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Die Exterminator-Drachen kommen! Mit ihrem verheerenden Flammenatem drohen sie, den Stamm der Räuberischen Raufbolde für immer auszulöschen. Für Hicks und seinen Drachen Ohnezahn gibt es nur eine Möglichkeit, das tödliche Unheil abzuwenden: Der Feuerstein muss schnellstens an seinen rechtmäßigen Platz zurückgebracht werden - nämlich mitten in den riesigen Vulkan der Lavabold-Insel
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Seitenzahl: 171
Cressida Cowell
DRACHENZÄHMEN
LEICHT GEMACHT
Brandgefährliche Feuerspeier
Aus dem Englischen von Anke Knefel
Mit Illustrationen von Clara Vath
In der Reihe »Drachenzähmen leicht gemacht« von Cressida Cowell sind im Arena Verlag erschienen: Band 1 Drachenzähmen leicht gemachtBand 2 Drachenzähmen leicht gemacht. Wilde Piraten voraus!Band 3 Drachenzähmen leicht gemacht. Strenggeheimes DrachenflüsternBand 4 Drachenzähmen leicht gemacht. Mörderische DrachenflücheBand 5 Drachenzähmen leicht gemacht. Brandgefährliche FeuerspeierBand 6 Drachenzähmen leicht gemacht. Handbuch für echte HeldenBand 7 Drachenzähmen leicht gemacht. Im Auge des DrachensturmsBand 8 Drachenzähmen leicht gemacht. Flammendes Drachenherz
www.drachenzähmen.de
Hicks der Hartnäckige vom Hauenstein der Drittewar ein Furcht einflößender Schwertkämpfer, ein Drachenflüsterer und überhaupt der größte Wikingerheld, der jemals lebte. Doch seine Memoiren entführen dich in die Zeit, als er noch ein ganz gewöhnlicher Junge war und sich überhaupt nicht vorstellen konnte, dass aus ihm mal ein Held werden würde.
Cressida Cowellverbrachte ihre Kindheit in London sowie auf einer unbewohnten Insel an der Schottischen Westküste. Sie war überzeugt, dass es dort nur so vor Drachen wimmelte, und ist seither von ihnen fasziniert. Neben den Aufzeichnungen von Hicks’ Memoiren hat sie mehrere Bilderbücher geschrieben und illustriert. Sie lebt mit ihrem Mann und drei Kindern im englischen Hammersmith.
Clara Vathliebte es schon als Kind, bunten und verrückten Fantasiewesen eine Gestalt zu geben. Dass ihr dabei auch der ein oder andere Drache begegnet ist, kam ihr bei der Arbeit an Hicks’ Memoiren sehr gelegen. Seit 2012 arbeitet sie als freie Illustratorin für verschiedene Unternehmen.
Ich widme dieses Buch meiner Mutter Marcia
Die Originalausgabe erschien 2007 unter dem Titel »How to Twist a Dragon’s Tale« bei Hodder Children’s Books, London. © 2007 Cressida Cowell
1. Auflage 2017 © 2017 Arena Verlag GmbH, Würzburg Alle Rechte vorbehalten Aus dem Englischen von Anke Knefel Einband, Satz und Illustration: Clara Vath ISBN 978-3-401-80656-3
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INHALTSVERZEICHNIS
VORWORT VON HICKS DEM HARTNÄCKIGEN VOM HAUENSTEIN III., DEM LETZTEN DER GROSSEN WIKINGERHELDEN
1. UNTERRICHT IM RENTIEREHÜTEN-MIT-DEM-REITDRACHEN
2. DIE EXTERMINATOR-DRACHEN
3. DIE FEUERFALLE
4. DER KAMPF
5. WER IST DER MANN AUF DEM WEISSEN DRACHEN?
6. HICKS’ BARDIGARD HAT ALLE HÄNDE VOLL ZU TUN
7. TORBEN DER TEUFELSKERL ERZÄHLT SEINE GESCHICHTE
8. DIE SCHRECKLICH UNERWARTETE WENDUNG DER GESCHICHTE
9. WIE BEKOMMT MAN VON JEMANDEM, DER EIN SCHWEIGEGELÜBDE ABGELEGT HAT, EINEN RAT?
10. DAS THING
11. DAS WIR-VERHINDERN-DEN-VULKANAUSBRUCH-HELDENABENTEUER
12. WILLKOMMEN AUF DER LAVABOLD-INSEL
13. UNTERDESSEN, ZURÜCK AUF DER INSEL BERK
14. IST ES WIRKLICH IMMER NETT, ALTE BEKANNTE WIEDERZUTREFFEN?
15. WAS MACHE ICH HIER?
16. NOCH EIN KAMPF
17. WANN GENAU IST EIGENTLICH ZU SPÄT?
18. EINE INTERESSANTE FRAGE: KANN MAN VOR EINEM AUSBRECHENDEN VULKAN DAVONLAUFEN?
19. NOCH EINE INTERESSANTE FRAGE: IST DAS UNIVERSUM EIN GUTES ODER EIN FAULES EI?
20. DER VORHANG FÄLLT
DER ALTE MANN IM BRUNNENLOCH
NACHWORT VON HICKS DEM HARTNÄCKIGEN VON HAUENSTEIN DEM DRITTEN, DEM LETZTEN ALLER GROSSEN WIKINGERHELDEN
DAS ARMBAND
VORWORT VON HICKS DEM HARTNÄCKIGEN VOM HAUENSTEIN III., DEM LETZTEN DER GROSSEN WIKINGERHELDEN
Als ich ein kleiner Junge war, gab es noch wahre Helden. Seitdem ist eine halbe Ewigkeit vergangen. So kommt es mir jedenfalls vor, denn jetzt bin ich ein ziemlich alter Mann mit Runzeln im Gesicht und Silberfäden im Haar, und ich kann mir kaum noch vorstellen, dass ich selbst dieser Junge gewesen sein soll. Deshalb werde ich die Geschichte so erzählen, als wäre sie einer anderen, fremden Person passiert.
Dies ist die Geschichte von einem wahren Helden, dem ich begegnet bin, als ich elf Jahre alt war und gerade die gefährlichste aller meiner Heldenprüfungen vor mir lag: Ich musste nämlich einen Vulkanausbruch verhindern, koste es, was es wolle.
Dieser Held war wirklich ein großer berühmter Mann, doch leider hatte er das Heldsein ziemlich satt …
1. UNTERRICHT IM RENTIEREHÜTEN-MIT-DEM-REITDRACHEN
Nie im Leben würde Hicks der Hartnäckige vom Hauenstein der Dritte jenen Tag vergessen, an dem er zum ersten Mal einem Exterminator-Drachen begegnete.
Wie könnte er auch?
Es war eine der furchtbarsten Erfahrungen seines noch jungen, abenteuerlichen Lebens.
Da saß er nun, gefangen inmitten eines Feuerrings, der sich unaufhörlich enger und enger um ihn schloss. Dunkle, katzenhafte Gestalten schlichen durch die Flammen, düstere, schemenhafte Schatten von Exterminator-Drachen. Immer näher kamen sie, umkreisten ihn, wetzten ihre Krallen, bereit zum Sprung …
Moment mal.
Ich sollte die Geschichte wohl besser von Anfang an erzählen.
All dies geschah während einer vollkommen überraschenden Hitzeperiode im August. Überraschend deshalb, weil der August im Land der Wikinger normalerweise eine ziemlich nasskalte Angelegenheit war. Im Laufe jenes Sommers jedoch war es auf einmal immer heißer und heißer geworden, und Alt Faltl, Hicks’ Großvater, brabbelte etwas von einem bösen Omen und dass die unerwartete Hitze auf schlimmes Unheil hindeutete.
Denn angeblich sei irgendwo im Westen eine neue furchterregende Drachenbrut erwacht, die Feuersbrunst und Verderben über sie alle bringen würde …
Unglücklicherweise wurden Alt Faltls Weissagungen von niemandem so richtig ernst genommen, weil sich seine Zukunftsvorhersagen meist als nicht besonders verlässlich erwiesen hatten.
An jenem denkwürdigen Tag also brannte die Sonne so erbarmungslos auf die ansonsten eher feuchtschlammige Insel Berk nieder, als wäre sie von ihrem Weg abgekommen und verwechselte das kleine Eiland unter ihr mit Afrika.
Nicht die kleinste Wolke (abgesehen von einem Exterminator-Drachen, den aber niemand beachtete) zeigte sich am Himmel.
Hicks der Hartnäckige vom Hauenstein der Dritte, einziger Sohn von Häuptling Haudrauf dem Stoischen, nahm gerade auf der Insel Berk am Piraten-Trainingsprogramm der Räuberischen Raufbolde teil. An diesem stickigen Sommertag wünschte man sich eigentlich nichts sehnlicher, als hechelnd unter einem Baum zu liegen und sich unzählige Trinkhörner angenehm gekühlten Wassers durch die Kehle rinnen zu lassen. Hicks’ Kommandant und Lehrer, Grobian der Rülpser, hatte jedoch entschieden, dass sich das WUNDERBARE windstille Wetter geradezu anbot für eine Trainingseinheit im Rentiere-Hüten-mit-dem-Reitdrachen. Hicks konnte Grobian dem Rülpser in diesem Punkt nicht zustimmen.
Aber Grobian der Rülpser dachte nicht daran, Hicks nach seiner Meinung zu fragen. Der knapp zwei Meter große Berserker war nicht der Typ von Lehrer, mit dem man lange herumdiskutierte.
Also waren die jungen Raufbolde alle am Abhang des Großen Berges, ungefähr auf halber Höhe, brav angetreten. Insgesamt zwölf Schüler standen schweißtriefend und schlaff wie welkes Gemüse in einer schiefen Reihe und schlugen träge nach den Mücken, die sich in der dampfenden Luft in Riesenschwärmen auf ihre Opfer stürzten. Unter ihnen Hicks der Hartnäckige vom Hauenstein der Dritte, der erstaunlicherweise zum Helden dieser Geschichte werden sollte. Denn eigentlich war er ein ganz gewöhnlicher Junge mit leuchtend roten Haaren, die, egal was man mit ihnen anstellte, in sämtliche Himmelsrichtungen senkrecht vom Kopf abstanden. Wie gesagt, wie der geborene Held sah er nicht gerade aus.
Der einzige Junge beim Piraten-Trainingsprogramm der Räuberischen Raufbolde, der noch weniger heldenhafte Qualitäten aufwies als Hicks, war dessen bester Freund Fischbein. Er litt unter Asthma, Hautausschlag, X-Beinen und Plattfüßen. Zudem war er kurzsichtig, allergisch gegen alle Arten von Reptilien, Heidekraut und Tierhaare und er konnte nicht schwimmen. Alles in allem erinnerte er stark an eine bebrillte Bohnenstange.
Neben ihm stand Rotznase Rotzgesicht. Ein reizendes Kerlchen – falls man zufällig eine Schwäche für Widerlinge mit tätowiertem Schädel hat, die alles, was sich bewegt und kleiner ist als sie, gnadenlos zur Schnecke machen. Dann war da noch Taubnuss Junior. Ein angenehmer Junge – falls man sich in Gesellschaft potthässlicher Schlägertypen wohlfühlt, die ständig in der Nase bohren und mit einer Axt unter ihrem Kopfkissen schlafen.
Den Schluss bildete Stinker der Dussel, ein massiger Kerl von der Anmut und dem Charme eines Schweins mit Helm, ein wahrer Gorilla, der am meisten schwitzte und einen üblen Geruch verströmte.
Vor diesem Gruselkabinett halbstarker, pickeliger Möchtegern-Helden hatte sich Grobian der Rülpser breitbeinig aufgebaut und brüllte sie in gewohnter Lautstärke gut gelaunt an.
»ALLE MAL HERHÖREN!«, bellte er, während der Schweiß in Strömen über sein krebsrot angelaufenes Gesicht bis in den Bart floss und diesen in einen triefenden, tropischen Urwald verwandelte. »ICH GEHE DAVON AUS, DASS JEDER SEINEN JAGDDRACHEN MITGEBRACHT HAT?«
Alle hatten ihre Jagddrachen mitgebracht. Alle außer Planlos, der so dumm war, dass man ihm eigentlich hätte verbieten müssen, ohne einen Aufpasser herumzulaufen. Er hatte seine JAGDKANNE dabei, was einfach nicht dasselbe war wie ein Jagddrache.
Die meisten von ihnen waren, so wie ihre Meister, wenig begeistert davon, dass man sie zu diesem Training bestellt hatte. Hechelnd und mit weit heraushängenden Zungen peitschten sie schlecht gelaunt mit ihren Schwänzen die Luft, um sich die Mücken und Fliegen vom Leib zu halten.
Rotznases Drache Feuerwurm, der aussah wie ein flammenroter Rottweiler mit dem Gesicht eines Krokodils, schlängelte sich mürrisch um Rotznases Füße und fragte sich, ob er wohl Ärger bekommen würde, wenn er Grobian einmal ordentlich in seinen fetten haarigen Hintern beißen würde. Wenn er einen ausreichend großen Happen erwischen würde, wäre das Training beendet, bevor es richtig angefangen hatte, und Grobian wäre reif für die Krankenhütte …
Doch dann ließ er, wenn auch widerstrebend, diesen Gedanken wieder fallen, als er einsah, dass er TODSICHER Ärger bekommen würde.
Fischbeins Drache Horrorkuh, der einzige vegetarische Jagddrache, von dem man je gehört hatte, war unterwegs auf den Armen seines Meisters eingeschlafen. Fischbein gab sich alle Mühe, den Kopf des Drachen hochzuhalten, damit es so aussah, als wäre er hellwach und ganz Ohr. Denn nichts hasste Grobian der Rülpser so sehr wie Unaufmerksamkeit während des Unterrichts.
Die übrigen Drachen lungerten lustlos zu Füßen ihrer Meister herum oder hingen schlaff schwebend über ihnen in der Luft und wünschten sich insgeheim weit, weit fort. Hicks’ Jagddrache Ohnezahn war mit Abstand der kleinste von allen, ein hellgrüner Gewöhnlicher oder Feld-Drache ungefähr von der Größe eines frechen Dackels oder Jack-Russell-Terriers. Außerdem war er der einzige Drache, der Grobians Begeisterung angesichts der geplanten Expedition teilte. Ungeduldig zappelte er unter Hicks’ Weste, verschwand unter seinem Wams und wuselte dort herum, sodass seine kleinen Krallen über Hicks’ Bauch kitzelten, bis er dann wieder aus dem Kragen heraus und auf den Kopf seines Meisters krabbelte. Dort thronte er auf dem Helm, breitete seine Flügel aus und stieß ein paar kurze, gereizte Hupgeräusche aus, bevor er seine hektische Krabbeltour fortsetzte.
»Wann f-f-fangen wir an? F-f-fangen wir endlich an?«, zwitscherte Ohnezahn aufgeregt. »Wann geht es los? D-d-darf O-O-Ohnezahn Erster sein? Ich will! Ich! I-i-ich!«
»Entspann dich, Ohnezahn, immer mit der Ruhe!«, schimpfte Hicks, als sich der kleine Drache im Eifer des Gefechts mit seiner Klaue in Hicks’ Nasenloch verhedderte. »Wir sind doch gerade erst hier angekommen.«*
»ALSO JUNGS, AUFGEPASST!«, schnauzte Grobian. »Rentiere-Hüten funktioniert fast genauso wie Schafe-Hüten, abgesehen davon, dass Rentiere größer sind.«
Planlos meldete sich. »Welche sind größer?«
»Schafe sind diese runden, flauschigen Tiere und Rentiere die größeren mit diesen spitzen Dingern auf dem Kopf«, erklärte Fischbein freundlich.
»Danke, Fischbein«, sagte Grobian. »Wo war ich stehen geblieben? Ach ja, mit Unterstützung eurer Jagddrachen werdet ihr jedes Rentier, das versucht, sich von der Herde abzusondern, zurücktreiben. Dabei könnt ihr zeigen, ob ihr eure Lektion im Schafe-Hüten gelernt habt.«
»Ich weiß nicht, wie Hicks der Nutzlose jemals Häuptling dieses Stammes werden will«, feixte Rotznase, »wenn er nicht einmal seine jämmerliche Mikrobe von Drachen unter Kontrolle halten kann. Das hat man ja schon beim Schafe-Hüten gesehen!«
Ohnezahn hatte bei jener Trainingseinheit vollkommen den Kopf verloren. Er hatte die Schafherde alleine HÜTEN wollen und hatte sie am Ende geradewegs in die Drachenlatrinen getrieben. (Hinterher hatte er beteuert, dass es ein Versehen gewesen war, doch Hicks hatte da so seine Zweifel.)
»Aber die Hauptarbeit«, donnerte Grobian weiter, »werdet IHR auf euren REITDRACHEN verrichten …«
»K-k-kann Ohnezahn Rentiere FRESSEN, wenn er sie fängt?«, kreischte Ohnezahn.
»NIEMAND wird hier Rentiere FRESSEN, Ohnezahn!«, zischte Hicks. »Und jagen werden wir sie schon gar nicht. Hier geht es ums Hüten, nicht ums Jagen. Das heißt, wir werden die Rentiere nur sanft in die richtige Richtung führen.«
»Oh«, machte Ohnezahn, maßlos enttäuscht.
»… keiner von euch hat bisher einen Drachen geritten«, dröhnte Grobian weiter, »und ihr werdet merken, dass das nicht so leicht ist, wie man denkt. Aus diesem Grund handelt es sich bei den Drachen, die ihr heute reiten werdet, um NOCH NICHT VOLLSTÄNDIG AUSGEWACHSENE. Das bedeutet, dass sie noch nicht kräftig genug sind, um euch durch die Lüfte zu tragen.«
»Aber Kommandant«, maulte Rotznase, »ich dachte, wir würden heute endlich FLIEGEN.«
»Zuerst lernt ihr das Reiten«, wies Grobian ihn zurecht.
»Und dann, VIEL SPÄTER, lernt ihr das Fliegen. Wenn du von einem fliegenden Drachen abstürzt, endest du als Wikingermus. Und ich wüsste nicht, wie ich das deinem Vater erklären sollte.«
»Kann O-O-Ohnezahn nicht wenigstens ein ganz klitzekleines Rentierlein fressen?«, fragte Ohnezahn kleinlaut.
»Nein«, zischte Hicks zurück.
»Wir werden uns also AUF unseren Reitdrachen LEISE den Rentieren nähern – kein Gefurze, Stinker –, vorsichtig die Herde einkreisen und ebenso vorsichtig versuchen, sie in Richtung Dorf zu treiben. Irgendwelche Fragen so weit? Ja, Planlos?«
»Welches sind noch mal die runden Flauschigen?« Grobian seufzte.
»Die runden Flauschigen sind die SCHAFE, Planlos, die SCHAFE. Nun denn. Ihr werdet schnell merken, dass die Reitdrachen recht lebhaft sind. Sie sind – WO SIND DIE BIESTER EIGENTLICH?«, fragte Grobian entgeistert. »Sie sollten uns doch folgen.«
»Ich glaube, sie sind da drüben, Kommandant«, sagte Fischbein und zeigte auf einen kleinen knorrigen Baum, der etwas abseits stand.
Die Reitdrachen sahen alles andere als lebhaft aus. Mit weit heraushängenden Zungen, die Köpfe auf den Pranken abgelegt, lungerten sie träge im Schatten des Baumes. Grobian stürmte mit Riesenschritten auf sie los, klatschte in die Hände und schrie: »KOMMT SCHON, HOCH MIT EUCH, IHR SOLLT FURCHTERREGEND AUSSEHEN, UM THORS WILLEN!«
Und während die Reitdrachen sich aufrappelten und sich wie ein Rudel schlecht gelaunter Löwen durch das braune, verdorrte Heidekraut zu ihren Meistern hinüberschleppten, bemerkte Hicks etwas anderes, WAHRHAFT Furchterregendes.
Etwas, das ein kleiner Hinweis dafür war, dass dieser Tag möglicherweise eine unerwartete Wendung nehmen würde.
Der Baum, unter dem die Reitdrachen Schatten gesucht hatten, war nicht nur vollkommen vertrocknet, sondern von oben bis unten schwarz verkohlt. Der Boden um den Baum zeigte eindeutige Brandspuren. Und als Hicks näher heranging und sich die Stelle genauer ansah, stellte er zu seinem Entsetzen fest, dass auch der ganze Abhang dahinter nur noch eine einzige rußgeschwärzte Wüste war.
Wo sich vor Kurzem noch Heidekraut im Wind gewiegt und es vor Schmetterlingen, Grashüpfern und summenden Nanodrachen nur so gewimmelt hatte, sah man nur noch verkohlte Stoppeln unter grauer Asche, so weit das Auge reichte.
Schuld an dieser Art von Verwüstung war ganz sicher nicht die Sonne, sosehr sie auch vom Himmel brannte. Nein, dafür konnte es nur eine Erklärung geben:
FEUER.
* Hicks war der Einzige im Stamm der Räuberischen Raufbolde, der Drachenesisch sprechen konnte, die Sprache der Drachen.
2. DIE EXTERMINATOR-DRACHEN
Hicks schluckte. »Oh Mann, oh Mann, oh Mann, oh Mann, oh MANN!«, stöhnte er leise. »Wie ist denn das passiert?« Man muss wissen, dass Drachen normalerweise immer sehr vorsichtig mit ihrem Feuer umgingen. Sie nutzten es zur Verteidigung und für die Jagd. Aber niemals hätten sie auch nur im Traum daran gedacht, einen ganzen Landstrich abzufackeln, einfach so. Was hätten sie auch davon gehabt? Schließlich lebten sie auf diesem Land. Es gab ihnen Nahrung und Unterschlupf.
Das hier musste einer von der »Übelsten Sorte« angerichtet haben, einer Drachenart, die in keiner Weise mit den herkömmlichen Drachen zu vergleichen war.
Hicks wollte lieber nicht daran denken, wie gefährlich ein solches Untier sein könnte.
Er räusperte sich. »Ähm, Kommandant, ich glaube, Ihr solltet Euch das hier mal ansehen … Hier hat es anscheinend ein Drachenfeuer gegeben.«
»Drachenfeuer? Unsinn und Möwendreck!«, schnaubte Grobian und stemmte die Hände in die Hüften, während er einen Blick auf die Verwüstung warf. »Das war bestimmt nur ein Blitzschlag beim letzten Gewitter.«
»Aber wir hatten schon lange kein Gewitter mehr«, gab Hicks zu bedenken und kniete sich in den grauen Staub.
»Seht nur, die Asche hat einen leicht grünlichen Schimmer. Das kann nur ein Drache von der Übelsten Sorte gewesen sein.«
»Herzlichen Dank für die Belehrung«, blaffte Grobian zurück. »Aber der Ausbilder bin immer noch ich! UND JETZT MACH, DASS DU WIEDER AUF DEINEN PLATZ KOMMST!« Hicks reihte sich wieder zwischen den anderen Novizen ein.
Rotznase grinste schadenfroh.
»Kein Drache, von welcher Sorte auch immer, würde es jemals wagen, unsere Raufbold-Bastion hier auf Berk anzugreifen. Das ist ja wohl die ABERWITZIGSTE, LÄCHERLICHSTE, ABSURDESTE Idee, die man je gehört hat«, röhrte Grobian. »AUFSITZEN! Aber ein bisschen PLÖTZLICH, wenn ich bitten darf!«
Warzenschwein kletterte auf seinen Sumpftiger. Rotznase Rotzgesicht hatte sich natürlich mal wieder den besten unter den Reitdrachen ausgesucht, einen leichtgängigen, böse aussehenden Teufelsbraten.
Taubnuss Junior hatte einen schnittigen Blitzschlitzer mit Rallye-Streifen an den Flanken ergattert.
»Hicks der Nutzlose und seine fischbeinige Missgeburt von Freund sind eine Schande für uns alle, Kommandant«, meckerte Rotznase. »Seht Euch nur ihre lächerlichen Reitdrachen an. Sie entehren den gesamten Stamm der Räuberischen Raufbolde!«
Fischbein und Hicks saßen auf den kümmerlichsten aller Reitdrachen, einem hässlichen, schlecht gelaunten kleinen Windpockler, dessen rundlicher Bauch fast auf dem Boden schleifte, und einem verstört dreinblickenden, nervösen Espenlaubler, der deutlich lahmte.
Als Sohn des Stammeshäuptlings hatte Hicks einige Tage zuvor als Erster seinen Reitdrachen in den Drachenställen aussuchen dürfen. Er hätte sich ohne Weiteres den Teufelsbraten schnappen können, auf dem Rotznase jetzt selbstgefällig thronte, ein prächtiges Tier von edler, muskulöser Gestalt, aus dem eines Tages ein herrlicher Drache werden würde.
Doch irgendetwas an dem armen, nervösen Espenlaubler-Drachen hatte Hicks unwiderstehlich angezogen: Er wusste, dass niemand anderes ihn auswählen würde.
Und irgendwie hatte er das Gefühl, dass dem verschreckten, geduckt vor ihm auf und ab humpelnden Tier etwas Furchtbares zugestoßen sein musste. Die Spuren an seinen Beinen verrieten, dass er vor Kurzem noch angekettet gewesen sein musste.
»Den würde ich an deiner Stelle nicht nehmen«, hatte Heini Hirnlos ihm geraten, der für die Drachenställe zuständig war. »DEN haben wir bei einem Raubzug in Westgrobianien aufgegabelt. Hatte sich in einem Baum verfangen. Vermutlich ist er aus den Goldminen der Lavabolde geflohen und aus solchen Flüchtlingen sind noch nie brauchbare Reitdrachen geworden. Wenn man ihm einen Gefallen tun wollte, sollte man ihm einmal ordentlich auf den Schädel hauen und die Sache wäre erledigt …«
Also hatte Hicks sich für den hinkenden Espenlaubler entschieden. Fischbein und Hicks waren nicht sonderlich davon überzeugt, dass der Brand durch einen Blitzschlag ausgelöst worden war. Doch es hatte keinen Sinn, sich mit Grobian herumzustreiten, wenn er in dieser Stimmung war. Also stiegen sie widerstrebend auf ihre Reitdrachen. Fischbeins Windpockler schnaubte wütend, scharrte mit den Vorderläufen und warf Fischbein in hohem Bogen ab, noch bevor er sich hinsetzen konnte.
»Na toll!!«, sagte Fischbein düster, während er einen zweiten Anlauf machte, der genauso endete wie der erste, nur noch schneller. »Ich weiß jetzt schon, dass Drachenreiten mein Lieblingssport werden wird …«
»Ich werde auf meinem eigenen Drachen vorausreiten!«, schrie Grobian.
Grobians Drache war ein riesiger, verwarzter Bullenwalzer, der auf den Namen Goliath hörte. Er ging leicht in die Knie, als Grobian sich gewichtig auf seinen Rücken plumpsen ließ.
»Bei Thors Brusthaar …«, grummelte Goliath. »Sein Hintern ist tatsächlich noch fetter als letzte Woche. Da muss schon ein Wunder geschehen, damit ich überhaupt in die Luft abheben kann …«
»HOSSA!«, brüllte Grobian und presste seine Oberschenkel schraubstockartig in Goliaths Flanken.
Und der Rentiere-hüten-mit-dem-Reitdrachen-Trupp setzte sich über die versengten Heidestoppeln hinweg in Bewegung, mit einem begeistert brüllenden Grobian an der Spitze, seine Schüler in deutlich gemächlicherer Manier dahinter.
Hicks’ Espenlaubler-Drache weigerte sich standhaft, den anderen zu folgen. Er zitterte am ganzen Körper, starrte wie gebannt zum Himmel und schien vor Angst seine Sprache verloren zu haben, sodass Hicks ihn nicht fragen konnte, was ihn dermaßen beunruhigte.
»Es ist alles Ordnung, mein Junge«, redete Hicks beruhigend auf ihn ein, während ihn selbst der Mut verließ. »Was ist los mit dir? Es ist so ein herrlicher Tag, wovor hast du solche Angst?« Der Espenlaubler konnte es ihm nicht sagen, aber man verstand auch so, dass er vor IRGENDETWAS panische Angst hatte.
»St-st-stell dich nicht so an!«, plärrte Ohnezahn ungehalten. Er war nicht unbedingt von der mitfühlenden Sorte. »Sonst w-w-werden die anderen gleich alle GEWINNEN!«
»Hier wird NIEMAND gewinnen, Ohnezahn«, sagte Hicks und brachte den Espenlaubler mit Engelsgeduld dazu, sich in Bewegung zu setzen und die anderen einzuholen. »Rentiere-Hüten hat nichts mit Wettkampf zu tun.«
»Okay. Ohnezahn wird den Rentieren nur ein bisschen Angst machen … das h-h-hält sie auf Trab …«, sagte Ohnezahn.
Nach ungefähr einer Stunde hatte Grobian, der auf Goliath ein Stück vorausgeflogen war, unter sich die friedlich am Heidekraut knabbernde Rentierherde erspäht. Sofort machte er kehrt und flog zurück zu seinen in Reih und Glied auf ihren Reitdrachen dahinzockelnden Schülern.