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Eigentlich liebt Susanne die Vorweihnachtszeit. Dann bastelt sie immer mit ihrer kleinen Tochter, backt köstliche Plätzchen, deren Duft durch die ganze Wohnung zieht, und sitzt mit Paula bei Kerzenschein und erzählt Geschichten. Auch in diesem Jahr bemüht sich die alleinerziehende Mutter, alles so festlich und gemütlich wie möglich zu gestalten. Doch es fällt ihr nicht leicht, die Adventszeit zu genießen, denn sie hat große Sorgen: Ihr Vermieter hat ihnen zum Jahresende die Wohnung gekündigt, ein Aufschub ist nicht möglich.
Am Anfang war Susanne noch voller Hoffnung, eine neue Wohnung zu finden, aber mittlerweile macht sich Angst im Herzen der Altenpflegerin breit: Es sind nur noch wenige Wochen, bis sie ausziehen müssen, und sie haben noch immer keine neue Bleibe gefunden. Was sollen sie nur tun?
Zu allem Unglück erkrankt Paula plötzlich auch noch. Die Kleine wirkt mit einem Mal apathisch, isst nichts und hat hohes Fieber. Besorgt ruft die junge Mutter ihren Hausarzt Dr. Frank herbei, der eine furchtbare Diagnose stellt. Das Mädchen muss sofort ins Krankenhaus!
Verzweifelt sitzt Susanne in den folgenden Tagen am Krankenbett ihres geliebten Kindes und bangt um dessen Leben. Jetzt kann ihnen nur noch ein Wunder helfen ...
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Seitenzahl: 124
Cover
Impressum
Zwei Herzen und ein großer Wunsch
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Romrodphoto/shutterstock
eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-7325-5804-9
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Zwei Herzen und ein großer Wunsch
An Weihnachten geschieht für Paula und ihre Mama ein kleines Wunder
Eigentlich liebt Susanne die Vorweihnachtszeit. Dann bastelt sie immer mit ihrer kleinen Tochter, backt köstliche Plätzchen, deren Duft durch die ganze Wohnung zieht, und sitzt mit Paula bei Kerzenschein und erzählt Geschichten. Auch in diesem Jahr bemüht sich die alleinerziehende Mutter, alles so festlich und gemütlich wie möglich zu gestalten. Doch es fällt ihr nicht leicht, die Adventszeit zu genießen, denn sie hat große Sorgen: Ihr Vermieter hat ihnen zum Jahresende die Wohnung gekündigt, ein Aufschub ist nicht möglich.
Am Anfang war Susanne noch voller Hoffnung, eine neue Wohnung zu finden, aber mittlerweile macht sich Angst im Herzen der Altenpflegerin breit: Es sind nur noch wenige Wochen, bis sie ausziehen müssen, und sie haben noch immer keine neue Bleibe gefunden. Was sollen sie nur tun?
Zu allem Unglück erkrankt Paula plötzlich auch noch. Die Kleine wirkt mit einem Mal apathisch, isst nichts und hat hohes Fieber. Besorgt ruft die junge Mutter ihren Hausarzt Dr. Frank herbei, der eine furchtbare Diagnose stellt. Das Mädchen muss sofort ins Krankenhaus!
Verzweifelt sitzt Susanne in den folgenden Tagen am Krankenbett ihres geliebten Kindes und bangt um dessen Leben. Jetzt kann ihnen nur noch ein Wunder helfen …
Wieder abgelehnt! Enttäuscht ließ Susanne Lichtenberg den Brief sinken. Wie viele Wohnungen hatte sie sich inzwischen angeschaut? Sie wusste es kaum noch. Wieder und wieder hatte sie sich beworben, gehofft und war am Ende doch nur abgewiesen worden. Dabei riss sie an ihrem Kalender jeden Tag ein weiteres Blatt ab!
In nicht einmal drei Wochen mussten Paula und sie aus ihrer Wohnung ausziehen. Bis dahin brauchten sie unbedingt Ersatz, sonst saßen sie auf der Straße!
Die freie Dachgeschoss-Wohnung am Englischen Garten war eigentlich zu teuer für Susannes Budget, aber in ihrer Not hatte sie trotzdem ihr Interesse bekundet. Notfalls könnte sie sich einschränken, auf neue Garderobe, die Zeitung und den morgendlichen Kaffee auf dem Weg zur Arbeit verzichten. Wenn sie mit ihrer Tochter nur wieder ein Dach über dem Kopf hatte!
Doch jemand anders würde die Wohnung bekommen. Der Makler hatte ihr geschrieben, um abzusagen, und die Enttäuschung schnürte ihr die Brust zusammen.
Diese Wohnung wäre perfekt für uns gewesen, dachte sie. Mit dem Park vor der Haustür hätte Paula in der warmen Jahreszeit an der frischen Luft spielen können. Sie stromert so gern draußen herum. Wir wären morgens von den Vögeln geweckt worden, und abends hätten wir im Grünen sitzen können …
Ihre Augen begannen zu brennen. Ohne es zu bemerken, zerknüllte sie den Brief in ihrer Hand.
Was mache ich denn nun? Mir gehen allmählich die Optionen aus. In drei Wochen müssen wir ausziehen. Nur wohin? Wohin?
Im Fernsehen hatte es eine Zeit lang eine Sendung zum Thema „Immobiliensuche“ gegeben, die sie sich gern angeschaut hatte. Dort hatte ein Makler jedem Kunden mehrere Wohnungen zur Auswahl angeboten. In der Realität, die sie nun erlebte, wurde jede Immobilie von zahlreichen Bewerbern heiß umkämpft.
Dann entschieden Einkommen, Familienstand und andere Begleitumstände, wer die Wohnung bekam. Als alleinerziehende Mutter mit einem spärlich bestückten Bankkonto war Susanne bisher durch das Raster gefallen. Nun wusste sie nicht mehr weiter.
Ihr altes Haus war an einen neuen Besitzer übergegangen, der allen Mietern zum Jahresende gekündigt hatte. Die meisten Nachbarn waren bereits fort, das Haus war leer und kalt geworden. Nur eine einzige Nachbarin lebte auch noch hier. Susanne suchte seit Monaten fieberhaft nach einer neuen Wohnung, aber die waren in München knapp.
Ja, wenn sie sich eine Eigentumswohnung hätte leisten können, hätte es anders ausgesehen, aber daran war mit ihrem Gehalt als Altenpflegerin nicht einmal zu denken.
Sie wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. In diesem Jahr stand auf ihrem Wunschzettel nur ein einziger Herzenswunsch: ein neues Zuhause für ihr Kind und sich.
Plötzlich zupfte jemand an ihrem Jackenärmel.
„Können wir jetzt gehen, Mami?“ Paula legte den Kopf schief und sah erwartungsvoll zu ihr hoch.
„Wir … Aber natürlich, Spätzchen.“ Susanne riss sich zusammen, stopfte den Brief in ihre Umhängetasche und blinzelte die Tränen zurück. Es war nicht ihre Art, sich hängen zu lassen. Sie würde sich etwas einfallen lassen, um der drohenden Wohnungslosigkeit zu entgehen. Irgendetwas.
Sorgsam zog sie den Reißverschluss an Paulas Anorak hoch. Darunter trug die Fünfjährige einen Pullover mit einem Einhorn. Paula liebte diese Fabelwesen heiß und innig.
Ihr Zimmer glich einer Menagerie: Ein Poster mit einem Einhorn hing über ihrem Mal-Tisch; weitere Einhorn-Bilder waren auf die Kissen aufgedruckt und zierten die Nachttischlampe. Obendrein saß ein Einhorn aus kuschelweichem Plüsch auf der geblümten Tagesdecke und bewachte das Bett. Und den Film über das letzte Einhorn konnte Susanne inzwischen mitsprechen.
Sie nahm ihre Tochter bei der Hand und verließ mit ihr das Haus. Vom nahen Weihnachtsmarkt drangen stimmungsvolle Musik und der Duft von gebrannten Mandeln. Gemächlich bummelten sie an den Ständen vorbei.
Das Wetter meinte es gut mit ihnen: Schneeflocken wirbelten vom Himmel und legten sich watteweich über die Buden. Die zahllosen Lichter des Marktes funkelten, und ein haushoher Weihnachtsbaum breitete seine grünen Zweige über dem Markt aus.
Ein wenig Anspannung fiel von Susanne ab. Weihnachten war für sie die schönste Zeit des Jahres. Sie liebte die Lichter, den Flockenwirbel und das Leuchten in den Augen ihrer Tochter. In diesem Jahr trübten Sorgen ihre Vorfreude, aber Paula sollte trotzdem eine schöne Zeit erleben.
„Wie war es denn heute im Kindergarten, Spätzchen?“
„Wir haben ‚Schneeflöckchen, Weißröckchen‘ geübt. Für unsere Weihnachtsaufführung.“ Paula machte einen vergnügten Luftsprung. „Elli und ich dürfen Triangel spielen.“
„Das ist ja toll.“
„Finde ich auch. Aber Noah war beleidigt. Er wollte auch eine Triangel haben, aber er soll mit Kim und Leni tanzen.“
„Tanzen? Als Schneeflocke?“
„Hm-m. Er sagt, das ist Mädchenkram, aber Frau Wegener meint, viele Männer tanzen gern. Hat Papi auch getanzt?“
„Wenn ich ihn dazu gezwungen habe, dann schon.“
„Gezwungen?“ Paula machte große Augen. „Wie im Fernsehen? Mit einer Waffe?“
„Das war zum Glück nicht nötig. Dein Vater war nur zu schüchtern zum Tanzen, deshalb musste ich ihn auffordern.“
„Ach so. Frauenpower“, sagte Paula und nickte gewichtig.
Erstaunt sah Susanne ihre Tochter an.
„Wo hast du denn diesen Ausdruck her?“
„Das sagt Elli. Hat sie von ihrer großen Schwester.“
„So so.“ Das Treiben auf dem Weihnachtsmarkt wurde dichter, deshalb nahm Susanne ihre Tochter fester bei der Hand, als sie weiterschlenderten.
Sie kamen an einem Stand vorbei, an dem Keramik angeboten wurde. Daneben gab es warme Hüttensocken und Wollmützen zu kaufen. An einer Imbiss-Bude blieben sie stehen und kauften Kartoffelpuffer mit Zucker und Apfelmus. Die Puffer waren heiß und süß und schmeckten köstlich!
Paula stülpte ihre Zuckerschnute vor.
„Mhmm, das war lecker“, machte sie zufrieden und leckte einen Rest Apfelmus von ihrer Holzgabel ab.
„Wisch dir mal den Mund ab, Spätzchen. Du bist ja voller Zucker.“
Die Fünfjährige nahm die Papierserviette und rubbelte über ihre Lippen. Plötzlich erhielt sie von hinten einen Stoß. Ein Mann in einem dunklen Wintermantel rempelte sie an.
„Aua!“
Der Besucher blickte erschrocken zu ihr hinunter, murmelte eine Entschuldigung und verschwand in der Menge.
Susanne hob ihre Tochter auf den Arm.
„Möchtest du einen kandierten Apfel haben, Spätzchen?“
„Oh ja! Können wir Tante Elfie auch einen mitnehmen?“
„Ich weiß gar nicht, ob sie so etwas mag.“
„Jeder mag kandierte Äpfel“, behauptete Paula und schob energisch das Kinn vor. In diesem Augenblick ähnelte sie ihrem verstorbenen Vater so sehr, dass sich etwas in Susanne schmerzhaft zusammenzog. Himmel, wie sehr er ihr fehlte! Sie wünschte sich so sehr, ihr Mann könnte miterleben, wie seine Tochter heranwuchs. Die Kleine hatte so viel von ihm.
Sie sandte einen Blick in den grauen Winterhimmel, dann kaufte sie zwei kandierte Äpfel. Einen ließ sie für ihre Nachbarin einpacken und verstaute ihn in ihrer Tasche. Den anderen drückte sie ihrem Kind in die Hand.
Gerade als sie weiterschlendern wollte, wurde ihr Blick von einem Fahrzeug angezogen, das langsam und in deutlichen Schlangenlinien hinter einem Schneepflug herfuhr. Der Fahrer hielt etwas in der Hand. Ein Handy? Er sprach und beugte sich gleichzeitig zur Seite. Kurz tauchte sein Kopf hinter dem Lenkrad ab. War ihm etwas heruntergefallen? Jedenfalls schaute er überallhin – nur nicht auf die Straße!
Um Himmels willen! Susanne machte mit ihrem Kind unwillkürlich einen Schritt zur Seite. In der nächsten Sekunde geschah es auch schon: Der Wagen bohrte sich krachend in die Seite eines am Straßenrand geparkten Lieferautos!
„Huch!“ Paulas Kopf wirbelte erschrocken herum. Aus weit aufgerissenen Augen schaute sie zu dem Fahrer, der nun hinter seinem Lenkrad hochfuhr und etwas ausstieß, das vermutlich ein Fluch war. Er stieg aus und besah sich mit gerunzelter Stirn den Schaden.
Der Unbekannte war nur wenige Jahre älter als Susanne, hochgewachsen und unübersehbar attraktiv, trotz der tiefen Furche, die sich zwischen seinen dunklen Augenbrauen eingrub. Er trug einen eleganten Anzug und sah aus, als würde er gerade von einem geschäftlichen Meeting kommen.
Ein Unternehmer? Susanne betrachtete ihn forschend. Auf jeden Fall jemand, der auf der Überholspur lebte. Immer in Eile. Der Zwischenfall sprengte vermutlich seinen gesamten Zeitplan.
Der Unbekannte machte einen Schritt auf das beschädigte Fahrzeug zu und schlitterte auf dem verschneiten Fußweg. Er rutschte und ruderte mit den Armen.
Susanne ging zu ihm.
„Entschuldigen Sie – Sind Sie verletzt? Ich kann einen Arzt rufen, wenn Sie Hilfe brauchen.“
Er wandte sich zu ihr, und sekundenlang trat ein Ausdruck von Überraschung in seine Augen. Sein Blick wurde wärmer, aber dann winkte er ab.
„Mir fehlt nichts, aber vielen Dank, dass Sie fragen – das ist wirklich freundlich. Ich ärgere mich nur über mich selbst.“
„Das war ein tüchtiger Knall eben.“
„Und ganz allein meine Schuld. Ich bin so ein Idiot.“
„Das kann man wohl sagen“, bestätigte sie trocken.
„Wie bitte?“ Verblüfft sah er sie an.
„Sie sollten nicht Auto fahren, wenn Sie sich nicht auf den Verkehr konzentrieren können.“
„Ich weiß, aber es ist so viel zu tun, dass die Tage nie ganz ausreichen. Besonders jetzt vor Weihnachten. Mir wächst die Arbeit über den Kopf, und ich habe noch kein einziges Geschenk besorgt.“ Er rieb sich den Nacken und stöhnte.
„Haben Sie Schmerzen? Soll ich nicht doch einen Krankenwagen rufen?“
„Nein, nein. Mir fehlt nichts. Ich bin nur verspannt, das ist alles. Aber mein Wagen … Der muss in die Reparatur. Wissen Sie zufällig, wem das geparkte Auto gehört?“
„Der Aufschrift nach dem Röthel-Bäcker. Er hat seinen Laden dort vorn.“ Susanne deutete über die Straße zu dem Geschäft.
„Danke. Ich werde mein Missgeschick am besten sofort beichten. Verflixt. Ich wünschte, ich hätte besser aufgepasst.“
„Nicht ärgern“, sagte Paula leise. „Es ist bald Weihnachten.“
„Ja, das stimmt wohl, Kleine, aber für mich leider nicht.“
„Weihnachten ist für alle Menschen.“
„Nur für die, die Zeit haben, um es zu genießen.“
Paula legte den Kopf schief und sah ihn nachdenklich an. Dann hielt sie ihm entschlossen ihren kandierten Apfel hin.
„Hier, bitteschön.“
Überrascht weiteten sich seine Augen.
„Was soll ich damit?“
„Er schmeckt gut. Damit Sie auch ein Weihnachten haben.“
„Herrje …“ Ein überraschtes Lächeln huschte über das ernste Gesicht des Mannes. „Das ist sehr lieb von dir, Kleine, aber behalte deinen Apfel. Du brauchst die Vitamine, damit du groß und stark wirst.“ Er blickte zwischen Susanne und ihrer Tochter hin und her und wirkte mit einem Mal wie ein Junge vor einem verschlossenen Spielwarengeschäft. Sehnsucht blinkte in seinen Augen.
Doch dann schien ein Vorhang über seine Züge zu fallen und den Blick auf sein Inneres zu versperren. Er verabschiedete sich und strebte mit langen Schritten der Bäckerei auf der anderen Straßenseite zu.
Susanne blickte ihm kurz nach, ehe sie ihren Bummel über den Weihnachtsmarkt fortsetzten. Doch die Einsamkeit in den Augen des Fremden ging ihr lange nicht mehr aus dem Kopf.
***
Eine Stunde später betraten Susanne und Paula ihre Wohnung. Sie froren so sehr, dass ihre Zähne aufeinanderschlugen. Draußen wirbelte der Schnee inzwischen so dicht, dass man kaum noch ein paar Meter weit schauen konnte. Außerdem fauchte ein bitterkalter Wind durch die Straßen von Grünwald.
Wir brauchen trockene Kleidung, ein Fußbad und danach einen schönen heißen Kakao, entschied Susanne. Sie half ihrer Tochter aus dem Anorak und holte eine Schüssel mit warmem Wasser aus dem Bad. Sorgsam überprüfte sie die Temperatur, ehe sie die Schüssel vor ihrem Kind abstellte.
In der gut geheizten Wohnküche zupfte Paula die Socken von ihren Füßen, ließ sich auf einem Stuhl nieder und tauchte ihre Zehen in das Wasser.
„Huch!“, quietschte sie. „Ist das heiß!“
„Das kommt dir nur so vor, weil deine Füße so kalt sind. Tauch sie vorsichtig ein, dann gewöhnst du dich schnell daran.“ Susanne streute eine Handvoll Badeperlen in das Wasser. Sofort verbreitete sich der süße Duft von Vanille.
Anschließend wandte sie sich dem Herd zu und kochte Kakao. Vor dem Fenster pickten zwei Meisen an einem Knödel herum, den Paula hinausgehängt hatte. Die Kleine streute den Vögeln jeden Tag Futter hinaus. Sie liebte die fröhliche Schar und vergaß das Füttern niemals.
An diesem Abend wurde der Knödel im Sturm hin und her gewirbelt, aber die beiden Vögel schienen sich nicht daran zu stören. Ihr Gefieder wurde allerdings tüchtig zerzaust!
„Frieren sie denn nicht?“, fragte Paula.
„Ich glaube nicht. Sie haben ja ihre warmen Federn.“
„Da haben sie es gut. So was hätte ich auch gern.“
„Du kannst nachher gleich unter deine warme Bettdecke kriechen.“
„Oh ja. Aber vorher müssen wir Tante Elfie noch ihren Apfel bringen.“
„Das machen wir, sobald wir uns aufgewärmt haben.“ Susanne vertauschte ihre schneefeuchten Hosen mit einer frischen Jeans und zog sich kuschelig weiche Socken an. Anschließend leerte sie ihren Kakaobecher. Das Getränk wärmte sie von innen, sodass sie erleichtert aufseufzte.
Sorgsam trocknete sie die Füße ihrer Tochter ab.
„Zieh dir warme Socken und deine Hausschuhe an, Spätzchen, danach gehen wir zu Frau Zangerle.“
„Ist gut!“ Paula schlüpfte in ihre Einhorn-Hausschuhe und balancierte die Wasserschüssel vorsichtig zurück ins Bad. Dabei mochte sie sich auf keinen Fall helfen lassen. Ein paar Spritzer gingen daneben, aber die waren rasch aufgewischt.
Kurz darauf klingelten sie zusammen an der Tür ihrer Nachbarin. Frau Zangerle war Anfang siebzig und lebte seit einigen Jahren allein. Sie passte hin und wieder auf Paula auf, wenn es bei Susannes Arbeit später wurde. Für die Fünfjährige war sie wie eine liebe Verwandte. Die Rentnerin konnte wunderbar backen. Zimtsterne waren ihre Spezialität. Paula schwärmte oft davon.
An diesem Abend trug ihre Nachbarin einen Schal um die Schultern, als sie ihnen die Tür öffnete und sie hereinbat. In ihrem Wohnzimmer war es auffallend kühl.
Susanne zog fröstelnd die Arme um sich.
„Kühl haben Sie es hier. Ist die Heizung kaputt, Frau Zangerle?“