Dr. Stefan Frank 2424 - Stefan Frank - E-Book

Dr. Stefan Frank 2424 E-Book

Stefan Frank

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Beschreibung

In Claras Leben sieht es gerade alles andere als rosig aus: Nach einem Jahr, in dem sie ihren Freund wegen seines USA-Aufenthaltes nicht gesehen hat, sollte nun eigentlich alles anders werden. Sie hatten geplant, nach Davids Rückkehr zusammenzuziehen und gemeinsam miteinander alt zu werden. Stattdessen liegt ihre Beziehung nun plötzlich ohne jede Vorwarnung am Boden.
Die junge Kinderärztin ist wie vor den Kopf geschlagen. Alles scheint mit einem Mal hoffnungslos und ohne jeden Sinn.

Während sie mit ihrem Schicksal hadert, versinkt München im Schnee. Am liebsten würde Clara ihre Wohnung gar nicht mehr verlassen, doch schmerzhafte Krankheitssymptome zwingen sie, ihren Hausarzt Dr. Frank aufzusuchen. Er bestätigt ihr die unangenehme Diagnose, die sie selbst schon vermutet hat, aber nicht wahrhaben wollte. Auch das noch!

Doch in all diesem Elend, in ihrem großen Kummer und mitten in dieser weißen Winterwelt erwacht in Clara plötzlich wieder die Lebensfreude. Wo vorher ein schmerzhaftes Loch in ihrem Herzen war, glüht auf einmal wieder pures Glück. Und all das verdankt sie einem Menschen, von dem sie am wenigsten geglaubt hätte, dass ausgerechnet er ihre verletzte Seele heilen könnte ...

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Seitenzahl: 125

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Inhalt

Cover

Impressum

Winterglück

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: pixelfit/iStockphoto

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-5714-1

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Winterglück

Warum Clara trotz ihrer Krankheit im siebten Himmel schwebte

In Claras Leben sieht es gerade alles andere als rosig aus: Nach einem Jahr, in dem sie ihren Freund wegen seines USA-Aufenthaltes nicht gesehen hat, sollte nun eigentlich alles anders werden. Sie hatten geplant, nach Davids Rückkehr zusammenzuziehen und gemeinsam miteinander alt zu werden. Stattdessen liegt ihre Beziehung nun plötzlich ohne jede Vorwarnung am Boden.

Die junge Kinderärztin ist wie vor den Kopf geschlagen. Alles scheint mit einem Mal hoffnungslos und ohne jeden Sinn.

Während sie mit ihrem Schicksal hadert, versinkt München im Schnee. Am liebsten würde Clara ihre Wohnung gar nicht mehr verlassen, doch schmerzhafte Krankheitssymptome zwingen sie, ihren Hausarzt Dr. Frank aufzusuchen. Er bestätigt ihr die unangenehme Diagnose, die sie selbst schon vermutet hat, aber nicht wahrhaben wollte. Auch das noch!

Doch in all diesem Elend, in ihrem großen Kummer und mitten in dieser weißen Winterwelt erwacht in Clara plötzlich wieder die Lebensfreude. Wo vorher ein schmerzhaftes Loch in ihrem Herzen war, glüht auf einmal wieder pures Glück. Und all das verdankt sie einem Menschen, von dem sie am wenigsten geglaubt hätte, dass ausgerechnet er ihre verletzte Seele heilen könnte …

Der Winter hatte München fest in seinem Griff. Die Flocken wirbelten um das Krankenhaus am Englischen Garten wie im Inneren einer Schneekugel, die jemand kräftig geschüttelt hatte. Längst war der Park unter einer weißen Decke verschwunden. Und der Wetterbericht warnte davor, dass der Schneefall noch etliche Stunden anhalten und die Straßen verwehen würde.

Hoffentlich komme ich noch heil nach Hause, dachte Clara, während sie ihr Auto mit dem Besen freischaufelte. Tagsüber waren gut fünfzehn Zentimeter Neuschnee gefallen und hatten die Fahrzeuge auf dem Parkplatz hinter dem Klinik-Komplex zugedeckt. Unter den weißen Hauben wirkte jeder Wagen wie der andere.

Die junge Kinderärztin arbeitete seit einem Vierteljahr in der Waldner Klinik. Das Krankenhaus war für seine modernen Behandlungsmethoden und ein Team bekannt, das sich viel Zeit für die Patienten nahm und auch bei persönlichen Sorgen stets ein offenes Ohr hatte.

Clara liebte ihre Arbeit, auch wenn der Schichtdienst sie anstrengte. Im Lauf der Zeit würde sie sich hoffentlich noch daran gewöhnen, abwechselnd frühmorgens oder spätabends und nachts zu arbeiten.

Ein langer Tag auf der Kinderstation lag hinter ihr. Sie freute sich auf eine Dusche und ihre Lieblingsserie im Fernsehen – eingekuschelt in ihren Schlafanzug und Frotteesocken. Bis es so weit war, musste sie jedoch noch das Eis von der Windschutzscheibe kratzen und außerdem … Nanu? Clara stockte, denn unter dem Schnee kam ein Aufkleber zum Vorschein.

Überhol mich ruhig. Im nächsten Stau sehen wir uns wieder.

Clara krauste die Stirn. Den Spruch kannte sie, aber auf ihrem Auto stand der nicht!

„Hast du meinen Wagen freigelegt?“, fragte eine dunkle Stimme hinter ihr. „Das ist wirklich nett von dir.“

Clara drehte sich um. Josef Reinhard kam über den Parkplatz auf sie zu. Ihr Kollege arbeitete auf der Chirurgischen Station. Er war ein sympathischer Mittvierziger, der seit einiger Zeit wieder Single war und keinen Zweifel daran ließ, dass er diesen Umstand gern ändern würde. Clara mochte ihn, aber ihr Herz war längst vergeben.

„Das war keine Absicht, oder?“ Er sah sie fragend an.

„Nicht wirklich.“ Sie seufzte leise. Eine Viertelstunde Eiskratzen – umsonst!

„Unsere Autos haben dieselbe Form und Farbe. Kein Wunder, dass du dich versehen hast. Wo könnte dein Wagen denn stehen? Ist er das hier? Gleich nebenan?“

„Ich hoffe es doch sehr.“ Clara schob etwas Schnee zur Seite. Das Auto darunter hatte jedenfalls schon einmal die richtige Farbe: rot.

„Ich werde dir helfen, deinen Wagen freizuschaufeln.“ Ihr Kollege nahm ihr den Besen aus der Hand und machte sich schwungvoll ans Werk.

Wenig später tauchte Claras Auto unter dem Schnee auf. Gemeinsam kratzten sie die Seitenscheiben frei.

„Das hätten wir geschafft.“ Josef ließ den Kratzer sinken.

„Danke, dass du mir geholfen hast.“

„Na hör mal, das war doch selbstverständlich.“

„Bei diesem Wetter? Nicht unbedingt. Du hättest dich auch davonmachen können.“ Clara lächelte ihren Kollegen an.

„Das ist nicht mein Stil.“ Seine Augen leuchteten auf. „Ach, Clara, ich sollte mich wirklich impfen lassen.“

„Impfen? Wogegen denn?“

„Gegen dein Lächeln. Das ist nämlich ansteckend!“

Clara rollte mit den Augen.

„Elender Charmeur.“

„Immer“, versetzte er vergnügt. „Sag mal, wollen wir noch irgendwo etwas trinken gehen?“

„Lieber nicht. Ich bin müde und möchte nach Hause. Außerdem hätte mein Freund etwas dagegen, wenn ich mit einem anderen Mann ausgehen würde.“

„Schade, aber das verstehe ich. An seiner Stelle würde ich dich mit Argusaugen bewachen. Also, komm gut nach Hause. Und fahr vorsichtig, ja? Der Räumdienst kommt kaum noch mit der Arbeit nach. Die Straßen werden glatt sein.“

„Ich werde aufpassen. Bis morgen, Josef!“ Clara winkte ihrem Kollegen zu, dann setzte sie sich in ihren Wagen, legte den Gurt an und startete den Motor. Summend sprang das Gebläse an und verhinderte, dass die Scheiben von innen beschlugen.

Die Warnung ihres Kollegen war berechtigt gewesen. Als Clara ihr Auto vom Parkplatz auf die Straße steuerte, lag der Schnee zentimeterhoch. Das Weiß knirschte unter den Reifen. Gefühlvoll schaltete sie hoch und fuhr am Park vorbei in Richtung Süden.

Sie wohnte in Grünwald, einem Vorort von München. Bei schönem Wetter dauerte die Fahrt knapp zwanzig Minuten. An diesem Abend brauchte Clara mehr als doppelt so lange. Der Verkehr drängte sich dicht an dicht, und sie kam nur langsam vorwärts. Einmal jaulte ein Rettungswagen mit eingeschaltetem Martinshorn an ihr vorbei.

Was mochte da wieder passiert sein?

Endlich erreichte sie ihr Fahrtziel und bog in die Seitenstraße ein, in der sie wohnte. Am Straßenrand lag meterhoch der Schnee, den der Räumdienst zur Seite geschoben hatte. Viele Parkflächen waren dadurch versperrt. Clara hatte Glück: Ein Kombi machte gerade eine Lücke frei. Sie stellte ihr Auto ab, angelte ihre Tasche vom Beifahrersitz und stieg aus.

Die Wohnung der jungen Kinderärztin lag unter dem Dach des gelben Jugendstilhauses, das erst vor wenigen Jahren renoviert worden war. Clara liebte die schrägen Wände, die ihrem Zuhause etwas Heimeliges gaben.

Sie hatte jedes Zimmer in warmen Mittelmeerfarben eingerichtet: terrakottafarbene Fliesen, sattgrüne Kissen und Wände in hellem Creme. Urlaubsfarben, hatte ihre Freundin Nina es bei ihrem ersten Besuch genannt.

Die Wohnung war für Münchner Verhältnisse preisgünstig, weil sie zentrumsfern lag. Und das war gut so. Clara verdiente als Ärztin zwar nicht schlecht, aber sie würde noch jahrelang ihren Studienkredit abbezahlen und musste deshalb vorsichtig wirtschaften. Außerdem sparte sie auf einen Wanderurlaub nach Neuseeland. Davon träumte sie seit vielen Jahren, und im kommenden Sommer sollte es endlich so weit sein!

Als die Wohnungstür hinter ihr zufiel, vertauschte Clara die Stiefel mit bequemen Hüttensocken, hängte ihren Mantel an die Garderobe und stellte ihre Tasche im Flur ab. Die Zeitschaltuhr hatte die Fußbodenheizung bereits in Gang gesetzt, sodass es behaglich warm war. Aus dem Wohnzimmer kam ihr ein heiseres Krächzen entgegen.

„Komm küssen! Komm küssen!“

„Das würde dir gefallen, was, Como?“ Ein leuchtend roter Papagei flog ihr entgegen und landete auf ihrer Schulter. Lächelnd strich Clara über das flaumige Gefieder an seinem Bauch. Zutraulich kniff er sie in den Finger.

Como hieß eigentlich Giacomo. Und ebenso wie sein berühmter Namensvetter Casanova war er ein echter Herzensbrecher. Seine Sprüche trieben ihr so manches Mal die Röte auf die Wangen. Como war nur zu Besuch bei ihr. Er gehörte Claras Nachbarin.

Frau Jell war vor einer Woche beim Einkaufen gestürzt und hatte sich den rechten Oberschenkel gebrochen. Sie würde noch eine Weile im Krankenhaus bleiben müssen, deshalb kümmerte sich Clara vorerst um den Vogel.

Sie füllte ihm frisches Wasser ein und streute Körner in seinen Napf. Die Käfigtür ließ sie offen, denn Como saß am liebsten auf seinem Käfig, wo er alles im Blick hatte.

„Komm ins Bett, Süße“, krähte er.

„Dafür ist es noch zu früh.“ Clara schmunzelte, als ihr gefiederter Mitbewohner die etwas schlüpfrige Bemerkung fallen ließ. Er hatte früher einem entfernten Verwandten ihrer Nachbarin gehört. Frau Jell hatte ihn nach seinem Tod übernommen. „Von dir hätte Casanova noch etwas lernen können, weißt du das?“

Como stieß ein Krächzen aus, das sich durchaus erfreut anhörte. Dann breitete er die Flügel aus und flog zu seinem Käfig, um sich zu putzen.

Clara schaltete ihren Computer ein. Sie hoffte, dass ihr Freund gerade online war und sie skypen konnten, aber sie wurde enttäuscht. David war nicht erreichbar.

Schon wieder nicht!

Seit Tagen hatten sie weder miteinander gesprochen noch Nachrichten ausgetauscht. Dabei fehlte er ihr sehr. Nachts trug sie eines seiner T-Shirts, um sich ihm näher zu fühlen.

David lebte seit über einem Jahr in den Vereinigten Staaten. Er wollte dort sein Betriebswirtschafts-Studium zu Ende bringen und dann wieder nach Hause kommen. Die Prüfungen hielten ihn momentan auf Trab. Er kam kaum dazu, sich bei ihr zu melden.

Clara seufzte unterdrückt und schrieb ihm eine Nachricht.

Wie läuft es bei dir, Fremder? Hier schneit es seit Stunden. München versinkt im Weiß. Wenn du wieder hier bist, sollten wir Eislaufen gehen. Wie damals. Weißt du noch? Ich vermisse dich sehr. Melde dich mal! In Liebe, deine Clara.

Sie strich mit einem Finger über die gerahmte Fotografie, die auf ihrem Schreibtisch stand. Darauf waren David und sie beim Eislaufen zu sehen. Hand in Hand wetzten sie über das Eis – mit von der Kälte roten Gesichtern und leuchtenden Augen.

Vor zwei Jahren war die Aufnahme gemacht worden. Damals waren sie sich so nah gewesen. Jetzt jedoch schien David manchmal so fern von ihr zu sein, dass sie schon befürchtete, sie würde irgendwann vergessen, wie er aussah.

Komm endlich nach Hause, bat sie ihn in Gedanken und ging hinüber in die Küche. Nach dem langen Tag war sie hungrig, aber ein Blick in den Kühlschrank zeigte ihr, dass sie sich mit dem Essen noch gedulden musste. Die Fächer waren bis auf eine angebrochene Packung Schoko-Creme und einen Joghurt mit abgelaufenem Verfallsdatum völlig leer!

Verflixt! Ich habe das Einkaufen vergessen! Clara zog sich noch einmal an und eilte los, um ihre Vorräte aufzustocken. Draußen fauchte ihr ein bitterkalter Wind entgegen, der in ihre Wangen zwickte. Zum Glück war der Supermarkt nur eine Querstraße entfernt.

Clara füllte den Korb in ihrer Hand mit Pasta, Tomaten und Käse. Auch einen Eisbergsalat und eine Auswahl an Früchten packte sie ein. Und Milch! Sie brauchte Milch, sonst würde sie ihr Müsli morgen früh trocken in sich hineinschaufeln müssen.

Schwungvoll bog sie um ein Regal – und stieß im nächsten Augenblick mit einem warm gekleideten Mann zusammen. Sekundenlang wurde ihr Gesicht gegen eine breite Brust gepresst. Sie hob den Blick und blickte in zwei braune Augen, die sie mürrisch anfunkelten.

Der Fremde hatte ein markantes Gesicht, dichte dunkle Haare und war gut einen Kopf größer als sie selbst. Er wäre attraktiv gewesen, wenn er nicht so finster dreingeschaut hätte. Schnee bedeckte seine Schultern und die Kapuze seines Winterparkas. Eine Narbe kerbte seine rechte Augenbraue, die nun vorwurfsvoll nach oben schnellte.

„Passen Sie doch auf!“, raunzte er sie an.

„Es tut mir leid. Habe ich Ihnen wehgetan?“

„Sie?“ Sein Blick streifte ihre zierliche Gestalt. Neben seiner kräftigen Statur wirkte sie wie ein Grashalm im Wind. Ein belustigtes Lächeln huschte über sein Gesicht und vertrieb den missmutigen Ausdruck sekundenlang daraus. „Nein. Keine Sorge. Das haben Sie nicht.“

Clara erhaschte einen Blick auf seinen Einkaufskorb: Tiefkühlpizza und Rotwein, Frühstücksflocken und zwei Äpfel. Ein Single, mutmaßte sie. Und so attraktiv wie ein Panther: aus der Ferne schön anzusehen, aber aus der Nähe könnte er einen anderen Menschen mit einem Bissen verschlingen.

Der Fremde murmelte etwas, was sich nach einer Ermahnung anhörte, sie solle vorsichtiger sein, und verschwand hinter dem Regal mit den Waschmitteln. Seine Missbilligung blieb zurück wie ein schlechter Geruch.

Clara holte sich zwei Packungen Milch und steuerte die Kasse an, um zu bezahlen.

Als sie den Supermarkt verließ, war das Schneetreiben draußen dichter geworden. Die schneidende Kälte trieb sie zur Eile an. Clara beschleunigte ihre Schritte.

Auf dem Heimweg zog sie ihr Handy aus der Tasche und warf einen Blick darauf.

Nichts. Keine Nachricht von David. Eine leichte Unruhe stieg in ihr auf. Früher hatte er ihr immer sofort geantwortet. Jeden Abend hatte ein Gruß von ihm auf sie gewartet, wenn sie von der Arbeit kam. Inzwischen meldete er sich immer seltener. Tagelang oft gar nicht. Dabei fehlte er ihr so sehr. Ohne ihn schien eine Lücke in ihrem Herzen zu klaffen, die weder ihre Arbeit noch ihre Freunde füllen konnten.

Es sind die Prüfungen, erinnerte sie sich in Gedanken selbst. David hat alle Hände voll zu tun, weil er sein Studium so schnell wie möglich abschließen und heimkommen will. Ich muss mich gedulden. In New York ist es sechs Stunden früher als in München. Also gerade gegen Mittag. Ob David seine Prüfung bereits hinter sich hat? Oder muss er noch bangen?

Clara drückte das Telefon an sich und wünschte sich, ihr Schatz wäre endlich, endlich wieder bei ihr.

***

„Hm? Was?“ Verschlafen blinzelte Clara wenige Stunden später in die nächtliche Dunkelheit. Jemand … etwas hatte sie aus dem Schlaf gerissen. Das Telefon! Es klingelte unablässig!

Sie tastete nach der Nachttischleuchte und knipste sie an. Dann hob sie das Telefon an ihr Ohr.

„Ja?“

„Entschuldigen Sie die späte Störung, Frau Doktor. Vermutlich haben Sie schon geschlafen?“ Die helle Stimme gehörte Schwester Susi. „Das tut mir wirklich leid.“

„Ist schon gut.“ Clara strich ihre dunklen Haare aus der Stirn und spähte zum Wecker. Kurz vor Mitternacht. Sie hatte ganze zwei Stunden geschlafen. „Was gibt es denn?“

„Können Sie bitte in die Klinik kommen? Wir haben hier gerade einen Notstand. Zwei Ärzte sind krank geworden, und gerade hatte Dr. Riedl einen Schwächeanfall und braucht selbst Hilfe. Es ist mal wieder eine dieser Nächte, wissen Sie?“

„Ja, ich verstehe. Bin schon unterwegs.“

„Tausend Dank. Bis gl …“ Den Rest der Erwiderung der Krankenschwester hörte Clara schon nicht mehr, weil sie das Telefon zurück in die Ladestation stellte, aus dem Bett sprang und nach ihren Jeans griff. Dass sie nachts rausgeklingelt wurde, weil nicht genügend Ärzte vorhanden waren, hatte es noch nie gegeben. Es musste wirklich eng zugehen, wenn Schwester Susi sie rief.

Es war wohl besser, wenn sie sich beeilte. Rasch vertauschte Clara ihr Nachthemd mit einem warmen Pullover, schlüpfte in Jeans und Mantel und band im Gehen ihre Haare zu einem Zopf. Sie bevorzugte praktische Garderobe. Das war gerade ein Segen, weil das Anziehen sie nicht lange aufhielt.

Vor dem Haus musste sie ihr Auto erneut vom Schnee befreien. Wenigstens erwischte sie diesmal gleich den richtigen Wagen und war zehn Minuten später auf dem Weg in die Klinik. Der Winterdienst musste gerade erst durchgekommen sein, denn die Straßen waren frei vom Schnee – und es war gestreut!

Einmal musste Clara einen Radfahrer überholen, den offenbar weder die Uhrzeit noch das Wetter von seinem Radeln abhalten konnten. Clara erschauerte unwillkürlich, als sie sich vorstellte, wie kalt es auf dem Fahrrad sein musste.