1,99 €
Heinrich hatte unzählige Gerüchte über den Hexer Baphomet gehört. »Man sagt, dass du die Toten lebendig machen kannst. Wenn ich nun sterbe, kannst du mich dann wieder zum Leben erwecken?«
Baphomets Augen schienen zu glühen. »Ich würde es für Euch ohne Gegenleistung tun, edler Herr.«
»Und weshalb?«
»Es wäre für mich ein interessantes Experiment ...«
Der zweite Teil des Baphomet-Zyklus! - In der DORIAN HUNTER-Erstauflage, damals noch unter dem Serientitel "Dämonenkiller", blieb der Zyklus aufgrund einer Indizierung durch den Jugendschutz unvollendet ... und erreichte darum unter den Lesern Legendenstatus.
Jetzt startet der Zyklus jetzt nach 46 Jahren zum zweiten Mal überhaupt in Romanheft-Form - eine Legende wird Realität!
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 137
Cover
Was bisher geschah
DER RITTER VOM SCHWARZEN KREUZ
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
mystery-press
Vorschau
Impressum
Der ehemalige Reporter Dorian Hunter hat sein Leben dem Kampf gegen die Schwarze Familie der Dämonen gewidmet, seit seine Frau Lilian durch eine Begegnung mit ihnen den Verstand verlor. Seine Gegner leben als ehrbare Bürger über den Erdball verteilt. Nur vereinzelt gelingt es dem »Dämonenkiller«, ihnen die Maske herunterzureißen.
Bald kommt Dorian seiner eigentlichen Bestimmung auf die Spur: In einem früheren Leben schloss er als Baron Nicolas de Conde einen Pakt mit dem Teufel, der ihm die Unsterblichkeit sicherte. Um für seine Sünden zu büßen, verfasste de Conde den »Hexenhammer« – jenes Buch, das im 16. Jahrhundert zur Grundlage für die Hexenverfolgung wurde. Doch der Inquisition fielen meist Unschuldige zum Opfer; die Dämonen blieben ungeschoren. Als de Conde selbst der Ketzerei angeklagt und verbrannt wurde, ging seine Seele in den nächsten Körper über. So ging es fort bis in die Gegenwart. Dorian Hunter begreift, dass es seine Aufgabe ist, de Condes Verfehlungen zu sühnen und die Dämonen zu vernichten.
Als Rückzugsort in seinem Kampf bleibt Dorian neben der Jugendstilvilla in der Baring Road in London noch das Castillo Basajaun in Andorra, in dem er seine Mitstreiter um sich sammelt – darunter die ehemalige Hexe Coco Zamis, die aus Liebe zu Dorian die Seiten gewechselt hat. Nach der Geburt ihres gemeinsamen Sohnes Martin hat Coco diesen zum Schutz vor den Dämonen an einem Ort versteckt, den sie selbst vor Dorian geheimhält.
Auf der Suche nach der Mumie des Hermes Trismegistos findet Dorian den Steinzeitmenschen Unga, der Hermon gedient hat und der sich nach seinem Erwachen schnell den Gegebenheiten der Gegenwart anpasst. Auf Island gewinnt Dorian den Kampf um das Erbe des Hermes Trismegistos.
Eine neue Gefahr zieht am Horizont auf: Die Janusköpfe von der Parallelwelt Malkuth versuchen die Erde zu erobern, aber die Sekte der Padmas kann sie mit Dorians Hilfe abwehren. Dem Anführer der Padmas, dem Padmasambhawa, der niemand anderes als Hermes Trismegistos ist, wird klar, dass er für das Entstehen der fürchterlichen Psychos auf Malkuth verantwortlich ist. Um zu büßen, geht Hermon durch eins der letzten Tore nach Malkuth, bevor sich dieses schließt. Auf der Erde sind zehn Janusköpfe gestrandet. Olivaro, das ehemalige Oberhaupt der Schwarzen Familie und selbst ein Januskopf, beschließt, seine Artgenossen zu jagen. Wenig später stürmt der Erzdämon Luguri den Tempel des Hermes Trismegistos in Island und löst dessen Selbstzerstörung aus. Dorian und Unga können nur zwei Kommandostäbe, zwei Magische Zirkel und zwei Bücher aus dem Tempel retten. Unmittelbar vor der Vernichtung zeigt der magische Tisch sieben düstere Szenen, die Dorian als Prophezeiungen begreift. Eine davon zeigt seinen eigenen Sohn in großer Gefahr. Mit der Oktopodenplage in London hat sich eine der Prophezeiungen bereits erfüllt — für Dorian Anlass genug, seinen Sohn in Sicherheit zu bringen.
DER RITTER VOM SCHWARZEN KREUZ
von Neal Davenport
Vergangenheit 1189
Heinrich von der Laufen zügelte seinen Grauschimmel, als er die strohbedeckte Hütte erblickte.
Die primitive Holzhütte stand mitten auf einer kleinen Lichtung in einem Buchenwald. Aus dem Schornstein stieg ein dünner Rauchfaden in den aschgrauen Himmel empor.
Einen Augenblick zögerte Heinrich, dann trieb er sein Pferd zwischen den Bäumen hindurch auf die Hütte zu. Der mächtige Hengst schnaubte und lief los. Geschickt lenkte Heinrich das prächtige Tier zur Seite und sprang geschmeidig aus dem Sattel.
Heinrich war hochgewachsen, breitschultrig, und sein strohblondes Haar fiel weich auf die Schultern. Sein hageres Gesicht mit den hellblauen Augen war überaus anziehend. Die Nase war leicht gebogen, der Mund groß und das Kinn kantig. Bekleidet war er mit einem dünnen Kettenhemd, über dem er einen weißen Umhang trug. An seiner linken Seite baumelte ein Schwert, das in einer kunstvoll verzierten Lederhülle steckte.
Der Ritter blickte sich genau um, band sein Pferd an einen Baum und stapfte gemächlich auf die Hütte zu. Ohne anzuklopfen, riss er die Tür auf, bückte sich und trat ein.
Stickige, heiße Luft schlug ihm entgegen. Die Hütte schien nur aus einem Raum zu bestehen, der fensterlos und niedrig war. Ein paar Schränke und Truhen standen an den rauchgeschwärzten Wänden. Vor dem offenen Kamin, in dem ein Feuer brannte, saß ein Mann, der einen schwarzen Umhang trug und Heinrich den Rücken zukehrte.
Der Ritter schloss die Tür und schritt auf den Hockenden zu, der sich nicht bewegte. Zwei Schritte vor dem Mann im schwarzen Umhang blieb Heinrich stehen.
Heinrich war schon ein paarmal hier gewesen, doch nie hatte er sich dabei behaglich gefühlt. Der Mann, der sich Baphomet nannte, war ihm unheimlich. Unter den einfachen Leuten galt er als ein Hexer.
Die meisten Bewohner der umliegenden Dörfer wagten sich nicht in die Nähe der Hütte. Obzwar Heinrich ein gottesgläubiger Mensch war, hatte er bereits dreimal die Dienste des Hexers in Anspruch genommen – und immer mit Erfolg.
Endlich kam Leben in die hockende Gestalt. Schwerfällig stand der hagere, hochgewachsene Mann auf. Sein Kopf war kahl. Langsam wandte er den Kopf um und starrte Heinrich durchdringend an.
Baphomet sah wie der wandelnde Tod aus. Seine Haut war gelb und runzelig und wirkte wie mumifiziert. Um den hageren Hals trug er eine Bronzekette, an der seltsame Amulette hingen. An den knochigen Fingern steckten ein halbes Dutzend Ringe, die mit unheimlichen Mustern bedeckt waren.
»Habt Ihr Euch alles nochmals genau überlegt, edler Herr?«, fragte Baphomet. Seine Stimme klang wie das Rascheln verwelkter Blätter.
Heinrich nickte. »Ja, ich habe mir alles noch einmal durch den Kopf gehen lassen. Ich will deine Hilfe in Anspruch nehmen, Baphomet.«
Das Gesicht des Hexers blieb unbeweglich. Seine farblosen Augen blickten den Ritter gleichgültig an. »Dann soll es geschehen, edler Herr«, sagte er. »Habt Ihr alles mitgebracht, worum ich Euch gebeten habe?«
Heinrich löste ein kleines Ledersäckchen von seinem Gürtel und warf es dem Zauberer zu, der es geschickt auffing.
»Du findest darin eine Haarlocke meiner Frau«, sagte Heinrich, »Nagelstücke von ihrem linken Zeigefinger und ein kleines Leinentuch, das mit ihrem Blut getränkt ist. Ja, und ein paar ihrer Achsel- und Schamhaare.«
»Damit werde ich den Keuschheitsgürtel vollenden, den Ihr so unbedingt haben wollt.«
»Und du versprichst mir, dass nur ich diesen Gürtel abnehmen kann?«
»Das verspreche ich Euch, edler Herr. Es ist ein ganz besonderer Gürtel, der auf magische Weise mit Euch verbunden sein wird. Nur Ihr könnt ihn wieder entfernen. Sollte es irgendein anderer Mann versuchen, so würde Eure Gattin entsetzliche Schmerzen erleiden.«
»Und was geschieht, wenn ich sterbe? Wenn ich nicht zurückkomme?«
»Sobald Ihr tot seid, Herr, ist die magische Verbindung zwischen Euch und dem Gürtel unterbrochen. Eure Frau kann ihn dann selbst abnehmen.«
»Sie weiß also ganz genau, dass ich tot bin, sobald sich der Gürtel abnehmen lässt?«
»Ihr sagt es, edler Herr.«
Heinrich schloss einen Augenblick die Augen. Er liebte seine Frau über alles und war rasend eifersüchtig. Der Gedanke, dass sie während seiner Abwesenheit – die möglicherweise länger als zwei Jahre betragen konnte – mit einem anderen Mann intim sein könnte, machte ihn rasend. Runhild war eine leidenschaftliche Frau, die die begehrlichen Blicke vieler Männer auf sich zog. Runhild hatte ihm ewige Treue geschworen, doch er traute ihr nicht; er traute keiner Frau.
»Nie werde ich nochmals heiraten, wenn du stirbst«, hatte sie erst gestern gesagt. »Solltest du sterben, dann werde auch ich sterben.«
Worte, nichts als Worte. Wie würde sie sich tatsächlich verhalten, sollte er sterben? Diese Frage bewegte ihn schon lange Zeit.
Der Ritter räusperte sich und stierte Baphomet an, der ihn noch immer gleichgültig musterte.
»Ihr habt etwas auf dem Herzen, edler Herr«, stellte der Hexer fest. »Vielleicht kann ich Euch helfen.«
Heinrich zögerte. Er hatte unzählige Gerüchte über den Hexer gehört, der angeblich über unglaubliche Fähigkeiten verfügen sollte, für die der christliche Glaube keine Erklärung finden konnte. »Man sagt, dass du die Toten lebendig machen kannst. Stimmt das, Baphomet?«
»Es ist mir gelungen, Tote für kurze Zeit zu erwecken, edler Herr.«
»Wenn ich nun sterbe, Baphomet, kannst du mich dann wieder zum Leben erwecken?«
»Das ist eine schwere Frage, edler Herr. Einen Toten zu erwecken, ist äußerst schwierig. Es ist aber möglich, wenn ich ihn darauf vorbereiten kann, solange er noch lebt.«
»Du könntest mich also zum Leben erwecken, wenn du jetzt deine Vorbereitungen treffen könntest?«
Der Zauberer zögerte mit seiner Antwort. »Ja, es könnte gelingen.«
»Was verlangst du für deine Dienste?«, fragte Heinrich erregt.
Baphomets Augen schienen nun zu glühen. »Ich würde es für Euch ohne Gegenleistung tun, edler Herr.«
»Und weshalb?«
»Ihr würdet mich nicht verstehen, werter Herr. Nur so viel: Es wäre für mich ein interessantes Experiment. Aber ich müsste wissen, weshalb Ihr nach Euerm Tod auferstehen wollt.«
»Das hat dich nicht zu interessieren.«
»Dann tut es mir leid, edler Herr. Dann kann ich Euch nicht helfen.«
Heinrich wandte sich ab und blickte in das hochlodernde Feuer. Zum Teufel!, dachte er. Warum soll ich es ihm nicht erzählen? Der Hexer würde sich hüten, etwas zu erzählen.
»Ich will sehen, ob meine Frau ihr Versprechen hält.«
»Und was hat sie Euch versprochen, Herr?«
»Nach meinem Tod will sie sich nicht wieder verheiraten und auch mit keinem anderen Mann einlassen.«
»Das ist ein Versprechen, das sehr schwer einzuhalten ist, edler Herr.«
»Sie hat es versprochen. Und nur das zählt.«
»Und was wollt Ihr tun, wenn sie ihr Versprechen bricht?«
»Das weiß ich nicht.«
Baphomet legte das Säckchen auf eine Truhe. Er ließ sich nichts von seiner Erregung anmerken.
»Nun – was ist?«, fragte der Ritter ungeduldig. »Triffst du nun die Vorbereitungen, dass ich nach meinem Tod wiedererweckt werde?«
»Wenn Ihr es wünscht, edler Herr, dann tue ich es. Aber ich warne Euch! Es ist äußerst gefährlich. Unheimliche Kräfte werden wirksam werden, Kräfte, die wir alle nicht richtig erkennen können. Vielleicht findet Ihr dann nach Euerm Tod keinen Frieden mehr und müsst als Geist bis ans Ende der Welt herumirren. Überlegt es Euch gut, edler Herr!«
»Ich habe es mir bereits überlegt«, sagte Heinrich mit fester Stimme. »Triff deine Vorbereitungen!«
»Ich habe Euch gewarnt, Herr.«
»Beginne endlich, Baphomet.«
»Setzt Euch, Herr!« Der Ritter ließ sich auf einen kunstvoll geschnitzten Stuhl nieder. Schweigend sah er zu, wie der Zauberer seine Vorbereitungen traf.
Baphomet holte aus einem Schrank ein bauchiges Gefäß und warf einige Kräuter und Wurzeln hinein, die er zerstampfte. Dann fügte er heißes Wasser hinzu, und eine giftgrüne Rauchwolke stieg aus dem Gefäß auf. Mit einem scharfen Messer schnitt er Heinrich eine Haarlocke ab, die er in eine kleine Tonschale warf. Dazu legte er ein paar Fingernagelstücke, die er mit einem Messer abgeschnitten hatte. Die Schale hielt er unter Heinrichs rechten Daumen, in den er mit einer spitzen Nadel stach. Ein paar Blutstropfen quollen heraus und fielen in die Schale.
»Trinkt das, edler Herr!«, sagte er mit seiner raschelnden Stimme.
Heinrich griff nach dem bauchigen Gefäß, aus dem noch immer giftgrüne, stinkende Rauchwolken aufstiegen. Die ölig schimmernde Flüssigkeit roch eklig, doch tapfer trank er die scharfe Flüssigkeit auf einen Zug hinunter.
»Ihr werdet jetzt nach wenigen Augenblicken einen stechenden Schmerz in Euerm Leib verspüren, Herr. Der Schweiß wird Euch ausbrechen, und Ihr werdet für einige Zeit nicht bei Bewusstsein sein.«
Heinrich nickte grimmig.
Es kam so, wie es der Zauberer vorausgesagt hatte. Er stöhnte gequält auf, als ein rasender Schmerz seinen Leib zu zerreißen schien. Große Schweißtropfen rannen über seine Stirn.
Heinrich schloss die Augen und wollte aufstehen. Da brach er bewusstlos zusammen.
Baphomet blieb vor dem Bewusstlosen stehen und grinste breit. Aus einem Tiegel holte er eine penetrant stinkende Salbe, die er über Heinrichs Stirn, die Lider und Schläfen strich.
Der Hexer kniete nieder, schloss die Augen, und seine Lippen formten Worte, die einer längst vergangenen Epoche angehörten. Mit den Händen vollführte er kreisende Bewegungen und zeichnete unsichtbare Muster in die Luft. Als sich Heinrich zu bewegen begann, wischte er mit einem Tuch die Salbe von seinem Gesicht und stand auf.
»Ich fühle mich unendlich schwach«, sagte Heinrich und schlug langsam die Augen auf.
»Geht ein wenig ins Freie, Herr! Die frische Luft wird Euch guttun. In der Zwischenzeit treffe ich die anderen Vorbereitungen.«
Der Ritter stand mühselig auf. Er taumelte zur Tür und wankte ins Freie. Vor der Hütte blieb er stehen. Sein Pferd empfing ihn mit einem freudigen Wiehern.
Nie zuvor hatte sich Heinrich so schwach gefühlt. Sein Körper und sein Geist schienen wie gelähmt. Wie ein Betrunkener schritt er um die Hütte herum – immer wieder. Er wusste nicht, wie lange er so im Kreis gegangen war.
»Es ist so weit, edler Herr«, sagte Baphomet, der in der Tür erschienen war, schließlich.
Heinrich betrat wieder die Hütte und setzte sich nieder.
»Hängt Euch dieses Amulett um den Hals, edler Herr.«
Der Ritter starrte die dünne Lederschnur misstrauisch an. An ihr war ein kleines Ledersäckchen befestigt, das unverständliche Zeichen aufwies. »Was soll das?«
»Ihr müsst dieses Amulett ständig tragen, edler Herr. Solltet Ihr sterben, wird es seine Wirkung tun. Spätestens nach drei Tagen werdet Ihr erwachen.«
Heinrich blickte das Amulett skeptisch an, dann hängte er es sich um den Hals und schob es unter sein Kettenhemd.
»Und hier ist der Keuschheitsgürtel«, sagte Baphomet.
So einen Keuschheitsgürtel hatte Heinrich nie zuvor gesehen. Im Unterschied zu allen anderen war er nicht aus Eisen, sondern aus einem lederartigen Material.
»Aber das kann doch jedermann mit einem Dolch durchschneiden«, sagte er enttäuscht.
»Dann versucht es, edler Herr!«
Der Hexer reichte ihm einen scharf geschliffenen Dolch. Heinrich packte den federleichten Keuschheitsgürtel und versuchte, ihn zu durchschneiden. Doch sosehr er sich auch bemühte, es gelang ihm nicht. Vergeblich suchte er nach einem Schloss.
»Wie kann man diesen Gürtel verschließen?«
»Ihr braucht nur diese beiden Schlaufen zusammenzudrücken, Herr.«
Heinrich tat es. Die beiden Schlaufen verbanden sich miteinander.
Baphomet ergriff den Gürtel und versuchte ihn zu öffnen. Deutlich war zu sehen, wie sich seine Muskeln anspannten, doch der Gürtel ließ sich nicht öffnen. Als Heinrich die beiden Schlaufen anfasste, lösten sie sich sofort voneinander.
Jetzt war der Ritter zufrieden. Heinrich stand auf, schob den Keuschheitsgürtel in einen Ledersack und befestigte ihn an seinem Gürtel.
»Hier ist dein Lohn, Baphomet«, sagte er und warf dem Zauberer einen Beutel zu.
»Danke, edler Herr. Ich wünsche Euch viel Glück, Herr!«
»Das werde ich gut brauchen können, Baphomet.« Der Ritter drehte sich um, trat aus der Hütte und ging zu seinem Pferd, schwang sich in den Sattel und ritt los, ohne sich noch einmal umzudrehen.
Es wurde langsam dunkel. Das Laub raschelte unter den Hufen des Grauschimmels, und gelegentlich war das Knacken von Ästen zu hören.
Nach etwa einer halben Stunde kam er an einem kleinen Dorf vorbei. Er wandte sich nach links und erreichte einen schmalen Pfad, der durch einen Birkenwald führte. Immer wieder wurde der Pfad von kleinen Bächen unterbrochen, die er durchritt. Und dann war das Schloss zu sehen. Es war ein wenig beeindruckender Bau, schmutzig und verräuchert.
Ein leichtes Lächeln lag um Heinrichs Lippen. Er dachte an seine Hochzeit mit Runhild vor vier Jahren. Da war er gerade sechzehn und sie war vierzehn gewesen. Sie war ihm wie ein Engel vorgekommen. Das kastanienfarbige Haar war ihr in langen Wellen über den Rücken gefallen und hatte bis zu den Knien gereicht. Der mit kostbaren Edelsteinen geschmückte Silberreif hatte ihr ausdrucksvolles Gesicht mit den vollen Lippen, der winzigen Nase und den großen glutvollen Augen betont. Das rote Kleid und der weiße Schleier hatten ihre Schönheit unterstrichen und die Reize ihres Körpers voll zur Geltung gebracht.
Nach der Hochzeit und nachdem das üppige Mahl zu Ende gegangen war, hatte sein Vater sie in das Brautgemach geführt, das sich im Badehaus befunden hatte. Der gesäuberte Raum war mit Blumen geschmückt gewesen. In der Mitte hatte sich das breite Lager befunden. Die beiden Väter hatten den Ehrenplatz neben dem Bett eingenommen. Der Raum war voll mit Verwandten und Gästen gewesen, die immer wieder in Hochrufe auf das junge Paar ausgebrochen waren. Alle hatten das Erscheinen der Braut erwartet, die in einem Nebenraum von den jungen Mädchen entkleidet und für die Nacht vorbereitet worden war. Und endlich war sie erschienen – das Haar aufgesteckt und mit einem weißen Hemd bekleidet. Sie war zu Heinrich ins Bett gekrochen, und ihr Gesicht war hochrot gewesen. Ihnen war ein Becher mit Glühwein gereicht worden, den sie langsam ausgetrunken hatten. Endlich hatte sich das Zimmer langsam geleert. Nur eine Kerze hatte noch gebrannt. Und dann waren sie allein gewesen. Er hatte die Kerze gelöscht und ungeschickt ihr Haar liebkost. Sie hatten eng aneinandergeschmiegt in der Dunkelheit gelegen, und sie hatte sich dreimal geweigert, das Hemd auszuziehen. Dann hatte er sich auf sie gestürzt und ihr brutal ihre Jungfräulichkeit geraubt.