Du warst nie allein - Mike Hellwig - E-Book

Du warst nie allein E-Book

Mike Hellwig

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Beschreibung

Zauberhafte, traurig-schöne Märchen hat der bekannte Autor und Therapeut Mike Hellwig verfasst und mit Illustrationen in diesem Büchlein zusammengestellt: Geschrieben aus der Tiefe der Seele, laden die Geschichten dazu ein, das Herz zu öffnen und sich berühren zu lassen. Sie künden von etwas Größerem als uns, von einem Licht, einer zarten Kraft – einer Liebe, die auch in der Finsternis freundlich über uns wacht.

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Du warst nie allein

Märchen

von

Mike Hellwig

Copyright 2023 Mike Hellwig

Mike Hellwig, c/o AutorenServices.de, Birkenallee 24, 36037 Fulda

[email protected]

Das Werk einschließlich aller Inhalte ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten.

Einige Geschichten wurden in den Büchern „Radikale Kreativität“ und „Stillwasserzeit“ veröffentlicht, Mike Hellwig hat sie überarbeitet, illustriert und in einen anderen Kontext gesetzt.

Covergestaltung: Mike Hellwig

Coverbild: Tom Swinnen (modifiziert)

Grafische Umsetzung/Satz: Monika Orend

Illustrationen: Mike Hellwig

Mehr über den Autor unter www.mike-hellwig.de

Email: [email protected]

Inhalt

Der kleine Pinguin

Sack-Susi

Der alte Sikorizsch

Tanz!

Der weinende Klaus

Fred

Die Schubkarre

Die Meerjungfrau am Fenster der Kammer

Fünf Freunde

Der Junge auf der Schaukel

Die alte Isawa

Der Junge von einem anderen Stern

Die Prüfung des Engels

Der Krug

Der kleine Pinguin

In der Antarktis findet sich ein einzelner Pinguin an diesem Tag des beginnenden Winters, Sonnen­strahlen so flach wie das ewige Eis, bis zum Horizont, er watschelt durch den Schnee, denkt sich, irgendwann finde ich die anderen und den Vogel. Den Vogel, der durch die Lüfte schwebt, und so geht der kleine Pinguin immer weiter.

Durch die kurzen Tage hindurch, durch die dunklen Nächte, durch den klirrenden Splittschnee, durch Wolken, die sich auf das Eis niedergelegt haben. Was er sieht, ist die rotgelbe Kugel, die in der ewig gleichen Ferne aus dem Eis steigt, einen Moment stehenbleibt und wieder versinkt.

Piep, sagte der Pinguin, piep, piep, ja, und er konnte seine dünne, verklingende Stimme hören. Er könnte sprechen, wenn jemand käme, der zuhören würde, aber er selbst, er selbst kann sich doch zuhören, sagte der Pinguin, vergaß aber, es laut auszusprechen, und so hörte er sich nicht.

Dieses innere Sprechen, ohne Worte zu bilden, ohne gehört zu werden, das tat dem Pinguin so weh, so weh wie ein Splitter, der in den Eingeweiden steckt. Einmal hatte ihm ein Vogel erzählt, es gäbe Inseln, die ganz grün sind, so grün, eine Farbe, wie man sie sich nicht vorstellen kann, wenn man sie nicht sieht. Und einmal werde ich dich dahin mitnehmen, hatte der Vogel gesagt, ja, einmal, wenn ich groß und stark genug bin, komme ich und hole dich, und dann zeige ich dir die ganze Welt, die ich gesehen habe. Ich zeige dir die schönsten Plätze, die ich auf meinen Reisen finden konnte, sodass du alles siehst, was ich sehen durfte, sodass du siehst, dass diese Welt mehr ist als das ewige kalte Eis.

Dass diese Welt schön ist und lebenswert, auch für dich, mein kleiner Pinguin, auch für dich.

Dann war der Vogel fortgeflogen, und der kleine Pinguin hatte ihn seitdem nie wieder gesehen, und doch verging kein Tag, keine Minute, dass der kleine Pinguin nicht an ihn dachte. Der Vogel wird kommen, sagte der Pinguin, ich weiß es, und wanderte weiter durch die Eiswüste.

Wenn die Sonne aufstieg, sah er in den Himmel, die beiden Flügel wollte er sehen, und so suchten seine Augen den weiten Himmel ab, irgendwo da draußen bist du, und ich weiß, du hast mich nicht vergessen, nein, das kann nicht sein, nicht du.

Und der Pinguin weinte, die Tränen liefen sein Gesicht hinunter, und er spürte den warmen Strom über seinen Körper rinnen. Und während er suchend nach vorne starrte und nur das Nichts sah, schmolzen seine Tränen das ewige Eis hinter ihm, sodass eine tiefe Kerbenspur das Eis spaltete. Von oben sah es aus, als ob der Pinguin einen schwarzen Strich durch das Eis zog, mitten hindurch.

Die Sonne konnte das sehen. Die Sonne war noch hoch genug, um den kleinen Punkt dort, den Pinguin, auf sich zukommen zu sehen, und diesen merkwürdigen Strich hinter ihm. Und jeden Morgen war der Strich länger geworden.

Was ist das für ein Strich?, rief sie dem Mond zu.

Ich sehe ihn auch, er wird jede Nacht länger, antwortete der Mond. Aber ich weiß es nicht, was der Pinguin da macht.

Und die Sonne fragte das ewige Eis, was es mit diesem Strich auf sich habe.

Der Pinguin weint, sagte das Eis, er weint immerzu, und sein Schmerz tut so weh, dass ich seine Tränen nicht mehr frieren kann. Sieh, wenn du genauer hinsiehst, so ist das ein kleiner Rinnsal voller Wärme, der sich durch mich zieht.

*

In dem Gehäuse einer Schnecke verbringt die kleine, feine Ringelratznatter ein ganzes Jahr, es ist ein Jahr des Winters, in dem der Eissturm über die schneebedeckte Tundra braust und hinwegfegt, was ihm im Wege steht. ­Selten hält er an, aber es passiert.

Das Herz des Eissturms kennt Gnade, aber sie ist schwer zu erlangen.

Nur selten ist es offen.

Der kleine Pinguin musste darauf hoffen, und die Ringelratznatter auch.

Piep, piep, sagte der kleine Pinguin, und zisch, zisch, die Ringelratznatter. Die Ringelratznatter lud den Pinguin in das Gehäuse ein, und er wäre so gerne hineingekommen, doch das Gehäuse war zu klein, selbst für den kleinen Pinguin.

Ich kann nicht rein, sagte er, das kann doch nicht sein!

Und ich kann nicht heraus, sagte die Ringelratznatter, ich bin nicht gegen die Kälte gewappnet, bald schon würde ich erfrieren.

In der Ferne hörten sie den Eissturm, er kam immer näher, und der kleine Pinguin sah eine riesige Wolke voller Schwärze.

---ENDE DER LESEPROBE---