#dkinfografik. Psychologie im Alltag - Jo Hemmings - E-Book

#dkinfografik. Psychologie im Alltag E-Book

Jo Hemmings

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Beschreibung

Das Psychologie-Buch für den Alltag. Komplexe psychologische Sachverhalte verständlich erklärt! Ob Theorien, 50 Krankheitsbilder und ihre Therapien oder die Anwendung der Erkenntnisse im Alltag – mithilfe von anschaulichen Grafiken und faszinierenden Fakten wird hier verdeutlicht, wie wir denken, fühlen und in der Realität handeln. Beispiele aus Beziehungen, Kindererziehung, Job oder Sport zeigen eindrucksvoll, wie unsere Alltagspsychologie funktioniert und was wir daraus lernen können. Diese und viele weitere Inhalte erwarten Sie im Psychologie-Buch: • Was ist Psychologie? • Psychische Störungen. • Heilende Therapien. • Anwendungsmöglichkeiten von psychologischen Erkenntnissen im Alltag. ✓Alltagspsychologie verstehen? Mit diesem Psychologie-Buch kein Problem! Lesen Sie sich jetzt über das innerste Seelenleben schlau und profitieren Sie von Ihrem neu erworbenen Wissen im eigenen Leben.

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Seitenzahl: 418

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#dkinfografik
PSYCHOLOGIE
IM
ALLTAG
Wie wir DENKEN, FÜHLEN und HANDELN
PSYCHOLOGIE
IM
ALLTAG
Wie wir DENKEN, FÜHLEN und HANDELN
Jonathan Metcalf, Liz Wheeler, Anna Chiefetz,
Jemima Dunne, Anna Fischel, Joanna Micklem,
Victoria Pyke, Zoë Rutland, Kathryn Hennessy,
Gareth Jones
DK London
Lektorat
Beratende Redakteurin
Jo Hemmings
Karen Self, Lee Griffiths, Gadi Farfour, Phil Gamble,
Vanessa Hamilton, Renata Latipova
Gestaltung und Bildredaktion
Mark Cavanagh, Clare Gell, Sophia MTT
Herstellung
Umschlaggestaltung
Herstellungskoordination Ksenia Lebedeva
Herstellung Evely Xie
Herstellungsleitung Dorothee Whittaker
Programmleitung Monika Schlitzer
Redaktionsleitung Caren Hummel
Projektbetreuung Carola Wiese
Gillian Reid, Mandy Inness
Für die deutsche Ausgabe:
Titel der englischen Originalausgabe:
How Psychology Works
Ein Unternehmen der Penguin Random House Group
Alle Rechte vorbehalten
© Dorling Kindersley Limited, London, 2018
Dorling Kindersley Verlag GmbH, München, 2019
Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten
© der deutschsprachigen Ausgabe by
Deutsche digitale Ausgabe, 2024
Dorling Kindersley Verlag GmbH
ob elektronisch, mechanisch, durch Fotokopie oder
Aufzeichnung, bedarf der vorherigen schriftlichen
Genehmigung durch den Verlag.
Jegliche – auch auszugsweise – Verwertung,
Wiedergabe, Vervielfältigung oder Speicherung,
Übersetzung Annerose Sieck
Lektorat Cornelia Rüping
Die Informationen und Ratschläge in diesem Buch sind von
den Autoren und vom Verlag sorgfältig erwogen und geprüft,
dennoch kann eine Garantie nicht übernommen werden.
Eine Haftung der Autoren bzw. des Verlags und seiner
eISBN 978-3-8310-8371-8
www.dk-verlag.de
Hinweis
Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden
ist ausgeschlossen.
INHALT
PSYCHISCHE
STÖRUNGEN
Diagnose von Störungen 36
Depression
Vorwort
WAS IST
PSYCHOLOGIE?
Entwicklung
der Psychologie
Psychoanalytische
Theorie
Behavioristischer
Ansatz
Humanismus
Kognitive Psychologie
12
14
16
18
20
Biologische Psychologie 22
So arbeitet das Gehirn 24
So funktioniert Erinnern 30
So entstehen Gefühle
32
8
Bipolare Störung
Perinatale Störung
Stimmungsregulations-
störung (DMDD)
Saisonabhängige
Depression (SAD)
Panikstörung
Spezifische Phobien
Agoraphobie
Klaustrophobie
Generalisierte Angst-
störung (GAS)
Soziale Angststörung
38
40
42
44
45
46
48
50
51
52
53
Trennungsangststörung 54
Selektiver Mutismus
Körperdysmorphe
Störung (KDS)
Zwanghaftes Haarausrei-
ßen und Hautknibbeln
55
58
59
60
Zwangsstörung (OCD) 56
Sammelzwang
Autismus-Spektrum-
Störung (ASS)
Schizophrenie
Wahnhafte Störung
Demenz
68
70
Schizoaffektive Störung 72
Katatonie
73
74
76
Chronische traumatische
Enzephalopathie (CTE) 78
Delirium (Zustand
akuter Verwirrung)
Substanzgebrauchs-
störung
Impulskontrolle und
Abhängigkeit
Glücksspielsucht
Kleptomanie
Pyromanie
Dissoziative Identitäts-
störung (DIS)
Depersonalisation und
Derealisation
Krankheitsangststörung 61
Posttraumatische Be-
lastungsstörung (PTBS) 62
Akute Belastungs-
reaktion (ABR)
Anpassungsstörung
Reaktive
Bindungsstörung
Aufmerksamkeitsdefizit-
Hyperaktivitätsstörung
(ADHS)
63
64
65
66
Dissoziative Amnesie
Anorexia nervosa
Bulimia nervosa
Binge-Eating-Störung
Pica
Kommunikations-
störungen
Schlafstörungen
Tic-Störungen
Persönlichkeits-
störungen (PS)
Andere Störungen
79
80
82
83
84
85
86
88
89
90
92
94
95
96
98
100
102
108
PSYCHOLOGIE
IN DER PRAXIS
Psychologie
HEILSAME
THERAPIEN
Gesundheit und
Therapie
Funktion der Therapie
Psychodynamische
Therapien
Psychoanalyse
Jung’sche Therapie
Selbstpsychologie und
Objektbeziehungen
Transaktionsanalyse
Kognitive und
behaviorale Therapien 122
Verhaltenstherapie
Kognitive Therapie
124
124
Kognitive Verhaltens-
therapie (KVT)
Dritte Welle der KVT
Kognitive Prozess-
therapie (CPT)
Rational-Emotive
Verhaltenstherapie
(REVT)
Angewandte Methoden
bei KVT
Achtsamkeit
125
126
127
127
128
129
Pharmakotherapie
Physische und psychische
Gesundheit
112
114
116
118
119
120
121
121
Humanistische
Therapien
Personenzentrierte
Therapie
Realitätstherapie
Existenztherapie
Gestalttherapie
Emotionsfokussierte
Therapie
Lösungsorientierte
Kurztherapie
Somatische Therapien
130
132
132
133
133
134
134
135
Desensibilisierung und
Verarbeitung durch
Augenbewegung (EMDR) 136
Hypnotherapie
136
Kunstbasierte Therapien 137
Tiergestützte Therapie 137
Systemische
Therapien
138
Familien-Systemtherapie 139
Strategische
Familientherapie
Dyadische
Entwicklungstherapie
Kontextabhängige
Therapie
140
141
141
142
der Selbsterkenntnis
Identitätsbildung
Persönlichkeit
Selbstverwirklichung
Psychologie
der Beziehungen
146
148
150
152
154
Psychologie und Bindung 156
Wissenschaft der Liebe 158
So funktioniert Dating
Psychologie und die
Stufen der Beziehung
Psychologie
in der Erziehung
Erziehungstheorien
Die Psychologie des
Unterrichtens
Problembeurteilung
Psychologie
in der Arbeitswelt
Die Auswahl der
besten Kandidaten
Talentmanagement
Team-Entwicklung
Mitarbeiterführung
Unternehmenskultur
und -wandel
160
162
166
168
172
174
176
178
180
182
184
186
BEITRAGENDE
HFE-Psychologie
Entwicklung von
Displays
Menschliches Versagen
und Prävention
Forensische
Psychologie
Psychologie und straf-
rechtliche Ermittlung
Psychologie im
Gerichtssaal
Psychologie im
Gefängnis
Psychologie in
der Politik
Wahlverhalten
Gehorsam und
188
190
192
194
196
200
202
204
206
Entscheidungsfindung 208
Nationalismus
210
Psychologie im
Gemeinwesen
So funktioniert
das Gemeinwesen
Empowerment
Städtisches
Gemeinwesen
Sicherheit im
Gemeinwesen
214
216
218
220
222
Psychologie
des Verbrauchers
Konsumentenverhalten
richtig verstehen
Konsumentenverhalten
und -beeinflussung
Verbraucher-
Neurowissenschaft
224
226
228
230
Die Macht der Marken 232
Die Macht der Prominenz 234
Sportpsychologie
Leistungsoptimierung
Motiviert bleiben
Im Flow sein
Leistungsängste
Psychometrische
Tests
Register
Danksagung
und Bildnachweis
236
238
240
242
244
246
248
256
Jo Hemmings (Beratende Redak-
teurin) ist Verhaltenspsychologin
und hat an den Universitäten von
Warwick und London studiert. Sie
hat mehrere erfolgreiche Bücher
über Beziehungen verfasst, schreibt
für Zeitungen und Magazine und ist
im Fernsehen und Radio präsent. In
London betreibt sie eine Beratungs-
praxis. Als Beratende Psychologin ist
sie zudem bei Good Morning Britain
in Großbritannien tätig.
Catherine Collin ist Klinische
Psychologin, Director of Outlook SW
Ltd (IAPT) und Professorin (Klini-
sche Psychologie) an der Universität
Plymouth. Sie interessiert sich vor
allem für die Primärversorgung im
Gesundheitssystem und für Kognitive
Verhaltenstherapien.
Joannah Ginsburg Ganz ist Klini-
sche Psychotherapeutin und Journalis-
tin. Während der letzten 25 Jahre war
sie im privaten und im öffentlichen
Bereich tätig. Sie schreibt regelmäßig
über Themen der Psychologie.
Merrin Lazyan ist Radioproduzen-
tin, Autorin, Redakteurin und klassi-
sche Sängerin und hat Psychologie an
der Universität Harvard studiert. Sie
hat an Belletristik- und Sachbüchern
in einem breiten Themenspektrum
(mit-)gearbeitet.
Alexandra Black ist freie Autorin
und schreibt über diverse Themen –
von Geschichte bis hin zu Business.
Ihr Beruf brachte sie anfangs nach
Japan, später war sie in Australien
tätig. Heute lebt sie in Cambridge,
Großbritannien.
PSYCHOLOGIE IM ALLTAG
Vorwort
Vorwort
Die Psychologie als Schnittstelle zwischen unterschiedlichsten Diszi-
plinen wie Biologie, Philosophie, Soziologie, Medizin, Anthropologie
und künstliche Intelligenz hat Menschen schon immer fasziniert. Wie
erklären Psychologen das menschliche Verhalten? Warum tun wir das,
was wir tun? Weshalb gibt es so viele Methoden und Ansätze und wie
funktionieren sie ganz praktisch im täglichen Leben? Ist Psychologie
eine Kunst oder eine Wissenschaft – oder eine Fusion aus beidem?
Theorien kommen und gehen, ständig werden neue Studien, Experi-
mente und Untersuchungen durchgeführt. Doch das zentrale Anliegen
der Psychologie – der Versuch, das Verhalten des Menschen auf Basis
seiner Gedanken und Gefühle zu erklären – bleibt. Unsere Zeit ist
turbulent und unsicher, und immer mehr Menschen beschäftigen sich
mit Psychologie oder gehen zum Psychologen. Sie wollen verstehen,
warum sich die Mächtigen und Einflussreichen so verhalten, wie sie
es tun, und welche Folgen sich daraus für uns ergeben. Die Psycholo-
gie liefert aber auch wesentliche Erkenntnisse, wenn es um Menschen
geht, die uns viel näher stehen als Politiker, Promis oder Geschäfts-
magnaten. Sie weiß jede Menge über Familie, Freunde, Partner und
Arbeitskollegen zu erzählen.
Ebenso erklärt sie grundsätzlich, wie die menschliche Psyche arbeitet,
und ermöglicht uns so eine bessere Selbstwahrnehmung, was unsere
Gedanken und Handlungen angeht. Die Psychologie mit ihren ver-
schiedenen Theorien und ihrem Wissen über psychische Störungen
und Therapien spielt eine wichtige Rolle in unserem Alltag. Ob in der
Erziehung, am Arbeitsplatz, beim Sport oder in unseren persönlichen,
privaten Beziehungen, ja selbst wie wir unser Geld ausgeben oder
wählen, es gibt immer psychologische Faktoren, die im Alltag stän-
dig auf uns einwirken. Das vorliegende Buch betrachtet sämtliche
Aspekte – von den Theorien bis zu den Therapien, von persönlichen
Aspekten bis zu praktischen Anwendungen –, sie alle werden auf ein-
fache Weise anschaulich erklärt. Ich wünschte, ein solches Buch hätte
es zu meiner Studienzeit gegeben!
8 9
Jo Hemmings, Beratende Redakteurin
WAS IST
PSYCHOLOGIE?
Es gibt verschiedene Ansatzpunkte in der Psycho-
logie, dem wissenschaftlichen Studium der mensch-
lichen Psyche und des Verhaltens. Sie alle suchen
nach Wegen, um das System aus Gedanken, Erinne-
rungen und Gefühlen zu entschlüsseln.
Die Entwicklung
der Psychologie
Viele Fortschritte in der Psychologie sind noch relativ jung, etwa 150 Jahre. Ihre
Ursprünge gehen aber auf die Philosophen des antiken Griechenlands und Per-
siens zurück. Die Erkenntnisse aus den Ansätzen und Forschungsbereichen, die
sich seitdem entwickelt haben, bilden ein Instrumentarium für die Anwendung
in der Praxis. Der ständige Wandel der Gesellschaft erfordert zudem neue Ideen,
um den Bedürfnissen der Menschen weiterhin gerecht werden zu können.
PSYCHOLOGIE ALS OFFIZIELLE
DISZIPLIN
um 1550 v. Chr. Im
Papyrus Ebers (medi-
zinische Schrift aus
Ägypten) kommt die
Depression vor.
PHILOSOPHEN DER
GRIECHISCHEN ANTIKE
470–370 v. Chr. Demokrit
unterscheidet zwischen
dem Intellekt und durch
die Sinne erworbenem
Wissen; Hippokrates
begründet die Medizin
als Wissenschaft.
387 v. Chr. Platon
hält das Gehirn für
den »Sitz mentaler
Prozesse«.
um 300–30 v. Chr.
Zenon lehrt den Stoizis-
mus, der Impulse für die
Kognitive Verhaltens-
therapie (KT) in den
1960er-Jahren gibt.
350 v. Chr. Aristoteles
schreibt in De Anima
über die Seele und führt
das Tabula-rasa-Konzept
(leere Tafel) des Verstan-
des ein.
705 n. Chr. Das erste
Hospital für geistig Kranke
wird in Bagdad errichtet,
gefolgt von Häusern
in Kairo (800) und
Damaskus (1270).
form und Kopfunebenheiten
sowie dem Charakter ein
Zusammenhang besteht).
1629–33 René Descartes
umreißt in der Abhandlung
über die Welt (s. S. 24–25)
seine dualistische Theorie
der Trennung zwischen
Materie und Denken.
1590 Rudolf Goclenius
führte als Erster den
Begriff »Psychologie« ein.
1808 Franz Gall schreibt
über Phrenologie (die Idee,
dass zwischen der Schädel-
1698 John Locke
beschreibt in An Essay
Concerning Human
Understanding den
menschlichen Geist bei
der Geburt als Tabula
rasa (leere Tafel).
1620er-Jahre Francis
Bacon schreibt über
psychologische Themen,
u. a. über die Natur von
Wissen und Erinnerung.
Wundt eröffnet in
Leipzig ein Laborato-
rium für die psycho-
logische Forschung.
Das ist der Beginn der
1879 Wilhelm
formalen experimentel-
len Psychologie.
Mitte der 1880er-Jahre
Wundt unterrichtet Hugo
Münsterberg und James
McKeen Cattell, beide
EUROPÄISCHE PHILOSOPHEN
sind Wegbereiter für die
Arbeits- und Organisations-
psychologie (s. S. 176–187).
psychischen Ursachen;
Rhazes wendet die erste
Psychotherapie an.
GELEHRTE IN DER FRÜHEN
ISLAMISCHEN WELT
um 900 Abu Zaid
al-Balkhi schreibt über
Geisteskrankheiten mit
physischen und/oder
1025 In seinem Kanon
der Medizin beschreibt
Avicenna viele Erkrankun-
gen, u. a. Halluzinationen,
Manien, Schlaflosigkeit
und Demenz.
850 Ali Ibn Sahl Rabban
al-Tabari entwickelt die
klinische Psychiatrie zur
Behandlung Geisteskranker.
1890–1920 Mit
Einführung der päda-
gogischen Psychologie
(s. S. 166–175) verändern
sich die Lehrmethoden
in den Schulen.
1896 An der
Universität von Pennsyl-
vania eröffnet die erste
psychologische Klinik.
WAS IST PSYCHOLOGIE?
Die Entwicklung der Psychologie
12 13
1920er-Jahre Dr. Carl
Diem gründet ein Labor für
Sportpsychologie in Berlin
(s. S. 236–245).
Tests zur Intelligenzmessung
startet die Individualpsycho-
logie (s. S. 146–153) durch.
1920er-Jahre Mit dem
Einsatz psychometrischer
1920 Jean Piaget veröf-
fentlicht Das Weltbild des
Kindes und initiiert, dass
die Kognition bei Kindern
genauer untersucht wird.
1916 Lewis Terman
wendet Psychologie in
der Strafverfolgung an
und läutet den Beginn der
forensischen Psychologie
(s. S. 194–203) ein.
1920er-Jahre Der Verhaltens-
psychologe John B. Watson
arbeitet in der Werbe-
industrie und entwickelt
auf dieser Basis die Psy-
chologie des Verbrau-
chers (s. S. 224–235).
statt: Der Diplomat Jan Eliasson
diskutiert, wie Psychologie bei
der Lösung von Konflikten
helfen kann.
and Culture greift Jerome
Bruner auf Philosophie,
Linguistik und Anthropolo-
gie zurück (Kultur-
frühe 1930er-Jahre Die
Sozialpsychologin Marie
Jahoda veröffentlicht eine
Studie über Gemeinde-
psychologie (s. S. 214–223).
BIOLOGISCH
1935 Kurt Koffka
veröffentlicht
1913 John B. Watson
beschreibt im Artikel Psy-
chology as the Behaviorist
Views it die Prinzipien des
Behaviorismus (s. S. 16–17).
BEHAVIORISMUS
1913 Carl Jung trennt
sich von seinem Kollegen
Freud und stellt eigene
Theorien (s. S. 120) über
das Unbewusste auf.
ab 1909 Freuds Fokus-
sierung auf die frühkind-
lichen Phasen führt dazu,
dass die Entwicklungspsy-
chologie (s. S. 146–153)
entsteht.
1900 Sigmund Freud
führt seine Theorie
der Psychoanalyse in
Die Traumdeutung
(s. S. 14–15) ein.
PSYCHOANALYSE
1939 Im Zweiten Welt-
krieg wird die Human-
Factors-Psychologie
entwickelt (s. S. 188–193),
um Bediener komplexer
Maschinen und Waffen
zu unterstützen.
NEUROPSYCHOLOGIE
Medikamente werden
entwickelt. Das ist der
Beginn der Psycho-
pharmakologie, die
Behandlung psychischer
Erkrankungen beginnt.
1950er-Jahre Die
ersten psychoaktiven
1950er-Jahre In
Studien zur Epilepsie
verknüpft der Neuro-
chirurg Wilder G.
Penfield chemische
Gehirnaktivität und psy-
chologische Erschei-
nungen (s. S. 22–23).
1954 Abraham Maslow
veröffentlicht Motivation and
Personality, der Humanis-
mus wird dritte Kraft in der
Psychologie (s. S. 18–19).
HUMANISTISCH
1952 Das erste Diagnostische
und Statistische Manual
Psychischer Störungen
erscheint.
1954 Gordon Allport
erstellt eine Skala zu
sozialen Vorurteilen,
ein Aspekt der Politischen
Psychologie (s. S. 204–213).
die Prinzipien der
Gestaltpsychologie
(s. S. 18 und 133).
ab 1935 Die Biologische
Psychologie (s. S. 22–23)
entsteht als eigene
Disziplin.
1938 Erstmals wird die
Elektrokonvulsions-
therape (EKT) eingesetzt
(s. S. 142–143).
1965 Die Swampscott
Conference der Commu-
nity-Health-Bewegung
gilt als Geburtsstunde der
Gemeindepsychologie.
1960er-Jahre Angesichts
politischer Unruhen
(s. S. 214–223) ent-
steht ein Interesse an
Gemeindepsychologie.
1956 George A. Miller
wendet die Kognitive Psy-
chologie (s. S. 20–21) in The
Magical Number Seven, Plus
or Minus Two an.
1971 Mit der
Computertomografie
entsteht erstmals das
Bild eines lebenden
Gehirns.
frühe 1960er-Jahre Die
systemische Familien-
therapie (s. S. 138–141)
wird zu einem eigenen
Forschungsbereich.
1960er-Jahre Aaron
T. Beck bereitet den
Weg für die Praxis der
Kognitiven Verhaltens-
therapie (s. S. 125).
1990 In Acts of Meaning:
Four Lectures on Mind
2000 Der Internationale Psycholo-
giekongress in Stockholm findet
Sequenzierung
des menschlichen
Genoms eröffnet
einen neuen Bereich,
um Körper und Seele
zu erforschen.
2000 Die
psychologie, s. S. 214–215).
1976 Richard Dawkins
veröffentlicht Das egoisti-
sche Gen und macht damit
die Evolutionspsychologie
populär (s. S. 22).
1980er Die Gesund-
heitspsychologie
(s. S. 112–115) entwi-
ckelt sich zu einem
anerkannten Bereich
der Psychologie.
KOGNITIV
Psychoanalytische
Theorie
Die Psychoanalytische Theorie geht davon aus, dass die
unbewussten Konflikte der Psyche bestimmen, wie sich die
Persönlichkeit und das Verhalten eines Menschen entwickeln.
Worum geht es?
Im frühen 20. Jh. wurde die Psycho-
analytische Theorie vom österreichi-
schen Neurologen Sigmund Freud
begründet. Sie geht davon aus, dass
Persönlichkeit und Verhalten das
Ergebnis eines ständigen psychi-
schen Konflikts sind. Im Allgemei-
Topisches Modell
Nach Freud besteht die menschliche Psyche aus
Bewusstem, Unbewusstem und Vorbewusstem, der
bewusste Anteil ist gering. Obwohl wir nichts über
die Gedanken im Unbewussten wissen, beeinflussen
sie doch unser Verhalten.
nen ist das Individuum sich dessen
nicht bewusst, da der Konflikt auf
unbewusster Ebene abläuft – nach
Freud zwischen den drei Teilen der
Psyche: dem Es, dem Ich und dem
Über-Ich (unten rechts).
Freud war überzeugt, dass die
Persönlichkeit sich von Geburt an
in fünf Stufen entwickelt, die er als
psychosexuell bezeichnete, da sie
Sexualität und geistige Prozesse
umfassten. In jeder Phase konzent-
riert sich die Psyche auf einen ande-
ren Aspekt der Sexualität, etwa das
orale Vergnügen von Babys, die am
Daumen lutschen. Freud glaubte,
Träume
Träume werden als Kanal der
unbewussten Gedanken betrach-
tet, die meist unzugänglich sind.
Die meisten sind zu beunruhi-
gend, als dass unser Bewusstsein
damit zurechtkäme.
Das Bewusste
Wahrnehmungen und
Gedanken, derer Men-
schen sich bewusst sind.
Das Vorbewusste
Psychoanalyse
Bei dieser Therapieform
(s. S. 118–119) erzählt der Patient
dem Therapeuten von seinen
Kindheitserinnerungen und
Träumen, um das Unbewusste zu
erschließen und herauszufinden,
inwieweit es unerwünschtes
Verhalten auslöst.
Es umfasst Erinnerungen,
z. B. an die Kindheit, die
im Rahmen der Psycho-
analyse abgerufen werden
können.
Das Unbewusste
In ihm liegen Triebe,
Wünsche und Gedan-
ken verborgen.
WAS IST PSYCHOLOGIE?
Psychoanalytische Theorie
14 15
die psychosexuellen Phasen wür-
den einen Kampf zwischen biolo-
gischen und sozialen Erwartungen
auslösen, die die Psyche bewältigen
muss, bevor ein Mensch sich weiter
gesund entwickeln kann.
Evaluierung
Auch wenn Freuds Modell wesentli-
chen dazu beigetragen hat, die Rolle
des Unbewussten (Psychoanalyse,
s. S. 119) in den Fokus zu rücken,
ist es umstritten. Kritiker werten
sein Modell als zu subjektiv und zu
einfach, um die Komplexität von
Psyche und Verhalten zu erklären.
Strukturmodell
Das Bewusstsein ist die Spitze des Eisbergs, ein
kleiner Teil des großen Ganzen. Die psychoana-
lytische Theorie basiert darauf, dass das Unbe-
wusste aus drei Teilen besteht – dem Es, dem Ich
und dem Über-Ich. Gefühls- und Triebkonflikte
werden durch Kommunikation zwischen diesen
Bereichen zu lösen versucht.
Über-Ich
KNOW-HOW
❯ Minderwertigkeitskomplex Das
Selbstwertgefühl ist so schlecht,
dass ein Mensch sein Leben kaum
bewältigen kann. Diese Vorstellung
entwickelte Alfred Adler.
❯ Lustprinzip Der Wunsch, Ange-
nehmes zu erleben und Schmerz
zu vermeiden; steuert das Es.
❯ Neo-Freudianer Theoretiker, die
auf Freuds Theorie der Psychoana-
lyse aufbauten, darunter Carl Jung,
Erik Erikson und Alfred Adler.
Das Über-Ich
will das Rich-
tige tun. Es ist
das moralische
Bewusstsein,
das die Rolle
strenger Eltern
übernimmt.
Ich
Die Stimme der Ver-
nunft, die mit dem
Es und dem Über-Ich
verhandelt.
Es
Das Es strebt
nach sofortiger
Befriedigung,
ist kindlich,
impulsiv
und schwer
zu über-
zeugen.
Unbewusst
Bewusst
VERTEIDIGUNG BEI KONFLIKTEN
Worum geht es?
Was geschieht?
Freud folgerte, dass bei
Menschen unbewusst
ein Verteidigungs-
mechanismus in Gang
kommt, wenn sie Angst
haben oder unschönen
Gefühlen ausgesetzt
sind. Unangenehme,
stressreiche Erinne-
rungen und Impulse
werden so ausgetrickst.
Der Verstand sagt, dass
alles gut ist.
Das Ich greift angesichts
innerer psychischer
Konflikte auf diese
Mechanismen zurück,
um in kritischen Situa-
tionen einen Kompro-
miss zu finden. Zu den
häufigsten Vorgängen,
die die Realität verfäl-
schen, zählen Leugnung,
Verdrängung, Unterdrü-
cken, Intellektualisieren
und Projektion.
Wie funktioniert es?
Oftmals wird beispiels-
weise die Verleugnung
eingesetzt, um eine
schlechte Angewohn-
heit, etwa das Rau-
chen, zu rechtfertigen.
Wer sich selbst als
»Gesellschaftsraucher«
bezeichnet, gibt sich
damit die Erlaubnis zu
rauchen, ohne zuge-
ben zu müssen, dass er
süchtig ist.
Behavioristischer Ansatz
Die Verhaltenspsychologie analysiert und behandelt Menschen mit
dem Grundgedanken, dass ihr Verhalten durch Interaktion mit der
Welt erlernt wurde und der Einfluss des Unbewussten irrelevant ist.
Worum geht es?
Im Zentrum der Verhaltenspsy-
chologie steht das beobachtbare
menschliche Verhalten, die Gedan-
ken und Gefühle bleiben außen
vor. Dieser Ansatz beruht auf drei
Annahmen. Erstens: Menschen
lernen durch die Welt um sie herum,
dabei sind angeborene oder ererbte
Faktoren nicht von Bedeutung.
Zweitens: Da Psychologie eine
Wissenschaft ist, können messbare
Daten aus kontrollierten Studien
das Ganze untermauern. Drittens:
Jegliches Verhalten ist das Ergebnis
eines Reizes, der eine besondere
Reaktion auslöst. Hat der Verhaltens-
psychologe eine solche spezifische
Verbindung erkannt, kann er das
Verhalten voraussagen – eine als
klassische Konditionierung (unten)
bekannte Methode. In der Therapie
(s. S. 122–129) wird dieser Ansatz
verwendet, um eine Verhaltensän-
derung zu unterstützen.
Evaluierung
Die Stärke der behavioristischen
Methode – sie kann im Gegensatz
zum psychoanalytischen Ansatz
Behaviorismus-Themen
1913 entwickelte John B. Watson den Behaviorismus.
Seine Theorie entstand parallel zu dem Trend im frühen
20. Jh., die Psychologie als Wissenschaft zu betrachten, statt
sich allein auf die Funktionsweise der Psyche zu konzent-
rieren. Jahrzehntelang hatte dieser Ansatz starken Einfluss.
Spätere Psychologen interpretierten ihn flexibler, doch die
objektive Betrachungsweise blieb ein Eckpfeiler.
KLASSISCHE KONDITIONIERUNG
Iwan Pawlow stellte fest, dass Hunde beim Anblick von
Futter speichelten. Er ließ eine Glocke ertönen, wenn er
sie fütterte, und schon bald speichelten die Hunde allein
beim Klang der Glocke, da sie ihn mit Futter assoziierten.
von Freud (s. S. 14–15) wissen-
schaftlich bewiesen werden –
wurde zugleich als ihre Schwäche
entlarvt. Verhaltensexperimente
wurden mit Ratten und Hunden
ausgeführt, und insbesondere die
Humanisten (s. S. 18–19) bezweifel-
ten, dass Menschen sich genauso
verhalten wie diese Tiere im Labor.
Die Verhaltenspsychologie be-
zieht kaum den freien Willen ein,
auch nicht Faktoren wie Testoste-
ron und andere Hormone. Sie redu-
ziert menschliche Erfahrung auf
konditionierte Verhaltensweisen.
METHODOLOGISCHER BEHAVIORISMUS
Watsons Theorie wurde wegen ihrer
wissenschaftlichen Methoden als
Methodologischer Behaviorismus
bekannt:
❯ Er betrachtete Psychologie als Wis-
senschaft. Ihr Ziel: Vorhersage und
Kontrolle des Verhaltens.
❯ Unter den Behaviorismus-Theorien
ist sie die extremste, weil sie jeden
Einfluss der DNA oder des inneren
psychischen Zustands verwirft.
Neutraler
Reiz
Unkonditionierte
Reaktion
Unkonditionierter
Reiz
Konditio-
nierter Reiz
Konditionierte
Reaktion
EXTERN
❯ Sie geht davon aus, dass der Geist
bei der Geburt eine leere Tafel
ist und Menschen ihr Verhalten
von Menschen und Dingen in der
Umgebung lernen (klassische Kon-
ditionierung, links). Beispielsweise
lächelt ein Baby zurück, wenn seine
Mutter es anlächelt, oder es schreit,
wenn sie ihre Stimme erhebt.
WAS IST PSYCHOLOGIE?
Behavioristischer Ansatz
16 17
OPERANTE KONDITIONIERUNG
Die Methode, die eine Verhaltensänderung bewirken soll, hier bei einem Hund, umfasst positive und
negative Aktionen des Besitzers, um das Verhalten zu verstärken oder den Hund zu bestrafen.
❯ Positive Verstärkung Mit einer
Belohnung wird gutes Verhalten
verstärkt. Setzt sich der Hund z. B.
auf Befehl hin, bekommt er ein
Leckerli. Schnell lernt er, dass bei
erneutem Befolgen des Befehls eine
weitere Belohnung winkt.
❯ Negative Verstärkung Der Besit-
zer verzichtet auf etwas Negatives,
um gutes Verhalten zu fördern.
Läuft der Hund nah ihm, hängt die
Leine durch. Der Hund lernt, bei
Fuß zu laufen, um zu vermeiden,
dass der Besitzer an der Leine zieht.
❯ Positive Bestrafung Um den Hund
von schlechtem Verhalten abzuhal-
ten, tut der Besitzer etwas, das für das
Tier unangenehm ist. Zieht der Hund
beispielsweise an der Leine, schnürt
sich das Halsband enger um seinen
Hals.
❯ Negative Bestrafung Tut der Hund
etwas, das er nicht tun soll, wird ihm
etwas genommen. Der Besitzer dreht
ihm z. B. den Rücken zu und richtet
seine Aufmerksamkeit woandershin,
wenn er hochspringt. Der Hund
lernt, dieses Verhalten sein zu lassen.
RADIKALER BEHAVIORISMUS
PSYCHOLOGISCHER BEHAVIORISMUS
In den 1930er-Jahren entwi-
ckelte B. F. Skinner den Radikalen
Behaviorismus, der einen Einfluss
biologischer Faktoren einbezog:
❯ Wie Watson war Skinner sicher,
dass am wertvollsten der wissen-
schaftliche Ansatz der Psychologie
ist, der auf der Beobachtung des
menschlichen Verhaltens und
seiner Auslöser beruht.
EXTERN
❯ Skinner brachte die klassische
Konditionierung durch die Idee
der Verstärkung
voran – Verhalten,
das durch Beloh-
nung verstärkt wird,
wird wahrscheinlich
eher wiederholt
(Operante Konditi-
onierung, oben).
BIOLOGIE
KOGNITION
Konzipiert von Arthur W. Staats,
wurde der Psychologische Behavio-
rismus über 40 Jahre hinweg immer
bedeutsamer. Er regte die prakti-
sche Anwendung der Psychologie
an, vor allem in der Erziehung:
❯ Die Persönlichkeit eines Menschen
wird durch erlernte Verhaltens-
muster, Erbanlagen, den emoti-
onalen Zustand, Gehirnprozesse
und die Umgebung gebildet.
EMOTION
❯ Staats untersuchte, was Erziehung
für die kindliche Entwicklung
bedeutet.
EXTERN
BIOLOGIE
❯ Er zeigte, dass frühes linguisti-
sches und kognitives Training die
Sprachentwicklung fördern und
bei älteren Kindern eine höhere
Intelligenz bewirkten.
Humanismus
Anders als andere psychologische Ansätze geht der Humanismus von einer
individuellen Sichtweise aus. Statt die Frage anzuregen: Wie sehen mich die
anderen?, ermuntert er zur Frage: Wie sehe ich mich selbst?
Worum geht es?
Während sich die Verhaltenspsy-
chologie bzw. der behavioristische
Ansatz auf äußere Aktionen konzen-
triert und der psychoanalytische auf
das Unbewusste, ist der ganzheit-
liche Humanismus darauf fokus-
siert, wie eine Person ihr Verhalten
wahrnimmt und Ereignisse inter-
pretiert. Er richtet den subjektiven
Blick des Einzelnen auf sich selbst
und darauf, wie man als Mensch
gern sein möchte.
In den 1950er-Jahren waren Carl
Rogers und Abraham Maslow Pio-
niere des Humanismus, des alterna-
tiven Weges, um die menschliche
Natur zu ergründen. Rogers vermu-
tete, dass persönliches Wachstum
GESTALTPSYCHOLOGIE
Vom Humanismus beeinflusst, prüft
die Gestaltpsychologie im Detail,
wie der Verstand einzelne Informa-
tionen zu einem großen sinnvollen
Ganzen zusammensetzt. Sie betont
die Bedeutung der Erkenntnis: Die
Gesetze, die bestimmen, wie jeder
Mensch die Welt wahrnimmt. Zu
einer Bewertung gehört, dass man
dem Patienten Bilder zeigt und
ihn dazu befragt, was er darauf
sieht. Am bekanntesten ist die
Täuschung der Rubin’schen Vase,
die das Gesetz der »Figur« und des
»Grundes« veranschaulicht: Bei der
Gewichtung muss eine Figur vor
dem Hintergrund (eine weiße Seite)
wahrgenommen werden. So wird
eine Entscheidung über die Priorität
und den Fokus getroffen.
»Das gute Leben ist ein Prozess,
kein Zustand.«
Carl Rogers, amerikanischer humanistischer Psychologe
und Erfüllung die wichtigsten Ziele
sind und emotionales und mentales
Wohlbefinden daraus resultiert. Das
Prinzip des freien Willens und die
Möglichkeit zu wählen, diese bei-
den Elemente sind die Schlüssel.
Evaluation
Rogers und andere humanistische
Psychologen schlugen neue Unter-
suchungsmethoden vor, darunter
offene Fragebögen, bei denen es
keine »richtigen« Antworten gab,
zwanglose Interviews und Tage-
bücher, um Gefühle und Gedanken
festzuhalten. Sie folgerten, dass der
einzige Weg, jemanden kennenzuler-
nen, das Gespräch mit der Person sei.
Humanismus ist die Theorie, die eine
personenbezogene Therapie unter-
mauert (s. S. 132), eine der häufigsten
Interventionen bei Depression. Der
humanistische Ansatz wird auch in
der Erziehung eingesetzt, um Kinder
in ihrem freien Willen und ihrer Moti-
vation zu bestärken.
Allerdings ignoriert der Humanis-
mus Erbanlagen, das Unbewusste
und den Einfluss der Hormone.
Kritiker behaupten, der Ansatz sei
unwissenschaftlich, weil das Ziel der
Selbstverwirklichung nicht genau
gemessen werden kann.
Weg der Erfüllung
DIE RUBIN’SCHE VASE Dieses Bild bietet
dem Betrachter eine wahrnehmbare Wahl
an, zwei Gesichter im Profil oder eine weiße
Vase zu sehen.
Carl Rogers identifizierte drei Persön-
lichkeitsanteile, die den psychischen
Zustand bestimmen: Selbstwertge-
fühl, Selbstbild und ideales Selbst.
Menschen sind zufrieden, wenn
Gefühle, Verhalten und Erfahrun-
gen ihrem Selbstbild entspre-
chen und spiegeln, wie sie gern
sein möchten (ideales Selbst).
Besteht eine Diskrepanz
zwischen den Aspekten,
sind sie unzufrieden.
WAS IST PSYCHOLOGIE?
Humanismus
18 19
INDIVIDUUM ODER GRUPPE?
Der Humanismus wurzelt in westlichen Vorstellungen von
persönlicher Identität und Leistung (Individualismus). Der
Kollektivismus hingegen ordnet die Person der Gruppe unter.
Individualismus
❯ Identität wird mithilfe
persönlicher Eigenschaften
definiert, etwa kontaktfreu-
dig, freundlich, großzügig.
❯ Eigene Ziele haben Vorrang
vor denen der Gruppe.
Kollektivismus
❯ Die Gruppenzugehörigkeit
bestimmt die Identität.
❯ Familie und Arbeitskolle-
gen sind wichtige Gruppen.
❯ Gruppenziele haben Vor-
rang vor den persönlichen.
SELBSTVERWIRKLICHUNG
SELBST
SELBSTVER-
WIRKLICHUNG
GROSSE KONGRUENZ
Wenn man sich selbst so wahrnimmt, wie man
sein möchte, hat man sich selbst verwirklicht.
Das befriedigt das Bedürfnis, sein volles Potenzial
zu erkennen und zu nutzen.
SELBST-
BILD
IDEAL-
BILD
Mit zunehmender Übereinstimmung
zwischen Selbstbild und idealem Selbst
verbessern sich das Selbstwertgefühl und
die Stimmung.
INKONGRUENZ
SELBST-
BILD
IDEAL-
BILD
Überlappen sich Selbstbild und der
Wunsch, wie man sein möchte, kaum,
fühlt sich die betreffende Person
unglücklich, ihr Selbstwert ist niedrig.
Kognitive
Psychologie
Dieser Zweig der Psychologie, der den Verstand als einen komplexen Com-
puter betrachtet, analysiert, wie Menschen Informationen verarbeiten und
wie das ihr Verhalten und ihre Emotionen bestimmt.
Worum geht es?
Als der Computer in den späten
1950er-Jahren in die Büros einzog,
begann man, deren Art der Informa-
tionsverarbeitung und die Arbeits-
weise des menschlichen Verstandes
zu vergleichen. Psychologen argu-
mentierten, dass so, wie ein Com-
puter Daten akzeptiert, zum Spei-
chern kodiert und wieder abfragt,
auch der menschliche Verstand
Informationen aufnimmt, diese
verändert, damit sie Sinn ergeben,
speichert und wieder abruft. Diese
Analogie bildete die Grundlage der
kognitiven Psychologie.
Die dahinterstehenden Theorien
können auf nahezu jeden Aspekt
des Alltags angewendet werden,
z. B. auf die Fähigkeit des Gehirns,
sensorische Informationen zu
Informations-
verarbeitung
Mit Ergebnissen aus kont-
rollierten Versuchen haben
Psychologen theoretische
Modelle entwickelt, wie unser
Verstand mit Information
umgeht. Demnach läuft dies
genauso ab, wie ein Computer
Daten verarbeitet – vom Input
über die Speicherung bis zum
Abruf.
INPUT
(aus der Umgebung)
Die Sinnesorgane eines Menschen ermitteln Reize aus der Umwelt und
senden über elektrische Impulse Botschaften mit Informationen an das
Gehirn. Kommt es z. B. zu einer Autopanne, fokussiert sich das Gehirn
auf Warnzeichen, etwa fremde Geräusche aus dem Motorraum, Visuel-
les wie Rauch oder den Geruch nach verbranntem Gummi.
empfangen und zu verarbeiten,
um etwas zu beurteilen (etwa die
Feststellung anhand des schlechten
Geschmacks, dass Milch sauer ist).
Ebenso auf das logische Denken als
Voraussetzung für einen Entschluss
dazu (kauft man sich lieber ein
teureres Shirt, weil es länger hält?)
oder das Erlernen eines Musik-
instruments, weil dabei das Gehirn
neue Verbindungen herstellen und
speichern muss.
Evaluierung
Die kognitive Psychologie befasst
sich mit inneren Prozessen, den-
noch hat sie den Anspruch, wis-
senschaftlich zu arbeiten. Dazu
werden auch Experimente im Labor
durchgeführt. Was allerdings in
kontrollierten Versuchen geschieht,
psychisches Geschehen)
VERARBEITUNG
(mediatorisches
Erreichen Reize über die Sinne das
Gehirn, muss es diese sortieren.
Dazu analysiert es die Informati-
onen und entscheidet dann, was
damit zu tun ist. Kognitionspsy-
chologen nennen diesen Prozess
mediatorisch, da er zwischen dem
Umweltreiz und der möglichen
Reaktion des Gehirns »vermit-
telt«. Bei einer Autopanne etwa
registriert das Gehirn den Geruch
nach verbranntem Gummi und
verbindet dies mit einer früheren
Erinnerung.
WAS IST PSYCHOLOGIE?
Kognitive Psychologie
20 21
lässt sich nur schwer auf das täg-
liche Leben übertragen. Auch die
Annahme, dass der menschliche
Verstand wie ein Computer arbeitet,
lässt wichtige Aspekte außen vor,
etwa dass jemand müde ist und
Gefühle hat. Kritiker beklagen, dass
Menschen wie Maschinen betrach-
tet und ihr Verhalten auf einen kog-
nitiven Prozess reduziert wird. Und
sie kritisierten, dass dieser Ansatz
die Erbanlagen außen vor lässt.
Trotzdem hat die kognitive Psycho-
logie sinnvolle Erkenntnisse für die
Behandlung bei Gedächtnisverlust
und selektiven Aufmerksamkeits-
störungen erbracht. Kindererzie-
hern hilft sie dabei, je nach Alters-
gruppe geeignete Inhalte zu planen
und dafür die besten Werkzeuge zu
nutzen. Im Rechtssystem werden
kognitive Psychologen herangezo-
gen, um Augenzeugenberichten
beizuwohnen.
KOGNITIVE FEHLER
Irrt sich der Verstand während
eines Gedankenprozesses, kön-
nen Fehlurteile entstehen, auch
kognitive Verzerrungen genannt.
Das kann mit der Erinnerung
zusammenhängen (z. B. fehler-
hafter Abruf) oder mit fehlender
Aufmerksamkeit. Das gilt vor allem,
wenn die geistige Verknüpfung im
Gehirn unter Druck erfolgen muss.
Verzerrte Urteile sind nicht immer
schlecht, einige tragen sogar dazu
bei, das Überleben zu sichern.
Beispiele
OUTPUT
(Verhalten und Emotion)
Hat das Gehirn genug Informationen abgerufen, trifft es einen
Entschluss, wie es reagiert; das kann das Verhalten oder die
Gefühle betreffen. Um beim Beispiel mit der Autopanne zu
bleiben: Das Gehirn ruft Erinnerungen an frühere ähnliche
Situationen zusammen mit relevanten gespeicherten mechani-
schen Informationen ab. Im Anschluss geht es eine Checkliste
möglicher Ursachen und Lösungen durch. Das Gehirn erinnert
sich, dass der Geruch von brennendem Gummi zuvor auf einen
geplatzten Keilriemen hingewiesen hat. Als Reaktion fährt die
betreffende Person an die Seite, stellt den Motor ab und öffnet
die Haube, um nachzusehen, was los ist.
❯ Anker Auf die zuerst wahrge-
nommene Information wird zu
viel Gewichtung gelegt.
❯ Basis-Trugschluss Die ersten
Vermutungen werden zugunsten
neuer Informationen verworfen.
❯ Mitläufer-Effekt Die eigenen
Anschauungen werden zugunsten
von Denk- oder Handlungsweisen
anderer Menschen aufgegeben.
❯ Spieler-Trugschluss Fehlglaube,
dass etwas, das aktuell häufiger
geschieht, in Zukunft seltener pas-
siert – z. B. wenn die Roulettekugel
ständig auf Schwarz fällt, muss sie
bald auf Rot fallen.
❯ Übertriebenes Abrechnen
Man wählt sofort eine kleinere
Belohnung, statt geduldig auf die
größere zu warten.
❯ Vernachlässigung der Wahr-
scheinlichkeit Die Wahrschein-
lichkeit wird missachtet, z. B. wenn
man aus Angst vor einem Absturz
nicht fliegt, aber furchtlos Auto
fährt, was statistisch betrachtet
gefährlicher ist.
❯ Status-quo-Verzerrung Wenn
kein Risiko eingegangen wird,
sondern eine Situation beibehal-
ten bzw. möglichst wenig an ihr
verändert wird.
Biologische Psychologie
Auf Basis der Annahme, dass physische Faktoren wie Gene das
Verhalten bestimmen, kann dieser Ansatz erklären, warum getrennt
aufwachsende Zwillinge das gleiche Verhalten entwickeln.
Worum geht es?
Nach dieser Ausrichtung lassen sich Gedanken,
Gefühle und das Verhalten aus der Biologie ableiten.
Dabei spielen die Erbanlagen sowie chemische und
elektrische Impulse, die das Gehirn mit dem Nerven-
system verbinden, eine Rolle. Die Annahme beinhaltet,
dass die im Uterus festgelegte »Blaupause« – physio-
logische Struktur und DNA – bereits die Persönlichkeit
und das Verhalten für das ganze Leben vorgibt.
Einige dieser Konzepte basieren auf den Ergebnissen
aus Zwillingsstudien. Sie haben gezeigt, dass bei der
Geburt getrennte und in unterschiedlichen Haushalten
aufgewachsene Zwillinge als Erwachsene ein bemer-
kenswert ähnliches Verhalten zeigen. Biopsychologen
behaupten, dass dieses Phänomen nur erklärt werden
kann, wenn der Einfluss der Erbanlagen so groß ist,
dass der Einfluss von Eltern, Freunden, Lebenserfah-
rungen und Umwelt nicht mithalten kann.
Ein Beispiel der biologischen Psychologie in der
Praxis ist die Untersuchung von Teenagerverhalten.
Mit bildgebenden Verfahren wurden Teenagergehirne
EVOLUTIONSPSYCHOLOGIE
Psychologen erforschen, warum sich Verhalten und Persönlichkeit von Menschen
unterschiedlich entwickeln. Sie erkunden, wie Individuen mit Sprache, Erinnerung,
Bewusstsein und anderen komplexen biologischen Systemen umgehen, um best-
möglich in der Umwelt zurechtzukommen. Die wichtigsten Konzepte:
❯ Natürliche Selektion Sie beruht auf
der Hypothese von Charles Darwin,
dass Arten mit der Zeit Mechanis-
men anpassen oder entwickeln, die
ihnen das Überleben erleichtern.
❯ Psychologische Adaptionen Hier
stehen der Spracherwerb, die Unter-
scheidung zwischen Verwandten und
Nichtverwandten, die Entdeckung
von Betrug und die Wahl des Part-
ners nach sexuellen oder intellektu-
ellen Kriterien im Mittelpunkt.
❯ Individuelle Unterschiede Hier
versucht man, Unterschiede zwi-
schen Menschen zu erklären – z. B.
weshalb einige materiell erfolgrei-
cher sind als andere.
❯ Informationsverarbeitung Die
evolutionäre Sicht geht davon aus,
dass Gehirnfunktion und Verhal-
ten durch Informationen aus der
Umwelt geformt werden und damit
das Ergebnis ständig auftretender
Zwänge oder Situationen sind.
gescannt. Dabei zeigte sich, dass Heranwachsende
Informationen anders verarbeiten als Erwachsene. Die
Unterschiede könnten die biologische Erklärung liefern,
warum Teenager impulsiv sein können, ein gering aus-
geprägtes Urteilsvermögen haben und sich in sozialen
Situationen manchmal ängstlich verhalten.
Evaluierung
Viele Vorstellungen in der Biologischen Psychologie hal-
ten die Natur für wichtiger als die Sozialisation. Kritiker
finden diesen Ansatz zu einfach und lehnen ab, dass
biologische Faktoren und systemimmanente physische
Merkmale den stärksten Einfluss auf den Menschen
haben sollen. Die Wirkung von Ereignissen oder Perso-
nen, mit denen man aufwächst, bleibt außen vor.
Biopsychologen haben wichtige medizinische Fort-
schritte ermöglicht. Studien aus der Neurochirurgie und
Gehirnscans konnten wertvolle Beiträge zur Behand-
lung von Patienten mit psychischen und physischen
Krankheiten leisten, vor allem bei Parkinson, Schizo-
phrenie, Depression und Drogenmissbrauch.
Verschiedene Ansätze
Biopsychologen interessiert, wie der
Körper und biologische Prozesse das
Verhalten formen. Einige konzentrieren
sich darauf, wie die Physiologie das Ver-
halten erklärt, andere nehmen spezifische
Bereiche ins Visier, etwa medizinische
Anwendungen, oder untersuchen, ob die
Erbanlagen das Verhalten bestimmen.
WAS IST PSYCHOLOGIE?
Biologische Psychologie
22 23
»In der letzten Analyse mag der gesamte
Bereich der Psychologie auf biologische
Elektrochemie reduziert werden.«
Sigmund Freud, österreichischer Neurologe
Physiologisch
Medizinisch
Dieser Ansatz basiert auf der
Annahme, dass die Biologie
das Verhalten bestimmt. Es
geht darum herauszufinden,
wo im Gehirn der Ursprung des
Verhaltens liegt, wie Hormone
und Nervensystem arbeiten
und warum sich Veränderun-
gen in dem System auf das
Verhalten auswirken können.
Dieser Ansatz erklärt und
behandelt die psychischen
Erkrankungen wie physische
Krankheiten. Demnach haben
Störungen einen biologischen
Grund, etwa ein chemisches
Ungleichgewicht im Körper
oder Hirnschäden. Einflüsse
durch Umweltfaktoren werden
ausgeschlossen.
Erbanlagen
Hier wird versucht, Verhal-
ten mithilfe von Mustern zu
erklären, die sich in der DNA
finden. Zwillingsstudien (vor
allem Zwillinge, die bei der
Geburt getrennt wurden und
an unterschiedlichen Orten
aufwuchsen) wurden einge-
setzt, um zu zeigen, dass
z. B. der IQ vererbt wird.
So arbeitet das Gehirn
Wissenschaftliche Studien haben wichtige Erkennt-
nisse darüber geliefert, wie die Gehirnaktivität des
Menschen und sein Verhalten zusammenhängen.
Zudem haben sie gezeigt, wie komplex der
Prozess hinter den Hirnfunktionen ist.
Vernetzung von Hirn und Verhalten
Die Erforschung der Biologie des Gehirns und seiner Funktions-
weise gewann mit dem Aufkommen der Neurowissenschaft im
20. Jh. an Bedeutung. Studien bestätigten, dass das Gehirn und
das menschliche Verhalten eng miteinander verwoben ist. Spe-
zielle Fachgebiete wie die Neuropsychologie entstanden. Dieser
relativ junge Wissenschaftszweig kombiniert kognitive Psy-
chologie (Erforschung des Verhaltens und geistiger Prozesse)
mit der Physiologie des Gehirns und zeigt auf, wie bestimmte
psychische Prozesse mit der physischen Struktur des Gehirns
zusammenhängen. Betrachtet man das Gehirn unter diesem
Aspekt, kommt die immer wieder gestellte Frage auf, ob Körper
und Geist getrennt werden können.
Welche Beziehung zwischen Gehirn und Geist besteht, wurde
schon im antiken Griechenland unter anderem von Aristoteles
diskutiert. Damals herrschte der philosophische Gedanke vor,
beides existierte eigenständig. Dieser Ansatz, den René Des-
cartes im 17. Jh. mit dem Konzept des Dualismus (rechts) wieder
aufnahm, zog sich durch viele Studien bis in das 20. Jh. hinein.
Neurologische Untersuchungen mit moderner Technik ermög-
lichten es, das Verhalten des Menschen bestimmten Gehirnare-
alen zuzuordnen und die Verbindungen zwischen den Regionen
zu untersuchen – ein wichtiger Schritt bei der Erforschung des
DIE ZWEI GEHIRNHÄLFTEN
GROSSHIRNRINDE
Die beiden Gehirn-
hälften steuern
jeweils die gegen-
überliegende Seite
des Körpers, da
die Nerven fasern
in der Gehirnbasis
über Kreuz
verlaufen.
Gehirnhälfte
Rechte
Gehirnhälfte
Linke
Linke Gehirnhälfte
❯ Sie kontrolliert und koordiniert die rechte Körperseite.
❯ Sie ist die analytische Seite des Gehirns.
❯ Sie erledigt Aufgaben, die auf Logik und Entscheidungen
beruhen, und kontrolliert Sprache und Ausdruck.
Rechte Gehirnhälfte
❯ Sie kontrolliert die Muskeln auf der linken Körperseite.
❯ Sie ist der kreative Part des Gehirns.
Frontal-
hirn
❯ Sie verarbeitet sensorische Reize, z. B. visueller und akusti-
scher Art, und ist verbunden mit kreativen und künstleri-
schen Fähigkeiten und der räumlichen Wahrnehmung.
Der Geist kontrolliert das Gehirn
Der Dualismus geht davon aus, dass der
nicht körperliche Geist und das physische
Gehirn als voneinander unabhängige
Instanzen existieren, die aber interagie-
ren können. Angenommen wird zudem,
dass der Verstand das physische Gehirn
kontrolliert, jedoch zulässt, dass das Hirn
manchmal den denkenden Geist
beeinflusst, z. B. in Momenten
des Leichtsinns oder
der Leidenschaft.
WAS IST PSYCHOLOGIE?
So arbeitet das Gehirn
24 25
Das Gehirn kontrolliert den Geist
Der Monismus versteht alles Lebendige als
Material, der »Geist« ist demnach nur eine
Funktion des physischen Gehirns. Alle geistigen
Prozesse, auch Gedanken und Gefühle, sind
mit physischen Prozessen im Hirn verbunden.
Hirnschäden unterstreichen dies:
Veränderungen im Gehirn, dass sich
die Persönlichkeit verändert.
»Ich denke,
also
bin ich.«
René Descartes,
französischer Philosoph
Leib-Seele-Dualismus
Der Mensch ist nicht gewillt, das Bewusst-
sein als rein biologisches Phänomen
zu betrachten. Doch wissenschaftliche
Erkenntnisse legen nahe, dass Neuronen
unsere Gedanken initiieren. Zwei Schulen,
der Dualismus und der Monismus, domi-
nieren die Frage, ob die Seele Teil des
Körpers oder der Körper Teil der Seele ist.
Gehirns und wie es das Verhalten beeinflusst sowie
mentaler Funktionen und Krankheiten.
Hirnforschung
Die Verknüpfung des Verhaltens mit bestimmten Hirn-
arealen fing im 19. Jh. an. Damals untersuchte man bei
Menschen mit Hirnschaden, ob Verhaltensänderungen
davon abhingen, welcher Teil des Gehirns verletzt wor-
den war. In einem Fall ging es um einen Arbeiter mit
einer Verletzung am Frontallappen. Seine charakterli-
che Veränderung legte nahe, dass dieses Gehirnareal
mit der Persönlichkeit verbunden ist.
Das Broca­Zentrum und das Wernicke­Areal (s. S. 27)
etwa haben mit dem Sprechen zu tun. Sie wurden nach
den Chirurgen benannt, die die Gehirne von Patien-
ten, die an Sprachproblemen litten, nach deren Tod
sezierten. Beide Gehirne zeigten Fehlbildungen dort,
wo die Sprache produziert (Broca­Zentrum) und wo
sie verstanden (Wernicke­Areal) wird. Roger Sperrys
Forschungen zu den Hirnhälften in den 1960er­Jahren
markierten einen Wendepunkt. Er fand heraus, dass
jede Hirnhälfte spezielle kognitive Fähigkeiten hat
(siehe links) und über ein selbstständiges Bewusstsein
verfügt. Hirnforschung stößt jedoch an Grenzen, Ver-
bindungen zwischen Hirnaktivität und Verhalten lassen
sich nur bedingt nachweisen. Die Ergebnisse werden
dadurch gewonnen, dass nach Operationen und Schä-
den an Hirnarealen untersucht wird, inwiefern sich das
Verhalten der Betroffenen ändert. Diese Arbeit beruht
also vorranging auf Beobachtungen.
SO ARBEITET DAS GEHIRN
Hirnkartierung
Das menschliche Gehirn ist eines der komplexesten
Systeme in der Natur. Es kontrolliert und reguliert alle
mentalen Prozesse und Verhaltensweisen, sowohl
bewusste als auch unbewusste. Entsprechend seinen
neurologischen Funktionen lässt es sich kartieren. Die
Hierarchie der geistigen Verarbeitung spiegelt sich
grob in der physischen Hirnstruktur: Kognitive Pro-
zesse auf hohem Niveau finden in den oberen Are-
alen statt, Basisfunktionen weiter unten. Die größte
Region ganz oben (Großhirnrinde) ist zuständig für
anspruchsvollste kognitive Aufgaben, etwa abstraktes
Denken und Argumentation. Es ist die Kapazität der
Großhirnrinde, die Menschen von anderen Säugetieren
unterscheidet. Die zentralen limbischen Systeme (siehe
unten) kontrollieren das instinktive und emotionale Ver-
halten, während tiefer gelegene Strukturen im Stamm
Körperfunktionen wie die Atmung aufrechterhalten.
Funktionsbereiche
Die Großhirnrinde (Cortex, auch Cerebrum genannt)
besteht aus zwei verbundenen Hälften, der linken und
der rechten Hemisphäre. Jede kontrolliert einen ande-
ren Aspekt der Kognition (s. S. 24–25). Dazu kommen
vier paarige Lappen (ein Paar in jeder Hälfte), jedem
wird eine spezielle Hirnfunktion zugeschrieben. Der
Das limbische System
Die komplexen Strukturen sind an der
Verarbeitung emotionaler Reaktionen
und an der Erinnerung beteiligt.
Hypothalamus
Beteiligt an der Regu-
lierung der Körper-
temperatur und des
Wassergehalts sowie an
Verhaltensreaktionen.
Olfaktorischer Bulbus
Überträgt Geruchsbot-
schaften zur Verarbeitung
in zentrale limbische
Bereiche.
Amygdala
Verarbeitet Gefühle,
beeinflusst das Lernen
und die Erinnerung.
Thalamus
Verarbeitet Reize und
sendet entsprechende
Informationen an höhere
Hirnareale.
Hippocampus
Verwandelt die Kurzzeit-
in Langzeiterinnerungen.
Frontallappen ist Sitz hochrangiger kognitiver Prozesse
und motorischer Leistung, der Temporallappen hat mit
Kurz- und Langzeitgedächtnis zu tun. Der Occipital-
lappen ist mit visuellen Prozessen verknüpft und der
Parietallappen mit sensorischen Fähigkeiten.
Bildgebende Verfahren wie die Funktionelle Mag-
netresonanztomografie (FMRT) messen die Aktivität
in den Hirnarealen. Die Ergebnisse daraus sind
allerdings nur begrenzt aussagekräftig. Die Psycho-
logen müssen sich bei ihrer Arbeit der Frage der
»reversen Interferenz« bewusst sein: Nur weil
ein bestimmter Teil des Hirns bei der kognitiven
Verarbeitung aktiv ist, muss das nicht heißen,
dass er deshalb aktiv ist. Der aktive Bereich
könnte einfach ein anderes Areal überwachen,
das diesen Prozess lediglich kontrolliert.
Gehirnfunktion
Psychologen und Neurologen können neuro-
logische Funktionen verorten, wenn dabei
kleine Hirnbereiche stimuliert werden.
Mit der Magnetresonanz- oder der
Computertomografie können sie dar-
aus resultierende Wahrnehmungen
und Veränderungen erkennen.
WAS IST PSYCHOLOGIE?
So arbeitet das Gehirn
26 27
Broca-Zentrum
FRONTAL-
LAPPEN
Areal in der linken Hirn-
hälfte, zuständig für artiku-
liertes Sprechen.
PARIETAL-
LAPPEN
Motorischer Cortex
Der Primärbereich der
Großhirnrinde erfüllt
motorische Auf gaben.
Er plant und kontrolliert
willkürliche Muskelbewe-
gungen und führt sie aus.
Sensorischer Cortex
Wernicke-Areal
TEMPORAL-
LAPPEN
Spielt eine wesentli-
che Rolle beim Ver-
ständnis der gespro-
chenen Sprache.
Cerebellum
Wichtig für Gleichge-
wicht und Haltung;
koordiniert senso-
rische Reize und
Muskelreaktionen.
Hirnstamm
Hauptkontrollzentrum für
wesentliche Körperfunktionen,
etwa Schlucken und Atmen.
Dorsolateraler
präfrontaler Cortex
Dieser Bereich ist mit
vielzähligen komplexen
mentalen Prozessen
verknüpft, u. a. mit den
exekutiven Funktionen
wie Selbstkontrolle und
Selbstbeherrschung.
Orbitofrontaler
Cortex
Dieser Teil des präfronta-
len Cortex ist mit senso-
rischen und limbischen
Arealen verbunden. Er
spielt eine Rolle bei der
Entscheidungsfindung
und den Folgen daraus.
Supplementär-
motorisches Areal
Es ist Teil der sekundären
motorischen Hirnrinde
und beteiligt an der Pla-
nung und Koordination
komplexer Bewegungen;
schickt Signale an den
primären Motorcortex.
Temporoparietale
Verbindung
Sie liegt zwischen dem
Temporal- und dem Parie-
tallappen und verarbeitet
Signale aus limbischen und
sensorischen Bereichen;
steht in Verbindung mit
dem Verständnis des »Ich«.
OCCIPITAL-
LAPPEN
Die Wahrnehmungen
aller fünf Sinne werden
hier gesammelt und
verarbeitet. Sensorische
Rezeptoren aus dem
Körper senden Neuro-
nensignale dorthin.
Primärer visueller
Cortex
Hier werden visuelle
Reize verarbeitet, zuerst
werden Farbe, Bewegung
und Gestalt erkannt.
Danach werden Signale
an andere visuelle Rin-
denbereiche verschickt.
SO ARBEITET DAS GEHIRN
»Feuer« im Gehirn
Das menschliche Gehirn besitzt rund 86 Milli-
arden spezialisierte Nervenzellen (Neuronen).
Sie geben chemische und elektrische Impulse
weiter und kommunizieren auf diese Weise
miteinander und mit dem Körper. Neuronen
stellen ein wichtiges Bauelement und eine
Schalteinheit dar, sie bilden komplexe Wege
durch das Gehirn und zentrale Nervensystem.
Neuronen sind durch einen schmalen Spalt,
Synapse genannt, getrennt. Um ein Signal
weiterzuleiten, setzt die Nervenzelle zuerst
biochemische Substanzen frei, sogenannte
Neurotransmitter. Diese aktivieren das Nach-
barneuron. Der Reiz fließt dann über die
Synapse in einem Prozess, der als synaptische
Übertragung bezeichnet wird, weiter. So
sendet das Gehirn Botschaften an den Körper,
um Muskeln zu aktivieren, und so schicken
sensorische Organe Botschaften ans Gehirn.
Bildung eines neuronalen Netzes
Die einzigartige Struktur einer Nervenzelle
macht es möglich, dass sie mit bis zu 10 000
anderen Zellen kommuniziert – so entsteht ein
komplexes verschaltetes neuronales Netzwerk,
das Informationen mit hoher Geschwindigkeit
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transportiert. Studien zur synaptischen Über-
tragung lassen vermuten, dass die Bahnen
in diesem riesigen Netzwerk mit bestimmten
mentalen Funktionen verbunden sind. Jeder
neue Gedanke, jede neue Aktion erzeugen
eine neue Hirnverbindung, die sich verstärkt,
wenn sie häufig genutzt wird. Das Gehirn
»lernt«, dass neuronale Verbindungen mit
einer besonderen Aktivität oder Mentalfunk-
tion assoziiert sind.
ACETYLCHOLIN
Acetylcholin
Dieser Neurotransmitter wirkt meist
anregend und aktiviert die Skelettmus-
kulatur; wichtig für Gedächtnis, Lernen
und Schlaf.
Mrd. Neuronen
hat das Gehirn.
Neurotransmitter
In einer Synapse werden unterschiedliche Arten
von Neurotransmittern freigesetzt, sie haben einen
exzitatorischen oder inhibitorischen Effekt auf
eine Targetzelle. Jede Art ist mit einer bestimmten
Hirnfunktion verlinkt, z. B. die Regulierung der
Stimmung oder die des Appetits. Hormone wirken
ähnlich, doch sie werden mit dem Blut übertragen.
Glutamat
Der häufigste
Neurotransmitter
hat einen erregen-
den Effekt und ist
unabdingbar für
das Gedächtnis
und fürs Lernen.
GLUTAMAT
WAS IST PSYCHOLOGIE?
So arbeitet das Gehirn
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Adrenalin
Es wird in Stresssituationen
freigesetzt und erzeugt einen
Energieschub, der Pulschlag,
Blutdruck sowie den Blutfluss zu
den großen Muskeln erhöht.
Noradrenalin
Ähnlich wie Adrenalin beeinflusst dieser
erregend wirkende Neurotransmitter vor
allem die Kampf-oder-Flucht-Reaktion;
auch gekoppelt mit der Stressresilienz.
NORADRENALIN
GABA
Der wichtigste
hemmende Neu-
rotransmitter des
Gehirns; er verlang-
samt das Feuern
der Neuronen und
beruhigt.
Serotonin
Der hemmende Effekt dieses Boten-
stoffs bessert die Stimmung und
beruhigt. Er reguliert Appetit, Körper-
temperatur und Muskelbewegung.
DOPAMIN
Dopamin
Sein hemmender oder
erregender Effekt spielt
eine Schlüsselrolle
beim belohnungsmo-
tivierten Verhalten,
zudem beeinflust es
die Stimmung.
WIRKUNGEN UND ÜBERSCHNEIDUNGEN
Diese drei Botenstoffe übernehmen
jeweils eine eigene Rolle, sie hängen
aber zusammen.
Endorphine
Sie werden von der Hirn-
anhangdrüse freigesetzt
und wirken hemmend
auf die Aktivierung von
Schmerzsignalen. Zudem
sorgen sie für Schmerzlin-
derung und Glücksgefühle.
❯ Alle beeinflussen die Stimmung.
❯ Noradrenalin und Dopamin wer-
den in Stresssituationen freigesetzt.
❯ Serotonin fängt die Reaktion
der Neuronen auf die erregende
Wirkung von Dopamin und
Noradrena lin ab.
Mobilisiert
den Körper
bei Stress.
.
Sorgt für
angenehme
Gefühle.
STIMMUNG
Fließende Muskelbe-
wegung, Belohnung
ist Motivation.
N
ADRENALIN
R
ENDORPHINE
SEROTONIN
T
GABA
L
N
O
R
A
D
I
E
N
A
A
I
R
I
N
S
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M
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P
N
O
D
N
So funktioniert Erinnern
Jede Erfahrung löst eine Erinnerung aus. Ob sie bestehen bleibt, hängt davon
ab, wie oft sie abgerufen wird. Komplizierte neuronale Vorgänge tragen dazu
bei, sie zu formen. Erinnerungen können sich verfestigen oder verblassen.
Was ist Erinnerung?
Eine Erinnerung wird gebildet,
indem eine Neuronengruppe
angesichts einer neuen Erfahrung
in einem bestimmten Muster feuert.
Wenn daraus eine Erinnerung ent-
stehen soll, läuft der Vorgang noch
einmal ab. Erinnerungen werden in
fünf Typen eingeteilt (siehe rechts).
Sie werden flüchtig im Kurzzeit-
gedächtnis (Arbeitsspeicher)
abgelegt und verblassen, wenn die
Erfahrung emotional unbedeutend
war. Bleibt sie bestehen, wird sie
im Langzeitgedächtnis verschlüs-
selt (siehe unten). Beim Abrufen
werden die Nervenzellen, die eine
Erinnerung verschlüsselt haben,
reaktiviert. Das festigt die Verbin-
dungen und damit die Erinnerun-
gen selbst. Die Gedächtnisanteile,
z. B. Klänge und Gerüche, befinden
sich in unterschiedlichen Hirnare-
alen; damit Erinnerung entsteht,
müssen alle aktiviert werden.
Beim Abruf kommen neue Informa-
tionen hinzu, die mit dem Original
verschmelzen (Konfabulation).
Endel Tulving begriff Erinnerung
als zwei Prozesse: das Speichern
von Informationen im Langzeitge-
dächtnis und das Abrufen. Wird
man an Umstände erinnert, unter
denen die Erinnerung gespeichert
wurde, wirken diese als Trigger für
das Abrufen.
Was bleibt?
Ob sich tatsächlich eine langfristige
Erinnerung bildet, hängt von vielen
Faktoren ab. Es kann bis zu zwei Jahre
dauern, bis sie sich festigt.
0,2 SEKUNDEN
0,25 SEKUNDEN
2a. Emotion
Große Gefühle erhöhen
die Aufmerksamkeit,
und ein Ereignis wird
wahrscheinlich eher als
Erinnerung verschlüsselt.
Emotionale Reaktionen
auf Reize werden in der
Amygdala verarbeitet.
0,2 BIS 0,5 SEKUNDEN
1. Aufmerksamkeit
Sich auf etwas zu konzentrieren
fördert die Erinnerungsbildung: Der
Thalamus aktiviert Neuronen inten-
siver, während der Frontallappen
Ablenkungen hemmt.
2b. Empfindung
Sensorische Reize sind
Teil fast aller Erfahrungen.
Sind sie sehr intensiv,
erhöht das die Chancen
auf Rückbesinnung.
Aus der sensorischen
Hirnrinde werden dabei
Signale zum Hippocam-
pus gesendet.
WAS IST PSYCHOLOGIE?
So funktioniert Erinnern
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GEDÄCHTNISFORMEN
❯ Episodisches Gedächtnis Ruft vergangene Ereignisse
oder Erfahrungen ab, ist meist mit sensorischen und
emotionalen Informationen verknüpft.
❯ Semantisches Gedächtnis Speichert faktische Informa-
tionen, z. B. die Namen von Hauptstädten.
❯ Arbeitsgedächtnis Speichert Information zeitweise;
kann zwischen fünf und sieben Dinge gleichzeitig bewah-
ren; auch als Kurzzeitgedächtnis bekannt.
❯ Prozeduralgedächtnis Enthält erlernte Aktionen, die
kein bewusstes Abrufen benötigen, z. B. Fahrradfahren.
❯ Implizitgedächtnis Bringt unbewusste Erinnerung
zurück, die das Verhalten beeinflusst, z. B. wenn man
vor einer fremden, unangenehm erscheinenden Person
zurückschreckt.
FALLSTUDIE: BADDELEYS TAUCHER
Psychologische Studien legen nahe, dass »Schlüssel« den
Menschen dabei helfen, Erinnerungen abzurufen. Der
britische Psychologe Alan Baddeley führte ein Experi-
ment durch, bei dem eine Tauchergruppe eine Liste mit
Wörtern lernen sollte – einige lernten sie an Land, andere
unter Wasser. Als sie sich später erinnern sollten, fiel das
vielen Teilnehmern in der physischen Umgebung leichter,
in der sie die Wörter verinnerlicht hatten. An unter Wasser
gelernte Begriffe erinnerten sie sich auch leichter unter
Wasser. Demnach stellt der Kontext selbst einen Erinne-
rungsschlüssel dar. Das scheint ähnlich zu sein, wie wenn
jemand einen Gegenstand aus einem anderen Zimmer
holen will, dort angekommen aber nicht mehr weiß,
wonach er sucht. Kehrt er in den Raum zurück, in dem er
zuvor war, fällt es ihm meist wieder ein.
»Erinnerung ist Schatz und
Bewahrer aller Dinge.«
Cicero, römischer Politiker
0,5 SEKUNDEN BIS 10 MINUTEN
10 MINUTEN BIS 2 JAHRE
2 JAHRE UND LÄNGER
345 012
3. Arbeitsgedächtnis
4. Prozess im Hippocampus
Kurzzeiterinnerungen halten die
Informationen so lange fest, bis sie
benötigt werden – durch zwei neu-
ronale Kreisläufe bleiben sie aktiv.
Wichtige Informationen werden im
Hippocampus verschlüsselt. Sollen
sie abgerufen werden, erfolgt eine
Schleife ins Hirnareal, in dem sie
zuerst angekommen sind.
5. Konsolidierung
Neuronale Feuermuster, die
Erfahrungen verschlüsseln,
durchlaufen Schleifen vom
Hippocampus zur Großhirnrinde
und werden zur Erinnerung.
456 789
987 654
654 987
012 345
So entstehen Gefühle
Die alltäglichen Gefühle bestimmen, wie man sich selbst als Person
wahrnimmt und einschätzt. Bekannt ist aber, dass eine Abfolge biologi-
scher Prozesse im Gehirn alle menschlichen Gefühle erzeugt.
Was ist ein Gefühl?
Emotionen bestimmen das Verhal-
ten, geben unserer Existenz Sinn
und sind das Herzstück dessen,
was wir menschlich nennen. In
Wirklichkeit jedoch sind sie das
Ergebnis physiologischer Vor-
gänge im Gehirn, ausgelöst durch
unterschiedliche Reize. Die psy-
chologische Bedeutung, die in
Gefühle hineingedeutet wird, ist ein
menschliches Konstrukt. Emotio-
nen dienen dazu, das Überleben zu
sichern, denn sie sind mit bestimm-
ten Verhaltensweisen verbunden.
Gefühle der Zuneigung z. B. verwei-
sen auf den Wunsch nach einem
Partner, nach Reproduktion und
nach Gruppenzugehörigkeit. Angst
löst eine physiologische Handlung
aus, um Gefahren abzuwehren
(Kampf-oder-Flucht-Reaktion).
Bewusste und unbewusste Gefühlspfade
Emotionale Reaktionen können unbewusst verlaufen – der
Körper wird auf eine schnelle Reaktion (Kampf oder Flucht)
vorbereitet – und bewusst, dann wird auf die Situation
durchdachter reagiert. Die Amygdala entdeckt Reize und
identifiziert Bedrohungen, bevor der Mensch sich dessen
BEWUSST
bewusst wird; die Reaktion erfolgt dann automatisch und
unbewusst. Eine parallele langsamere Übertragung des
gleichen Reizes und der damit verbundenen Informationen
an den Cortex führt über einen bewussten zweiten Weg,
wodurch sich die Anfangssituation verändert.
Sensorischer Cortex
Sensorische Informationen
gelangen zum sensorischen
Cortex, wo sie geprüft werden.
Unterwegs kommen weitere
Information hinzu. Dieser Weg
dauert länger als der über den
unbewussten Pfad.
Thalamus
Alle sensorischen Reize erreichen
den Thalamus. Von dort geht es
weiter zur Amygdala, wo sie rasch
beurteilt werden und eine Hand-
lung angestoßen wird, und zur
Großhirnrinde, wo sie langsam
und bewusst verarbeitet werden.
Amygdala
Sie bewertet eintreffende Infor-
mationen anhand des emotio-
nalen Inhalts und schickt für die
körperliche Reaktion Signale an