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Beschreibung

Ein Glas Rotwein zum Abendessen, ein paar Süßigkeiten, um die Nerven zu beruhigen, oder eine Tablette, um in den Schlaf zu finden. Kein Problem? Oftmals leider doch. Risiken und Nebenwirkungen legaler und illegaler Suchtmittel werden häufig unterschätzt. Immer mehr Menschen geraten in eine Abhängigkeit oder werden durch die regelmäßige Einnahme krank. Höchste Zeit, Klartext zu reden, finden #DerApotheker und Dr. Carsten Schleh. Mit ihrem vereinten pharmazeutischen und toxikologischen Wissen nehmen sie die beliebtesten Drogen unserer Zeit unter die Lupe: Tabak, Alkohol, Zucker werden dabei ebenso durchleuchtet wie Cannabis, Kokain, Ecstasy und mehr.

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Inhalt

CoverÜber dieses BuchÜber den AutorTitelImpressum#DesApothekers Vorwort: Substanzen mit ungewöhnlichen WirkungenDr. Carsten Schlehs Vorwort: Was uns süchtig machtProlog: Eine ungewöhnliche IdeeKapitel 1: Wie riskant der Konsum von Cannabis wirklich istKapitel 2: Weshalb die Gefahr von Alkohol unterschätzt wirdKapitel 3: Warum Kokain dich verändern kannKapitel 4: Weshalb MDMA (Ecstasy, Molly & Mandy) keine harmlose Partydroge istKapitel 5: Warum man bei einer Opiumsucht gleich von mehreren Substanzen abhängig istKapitel 6: Weshalb LSD mehr kann, als man denktKapitel 7: Warum Koffein in Maßen in Ordnung ist, in Massen aber nichtKapitel 8: Weshalb Crystal Meth nur am Anfang dafür sorgt, dass du dich gut fühlstKapitel 9: Warum Tilidin kein Spaß istKapitel 10: Weshalb Magic Mushrooms magisch sindKapitel 11: Warum Benzodiazepine nur kurzfristig eingenommen werden solltenKapitel 12: Weshalb GHB als K.-o.-Tropfen die Vergewaltigungsdroge Nummer 1 ist und wie ihr euch schützen könntKapitel 13: Warum Heroin euch nicht zum Helden machtKapitel 14: Weshalb Tabak das Leben verkürztKapitel 15: Warum man sich Gedanken über seinen Zuckerkonsum machen sollteKapitel 16: Warum man durch zu viel Lachgas nichts zu lachen hatAnmerkungen

Über dieses Buch

Ein Glas Rotwein zum Abendessen, ein paar Süßigkeiten, um die Nerven zu beruhigen, oder eine Tablette, um in den Schlaf zu finden. Kein Problem? Oftmals leider doch. Risiken und Nebenwirkungen legaler und illegaler Suchtmittel werden häufig unterschätzt. Immer mehr Menschen geraten in eine Abhängigkeit oder werden durch die regelmäßige Einnahme krank. Höchste Zeit, Klartext zu reden, finden #DerApotheker und Dr. Carsten Schleh. Mit ihrem vereinten pharmazeutischen und toxikologischen Wissen nehmen sie die beliebtesten Drogen unserer Zeit unter die Lupe: Tabak, Alkohol, Zucker werden dabei ebenso durchleuchtet wie Cannabis, Kokain, Ecstasy und mehr.

Über die Autoren

#DerApotheker hat Pharmazie studiert und arbeitet seit über 10 Jahren als Apotheker in einer öffentlichen Apotheke. Er verschickt einen erfolgreichen Infoletter auf https://steadyhq.com/de/derapotheker, schreibt eine Online-Kolumne für die DEUTSCHE APOTHEKER ZEITUNG und ist als @ApothekerDer auf Twitter aktiv. Sein erstes Buch DIE WAHRHEIT ÜBER UNSERE MEDIKAMENTE wurde 2021 zum SPIEGEL-Bestseller.

Dr. Carsten Schleh ist promovierter Toxikologe. Er arbeitete viele Jahre als Wissenschaftler und Projektleiter in der toxikologischen Grundlagenforschung sowie der Industrie und ist an über dreißig wissenschaftlichen Publikationen beteiligt. Er bloggt auf DocCheck.com und ist als @schleh_tox auf Twitter aktiv. Sein erstes Buch VORSICHT, DA STECKT GIFT DRIN! erschien 2021.

Vollständige E-Book-Ausgabe

des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes

Da Sachbücher ein besonderes Maß an Übersichtlichkeit und Lesbarkeit beanspruchen, wurde beim Verfassen des vorliegenden Buches weitgehend auf geschlechtsneutrale Formulierungen verzichtet. Sofern es aus dem Kontext nicht anders hervorgeht, sind stets Frauen wie Männer gleichermaßen gemeint und angesprochen.

Originalausgabe

Copyright © 2023 by Bastei Lübbe AG, Schanzenstraße 6– 20, 51063 Köln

Vervielfältigungen dieses Werkes für das Text- und Data-Mining bleiben vorbehalten.

Textredaktion: Regina Carstensen, München

Umschlaggestaltung: © Sarah Borchart | Guter Punkt, München

Einband-/Umschlagmotiv: © iStock/Getty Images Plus: ArnaPhoto | Stevy

eBook-Produktion: hanseatenSatz-bremen, Bremen

ISBN 978-3-7517-4847-6

luebbe-life.de

luebbe.de

lesejury.de

Dr. Carsten Schlehs Vorwort

Was uns süchtig macht

Die Wahrheit über unsere Drogen ist kein Fachbuch für Experten oder Wissenschaftler. Wir möchten vielmehr aufklären und gleichzeitig unterhaltsame Stunden bereiten. Es ist explizit auch für diejenigen geschrieben, die keinerlei Vorkenntnisse über Drogen mitbringen. Daher sind zugegebenermaßen gewisse Ungenauigkeiten enthalten, die für Verständlichkeit sorgen, ohne dass wir uns in fachliche Details verlieren müssen. Wir sind der Ansicht, dass wichtige Informationen dadurch nicht verändert, ausgelassen oder gar verfälscht werden.

Eine große Ungenauigkeit betrifft den Begriff »Droge«. Allgemein werden Drogen als Blätter, Blüten oder Wurzeln definiert, die man zur Herstellung von Medikamenten, von Heil- oder Anregungsmitteln verwendet. Daher kommt auch der Name »Drogerie« für ein Geschäft, in dem es früher solche Drogen zu kaufen gab. Synonyme für Drogen sind im Laufe der Zeit viele entstanden. Ein gebräuchliches davon ist »Rauschgift«. Allerdings ist bei diesem Wort integriert, dass man sich bei einem Rausch zwangsläufig vergiftet. Dies ist nicht unbedingt der Fall.

Heute wird die Bezeichnung »Drogen« häufig umgangssprachlich für süchtig machende Substanzen verwendet oder für Substanzen, die zum Erreichen einer rauschähnlichen oder bewusstseinserweiternden Wirkung konsumiert werden. Dieser umgangssprachlichen Definition bedienen wir uns hier.

Eine weitere wichtige Frage lautet: Was ist eigentlich eine Sucht beziehungsweise eine Abhängigkeit? Viele sind der Ansicht, dass das Wort »Sucht« nicht mehr verwendet werden sollte. Es lässt ein »Siechtum« vermuten, was nicht zwangsläufig bei einer eingenommenen Substanz gegeben ist. Ein moderner, alternativer Ausdruck ist »Substanzgebrauchsstörung«. Er umschreibt einen andauernden, zwangsgetriebenen Gebrauch einer Substanz trotz negativer physischer, psychischer oder sozialer Folgen.

Die American Psychiatric Association, eine Vereinigung von Psychiaterinnen und Psychiatern in den USA, definiert Sucht als einen komplexen Zustand, eine Erkrankung des Gehirns, die sich durch zwanghaften Substanzkonsum äußert, trotz schädlicher Folgen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Sucht als einen »Zustand periodischer oder chronischer Vergiftung, hervorgerufen durch den wiederholten Gebrauch einer natürlichen oder synthetischen Droge« beschrieben. Alles in allem sind die Definitionen der Begriffe »Droge«, »Sucht« oder »Abhängigkeit« hart umkämpft, und verschiedene Lobbygruppen streiten sich vehement um Nuancen. Erschwerend kommt hinzu, dass es einige Substanzen gibt, die nur schwierig in manche der vorgegebenen Definitionen passen. Einen ungefähren Eindruck davon bekommt ihr im Kapitel 15 über Zucker.

Wir jedenfalls haben versucht, uns nicht in die Fallstricke der verschiedenen Interessensgruppen hineinziehen zu lassen, und benutzen die Worte »Drogen« und »Sucht« in engem Zusammenhang. Eine Droge ist für uns vereinfacht ein Stoff, der physisch oder psychisch zu einer Abhängigkeit und somit beim Absetzen zu Entzugserscheinungen wie beispielsweise einem unbändigen Verlangen führen kann. Uns geht es ausschließlich um Aufklärung und Information – den Rest überlassen wir der Politik und den Lobbyisten.

Dieses Buch soll – so hoffen wir – auf kurzweilige Weise Einblicke in das Thema Drogen vermitteln und über Hintergründe sowie Probleme informieren, die einen Konsum begleiten. Dabei wollen wir aufklären, aber keine Ängste schüren – und mit der einen oder anderen Anekdote erheitern oder auch zum Nachdenken anregen. Vielleicht schaffen wir es ja sogar, ein paar lange zementierte Vorurteile aufzulockern.

Wir haben uns die Arbeit untereinander aufgeteilt. #DerApotheker beschreibt zuerst in jedem Kapitel den Hintergrund der Substanzen sowie die Pharmakologie im Körper. Ich erläutere anschließend jeweils die Toxikologie und füge medizinische und kriminalistische Fallgeschichten hinzu. Diese inhaltlichen Teile werden jeweils von einer Rahmengeschichte ein- und ausgeleitet. Diese hat #DerApotheker für die ungeraden Kapitel (1, 3, 5 etc.) und ich für die geraden Kapitel (2, 4, 6 etc.) übernommen. Mit anderen Worten: #DerApotheker verfasste die Rahmengeschichten für die Besucher, die am Morgen kamen, und ich die für Besucher, die am Nachmittag einen Termin hatten. Als bekennender Morgenmuffel passt der späte Nachmittag eh viel besser zu mir.

Ein großes Dankeschön geht an dieser Stelle an unsere Follower auf Twitter. Diese haben uns beinahe vergessene Wörter vorgeschlagen, die wir, hauptsächlich in Kapitel 14 (Tabak) verarbeitet haben. Leider konnten wir nicht alle Vorschläge integrieren, dazu waren es dank der überwältigenden Beteiligung einfach zu viele.

Ich wünsche allen viele kurzweilige Stunden beim Lesen.

August 2023

Dr. Carsten Schleh

Prolog

Eine ungewöhnliche Idee

»Hey Carsten!«

»Hey. Was gibt’s Neues?«

»Ich spiele in letzter Zeit häufig mit dem Gedanken, eine Drogenberatung anzubieten.«

»Eine Drogenberatung? Wie kommst du denn auf so eine Idee?«

»Ich hatte letzte Woche einen Kunden, der meinte, dass er jeden Tag Kokain und Gras konsumiere und dass er da eigentlich gar keinen Bock mehr darauf habe.«

»Das erzählt er dir einfach so?«

»Na ja, er hatte bei mir ein verordnetes Arzneimittel abgeholt, und ich fragte ihn, um Wechselwirkungen ausschließen zu können, ob er sonst noch Arzneimittel einnehme. Daraufhin meinte er, dass er regelmäßig Kokain und Gras konsumiere.«

»Und jetzt willst du Menschen von ihren Lastern befreien?«

»Nein, dafür gibt es ja Profis. Aber was man machen könnte, wäre eine Beratung anzubieten, so wie in der Apotheke. Nur ausführlicher. Einige der Drogen sind ja schließlich Arzneimittel oder wurden mal als solche eingesetzt.«

»Das stimmt. Aber wie stellst du dir das vor?«

»Personen, die irgendwelche Drogen konsumieren und fachliche Informationen darüber haben wollen, kommen in die Beratung – egal ob Gras, Kokain, Alkohol oder sonst was. Vielleicht hat das einen positiven Effekt auf ihren Konsum oder erleichtert die Entscheidung, einen Entzug zu machen.«

»Klingt nicht schlecht. Aber diese Menschen werden dich kaum finanzieren können, wenn du deinen Job als Apotheker an den Nagel hängst.«

»Quatsch. Ich würde einmal pro Woche einen Beratungstag anbieten. Wir haben in der Apotheke sogar ein unbenutztes Zimmer, das man dafür verwenden könnte.«

»Und die Leute sollen dann unter aller Augen durch die Apotheke spazieren? Diskret ist das ja nicht.«

»Nein. Doch das Schöne an dem Zimmer ist, dass man es früher als Schleuse für die Ware benutzt hat, die vom Großhandel nachts angeliefert wurde.«

»Was genau ist daran schön?«

»Es hat eine Außentür. Der Lieferant schloss diese nachts auf und befand sich in einem vom Rest der Apotheke abgetrennten Raum. Dort hat er seine Ware abgestellt und ist wieder gegangen. Der Raum hat zudem noch ein kleines Bad mit Dusche und Toilette – perfekt für unsere Zwecke.«

»Für unsere Zwecke?«

»Ja, ich als Apotheker und du als Toxikologe!«

»Du meinst, wie so eine Art Ehrenamt?«

»Richtig. Ich glaube, dass es da einen großen Bedarf gibt. Und falls doch niemand kommt, lassen wir es wieder sein. Einen Versuch wäre es auf jeden Fall wert.«

»Lass mich da mal eine Nacht drüber schlafen, okay?«

»Mach das. Am besten wäre es, wenn wir das immer montags machen. Da haben wir beide frei.«

»Hey, ich habe noch nicht zugesagt.«

»Ja, aber das wirst du!«, erwidere ich grinsend.

»Wir werden sehen.«

Kapitel 1

Wie riskant der Konsum von Cannabis wirklich ist

Ein paar Wochen später. Carsten hat zugesagt. Wir nutzen das Zimmer der Apotheke für unsere kostenlose Drogenberatung. Um darauf aufmerksam zu machen, haben wir Flyer in der Apotheke ausgelegt, und obwohl das gerade zwei Wochen her ist, konnten wir tatsächlich schon Termine für die nächsten Wochen vergeben. Immer montags. Zwei Termine. Einen morgens, einen nachmittags. Wir sind bereits fast komplett ausgebucht. Heute geht’s los. Es ist Montag, 10:05 Uhr.

»Unser allererster Besucher lässt sich echt Zeit«, merke ich an, während ich einen Blick auf meine Smartwatch werfe.

»Ja, das kann man wohl sagen«, erwidert Carsten, der die Zeit nutzt, um noch schnell seine Brille mit einem Mikrofasertuch zu reinigen. »Vielleicht hätte ich mit ihm telefonieren sollen. Du hast ihn bestimmt verschreckt.« Carsten grinst mich frech an. 

»Quatsch. Ich freue mich jedenfalls, dass wir das gemeinsam aufgezogen haben und es offensichtlich auch Interessenten dafür gibt!«

»Drogenberatung D.U.D.E., die Drogen- und drogentoxikologische Erstanlaufstelle«, liest Carsten von unseren Visitenkarten ab, die wir zusätzlich zu den Flyern ausgelegt haben. »Ich mag den Namen.«

»Ich auch. Danke noch mal deiner Frau dafür.« Carsten nickt mir zu. Als er gerade ansetzen möchte, noch etwas zu sagen, hören wir, wie jemand an die Milchglasscheibe der Außentür klopft. Eine Klingel haben wir nicht.

»Da ist er ja endlich«, rufe ich, während wir zur Tür eilen und durch die Scheibe die Umrisse unseres Besuchers sehen. Langsam öffne ich die Tür. Vor mir sehe ich einen jungen Mann Mitte 20, der gerade mit seinem Fuß eine Zigarette ausdrückt. Er schaut mich an.

»Hey, seid ihr die Jungs von D.U.D.E.?«

»Die sind wir, ja!«, erwidere ich.

»Super. Dann bin ich hier richtig.«

»Goldrichtig!«, erwidert Carsten.

»Ich bin Philipp.« Er nickt uns beiden zu und betritt unser Beratungszimmer. Mit ihm herein kommt eine Duftwolke feinstes Cannabis sativa. Carsten und ich grinsen uns an.

»Setz dich. Der Sessel ist für dich«, sage ich und zeige dabei auf den schwarzen, bereits abgenutzten Ledersessel, den wir secondhand erhalten haben. Vielleicht auch thirdhand, wer weiß. Direkt gegenüber steht die dazugehörige Couch. Ich schließe die Tür und setze mich zu Carsten, der es sich schon auf der Couch bequem gemacht hat.

»Magst du vielleicht was trinken?«, fragt Carsten unseren ersten Besucher, aber Philipp schüttelt nur mit dem Kopf.

»Nein, danke! Ehrlich gesagt würde ich viel lieber einen Joint rauchen!«

Bei einem Joint handelt es sich um eine gedrehte Zigarette. Ursprünglich wollte ich ja »selbst gedrehte Zigarette« schreiben, aber dann fiel mir ein, dass der Rapper Snoop Dogg extra eine Frau engagiert hat, die nichts anderes macht, als den ganzen Tag lang Joints zu drehen. Klingt natürlich erst mal albern, aber bei seinem Konsum bliebe ihm sonst wohl keine Zeit mehr fürs Rappen.

Um einen Joint zu drehen, nimmt man ein Paper, auch Blättchen genannt. Darauf verteilt man losen Tabak. Dieser wird anschließend mit kleinen Krümeln von Marihuana oder Haschisch »gewürzt«. Ein Stück zusammengerolltes Papier, Pappe macht’s auch, fungiert dabei als Filter. Das Ganze wird zu einer konischen Zigarette gedreht, die wie eine kleine Schultüte aussieht. Im Gegensatz zu einer richtigen Schultüte hat diese allerdings nichts in Kinderhänden zu suchen. Man steckt sie sich in den Mund, zündet sie an, inhaliert den Rauch und gibt sie danach weiter. Außer man ist allein, dann nicht. Im Grunde braucht man keinen Tabak, um sich einen Joint zu drehen, denn das Gras lässt sich auch pur rauchen, was von dem ein oder anderen Kiffer auch so gemacht wird.

Aber beginnen wir ganz am Anfang: Die Hanfpflanze, auch Cannabis sativa genannt, ist eine wahre Chemiebombe, die mehr als 560 verschiedene chemische Verbindungen enthält. Für die Rauschwirkung interessant sind aber nur die sogenannten Cannabinoide, von denen sich immerhin über sechzig verschiedene im Harz der Pflanze befinden. Genau genommen besteht sogar fast das komplette Harz aus Cannabinoiden. Nämlich zu 80 bis 90 Prozent. Das cannabinoidreiche Harz wird von den Drüsenhaaren, also den kleinen Härchen, die sich überall auf der Pflanze befinden, gebildet. Die größte Drüsenhaar-Dichte haben die Blüten und die sich in Blütennähe befindlichen kleinen Blätter. Keine Drüsenhaare hingegen findet man auf den Wurzeln und den Samen. Bei den Cannabinoiden handelt es sich um chemische Verbindungen, die im Körper an die Cannabinoid-Rezeptoren binden und dadurch verschiedene Wirkungen auslösen. Die wichtigsten unter ihnen sind das Tetrahydrocannabinol (THC) und das Cannabidiol (CBD). Den größten Einfluss der Cannabinoide auf die Rauschwirkung hat das Tetrahydrocannabinol.

Möchte man die harz- und somit cannabinoidreichen Blüten und Blätter konsumieren, muss man sie zuerst trocknen. Hat man das erledigt, darf man das Ergebnis Marihuana, Weed oder Gras nennen. Als Haschisch oder Hasch hingegen wird das Harz allein bezeichnet, das vor allem aus den Blütenständen der Cannabis-Pflanze durch Extraktion mit einem geeigneten Lösemittel gewonnen wird. Der THC-Gehalt von Haschisch ist dementsprechend immer höher als der von Marihuana – sofern man dieselbe Pflanze betrachtet. Folglich benötigt man für einen Joint, um eine identische Wirkung zu erzielen, weniger Haschisch als man Marihuana benötigen würde. 

Um Marihuana und Haschisch zu gewinnen, eignet sich allerdings nicht jede Hanfpflanze. Man benötigt eine weibliche. Cannabis ist eine zweihäusige Pflanze, das bedeutet, es existieren sowohl männliche als auch weibliche Varianten. Zusätzlich kommen noch die zwittrigen Cannabis-Varianten vor, die beide Geschlechter ineinander vereinen.

Warum benötigt man also die weiblichen Pflanzen zur Cannabis-Gewinnung? Das liegt daran, dass sie gegenüber den männlichen einen entscheidenden Vorteil haben: Sie weisen nämlich nicht nur mehr, sondern auch größere Drüsenhaare auf. Mehr und größere Drüsenhaare bedeutet, dass sie auch mehr Harz produzieren können als ihre männlichen Gegenstücke. Und mehr Harz bedeutet wiederum, wie ihr bereits erfahren habt, mehr Cannabinoide und somit mehr THC.

Die männlichen Pflanzen spielen für die Gewinnung von Cannabinoiden daher keine Rolle. Am besten ist es sogar, wenn die männlichen Pflanzen komplett von den weiblichen ferngehalten werden, da sie ihre Pollen einfach nicht in ihren Pollensäcken behalten können. Denn haben sie die weiblichen Pflanzen erst mal befruchtet, stecken diese ihre Energie in die Ausbildung der Samen. Die Energie fehlt ihnen dann, wenn es darum geht, Cannabinoide zu bilden.

Da die unbefruchteten weiblichen Pflanzen also mehr Cannabinoide bilden, werden sie von Personen, die das Cannabis anschließend verkaufen wollen, bevorzugt. Man nennt diese Pflanzen »Sinsemilla-Cannabis«. Das ist Spanisch-Latein. Auf Deutsch-Deutsch bedeutet das dann »Ohne-Samen-Hanf«.

Das THC liegt in der Cannabis-Pflanze gebunden an eine organische Carbonsäure vor. Eine organische Säure enthält, im Gegensatz zu anorganischen Säuren wie der Salzsäure, Kohlenstoffatome. Die organische Chemie ist die Chemie der Kohlenstoffverbindungen. Damit das THC an seine Rezeptoren binden kann, muss man die lästige Carbonsäure allerdings erst einmal loswerden. Man spricht dabei von einer Decarboxylierung. Und dazu braucht man Hitze.

Wenn man einen Joint raucht, wird die Hitze durch das Feuer erzeugt. Möchte man Hasch-Kekse oder -Brownies backen, muss dazu zuerst das zerkleinerte Marihuana auf einem Backblech ausgebreitet und danach im Ofen erhitzt werden. Anschließend löst man das THC mittels Butter heraus. Butter ist Fett – und THC ist fettlöslich. THC hat viele unterschiedliche Wirkungen im Körper. Es schärft die Sinne und steigert die Konzentration. Gleichzeitig entspannt man sich, die Angstgefühle nehmen ab, und ein Wohlgefühl breitet sich aus. Hinzu kommt, dass es den Brechreiz unterdrückt sowie appetitanregend und schmerzhemmend wirkt. Zumindest dann, wenn man es mit dem Konsum nicht übertreibt. Zu hohe Dosen können nämlich paranoide Wahnvorstellungen hervorrufen.

2022 wurde der THC-Gehalt von beschlagnahmtem Haschisch bestimmt, und es wurde herausgefunden, dass es zu rund einem Fünftel aus THC bestand. 20,4 Prozent. Im Vergleich zum Jahr 2012 hat sich der Gehalt damit mehr als verdoppelt, denn damals fand man nur 10,1 Prozent. Bei Marihuana stieg der THC-Gehalt im gleichen Zeitraum von durchschnittlich 12,1 Prozent auf 13,2 Prozent an. Da allerdings auch CBD-Blüten darunter waren, die kein THC enthalten, ist der Gehalt des THC im THC-haltigen Marihuana folglich höher. Der maximal gefundene Anteil betrug, wie die Pharmazeutische Zeitung berichtete, 31 Prozent. Das Gras, das die Hippies in den Sechzigern rauchten, hat also nicht mehr viel mit dem Gras zu tun, das man heute in den Parks vieler Großstädte kaufen kann.

Wie genau THC eine Wirkung im Körper auslöst, ist noch nicht vollständig geklärt. Was man allerdings weiß, ist, dass es vor allem als Partialagonist an die beiden Cannabinoid-Rezeptoren CB1 und CB2 bindet. Diese befinden sich sowohl im zentralen Nervensystem (Gehirn und Rückenmark) als auch in der Peripherie (zum Beispiel Knochenmark, Lunge, Gebärmutter). Ein Partialagonist bindet und aktiviert einen Rezeptor, aber im Gegensatz zu einem Vollagonisten eben nicht zu 100 Prozent. 

In meinem letzten Buch, #DerApotheker für alle Fälle, habe ich einen Autovergleich verwendet, um zu erklären, was man unter einem Partialagonisten versteht. Ich übernehme das jetzt einfach mal eins zu eins: Wenn man im Auto mit dem Fuß das Gaspedal durchdrückt, gibt es alles, was es hat – zumindest in diesem Gang (Vollagonist). Wenn man das Gaspedal nur leicht durchdrückt, fährt es zwar auch, aber eben nicht so schnell, wie es in diesem Gang möglich wäre (Partialagonist).

Bei THC handelt es sich nicht um eine einzige Verbindung. Es existieren insgesamt vier verschiedene Stereoisomere davon. Diese vier Stereoisomere sind, ihrer Definition entsprechend, in ihrem molekularen Aufbau alle gleich zusammengesetzt, sie unterscheiden sich lediglich in ihrer räumlichen Anordnung, was zur Folge hat, dass sie auch unterschiedlich wirken. Von diesen vier Stereoisomeren sind nur zwei in der Lage, eine Veränderung der Psyche und des Bewusstseins zu bewirken. Man spricht in diesem Zusammenhang von den psychoaktiven Eigenschaften des THCs. Eine dieser beiden THC-Varianten wird Dronabinol genannt, sie ist die wirksamere der beiden, weshalb man sie isoliert auch medizinisch einsetzt.

THC findet man in der Anlage II des Betäubungsmittelgesetzes als verkehrsfähiges, aber nicht verschreibungsfähiges Betäubungsmittel aufgelistet. Marihuana zu Genusszwecken ebenso wie Haschisch sind in der Anlage I angeführt, in der die nicht verkehrsfähigen Betäubungsmittel erwähnt werden. Zumindest aktuell noch. Es gibt aber auch Marihuana, das unter staatlicher Kontrolle angebaut und ausschließlich zu medizinischen Zwecken verwendet wird. Dieses Marihuana ist in der Anlage III verzeichnet und ist somit ein verkehrs- und verschreibungsfähiges Betäubungsmittel. Seit 2017 darf es ärztlich für schwer kranke Patienten verordnet werden, wenn alle anderen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft wurden. Der Arzt muss davon überzeugt sein, dass das Leiden seines Patienten durch Cannabis gelindert werden kann. Allzu oft kommt das allerdings nicht vor. Medizinisch eingesetzt wird Cannabis zum Beispiel bei chronischen Schmerzen, bei Übelkeit und Erbrechen aufgrund einer Chemotherapie und bei Aids-Kranken, die an einem ungewollten Gewichtsverlust leiden. Die Wirkungen gehen dabei hauptsächlich vom THC und vom CBD aus.

Da CBD nicht psychoaktiv wirkt, also keinen Einfluss auf die Psyche und das Bewusstsein hat, wird es auch nicht als Betäubungsmittel eingestuft. CBD liegt in der Hanfpflanze ebenfalls an eine Carbonsäure gebunden vor, die erst abgetrennt werden muss, damit es seine Wirkung entfalten kann.

Wie genau CBD wirkt, ist unklar. Dass es eine pharmakologische Wirkung hat, ist jedoch bestätigt. CBD bindet ebenso wie THC an die Cannabinoid-Rezeptoren CB1 und CB2. CBD aktiviert sie, kann sie aber auch irgendwie blockieren. Wie das konkret abläuft, weiß man nicht. Zusätzlich kann CBD an die 5-HT1A-Rezeptoren binden, wodurch es eine potenziell angstlösende Wirkung ausübt. 5-HT steht für 5-Hydroxytryptamin – ein anderer Name für Serotonin, das auch sonst an diesen Rezeptor bindet. CBD soll außerdem die Nervenzellen schützen, entzündungshemmend, entkrampfend und gegen Übelkeit wirken sowie eine dämpfende Wirkung aufweisen. Möglicherweise kann es auch bei Psychosen wie Wahn oder Halluzinationen helfen. Daran wird derzeit noch geforscht. Beim Cannabiskonsum geht man davon aus, dass das CBD den psychotropen Eigenschaften des THCs entgegenwirkt und somit dessen Effekte verringert. Außerdem soll es die Wirkdauer verlängern.

Medizinisch eingesetzt wird Cannabidiol zum Beispiel zusammen mit einem Benzodiazepin bei Epilepsien. Zu Benzodiazepinen, die zum Beispiel bei Schlafstörungen oder zur Verminderung von Angstzuständen verordnet werden, kommen wir später noch (Kapitel 11).

Wie der eine oder andere vielleicht weiß, wird CBD von vielen Anbietern als CBD-Öl auf den Markt gebracht. Allerdings offiziell nicht zur Einnahme, sondern als Aroma- oder kosmetisches Öl. So umgehen die Anbieter trickreich die Anforderungen, die an die Einnahme des Öls gestellt werden. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) vertritt nämlich die Auffassung, dass die Anbieter zumindest die Sicherheit ihres Öls garantieren müssen. Somit bräuchten sie für ihr Öl entweder eine Zulassung als Arzneimittel oder als neuartiges Lebensmittel (Novel Food). 

Während für die Erkrankungen Wirksamkeitsbelege für CBD existieren, gibt es für die CBD-Öle keine. Wenn ich in der Apotheke nach einem CBD-Öl gefragt werde, frage ich aus Interesse, wofür es benötigt wird. Die meisten erklären, sie wollen es entweder zur Entspannung, gegen Stress oder zum besseren Einschlafen. Befragt man Google, scheint CBD-Öl jede erdenkliche Wirkung zu haben. Es hilft angeblich sogar bei Regelbeschwerden, wenn das Öl auf einen Tampon geträufelt und der dann vaginal eingeführt wird. Auch hier gilt: Man kann viel behaupten, wenn der Tag lang ist. Man sollte seine Aussagen allerdings auch belegen können.

Die Wahrheit ist, dass CBD-Öl in den verwendeten Dosierungen nur einen Placeboeffekt haben kann. Würde man es so hoch wie das verschreibungspflichtige Arzneimittel dosieren, könnte man, wenn auch tatsächlich drin wäre, was auf der Verpackung steht, mit denselben Wirkungen rechnen. Wie die Stiftung Warentest aber herausfand, enthalten manche CBD-Öle weniger CBD als vom Hersteller angegeben, und in manchen Fällen sogar mehr THC, als sie haben dürfen. Andere Prüfstellen fanden in fast allen Produkten (94 Prozent) erhöhte THC-Werte. Bis zum 10000-Fachen des THC-Richtwerts für Nahrungsergänzungsmittel wurde so ziemlich alles gefunden. Wäre das CBD-Öl als Arzneimittel auf dem Markt, wäre das nicht möglich. So muss man dem Hersteller vertrauen. Was man aber offensichtlich nicht kann.

Freund oder Feind?

Es ist auf den ersten Blick äußerst schwierig, die gesundheitsschädigenden Auswirkungen von Cannabis zu beleuchten. Dies wird kontrovers und vor allem von Emotionen getrieben diskutiert. Leider sind Gefühle bei diesem Thema häufig der Tod der Sachlichkeit: Die Meinungen sind zementiert und unverrückbar. Eine nicht repräsentative Umfrage in meinem Bekanntenkreis hat beispielsweise ergeben, dass 100 Prozent aller Befragten bereits vollumfänglich über die Auswirkungen von Cannabis Bescheid wissen. Häufig werden dabei sehr konträre Ansichten eingenommen – als gäbe es nur Schwarz oder Weiß. Für die einen ist Cannabis der harmlose Spaß am Abend, für die anderen ist es der Einstieg in eine lange Drogenkarriere. Postet man eine dieser Schwarz-Weiß-Überzeugungen in den sozialen Medien, so ist einem der Shitstorm gewiss. Beide Seiten haben große Troll-Armeen im Anmarsch, die schwere Geschütze auffahren und den Autor als unwissenden und selbstverständlich bezahlten Blender brandmarken.

Allerdings verhält es sich auch hier wie bei den meisten komplexen Themen. Vereinfachte und zugleich oberflächliche »Wahrheiten« werden laut und prominent propagiert. Fakten sind hingegen erheblich schwieriger in der allgemeinen Diskussion zu finden. Und bei Cannabis halte ich es persönlich mit dem gleichnamigen Titel der romantischen Komödie aus dem Jahr 2015 mit dem brillanten britischen Schauspieler Simon Pegg: »Es ist kompliziert«.

Für Cannabis kann ich euch bezüglich der Toxikologie vorab zwei Fragen beantworten:

1. Kann Cannabis toxische Auswirkungen haben?

Meine Antwort: Ja. Allerdings kann das fast jede Substanz.

2. Sind die möglichen toxischen Auswirkungen so gravierend, dass das Risiko eines Konsums vermieden werden sollte?

Meine Antwort: Das ist eine sehr viel schwierigere Frage, und diese kann letztendlich nur jeder für sich selbst beantworten.

Und damit ihr diese letzte Frage für euch selbst individuell beantworten könnt, betrachten wir im Folgenden ein paar wichtige Aspekte.

Wege ins Blut

Cannabis wird meist durch Inhalation, also Einatmen, oder Verzehr, also Schlucken, aufgenommen. Der größte Effekt kann durch das Einatmen erzielt werden. Hierdurch kommen die relevanten Wirkstoffe des Cannabis am schnellsten und mit der größtmöglichen Dosis im Blut und folglich auch im Gehirn an.1 Beim Verzehr hingegen ist der Wirkstoffgehalt, der die Blutbahn erreicht, um zirka 5 bis 20 Prozent geringer.2 Dies liegt daran, dass die Magensäure, eine wässrige Lösung mit etwa 0,5 Prozent Salzsäure, die Zerlegung des Nahrungsbreis im Magen unterstützt und nicht wirklich schonend mit verschluckten Dingen umgeht. Nach einem Bad in einem Becken voller konzentrierter Säure würdet ihr auch nicht mehr wie aus dem Ei gepellt aussehen. Weiterhin müssen alle Substanzen, nachdem sie die Magen-Darm-Passage überstanden haben, erst die Leber passieren, bevor sie in den Blutstrom gelangen. Die Leber ist ein sehr aktives Organ und bastelt gerne an körperfremden Substanzen herum. Deshalb kommt es auch hier zu einem gewissen Schwund. Insgesamt sprechen wir von einer geringeren Bioverfügbarkeit, also der Menge eines Stoffes, der im Blutstrom nach Verzehr im Vergleich zum Einatmen verfügbar ist. Und als ob das nicht schon genug wäre, müsst ihr nach dem Verschlucken eine ganze Weile länger auf euren Rausch warten, als wenn ihr das Zeug einatmet. Während eure kiffenden Kollegen relativ schnell im Land der Glückseligkeit entschwunden sind, müsst ihr rund 0,5 bis 3 Stunden warten, bis der Rausch eintritt.3 Das ist übrigens auch häufig ein Grund dafür, warum es bei verzehrtem Cannabis öfter zu Überdosierungen kommt als bei inhaliertem. Ungeduldige Konsumenten vermissen die schnelle Wirkung und legen nach. Nicht zu vergessen, dass die Mengen, die beispielsweise in Keksen mitgebacken werden, oft höher sind als die in einem Joint. Das gleicht die geringere Bioverfügbarkeit etwas aus.

Der Tod, der Herzinfarkt und andere Unannehmlichkeiten

Eine recht gravierende Auswirkung einer toxischen Substanz ist der Tod. Und hier setzen wir gleich mal an. Sind Todesfälle durch den Konsum von Cannabis möglich?

Diese Fragestellung haben beispielsweise Wissenschaftler aus Großbritannien untersucht und in der Fachzeitschrift Journal of Psychopharmacology 2022 publiziert.4 Die Autoren haben 3455 Todesfälle, die in den Jahren 1998 bis 2020 auftraten, unter die Lupe genommen. Gemeinsam hatten diese Todesfälle als Auswahlkriterium, dass Cannabis im Körper nachgewiesen wurde. Allerdings wurde nur in 136 Todesfällen Cannabis als alleinige Droge detektiert. Alle anderen Verstorbenen hatten noch diverse andere berauschende Substanzen intus. Von diesen 136 Todesfällen starben 47 Menschen durch Sturz aus großer Höhe oder durch Erhängen. 35 Tote hatten Verkehrsunfälle, 13 erlitten einen Herzinfarkt.

Können wir nun wirklich alle diese Fälle dem Cannabis anlasten? Vor allem die Stürze aus großer Höhe oder durch Erhängen scheinen auf den ersten Blick nur schwer mit toxischen Auswirkungen von Cannabis zusammenzuhängen.

Fangen wir mit den Herzinfarkten an. Hier ist die Datenlage recht eindeutig. Cannabis beschleunigt nachweislich Herzschlag und Blutdruck,5 und das daraus resultierende erhöhte Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen konnte bereits wissenschaftlich nachgewiesen werden.6 Hinweise gibt es ebenso auf eine verstärkte Entzündung der Arterien bei Cannabiskonsumenten. Auch ein vorübergehendes Zusammenziehen der Gefäße wird immer wieder beschrieben. Zusätzlich gibt es Hinweise, dass Cannabis zum Verklumpen von Blutplättchen führt, was eine Verstopfung von Gefäßen und einen daraus folgenden Schlaganfall zur Folge haben kann.

Von Problemen mit dem Herzen nach Cannabiskonsum berichten beispielsweise Wissenschaftler aus Springfield in den USA im Jahr 2009.7 Demnach stellte sich ein 17-Jähriger am frühen Morgen in der Notaufnahme des lokalen Krankenhauses vor. Bis zu diesem Tag war er ohne medizinische Auffälligkeiten gewesen. Offenbar wurde der junge Mann durch einen heftigen Schmerz in der linken Brust geweckt. Der Schmerz strahlte in den linken Arm aus und verstärkte sich noch durch tiefes Einatmen. Der Patient gab an, am Vorabend Marihuana konsumiert zu haben. Das Elektrokardiogramm, welches die elektrische Aktivität des Herzens darstellt, zeigte charakteristische Auffälligkeiten. Die Vermutung war, dass der Mann durch das oben beschriebene Zusammenziehen der Gefäße einen verringerten Blutfluss zum Herzen aufwies und somit einen lokalen, im Herzen ansässigen Sauerstoffmangel erlitt. Langfristige Schäden hatte er zum Glück nicht zu erwarten.

Bei diesem Patienten ist es – wie auch bei den 13 oben erwähnten Todesfällen durch Herzinfarkt – schwierig zu beurteilen, ob die spezifischen Herzprobleme wirklich durch das zuvor konsumierte Cannabis entstanden sind. Vielleicht wären die Herzprobleme ja auch ohne Cannabis aufgetreten. Da jedoch in der Literatur eindeutig belegt ist, dass Cannabis auf das Herz-Kreislauf-System wirken kann, erscheint eine Cannabis-Beteiligung zumindest nicht ganz unrealistisch.

Alles in allem können wir also festhalten, dass der Konsum von Cannabis im Verdacht steht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu triggern. Vor allem Menschen, die sowieso schon ein Risiko für diese Art von Erkrankungen oder gar eine tatsächliche Erkrankung haben, sollten sich demnach gut überlegen, ob sie Cannabis wirklich konsumieren möchten.

Das Beiwerk – Blei und anderer Schmuddelkram

Cannabis kann gestreckt, also absichtlich verunreinigt sein. Hierdurch soll das Gewicht erhöht werden, was natürlich bei einem Verkäufer zu einem größeren Profit führt. Insgesamt wurden schon die absurdesten Streckmittel im Cannabis nachgewiesen, beispielsweise Glas, Sand, Haarspray oder Dünger. Daneben gibt es sogar ein Stoffgemisch, das allein für den Zweck entwickelt wurde, Marihuana zu strecken. Das Mittel nennt sich Brix. Brix wird vornehmlich in Australien und den USA hergestellt. Es ist eine Flüssigkeit, die aus Zucker, Hormonen und flüssigem Kunststoff besteht. Das wollt ihr nicht wirklich einatmen oder verspeisen.

Leider kommt es immer wieder zu schweren Vergiftungen mit körperlichen Auswirkungen, die auf absichtliche Verunreinigungen zurückzuführen sind. 2007 mussten beispielsweise in Leipzig 35 Patientinnen und Patienten aufgrund einer Bleivergiftung behandelt werden. Typische Symptome waren dabei: akute Bauchschmerzen, Lähmungen, Schmerzen und Kribbeln in den Extremitäten, Kopfschmerzen, ständige Müdigkeit und Erschöpfung sowie Übelkeit und Erbrechen. Mittelfristig kann eine Bleiaufnahme unter anderem zu schweren Störungen im Gehirn führen.

Das Blei zogen sich die Patienten durch verunreinigtes Cannabis zu. Aufgrund seines sehr hohen spezifischen Gewichts eignet es sich hervorragend, um Gewinn zu machen. Diese Menschen in Leipzig hatten Glück im Unglück. Zwar sind langfristige Folgeschäden bei Bleikonsum durchaus denkbar, aber zu einem Todesfall kam es offenbar nicht. Bei einer stärkeren Verunreinigung mit Blei oder mit einem anderen, noch toxischeren Stoff hätte dies auch ganz anders enden können.

Sofern ihr keine Möglichkeit habt, Cannabis aus einer offiziellen Quelle zu kaufen, seid ihr deshalb eurem Dealer auf Gedeih und Verderb ausgeliefert und könnt nur hoffen, dass der erworbene Stoff nicht mit giftigen Substanzen gestreckt ist.

Die häufig unterschätzte Gefahr einer Psychose

Kommen wir zu den weiteren Todesfällen. Diese waren unter anderem als Sturz aus großer Höhe oder durch Erhängen beschrieben. Hier war vielleicht auch ein Suizid dabei, der durch zuvor konsumiertes Cannabis erleichtert werden sollte. Aber ich möchte euch von einem medizinischen Fall berichten, publiziert 2015 in der Zeitschrift Morbidity and Mortality Weekly Report, der aufzeigt, wie tragisch der Konsum ablaufen kann.8 Demnach starb ein 19-Jähriger nach dem Verzehr eines mit Marihuana versetzten Cookies. Diesen bekam das Opfer von seinem Freund, der die Cookies legal käuflich erworben hatte. Anfänglich aß der Mann nur ein kleines Stück, wohl um erst einmal die Konsequenzen abzuwarten. Da er jedoch nach einer Stunde keinerlei Effekte verspürte, musste auch der Rest des Cookies daran glauben.

In den nächsten zwei Stunden begann er regelrechtes Kauderwelsch zu sprechen. Seine Sprache war viel zu schnell und völlig verworren. Weiterhin wurde der Mann aggressiv und feindselig. Rund 3,5 Stunden nach dem ersten Probieren und 2,5 Stunden nach Verzehr des gesamten Cookies sprang der Mann von einem Balkon im vierten Stock und verstarb an seinen Verletzungen. Bei einer anschließenden Analyse seines Blutes wurde ausschließlich THC als berauschende Substanz gefunden. Das Marihuana scheint ihn also dazu bewogen zu haben, in den Tod zu springen. Gemäß der untersuchenden Polizeibehörde war der Mann unerfahren im Cannabiskonsum, es waren auch keine Vorfälle mit Alkohol oder anderen Drogen bekannt. Leider ist auch wenig darüber bekannt, ob der Mann generell an ungestümem Verhalten oder psychischen Auffälligkeiten litt. Ein Zusammenhang mit Cannabis ist jedoch, wenn auch in letzter Konsequenz nicht zweifelsfrei bewiesen, nur schwerlich abzustreiten.

Und ja, Cannabis ist generell bekannt dafür, dass es ein Risikofaktor für die Auslösung von Psychosen sein kann. Genau dies könnte ein möglicher Erklärungsversuch für den eben beschriebenen Todesfall sein.

Das medizinische Wörterbuch Pschyrembel definiert Psychose wie folgt: »Schwere, komplexe psychische Störung unterschiedlichster Ursache mit gestörtem Selbst- und Realitätsbezug, die Einsicht und Teilhabe am Leben erheblich beeinträchtigen.«9 Es erscheint mir mehr als möglich, dass ein Mann »mit gestörtem Selbst- und Realitätsbezug« aus dem vierten Stock springt.

Und auch andere Schreckensnachrichten aus verschiedenen Zeitungen erscheinen auf den ersten Blick mit dem Krankheitsbild einer durch Cannabis ausgelösten Psychose erklärbar. »29-Jähriger ermordet Freundin und Mutter – Gericht warnt vor Cannabis«, titelte die Berliner Zeitung im September 2021.10 Im Artikel heißt es: »Durch jahrelangen Konsum von Cannabis und Kokain ist der Mann psychisch schwerst erkrankt und stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit dar.« Es wird also ein direkter Bezug von Cannabis zu einer Psychose und zum grausamen Mord dargestellt. Weitere Hintergründe, die zu einer seriösen Bewertung des Falls benötigt werden, sucht man jedoch vergeblich.

Eine der ersten Erwähnungen, dass Cannabis Psychosen auslösen kann, findet sich im Jahr 1845 in dem Buch Hashish and Mental Illness, geschrieben von dem französischen Psychiater Jacques-Joseph Moreau (de Tours).11 Er berichtet von akuten psychotischen Reaktionen, die im Allgemeinen nur wenige Stunden, aber gelegentlich bis zu einer Woche andauern. Seiner Schilderung zufolge scheint die Reaktion dosisabhängig zu sein. Die Hauptmerkmale seien paranoide Vorstellungen, Illusionen, Halluzinationen, Wahnvorstellungen, Depersonalisation, Verwirrtheit, Unruhe und Erregung. Es könne zu Delirium, Orientierungslosigkeit und ausgeprägter Bewusstseinstrübung kommen. Das deckt sich doch ganz gut mit der oben zitierten Definition des Pschyrembels.

Und auch die wissenschaftliche Literatur gibt klare Hinweise auf durch Cannabis ausgelöste Psychosen. Forscher der Universität Amsterdam berichteten beispielsweise 2009, dass unter Patienten mit akuter Psychose 37 Prozent angaben, dass sie ihren ersten psychotischen Schub direkt nach der Einnahme von Cannabis erlebten.12

Die Auslöser

Aber was genau sind die Faktoren, die zu einer Psychose durch Cannabis führen? Schließlich konsumieren Cannabis sehr viel mehr Menschen, die keine Psychose erleiden, als Menschen, bei denen eine Psychose auftritt.

Es scheint hierfür einige Risikofaktoren zu geben. Generell gilt: Je jünger die Cannabiskonsumenten sind, desto größer ist das Risiko für das Entstehen einer Psychose.13 Die Adoleszenz, also die Entwicklung des Menschen von der späten Kindheit bis hin zum vollen Erwachsensein (circa 11. bis 21. Lebensjahr), ist hierbei das sensibelste Alter.14 Fachleute sprechen auch von einem sogenannten window of vulnerability, einer kritischen Phase während der frühen Adoleszenz, in der das Gehirn besonders anfällig für die Psychose auslösenden Wirkungen von Cannabis ist.15 Maßgeblich sind hier sensible und wichtige Entwicklungs- sowie Reifungsprozesse im Gehirn, die besonders nachhaltig beeinflusst werden können. An welchem detaillierten Punkt Cannabis besonders störend eingreifen kann, ist bisher nicht eindeutig bekannt. Die Entwicklung des Gehirns beginnt schließlich bereits vor der Geburt in der Gebärmutter und dauert bis über das Alter von 20 Jahren hinaus an. Dabei geschehen unglaublich viele Prozesse, die genau aufeinander abgestimmt sind. Eine Veränderung eines einzelnen empfindlichen Reifeschritts kann zu einer Kettenreaktion führen, deren Auswirkung – unter Umständen – das kurz- oder mittelfristige Ausprägen einer Psychose sein kann.

Allerdings sind Zeitpunkt der Cannabis-Aufnahme sowie die Menge nicht die alleinigen Risikofaktoren für das Entstehen einer Psychose. Nicht jeder Jugendliche wird schließlich durch Cannabis psychotisch. Es existieren zudem genetische Veranlagungen für das generelle Risiko, eine Psychose auszubilden. Deshalb solltet ihr euch immer deutlich machen: Sofern es in eurer Familie bereits Fälle von Psychosen gab oder gibt, ist auch euer Risiko erhöht, dass Cannabis bei euch eine solche auslöst.16 Inzwischen sind einige Studien gemacht worden, die versuchen, die spezifischen genetischen Marker zu finden, um dieses erhöhte Risiko zu definieren. Hier existieren einige gute Ansätze, und vielversprechende Gene wurden bereits identifiziert. Weiterhin ist erforscht worden, dass vor allem hochpotentes Cannabis, also Cannabis mit sehr hohem Wirkstoffgehalt, eher in der Lage ist, Psychosen auszulösen.17

Alles in allem können wir festhalten, dass es möglich ist, dass sich Psychosen nach einem Cannabiskonsum entwickeln. Ob ihr zu den Betroffenen gehört, wisst ihr leider erst mit Gewissheit, wenn es passiert ist. Anhand bestimmter Eckpunkte könnt ihr jedoch das Risiko für euch minimieren oder herausfinden, ob ihr besonders stark gefährdet seid.

Spermien, Babys und Kinder

Gehen wir mal auf ein paar weitere generelle gesundheitsschädigende Auswirkungen von Cannabis ein. Wollt ihr Kinder? Dann solltet ihr euch das mit dem Cannabis ebenfalls noch einmal gut überlegen.

Regelmäßiger Cannabiskonsum kann sich nämlich nachteilig auf die Spermienqualität auswirken.18 Insbesondere die ordnungsgemäße Ausreifung der Spermien steht hier im Fokus. Auch konnte bei Spermien von Männern, die wiederholt Cannabis zu sich nehmen, festgestellt werden, dass sich diese im Ernstfall zu früh und zu schnell bewegen. Das hört sich für euch eher nach einem Vorteil an? Das ist es nicht wirklich. Beim Befruchten der Eizelle ist Schnelligkeit gefragt, da einzelne Spermien mit Millionen anderen konkurrieren. Allerdings bringt es wenig, wenn ein Spermium am Ziel – also bei der Eizelle – quasi zu groggy ist, um noch die letzten Schritte der Befruchtung durchführen zu können. Und wenn es trotz Cannabiskonsum doch mit dem Nachwuchs geklappt hat, solltet ihr als stillende Mutter das mit dem Cannabis unbedingt sein lassen. Wissenschaftler aus Texas berichteten nämlich 2018 in der Fachzeitschrift Obstetrics & Gynecology, dass THC aus gerauchtem Cannabis binnen einer Stunde in der Muttermilch nachweisbar ist.19 Babys erhalten so rund 2,5 Prozent der Dosis, die die Mütter zu sich genommen haben. Und wir erinnern uns an die sensible Entwicklung des Gehirns und die oben beschriebene Gefahr einer Psychose.

Auch Kleinkinder kommen hin und wieder in den unbeabsichtigten Genuss von Cannabis. Dies geschieht neben dem Passiv-Kiffen hauptsächlich durch leckeres Backwerk, in welchem Cannabis als Zutat beim Backen verwendet wurde.20 Welches Kleinkind kann schließlich einem Cookie widerstehen, der verlockend in der Küche herumliegt. Dass er voller Cannabis ist, sieht man dem Gebäck in der Regel leider nicht an.

Macht Cannabis dick?

Apropos Cookies: Reden wir über den Fressflash. Viele Menschen hauen sich nach dem Konsum von Cannabis die Wampe voll. Die Gier nach Fast Food sowie süßen Leckereien scheint unermesslich zu werden. Dies liegt offenbar an einer direkten Wirkung von THC im Gehirn.21 Dort existieren bestimmte Nervenzellen, welche das Gefühl der Sattheit vermitteln. Ähnlich wie ein Lichtschalter, der ein- und ausgeknipst wird, wirken diese Zellen und schalten das Hungergefühl ein und wieder aus. Das THC aus dem Cannabis sorgt nun dafür, dass der Schalter im Gehirn nach dem Essen zwar auf »satt« gestellt wird, aber trotzdem ein Heißhungergefühl hervorgerufen wird. Und als wäre das noch nicht genug, bewirkt Cannabis zudem noch, dass bei vielen Menschen nicht nur der extreme Hunger, sondern ebenso die Gier nach Süßem verstärkt wird. Hemmungslos müssen dann Gummibären und Schokoriegel dran glauben. Dies liegt unter anderem daran, dass Cannabis das süße Empfinden auf der Zunge verstärkt.22 Süßigkeiten lösen dann umso mehr den ultimativen Hochgenuss aus. Dieser den Hunger verstärkende Effekt von THC wird auch pharmazeutisch eingesetzt, um etwa bei Krebspatienten eine vermehrte Nahrungsaufnahme auszulösen.23

Übrigens, der naheliegende Gedanke, dass regelmäßige Cannabiskonsumenten sich durch ein daraus resultierendes Übergewicht schaden, ist nicht korrekt.24 Das verstärkte Hungergefühl scheint nur bei gelegentlichem Cannabiskonsum aufzutreten. Regelmäßige Cannabis-Nutzer empfinden dies meist weniger ausgeprägt.

Neben der Spur

Auf gar keinen Fall solltet ihr unter Cannabiseinfluss Auto fahren. Dies hört sich nicht nur banal und logisch an, sondern kann auch mit Daten unterstützt werden. Die mangelnde Fahrtüchtigkeit wurde nämlich schon in Studien bestätigt.25 Unter anderem konnten Wissenschaftler der Universität Granada in Spanien dies im Rahmen von Experimenten mit einem Fahrsimulator zeigen. Die Probanden hatten unter dem Einfluss von Cannabis beispielsweise erhebliche Probleme, die Fahrspur zu halten. Dies hing offenbar eng zusammen mit einer gestörten Tiefenwahrnehmung, die Auswirkungen auf das Abschätzen von Distanzen hat.

Den riskanten Effekt von Cannabis auf das Autofahren haben auch Wissenschaftler aus Kanada in der Fachzeitschrift Forensic Science International gezeigt.26 Demnach erhöht Cannabis im Blut die Wahrscheinlichkeit für eine riskante Fahrweise um 16 Prozent im Vergleich zu Personen, die kein Cannabis konsumiert hatten. Beim Fahren nach einer Cannabiseinnahme stellen wir also ein höheres Risiko für uns und unsere Mitmenschen dar. An dieser Stelle möchte ich noch einmal auf die oben zitierte Studie verweisen, nach der Cannabis auch in Verbindung mit tödlichen Verkehrsunfällen gebracht wurde.

Kann ich jetzt Cannabis konsumieren oder nicht?

Ich habe euch nun ausführlich dargestellt, was die möglichen Gefahren eines Cannabiskonsums sind. Allerdings habe ich immer noch nicht eindeutig hervorgehoben, ob das Risiko vertretbar ist oder nicht. Diese Entscheidung kann ich euch leider nicht abnehmen, da sie, wie bei allen Drogen, eine höchst individuelle Abwägung ist. Cannabis kann Gesundheitsschäden hervorrufen. Das ist unstrittig. Die Frage ist nur: Wie wahrscheinlich ist das in eurem spezifischen Fall?

Nachdem wir Philipp bestimmt eine Stunde alles Relevante zu Cannabis erzählt haben, schaut er uns nachdenklich an.

»Puh, das waren aber wirklich jede Menge Informationen.«

»Ja, mittlerweile weiß man einiges über Cannabis«, erwidert Carsten.

»Das hat mir zu denken gegeben. Ich mache mir auch ein wenig Sorgen, dass es negative Auswirkungen auf mich haben könnte.« Philipp schaut uns skeptisch an. 

»Das kann durchaus passieren«, bestätigt Carsten. »Aber warum hat Kiffen so einen großen Stellenwert in deinem Leben eingenommen?«

»Na ja, bei mir fing das so an wie wahrscheinlich bei den meisten. Irgendwann bietet dir mal einer einen Joint an, und du findest es dann so geil, was das Gras mit dir macht, dass du Bock hast, dir selbst welches zu besorgen. Dann rauchst du zusammen mit Freunden und abends alleine, um runterzukommen. Mittlerweile zünde ich mir schon kurz nach dem Aufwachen einen Spliff an und rauche immer mal wieder einen über den Tag verteilt. Sogar nachts hab ich ’nen heftigen Stick neben meinem Bett liegen, und wenn mal das Haus brennt, kann ich schon rauchend rausrennen!« Er lacht.

»Du hast jetzt nicht etwa den Song ›Grüne Brille‹ von Dynamite Deluxe zitiert, oder?«, frage ich.

»Respekt, Alter!« Philipp nickt anerkennend und hält mir seine Faust hin. Ich ghettofauste zurück.

»Ähm, kann mir mal jemand sagen, wovon ihr redet?«, fragt Carsten neugierig.

»Samy Deluxe ist ein Hamburger Rapper, der um die Jahrtausendwende viele Lieder übers Kiffen rausgehauen hat. Dynamite Deluxe war seine Band«, kläre ich auf.

»Nie gehört.«

»Den Namen oder seine Musik?«

»Den Namen definitiv nicht. Seine Musik? Keine Ahnung! Denke nicht!«

»Samy Deluxe, Sam Semillia. Der Wickeda MC. Nein?«

»Nein!« Carsten schüttelt den Kopf. »Egal. Das ist auch nicht meine Musik.« Er widmet sich wieder unserem Gast. »Und wie viel rauchst du denn jetzt so am Tag?«

»Unterschiedlich. Wenn ich in der Berufsschule bin, dann natürlich weniger, als wenn ich frei habe.«

»Das heißt?«

»Fünf bis sechs Joints!«

»Fünf bis sechs?«, frage ich bass erstaunt.

»Ja, und etwa das Doppelte, wenn ich frei habe.«

»Shit!«

»Nee, Gras. Shit vertrage ich nicht!«, erwidert er scherzhaft.

Shit ist eine der vielen Bezeichnungen für Haschisch.

»Das ist wirklich viel!«, gibt Carsten zu verstehen. »Da würde ich dir auf jeden Fall empfehlen, das zu reduzieren.«

»Ja, das wurde mir auch durch euren Vortrag deutlich. Ich kiffe aber erst seit etwa drei Jahren, also noch nicht vor meinem 22. Lebensjahr.«