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Protagonist Frank Cauldham, 16 Jahre alt, lebt mit seinem wahnsinnigen Vater in einem vereinsamten Haus im schottischen Hochland. Abseits familiärer Behütetheit entwickelt Frank seine eigene Fantasiewelt der Grausamkeiten und der Bestrafungen, eine von Ritualen und Totems bestimmte Gegenrealität. Als sein in eine geschlossene Anstalt abgeschobener Bruder ausbricht, um die Geheimnisse seiner Familie zu lüften, droht Franks Weltentwurf endgültig aus den Fugen zu geraten, hat er doch mittlerweile drei Morde begangen ... Iain Banks Debütroman Die Wespenfabrik ist eine wilde, zornige Mischung aus der "Blechtrommel" und "American Psycho". Teils psychopathologische Innenansicht eines jugendlichen Killers, teils schwarzhumorige schottische Familiengeschichte, wurde das Buch bei seinem Erscheinen 1984 gleichermaßen bejubelt und bekämpft. Wollten die konservativen Kritiker darin nur eine Gewaltorgie sehen, so erkannte ein sensibleres Publikum das erste Werk einer starken erzählerischen Stimme vom Schlage eines Alasdair Gray oder einer A. L. Kennedy.
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Seitenzahl: 376
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Schriften zu Ästhetik, Intermedialität und Moderne
BAND 7
In Verbindung mit
Lorenz Aggermann (Bern) – Wouter Berteloot (Antwerpen) – Marie-Claire Dangerfield (Dublin) – Alexander Edelhofer (Wien) – Thomas Edlinger (Wien) – David Fine (San Francisco) – Günther Friesinger (Wien) – Karin Kaltenbrunner (Wien) – Deborah Kindermann-Zeilinger (Wien) – Günter Krenn (Wien) – Kathrin Kuna (Berlin) – Helena Langewitz (Basel) – Tina Lorenz (München) – Camille R. Meyer (Boston) – Kerstin Ohler (Wien) – Stefanie Populorum (Wien) – Uwe Schütte (Birmingham) – Christian Stiegler (Wien) – Jörg Vogeltanz (Graz) – Ines Wagner (Wien) – Matthias Wittmann (Basel) – Barbara Zeman (Wien)
HERAUSGEGEBEN VON
THOMAS BALLHAUSEN
ZUM BUCH
Francis Leslie Cauldhame ist ein seltsames Kind: ebenso fantasievoll wie verschlagen, grausam und aggressiv. Er ist sechzehn Jahre alt und lebt mit seinem ebenfalls verschrobenen Vater in einer Wildnis am Meer nahe eines schottischen Dorfes. Seine Mutter hat längst das Weite gesucht. Sein Bruder Eric, der während des Medizinstudiums durchdrehte, ist in einer geschlossenen Anstalt in Sicherheitsverwahrung. Francis lebt zu Hause in seiner eigenen Fantasiewelt, durch seinen Vater abgeschirmt von der Außenwelt. Er kann sich ungestört seinen grausamen Tagträumen hingeben, die immer mehr in bizarre Rituale des Tötens münden. Es bereitet ihm Lust, Kleintiere mit seiner Steinschleuder zu töten, um sie dann auf Pfählen aufzuspießen. Seine grausigen Totems kontrolliert er jeden Tag auf ihren Zustand. Sie sind für ihn die Wächter seines Reviers. Daß Francis auch schon drei Menschen getötet hat, weiß nur er selbst. Doch eines Tages flieht Eric aus der Anstalt, und dann kommt das schreckliche Geheimnis der Familie Cauldhame ans Licht …
Iain Banks Debütroman Die Wespenfabrik ist eine wilde, zornige Mischung aus der Blechtrommel und American Psycho. Teils psychopathologische Innenansicht eines jugendlichen Killers, teils schwarzhumorige schottische Familiengeschichte, wurde das Buch bei seinem Erscheinen 1984 gleichermaßen bejubelt und bekämpft. Wollten die konservativen Kritiker darin nur eine Gewaltorgie sehen, so erkannte ein sensibleres Publikum das erste Werk einer starken erzählerischen Stimme vom Schlage eines Alasdair Gray oder einer A. L. Kennedy. Mit der ersten vollständigen, überarbeiteten Übersetzung von Die Wespenfabrik wird ein Klassiker der modernen Literatur dem deutschsprachigen Publikum endlich in angemessener Form zugänglich gemacht.
ZUM AUTOR
IAIN BANKS, geboren 1954 in Schottland, studierte Philosophie, Englisch und Psychologie in Stirling. Nach dem College arbeitete Banks als Portier eines Krankenhauses, Angestellter, Gärtner und Techniker. Alle Berufe ließen ihm ausreichend Zeit, seine schriftstellerischen Ambitionen zu verfolgen. Danach trampte er durch Europa und arbeitete als Techniker für British Steel. 1980 schrieb Banks in London seinen ersten Roman Die Wespenfabrik, der 1984 veröffentlicht und mit dem er auf einen Schlag weltberühmt wurde. Seither schreibt Banks regelmäßig Romane und gelegentlich Kurzgeschichten, die in Großbritannien fast alle Bestseller sind.
Für Ann
1. DIE OPFERPFÄHLE
2. DER SCHLANGENPARK
3. IM BUNKER
4. DER BOMBENKREIS
5. EIN BLUMENSTRAUSS
6. DER SCHÄDELHAIN
7. SPACE-INVADERS
8. DIE WESPENFABRIK
9. WAS MIT ERIC PASSIERT IST
10. GEHETZTER HUND
11. DER VERLORENE SOHN
12. WAS MIT MIR PASSIERT IST
NACHWORT
An dem Tag, an dem wir hörten, daß mein Bruder davongelaufen war, war ich bei den OPFERPFÄHLEN gewesen. Ich wußte bereits, daß etwas geschehen würde; die FABRIK hatte mich darüber unterrichtet.
Am nördlichen Ende der Insel, in der Nähe der Überreste der zusammengebrochenen Schiffsrutsche, wo die Kurbel der rostigen Winde in der östlichen Brise immer noch quietscht, standen zwei meiner PFÄHLE auf der anderen Seite der letzten Düne. Auf einem der PFÄHLE waren ein Rattenkopf und zwei Libellen aufgespießt, auf dem anderen eine Möwe und zwei Mäuse. Ich war gerade dabei, einen der Mäuseköpfe wieder zu befestigen, als sich die Vögel keifend und schreiend in die Abendluft erhoben und Kreise über den Dünenpfad zogen, wo er dicht an ihren Nestern vorbeiführte. Ich vergewisserte mich, daß der Kopf hielt, dann stieg ich auf den Gipfel der Düne, um durch mein Fernglas zu blicken.
Diggs, der Polizist aus der Stadt, kam auf seinem Fahrrad den Weg heruntergefahren; er trat kräftig in die Pedale und hielt den Kopf gesenkt, da die Räder ziemlich tief in der sandigen Oberfläche versanken. An der Brücke stieg er vom Fahrrad und lehnte es gegen die Hängeseile, dann ging er bis zur Mitte der schwankenden Brücke, wo sich das Tor befindet. Ich sah, wie er den Knopf der Sprechanlage drückte. Er stand eine Weile da und betrachtete die stillen Dünen ringsum und die sich beruhigenden Vögel. Er sah mich nicht, weil ich zu gut versteckt war. Offenbar hatte mein Vater inzwischen im Haus den Gegendrücker betätigt, denn Diggs beugte sich etwas vor und sprach in das Gitter neben dem Knopf, bevor er das Tor aufschob und über die Brücke marschierte, auf die Insel und den Weg entlang, der zum Haus führte. Als er hinter den Dünen verschwand, blieb ich noch eine Weile sitzen und kratzte mich zwischen den Beinen, während der Wind mit meinen Haaren spielte und die Vögel in ihre Nester zurückkehrten.
Ich nahm die Schleuder von meinem Gürtel, wählte ein Halbzoll-Stahlgeschoß, zielte gründlich und schickte es schließlich in einem weiten Flugbogen hinaus über den Fluß, vorbei an den Telefonmasten und der kleinen Hängebrücke, die die Verbindung zum Festland darstellte. Das Geschoß traf das Schild mit der Aufschrift »Privatbesitz – Betreten verboten« mit einem Aufprall, den ich gerade noch hören konnte, und ich lächelte. Das war ein gutes Omen. Die FABRIK hatte sich nicht sehr klar geäußert (das tat sie selten), doch ich hatte das Gefühl, daß das, wovor sie mich warnte, wichtig sein mußte, und ich hatte außerdem den Verdacht, daß es nichts Gutes sein konnte, doch ich war klug genug gewesen, den Hinweis ernst zu nehmen und meine PFÄHLE zu überprüfen, und jetzt wußte ich, daß ich noch immer zielsicher war; die Dinge verliefen nach wie vor zu meinen Gunsten.
Ich beschloß, nicht direkt zum Haus zurückzugehen. Vater hatte es nicht gern, wenn ich in Anwesenheit von Diggs dort auftauchte, und überhaupt hatte ich noch einige PFÄHLE zu inspizieren, bevor die Sonne unterging. Ich sprang mit einem Satz auf, rutschte den Hang der Düne hinunter in ihren Schatten, dann drehte ich mich an ihrem Fuß um und blickte zurück zu den kleinen Köpfen und Körpern, die die nördlichen Zugänge zur Insel beobachteten. Sie sahen gut aus, diese Hülsen an ihren knorrigen Ästen. Schwarze Bänder, die um die hölzernen Zweige gebunden waren, flatterten sanft im Wind und winkten mir zu. Ich kam zu dem Schluß, daß alles gar nicht so schlimm sein konnte, und nahm mir vor, von der FABRIK morgen ausführlichere Informationen zu erbitten. Wenn ich Glück hatte, würde mir mein Vater etwas sagen, und wenn ich noch mehr Glück hatte, wäre es vielleicht sogar die Wahrheit.
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