Driven. Verbunden - K. Bromberg - E-Book
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Driven. Verbunden E-Book

K. Bromberg

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Beschreibung

Rylee und Colton sind verheiratet und bedeuten sich alles. Für ihr gemeinsames Baby wollen sie es schaffen, eine richtige Familie zu werden. Colton treibt noch immer um, wie alles begann und wer er einmal sein wird – und Rylee fragt sich, ob sie ihr anscheinend perfektes Leben festhalten kann. Doch sie sind nicht darauf vorbereitet, dass ihre Beziehung noch einmal auf die Probe gestellt wird.

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Seitenzahl: 645

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Das Buch

Rylee und Colton sind verheiratet und bedeuten sich alles. So viele innere Dämonen mussten besiegt werden, aber einige von ihnen sind schwierig im Zaum zu halten. Für ihr gemeinsames Baby wollen sie es schaffen, eine richtige Familie zu werden. Doch Colton treibt noch immer um, wie alles begann und wer er einmal sein wird – und Rylee fragt sich, ob sie ihr anscheinend perfektes Leben festhalten kann. Beide sind nicht darauf vorbereitet, dass ihre Beziehung noch einmal auf die Probe gestellt wird …

Die Autorin

K. Bromberg lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern im südlichen Teil Kaliforniens. Wenn sie mal eine Auszeit von ihrem chaotischen Alltag braucht, ist sie auf dem Laufband anzutreffen oder ver schlingt gerade ein kluges, freches Buch auf ihrem E-Reader. DRIVEN. Verbunden ist der vierte Band ihrer hochgelobten DRIVEN-Serie.

Lieferbare Titel

DRIVEN. Verführt

DRIVEN. Begehrt

DRIVEN. Geliebt

DRIVEN. Tiefe Leidenschaft

DRIVEN. Bittersüßer Schmerz

DRIVEN. Starkes Verlangen

K. BROMBERG

Driven

VERBUNDEN

Roman

Aus dem Amerikanischen von Anu Katariina Lindemann

WILHELM HEYNE VERLAG MÜNCHEN

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen. Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Die Originalausgabe erschien 2014 unter dem Titel Aced bei JKB Publishing LLC.

Copyright © 2016 by K. Bromberg

Published by Arrangement with JKB Publishing LLC

Copyright © 2016 der deutschsprachigen Ausgabeby Wilhelm Heyne Verlag, München,in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,Neumarkter Straße 28, 81673 München

Redaktion: Anita Hirtreiter

Umschlaggestaltung: Nele Schütz Design, Münchenunter Verwendung von shutterstock/Valua Vitaly (46828672)

Datenkonvertierung: Greiner & Reichel, Köln

ISBN 978-3-641-20085-5 V005

www.heyne.de

Finde meine Hand in der Dunkelheit. Und wenn wir nicht das Licht finden können, werden wir immer unser eigenes machen.

Tyler Knott Gregson

»Ry?« Ich rufe ihren Namen in der Minute, als ich an der oberen Treppenstufe angekommen bin. In meiner Hand halte ich die kurze Notiz, die sie für mich hinterlassen hat. »Dein Nichts-außer-Laken-Date beginnt genau jetzt« steht darauf. Neugierde regiert meine Gedanken und treibt mich an.

Na ja, das und die Vorstellung von ihrem nackten und auf mich wartenden Körper. Mein Tag ist bislang richtig beschissen gewesen, also werde ich mir nicht allzu viel erhoffen und erwarten, ein Wunder könnte es ins Gegenteil verkehren. Aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt.

Es spielt gerade SoMo, als ich auf die obere Terrasse des Hauses komme, wo unser ursprüngliches Nichts-außer-Laken-Date vor einer verdammt langen Zeit stattfand.

Herr im Himmel. Ich zögere, als ich Rylee vorfinde. Sie lehnt sich auf der Chaiselongue zurück, trägt irgend so einen Fummel aus Spitze, auf den ich nicht besonders achte, weil das Ding durchsichtig genug ist, um mir zu sagen, dass sie darunter splitterfasernackt ist. Ihr Haar hat sie hochgesteckt, ihre Lippen sind ungeschminkt und ihre Knie gespreizt, denn ihre Beine hat sie an beiden Seiten des Stuhls aufgestellt. Sofort bin ich abgelenkt – meine Augen versuchen, einen flüchtigen Blick zwischen ihre Schenkel zu erhaschen –, bevor mir die hochhackigen Absätze, die ihr Outfit komplett machen, auffallen.

Shit. Ich kann die Spitzen der Absätze bereits beim bloßen Anblick förmlich spüren, wie sie sich in meinen Hintern bohren, wenn sie ihre Beine um mich schlingt. An dieser Art von Schmerz kann jeder Mann Gefallen finden.

»Hey«, sagt sie mit ihrer rauchigen Stimme, die mein Herz, meinen Schwanz und jeden einzelnen Nerv dazwischen umgehend anspricht. Ein neckisches Lächeln spielt um ihre Lippen, während ihre Augen schmaler werden, sie mit einem Fuß auf den Boden klopft und die Augenbrauen hochzieht. »Wie ich sehe, hast du meine Nachricht bekommen. Ich bin froh, dass du wusstest, wo du mich finden würdest.«

»Baby, ich könnte taub und blind sein und würde dich immer noch finden. Niemals könnte ich diese eine Nacht vergessen!«

»Oder den Morgen danach«, fügt sie hinzu, und verdammt, aber sie hat recht. Es war ein höllisch heißer Morgen, genauso wie jene Nacht. Schläfriger Sex. Gerade-erst-aufgewacht-Sex. Sonnenaufgang-Sex. Ich glaube, wir probierten alles davon aus und dann noch ein bisschen mehr. Und ich liebe es, wie bei der Erinnerung daran die Schamesröte in ihre Wangen steigt. Meine Sexkätzchen-Ehefrau, die mich nach der Arbeit in Spitze und High Heels begrüßt, ist verlegen. Die Ironie an dieser ganzen Situation ist mir nicht entgangen. Ich liebe es, dass sie selbstsicher genug ist, um anzügliche Bemerkungen zu machen, aber einen Moment später peinlich berührt von dem ist, was sie gesagt hat.

»Das war definitiv ein guter Morgen«, stimme ich ihr zu, während ich sie anstarre. Sie ist immer umwerfend schön, doch heute Nacht sehe ich etwas Neues an ihr – etwas, das anders ist als sonst, und das hat rein gar nichts mit der Spitze zu tun. Ich kann nicht sagen, was es ist, es haut mich allerdings um.

Shit, was habe ich verpasst? Panik macht sich in mir breit, dass ich irgendetwas Wichtiges übersehen habe. Könnte heute einer dieser Tage sein, bei dem Kerle tausend Ausrufezeichen in ihrem Kalender hinter das Datum setzen müssen, damit sie es auch ja nicht vergessen? Im Geiste gehe ich die üblichen Verdächtigen durch: Es ist nicht unser Jahrestag. Ihr Geburtstag ist es auch nicht.

Ich konzentriere mich auf das andere, was uns Kerlen normalerweise nicht auffällt. Sie hat immer noch dieselbe Haarfarbe. Es müssen die neuen Dessous sein, oder? Scheiße, wenn ich’s doch nur wüsste! Wenn es die Unterwäsche sein sollte – kann dann ein Fetzen Spitze wirklich ihr Verhalten verändern?

Shit! Zumindest weiß ich, dass Dessous mein Verhalten verändern, aber das aus einem völlig anderen Grund.

Was kann es sonst sein, Donovan? Beiß in den sauren Apfel und frag sie einfach. Erspar dir das Ratespiel und die Schwierigkeiten, in die du geraten wirst, wenn du falsch tippst und ihre Gefühle verletzt. Bring deshalb nicht ihre Hormone wieder aus dem Gleichgewicht, die sie gerade erst wieder unter Kontrolle gebracht hat – nach all den Jahren mit dieser Fruchtbarkeitsscheiße.

»Irgendetwas ist anders an dir …« Ich rede nicht weiter, damit sie in Ruhe antworten kann.

Aber natürlich beißt sie nicht an. Ich hätte wissen müssen, dass meine Ehefrau zu schlau ist, um es mir so einfach zu machen. Ich werde mich ganz schön anstrengen müssen, um von ihr eine Antwort zu bekommen, also starren wir einander in einem geistigen Wettstreit nur in die Augen, bevor ihr Lächeln langsam zu einem breiten Grinsen wird.

Gib mir einen Hinweis, Ry.

Nein. Das wird sie nicht. So viel hätte ich mir ja schon denken können. Da kann ich auch ebenso gut ihren Anblick bewundern: tiefer Ausschnitt, Spitze, jede Menge nackte Haut und Schenkel, bei denen ich es gar nicht abwarten kann, zwischen sie zu gleiten. Das Grinsen auf ihrem Gesicht verrät mir, dass sie ganz genau weiß, was ich gerade denke, bis ich schließlich wieder ihrem Blick begegne. Als ihre Augen zu dem Tisch neben ihr wandern, gibt sie mir endlich etwas, womit ich was anfangen kann.

Der Tisch ist voller Take-away-Behälter von unserem Lieblingschinesen. Dort steht auch ein Zinkeimer mit Eiswürfeln, aus dem einige Flaschenhälse herausragen, ebenso wie Papierteller und Essstäbchen, die daneben angehäuft sind. Um ehrlich zu sein, war ich so beschäftigt damit gewesen, sie anzustarren, dass mir das Essen noch gar nicht aufgefallen war.

Aber jetzt knurrt mir plötzlich der Magen.

»Ich hab dein Lieblingsessen besorgt«, sagt sie und nestelt hektisch am Saum von ihrem Spitzen-Ding herum. Meine Augen werden daher wieder zurück zu dem V zwischen ihren Schenkeln gezogen, wo der Stoff dunkel genug ist, sodass ich nichts sehen kann. Aber verdammt … dass ich nichts sehen kann, bedeutet nicht, dass ich’s nicht versucht hätte! »Ich hoffe, du hast gerade Lust auf Chinesisch. Ich dachte, wir könnten hier was Leckeres vernaschen.«

Ich kann das blitzschnelle Grinsen, das mir über das Gesicht huscht, nicht verbergen, weil das Vernaschen, an das ich gerade denke, nichts mit Essstäbchen zu tun hat. Und ihren geschürzten Lippen nach zu urteilen, weiß sie auch ganz genau, woran ich gerade denke. Und ja, ich mag zwar hungrig sein, doch Essen ist mir gerade echt egal, weil es da den Geschmack von etwas anderem gibt, das ich viel lieber auf meiner Zunge schmecken würde.

»Ich weiß, dass du hart gearbeitet und Stress wegen dem Rennen nächste Woche hast. Sonoma ist immer heftig für dich gewesen … also habe ich mir gedacht, dass ich dir heute Nacht ein Date mit deiner heißen Ehefrau verschaffe«, fährt sie mit hochgezogenen Augenbrauen fort. Sie neckt und fordert mich gleichzeitig heraus. Verdammtes Scharfmachen.

»Denkt meine heiße Ehefrau etwa, dass wenn sie mich auf der Terrasse in solch einer scharfen Aufmachung empfängt, ich mich dann auch nur im Geringsten für Essen, kühles Bier oder den Sonnenuntergang, den wir während des Dinners genießen könnten, interessieren würde?«, frage ich, während ich zu ihr gehe. Das Bedürfnis, meine Hände auf ihrem Körper haben zu wollen, wächst mit jeder weiteren Sekunde, die verstreicht.

»Als Vorspeise … ja.«

»Ich mag Vorspeisen.« Ich strecke meine Hand aus und zeichne die Linie ihres Schlüsselbeins mit meinen Fingerspitzen nach. Nach all dieser Zeit hat ihr Körper immer noch so etwas verdammt Erotisches für mich. Die kleinsten Reaktionen auf meine Berührungen, die mir zeigen, dass sie mich genauso sehr will wie ich sie. »Und ich mag auch Dessert …«, sage ich. Meine Stimme verstummt allmählich. In der Luft liegt eine sexuelle Spannung, als ich auf der Chaiselongue zwischen ihren Schenkeln in die Knie gehe. Sie muss verrückt sein, wenn sie allen Ernstes glaubt, dass sie mich so begrüßen kann, ohne gut und hart gefickt zu werden, bevor wir die Terrasse wieder verlassen. »Aber du hast etwas sehr Wichtiges vergessen.«

Ihre veilchenblauen Augen werden größer, als ich mich zu ihr vorbeuge. »Und das wäre?«, fragt sie atemlos. Alle meine Sinne reagieren auf den Klang ihrer Stimme.

»Du hast vergessen, deinen Ehemann zur Begrüßung zu küssen.« Ich sehe das Aufblitzen eines Lächelns, ehe sie ihren Kopf zurückneigt, sodass unsere Lippen perfekt aufeinander abgestimmt sind.

»Nun gut, lassen Sie mich korrigieren, Sir«, sagt sie, denn sie weiß ganz genau, dass mich diese Bezeichnung nur noch schärfer macht. Shit. Als ob ihr so was schwerfallen würde. Es ist schließlich Rylee, oder?

Bevor ich noch weiter darüber nachdenken kann, was sie sonst noch alles mit mir anstellen könnte, während sie mich Sir nennt, lehnt sie sich auch schon nach vorn. Und Scheiße ja, ich will gerade alles von ihr, aber ich werde mir das nehmen, was sie mir anbietet. Davon abgesehen ist die Art, wie sie mich küsst, verdammt sexy. Es ist diese Art von Kuss, bei dem es Kerle nur ungern zugeben, dass sie so etwas lieben: Sie küsst mich sanft und langsam. Es ist ein Kuss, der den Schmerz tief in meinen Eiern hervorruft, ehe er sich dann langsam meine Wirbelsäule hinauf weiter nach oben ausbreitet und meinen Halsansatz kitzelt. Es ist diese Art von Kuss, der zwei Schritte eher kommt, bevor ich die Kontrolle verliere und Höschen zerrissen werden, weil ich unbedingt in ihrer engen, heißen Muschi versinken will. Es ist das einzige Verlangen, das ich verspüre.

Als sie sich zurückzieht, um den Kuss zu beenden, stöhne ich enttäuscht. Ich balle meine Hände zu Fäusten, um mich selbst daran zu hindern, sie ganz an mich heranzuziehen. Ich stehe kurz davor, »Scheiß aufs Dinner!« zu sagen – ganz egal, wie hungrig ich gerade bin.

»Besser?«, fragt sie frech und schaut mich verführerisch an.

»Hm … da gibt es aber auch noch andere Körperteile, die einmal gebührend zu Hause begrüßt werden müssen.« Ich versuche, ein Grinsen zu unterdrücken, weil ich es liebe, wenn sie so ist, wie sie jetzt gerade ist. Temperamentvoll. Sexy. Mein. Wenn sie alle Hemmungen verliert, in genau der Art, wie sie es nur bei mir tut.

»Welch armer, unterprivilegierter Ehemann du doch bist«, sagt sie mit einem sexy Schmollmund, während ihre Finger meinen Schenkel hinaufwandern. Ich beobachte, wie ihre Hand immer höher kommt, mein Schwanz will definitiv, dass sich ihre Finger schneller bewegen. »Und ich verspreche dir, jeden deiner Körperteile gebührend zu Hause zu begrüßen, aber zuerst … musst du etwas essen!«

Spaßbremse. Ernsthaft jetzt? Sie denkt, dass sie mich mit ihrer Berührung in Versuchung führen und mir dann einfach nur eine Frühlingsrolle in den Mund schieben kann? Kennt sie mich mittlerweile denn nicht besser? Dass ich, sobald es sich um sie dreht, keine Zurückhaltung mehr kenne? Na ja, anders sieht’s natürlich aus, wenn sie sich zurückhalten muss, ihr praktisch die Hände gebunden sind – und zwar ans Bett …

»Aber du machst mich total scharf.« Ich schaue ihr tief in die Augen, in demselben Moment, als ich auch schon meine Hand ausstrecke und ihre ergreife. Ich platziere sie genau dort, wo ich sie haben will: nämlich auf meinem Schwanz. »Warum warten? Wir können das Dessert auch zuerst haben.«

»Netter Versuch, Ace. Aber das Dinner wird noch kalt.« Sie umschließt mit ihrer Hand meine Eier, kratzt mit ihren Fingernägeln leicht darüber. Aber in dem Moment, als ich meinen Kopf nach hinten fallen lasse und aufstöhne, zieht sie ihre Hand aus meinem Griff. »Lass uns jetzt essen.«

»Oh, jetzt ist es aber leider schon kalt«, lache ich. Was bleibt mir auch anderes übrig? Wie immer hat mich diese Frau fest an den Eiern gepackt – im wahrsten Sinne des Wortes. Ich starre sie an, ein Grinsen liegt auf meinen Lippen und Unglaube in meinen Augen, als ich meine Beine über die Kante des bequemen Polstersessels schwinge. »Du kannst mich nicht in so einem Fummel begrüßen und dann erwarten, dass ich mich auf Hühnchen Kung Pao konzentriere.«

»Aber es ist doch dein Lieblingsgericht«, erwidert sie. Ihre Stimme klingt verspielt. Entschlossen beginnt sie daraufhin, die Behälter zu öffnen.

Na schön, ich bin ja auch wirklich hungrig, gerade hab ich allerdings nicht Appetit auf Chinesisch …

Ich strecke meine Hand aus und ziehe sie an mich, sodass ihr Rücken vor mir ist, und das Gefühl ihres warmen Körpers an meinem verstärkt noch meine Entschlossenheit. Ich finde sowieso, dass chinesisches Essen viel besser schmeckt, wenn es schon einmal aufgewärmt wurde. Und wenn ich in der Sache hier ein Wörtchen mitzureden habe, ist das genau das, was mit unserem Essen später passieren wird.

»Ich bin da anderer Ansicht. Dich vernasche ich am liebsten«, murmele ich an ihrer Schulter, während ihre Locken meine Wange kitzeln und ihr Vanilleduft in meine Nase steigt. Der Körper meiner Frau, die immer alles nach Plan erledigen muss, will mir zuerst widerstehen und versteift sich, aber als ich ihr einen Kuss neben ihr Ohr, in die Alle-Klamotten-fallen-sofort-Zone drücke, schmilzt ihr Körper, der dicht an meinem ist, förmlich dahin, und sie entspannt sich. »Ich will zuerst das Dessert.«

»Immer musst du alles durcheinanderbringen«, seufzt sie, verbindet ihre Finger mit meinen und presst sie dann an ihre Brust. Sie überlegt gerade bestimmt, wie sie mich im Zaum halten könnte. Mittlerweile sollte sie aber doch eigentlich wissen, dass das zu nichts führen wird. Ich bekomme immer das, was ich will, wenn es darum geht, sie zu nehmen.

»Du würdest mich anders auch gar nicht haben wollen.«

»Das stimmt allerdings.«

»Wie wäre es mit einem Kompromiss?«

»Kompromiss?«, fragt sie, so als ob sie schockiert wäre, dass dieses Wort aus meinem Mund kommt, obwohl es doch gerade um Sex geht.

»Ja. Es bedeutet, dass du etwas gibst, und ich gebe dir etwas im Gegenzug.«

»Mich beschleicht das dumpfe Gefühl, dass das, was du geben willst, eine völlig andere Sache ist als das, was ich dir geben will«, neckt sie mich. »Vergiss nicht, dass ich dich kenne, Donovan. Ich weiß, dass du gerne schummelst …«

»Auf jeden Fall. Das tue ich tatsächlich, besonders wenn es darum geht, mit dir Sex zu haben.«

Sie lächelt nur, schaut mich an und schüttelt dann den Kopf. »Aber ich habe einen Plan.«

»Du hast immer einen Plan«, erwidere ich mit einem verzweifelten Lachen. »Könnte wetten, dass meiner besser ist.«

»Leg es in meine Hände«, witzelt sie und realisiert dann sofort, was sie da gerade eben gesagt hat. Ich kann das Lachen, das sie versucht zu unterdrücken, spüren – wie es von ihrem Rücken in meinen Oberkörper vibriert.

»Wie wär’s damit, wenn wir zuerst Sex haben und dann essen?«, schlage ich vor und bin mir dessen bewusst, dass ich sie gerade in den Wahnsinn treibe. Sie lacht, aber zum ersten Mal, seitdem ich wieder zu Hause bin, höre ich etwas aus ihrem Tonfall heraus, das anders klingt als sonst. Bevor ich noch weiter darüber nachdenken kann, fährt sie fort. »Nee. Das war nicht der Plan. Und definitiv ist das auch kein Kompromiss. Zuerst das Essen, dann Sex«, meint sie, als sie sich davonmacht und sich dabei umdreht, um mir ins Gesicht zu blicken. Sie verschränkt die Arme vor der Brust und nickt, versucht ganz offensichtlich, einen Kompromiss mit mir zu finden.

»Ich liebe es, wenn du so fordernd wirst.« Ich lehne mich mit einem leichten Lächeln auf den Lippen nach vorn und weiß, dass sie sich über meine Bemerkung ärgern wird.

Sie kneift die Augen zusammen, und ich kann es in ihrem Kopf förmlich arbeiten hören, als sie sich Verhandlungsmöglichkeiten überlegt, um letzten Endes doch noch das zu bekommen, was sie will. Ich könnte schwören, dass ich wirklich keinen blassen Schimmer habe, was das ist. In letzter Zeit bin ich durch meine Arbeit dermaßen in Anspruch genommen worden – durch die nur knappe Führung, die ich punktemäßig vor Luke Mason liege, und das vor dem großen Rennen in Sonoma und all der andere Scheißdreck, der damit verbunden ist – und habe deswegen ganz offensichtlich irgendwas verpasst.

»Scheint so, als ob wir in einer Sackgasse gelandet wären«, meint sie schließlich. Ihr früheres Selbstvertrauen, das vorübergehend ins Wanken geraten war, ist wieder zurück, doch ich bin mehr als bereit.

»Gut, dass ich hart verhandele«, sage ich und ziehe die Augenbrauen hoch, als ich auf ihr Outfit blicke.

Und ich werde mich mächtig ins Zeug legen, Süße.

»Oh, ich weiß, dass du das tust, Ace. Aber ich denke, wir müssen die Entscheidung, was wir als Nächstes tun sollten, den Glückskeksen überlassen.« Ihre Augen blitzen herausfordernd auf, als ich auch schon anfangen muss zu lachen, weil sich das total lächerlich anhört.

»Die Glückskekse? Wovon redest du?«

»Na ja … du hast gesagt, dass du zuerst das Dessert willst, und ich versuche lediglich, einen Kompromiss zu finden«, antwortet sie und klimpert dabei unschuldig mit den Wimpern.

»Ich habe nicht diese Art von Dessert gemeint«, brumme ich. Es gibt nichts, was ich gegen sie und ihren beknackten Vorschlag tun könnte, als mit dem Kopf zu schütteln. Aber fuck, ich werde jegliche Hilfe in Anspruch nehmen, um diesen Prozess voranzutreiben, sodass ich sie in aller Ruhe vernaschen kann. Wenn ich es mir allerdings recht überlege, dann bin ich ziemlich sicher, dass ich mir diese bekloppten kleinen Schicksalsprophezeiungen zu meinen Gunsten zurechtbiegen kann. So soll es dann sein. Los geht’s, Ryles! »Es ist zwar lächerlich, aber du hast das hier geplant, sodass du diejenige bist, die die Spielregeln festlegen darf. Bleibt nur zu hoffen, dass in den Glückskeksen steht, du sollst es mit deinem Ehemann so treiben wie die Karnickel.«

Ihr Gesicht leuchtet auf, und ihre Lippen verziehen sich zu einem Lächeln. Sie lehnt sich nach vorn und gewährt mir dadurch einen tollen Ausblick auf ihr Dekolleté, während sie beginnt, die Plastiktüte, die auf dem Tisch liegt, zu durchwühlen. Meine Augen begeben sich auf Wanderschaft und konzentrieren sich auf die dunkle Rötung ihrer Nippel unter dem durchsichtigen Stoff, bis Rylee – mit dem selbstzufriedensten Lächeln überhaupt – anfängt, die Glückskekse vor meinen Augen hin und her zu schwenken.

Sie weiß ganz genau, was sie da gerade tut, und verspürt keinerlei Scham, es hochzuspielen, während ich meine Zunge in meine Wange bohre. Ich warte den richtigen Augenblick ab und lasse sie diesen Moment genießen.

»Nur drei?«, frage ich, als sie die drei Glückskekse vor uns auf dem Tisch platziert. »Wie sollen wir uns darüber einig werden, wer den dritten bekommt?«

»Seitdem wir lernen, Kompromisse zu schließen …« Ihre Stimme verstummt allmählich, während sie mir mit dem Ellenbogen in die Rippen stößt. Und gerade als sie bereits dabei ist, sich zurückzuziehen, schnappe ich mir ihren Arm, ziehe sie an mich heran und gebe ihr ein unschuldiges Küsschen auf den Mund. Es ist verdammt noch mal einfach schon viel zu lange her, seitdem ich sie das letzte Mal geküsst habe. Sie schubst mich weg, als ich versuche, ihr meine Zunge zwischen die Lippen zu schieben. »Versuchst du etwa, mich zu beeinflussen, damit du den dritten Keks bekommst, Donovan?!«

»Hat es denn funktioniert?« Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt.

»Hier. Du fängst an«, sagt sie, ohne auf meine Bemerkung einzugehen, als sie mir den Keks in der Zellophanverpackung auch schon vor die Nase hält. Als ich ihn mir schnappe, schiebt sie sich so hin, dass sie direkt vor mir sitzt. Ihr angewinkeltes Knie ist gegen meinen Schenkel gelehnt und verschafft mir dadurch einen perfekten Ausblick auf ihre Muschi. Auf einen Blick kann ich dort den getrimmten Strich ihres Schamhaares erkennen, und fuck, wenn mich das nicht sogar noch schärfer macht.

Glückskeks-Götter, seid mir gnädig! Sex wird gerade gebraucht.

»Okay, dann lass mal sehen«, sage ich, als ich den Keks auspacke, ihn dramatisch auseinanderbreche und dabei bete, dass er eine Prophezeiung für mich bereithält, mit der ich leben kann. Ich klaube den Papierstreifen heraus und schüttle den Kopf, als ich die Worte lese. Echt jetzt? Wie perfekt ist das denn?

»Was steht drauf?«, fragt sie, als ich anfange zu lachen.

»Es ist ein langes Rennen gewesen, aber endlich hast du die Ziellinie erreicht.« Ich sehe auf, und sie scheint genauso amüsiert zu sein wie ich.

»Ich würde sagen, dass das ziemlich passend ist«, sagt sie und kneift die Augen zusammen, als sie über die Worte nachdenkt. »Ich glaube, die eigentliche Frage ist jedoch, von welchem Rennen hier die Rede ist?!«

»Dem Leben?« Ich zucke mit den Achseln. »Fuck, wenn ich das nur wüsste.«

Sie lacht und spielt mit dem Keks in ihrer Hand herum. Warum scheint sie plötzlich nur so nervös zu sein?

»Du versuchst gerade, dir etwas zu überlegen, wie du dir das zunutze machen kannst, damit du doch noch Sex bekommst, aber ich denke nicht, dass der Spruch in dem Keks dir in irgendeiner Weise weiterhilft.«

Shit. Sie hat ja recht. Da ist rein gar nichts, wie ich das hier zu meinem Nutzen hinbiegen könnte, sodass ich Sex bekomme, bevor wir essen, denn wenn ich bereits die sprichwörtliche Ziellinie erreicht habe, dann ist das hier keine gute Prophezeiung für mich, was den Sex anbelangt.

»Verdammt! Das ist ein Essen-vor-dem-Sex-Keks. Werd nicht übermütig, Donovan. Ich bin für ein Comeback gerüstet«, sage ich, schiebe ihr ihren Keks zu und nehme einen Bissen von meinem. Ich hoffe, dass dieses alberne Spiel bald vorbei ist, aber ein bisschen amüsiert es mich dann doch. »Du bist dran.«

Das sind Dinge, die ich für meine Frau tue …

»Okay«, meint sie, als sie ihren Keks entzweibricht und auf die Worte starrt. »Hier steht: Deine Glückszahlen sind sechs, neun und sechzehn.« Sie sieht auf, ihr Blick ist verhalten, mit den Zähnen beißt sie sich auf die Unterlippe.

»Das macht ja gar keinen Sinn. Darauf steht wirklich nichts anderes?«, frage ich sie, als ich mir ihr Zettelchen schnappe. Ganz genau. Hier steht genau das, was sie gerade eben vorgelesen hat. Muss eine falsch gedruckte Prophezeiung sein, aber verdammt, ich gehe darauf ein, weil ich es mir zunutze machen kann. »Sehr schön! Das hier ist ein Sex-vor-dem-Essen-Keks, weil auf dem Zettelchen steht, dass deine Glückszahlen sechs und neun sind … neunundsechzig. Und weißt du was? Manche Dinge, die was mit dieser Nummer zu tun haben, mag ich auch ziemlich gerne …«

»Du bist unverbesserlich!«, sagt sie, schiebt mich verspielt an der Brust weg, bevor sie mich – ganz untypisch für sie – an meinem Shirt fester packt und mich zu sich heranzieht. Unsere Gesichter sind nur wenige Zentimeter voneinander entfernt, ich spüre die Wärme ihres Atems auf meinen Lippen, aber ihr Gesichtsausdruck hat irgendetwas an sich, das mich davon abhält, sie zu küssen.

Und ich halte mich normalerweise niemals zurück, wenn es darum geht, sie zu küssen.

»Was ist los?«, frage ich. Sie schüttelt lediglich den Kopf, versucht die Tränen wegzublinzeln, die ihr in die Augen treten, auch wenn sie weiterhin lächelt. »Rede mit mir, Ry. Was ist los?« Mit meinen Händen umschließe ich ihr Gesicht, während ich auf eine Erklärung warte. Tränen lassen mich immer panisch werden. Wie sind wir denn von sexy über flirtend über lustig schließlich bei Tränen gelandet?

»Ich bin so dumm«, meint sie und schüttelt dabei den Kopf, als ob das die Tränen verscheuchen würde. Sie muss spüren, dass ich gerade kurz davorstehe, komplett durchzudrehen, weil sie gegen meine Hände drückt, die ihren Kopf halten, und dann presst sie auch schon ihre Lippen auf meine. »Ich liebe dich«, sagt sie sanft. Und irgendetwas an ihrem Tonfall lässt mein Herz ein kleines bisschen schneller schlagen. »So wie Hals-über-Kopf-, Schmetterlinge-im-Bauch-Ich-liebe-dich … das ist alles.«

Ihre Worte graben sich tief in Stellen in mir, denen ich mittlerweile kaum noch Aufmerksamkeit schenke: Der gottverdammte Abgrund, in dem die Dämonen aus meiner Kindheit hausen. Diejenigen, die mein Leben regierten, bis Rylee in mein Leben trat und ihre verdammte selbstlose Liebe dazu nutzte, um Licht in diese Dunkelheit zu bringen, und den hässlichen Zweifel verjagte, der noch gelegentlich zum Vorschein kommt.

Ich lehne mich zurück, um sicherzugehen, dass es dieser Frau, die mir verdammt noch mal einfach alles bedeutet, auch wirklich gut geht. Denn wenn das nicht der Fall sein sollte, werde ich alles tun, was in meiner Macht steht, um sicherzugehen, dass es ihr wieder gut geht. Als sie sich auf die Unterlippe beißt, lächelt und mir als Zeichen, dass alles in Ordnung ist, zunickt, glätte ich mit meinem Daumen die Vertiefung, die ihre Zähne eben in ihrer Lippe hinterlassen haben, bevor ich versuche, die Situation wieder aufzulockern. »Du hast mich eben einen Moment lang ganz schön erschreckt. Ich dachte schon, du wärst traurig wegen der Vorstellung an die Neunundsechzigerstellung, und das würde bedeuten, dass ich fortan Weltschmerz hätte, wegen dieser Bis-dass-der-Tod-uns-scheidet-Sache, weil ich es schon ziemlich gerne mag, wenn wir diese Stellung machen.«

»Du beherrschst die Nummer auch ausgesprochen gut, also nein, die Nummer bleibt weiterhin im Rennen«, sagt sie mit einem süßen Augenzwinkern. Sie beißt sich in die Innenseite ihrer Wange und beäugt den dritten und letzten Keks in meiner Hand, ehe sie mir wieder in die Augen blickt.

Gott sei Dank, aber irgendetwas stimmt trotzdem nicht mit ihr. »Hier«, sage ich, als ich ihr den letzten Glückskeks hinhalte und hoffe, dass ich das, was ich auch immer falsch gemacht haben mag, wieder geradebiegen kann.

»Nein. Der ist für dich.« Sie schiebt ihn mir zu und lächelt bereits wieder. »Damit es nicht beim Unentschieden bleibt.«

Ich versuche sie zwar dazu zu bringen, den Keks doch zu nehmen, doch sie drückt ihn voller Entschlossenheit in meine Hand und rutscht dann zurück. »Sex vor dem Essen, Sex vor dem Essen«, trällere ich, was uns beide zum Lachen bringt. Aber mein Lachen erstirbt, als ich lese, was auf dem Zettel steht, und versuche, dem Ganzen einen Sinn zu geben. »WwE.«

Was zum Geier? Ich lese es noch einmal, bevor ich meinen Blick hebe und Rylee direkt in die Augen sehe. Ihr Anblick – Tränen treten in ihre Augen, und sie hat ein unglaublich breites Lächeln auf diesen perfekten Lippen – verschlägt mir fast den Atem. Und plötzlich ergibt alles einen Sinn.

Alles verläuft wie in Zeitlupe – Gedanken, Atmen, Vorstellung –, alles ist verlangsamt, außer mein Herz. Das wummert nämlich wie ein verdammter Güterzug, als ich wieder zurück auf die durcheinandergeworfenen Buchstaben auf dem Zettelchen starre, ehe ich wieder zurück zu Rylee aufsehe.

Das kann nicht möglich sein.

Das kann einfach nicht sein.

»Wirklich?«, frage ich. Mir fällt der ehrfürchtige Unglaube in meiner Stimme noch nicht einmal auf, als ich nach der einen Sache frage, von der ich dachte, dass wir nie wieder die Chance dazu bekommen würden.

Die erste Träne läuft ihr über die Wange, als wir einander einfach nur anstarren, aber diese eine Träne lässt mich nicht panisch werden, so wie es normalerweise bei solchen Dingen der Fall ist.

»Wirklich«, flüstert sie.

Mein anfänglicher Unglaube wird zur verdammt besten Realität überhaupt. Die beste aller Zeiten.

WwE.

Wir werden Eltern.

»Du bist schwanger?« Ich kann noch nicht einmal die Worte glauben, die mir gerade aus dem Mund sprudeln, als ich sie auch schon zu mir auf meinen Schoß ziehe.

Sie bekommt kein Wort heraus, kann nicht »Ja« sagen, also nickt sie lediglich, während ihr die Tränen das Gesicht herunterlaufen, und klammert sich an mir fest. Und verdammt, aber ihre Hände, die sich in meinen Rücken graben, fühlen sich so unglaublich gut an, weil ich glaube, dass ich mich ihr noch niemals näher gefühlt habe als genau jetzt in diesem Moment. Nicht einmal, wenn wir miteinander schlafen und ich in ihr bin.

Eine meiner Hände liegt in ihrem Nacken, die andere auf ihrem unteren Rücken. Nicht einmal die Luft ist willkommen in dem Raum zwischen uns, als wir uns hier auf der Terrasse fest umschlungen halten. Die Terrasse, auf der sich so viele erste Male für uns ereignet haben. Es mir hier zu erzählen macht jetzt plötzlich so viel Sinn.

Mein Gesicht habe ich in ihrer Halsbeuge vergraben. Und wenn ich gedacht hatte, dass ich mein Herz und meine Seele bereits an sie verloren hatte, dann lag ich so dermaßen falsch, dass es nicht einmal mehr feierlich ist. Genau jetzt, in diesem Moment, habe ich mich noch niemals verbundener mit ihr gefühlt. Meine verfluchte Rylee …

Mein Geist wandert zurück zu den Jahren qualvoller Fruchtbarkeitsbehandlungen, als die Emotionen überkochten und die Hoffnung immer in herzzerreißender Enttäuschung endete. Als wir letztes Jahr endlich einsahen, dass ein Baby auf natürlichem Wege zu bekommen niemals klappen würde, fiel Rylee in ein Loch. Verdammt, ja, es belastete unsere Ehe, aber noch vernichtender war es für mich, dass die Frau, die ich mehr als mein eigenes Leben liebe, mir Tag für Tag, Stück für Stück immer weiter entglitt und ich nichts dagegen tun konnte.

Auf diese Gefühle der ohnmächtigen Hilflosigkeit, die ich damals verspürte, kann ich für immer verzichten.

Als ich mich zurücklehne und meine zitternde Hand an ihr Gesicht lege, denke ich, dass sie noch nie so schön gewesen ist wie jetzt: lebhafte Augen, ein strahlendes Lächeln auf ihren Lippen und etwas ganz Kleines von uns beiden, das gerade in ihr heranwächst.

»Wir werden ein Baby haben«, flüstert sie. Und obwohl ich es nun bereits weiß, muss ich, als ich es noch einmal aus ihrem Mund höre, tief durchatmen, und mein Herz macht einen Salto. »Der Geburtstermin ist der sechste September.«

Sechs. Neun.

Verflucht.

Endlich haben wir die Ziellinie erreicht, von der wir dachten, dass es nie passieren würde.

COLTON

Sechs Monate später …

»Ich hab mir ein bisschen Sorgen gemacht, dass du die Kontrolle über deine Eier verloren hättest, als du fragtest, ob ich heute vorbeikommen könnte, aber das hier?«, meint Becks, als er einen bedächtigen Blick auf den leeren Strand um uns herum wirft. »Das hier ist genau das, was der Arzt angeordnet hat.«

»Wo bleibt dein Vertrauen, Kumpel?« Ich schaue ihn durch meine Sonnenbrille an. »Kannst du dir mich etwa bei einer Babyparty vorstellen?« Als Erwiderung prustet er los. »Und ich kann dir versichern, dass meine Eier genau da sind, wo sie hingehören. Auf gar keinen Fall setze ich jetzt einen Fuß auch nur in die Nähe des Hauses!« Bei dem Gedanken an all die Frauen, die nur allzu gerne ihre Lippenstift-Abdrücke auf meiner Wange hinterlassen würden, täusche ich ein Zittern vor.

»Eine völlig neue Definition für den Östrogen-Wirbel.«

»Verdammt richtig!« Ich stoße mit dem Flaschenhals von meinem Bier an seinen. »Und das nicht im positiven Sinne.«

»Und aus dem Grund allein denke ich, dass das Baby ein Mädchen wird«, lacht er und bringt mich dazu, wegen seiner logischen Schlussfolgerungen zu ächzen. »Kumpel, du hast so lange mit Frauen gespielt, dass es verdammt witzig wäre und dir außerdem auch ganz recht geschähe, wenn eine bis zum Rest deines Lebens mit dir spielt.« Er hält seinen kleinen Finger hoch, um mir damit zu verdeutlichen, dass wenn wir ein kleines Mädchen bekommen würden, es mich um den Finger wickeln würde. Der Wichser hat vermutlich sogar recht, doch das sage ich ihm natürlich nicht. Außerdem ist das schmierige Grinsen auf seinem Gesicht breit genug, dass er den Flaschendeckel verdient hat, den ich nach ihm werfe.

»Keiner spielt mit mir! Da kannst du dir aber sicher sein!« Ich setze mir meine Flasche an die Lippen, während Becks lange und heftig über meine Worte lacht, von denen er weiß, dass sie eine Lüge sind.

»Ich glaube, du hast nicht den blassesten Schimmer, was auf dich zukommt, Kumpel.«

Und er hat recht. Ich habe auch verdammt noch mal absolut keine Ahnung. Gar keine. Das Einzige, was ich weiß, ist, dass je näher der Entbindungstermin rückt, mich umso mehr das Gefühl beschleicht, dass ich nicht genügend Zeit gehabt habe, um für es bereit zu sein. Für es? Vielmehr ist es doch so, dass unser Leben komplett umgekrempelt wird. Verdammte Scheiße, das ist ganz schön beängstigend.

»Also wie kommst du mit alldem hier zurecht?«

»Der Mist beginnt real zu werden«, antworte ich laut grübelnd und langsam nickend.

»In Anbetracht dessen, dass gerade jetzt im Haus eine Babyparty mit Frauen und Toilettenpapier – ich schwöre bei Gott, dass ich manche Rituale nie verstehen werde – und Windeln stattfindet … ja, es ist definitiv real. Aber ah, netter Versuch, Wood. Du hast mir nie meine Frage beantwortet.«

»Mir geht’s gut.« Lass mich in Ruhe, Daniels.

»Wie lange kennen wir uns jetzt schon?«, fragt er, und ich weiß, dass er nun zum entscheidenden Schlag ausholen wird. Ich wünschte, ich wüsste nur, worauf er hinauswill, deshalb konzentriere ich mich darauf, das Etikett von meiner Bierflasche abzumachen, anstatt ihm die Antwort zu geben, die er sowieso schon kennt.

»Weichei«, murmelt er flüsternd. Er ärgert mich und schürt das Feuer, das ich lieber nicht entfachen würde.

»Worauf willst du hinaus, Becks? Du willst hören, dass mir diese ganze Baby-Sache eine Heidenangst einjagt? Dass ich deswegen völlig durch den Wind bin?« Ich sammele eine Muschel auf und schmeiße sie auf einen Haufen Meeresalgen zu meiner Rechten. »Fühlst du dich jetzt besser?«

Am liebsten würde ich weitereilen, runter zum Wasser gehen, um von ihm wegzukommen, aber er kennt mich gut genug, um dann zu wissen, dass mir seine Worte unter die Haut gegangen sind. Dass er – wie beabsichtigt – die richtigen Knöpfe gedrückt hat.

Wie zur Hölle erkläre ich ihm nur, dass sich einerseits alles so wie immer, aber dann wiederum alles auch so anders anfühlt, ich allerdings dennoch nichts daran ändern würde, selbst wenn ich es könnte?! Er würde sofort die verdammte Zwangsjacke herausholen.

»Ob ich mich besser fühle? Nein«, meint Becks und lacht. Mittlerweile bin ich komplett entnervt. »Aber ich glaube, du tust es.« Ich schaue ihn durch meine Brillengläser an. »Willst du darüber reden?«

»Nein!«, schnauze ich ihn an. Fang jetzt ja nicht mit diesem Scheiß an, über den ich nicht reden will. Aber die Stille nagt an mir, reizt mich, sodass ich schließlich doch zu sprechen beginne. Ich kann Becks vertrauen. Ich weiß, dass ich es kann. Doch als die Worte Form annehmen, ersticke ich fast an ihnen. Steh deinen Mann, Donovan. »Ja. Fuck. Ich weiß nicht.«

»Nun gut, das macht natürlich alles einfacher«, neckt er mich, versucht, auf meine Kosten Witze zu machen.

Ich nehme meine Mütze ab, fahre mir mit der Hand durchs Haar und setze sie dann wieder auf, um Zeit zu schinden. »Ich werde Vater, Becks. Und alles daran jagt mir eine Heidenangst ein. Windeln und die Zukunft und Erwartungen und … Ich weiß nicht, was sonst noch, aber ich bin sicher, dass es da noch eine Million andere Sachen gibt. Was zeichnet mich denn aus, um Vater zu sein? Und damit meine ich nicht einfach nur Vater, sondern dazu auch ein guter. Schau dir doch nur einmal meine beschissene Kindheit an. Das ist alles, was ich kenne. Woher zur Hölle soll ich wissen, dass wenn ich einmal müde oder gestresst bin, ich dann nicht wieder dorthin zurückkehre, was ich immer gekannt habe?« Ich beende die Frage, meine Stimme ist fast schon ein Schreien, und mir wird bewusst, was ich da gerade eben alles gesagt habe.

Nimm dir noch ein Bier, Donovan. Du klingst ja wie ein Vollidiot.

Becks lacht. Es ist kein normales Lachen, sondern vielmehr ein tadelndes Glucksen, das an meinen Nerven schabt wie Schleifpapier.

»Gott sei Dank! Es wurde ja langsam mal Zeit, dass du dich auch so verhältst, dass du durchdrehst, weil es mir definitiv genauso gehen würde. Schau mal, keiner qualifiziert sich, ein guter Elternteil zu sein. Du lernst es einfach mit der Zeit, wenn das Kind dann da ist. Du wirst Fehler machen und daraus lernen.« Er zuckt mit den Achseln. »Und was Letzteres angeht … Kumpel, schau mal, wie du mit den Jungs umgehst. Du würdest sie niemals verletzen. Das ist gar nicht deine Art und hat auch rein gar nichts mit deiner eigenen beschissenen Kindheit zu tun.«

Als ich seine Worte höre, nicke ich nur. Irgendwie bin ich erleichtert, dass die Scheiße, die in meinem Kopf rotiert, ganz normal zu sein scheint. Aber mein normales und Becks’ normales Aufwachsen könnten unterschiedlicher nicht sein. Während ich zwar das Gefühl begrüße, das er mir vermittelt hat, so bringt es doch auch nicht den Güterzug der Angst zum Anhalten, dass ich bei diesem Eltern-Scheiß komplett versagen könnte. Dass Rylee dermaßen Hals über Kopf in das Baby verliebt sein wird, dass sie mich dabei völlig vergisst. Dass durch meine Adern das gleiche Blut fließt wie das meiner Mutter, die keinerlei Respekt vor mir hatte. Dass das gleiche Blut durch meine Adern fließt wie das meines Vaters, der sich einfach aus dem Staub machte.

»Kumpel, es ist völlig normal durchzudrehen«, meint Becks, als ich die Kühlbox öffne und mir noch ein Bier schnappe, um mir meine Dummheit wegzusaufen. »Manchmal wirst du versagen, aber so ist es nun einmal. Es gibt keine Gebrauchsanweisung, wie man sich als guter Vater verhält … du wirst es mit der Zeit lernen. Es ist ganz ähnlich wie beim Sex. Übung macht den Meister.«

Ich lache. Verfluchter Becks. Er ist die einzige Person, die ich kenne, die Erziehung mit Sex vergleichen könnte, allerdings kann ich die Parallele komplett nachvollziehen. Er versteht mich einfach.

»Und Sex? Na ja, das ist etwas, das ich wirklich ausgiebig geübt habe.«

»Wenn ich mir Rylees Bauch so anschaue, denke ich, dass du darin jetzt ein Profi bist. Also, siehst du? Kein Grund zur Sorge. Du packst das schon.«

»Verdammt.« Das Wort ist raus, als mir Bilder von heute früh durch den Kopf schießen. Eigentlich sollte ich die Couch ins große Zimmer bringen, um Platz für die gemieteten Tische und Stühle zu schaffen, die heute für die Babyparty geliefert werden sollten. Stattdessen sah ich Rylee dabei zu, wie sie mir einen blies. Der Ausdruck in ihren Augen und das Grinsen auf ihren Lippen, als sie meinen glatten Schwanz zwischen ihre Brüste schob, bis er schließlich in die Süße ihres feuchten Mundes glitt. Meine Eier ziehen sich jetzt noch zusammen, wenn ich daran zurückdenke, wie ihre Lippen um meinen Schwanz herum aussahen, als sie die Spitze neckte, bevor er wieder tief in ihren Mund drang.

»So gut, hä?«, fragt mich Becks und zieht mich von der Vorstellung an meine heiße Frau weg.

»Verdammt perfekt.« Es ist zwecklos, gegen das süffisante Grinsen auf meinen Lippen anzukämpfen.

»Also stimmt es dann?« Ich schaue zu ihm rüber, meine Bierflasche stoppt auf halbem Wege, noch bevor ich sie an meine Lippen setzen kann, während ich darauf warte, dass er das näher ausführt. »Dass schwangere Frauen echt so notgeil sind?«

Mein Blick wandert zurück zu dem Haus hinter uns. Gelächter von der Östrogen-Invasion strömt zu uns herunter, und ich nicke nur. »Kumpel, lass dir eins gesagt sein: Voodoo macht auch vor schwangeren Muschis nicht halt.«

»Echt jetzt?«

»Nymphomanin …« Ich ziehe das Wort genüsslich in die Länge.

Sein Gesichtsausdruck in diesem Moment – die hochgezogenen Augenbrauen, das langsame Nicken, der offene Mund – ist typisch für Becks. »Verdammt!«

»Du hast ja keine Ahnung«, erwidere ich lachend. »Shit. Alle Kerle haben mich gewarnt wegen Hormonen und Gefühlsschwankungen und so einem Scheiß, und ich hocke hier mit einem wölfischen Grinsen, weil die Muschi mein Freund ist. Kumpel, die einzigen Schwangerschaftsgelüste, die Rylee hegt, drehen sich um meinen Schwanz, und ich bin mehr als gewillt, ihr da Abhilfe zu verschaffen.«

»Du verdammter Glückspilz!«

»Als ob ich das nicht selbst wüsste.«

»Hast du keine Angst, dass du …« Seine Stimme verstummt, doch ich kann die Belustigung aus seinem Ton heraushören. »Ach, vergiss es …«

»Beende deinen Satz, Daniels!«

»Na ja, ich wollte fragen, ob du keine Angst hast, dass der ganze Sex das Baby verletzen könnte – ihm in den Kopf stoßen oder so was? Aber dann hab ich vergessen, dass dein Pimmel ja eh nur ein paar Zentimeter lang ist, sodass man sich wegen so was keine Sorgen machen muss.« Er unterdrückt ein Lachen.

»Wichser!« Jetzt wäre ich eigentlich dran, ihm etwas entgegenzusetzen, aber trotz der Stichelei kann ich nicht anders als zu lachen, weil ich auch gar nichts anderes von ihm erwartet hätte. Außerdem kann ich die Ablenkung eigentlich auch ganz gut gebrauchen, weil ich mir die ganze Zeit schon darüber Gedanken mache, ob ich meinen Privatdetektiv Kelly diese Woche hätte anrufen sollen.

Der Stein ist bereits ins Rollen gebracht worden. Zu spät, um ihn jetzt noch aufzuhalten.

Ich weiß, dass nichts Gutes dabei herauskommen wird. In dieser Situation gibt es keine Happy Ends. Eigentlich bin ich sogar sicher, dass es mich noch mehr abfucken wird, als dass es irgendetwas besser machen würde. Aber vielleicht, nur ganz vielleicht, kann ich diese letzte Sache danach ad acta legen. Diese letzte Sache noch abschließen, bevor das Baby auf die Welt kommt, und dann weitermachen.

Den Kreis schließen.

Zumindest können, wenn das hier erst einmal erledigt ist, die gottverdammten Geister sich gegenseitig jagen – immer und immer wieder, wie ein Hamster in seinem Laufrad, während ich Vollgas gebe und in die entgegengesetzte Richtung rase.

»Kumpel«, sagt Becks und reißt mich damit aus meinen Gedanken, »du musst auf jeden Fall den momentanen Vorteil mit dem Sex ausnutzen, solange du noch kannst, denn wenn das Baby erst einmal da ist, wirst du für eine lange Zeit ohne auskommen müssen.«

»So was hab ich auch schon gehört«, ächze ich. Es ist mir vollkommen klar, dass ich irgendwie damit zurechtkommen muss, wenn meine Frau von einer Nymphomanin zur Nonne mutiert. »Veränderungen, Alter. Sie passieren einfach. An einem Tag bin ich noch Single, am nächsten heirate ich, und jetzt stehe ich kurz davor, Vater zu werden. Wie zum Teufel ist das nur passiert?« Trotz meiner Worte habe ich ein breites Lächeln auf dem Gesicht.

»Bin nicht sicher, wie du es hinbekommen hast, eine Frau zu finden, die bereit ist, sich mit deinem Scheißdreck abzufinden, aber sie hat dafür einen verdammten Orden verdient.«

»Vielen Dank für die Unterstützung.« Ich halte mein Bier in seine Richtung und mache eine Prost-Geste.

»Immer. Dafür bin ich ja da … aber bei all diesen Veränderungen, die da vonstattengehen, muss ich dich fragen, was dir so an die Nieren geht. Irgendetwas ist doch los mit dir, und ich kenne dich gut genug, um zu wissen, dass es mehr als das ist, was du mir gerade erzählt hast.«

Jetzt geht das schon wieder los. Möge die Becks’sche psychologische Beurteilung beginnen …

Ich weigere mich, ihn anzusehen, denn er braucht nicht zu wissen, dass bei mir nicht alles in Ordnung ist. Dass dieses Geplänkel lediglich eine Fassade ist, weil sich mein Kopf so anfühlt, als ob man ihn in einen Küchenmixer gesteckt hätte: zu viel, verdammt noch mal zu schnell, mit zu vielen Zweifeln und zu vielem Ungewissen. Meine verfluchte Vergangenheit, die niemals komplett verschwindet.

Gottverdammte Geister.

»Colton?«, treibt er mich an.

Mein Bier kommt auf der Mitte des Weges zu meinem Mund zum Halt, als die Verärgerung aufs Neue in mir brennt und Sarkasmus mein Freund wird. »Fragst du mich als mein Teamchef, als mein bester Freund oder als mein Seelenklempner?«

»Ich habe lebenslange Sonderrechte auf zwei von den dreien, also macht es wirklich einen Unterschied?«

Fuck. Jetzt hat er mich so weit bekommen. Warum treibt er diese verdammte Sache an? Will er die Wahrheit wirklich hören? Weil ich – und das ist so sicher wie das Amen in der Kirche – meinen Kopf lieber in den Sand stecken würde. Unwissenheit ist ein Segen und all dieser Mist.

»Ich werd den Job schon hinkriegen. Mach dir deshalb mal keine Gedanken«, sage ich ein bisschen zu lässig und verfluche mich im selben Augenblick dafür, weil Becks mich im Nu durchschauen wird. Ich frage mich nur, ob er schlafende Hunde nicht wecken oder sie doch wecken wird, sodass sie zum Spielen rauskommen.

»Ah …«, sagt er und zieht den Klang dabei in die Länge. »Aber du vergisst, dass ich mir sehr wohl Sorgen mache. Das ist schließlich mein Job. Bei dir ist viel Scheiße passiert, und ich muss sicher sein, dass du bei klarem Verstand bist, bevor du überhaupt ein Flugzeug besteigst, um zum Grand Prix zu kommen.«

»Herr im Himmel, Becks! Immer machst du dir Gedanken wegen der Rennbahn. Es gibt auch noch andere Dinge im Leben als das!«, schnauze ich ihn an. Ich bin angepisst, dass er genau weiß, was er zu sagen hat, um mich anzustacheln, und gleichzeitig hasse ich es, dass er ja irgendwie auch recht hat.

Haken mit Köder? Triff Schnur und Senkblei!

Wichser. Man könnte annehmen, dass ich mittlerweile immun gegen Becks’ Drängelei-Knöpfe sein sollte, aber trotzdem reagiere ich jedes verdammte Mal wie eine Marionette.

»Mach dir keine Gedanken. Ich werde mit dem Kopf ganz bei der Sache sein«, sage ich und versuche wieder etwas an Bodenhaftung zurückzubekommen. »Bist du jetzt zufrieden?«

»Du glaubst wirklich allen Ernstes, dass ich mir Gedanken wegen der verdammten Rennbahn mache, Donovan? Du denkst, dass die Regeln beim Motorsport das Einzige sind, woran ich immerzu denke? Nein! Wohl kaum. Allerdings mache ich mir durchaus darüber Gedanken, wenn ich zum Hörer greifen und deine Frau anrufen muss, die hochschwanger ist, und ihr erzählen muss, dass ich dich in ein Auto gesteckt habe, obwohl ich wusste, dass du mit deinen Gedanken ganz woanders warst, und dass du einen Unfall gebaut hast und dabei ums Leben gekommen bist, weil du abgelenkt warst und dich nicht vernünftig auf die anstehende Aufgabe konzentrieren konntest. Das ist es, worüber ich mir Gedanken mache … also verdränge, was auch immer du mir nicht erzählen willst, und sag ruhig, dass ich ein egoistisches Arschloch bin, weil ich mir Gedanken über das Rennen mache. Aber was ich wirklich wissen will, ist, ob du mit deinem Kopf bei der Sache bist, sodass ich nicht dabei zusehen muss, wie dich irgend so ein Sanitäter in einen Leichensack steckt, und das alles nur, weil du dich nicht konzentrieren konntest, aber keinem erzählen wolltest, was der Grund dafür ist. Nenn mich egoistisch, bezeichne mich als was du auch immer willst … rede mit mir, rede nicht mit mir … Himmelherrgott … geh einfach nur sicher, dass du startklar bist, sodass so was nicht passiert!« Und dann beendet er, in seiner typischen Beckett-Art, seine Schimpftirade genauso schnell, wie er sie begonnen hat.

Stille kehrt wieder ein. Nagt an mir. Zerrt die Wahrheit aus mir heraus, die ich eigentlich nicht beichten will.

»Ich versuche, meinen Vater zu finden.« Fuck! Wo ist das jetzt hergekommen? Ich wollte doch niemandem etwas davon erzählen, bis ich nicht irgendetwas Handfestes habe – etwas wirklich Hieb- und Stichfestes –, und trotzdem sprudeln mir jetzt irgendwelche Geheimnisse heraus.

Weil ich sehen will, wie er reagiert, schaue ich zu ihm durch meine verspiegelte Sonnenbrille herüber. Er atmet einmal tief durch und nickt dann zweimal mit dem Kopf, als er das eben Gesagte verdaut.

»Ich werde nicht so tun, als ob ich das Warum hinter dem Ganzen verstehen würde … aber, Alter, meinst du nicht, dass es nicht besser wäre, wenn man einige Dinge einfach auf sich beruhen lassen würde?« Ich höre an seinem Tonfall, dass er Verständnis für mich hat, aber zur selben Zeit weiß ich auch, dass er mich gar nicht verstehen kann. Keiner kann das. Ich bin häufiger durch das sprichwörtliche Tal des Todes gelatscht, als ich gerne mitzählen würde. Vielleicht muss ich noch einmal dort hingehen, um den Schatten abzuschütteln, sodass ich normal weitermachen kann, ohne dass er noch über meinem Kopf schwebt.

»Aber das ist es doch gerade – er ist immer wie ein loses Ende da gewesen. Ich muss es einfach fest zusammenbinden, die Schnur für immer durchschneiden und nie wieder zurückblicken.« Ich nehme einen langen Schluck von meinem Bier und versuche den bitteren Nachgeschmack loszuwerden, den der Gedanke an ihn hinterlässt. »Es ist ein Schuss ins Blaue. Kelly wird ihn wahrscheinlich sowieso nicht finden. Und wenn doch? Vielleicht reicht es mir, wenn ich weiß, wo er sich derzeit aufhält. Vielleicht auch nicht«, seufze ich. Ich fühle mich jetzt noch dämlicher als vorher, weil ich Kelly angerufen habe. »Scheiße! Vergiss einfach, was ich gerade gesagt hab.«

»Keine Chance. Du hast es gesagt. Ich hab’s gehört. Zumindest erklärt das jetzt, welche Laus dir in letzter Zeit über die Leber gelaufen ist. Weiß Rylee Bescheid?«

»Es gibt noch nichts zu erzählen.« Ich ignoriere das schlechte Gewissen. »Sie hat ohnehin schon genug Stress wegen dem neuen Kind in der Arbeit und dem Baby … Das Letzte, was ich will, ist, dass sie sich jetzt auch noch meinetwegen Sorgen macht.«

»Dafür hast du ja mich.«

»Ganz genau«, sage ich mit einem entschiedenen Nicken.

»Und dein Vater? Was sagt er zu dem Ganzen?«

Schuld: Das Geschenk, das immer wieder vergeben wird.

»Er weiß noch nichts davon. Ich werde es ihm erzählen, sobald irgendetwas dabei herauskommt. Außerdem … er ist mein Vater – wenn es etwas gibt, das ich unbedingt tun muss, dann steht er immer hinter mir.« Aber trotzdem: Falls das wirklich der Fall ist, warum erzählst du es ihm dann nicht einfach?

»Genau«, sagt Becks, und dieses simple Wort bestätigt meine Schuld.

Warum um alles in der Welt suche ich nach dem Stück Scheiße, das mich niemals haben wollte, wenn es dort einen Mann gibt, der mich angeschlagen und kaputt bei sich aufnahm und nie zurückschaute?

Genau.

Gedanken. Zweifel. Fragen. Alle drei umkreisen einander. Aber nur Kelly kann bestätigen, ob ich jemals die Antworten finde.

»Ich verspreche dir, dass ich ganz bei der Sache sein werde, wenn ich auf der Rennstrecke bin.« Das ist das Einzige, was ich zu meinem besten Freund sagen kann. Das ist meine abgefuckte Art, mich zu entschuldigen.

Er nickt und verstellt den Schirm seiner Baseballmütze. »Nun gut, ich hoffe, du findest das, wonach du suchst, Kumpel, aber irgendwie glaube ich, dass du das bereits hast.« Als ich zu ihm herüberblicke, neigt er den grünen Flaschenhals in Richtung der Terrasse über meine Schulter hinweg. Verwirrt folge ich seinem Blick und schaue auf, um Rylee zu sehen, die am Geländer steht und sich gerade mit den Gästen unterhält.

Unsere Blicke treffen sich. Der verdammte unerwartete Schlag der Emotionen trifft mich wie ein Rammbock, denn bei einem Mann, der von sich selbst einst glaubte, nie etwas fühlen zu können, hat sie es geschafft, dass ich alles fühle. Die ganze verdammte Bandbreite an Gefühlen.

Ich darf nicht vergessen zu atmen. Der Schmerz des Verlangens ist heute noch genauso stark wie beim ersten Mal, als ich sie sah. Aber heute ist da noch so viel mehr: Bedürfnisse, das Morgen, das Gestern und alles andere, was dazwischen ist.

Becks hat jedenfalls recht.

Mein leiblicher Vater ist nicht das Endspiel. Lediglich ein weiterer Dämon, der meiner Seele ausgetrieben werden muss.

Ich kann mich glücklich schätzen, weil ich das gefunden habe, von dem ich niemals wusste, dass ich es suchte. Gott sei Dank schaut sie mich gerade ebenfalls an.

RYLEE

Die Angst hält mein Herz immer noch gefangen.

Ich versuche, sie niederzudrücken, nicht darüber nachzudenken, und bemühe mich, damit umzugehen, indem ich mich Tag für Tag mit meiner Arbeit, mit den Jungs, mit Colton beschäftige, aber von Zeit zu Zeit übernimmt sie dann doch meine Gedanken. Es spielt keine Rolle, dass ich im siebten Monat schwanger bin. Die Sorge, dass mir dies alles wieder genommen werden könnte, so wie es schon zwei Male zuvor geschehen ist, habe ich immer noch im Hinterkopf – bei jedem Ziepen in meinem Bauch oder Schmerz in meinen Hüften.

Und so sitze ich hier nun im Kinderzimmer, inmitten von Geschenkehaufen von Kinderspielen, Windeln und Babydecken, und fürchte mich, auch nur eine Sache davon zu öffnen, aus Angst, es verhexen zu können. Dass wenn ich ein Päckchen mit Kleidungsstücken öffne, eine Ladung Wäsche vorwasche, Laken auf die Matratze der Wiege lege, ich damit meinen lang gehegten Traum der Mutterschaft zum Platzen bringe.

Der Schaukelstuhl ist jedoch sicher. Hier kann ich getrost ein wenig sitzen, die Augen schließen und spüren, wie sich das Baby in mir bewegt, kann mich an den leichten Reaktionen in meinem harten Bauch erfreuen. Jedes Mal, wenn ich einen Tritt spüre, bin ich etwas erleichterter. Ich kann meine Hände auf meinem Bauch ruhen lassen und wissen, dass er oder sie eine Kämpfernatur und gesund ist, und ich kann es kaum abwarten, ihn oder sie in meinen Armen zu halten. Ich kann hier einfach nur sitzen und die Liebe für dieses Baby spüren, die durch meinen Körper wogt, und weiß ohne jeden Zweifel, dass dieses perfekte kleine Wesen die Liebe, die Colton und ich füreinander empfinden, nur noch stärker und fester machen wird.

Und ich versuche, dieses Gefühl des Glücks aufrechtzuerhalten, damit die Sorgen, die ich fühle, als ich mich vom Schaukelstuhl erhebe und über die Matratze der Wiege streiche, nicht überhandnehmen. Ich kann nicht glauben, dass das hier gerade wirklich passiert, dass in weniger als drei Monaten dieses neue Wesen in unserem Leben sein wird und sich auf einen Schlag alles und auch wieder nichts verändern wird.

Momente in der Zeit. Wie leicht wandern wir doch von einer Rolle zur nächsten und hinterfragen nie den Schmetterlingseffekt von diesen Übergängen. Wie wird dieses eine Ereignis in das nächste übergehen? Oder wird es das überhaupt?

Ein Baby. Unser Baby. Wenngleich auch ein neues Leben in mir heranwächst und ich hin und wieder spüre, wie er oder sie sich bewegt, bin ich trotzdem immer noch überrascht, dass es die Realität ist.

Vorsichtig sinke ich auf die Knie, um die Babygeschenke durchzusehen, die auf dem Boden aufgetürmt sind. Den Geschenkestapeln nach zu urteilen sind unsere Freunde und Familien ziemlich aufgeregt, Baby Donovan kennenzulernen und zu verwöhnen. Ich hebe eine flauschige gelbe Decke auf und lächle automatisch, als ich sie an meine Wange halte, um ihre Weichheit zu spüren.

»Braucht ein Baby wirklich dieses ganze Zeug?« Jäh werde ich durch Coltons Stimme aufgeschreckt. Mit der Schulter lehnt er sich gegen den Türpfosten, seine Daumen hängen in den Taschen seiner Shorts. Jeder Zentimeter seiner straffen gebräunten Brust herunter bis zu dem V seiner Muskeln ruft nach meinen Schwangerschaftshormonen, die meine sexuelle Begierde in den vergangenen letzten Monaten regiert haben.

Und selbst ohne diese Hormone bin ich mir sicher, dass ich ihn trotzdem anstarren würde, weil ich ihn immer noch genauso sehr will wie am ersten Tag. Sein bloßer Anblick bringt mein Blut in Wallung, mein Herz zum Rasen und macht meine Seele zufrieden.

Ich nehme mir einen Moment Zeit und genieße den Anblick meines gut aussehenden Ehemannes. Mein Blick wandert über jede noch so kleine Stelle seines Körpers, bevor ich hochsehe und das übermütige Grinsen auf seinen Lippen wahrnehme, das mir sagt, dass er ganz genau weiß, woran ich gerade denke. Und als ich in seine grünen Augen blicke, sehe ich in ihnen nicht das Vergnügen, das ich erwartet hätte. Stattdessen sehe ich in ihnen eine Mischung aus zurückhaltenden Emotionen, die ich eigentlich nicht einordnen kann. Es erinnert mich an jene ersten Monate, als wir begannen, uns zu verabreden, und er noch Geheimnisse vor mir hatte, und ich hasse das Gefühl der Unsicherheit, das mich hinten im Nacken kitzelt.

Ich schiebe das mir angeborene Bedürfnis beiseite, ihn darauf anzusprechen, um das Problem wieder in Ordnung zu bringen, und sage mir selbst, dass wenn irgendetwas nicht okay sein sollte, er es mir erzählen wird, wenn er bereit dazu ist. Ich schiebe die mich quälende Sorge einfach weg. Wahrscheinlich ist es eh nur der ganz normale Bammel vor der Geburt. Er ist bislang so viel besser mit dem Ganzen umgegangen, als ich gedacht hätte, aber gleichzeitig denke ich, dass er in den letzten paar Wochen auch irgendwie ein bisschen verschlossen gewesen ist. Und während es mich zwar etwas beunruhigt, denke ich mir, dass er sehr wohl auch Ängste und Vorbehalte haben darf, wie die meisten Menschen, die kurz davor stehen, Eltern zu werden.

»Ich bin nicht sicher, ob wir das hier alles überhaupt brauchen. Es ist definitiv ziemlich viel Zeug für ein kleines Baby«, antworte ich schließlich, als ich auf die ganzen Geschenkehaufen um mich herum blicke.

»Du bist umwerfend.«

Das unerwartete Kompliment lässt mich wieder zu ihm aufsehen, und ein Gefühl der Liebe schwillt in meiner Brust an. Unglaube macht sich in mir breit, dass er mich im Moment wirklich schön findet, während ich mich eher so fühle wie ein gestrandeter Wal. Leise lache ich, als ich mich auf den Boden setze. Ich stütze mich mit den Händen hinter mir ab und strecke meine Beine aus. »Danke, aber ich denke eigentlich nicht, dass mich ein riesiger Bauch und Zehen, die so geschwollen sind wie Würstchen, für die Kategorie umwerfend auszeichnen.«

»Nun gut, in diesem Fall dann eben nur für die Kategorie schön«, neckt er mich mit einem aufblitzenden Grinsen, während er näher kommt. Er blickt sich um und hebt eine Babydecke auf, die aussieht wie eine karierte Flagge. Amüsiert zieht er die Augenbrauen hoch, bevor er zu mir kommt.

»Hm«, murmele ich. Dem, was er über das Schönsein gesagt hat, kann ich nicht einmal ansatzweise zustimmen. Aber als ich zurück zu ihm aufsehe, um seinem Blick zu begegnen, kann ich erkennen, dass wenn er mich anschaut, tatsächlich schön das ist, was er zu sehen scheint. Und ich nehme es an, denn wenn ein Mann dich in einem Moment sieht, in dem du dich eigentlich am hässlichsten findest, er dich aber als schön betrachtet, dann hinterfrage es nicht.

»Du arbeitest zu hart, Ry«, sagt er, als er sich zu mir niederbeugt. Ich versuche bei dieser Wiederholung nicht aufzuseufzen, aber es ist die eine Sache, über die wir in letzter Zeit regelmäßig diskutiert haben, nämlich dass er will, dass ich in Mutterschaftsurlaub gehe. »Du musst aufhören, so viel zu machen. Lass andere dir helfen.«

Ich schaue runter zu der Decke in meiner Hand. Ich hasse es, dass er ja recht hat und sehen kann, wie schwer es mir fällt, die Kontrolle abzugeben. »Ich weiß, aber es gibt einfach noch so viel zu erledigen, bevor das Baby auf die Welt kommt, und das nur ich erledigen kann. Mit dem neuen Projekt, das nun online gestellt wird, und Auggie, der Probleme hat, und …« Meine Stimme verstummt allmählich, als ich an das neueste Kind in unserer Gruppe denke und wie viel Aufmerksamkeit es braucht, die ich ihm nicht geben werden kann. Alles auf meiner unsichtbaren To-do-Liste schreit danach, erledigt zu werden – wie zum Beispiel gestern –, und der Tag hat einfach nicht genug Stunden. Der bloße Gedanke daran überfordert mich allein schon. Ich atme tief durch, als bereits Tränen in meinen Augen brennen. Mein innerer Kampf, Leute im Stich lassen zu müssen, taucht wieder auf – ich habe jetzt schon das Gefühl, Mist zu bauen, und dabei habe ich noch nicht einmal den Mutterschaftsurlaub angetreten.

»Atme tief durch, Ry. Ich weiß, dass deine Typ-A-Persönlichkeit all deine Entlein in Reih und Glied haben will. Aber das ist nicht möglich. Andere Leute können auch etwas tun. Es könnte sein, dass sie es nicht genau so machen, wie du es haben willst, aber zumindest verschafft es dir eine Erleichterung. Und wenn es nicht erledigt wird, wird die Arbeit auch immer noch da sein, wenn BIRT kommt.«

»Colton!«

»Was ist so verkehrt an BIRT? Baby in Rylee Thomas«, meint er ganz unschuldig. Er versucht mich nur zu ärgern. Oder will mir ein Lächeln entlocken.

»Hör auf, ihn so zu nennen!« Ich klatsche mit der Hand auf sein Bein, während er laut auflacht, und da hat er auch schon meine Hand geschnappt, bevor ich sie noch wegziehen kann.

»Ihn? Hast du gerade ihn