Diskussion über die Benes-Dekrete aus Anlass des EU Beitritt Tschechiens - Michal Broska - E-Book

Diskussion über die Benes-Dekrete aus Anlass des EU Beitritt Tschechiens E-Book

Michal Broska

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  • Herausgeber: GRIN Verlag
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2004
Beschreibung

Studienarbeit aus dem Jahr 2003 im Fachbereich Politik - Region: Osteuropa, Note: 1,7, Hochschule für Politik München, Veranstaltung: Diplomandenseminar Völkerrecht, Sprache: Deutsch, Abstract: Die nach der offiziellen tschechischen Auffassung rechtlich unwirksame Bene(?)- Dekrete (i.F. Dekrete) haben in den letzten zehn Jahren an großer Bedeutung gewonnen. Der Eiserne Vorhang schützt die Tschechische Republik nicht mehr vor dem Problem der Verantwortung für ihre Nachkriegsgeschichte. Die Dekrete sind wieder zum Thema der europäischen Beziehungen geworden und je näher die Ost- Erweiterung der Europäischen Union rückt, desto lauter sind die Stimmen der ehemaligen Vertriebenen und ihrer Familien, welche nach einer Wiedergutmachung an erster und der Rückgabe des konfiszierten Eigentums an zweiter Stelle streben. Die EU Ost-Erweiterung gibt diesen Menschen nach über fünf Jahrzehnten ein sehr starkes politisches Druckmittel in die Hand, mit welchem sie für ihre Rechte und Eigentum kämpfen können. Die EU ist zwar keine richterliche Instanz, bei der die Betroffenen klagen könnten, aber sie und ihre Mitgliedstaaten haben seit Jahrzehnten eine bestimmte Wertevorstellung, welche sich mit dem Inhalt der Dekrete nicht vereinbaren lässt. [...] In dieser Arbeit werde ich versuchen die Problematik der Dekrete zu erläutern. Im ersten Teil wird dem Leser kurz die Geschichte der Nachkriegs-CSR dargestellt und die Dekrete inclusive des sog. Straffreiheitsgesetzes, die den EU und EWR-Beitritt Tschechiens gefährden, werden erwähnt. Als Beispiel für die tschechische Auffassung über die Dekrete wird das kontroverse „Dreithaler-Urteil” des tschechischen Verfassungsgerichthofs über die Aufhebung des Dekrets Nr. 108/19455 behandelt und mit Fakten und Argumenten aus der Fachliteratur konfrontiert. Im Hauptteil werden die wichtigsten Problemdimensionen, welche durch die Dekrete entstanden sind, erwähnt. Dadurch wird unter anderem dem Dreithaler-Urteil ein Spiegel vorgehalten. Schließlich wird dem Leser ein Ausblick in die Zukunft dieses Streits innerhalb der EU gegeben, da die umstrittene Beibehaltung der Dekrete innerhalb der tschechischen Rechtsordnung die Erfüllung der Kopenhagener Beitrittskriterien in Frage stellen. Die Kriterien sind die Basiswerte der EU und falls diese nicht geachtet werden, möge es passieren, daß sie ihre selbstverständliche Verbindlichkeit verlieren könnte.

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Inhaltsverzeichnis
1. VORGESCHICHTE UND FAKTEN ÜBER DIE DEKRETE
3. VERSCHIEDENE DIMENSIONEN DER BENEŠ-DEKRETE
3.1. DIE VÖLKERRECHTLICHE DIMENSION
3.2. DIE EUROPÄISCHE UND AUßENPOLITISCHE DIMENSION
3.3. DIE RESTITUTION UND DIE DAMIT VERBUNDENEN PROBLEME

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EINLEITUNG

Die nach der offiziellen tschechischen Auffassung rechtlich unwirksame Beneš-Dekrete (i.F. Dekrete) haben in den letzten zehn Jahren an großer Bedeutung gewonnen. Der Eiserne Vorhang schützt die Tschechische Republik nicht mehr vor dem Problem der Verantwortung für ihre Nachkriegsgeschichte. Die Dekrete sind wieder zum Thema der europäischen Beziehungen geworden und je näher die Ost-Erweiterung der Europäischen Union rückt, desto lauter sind die Stimmen der ehemaligen Vertriebenen und ihrer Familien, welche nach einer Wiedergutmachung an erster und der Rückgabe des konfiszierten Eigentums an zweiter Stelle streben. Die EU Ost-Erweiterung gibt diesen Menschen nach über fünf Jahrzehnten ein sehr starkes politisches Druckmittel in die Hand, mit welchem sie für ihre Rechte und Eigentum kämpfen können. Die EU ist zwar keine richterliche Instanz, bei der die Betroffenen klagen könnten, aber sie und ihre Mitgliedstaaten haben seit Jahrzehnten eine bestimmte Wertevorstellung, welche sich mit dem Inhalt der Dekrete nicht vereinbaren lässt.

Die Dekrete haben, ähnlich wie das Münchener Abkommen, das Verhältnis der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechoslowakei Jahre lang belastet. Das Münchener Abkommen hat dem Präsident Dr. Edvard Beneš sein Lebenswerk zerstört und als er Anfang 1939 die verkleinerte und lebensunfähige Tschechoslowakische Republik2(i.F. CSR) verlassen hat, wurde diese binnen wenigen Wochen ins Deutsche Reich einverleibt und bekam den Statut eines Reichprotektorats. Aber der Unterschied zwischen den Dekreten und dem Abkommen von München ist gewaltig. Das Abkommen wurde im Zuge der Brandschen Ostpolitik Deutschlands durch den gemeinsamen Vertrag mit der ehemaligen Tschechoslowakei ( CSSR) vom 11. Dezember 1973 für ungültig erklärt.3Die Dekrete sind trotz ihrer inhaltlicher Nichtigkeit, ihres Alters und des fehlenden Gegenstandes weiter gültiges Recht geblieben und befinden sich in den Sammlungen4des tschechischen Justizministeriums. Wenn man nur die Presse betrachtet, werden die Dekrete mindestens alle zwei Wochen Inhalt der wichtigsten deutschen, tschechischen, aber

2Siehe Abb. 2 weiter unten.

3Vertrag über die gegenseitigen Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der

Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik vom 11.12.1973.

4Prehled právních predpisu 9.5.1945 - 31.12.1991.