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Dion wohnt mit seinen Eltern, seinem kleinen Bruder Stups und dem Baby in einem stinkgewöhnlichen Kuhdorf, was ihn manchmal ganz gewaltig nervt. Alles scheint ganz normal, bis Dion auf dem Weihnachtsmarkt ein magisches Zelt entdeckt. So wird seine Adventszeit um einiges turbulenter als geplant! Dion muss bald feststellen, dass hinter dem Geheimnis mit dem Zelt etwas viel Größeres steckt, dass Freundschaft auch ganz anders sein kann und dass er um seine Familie doch froher ist als er zunächst angenommen hat. Ein magisches Abenteuer der besonderen Art mit einem unerwarteten Ende!
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Seitenzahl: 64
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Ein Weihnachtsmärchen
Es war ein schwarzer Tag in Dions Leben. Schwärzer ginge es nie und nimmer. Das war für Dion so logisch wie Haifisch!
Begonnen hatte es eigentlich ganz harmlos. So, wie es ja eigentlich immer der Fall war.
Wie jeden Morgen war Stups in Dions Zimmer gestürmt, auf und ab hüpfend wie ein Gummiball. Er hatte eine Ecke von Dions Bettdecke gepackt und sich damit so lange auf der Stelle gedreht, bis er aussah wie ein riesiger Hotdog.
Wie jeden Morgen war Dions Antwort auf Stups‘ Überfall einzig ein unwilliges Knurren gewesen.
Und wie jeden Morgen hatte sich Stups dann mitsamt der Decke auf den Teppich fallen lassen. Dort war er jaulend liegengeblieben, unfähig auch nur eine Zehe zu rühren.
„Hotdog, Hotdog, ich bin ein Hotdoooooog!“, sang er lautstark, „Ich bin ein Hotdooog und du musst jetzt aufsteeeh‘n, Hotdog – aufsteh‘n, Hotdog - aufsteh’n, HOOOOTDOOOG!!!“
Dion konnte sich wie jeden Morgen nicht recht entscheiden: Sollte er sich lieber die Ohren zuhalten oder unters Kissen verkriechen? Dort hätte er zumindest eine kleine Stelle seines Körpers noch ein wenig wärmen können.
Und wie jeden Morgen entschied er sich schlussendlich für die Möglichkeit Nummer drei: Dion eroberte seine Decke zurück. Anschließend stopfte er mit einem Zipfel davon Stups‘ Mund und bereitete somit dem furchtbar lauten und grauenhaft falschen Gesang seines kleinen Bruders ein Ende.
Ja, so hatte Dions Tag angefangen. Ganz normal.
Dion lebte mit seinen Eltern, seinem kleinen Bruder Stups und dem Baby in einem Kuhdorf.
Natürlich hieß Stups eigentlich nicht Stups, sondern Sven und das Baby nicht Baby, sondern Amélie. Und natürlich war es kein Dorf, in dem ausschließlich Kühe wohnten, sondern auch Menschen.
Aber Stups wurde eben Stups genannt, weil er noch klein und seine Nase knubbelig war und in die Höhe zeigte. Das Baby hieß Baby, weil es halt eins war. Und Dion nannte ihr Dorf Kuhdorf, obwohl es hier ziemlich viele Häuser gab, einige kleine Einkaufsläden und sogar einen Donut Pirat. Dennoch war er sich sicher, dass in ihrem Dorf insgesamt mehr Kühe lebten als Menschen – jedenfalls roch es nur allzu oft so.
Selbstverständlich nicht gerade jetzt. Denn jetzt war es Winter. Und jedes Kind wusste, dass bei kaltem Wetter der Boden erstarrt und deshalb auch alle üblen Gerüche eingefroren waren. Sogar jene einer Kuh.
Dion lebte also mit seinem Bruder Stups, dem Baby und seinen Eltern in einem Kuhdorf, das im Winter auch ein stinkgewöhnliches kleines Städtchen hätte sein können, und hatte normal in seinen Tag gestartet. Völlig normal.
Aber damit war es auch schon zu Ende mit der Normalität. Denn beim Frühstück ließ Mama die Bombe platzen.
„Ich habe eine Überraschung für euch“, sagte sie, während sie das Baby in einem Arm wiegte und gleichzeitig mit dem anderen in der Pfanne mit dem heißen Kakao rührte.
Papa raschelte mit seiner Zeitung und ließ seinen Kopf noch etwas weiter hinter die Nachrichten sinken. Das war bei Papa so. Am Morgen brauchte er eine Zeitung und eine Tasse sehr heißen, sehr starken Kaffee. Sonst war mit ihm nichts anzufangen. Und bis er die Zeitung gelesen und den sehr heißen, sehr starken Kaffee getrunken hatte, änderte sich daran auch nicht das Geringste.
Dion hätte wetten können, dass Papa nicht mal mitbekommen hatte, dass seine Familie überhaupt mit im Raum war. Geschweige denn, dass Mama irgendwas gesagt hatte! Denn er hatte seinen sehr heißen und sehr starken Kaffee noch längst nicht fertig ausgetrunken.
Stups war gerade damit beschäftigt, seinen Teller mit Nutella vollzuschmieren. Mit gerunzelter Stirn und hochkonzentriert bestrich er das weiße Porzellan zentimeterdick mit der süßen Schokoladenpaste. Anschließend legte er das Messer auf das saubere Tischtuch und begann genüsslich das Nutella vom Teller zu lecken.
Fasziniert starrte Dion auf seinen Bruder. Vor lauter Konzentration und Genuss hatte auch Stups nichts von dem mitgekriegt, was Mama gesagt hatte. Dafür war jetzt auf der weißen Tischdecke eine braune Bremsspur zu sehen.
So war es Dion, der schließlich nachfragte, was Mama mit Überraschung meinte.
„Diese Weihnachten…“, begann Mama und strahlte wie ein Honigkuchenpferd. Dion wartete nur darauf, dass sie „Tadaaaa“ rief und ein Kaninchen aus dem Hut zauberte. Mama liebte Überraschungen.
„…diese Weihnachten…?“, fragte Dion und verdrehte ungeduldig die Augen gegen die Decke.
Papa raschelte mit der Zeitung. Stups schmatzte. Das Baby rief „Dada!“
Mama holte tief Luft: „Diese Weihnachten, ihr glaubt es nicht,…“
…werden die Blumentanten mit uns feiern! Naaa? Was sagt ihr dazu…?“ Und dazu klatschte sie in die Hände, als ob sie soeben die Überraschung des Jahrhunderts eröffnet hätte.
Stille.
Mama guckte begeistert vom einen zum anderen und wartete offenbar auf Jubelrufe von allen Seiten. Während Papa eine Seite umblätterte, leckte Stups geräuschvoll an seiner Nutella herum. Er ließ dabei dicke, braune Speicheltropfen aufs weiße Tischtuch fallen. Na toll, dachte Dion.
Mitten in die Stille hinein machte das Baby schließlich laut „Bääääh!“ und Dion dachte bei sich, dass ihm das Baby ausnahmsweise total aus der Seele sprach.
Die Blumentanten! Herrjemine!
Und das war exakt der Moment, in dem Dion klar wurde, dass heute einer der schwärzesten Tage seines Lebens sein musste. Das hatte kein Mensch verdient. Da freute man sich 350 Tage lang auf Weihnachten – und dann sowas!
An dieser Stelle braucht es eindeutig eine kurze Erklärung zu den Blumentanten.
Eigentlich hatten die Blumentanten nicht das Geringste mit Blumen zu tun… bis auf ihre Namen. Tante Rosie, Tante Iris und Tante Lilli waren Drillingsschwestern. Sie waren die Schwestern von Mamas Vater, Opa Olivier. Opa Olivier – von Dion und Stups kurz O.O. genannt – war obermäßig in Ordnung, keine Frage. Aber seine drei Schwestern – die reinste Katastrophe!
Bääääh dachte Dion, genau wie das Baby. Mit Entsetzen fielen ihm Tante Rosies Schlabberküsse ein, wie Tante Iris ihm ständig die Haare zerwuschelte und Tante Lillis grauenvolles Parfum.
Mama stand noch immer mit erhobenem Kochlöffel, von dem der Kakao tropfte, abwartend da und blickte in die Runde.
Stille.
Offensichtlich war Mama von ihrer Idee total begeistert. Da war sie aber auch die Einzige. Hilfesuchend schielte Dion zu Stups. Dieser schmierte sich jedoch gerade den Zeigefinger mit Nutella voll – ein Nutellafinger war wohl so ähnlich wie ein Eis am Stiel und somit noch spannender als ein Nutellateller. Von Stups konnte Dion also momentan keine Hilfe erwarten. Vom Baby sowieso nicht. Und auch Papa grummelte nur Unverständliches in seine Zeitung. „…Busfahrpreise erhöhen… Unverschämtheit“, murmelte er. Dion schüttelte hoffnungslos den Kopf. Also lag mal wieder alles an ihm.
Genau in dem Augenblick, als er den Mund öffnete, um Mama – weiß der Himmel was – zu antworten, kochte der Kakao über.
Und da brach das Chaos aus.
Mama brachte selbstverständlich als Allererstes das Baby in Sicherheit. Deshalb konnte sie den Herd nicht sofort ausschalten. Der Kakao brodelte also munter weiter und zischte laut, wenn er auf die heiße Platte traf. Bereits lag ein verbrannter Geruch in der Luft.
Dies wiederum lockte Papa hinter seiner Zeitung hervor – er riss die Augen auf und schien augenblicklich hellwach zu sein. „Was zum Teufel riecht denn da…“, rief er und Stups, der „zum Teufel“ gehört hatte, stimmte einen Heulgesang an – ohrenbetäubend laut und grauenhaft falsch, wie immer.
„Teufel, Teufel, TEUUUUUFEL…. Zum Teuufel, zum TEUFEL!“, sang er und leckte zwischendurch immer wieder an seinem Nutellafinger. Stups hatte zurzeit eine außerordentliche Vorliebe für alle möglichen Schimpfwörter. Und für Nutella.
Papa war inzwischen aufgesprungen. Dabei war ihm seine Brille von der Nase gerutscht und in der Tasse mit dem Kaffee gelandet. Die weiße Tischdecke war längst nicht mehr weiß: Nebst Stups‘ Nutella-Speichel-Tropfen und der Bremsspur zierten sie jetzt noch unzählige Kaffeespritzer, die sich langsam ausbreiteten. Hätte man das Tischtuch in ein Museum gehängt – man hätte es bestimmt für eine Million verkaufen können, dachte Dion.