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Thriller, Nach einem wundervollen Urlaub, kommt Mina zurück nach Berlin. Dort wartet Martin, den sie kurz vor dem Urlaub kennenlernte. Schon von Anbeginn, zeigte er seine Eifersucht und ändert sich nicht. Trotzdem heiratet sie ihn und ist auch schwanger. Doch die Hölle beginnt, als sie einfarbiges Kind zur Welt bringt. Er und sein Vater frönen einem grausamen Hobby, dass sie zu einem wachsenden Geschäft ausbauen. Drogen, Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung. Ihr Geschäft läuft gut und sie bedienen nicht nur die Eliten Berlins, bis in die Politik und Wirtschaft reichen ihre Verbindungen.
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Seitenzahl: 337
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»Missbrauch ist Menschen zertreten wie Gras«
© Else Pannek (1932 - 2010), deutsche Lyrikerin
LINA GEORGE
Impressum
Lina George
Different- Minas Hölle
Thriller
© 2018 Lina George
Buchcoverdesigner: Tom Jay - http://www.tomjay.de/
Lektorat: Heidelinde Penndorf
Satz & Layout: Heidelinde Penndorf
http://penndorf-rezensionen.com/
Verlag und Druck: tredition GmbH, Hamburg
Bildquelle: © FrameAngel / Fotolia.com
ISBN Taschenbuch:
978-3-7469-0856-4
ISBN Hardcover:
978-3-7469-0857-1
ISBN e-Book:
978-3-7469-0858-8
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt, insbesondere das Recht der mechanischen, elektronischen oder fotografischen Vervielfältigung, der Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, des Nachdrucks in Zeitschriften/Zeitungen, des öffentlichen Vortrags, der Verfilmung oder Dramatisierung der Übertragung durch Rundfunk, Fernsehen oder Video. Auch einzelne Textauszüge sowie die Übersetzung in andere Sprachen bedürfen der Genehmigung der Autorin. Raubkopien sind urheberrechtswidrig und werden strafrechtlich verfolgt! Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; Daten sind im Internet unter: http//dnb.ddb.de abrufbar
»Gewalt unterwirft;nur Liebe gewinnt den Menschen«
© William Penn;englisch-US-amerikanischer Prediger,Begründer des Staates Pennsylvania
Sein heißer Atem streifte ihren Hals und seine Hände erforschten ihren gesamten Körper. Mina fühlte alles, was man in einem solchen Moment fühlen konnte. Das Mondlicht schien in das kleine Hotelzimmer und sie sah deshalb vielleicht seinen dunklen Körper nur schemenhaft. Genussvoll schloss sie die Augen und gab sich ihm ganz hin. Am Morgen wachte sie auf und er lag nicht mehr neben ihr.
Das Ende dieses Urlaubs hatte sie sich etwas anders vorgestellt. Was soll es, es war eben nur eine Urlaubsbekanntschaft. Sie legte die letzten Sachen in ihren Koffer, verschloss ihn und stellte ihn an die Tür. Ein Angestellter des Hotels holte ihn später ab. Mina schaute sich noch einmal im Zimmer um, ob sie nichts vergessen hatte einzupacken. In einer Stunde erst kam ihr Bus und brachte sie zum Flughafen, es war noch reichlich Zeit, um gemütlich zu frühstücken.
Sie saß auf der Terrasse und sah zum letzten Mal die Palmen und das Meer. Wie würde sie diesen Anblick vermissen. Viel zu schnell waren die letzten zwei Wochen vergangen. Von Land und Leuten hatte sie, ehrlich gesagt, nicht viel gesehen. Mit einem Schmunzeln auf den Lippen, dachte sie an den zweiten Tag, als sie am Strand entlangging und er ihr entgegenkam. Barfuß lief er durch den Sand, hatte eine Anzughose, ein weißes Hemd an und die Krawatte hing offen um seinen Hals. Über dem Arm trug er seine Anzugjacke. Das Hemd wurde durch den Wind leicht bewegt und umspielte seinen Körper. Er schien die sanfte Brise zu genießen. Mina fiel er schon von weitem auf, er war groß und muskulös. Als er näherkam fühlte sie seine forschenden Blicke. Seine Augen nahmen regelrecht Maß von ihrem Körper. Ihr wurde heiß und kalt. Und doch war sie einfach weitergegangen. Zuviel hatte sie schon, von Lover Boys gehört, die reihenweise Touristinnen, im Vierzehntagesrhythmus, flachlegten. Nein so eine Frau wollte sie niemals sein und sich der Lächerlichkeit preisgeben. Aber dann kam alles anders.
Jetzt saß sie hier und dachte sich, dass dieses Abenteuer ihr Geheimnis bleiben müsse. Es war ihre Privatsache! Aurelio würde für immer, in ihrem Gedächtnis bleiben, er hatte es ihr angetan und sich in ihrem Herzen festgefressen. ›Festgefressen? Blöder Gedanke!‹ Sie presste ihre Lippen fest zusammen und dachte sich:, ›So ist es aber.‹
Irgendjemand rief ihren Namen.
»Frau Mina Schoppmann?« »Ja hier. Ich komme.«
Die letzte Stunde war so schnell vergangen und ihr Bus stand schon vor dem Hotel. Der Fahrer stellte gerade ihren Koffer im Stauraum ab und sah sich nach ihr um. Er erkannte sie - vor zwei Wochen hatte er sie hergebracht - und heute fuhr er sie wieder zum Flughafen.
Er strahlte übers ganze Gesicht, als er sie wiedersah.
»Oh, Sie sind sehr braun geworden. War es ein schöner Urlaub?«
Mina lächelte und erwiderte. »Ja, das war er.«
Als sie einstieg, sah er, wie ihr rotes Kleid den Körper umspielte und eine perfekte Harmonie mit ihrer sonnengebräunten Haut bildete. So etwas sah er jede Woche, sie kamen und gingen, die Frauen, die sich hier in der Karibik verliebt hatten. Für die jungen Männer hier, war es eher ein Geschäft, denn die willigen Weiber zahlten alles, nur um geliebt zu werden. Wie armselig und lustlos, mussten ihre Männer zu Hause sein, dass sie nicht bemerkten, wie ausgehungert diese Frauen waren. Sie lechzten nach Liebe und Zuneigung, hier holten sie sich das, was es zu Hause nur spärlich gab. Kurz sah er noch einmal auf Mina und dachte sich:, ›Sie ist anders, frei und ungezwungen, etwas Besonderes.‹
Mina ging durch den Gang, sie fand einen Platz neben einer Frau, die schon bei der Herfahrt im Bus war. Auch sie erkannte Mina wieder und sprach sie an: »Ach, schön Sie wiederzusehen. Wir kennen uns doch?«
Mina wollte in Ruhe, ihren Gedanken hinterherhängen und innerlich von der wunderschönen Landschaft und der Sonne Abschied nehmen. Jedoch diese Dame plapperte wie ein Wasserfall auf sie ein.
Sie berichtete von den Ausflügen und dem Kerl, den sie zweimal im Jahr hier traf. Er war ja so verliebt in sie und er hatte ein schweres Leben. Mit dem Verkauf von Souvenirs am Strand, versuchte er, sich über Wasser zu halten. Sie mietete immer privat einen Bungalow und er wohnte dann bei ihr. Faruk war ein anständiger Typ und hatte Besseres verdient, doch leider war sie verheiratet und konnte ihm nur Geld dalassen. Die Fahrt zum Flughafen dauerte ewig und die Frau neben ihr, schwieg nicht eine Minute.
Mina dachte sich nur, wie blöd die Alte war. Der Kerl zockte sie ab und sie bemerkte es nicht. Genau jetzt in diesem Moment, hielt er bestimmt die nächste Frau im Arm, die ihn die kommenden zwei Wochen finanziell aushielt. Pech gehabt, sie hatte es nicht anders verdient.
Ihre Gedanken waren bei Aurelio. Ob er auch das gleiche Spiel mit ihr gespielt hatte? Allerdings hatte er sie nicht um Geld gebeten.
Der Bus hielt an und nun hieß es, Koffer schnappen und einchecken. Die Plapperliese hing ihr die ganze Zeit über an den Fersen. Höflich, aber bestimmt, bat sie um Entschuldigung und fragte: »Ich müsste mal zur Toilette. Wollen Sie mitkommen?«
Mina hoffte insgeheim, dass sie nein sagte, doch oh Schreck, sie ging mit. Als beide wieder herauskamen, klingelte das Handy ihrer Begleiterin. Überglücklich sagte sie: »Das ist Faruk. Er hat bestimmt schon Sehnsucht nach mir.«
Sie ging etwas zur Seite und sprach mit ihm. Mina konnte einige Worte mitbekommen. Es ging um Geld, was sonst? Der Kerl besaß die Frechheit, die Frau aufzufordern, ihm nochmals Geld zu schicken, und sie sagte zu.
Mina dachte sich: ›Was mache ich hier eigentlich? ‹ Ein kurzer Blick auf die Frau und sie ging. Langsam schlenderte sie aus der klimatisierten Flughafenhalle hinaus und fühlte ein letztes Mal die Sonne der Karibik auf ihrer Haut. Sie reckte ihre Nase in das wärmende Licht und wünschte sich, dass man sie speichern könne Ihre Gedanken, machten sich selbständig auf den Weg zu Aurelio. Sie dachte an die erste Nacht mit Aurelio, wie dumm sie sich angestellt hatte, dabei gab er sich so viel Mühe. Ihr ganzer Körper vibrierte, bei seinem allerersten Kuss und ihr war, als spürte sie ihn gerade wieder. Mit ihrem Zeigefinger berührt sie ihre Lippen. Sie ertappte sich dabei, dass ihre Gedanken, immer wieder zu ihm wanderten. Nein, das musste aufhören. Sie flog nach Hause, zurück in die Realität.
Auf einem Taxi sah sie die Werbung für jenes Restaurant, in welchem sie gemeinsam Essen waren. Danach schlenderten sie am Strand entlang, bis zu ihrem Hotel. In den Dünen liebkoste er sie. Am Morgen wachte sie in seinen Armen auf und schaute genau in sein Gesicht. Er wünschte ihr einen guten Morgen.
Aurelio verstand sehr gut Deutsch und sprach es auch, zwar etwas holperig, doch sie kamen zurecht. Er musste sie die halbe Nacht angeschaut haben, als sie schlief. Um seine Lippen war ein sanftes Lächeln. Er bat sie um ein weiteres Date. Mina hatte sich schweigend angezogen und zugesagt.
Aurelio nahm ihr Gesicht in beide Hände und küsste sie auf die Stirn und dann begegneten sich ihre Lippen in einem innigen Kuss. Nur schwerlich konnten sie sich trennen, doch Aurelio schien in Zeitdruck zu sein. Er löste sich sanft von ihr und ging. Sie sah ihm noch lange hinterher.
Ihre Gefühle waren im Aufruhr, denn zu Hause in Berlin, wartete Martin auf sie. Sie hatten sich vier Wochen zuvor kennengelernt und er bemühte sich um sie. Glücklich war er nicht, dass sie allein in den Urlaub flog, und dann noch zu den »notgeilen Negern«, so drückte er sich aus.
Mina hatte ihn damals zurechtgewiesen und ihm zu verstehen gegeben, dass sie nicht auf so ein Abenteuer aus wäre. Martin gab klein bei und erwähnte dieses Thema nicht mehr.
Am Tag ihrer Abreise brachte er sie zum Flughafen und bat sie, anständig zu bleiben. Lachend versprach sie es ihm. Sie hielt es für einen Scherz.
Jetzt stand sie hier am Flughafen und konnte nur an Aurelio denken. Sein Name schwirrte in ihrem Kopf herum und sie wünschte sich, in seinen Armen zu liegen. Schweren Herzens, musste sie ihn vergessen.
Mina musste sich eingestehen, dass es unrealistisch, ja so gut wie unmöglich war, dass sie ihn je wiedersah. Für diesen Urlaub hatte sie sehr lange gespart und so schnell würde sie sich so etwas nicht wieder leisten können. Wehmütig drehte sie sich um und wollte zurück in die Halle gehen. Sie blickte auf und genau in Aurelios Augen. Er stand da, mit einem kleinen Geschenk in der Hand und sah auf sie herunter.
Mina durchzuckte es heiß und kalt. Da war es wieder dieses Zittern. »Aurelio, was machst du denn hier?«
»Ich wollte sagen, Tschüss. Bitte, hier ist ein kleines Präsent für dich. Vergessen, du mich nicht?«
Ihre Augen konnten sich nicht trennen und genau dieser Moment, machte es ihr noch schwerer, zu gehen. »Nein, ich vergesse dich nicht«, flüsterte sie kaum hörbar und senkte den Kopf.
Eine Lautsprecherdurchsage rief ihre Flugnummer auf. Aurelios Blick wurde traurig, er küsste sie vor allen Leuten und legte so viel Gefühl, in diesen letzten Kuss, dass sie ihn nie vergessen sollte. Sie ging und ihre Hände wollten ihn nicht loslassen. Sie gab sich einen Ruck und rannte in die Halle. Mit aller Macht musste sie gegen die Tränen ankämpfen.
Im Flugzeug, so hoffte Mina, würde sie zur Ruhe zu kommen. Doch das Grauen kam direkt auf sie zu. Die Plapperliese setzte sich direkt neben sie. Mina ließ entkräftet ihren Kopf an die Genickstütze fallen und dachte bei sich: ›Meine Güte, was habe ich nur verbrochen?‹
Der Start verlief normal und sie stiegen immer höher. Neben ihr plätscherte der Wortwasserfall und schien unerschöpflich zu sein. Mina nickte ab und zu oder schüttelte den Kopf. Sie wollte die Frau nicht verärgern. Innerlich wünschte sie sich eine Haltestelle, mitten am Himmel, und die Frau würde aussteigen.
Ihr Herz pochte stark, wenn ihr Aurelios Augen in den Sinn kamen und sie wollte am liebsten zurück zu ihm. Was war denn nur mit ihr los? Sie musste es als Urlaubsflirt abhaken und nach vorne schauen. Er fand bestimmt ein nettes Mädchen in seiner Heimat und würde sie auch bald vergessen haben, wenn nicht sogar in den nächsten Stunden. Im Hotel kamen dann die neuen Gäste an.
Der Flug dauerte ziemlich lange, die Frau neben ihr, hatte zum Glück einige Stunden geschlafen und wachte gerade wieder auf. Als sie Europa immer näherkamen, wechselte sie auch das Thema, sie erzählt nur noch von ihrem Mann und den zwei Kindern. Wie hart doch die letzten Jahre waren.
Sie musste alles alleine managen, da ihr Gatte, so ein fauler unbeholfenen Kerl war. Seine Leitthemen, waren seine Arbeit, Essen, Bier und Fußball. Mehr gab es nicht in seinem Leben, der Rest, blieb an ihr hängen. Haus, Haushalt und seine Kinder, ihr Job als Sprechstundenhilfe, alles erledigte sie allein, ohne Unterstützung. Nun waren die Kinder aus dem Haus und nichts hatte sich geändert. Stundenlang saß er auf seiner Couch und zog sich jedes Fußballspiel seiner Mannschaft rein. Deshalb machte sie ohne ihn Urlaub. Er war damals Witwer und achtzehn Jahre älter, als sie sich kennenlernten und er ihr den Himmel auf Erden versprach.
»Glauben Sie mir Kleines, wir kommen beide auf unsere Kosten. Ich habe unter der Sonne der Karibik eine wundervolle Zeit und er seine Ruhe zu Hause.«
»Warum trennen Sie sich nicht? Das wäre doch besser für Sie beide.«
»Wir haben uns in den letzten Jahren einiges aufgebaut. Diese Zeit schmiedet auch zusammen. Im Prinzip ist er kein schlechter Mensch, außerdem hat er Angst vorm Fliegen«.
Mina dachte sich: ›Was für eine Beziehung, die nur noch aus Lügen besteht.‹ So wollte sie nicht leben.
Kurz vor der Landung nahm Mina das Päckchen und öffnete es. Erschrocken sah sie auf den Inhalt. Es war ein goldenes Herz mit einem eingefassten Rubin, eine sehr schöne filigrane Arbeit und wahrscheinlich sehr teuer. Sofort legte sie die Abdeckung wieder darüber, da ihre Nachbarin sehr aufdringlich schaute und genau wissen wollte, von wem dieses Präsent war.
Mina bat die Frau, etwas zur Seite zu rücken, da sie zur Toilette musste. Sie stand einen Moment vor dem Spiegel, in der Flugzeugtoilette und betrachtete sich. Sie nahm das Päckchen und setzte sich auf den Rand des Toilettenbeckens. Vorsichtig öffnete sie die Schachtel und nahm die Kette heraus. Sie hielt sie sich an den Hals und erhob sich, um sich im Spiegel zu betrachten. Ihr Herz schlug heftig. Solche Geschenke machte Aurelio bestimmt nicht jeder.
Plötzlich entdeckte sie einen Verschluss an dem Anhänger und öffnete ihn. Innen sah sie ein Foto, von dem sie nicht wusste, dass es existierte. Sie konnte sich an den Moment erinnern, doch nicht daran, dass jemand fotografiert hatte. Es war an dem Abend, als sie Tanzen waren und Aurelio ihr Tango beibringen wollte. Ihre Gesichter waren sich sehr nahe und sie sahen sich tief in die Augen. Es war ein wundervoller Moment, den sie so schnell nicht vergessen konnte. Die darauffolgende Nacht war atemberaubend schön.
Jäh wurde sie unterbrochen, es klopfte jemand an die Tür. Schnell steckte sie die Kette in ihre Handtasche und wusch sich die Hände. Die Ansage der Flugbegleiterin kam gerade über die Bordanlage, als sie wieder an ihrem Platz war.
Die Fluggäste wurden aufgefordert, sich anzuschnallen und die Sitze in eine aufrechte Position zu bringen. Der Druck auf die Ohren wurde immer größer und wenig später setzte die Maschine auf der Landebahn auf.
»Immer wieder schön, zu Hause zu sein.«, meinte ihre Nachbarin und beeilte sich aus dem Flugzeug herauszukommen. Nur noch einmal sah Mina sie, als sie ihren Koffer holte, dann war sie verschwunden. Sie atmete durch, zog den Griff ihres Koffers raus und ging in Richtung Ausgang. Unbehelligt von der Zollkontrolle konnte sie den Flughafen verlassen. Etwas enttäuscht schaute sie sich um, denn Martin hatte ihr versprochen, sie abzuholen. Sie war schon auf dem Weg zum Taxistand, als sie ihn auf dem Parkplatz sah. Er lehnte lässig an einem BMW und winkte zu ihr rüber. Es war wohl unter seiner Würde ihr entgegenzukommen und ihr wegen des schweren Koffers zu helfen. Sie zerrte das Ding über das Kopfsteinpflaster des Gehweges. Als sie bei ihm ankam, lächelte er und sagte: »Na Süße, wieder da?«
Er öffnete den Kofferraum und warf ihr Gepäck hinein. Ging ums Auto herum und stieg ein. Mina stand da und dachte sich: ›WOW, geile Begrüßung.‹
Martin startete den Motor und sagte: »Bring uns nach Hause Baby.«
»Wie gefällt er dir, mein neuer BMW?« Bei diesen Worten streichelte er sanft das Lenkrad.
»Ja schön. Sieht gut aus.«
»Schön, sieht gut aus? Mehr kannst du nicht dazu sagen?«
Er musste verkehrsbedingt halten und sah zu ihr rüber. »Süße, das ist das neuste Modell und das Schätzchen, war sehr teuer. Du sagst einfach nur schön.«
»Entschuldige bitte, der Flug war sehr lang und ich bin müde. Alles was ich will, ist eine heiße Dusche und mein Bett.«
»Oh ja, dann wollen wir sie mal schnell nach Hause, ins Bett bringen.« Sein Blick, musterte Mina von oben bis unten.
»Nicht wahr mein Schätzchen?«
Mina dachte, dass sie gemeint war. Jedoch, als sie sah, wie er sein Auto liebkoste, schluckte sie ihre Enttäuschung hinunter. Mina schob seine Ignoranz ihr gegenüber, auf die geradezu kindliche Freude, über das neue Fahrzeug. Männer sind in dieser Beziehung, wie Kinder, das neueste Spielzeug, ist immer das Beste der Welt.
Nach einer dreiviertel Stunde hielt er vor ihrem Haus. Mina wunderte sich, er trug ihren Koffer in den sechsten Stock. Kurz darauf lief er die Treppe wieder runter, da er einen Parkplatz finden wollte.
Sie sah sich kurz in der Wohnung um und stellte fest, dass im Wohnzimmer der Tisch gedeckt war und ein schöner Strauß Rosen verfeinerte das Ambiente. Sie lächelte und ging ins Bad, um sich zu duschen.
Danach brachte sie den Koffer ins Schlafzimmer und fing an, ihn auszupacken. Als sie in die Küche kam, standen auf dem Herd einige Töpfe. Nachdem sie festgestellt hatte, dass das Essen von ihrer Mutter stammte, schaltete sie den Herd an und sah auf die Uhr. Martin musste jeden Moment wieder hier sein. Doch sie wartete vergebens. Nach einer Stunde hatte sie allein gegessen und legte sich schlafen. Sie war doch ganz schön geschafft und morgen früh wollte sie ihre Mutter besuchen.
Es war sehr spät in der Nacht. Ihre Decke wurde weggezogen und sie roch Alkohol. Auf diese Art und Weise hatte sie keine Lust und bat Martin aufzuhören. Der war jedoch durch den Alkohol so enthemmt, dass er nicht darauf achtete, was sie sagte. Sie ergab sich seinem Verlangen und ließ ihn gewähren. Er war nicht gerade zärtlich und immer wieder fragte er:
»Hast du dich den ›Negern‹ freiwillig hingegeben? Die sollen ja so toll im Bett sein?« Es reichte Mina, sie stieß ihn von sich weg und schrie ihn an: »Du spinnst wohl? Was soll denn das? Lass mich jetzt in Ruhe.«
»Ja, was denkst du denn, dass ich hier sitze und du machst Urlaub in der Karibik, wo die ganzen Schwarzen sind. Die warten nur darauf, dass der nächste Schwung notgeiler Weiber aus Europa ankommt. Die ganze Welt weiß doch, dass ihr Weiber, nur wegen des ungehemmten Sexes dahinfliegt.«
»Meine Güte, Martin. Der Urlaub war schon gebucht, bevor wir uns kennenlernten. Ich kann doch nichts dafür und umbuchen ging nicht mehr. Im Übrigen, in der Karibik leben nun mal farbige Menschen, dafür kann ich auch nichts. Deine Unterstellungen, muss ich mir nicht gefallen lassen.«
Er zog sich beleidigt auf die Couch zurück und sie konnte endlich schlafen.
Am Morgen, als sie aufstand, war er schon verschwunden. Sie schaltete das Radio an und summte das Lied mit, welches gerade gespielt wurde. Frisch geduscht stand sie auf ihrem Balkon und sah über die Dächer von Berlin. Die Sonne erhob sich langsam und begrüßte den neuen Tag. Mina zog tief die frische Luft ein und nahm sich vor, mit Martin zu reden, so ging es nicht weiter. Er überspannte den Bogen gewaltig. Er musste aufhören, so eifersüchtig zu sein. Ansonsten gab sie ihrer Beziehung keine weitere Chance.
Eine Stunde später saß sie in der S-Bahn und fuhr zu ihrer Mutter. Karen begrüßte ihre Tochter über-schwänglich und fragte gleich: »Wie hat dir das Willkommensessen gefallen?«
»Gut. Danke Mama. Nur, dass Martin verschwand und ich alleine essen musste, das war nicht so schön.«
»Was? Er hat die ganze Woche genervt. Immer wieder fragte er mich, mit was er dich überraschen könnte, wenn du zu Hause ankommst. Deshalb habe ich das Essen vorbereitet und ihm gesagt, dass du dich sicherlich auch, über einen schönen Strauß Blumen freuen würdest.«
»Das ist ja dann wohl schiefgelaufen. Ich weiß nicht, was mit ihm los ist!«
Ihre Mutter deckte den Tisch und stellte selbstgebackenen Kuchen hin.
»Das wundert mich allerdings sehr. Er war in den letzten zwei Wochen oft hier. Er hat für Papa sogar den Rasen gemäht und ihm beim Aufräumen der Garage geholfen. Das ist so ein netter Junge.«
Mina hörte nur halbherzig zu und spielte mit dem Kaffeelöffel. Ein Name drängte sich in den Vordergrund ihrer Gedanken. Aurelio war ihr noch so nahe und doch so weit weg. Es würde wohl etwas länger dauern, bis er aus ihren Gedanken verschwand. Sie seufzte. Dann hörte sie die Haustür, begrüßte ihren Vater, der gerade vom Einkaufen zurückkam und half ihm die Taschen auszuräumen.
Sie nahmen Platz und Papa wollte alles über den Urlaub wissen, er stellte ihr viele Fragen: »Hast du Bilder gemacht? War das Hotel sauber und ordentlich? Wie waren die Menschen dort?«
›Schwarz‹ ... dachte Mina. Sofort rügte sie sich gedanklich: ›Jetzt färbt Martin schon auf mich ab.‹
»Papa der Urlaub war fantastisch. Der Strand war direkt hinter dem Hotel und es war nicht so laut wie in den Bettenburgen auf Malle. Leider konnte Katrin nicht mit. Wir hätten bestimmt viel Spaß gehabt.«
»Ja, das stimmt. Sie hat gestern Abend hier angerufen und wollte wissen, ob du wieder gut gelandet bist. Dein Telefon war noch aus. Aber hör mal Kind, du hast einen tollen Freund, hättest du den nicht mitnehmen können? Es hat ihm so gar nicht behagt, dass du allein in einem fremden Land warst. Er hatte sogar versucht, noch einen Flug dahin zu bekommen.«
Erschrocken dachte Mina:, ›Das hätte mir noch gefehlte.‹
»Oh Mist, ich habe vergessen, Katrin anzurufen.« Sie stand auf, um nicht antworten zu müssen. Mina nahm ihr Handy aus der Tasche und wählte die Nummer ihrer besten Freundin. Ungefähr zehn Minuten sprachen sie miteinander und dann kam Mina wieder in die Küche. »Alles klar, ich fahre später noch zu ihr. Sie freut sich schon.«
»Geht es ihr gut?«
»Ja der Gips kommt nächste Woche ab, dann muss sie noch die Physiotherapie absolvieren und dann ist alles wieder in Ordnung.«
Mina zeigte ihren Eltern noch die Fotos und die sahen sich jedes Bild genau an. War sie auf einem Foto zu sehen, wollten sie genau wissen, wer sie fotografiert hatte. Sie schwindelte, denn die meisten Bilder von ihr, hatte Aurelio aufgenommen.
Nach etwa drei Stunden verließ sie ihre Eltern.
Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass sie gerade zur Mittagszeit bei Katrin sein würde. Deshalb entschloss sie sich, etwas zum Mittagessen mitzunehmen. Mit dem Essen auf dem Schoß saß sie in der S-Bahn und schaute aus dem Fenster. Die nächste Station war ihre und sie ging zum Ausgang. Ihr kam ein farbiger junger Mann entgegen und sie fühlte einen Stich im Herzen. Er sah Aurelio sehr ähnlich.
»Verdammt, das muss aufhören. Ich kann doch nicht in jedem farbigen Mann Aurelio sehen«, flüsterte sie und lief weiter. Sie überlegte auf dem Weg zu Katrin, ob sie ihrer Freundin von ihm erzählen sollte. Es dauerte etwas, bis Katrin ihr öffnete. Grinsend stand diese vor ihr, auf die Krücken gestützt und versuchte sie zu umarmen. Beinahe wären beide gestürzt, bei diesem Versuch und sie kicherten.
»Komm rein und jetzt erzähle mir ausnahmslos alles, was du erlebt hast.«
Mina bereitete die Teller vor und trug sie zum Esstisch in das Wohnzimmer.
»Es war traumhaft. Der Strand war sauber und das Wasser klar.«
Katrin unterbrach sie. »So ein Touristengeschwafel will ich nicht hören. Männer? Was war mit den Männern? Hast du oder hast du nicht?«
Mina sah ihre Freundin zweifelnd an und sie fühlte einen leichten Schmerz im Unterleib. Sie gab dem keine weitere Beachtung, da es schnell wieder vorbei war. Mina versuchte, sich vor der Antwort zu drücken.
»Komm schon. Hast du eine erotische Erfahrung gehabt oder nicht?« Mina wurde rot im Gesicht und Katrin musste lachen. »Ja. Ja. Sie hat es getan. Los erzähl. Ich will alle Details wissen.«
Mina atmete tief ein, zog das Amulett aus ihrer Hosentasche und legte es in die Hand von Katrin: »Sein Name ist Aurelio und er geht mir nicht mehr aus dem Kopf.«
Ein langgedehntes okay, kam von Katrin. Mina beschrieb die zwei Wochen in den buntesten Farben und Katrin konnte sich bildhaft vorstellen, wie schön es gewesen war.
»Und nun? Wirst du Kontakt mit ihm halten?«
Traurig blickte Mina zu Boden.
»Nein. Martin hat mich abgeholt und du kennst ihn doch. Er hat etwas gegen Farbige. Wenn er wüsste, dass ich mit Aurelio ... er würde sofort Schluss machen.«
»Das wäre kein Verlust«, kam es trocken aus dem Mund ihrer Freundin.
»Ich weiß, du magst ihn nicht. Doch Martin ist kein schlechter Kerl. Meine Eltern mögen ihn sehr und du weißt, mein Vater kommt nicht mit jedem zurecht.«
»Soll er doch deine Eltern heiraten. Folge deinem Herzen und nicht der Meinung anderer. Das mit Martin geht nicht gut, das spüre ich.«
»Du verkennst ihn. Er arbeitet in der Firma seines Vaters und wird die irgendwann übernehmen. Wenn du dir nur Mühe geben würdest, ihn näher kennenzulernen.«
»Ja. Ja. Er ist ein Goldjunge und der Traummann schlechthin. Du wirst noch an meine Worte denken.«
Mina bat Katrin, das Thema zu wechseln. Sie sprachen dann über Katrins Gipsbein.
»Der Gips kommt am Mittwoch runter. Ich kann dann wieder auf Arbeit kommen. Allerdings muss ich noch eine gewisse Zeit mit den Krücken laufen. Doch im Büro wird das schon gehen. Da findet sich bestimmt die eine oder andere Kollegin, die ein paar Wege für mich erledigt.«
»Sicherlich.«
Den Rest des Nachmittags, verbrachten die beiden damit, herumzualbern und über früher zu reden.
Als Mina dann später zu Hause ankam, stand Martin schon da und wartete auf sie. Er war nicht besonders gut gelaunt und machte ihr Vorhaltungen. Jedes Mal musste Mina ihm erklären, mit wem und wo sie ihre Zeit verbracht hatte.
Doch sie war es leid und fragte ihn, wo er den letzten Abend gewesen sei. Wo er denn abgeblieben war, als sie allein zu Hause auf ihn wartete. Seine Antwort war profan. Als er einparkte, fuhr ein Kumpel vorbei. Der hielt an und bestaunte Martins neuen BMW, danach seien sie noch um die Häuser gezogen. Mina warf ihm vor, dass der BMW und seine Kumpels, ihm viel wichtiger waren als sie.
»Hey, Süße, du hast recht. Ich habe nicht nachgedacht. Immerhin warst du lange weg und den ersten Abend wieder zu Hause. Entschuldige.«
Er schloss die Tür auf und nahm sie auf die Arme. Vorsichtig trug er sie über die Schwelle ihrer Wohnung. Die Tür bekam einen leichten Tritt mit dem Fuß und fiel ins Schloss. Mit dem Ellenbogen öffnete er die Schlafzimmertür und legte Mina aufs Bett. Sie blieben bis zum nächsten Morgen dort und Mina genoss seine Aufmerksamkeit.
Es war Sonntag, sie schlich sich leise aus dem Bett und richtete das Frühstück her. Der Duft des Kaffees lockte Martin in die Küche und sie frühstückten.
Den ganzen Sonntag verbrachten sie gemeinsam. Es war ein schöner Tag. Am Abend besuchten sie noch seine Eltern, die Mina herzlich begrüßten.
Alles war gut und die nächsten Wochen vergingen schnell. Mina arbeitete wieder in der Versicherungsgesellschaft. Der Urlaub rückte in ihren Gedanken in den Hintergrund. Sie war jeden Tag mit Martin zusammen und er verhielt sich anständig.
Ab und zu verspürte sie diesen leichten Schmerz im Unterleib noch. Sie schob es auf die mangelnde Bewegung und beachtete es nicht weiter. Doch heute war etwas anders. Der Wecker klingelte, sie öffnete die Augen, plötzlich wurde ihr übel und schwindelig. Martin bemerkte es und war besorgt. Er richtete für sie das Frühstück her. Sie kam ewig nicht aus dem Bad. Über das Klobecken gebeugt, übergab sie sich mehrmals.
Sehr blass kam sie in die Küche und Martin fragte:
»Geht es wieder?«
Mina schüttelte den Kopf. »Nee, mir ist immer noch übel. Hab wohl gestern etwas nicht vertragen.«
»Wenn es nicht besser wird, dann gehst du zum Arzt. Hat doch keinen Zweck, wenn du dich den ganzen Tag quälst.« Sie nickte nur und biss vom Brötchen ab. Sofort sprang sie wieder auf und schaffte es gerade noch ins Bad.
Den ganzen Tag war ihr so flau in der Magengegend und sie versuchte, sich mit viel Tee über Wasser zu halten. An den darauffolgenden Tagen wurde ihr Zustand nicht besser und sie beschloss, nun doch einen Arzt aufzusuchen.
Nach einer kurzen Beschreibung ihrer Symptome fragte der Arzt: »Wann hatten sie ihre letzte Regel?«
»Das war ... oh, ich muss da erst nachsehen. Moment. Nein, ich bin schon weit drüber.«
Sie stotterte und ihr Herz raste. Der Gedanke, hatte noch keine klare Formulierung, doch er arbeitete sich in den Vordergrund. »Ich denke, Sie sollten einen Gynäkologen aufsuchen.«
Heiß und kalt lief ihr der Schweiß den Rücken hinunter. Daran hatte sie überhaupt nicht gedacht. Aber klar – in der letzten Zeit hatte sie sehr viel Sex, da konnte es schon mal vorkommen, dass man schwanger wurde. Mist! Geplant war das nicht!
»Ich habe noch keinen Frauenarzt, können Sie mir da jemanden empfehlen?«
Der Arzt schrieb ihr die Adresse eines Kollegen auf und die Telefonnummer. »Rufen sie dort an und vereinbaren sie einen Termin. Der Kollege ist sehr erfahren und hat einen guten Ruf. Er arbeitet auch mit einigen Hebammen zusammen. Somit hätten sie alles unter einem Dach.«
»Dankeschön.«
Sie ging und schaute noch lange auf den Zettel in ihrer Hand. Es war nicht einfach zu begreifen, dass es wahr sein sollte. Vor der Praxis standen einige Bänke und sie setzte sich erst einmal hin. Ziemlich lange saß sie auf der Bank und konnte sich danach nicht erinnern, ob sie an irgendetwas gedacht hatte. Ihr Kopf war wie leer. Die unterschiedlichsten Gefühle überfluteten sie. Deshalb entschloss sie sich, so schnell als möglich einen Termin bei dem Arzt zu machen und Martin erst einmal nicht davon zu erzählen. Als er sie am Abend traf, sagte sie ihm, dass sie heute alleine sein wollte. Nach einer schier unendlichen Diskussion hatte sie es geschafft, dass er sie alleine ließ. Ziemlich schlecht gelaunt ging er, doch lange hielt seine miese Laune nicht an. Im Kreis seiner Kumpel fühlte er sich wohl und sie tranken auf die Weiber, die nie zickig waren.
Sehr spät in der Nacht, entschloss er sich dann, doch wieder zu Mina zu gehen. Angetrunken schlich er sich in die Wohnung. Sie schlief seelenruhig in ihrem Bett und er weckte sie unsanft. Er beharrte auf eine Erklärung, weshalb sie ihn heute fortgeschickt hatte.
»Mensch Martin, es gibt Tage, da möchte ich auch mal alleine sein. Verstehst du das nicht?«
»Nee, das kann man nicht verstehen. Ich habe darüber mit meinen Freunden gesprochen und die sagen, dass du einen anderen hast. So fängt es an, erst einen Abend, dann immer mehr und letztendlich machst du Schluss mit mir. Das werde ich nicht zulassen. Kein anderer wird dich bekommen. Hast du mich verstanden?«
Mina war genervt und wollt nur schlafen, doch Martin machte keine Anstalten sie in Ruhe zulassen.
»Weißt du was? Verschwinde, ich will meine Ruhe haben. Raus aus meiner Wohnung. Geh doch zu deinen Freunden, wenn die alles besser wissen.« Er ignorierte, was sie sagte und war fest entschlossen, sich das nicht gefallen zu lassen.
In ihm brodelte es und seine Hand flog auf sie zu. Die Ohrfeige war sehr mächtig und Mina rollte aus dem Bett. Sie schrie ihn an und er wurde immer wütender. Mehrfach schlug er auf sie ein und warf sie aufs Bett. Das Nachthemd hing in Fetzen von ihrem Körper herunter und er bestürmte sie mit unflätigen Worten und Handlungen. Sie wehrte sich, so gut sie konnte, jedoch war sie seinen Kräften unterlegen. Danach stand er vor ihr, als wäre nichts gewesen, zog sich an und als er den Reißverschluss an seiner Hose hochzog, sagte er: »Jetzt ist mir nach einem kühlen Bier. Hey Schatz, willst du mitgehen?«
Mina lag zusammengekauert auf dem Bett und weinte. Seine Worte klangen wie ein Hohn, als wäre eben nichts passiert. Sie wollte ihn nicht weiter reizen und schüttelte wortlos den Kopf. In dieser Nacht kam er nicht wieder und sie kämpfte darum, zu verstehen, was geschehen war. Er hatte sie eindeutig vergewaltig und sie sollte eigentlich zur Polizei gehen. Doch dann legte sie die Hand auf ihren Bauch und dachte daran, dass sie eventuell schwanger war und sein Kind in ihr heranwuchs. Es würde sich alles ändern, wenn er davon erfuhr. Hoffte sie.
Eine Woche später hatte sie den Beweis in den Händen, den Mutterpass und ein Ultraschallbild. Die ersten Termine, bei einer Hebamme für die Schwangerschaftskurse, waren bereits notiert. Mina wollte alles richtig machen und von Anfang an nur das Beste für ihr Kind. Als sie den kleinen Punkt in ihrem Bauch sah, wurde ihr so warm ums Herz und sie fing an, dieses kleine Wesen, zu lieben. Der Arzt hatte ihr auch erklärt, dass die leichten Schmerzen, die sie oft verspürt hatte, ganz normal wären und bald nicht mehr auftreten würden. Darüber war sie froh, denn sie hatte sich schon ziemliche Gedanken gemacht.
Mina setzte sich auf eine Bank, vor dem Gebäude, in dem sich die Praxis befand. Immer wieder musste sie auf das erste Ultraschallbild ihres Kindes sehen. Plötzlich setzte sich jemand neben sie und sie erkannte die Plapperliese aus dem Flugzeug.
Sofort nahm diese das Bild an sich und sagte etwas schnippisch: »Da haben sie wohl etwas aus dem Urlaub mitgebracht? Keine Angst, das geht sehr vielen so.«
Mina nahm ihr das Bild wieder weg und fuhr die Frau an: »Ich wüsste nicht, warum sie das interessieren sollte. Außerdem, habe ich einen Freund und der ist der Vater. Sein Name ist Martin. Was machen sie überhaupt hier? Müssen sie ihrem Gatten nicht das Essen zubereiten?«
»Ich arbeite hier, Dr. Schubert ist mein Chef und ich war gerade in der Pause. Entschuldigen sie, ich wollte sie nicht brüskieren.«
»Ist jetzt auch zu spät.«
Mina stand auf und ging. Sie war wütend auf die Frau, die immer direkt aussprach, was sie gerade dachte. Jedoch hatte sie einen Funken gestreut, der Mina nachdenklich machte. Sie verwarf ihn allerdings wieder, da sie sich sicher war, dass Martin der Vater war.
Mina hatte die Mittagspause für den Arztbesuch genutzt und beeilte sich am Feierabend, schnell nach Hause zu kommen. Sie hatte vor, etwas Leckeres zu kochen und Martin mit einem Geschenk, einen Hinweis auf das Kind zu geben. Sie war gut gelaunt und dachte nicht mehr an diese eine böse Nacht. Er war damals betrunken und hatte es bestimmt nicht so gemeint. In den letzten Tagen lief doch auch alles wieder prima.
Mit einer weißen Tischdecke und feinem Geschirr deckte sie den Tisch ein. Ein paar Blumen veredelten das Ganze und dazu leise Musik, alles war perfekt. Sie legte das Päckchen auf seinen Teller und sah nach dem Essen. Die Rouladen kochten langsam vor sich hin, die Klöße waren vorbereitet und der Rotkohl war fertig. Sie stand vor dem Herd und war einfach nur zufrieden. Jetzt fehlte nur noch der werdende Vater.
Aufgeregt wartete sie, dass er kam. Sie sah schnell noch einmal nach dem Tisch, ob auch wirklich alles perfekt war. Der Schlüssel wurde im Schloss gedreht, die Tür ging auf, Martin kam rein. Er sagte nur ein banales ›Hallo‹, ging ins Schlafzimmer und kam gleich wieder raus. Er hatte sich umgezogen und eine kleine Reisetasche in der Hand. Mina stand im Flur und wartete, dass er sie endlich richtig begrüßte, doch er ging ohne Worte an ihr vorbei. So wie er drauf war, würde es heute wohl keinen Kuss geben.
Mina war enttäuscht. Sie rief ihm hinterher: »Martin, ich muss mit dir reden. Das Essen ist fertig. Wo gehst du hin?« Er blieb eine Etage tiefer stehen und rief nach oben: »Es gibt ein Treffen von BMW-Fans und sie erwarten mich, bin übermorgen zurück.«
Sofort schossen ihr die Tränen in die Augen und sie stand da, als hätte sie der Schlag getroffen. Immer nur seine Freunde und der BMW. Wütend ging sie in ihre Wohnung, nahm das Essen und goss es in die Toilette.
Lange musste sie nicht überlegen. Sie packte ein paar Sachen, rief sich ein Taxi und fuhr zu ihren Eltern. Karen öffnete ihr und sah, dass Mina geweint hatte.
»Komm erst mal rein.« »Wer ist denn da, Karen?«
»Unsere Tochter. Es gibt wahrscheinlich Krach bei den Verliebten«, rief sie ihrem Mann zu, der es nicht für nötig erachtete, Mina zu begrüßen, da er es sich im Wohnzimmer bequem gemacht hatte.
Ihre Mutter sah sie streng an und wollte wissen, was sie angestellt habe. Mina war entrüstet und wehrte sich gegen diese Verdächtigungen.
»Wieso soll ich der Grund sein und nicht Martin? Immer nur sein Auto und seine Freunde, etwas anderes zählt bei ihm nicht.«
»Kind, Martin war in den letzten Wochen mehrmals hier. Er hat sich oft über dich beschwert. Du würdest allein sein wollen und hättest ihn deshalb weggeschickt. Du vernachlässigst ihn. Im Büro tratschst du mit deinen Kolleginnen über ihn. Das ist nicht gut! Er ist der Mann, der dich liebt, da macht man so etwas nicht.«
»Was soll das, Mama? Soll ich etwa absolut gehorsam sein? Wir leben in einer anderen Zeit, das ist doch tiefstes Mittelalter!«
»Darüber rede ich doch gar nicht. Nur hast du einen Mann an deiner Seite, der es ernst meint und du solltest dich ein wenig nach ihm richten.«
Mina verstand ihre Mutter nicht. Sie antwortete trotzig: »Ich interessiere mich nun mal nicht für Autos und bin kein Kneipengänger. Ich habe andere Interessen«
»Du musst deine Wünsche etwas zurückstellen und dich mehr um ihn kümmern. Ach und Mina, erzähle Katrin nicht so viel von eurer Beziehung.«
Entrüstet stand Mina da und konnte nicht glauben, was sie da hören musste. Sie schüttelte den Kopf und versuchte ihrer Mutter zu erklären, dass das alles nicht wahr wäre. Allerdings sah sie auch, dass ihre eigene Mutter auf Martins Seite gewechselt war, und zog es deshalb vor, weiterhin zu schweigen. Es war sinnlos, sie vom Gegenteil zu überzeugen.
»Was hast du in der Tasche?«
»Meine Sachen, ich würde gern hierbleiben.«
»Aber Kind, du kannst doch nicht bei jeder Gelegenheit zu uns laufen. Du bist zwanzig Jahre alt und hast eine eigene Wohnung. Außerdem kommt morgen Dana mit den Kindern. Sie wird ein paar Tage hierbleiben. Sie will zu Alexander nach Schweden und macht einen Zwischenstopp bei uns. Weißt du, Alexander bekommt keinen Urlaub in seiner Firma und kann nicht nach Bayern fahren. Ich freue mich so auf die Kleinen. Die sind bestimmt wieder gewachsen. Es ist traurig, dass wir sie nicht öfter sehen können.«
Mina musste einsehen, dass sie nicht willkommen war, und nahm ihre Tasche. Sie war schon an der Tür, da rief ihr ihre Mutter noch hinterher: »Grüße Martin von uns und kommt mal vorbei, solange Dana hier ist.«
Vor der Tür überkam Mina das große Heulen. Sie setzte sich in den Garten auf die Bank und überlegte, was hier schieflief. Sollte ihre Mutter nicht Partei für sie ergreifen und ihr zuhören? Sie mit guten Ratschlägen versorgen?
Völlig aufgelöst fuhr sie zu Katrin. Vielleicht konnte sie bei ihr unterkommen? Nach Hause wollte sie in den nächsten Tagen nicht. Ihre eigene Wohnung engte sie ein. In der S-Bahn hing sie ihren Gedanken nach und kämpfte mit den Tränen.
Katrin sah sie besorgt an, als sie wie ein Häufchen Elend vor ihr stand. »Mensch Mina! Was ist denn mit dir passiert? Komm rein.« Unter Tränen berichtete sie ihrer Freundin, was geschehen war und dass sie auch bei ihrer Familie nicht bleiben konnte.
»Alles klar, bleib ruhig hier, solange du möchtest. Ist schon in Ordnung und nun beruhige dich bitte wieder.« Schluchzend bedankte sich Mina bei ihr und bat sie um Verzeihung, für die späte Störung. Leise, kaum hörbar, sagte sie: »Ich bin schwanger.«
Katrin ließ fast die Tasse fallen, die sie ihrer Freundin gerade reichen wollte.
»Von wem?«
Empört sah Mina sie an.
»Von wem wohl? Martin natürlich.«
»Mein Gott, jetzt vermehrt der sich auch noch.«