahrg.) Alle diese verschiedenen Figuren sind indes verhältnismäßig unbedeutend. Das Gewicht der Gruppe konzentriert sich im Widder und im Stier, diesen echt westfälischen Gestirnen, unter deren Obhut das "Westphälische Dampfboot" sicher die Wogen durchschneidet.

Das "Westphälische Dampfboot" hielt sich eine lange Zeit auf dem mode simple <einfache Art> des wahren Sozialismus. "Es verging kein Stund in der Nacht", wo es nicht bittre Tränen vergoß über das Elend der leidenden Menschheit. Es predigte das Evangelium vom Menschen, vom wahren Menschen, vom wahren wirklichen Menschen, vom wahren wirklichen leibhaftigen Menschen aus Leibeskräften, und die waren freilich nicht sonderlich groß. Es hatte ein welches Gemüt und liebte Milchreis mehr als spanischen Pfeffer. Daher trug seine Kritik einen sehr sanftmütigen Charakter und schloß sich lieber an gleich barmherzige, liebevolle Rezensenten an, als an die neuerdings aufkommende herzlose, kalte Schärfe der Beurteilung. Aber es hatte ein weites Herz bei  wenig Courage, und so fand selbst die gefühllose "Heilige Familie" Gnade vor seinen Augen. Mit der größten Gewissenhaftigkeit berichtete es über die verschiedenen Phasen der Bielefelder, Münsterschen usw. Lokalvereine zur Hebung der arbeitenden Klassen. Größte Aufmerksamkeit wurde den wichtigen Ereignissen im Bielefelder Museum gewidmet. Und damit ja der westfälische Bürger und Landmann erfahre, was die Glocke geschlagen, wurden in dem monatlichen Überblick der "Weltbegebenheiten" am Schluß jeder Nummer dieselben Liberalen belobt, die in den übrigen Artikeln der Nummer angegriffen worden waren. Nebenbei teilte man dem westfälischen Bürger und Landmann noch mit, wann die Königin Victoria niedergekommen war, in Ägypten die Pest wütete und die Russen im Kaukasus eine Schlacht verloren hatten.

Man sieht, das "Westphälische Dampfboot" war eine Zeitschrift, die auf den Dank aller Wohlgesinnten und auf das überquellende Lob des Herrn Fr. Schnake im "Gesellschaftsspiegel" vollen Anspruch machen durfte. Der Stier redigierte mit dem lächelndsten Behagen auf der marschigen Weide des wahren Sozialismus herum. Wenn ihm auch der Zensor zuweilen ins Fleisch schnitt, so brauchte er doch nie zu seufzen: "es war die beste Stelle"; der westfälische Stier war ein Zugstier und kein Zuchtstier. Selbst der "Rheinische Beobachter" hat nie gewagt, weder dem "Westphälischen Dampfboot" im allgemeinen noch dem Dr. Otto Lüning im besondern ein Attentat auf die Sittlichkeit vorzuwerfen. Kurz, man konnte wähnen, das "Dampfboot", das, seit ihm die Weser verboten wurde, nur noch auf dem mythisch unter die Sterne versetzten Flusse Eridanus schwimmt (denn bei Bielefeld fließt kein andres Wasser) - das "Dampfboot" habe den höchsten Grad menschlicher Vollkommenheit erreicht.

Aber in allen seinen bisherigen Efforts hatte das "Dampfboot" nur die einfachste Phase des wahren Sozialismus entwickelt. Gegen den Sommer des Jahres 1846 trat es aus dem Zeichen des Stiers heraus und näherte sich dem des Widders, oder vielmehr, um historisch richtiger zu sprechen, der Widder näherte sich ihm. Der Widder war ein gereister Mann und stand vollständig auf der Höhe der Zeit. Er erklärte dem Stier, wie es jetzt in der Welt eigentlich aussehe, daß die "wirklichen Verhältnisse" jetzt die Hauptsache seien, und daß man deshalb eine neue Wendung machen müsse. Der Stier war vollkommen einverstanden, und von diesem Augenblick an bietet das "Westphälische Dampfboot" ein noch viel erhebenderes Schauspiel dar: den mode composé <die zusammengesetzte Art> des wahren Sozialismus.

 "Der Widder und der Stier" glaubten diese graziöse Tour nicht besser ausführen zu können als durch den Abdruck unsrer Kritik des New-Yorker "Volks-Tribunen", die wir diesem Blatte im Manuskript eingeschickt hatten und die von ihm aufgenommen war. Das "Dampfboot", das sich jetzt nicht scheute, auf seinen eignen, weit in Amerika befindlichen Leuen anzuschlagen (der mode composé des wahren Sozialismus gibt bei weitem mehr Keckheit als der mode simple), das "Dampfboot" war übrigens pfiffig genug, folgende menschenfreundliche Bemerkung an obige Kritik zu knüpfen: "Sollte jemand im obigen Aufsatz eine