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Die Familie ist ein Hort der Liebe, Geborgenheit und Zärtlichkeit. Wir alle sehnen uns nach diesem Flucht- und Orientierungspunkt, der unsere persönliche Welt zusammenhält und schön macht. Das wichtigste Bindeglied der Familie ist Mami. In diesen herzenswarmen Romanen wird davon mit meisterhafter Einfühlung erzählt. Die Romanreihe Mami setzt einen unerschütterlichen Wert der Liebe, begeistert die Menschen und lässt sie in unruhigen Zeiten Mut und Hoffnung schöpfen. Kinderglück und Elternfreuden sind durch nichts auf der Welt zu ersetzen. Genau davon kündet Mami. E-Book 1: Melanie - für jede Überraschung gut E-Book 2: Jungs sind nun mal so … E-Book 3: Liebe hat einen Namen E-Book 4: Helles Kinderlachen E-Book 5: Ich weine nicht mehr um das andere Kind E-Book 6: Alle Liebe für ein fremdes Kind E-Book 7: Wenn unsere Eltern Hochzeit machen E-Book 8: Sein kleiner Lieblingspatient E-Book 9: Mami und Papi - Trennung? Niemals! E-Book 10: Ein Winzling versöhnt die ganze Welt
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Seitenzahl: 1209
Melanie - für jede Überraschung gut
Jungs sind nun mal so …
Liebe hat einen Namen
Helles Kinderlachen
Ich weine nicht mehr um das andere Kind
Alle Liebe für ein fremdes Kind
Wenn unsere Eltern Hochzeit machen
Sein kleiner Lieblingspatient
Mami und Papi - Trennung? Niemals!
Ein Winzling versöhnt die ganze Welt
»Möchtest du noch ein Glas Wein?« fragte Bernhard Kollmann die Frau, die ihm in dem eleganten Restaurant gegenüber saß, in dem sie gerade miteinander gegessen hatten.
Bea Rohrbach sah auf ihre Armbanduhr.
»Weißt du eigentlich, wie spät es ist?« fragte sie mit zärtlichem Lächeln.
»Und ob! Aber ich bin noch immer hellwach!« erwiderte Bernhard Kollmann. Er beugte sich Bea entgegen, lächelte sie mit gleicher Zärtlichkeit an und fügte leise hinzu: »Die Kraft gibst du mir, das ist dir doch klar, oder?«
Bea lachte sanft. »Ich weiß, daß ich an allem schuld bin, Liebling. Aber das ändert nichts daran, daß ich rechtschaffen müde bin und dich in Kürze verlassen werde.«
»Das kannst du mir nicht antun«, erwiderte Bernhard mit gespielt entsetztem Gesichtsausdruck. Doch dann wurde er für einen Moment ganz ernst. »Ich wollte doch mit dir noch etwas besprechen.«
»Hat das nicht Zeit bis zum nächsten Mal?« fragte Bea.
»Nein, Liebling«, erwiderte Bernhard. »Es gibt ein kleines Problem, das ich längst hätte ansprechen müssen. Aber nie paßte es in unsere heiteren Gespräche über unsere Liebe und unsere Zukunft hinein.«
Bea war aufmerksam geworden. So eindringlich sprach der Mann, den sie liebte, selten, weil sie beide die wenige Zeit, die ihnen ihre Berufe ließen, nicht unnötig belasten wollten.
»Es geht um meine Tochter«, sagte Bernhard mit einer Miene, die Bea einen Moment lang regelrecht undurchdringlich erschien. So kannte sie den heiteren erfolgsgewohnten und weltmännischen Mann gar nicht. »Ich habe ja schon ein paar Mal versucht, mit dir über Melanie zu sprechen«, sagte sie. »Aber du warst bisher nicht zugänglich dafür.«
»Nein«, sagte Bernhard mit verhaltener Stimme. »Ich hoffe, daß du verstehen kannst, daß ich damit solange warten wollte, bis ich genau weiß, wie sich die Dinge zwischen uns entwickeln.«
»Und wie entwickeln sie sich?« fragte Bea mit glitzernden Augen.
»Bestens!« Bernhard strahlte sie an. »Und das ist auch der Grund, warum ich nun endlich mit dir über Melanie sprechen muß.«
»Bitte«, sagte Bea. Vergessen war ihre Müdigkeit, denn sie spürte, wie dringlich Bernhard das Problem empfand. Sie hatte zwar am nächsten Morgen eine Gruppe ausländischer Werksbesucher durch den Betrieb zu führen und ihnen alles in ihrer Muttersprache Englisch zu erklären, aber Bernhard war wichtiger als ihre Müdigkeit am nächsten Morgen.
»Ich habe dir freimütig gesagt, daß es in den letzten Jahren immer mal wieder Kontakte zu anderen Frauen gegeben hat«, sagte Bernhard ruhig. »Ich habe dir auch erzählt, daß sich aus diesen Begegnungen nie eine tiefergehende Beziehung entwickelte. Einmal, weil ich mich mit keiner dieser Frauen wirklich gut verstand, und außerdem war da ja noch immer Melanie, an dich denken mußte. Nun muß ich gestehen, daß ich im Zustand der Verliebtheit den Fehler machte, Melanie mit zwei oder drei dieser Frauen bekannt zu machen. Das ist uns allen nicht sehr gut bekommen, Bea.«
»Sie war eifersüchtig, nicht wahr?« fragte Bea.
»Hochgradig«, bestätigte Bernhard mit einem Seufzer.
»Sie hat alles getan, was ein Kind tun kann, um diese Verbindungen zu zerstören. Sie hat nicht gehorcht, sie war quengelig, kurz, sie hat sich so unangenehm in Szene gesetzt, daß schon von daher eine Fortsetzung der Begegnungen mit den Frauen nicht stattfand.« Er hielt inne, lächelte ein wenig verlegen und trank dann einen Schluck aus seinem Weinglas.
»Ich glaube, jetzt möchte ich auch noch ein Glas Wein«, sagte Bea. »Ich fürchte, wir werden hier noch eine Weile sitzen, oder?«
»Von mir aus bis morgen früh«, erwiderte Bernhard lachend. »Ich bin egoistisch, nicht wahr? Ich kümmere mich überhaupt nicht darum, wie du morgen durch einen Arbeitstag kommen wirst.«
»Unser gemeinsames Leben und unsere Liebe ist mir wichtiger als meine morgige Besuchergruppe, Liebling«, beruhigte Bea ihn sanft, während er ihr Weinglas noch einmal füllte.
»Ich bin schlauer geworden, denke ich«, kam Bernhard auf sein Problem zurück. »Ich war zu der Überzeugung gekommen, daß nicht jede kleine Verliebtheit Melanie auf den Plan bringen muß. Und außerdem wollte ich bei einer Frau, an der mir wirklich liegt, nicht sofort meinen kleinen eifersüchtigen Teufel von Tochter ins Spiel bringen. Daher meine Zurückhaltung, als du immer mal wieder in den letzten Monaten nach Melli fragtest.«
»Sie ist zwölf, sagtest du?« fragte Bea.
»Ja, zwölf. Ein gräßliches Alter, wenn du mich fragst. Vorbei mit den Schmusestunden, vorbei mit dem freimütigen Erzählen aller Erlebnisse. Seit einem Jahr bin ich so gut wie abgemeldet, was ihre eigenen Dinge angeht. Aber sie will natürlich alles von mir wissen. Und ich denke, sie ist in letzter Zeit auch mißtrauisch geworden, weil ich abends sooft nicht zu Hause bin.«
»Das heißt, du hältst die Zeit jetzt für reif, deine beiden Frauen aufeinander loszulassen?« fragte Bea.
»Ja, und mir schlottern jetzt schon die Knie, weil ich weiß, daß auch du recht temperamentvoll sein kannst. Sie ist ein süßes kleines Mädchen, und sie kann sich auch hervorragend benehmen, wenn sie will. Aber ich bitte dich jetzt schon, dich auf ihren Widerstand gefaßt zu machen und ihn nicht wirklich persönlich zu nehmen, ja?«
Bea trank von ihrem Wein. Sie war nicht überrascht von Bernhards Warnung, denn seine Weigerung, sich mit ihr über seine Tochter zu unterhalten, hatte ihr schon lange zu denken gegeben.
»Ich werde ihre Eifersucht mit Fassung tragen«, meinte sie mit gelassenem Tonfall.
»Sie ist aber sehr erfinderisch«, warnte Bernhard.
Bea lachte. »Du hast ja Angst, Liebling«, neckte sie ihren Freund.
»Ich möchte weder Melli verärgern, noch möchte ich dich verlieren, Bea«, sagte Bernhard noch immer sehr ernst. »Seit dem Tod meiner Frau hat es keine Frau gegeben, an der mir soviel gelegen hat wie an dir. Du weißt das, nicht wahr?«
Die junge Frau nickte zögernd, weil sie es bisher gar nicht so genau gewußt hatte. Sie sah Bernhard nachdenklich an. Er hatte mit seinen Gefühlen ziemlich hinter dem Berg gehalten, seit sie sich kannten. Er war immer heiter, interessiert und aufmerksam gewesen, aber was er wirklich für sie empfand, hatte er so deutlich noch gar nicht ausgesprochen.
Er mußte ihr Zögern bemerkt haben, denn er beugte sich ihr sehr nah entgegen, sah ihr eindringlich in die Augen und fragte mit leisem Lachen: »Hatte ich dich eigentlich schon gefragt, wann wir heiraten wollen?«
»Wann?« fragte Bea mit erstaunt hochgezogenen Augenbrauen. »Du hast noch nicht einmal gefragt, ob!«
»Bist du sicher?« fragte er scherzhaft. »Sollte ich das Wichtigste der Welt bisher vergessen haben?«
»Bernhard, du machst dich lustig über mich«, sagte Bea warnend.
»Das würde ich nie wagen«, erwiderte er lachend. »Nein, im Ernst, ich fühle mich jetzt doch ziemlich unsicher. Daher das Herumlabern.« Er nahm ihre Hand in seine, küßte sie zärtlich und lächelte sie um Verzeihung bittend an.
»Liebling, möchtest du mich heiraten, sobald wir die Sache mit Melanie klar gemacht haben?«
Bea ließ sich Zeit mit ihrer Antwort. Mit vorgeblich kritischen Blicken musterte sie ihn. Sein lockeres dunkles Haar, die hellbraunen Augen, den Mund mit den vollen Lippen, die kleine Delle in seinem kantigen Kinn.
Er zitterte innerlich vor ihrer Antwort, das konnte sie an den Bewegungen seiner Wangenmuskeln sehen.
»Was ich sehe, gefällt mir.« Auch sie sprach jetzt sehr leise. »Und was mir gefällt, möchte ich gern so oft wie möglich um mich haben. Tja, ich denke, ich könnte mit einigen Vorbehalten schon ja sagen.«
Er lachte entspannt, und sie fiel in sein Lachen ein. Sie näherten sich, und er hauchte einen kleinen Kuß auf ihre Lippen.
»Wenn es jetzt nicht so spät wäre, und wenn wir nicht schon genügend Wein getrunken hätten«, flüsterte er ihr ins Ohr, »dann würde ich jetzt noch Champagner für uns bestellen, meine über alles geliebte Verlobte.«
»Zurück zu Melanie«, sagte Bea mit strenger Miene.
Bernhard seufzte. »Ich habe aber wirklich Angst vor ihrer Reaktion. Ist das nicht dumm von mir? Sie ist nur ein Kind, und da wir uns einig sind, dürfte es doch kaum mehr Schaden anrichten können, meinst nicht auch?«
»Wenn sie sich wirklich ins Zeug legt, dann könnte sie uns zumindest gehörig irritieren«, gab Bea zu bedenken. Sie wußte, wovon sie sprach. Sie war selber ein kleines Mädchen gewesen, und sie wußte noch gut genug, wie gemein und rücksichtslos sie und ihre Freundinnen hatten sein können – und das alles mit engelhaftem Lächeln und Augenaufschlag. Sie fühlte deutlich in sich auch eine Art Angst vor der ersten Begegnung mit Bernhards Tochter, doch das wollte sie ihm nicht zeigen, um seine eigene Angst nicht noch zu vergrößern.
»Weißt du was?« fragte sie mit munterer Stimme. »Wir werden daraus nicht schon von vornherein ein Problem machen. Wir haben darüber gesprochen, du hast mich gewarnt und nun, denke ich, sollten wir die Dinge einfach an uns herankommen lassen und sehen, was geschieht. Um mich zu vertreiben, müßte sich deine Tochter schon mächtig anstrengen, mein Schatz.«
»Wunderbar, das war das Wort zum Dienstag, und nun werden wir blitzartig nach Hause gehen und gut schlafen, ehe der Wecker uns in die rauhe Wirklichkeit unserer Arbeit holt. Wollen wir die Stunde der Wahrheit am Wochenende in Angriff nehmen?«
»Willst du Melanie nicht auch auf mich vorbereiten?« fragte Bea.
»Muß ich wohl, denke ich, denn sonst ist sie ja im Nachteil und vielleicht sofort gegen dich eingestellt.«
»Wir könnten zusammen in den Vogelpark Walsrode fahren«, schlug Bea vor, als sie sich schon erhoben.
»Gute Idee. Sie ist ganz närrisch auf Vögel. Erwähnte ich schon, daß sie einen Papagei hat?«
»Nein«, sagte Bea, »und erzähle mir bitte nichts darüber, dann habe ich mit ihr gleich einen Gesprächsstoff. Ich habe mich lange mit dem Gedanken an einen Papagei befaßt, doch den Plan dann wieder aufgegeben, weil ich viel zu oft verreist bin und dann einem solchen Tier gar nicht hätte gerecht werden können.«
Sie verließen das Restaurant, das sich mittlerweile sehr geleert hatte. Bernhard begleitete Bea zu ihrem Wagen, und hier endlich konnte er sie im Schutze der Dunkelheit und ohne Zeugen küssen, wie er das schon im Lokal hatte tun wollen.
Er hielt sie fest umarmt, wiegte sie ein wenig hin und her, wie er früher – bei Kummer – seine Tocher gewiegt hatte und raunte ihr ins Ohr: »Ich bin so glücklich über dein Ja, Liebling. Wir werden keine einfache Ehe miteinander führen, weil wir beide sehr starke Menschen sind, aber ich weiß, daß wir auch keine langweilige Ehe führen werden.«
»Ja, Liebling«, sagte Bea und löste sich aus seiner Umarmung. »Und trotzdem fahre ich jetzt nach Hause, sonst stehe ich noch in zwei Stunden hier mit dir und rede und küsse und küsse und rede.«
Ein letzter Kuß noch, ein letzter Händedruck, winken zum Abschied. Ach, sie trennten sich so schwer von allem Anfang an, seit sie sich auf dem Flug von Madrid nach Hamburg kennenlernten und miteinander zu reden begannen. Sie hatten seither nicht aufgehört zu reden, und es sah ganz so aus, als würden sie damit auch nie aufhören können.
Bea lächelte glücklich, als sie ihren Wagen aus der Parkbucht steuerte und nach Hause fuhr.
*
Das Licht war aus, doch sie war hellwach. Mit weit geöffneten Augen starrte Melanie gegen die dunkle Zimmerdecke und wartete auf das Scheinwerferlicht vorbeikommender Autos, das wie ein Suchlicht ihr Zimmer für Momente in helles Licht tauchte.
Doch eigentlich wartete sie auf das Geräusch eines ganz bestimmten Wagens und darauf, daß das Auto im Leerlauf lief, während das Garagentor geöffnet wurde. Deshalb hatte sie die Gardine nicht vorgezogen, auch das Fenster in Kippstellung geöffnet, um nur ja den Moment nicht zu verpassen.
Melanie hatte keine Geduld mehr.
Seit Wochen ging das schon so, daß er kaum einen Abend zu Hause war, wenn er nicht sowieso auf Reisen ging.
Immer wieder hatte sie es hinausgeschoben, mit ihm zu reden, immer wieder hatte sie gezögert, um die schöne Zeit mit ihm nicht kaputtzumachen.
Doch heute wollte sie nichts mehr aufschieben. Heute nacht wollte sie ihm sagen, wie allein sie war und wie sehr sie sich jeden Abend nach ihm sehnte.
»Laß ihn gut gelaunt sein«, murmelte sie in dem Augenblick vor sich hin, als sie den Wagen endlich kommen hörte. Ein Blick auf die Leuchtziffern ihres Weckers auf dem Nachttisch sagte ihr, daß es schon fast halb ein Uhr in der Nacht war. Wie sollte sie da morgen früh aus den Federn kommen?
Ach, es war ihr egal. Sie schlug die Bettdecke zurück und sprang aus dem Bett. Auf nackten Füßen ging sie im Dunkeln aus ihrem Zimmer hinaus und den Flur im ersten Stock entlang.
An der Treppe blieb sie einen Augenblick lauschend stehen. Ja, er war auf demWeg ins Haus. Durch die Verbindungstür zwischen der Garage und dem Haus würde er hereinkommen.
Unten im Haus war es fast dunkel. Frau Lukas, ihre Haushälterin, hatte nur das schwache Nachtlicht in der Diele eingeschaltet, damit keiner von ihnen im Halbschlaf die Treppe hinunterstürzen konnte.
Auf dem Teppichboden, mit dem die Treppe belegt war, lief sie unhörbar hinunter ins Erdgeschoß und setzte sich in den großen Ohrensessel, der der Tür zur Garage genau gegenüberstand.
Ihr Herz schlug im Rhythmus seiner Schritte, die zackig und für die späte Zeit erstaunlich dynamisch klangen. Die Tür öffnete sich schwungvoll und wurde von ihm unhörbar geschlossen. Seine Gestalt war wie ein Schattenriß, gegen das Nachtlicht, und sie selber saß so, daß er an ihr vorbeigehen konnte, ohne sie überhaupt wahrzunehmen.
»Hallo«, sagte sie, als er fast auf gleicher Höhe mit ihr war.
Er erschrak fürchterlich.
»Melli!« rief er halblaut aus, und plötzlich hatte sie Angst vor dem Gespräch, das sie sich vorgenommen hatte. Sollte sie, oder sollte sie nicht? Ihr Nachthemd hatte keine Knöpfe, an denen sie die Antwort hätte abzählen können.
»Hallo, Papa«, sagte sie mit einer Stimme, die so rauh war, als sei sie erkältet.
»Wieso bist du nicht im Bett?« fragte er ein wenig ungehalten, nachdem er sich von dem Schreck erholt hatte.
»Ich konnte nicht schlafen«, erwiderte sie leise. »Und außerdem wollte ich mit dir sprechen. Ich habe auf dich gewartet und nicht gedacht, daß du so spät nach Hause kommen würdest.«
»Hat das nicht Zeit bis morgen?«
Melanie lachte wütend auf. »Bis morgen? Morgen bist du doch auch nicht zu Hause. Ich habe es nachgezählt. In den letzten zehn Tagen warst du keinen Abend daheim, und davor warst du zwei Wochen verreist, und davor wieder fünf Abende nicht da. Wann soll ich denn mit dir sprechen?«
»Mir war das gar nicht so bewußt«, gestand er mit leicht zerknirschter Stimme. »Wollen wir uns ins Wohnzimmer setzen oder soll ich dir eine Tasse Schokolade machen, und wir reden in der Küche?«
»Ja, in der Küche«, sagte Melanie. Sie stand vom Sessel auf und ging hinter ihm her. Seine hochgewachsene Gestalt warf einen breiten Schatten über die Diele, jetzt da sie das Nachtlicht hinter sich hatten. Daneben sah sie einen schmalen kurzen Schatten – ihren eigenen. Sie lächelte, als sie sich daran erinnerte, daß sie früher versucht hatte, über ihren eigenen Schatten zu springen. Es ging nicht, und es hatte sie so lange wütend gemacht, bis sie begriff, daß der Schatten vom Licht abhängig war.
Ihr Vater schaltete die Neon-Deckenbeleuchtung in der Küche ein. Melanie kniff geblendet die Augen zusammen, sauste an ihrem Vater vorbei, schaltete die Lampe über der Arbeitsplatte nahe des Fensters ein und beeilte sich, dieses häßliche grelle Deckenlicht wieder auszuschalten. »Hast du überhaupt noch nicht geschlafen?« fragte der Vater, als er denWasserkessel füllte und auf den Herd setzte.
Sie ging zum Küchentisch und setzte sich. Er roch anders als sonst, und sie fragte sich, was das für ein süßlicher Duft war, der sie umhüllte, als er sich zu ihr beugte und ihr einen Kuß auf die rechte Wange hauchte.
Parfüm, dachte sie mit Entsetzen. Frauenparfüm! Dann weiß ich ja alles.
»Worüber wolltest du dich mit mir unterhalten?« fragte er. Er stand jetzt am Arbeitstresen, holte einen Becher aus dem Schrank, gab drei Löffel voll löslichem Kakaopulver hinein und stellte sich neben den Herd, um sofort zuzufassen, wenn das Wasser kochte.
»Wo warst du?« fragte sie statt einer Antwort.
»Zum Abendessen mit Geschäftsfreunden«, erwiderte er knapp.
»Und die haben alle nach Frauenparfüm gerochen?« fragte sie mit bissigem Unterton.
Er sah sie an. Seine braunen Augen verdunkelten sich. Sie wußte, daß er es überhaupt nicht leiden konnte, wenn sie ihn so ausfragte. Sie mochte das auch nicht, aber sie mußte wissen, was los war.
»Hast du eine Freundin?« fragte sie weiter. »Bist du deshalb jeden Abend fort?«
Er sah sie weiter unverwandt an und merkte nicht, daß das Wasser längst kochte.
»Das Wasser kocht«, sagte sie mit kalter Stimme. Sollte er sie doch bedienen, wenn er sie schon dauernd allein ließ.
»Ja«, sagte er, und sie wußte nicht, ob er das kochende Wasser damit meinte oder die Freundin, nach der sie gefragt hatte.
»Ja, ich habe eine Freundin. Sie heißt Bea, und sie möchte dich gern kennenlernen. Was hältst du davon, wenn wir alle drei am kommenden Wochenende nach Walsrode in den Vogelpark fahren?«
»Gar nichts«, fuhr sie ihn an. »Am Wochenende bin ich bei Jasmin eingeladen. Noch ein Wochenende hier ganz allein hält doch kein Mensch aus.«
Sag jetzt nicht, du hast doch Frau Lukas, flehte sie innerlich, weil sie nicht wirklich richtig wütend werden wollte.
»Du hast doch Frau Lukas«, sagte er doch tatsächlich. Sie gab einen Ton von sich, der einer Dampflokomotive alle Ehre gemacht hätte.
»Frau Lukas! Sie ist eine Angestellte, und sie ist für das Haus da und fürs Kochen. Meinst du, sie hat Lust, sich ständig mit mir abzugeben?« Ihre Stimme war scharf und hoch geworden vor Ärger.
Er nickte nur, und ihr schien, als habe sein Gesicht etwas an Farbe verloren.
»Kannst du das mit deiner Freundin Jasmin nicht verschieben?« fragte er verhalten.
»Warum sollte ich?« antwortete sie mit einer Gegenfrage. »Wir wollen mit ihren Eltern und ihren beiden Brüdern das Wochenende über in ihrem Blockhaus im Wald wohnen. Da ist wenigstens mal was los.«
»Na gut, dann werde ich Bea sagen, daß es an diesem Wochenende nicht klappen kann. Und am nächsten Wochenende bin ich auch nicht da. Tja, es ist schon ein bißchen schwierig mit einem Vater, der so viele Auslandskontakte hat wie ich, oder?« Er lächelte sie ein wenig schief an, wollte sich wohl entschuldigen dafür, daß er so viel fort war und sie einfach sie selbst überließ. Doch dafür konnte sie sich doch auch nichts kaufen oder?
»Bis du die Zeit findest, daß ich deine neue Freundin kennenlernen kann, ist diese Freundschaft sowieso schon wieder beendet«, meinte sie von oben herab.
»Diese Freundschaft gewiß nicht«, erwiderte er leise. »Diese Freundschaft ist ein bißchen mehr als die, die du bisher kennengelernt hast.«
»Ach! Willst du sie etwa heiraten?«
Wieder dieser starre Blick, als habe er Angst vor ihr. Sie lächelte ihn an. »Du bist viel zu alt zum Heiraten«, sagte sie mit leisem Kichern, griff nach dem Becher und trank einen Schluck von dem Kakao. Er schmeckte köstlich. Dafür allein war es gut, daß sie auf ihn gewartet hatte.
»Komm, laß uns darüber ein andermal reden«, sagte er. »Ich muß ins Bett. Ich habe morgen wichtige Besucher, die ich den ganzen Tag unterhalten muß, und du mußt in die Schule. Gibt es da was Neues?«
Jetzt lachte sie laut und spöttisch. »Du bist ja wie der Onkel aus Amerika, der alle drei Jahre zu Besuch kommt«, rief sie amüsiert aus. »Kind, bist du groß geworden, sagt er als erstes und dann noch, gibt es was Neues in der Schule? Soll ich nicht langsam anfangen, Sie zu dir zu sagen?« Sie war frech, und sie machte sich auf einen Rüffel gefaßt, doch es kam keiner.
Er wandte sich nur ab und verließ die Küche. »Ich gehe jetzt ins Bett. Du kannst ja noch in Ruhe deinen Kakao austrinken«, hörte sie ihn sagen.
Doch ohne ihn schmeckte der Kakao wie Spülwasser. Sie ließ ihn stehen, schaltete das Licht aus und rannte hinter ihrem Vater her. Doch er war schneller als sie. Er war schon in seinem Schlafzimmer verschwunden und hatte seine Tür fest hinter sich zugemacht.
Sie stand im Flur des oberen Stockwerks, und ein wilder Haß erfaßte sie so jählings, daß ihr fast schwindlig wurde. Ihr Herz klopfte wie verrückt, und sie war fast versucht, erst mit der Faust an seine Schlafzimmertür zu hämmern und dann hinein zu stürmen und ihm alles erdenklich Häßliche an den Kopf zu werfen, was ihr nur einfallen würde.
Sie wandte sich ab. Mit hängenden Schultern ging sie das kurze Stück zu ihrem Zimmer, stieß die noch von vorhin angelehnte Tür auf und ließ sie hinter sich mit deutlichem Knall in Schloß fallen. Das war ihr doch wenigstens erlaubt, oder, fragte sie sich mit einem Anflug innerer Bockigkeit.
Sie schaltete ihre Nachttischlampe an, ging zu der Schrankwand hinüber, die die ganze rechte Seite ihres Zimmer einnahm und blieb vor einem Silberrahmen stehen, aus dem das Foto einer sehr jungen Frau ihr lächelnd entgegensah.
»Weißt du«, sagte sie so beiläufig zu dem Foto, als führe sie nur ein kurzfristig unterbrochenes Gespräch weiter, »weißt du, wir machen es wie in all den Malen zuvor. Wir werden sie vergraulen, und dann ist er wieder jeden Abend zu Hause, wenn er nicht verreist ist. Dann können wir wieder Schach miteinander spielen oder Maumau, wir können nach Platten tanzen oder Wortspiele machen. Ja, du lächelst. Würdest du es nicht genauso machen wie ich? Du hättest ihn doch auch nicht verlieren wollen, oder?«
Das Frauengesicht auf dem Foto lächelte unverändert weiter, doch Melanie schien es mit ihrer lebhaften Phantasie, als habe die junge Frau ihr zustimmend zugenickt.
Sie ging ins Bett, schaltete die Lampe aus und war in wenigen Minuten eingeschlafen, nun, da sie wußte, daß eine neue Feindin in ihr Revier eingedrungen war, die mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpft und vertrieben werden mußte.
Bernhard Kollmann lag in seinem Bett noch eine knappe Stunde lang wach. Seine schlimmsten Befürchtungen bewahrheiteten sich. Melli war wie ein Raubtier auf Beutesuche. Sie sah alles, roch alles, überdachte alles.
Und sein schlechtes Gewissen seiner Tochter gegenüber ließ ihn auch nicht einschlafen. Er hatte sie vernachlässigt. Er war davon ausgegangen, daß sie gar nicht mehr so viel mit ihm zusammensein wollte. Doch gefragt hatte er sie nicht, weil er viel zu beschäftigt gewesen war mit seinen beruflichen Angelegenheiten und mit dieser Liebe, die ihn ganz und gar zu erfüllen begonnen hatte, seine Gedanken beherrschte und ihm ungeahnte Glücksgefühle bescherte.
*
Sie saßen unter den Tannen und schoben schweigend mit den Händen kleine Straßen in die trockenen Tannennadeln, die den Boden rings um sie her bedeckten.
»Bist du irgendwie sauer?« fragte Jasmin.
»Irgendwie?« fragte Melanie mit kaltem Auflachen zurück. »Ich bin fuchsteufelswild.«
»Und warum?« fragte Jasmin interessiert. »Hat das was mit der Frau zu tun, mit der ich deinen Vater neulich in der Stadt sah?«
Melanies Kopf flog ruckartig herum. Sie starrte ihre Freundin mit aufgerissenen Augen an.
»Du hast ihn gesehen?« rief sie aus. »Und warum hast du mir nichts davon gesagt?«
»Ich dachte, du willst nicht darüber sprechen«, wehrte sich Jasmin gegen Melanies deutliche Empörung.
»Aber bis vor ein paar Tagen wußte ich überhaupt nichts von einer neuen Freundin«, erwiderte Melanie wesentlich leiser. »Er hat es mir erst gesagt, als ich ihn anmeckerte, weil er sowenig zu Hause ist. Sie wollten mit mir dieses Wochenende nach Waldsrode in den Vogelpark fahren, aber ich hatte keine Lust dazu.«
»Sie sieht sehr nett aus«, meinte Jasmin versonnen. »Sie ist klein, hat rötlich dunkle Haare und sehr große dunkle Augen.«
»Sie heißt Bea«, entgegnete Melanie unvermittelt. »Was ist das denn für ein blöder Name.«
»Kommt von Beatrice, schätze ich«, sagte Jasmin. Sie sah ihre Freundin aufmerksam an. Ganz verstand sie deren Ärger über die Freundin ihres Vaters nicht.
»Warum bist du denn so wütend auf deinen Vater?« fragte sie dann auch. »Bist du etwa eifersüchtig?«
»Eifersüchtig? Auf so eine Frau?« Melanie lachte viel zu laut auf. Das war kein spöttisches Lachen, sondern höchster Ärger. »Ich finde ihn viel zu alt für eine Freundin«, fügte Melanie hinzu. »Und das habe ich ihm gesagt.«
»Das fand er bestimmt nicht komisch, oder?« wollte Jasmin wissen.
»Ist mir doch egal«, erwiderte Melanie mit störrischem Unterton. »Er läßt mich wochenlang allein, wenn er auf Reisen ist, und nun ist er schon seit ein paar Monaten kaum einen Abend zu Hause.«
Jasmin lachte. »Na, das sollte er mit mir machen – ich würde mir eine gute Zeit machen. Außerdem hast du doch Frau Lukas, oder?«
»Jetzt fängst du auch schon damit an. Frau Lukas ist uralt und überhaupt nicht nett. Und richtig kochen kann sie auch nicht. Immer nur solche blöden Suppen.«
Jasmin erwiderte nichts darauf. Und so schwiegen die beiden Mädchen eine ganze Weile, während sie weiter Straßen in die Tannennadeln zogen.
»Als mein Vater damals bei diesem schrecklichen Autounfall ums Leben kam«, begann Jasmin leise, »da war meine Mutter auch lange Zeit mit mir allein. Das hat uns beiden gar nicht gut gefallen.«
»Aber du hattest immerhin deine Mutter«, sagte Melanie mit bitterem Tonfall dazwischen.
»Aber ich habe meinen Vater furchtbar vermißt. Du weißt, daß er daheim gearbeitet hat. Und immer konnte ich zu ihm gehen und bei ihm malen oder mit ihm sprechen. Außerdem mußte meine Mutter ja arbeiten. Ich jedenfalls war ganz froh, daß sie meinen Stiefvater dann kennenlernte. Und auf meine Brüder habe ich mich sehr gefreut.«
Stiefbrüder, wollte Melanie gehässig erwidern, weil sie sich ärgerte, daß Jasmin sie nicht verstehen wollte. Doch sie preßte die Lippen fest zusammen, um nicht doch noch damit herauszuplatzen. Immerhin war Jasmin ihre beste Freundin und sie selber sehr froh, daß sie so ein schönes Wochenende mit ihrer Familie verleben durfte. Alles war sowieso besser, als mit Papa und dieser Frau zusammenzusein, artig zu tun und ständig zu lächeln.
*
»Liebling«, sagte Bernhard Kollmann am Mittwochnachmittag ins Telefon. »Hast du Zeit und Lust, uns heute abend zu besuchen? Wenn ja, dann bitte ich Frau Lukas, uns einen Imbiß vorzubereiten, bevor sie nach Hause geht.«
Bea zögerte. Ihr Tag war schon so mit Arbeit vollgepackt gewesen, daß sie gar nicht wußte, wo ihr der Kopf stand. »Ich glaube nicht, daß ich heute pünktlich Feierabend machen kann«, sagte sie mit einem Stoßseufzer. »Mein Schreibtisch ist so zugepackt, daß ich kaum über die Stapel hinwegsehen kann.« Sie lachte leise. »Heute scheinen sich alle verabredet zu haben, mich mit ihren Aufträgen zu beglücken. Und dann hatte ich noch eine Besuchergruppe, die ich bis in den allerletzten Winkel der Firma führen mußte.
Bernhard stimmte in ihr Lachen ein.
»Um so mehr wirst du heute abend Entspannung und Ablenkung gebrauchen können«, erwiderte er. »Du kommst einfach, wenn du fertig bist, wir essen miteinander, und Melli und du könnt euch wenigstens schon mal beschnuppern. Und wenn du genug von uns hast, gehst du einfach nach Hause.«
Es entstand eine kleine Pause, dann meinte Bea sehr leise: »Ich fürchte, daß ich von dir nie genug haben werde, Bernhard. Das nimmt mich manchmal richtig mit, weil ich mit solch einer Liebe nicht gerechnet habe.«
»Mich jedenfalls freut es, daß du so empfindest«, entgegnete Bernhard ruhig. »Deshalb ist es ja so wichtig, daß du meine Tochter sobald wie möglich kennenlernst. Um so eher wird Melli ihren Widerstand gegen dich aufgeben, mit dem ich stark rechne.«
»Ich komme«, sagte Bea lachend. »Ich kann dir sowieso nicht widerstehen. Übrigens habe ich das Angebot bekommen, für ein Jahr in unserer Londoner Zentrale zu arbeiten.«
»Und das sagst du mir erst jetzt?« rief Bernhard entsetzt aus.
»Ich habe es doch auch erst vor einer Stunde erfahren. Beworben hatte ich mich schon ewig, und ausgerechnet jetzt, da ich keinen Wert mehr auf diese Chance lege, bekomme ich natürlich die Möglichkeit.« Bea seufzte noch einmal. »Ich weiß noch gar nicht, wie ich meinem Chef beibringen soll, daß ich nun keine Lust mehr auf London habe.«
»Wir sprechen noch darüber«, versprach Bernhard. »Du kannst dir denken, daß ich den Gedanken, ein ganzes Jahr auf dich verzichten zu sollen, kaum ertragen kann.«
Bernhard hörte am anderen Ende eine Männerstimme sprechen.
»Ich bekomme eben Besuch«, sagte Bea dann auch erwartungsgemäß. »Bis heute abend. Rechnet bitte nicht vor acht, halb neun mit mir.«
»Ich werde die Minuten zählen«, sagte Bernhard noch, ehe er den Hörer auflegte. Er sah, daß der Hörer von seiner Hand ganz feucht geworden war.
Was sollte denn das bedeuten, fragte er sich erstaunt. War das Angst? Angst vor der Begegnung seiner Tochter mit der Frau, die er fast bis zur Selbstaufgabe liebte, die er um nichts in der Welt verlieren wollte? Hatte er Angst davor, daß Melanie nicht vernünftiger geworden war seit der letzten kurzen Bekanntschaft mit einer Frau? Hatte er Angst, daß Bea sich Mellis Mätzchen nicht lange gefallen lassen könnte, daß sie das Angebot London doch annehmen und für immer aus seinem Leben verschwinden könnte?
Als das Telefon auf seinem Schreibtisch surrte, war er mit seinen Gedanken so sehr bei Bea, daß er sich fast mit ›Ja, Liebling‹ gemeldet hätte. Er beschränkte sich gerade noch auf ein schlichtes »Ja?«
»Ein Anruf für Sie, Herr Kollmann. Wenn ich es recht verstanden habe, interessiert sich der Mann für das Herrengut an der Ostsee.«
Bernhard schüttelte einmal heftig den Kopf, um seine Benommenheit loszuwerden.
»Stellen Sie ihn durch«, bat er dann mit seiner normalen knappen Geschäftsstimme, und für den Augenblick war er froh, von seinen Ängsten abgelenkt zu werden.
*
Als Beas Besuch gegangen war, der ihr natürlich auch eine längere, von ihr zu übersetzende Abhandlung gebracht hatte, griff sie zum Telefon, tippte eine Nummer ein, die sie im Kopf hatte und sagte, als der Teilnehmer sich meldete: »Bitte, binden Sie mir einen kleinen Biedermeier-Strauß aus gelben Rosen und lila Anemonen. Und ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie den Strauß mit Rechnung hier an unserem Empfang für mich abgeben könnten. Ich schaffe es leider nicht, ihn selbst bei Ihnen abzuholen.« Sie hörte zu, nannte die Summe, die sie für die Blumen auszugeben bereit war und legte auf. Dann stützte sie das Kinn in ihre beiden Hände und betrachtete ihren Schreibtisch. Nein, sie hatte Bernhard gegenüber nicht übertrieben: Sie hatte heute Arbeit für mindestens zwei Wochen bekommen, und jeder Auftrag war natürlich brandeilig. Sie griff sich die Stapel, sah die Texte durch und numerierte sie in der Reihenfolge, in der sie die Arbeit zu erledigen gedachte. Dabei versuchte sie, nicht daran zu denken, daß sie Bernhard vorhin nicht die ganze Wahrheit gesagt hatte: Sie hatte zwar das Angebot aus London erwähnt, jedoch nicht gesagt, daß sie schon nächste Woche für ein erstes Vorgespräch in die Zentrale beordert worden war. Und sie hatte nicht die Absicht, diesen Termin ungenutzt verstreichen zu lassen. Wer konnte wissen, ob sich Melanie ihr gegenüber nicht so schrecklich benahm, daß sie es auf Dauer nicht würde ertragen können?
Sie schämte sich ein wenig, als ihr auffiel, daß sie Bernhard noch nicht völlig vertrauen konnte. Würde er im Ernstfall nicht doch zu seiner Tochter halten, ja, sogar halten müssen? Und sie selber – wollte sie denn Bernhards Tochter vergraulen, wenn es hart auf hart kam? Nein, gewiß nicht. Auf dem Kummer eines anderen Menschen konnte sie nichts Gutes aufbauen, da war sie sich ganz sicher, und das war ja auch der Grund, warum sie in all den Jahren, in denen sie nun schon allein lebte, niemals eine Freundschaft mit einem anderweitig gebundenen Mann begonnen hatte.
*
»Was wird denn das?« fragte Melanie neugierig. Sie lehnte in der Küche am Küchentisch und sah zu, wie Frau Lukas Schnittchen mit Schinken, Salami, Käse und Lachs und Aalstücken belegte.
Frau Lukas sah von ihrer Arbeit auf.
»Dein Vater hat heute abend Besuch angesagt und mich gebeten, einen Imbiß vorzubereiten«, erwiderte sie mit ruhiger Stimme. Der Blick, den sie der Tochter ihres Arbeitgebers zuwarf, war neutral. Sie wußte seit langem, wie sehr Melanie sie ablehnte. Daran hatte das Mädchen nie einen Zweifel gelassen. Sie war kein Mutterersatz, und daß ihr Melanie leid tat, das hatte sie sich nicht anmerken lassen. Damit wäre dem Kind ohnehin nicht gedient gewesen.
»Was für einen Besuch?« fragte Melanie.
»Das hat dein Vater mir nicht gesagt. Eine weitere Person zum Abendessen, sagte er nur.«
»Aha«, sagte Melanie, machte auf dem Absatz kehrt und verließ mit schnellen Schritten die Küche. Sie konnte sich schon denken, wer da heute abend kam.
Fieberhaft überlegte sie, wie sie diesem Besuch entgehen könnte. Sie eilte ins Wohnzimmer, wählte Jasmins Telefonnummer und tippte ungeduldig mit ihrem rechten Turnschuh aufs Parkett.
»Butzner«, meldete sich die Stimme von Jasmins Mutter.
»Melanie hier«, sagte das Mädchen. »Kann ich Jasmin sprechen?«
»Tut mir leid, Melanie, sie ist gar nicht zu Hause. Sie feiert bei ihrer Cousine Geburtstag, und ich erwarte sie nicht vor zehn heute abend zurück.«
»Schade«, sagte Melanie.
»Kann ich dir denn helfen?« fragte Jasmins Mutter freundlich.
»Nein, danke, Frau Butzner. Ich wollte Jasmin etwas wegen der Schularbeiten fragen«, schwindelte Melanie schnell. »Aber das ist nicht so dringend. Das kann ich sie auch morgen noch in der Schule fragen.«
Als sie aufgelegt hatte, blieb sie unschlüssig stehen. Ihre Blicke gingen durch das große Wohnzimmer, in dem der Flügel stand, auf dem ihre Mutter so gern gespielt hatte. Papa hatte ihr das erzählt, weil sie keine Erinnerung daran hatte. Und es gab auch ein Foto in den Alben, das ihre Mutter am Flügel sitzend zeigte.
Sie wußte nicht, was sie jetzt tun konnte. Frau Lukas wollte sie nicht helfen. Die wurde für ihre Arbeit schließlich bezahlt, dachte sie wütend.
Kino! schoß es Melanie durch den Kopf. Sie sah auf ihre Armbanduhr. Es war kurz vor fünf Uhr. Wenn sie sich beeilte und das Fahrrad nahm, konnte sie es gut zur Nachmittagsvorstellung schaffen, die um halb sechs begann. Im Universum spielten sie ›Jurrasic Park‹.
Gedacht, getan. Sie verließ das Haus, ohne Frau Lukas zu sagen, wohin sie wollte. Sie rannte zur Garage, schob eilig ihr Fahrrad hinaus, schwang sich auf den Sattel und fuhr tief über den Lenker gebeugt mit einem Affenzahn davon.
Frau Lukas erhaschte gerade noch ihre gebeugte Gestalt, als sie am Küchenfenster vorbeisauste. Sie spülte sich die Hände ab, trocknete sie sorgfältig und ging nun auch ins Wohnzimmer hinüber. Sie drückte auf den Knopf am Telefonapparat, mit dem sie direkt mit dem Vorzimmer von Herrn Kollmann verbunden wurde.
»Sekretariat Kollmann, Paulsen«, meldete sich die Sekretärin.
»Hier ist Frau Lukas«, sagte die Haushälterin ein wenig stockend. »Könnte ich bitte Herrn Kollmann sprechen?«
»Das tut mir leid, Frau Lukas, er ist mitten in einer wichtigen geschäftlichen Verhandlung, bei der ich ihn nur im Notfall stören darf. Ist es so dringend?«
»Nein«, sagte Frau Lukas. »Aber Sie können ihm sagen, daß seine Tochter eben mit dem Rad fortgefahren ist und mir nicht gesagt hat, wohin sie wollte.«
»Das richte ich ihm gern aus«, erwiderte Frau Paulsen mit dieser Geschwindigkeit, mit der Frau Lukas immer nicht mithalten konnte. Und ehe sie sich versah, hatte Frau Paulsen auch schon die Verbindung unterbrochen.
Frau Lukas seufzte einmal kurz. Mehr konnte sie nicht tun. Sie kehrte in die Küche zurück, bedeckte die beiden Imbißplatten mit Klarsichtfolie und schob sie in den Kühlschrank. Dann schrieb sie auf einen großen Zettel: Imbiß im Kühlschrank.
Sie brauchte noch eine knappe halbe Stunde fürs Aufräumen, dann war sie fertig. Mit unguten Gefühlen schloß sie schließlich die Haustür des Kollmann’schen Hauses ab und ging zu ihrem Wagen.
»Sie haben es beide nicht leicht«, murmelte sie vor sich hin, als sie rückwärts aus der Einfahrt fuhr. »Er arbeitet ohne Pause, und Melanie fehlt jemand, der ständig für sie da ist. Arme reiche Leute«, fügte sie hinzu, weil niemand sie hören konnte. »Da haben sie alles, was sich andere Leute wünschen, doch das Glück haben sie sich damit auch nicht kaufen können.«
*
Als Bernhard die Auffahrt zur Garage hochfuhr, war es schon kurz vor acht Uhr abends. Das Haus stand dunkel und verlassen in dem großen Garten, der von einem Gärtner gepflegt wurde.
Bernhard erschrak. Wo war Melanie?
Mit langen Schritten eilte er auf das Haus zu und mußte die Tür zweimal aufschließen. So schloß nur Frau Lukas ab. Also war sie fortgegangen, noch ehe Melanie heimgekommen war!
Er ging zum Telefon, wählte die Nummer der Butzners und klopfte – wie seine Tochter – mit dem Schuh ungeduldig auf dem Parkettboden, während er darauf wartete, daß sich am anderen Ende jemand meldete.
»Nein, Herr Kollmann, Melli ist nicht bei uns«, sagte Frau Butzner auf seine Frage. »Aber sie hat heute nachmittag angerufen und wollte Jasmin sprechen. Es ging um irgendeine Schularbeit. Vielleicht ist sie zu einer anderen Klassenkameradin gefahren.«
»Na, dann will ich mich mal nicht in Panik bringen«, meinte Bernhard mit leichtem Lachen. »Dann wird sie sicherlich bald nach Hause kommen.«
»Das denke ich auch«, erwiderte Frau Butzner, »sie ist ja schon ein großes und vernünftiges Mädchen. Sie ist viel selbständiger als meine Jasmin. Manchmal beneide ich Sie um Ihre Tochter, Herr Kollmann.«
»Und ich Sie um Ihre«, sagte Bernhard. »Vielleicht sollten wir unsere Töchter mal tauschen«, schlug er lachend vor.
Frau Butzner lachte auch. »Wenn es schlimm kommt, werde ich gern auf diesen Vorschlag zurückkommen. Einen schönen Abend für Sie, Herr Kollmann.«
»Danke, für Sie auch.«
Das bißchen Panik, das in Bernhard war, konnte er noch eine Weile ertragen. Er war sicher, daß Melanie noch vor Bea nach Hause kommen würde
Melanie hatte keine Eile. Sie schob ihr Fahrrad durch die halbe Stadt, blieb an Schaufenstern stehen und betrachtete die Auslagen.
Mochten sie sich doch Sorgen um sie machen! Ihr war das egal. Sie kümmerten sich ja auch sonst nicht um sie. Warum sollte sie sich nun mit dem Heimkommen beeilen. Die blöden Schnittchen, die Frau Lukas für diese Bea gemacht hatte, konnten ihr sowieso gestohlen bleiben.
*
Als Bernhard Kollmann die Haustür öffnete, plagten ihn zwei widerstreitende Gefühle. So froh war er, Bea vor sich zu sehen, so sehr wünschte er sich einen Augenblick lang, daß Melanie vor der Tür gestanden hätte. Er fühlte förmlich, wie sehr er sich ein Lächeln abringen mußte.
»Ist etwas geschehen?« fragte Bea, die ihn aufmerksam angesehen hatte. In ihren Händen hielt sie einen zauberhaften Biedermeierstrauß, den sie nun Bernhard entgegenhielt. »Den habe ich deiner Tochter mitgebracht – als Friedenspfeife, sozusagen.« Sie lachte.
Bernhard schluckte einmal trocken.
»Melanie ist heute nachmittag gegen fünf Uhr mit dem Rad fortgefahren und hat Frau Lukas nicht gesagt, wohin sie wollte. Sie ist noch nicht nach Hause gekommen, Bea, und ich fange langsam an, mir Sorgen zu machen.«
Beas Gesichtsausdruck wurde augenblicklich ernst. »Wußte sie, daß ich heute abend zu euch komme?« fragte sie prompt.
»Nein, sie wußte nur, daß ich Besuch erwarte – eine weitere Person zum Abendessen, wie ich Frau Lukas mitgeteilt hatte.«
»Deine Tochter ist intelligent, nicht wahr?« fragte Bea weiter.
»Sie versucht alles, um das zu verbergen«, erwiderte Bernhard mit jungenhaftem Grinsen. »Doch, ja, ich würde sie schon als intelligent bezeichnen.«
»Dann brauchte sie doch nur zwei und zwei zusammenzählen und wußte, daß ich heute abend ins Haus stehe. Wenn ich versuche, mich in sie hineinzuversetzen, wenn ich mich so eifersüchtig empfinde, wie sie wohl ist, dann ist ihr Verschwinden für mich logisch. Und ich glaube nicht, daß sie noch lange fortbleiben wird. Ein wenig Sorge will sie dir machen, vermute ich, um ihre Macht zu demonstrieren – aber mehr steckt bestimmt nicht dahinter.«
Sie sahen sich einen Moment lang schweigend an, und in Bernhard stritten sich die Gefühle weiter. Hoffentlich hat Bea recht, dachte er, und beinahe gleichzeitig hatte er ein ungutes Empfinden, als habe Bea seine Tochter einfach so beiseite geschoben.
Sie fuhren beide zusammen, als über ihren Köpfen die Türklingel anschlug.
Bernhard war mit zwei Schritten an der Tür, riß sie auf und sah sich Melanie gegenüber. Sie machte einen abgehetzten Eindruck, atmete keuchend und war hochrot im Gesicht.
»Entschuldigung«, stieß sie hervor. »Ich war im Kino und bin durch die Stadt gebummelt. Ich habe vergessen, auf die Uhr zu sehen.«
Bernhard setzte zu einer Schimpfkanonade an, bremste sich aber sofort wieder. Warum vor Bea eine Szene machen? Warum Melanie den Gefallen tun und sich von keiner sehr netten Seite zu zeigen? Und er unterließ es auch, nur ein einziges Wort über die Sorgen zu verlieren, die er sich ja tatsächlich gemacht hatte.
»Wir haben mit dem Essen auf dich gewartet«, behauptete er. »Und Bea hat dir wunderschöne Blumen mitgebracht.«
Melanie sah Bea an, als habe sie sie erst jetzt entdeckt. Sie lächelte, während sie die Hand nach den Blumen ausstreckte, die Bea noch immer in der Hand hielt.
»Danke, die sind wirklich wunderschön«, sagte sie. »Ich stelle sie nur schnell ins Wasser und in mein Zimmer.« Sie nahm die Blumen und rannte davon.
»Bist du immer so zurückhaltend?« flüsterte Bea. »Ich hätte von meinem Vater eine gehörige Standpauke bekommen, wenn ich solche Mätzchen gemacht hätte.«
»Warum soll ich mich noch weiter aufregen?« fragte Bernhard. »Ich möchte deinen ersten Abend hier bei uns nicht unnötig belasten. Komm, laß uns ins Wohnzimmer gehen. Frau Lukas hat den Tisch gedeckt, und ich hole nur das Essen aus der Küche.«
Während Bea auf Bernhard und Melanie wartete, konnte sie nicht widerstehen. Sie stand von ihrem Platz am Tisch im offen angrenzenden Eßzimmer auf und ging durch den Rundbogen ins Wohnzimmer. Sie setzte sich an den weißen Flügel, klappte den Deckel über den Tasten auf und begann, vorsichtig und recht stockend eine kleine Melodie zu spielen, die sie noch im Gedächtnis hatte. Seit ihrer Kindheit hatte sie nicht mehr gespielt, und das, was sie hörte, entlockte ihr ein spöttisches kleines Lächeln. Das Geräusch ihres Spiels hatte alle anderen Geräusche überdeckt, und so zuckte sie erschrocken zusammen, als plötzlich Melanies wütende Stimme ihr ins Ohr schrie: »Stehen Sie sofort auf! Niemand darf auf unserem Klavier spielen, niemand.«
Bea drehte sich langsam um. Melanie stand vor ihr. Ihr Gesicht war flammend rot, und ihre Augen schossen wütende Blicke auf sie ab.
»Ist das das Klavier deiner Mutter?« fragte Bea aus einer plötzlichen Intuition heraus mit sanfter Stimme.
»Was geht Sie denn das an?« fauchte Melanie, und Bea war fast an eine kleine, wild aufgewachsene Katze erinnert, so kreatürlich wirkte die Wut des Mädchens.
»Entschuldige bitte«, sagte sie als sie sich langsam von dem Klavierhocker erhob, sacht den Deckel wieder schloß und mit gelassenen Bewegungen zurück ins Eßzimmer ging, ohne sich weiter um das innerlich noch immer tobende Kind nebenan zu kümmern.
Hoffentlich hat Bernhard das nicht gehört, dachte sie. Doch er hatte alles mitbekommen, das sah sie an seinem Gesicht, als er mit den beiden Platten ins Eßzimmer kam.
Sie schüttelte kaum merklich den Kopf, weil sie aus dem Augenwinkel sah, daß Melanie im Einmarsch war.
»Welchen Film hast du denn gesehen?« fragte sie Melanie so schnell, daß Bernhard keine Möglichkeit hatte, seiner Tochter Vorwürfe zu machen.
»Jurrasic Park«, warf Melanie ihr hin. Ihre Lippen waren zusammengepreßt, und sie sah ihren Vater voller Verachtung an. Bea schien es fast, als sei sie nicht nur wütend über ihren Besuch, sondern auch noch darüber, daß sie mit nichts diese fremde, verhaßte Frau und auch nicht ihren Vater aus der Ruhe bringen konnte.
»Und hat dir der Film gefallen?« fragte Bea.
»Ja«, sagte Melanie nur, angelte zu den beiden Platten hinüber und nahm sich mit einem Griff alle Aalbrote.
»Melanie, ich weiß nicht, was du noch anstellen willst, um dich von deiner schlechtesten Seite zu zeigen«, sagte Bernhard mit ruhiger Stimme. »Leg sofort die Schnitten zurück auf die Platten, und wenn du dich nicht zu benehmen weißt, kannst du gern in dein Zimmer gehen.«
Bea sah, daß Tränen des Trotzes in Melanies Augen standen. Sie sprang von ihrem Stuhl auf und rannte mit einem einzigen Aufheuler davon.
Bernhard lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber mir ist der Appetit gründlich vergangen«, murmelte er.
»Mir nicht«, behauptete Bea. »Du selbst hast mich gebeten, solche Störaktionen nicht überzubewerten, und ich habe nicht die Absicht, diese köstlichen Schnittchen stehen zu lassen.« Sie lächelte Bernhard über den Tisch hinweg an. Dann beugte sie sich ihm entgegen und streichelte einmal über seine Hand. »Und wenn sie sich auf den Kopf stellt, dann wird das auch nichts an meinen Gefühlen dir gegenüber ändern. Sie ist ein Kind, Bernhard, das seine Mutter verloren hat und damit nicht fertig geworden ist. Ich hätte wissen müssen, daß das Klavier für mich tabu ist. Das war gedankenlos von mir. Vielleicht solltest du zu ihr gehen und mit ihr sprechen.«
»Das hätte jetzt keinen Zweck. Sie würde mich nicht anhören. Ich habe ähnliche Szenen schon mehrfach erlebt, aber so verbissen, wie Melli heute war, war sie noch nie. Ich vermute, sie spürt, wie ernst es uns miteinander ist.«
*
Melanie lief in ihrem Zimmer auf und ab – von ihrer Schlafcouch zum Fenster, von dort zum Schreibtisch und weiter zu dem Foto ihrer Mutter.
Bei der dritten Runde ergriff sie aufgebracht die Blumen von dieser Bea, zerrte sie aus der Lieblingsvase ihrer Mutter und warf sie im hohen Bogen in ihren Papierkorb. Zum Foto ihrer Mutter sagte sie: »Sie ist anders als die anderen Frauen. Hast du sie gesehen? Diese rotblonden Haare, dieses elegante Kostüm und diese widerliche Freundlichkeit. Als könnte sie mich damit täuschen. Sie will mir Papa wegnehmen, das sieht doch jeder. Und er läßt sie keinen Augenblick aus den Augen. Blöd ist das, superblöd!«
Sie warf sich auf ihre Schlafcouch, die sie noch nicht zur Nacht hergerichtet hatte, nahm eines der Kissen darauf in die Arme und verbarg ihr Gesicht darin. »Aber ich werde ihr das Leben zur Hölle machen, das schwöre ich dir, Mama. Ich werde so gemein sein, daß sie kein einziges Mal mehr hierherkommen möchte!«
Als Bernhard Bea zu ihrem Auto begleitet hatte und zum Haus zurückging, graute ihm davor, mit Melanie zu sprechen. Er wußte, daß sie sich zanken würden, und er wollte sich den schönen Abend mit Bea nicht verderben lassen.
Zögernd näherte er sich dem Zimmer seiner Tochter. Er wollte anklopfen, doch dann sah er, daß die Tür angelehnt war. Langsam und vorsichtig schob er sie einen Spalt breit auf.
Seine Tochter lag voll angezogen auf ihrer Couch, hatte eines der Kissen mit dem wildest gemusterten Bezug umarmt und schlief fest.
Auf Zehenspitzen trat der an die Couch heran und überlegte, ob er sie wecken sollte, damit sie sich zum Schlafen auszog. Er entschied sich innerlich dagegen, während seine Blicke durch das Zimmer glitten. Erst einen Moment später fiel ihm auf, daß er etwas suchte.
Beas Blumenstrauß konnte er nirgends entdecken. Er trat an Melanies Schreibtisch, auf dem die mit Wasser gefüllte bauchige Kristallvase stand, die er seiner Frau zum ersten Hochzeitstag geschenkt und jedes Wochenende ihrer Ehe mit einem kurz gebundenen Blumenstrauß gefüllt hatte. Die Vase war leer, und als er zur Seite sah, entdeckte er die Blumen in Melanies Papierkorb.
Er nahm sie heraus und verließ lautlos das Zimmer seiner Tochter.
»Krieg«, murmelte er traurig vor sich hin, als er den Flur entlang und zur Küche ging. Dort fand er eine andere Vase in einem der Schränke, füllte sie mit Wasser und stellte die Blumen hinein. Sie konnten schließlich nichts für den Groll seiner Tochter. Er brachte die Blumen in sein Arbeitszimmer und stellte sie auf seinen eigenen Schreibtisch. Dann sah er auf seine Armbanduhr, griff nach dem Telefonhörer und wählte Beas Nummer.
Sie nahm am anderen Ende sofort ab.
»Bist du gut heimgekommen?« fragte er liebevoll.
»Ja, danke«, sagte Bea. »Hast du noch mit Melanie sprechen können?«
»Sie schlief schon«, erklärte Bernhard, »und ich fürchte, daß wir uns noch auf einige Kämpfe einstellen müssen, Liebling. Ich fand deine Blumen in ihrem Papierkorb. Und ich habe richtig Angst vor diesen Kämpfen. Auch ein Kind kann sehr viel zerstören, Bea.«
»Solange du nicht meinst, mich verteidigen zu müssen, wird es vielleicht nicht so schlimm werden, wie du heute noch glaubst, Bernhard. Wenn Melanie merkt, daß ihre Angriffe ins Leere laufen und daß sie es damit nicht schafft, uns auseinander zu bringen, dann wird sie es irgendwann bleiben lassen, denke ich.«
»Ich hoffe, daß du recht behältst«, erwiderte Bernhard wenig überzeugt. Er hatte leidvoll erfahren müssen, wie hartnäckig seine Tocher ihre Ziele verfolgte, doch das wollte er Bea nicht so deutlich sagen, um sie nicht abzuschrecken. Denn eines war ihm heute abend klar geworden, er konnte ohne Bea nicht mehr leben, und je eher sie und Melanie sich miteinander vertrugen, desto eher konnte er sie bitten, seine Frau zu werden. Aber nicht vorher, denn er wollte sie nicht an sich binden, und der Wut seiner Tochter aussetzen.
»Liebling«, hörte er Bea in seine Gedanken hinein sagen, »ich habe vergessen, dir zu sagen, daß ich nächste Woche für ein paar Tage nach London fliegen muß. Es geht um den geplanten einjährigen Aufenthalt dort. Obwohl ich das Angebot wahrscheinlich nicht annehmen werde, möchte ich dennoch die Gespräche führen, um für das Gespräch mit meinem Chef gute Argumente zu haben, wenn ich sein Angebot ablehne.«
»Das trifft sich gut, Bea«, sagte Bernhard. »Ich muß nächste Woche auch für ein paar Tage fort – nach Spanien. Die Ferienwohnung-Siedlung, für die ich die Verkaufsrechte exklusiv erwerben konnte, steht kurz vor der Fertigstellung, und ich muß mir die Anlage genau ansehen, um noch eventuelle Verbesserungen vorschlagen zu können. Aber wir könnten uns doch in London treffen, was hältst du denn davon? Mehr als drei Tage muß ich nicht in Spanien bleiben.«
»Ich weiß noch nicht, wie mein Terminplan aussieht«, erwiderte Bea. »Aber ich kann dich auf jeden Fall von London aus anrufen, damit wir einen genauen Zeitpunkt abmachen können. Wann fliegst du nach Spanien?«
»Mittwoch, denke ich. Ich könnte am Freitagabend nach London kommen, so daß wir das Wochenende dort für uns hätten. Und wann fliegst du?«
»Dienstag. Und dann könnte ich auch klären, wann ich mit den Gesprächen dort fertig bin. Ich würde dich am Dienstagabend anrufen, ja?«
»Ja, mein Liebes«, sagte Bernhard. »Ich freue mich jetzt schon auf die beiden Tage, an denen wir wirklich allein sein können. Es wäre das erste Mal.«
»Ja«, sagte Bea, und sie spürte, wie ihr Herz schneller zu schlagen begann. Zwei Tage mit Bernhard – was für ein Schatz an Freude lag da vor ihr. »Ich zähle jetzt schon die Stunden, bis ich dich wiedersehe, denn ich glaube nicht, daß wir es vorher noch schaffen werden, oder?«
»Nein, ich glaube nicht. Ich muß das ganze Wochenende über hier zu Hause arbeiten, um für Spanien gut gerüstet zu sein, und Montag und Dienstag werde ich mit Besprechungen eingedeckt sein. Es gibt schon etliche Interessenten für die Spanien-Wohnungen, die natürlich alle noch Sonderwünsche erfüllt haben möchten, so weit das jetzt noch möglich ist.«
Es entstand eine kleine Pause zwischen ihnen. Diese sachlichen Gespräche zwischen ihnen konnten sie beide nie lange von dem ablenken, was ihnen wirklich wichtig war.
»Ich liebe dich«, sagte Bea.
»Als hätte ich es geahnt«, scherzte Bernhard lachend.
»Und ich werde mit dir so oft wie möglich in den nächsten Tagen telefonieren, damit du mir das noch tausendmal sagen kannst, mein Schatz.«
»Ich?« fragte Bea mit hoher, gespielt entsetzter Stimme. »Einmal reicht doch wohl für ein ganzes Leben, oder nicht?«
»Och«, meinte Bernhard, »das werde ich mir aber gut merken! Wenn du dich jemals beklagen solltest darüber, daß ich dir meine Liebe zu selten gestehe, dann werde ich dich mit deinen eigenen Waffen schlagen.«
»Du bist gemein«, sagte Bea lachend.
»Nein, ich bin dir schon schrecklich heftig und unwiderruflich verfallen, mein Schatz. Meine Zurückhaltung ist reiner Selbstschutz.«
»Deine Worte entlarven dich«, entgegnete Bea fröhlich.
»Und jetzt werde ich in mein Bett krabbeln. Morgen ist ein langer, anstrengender Tag und übermorgen auch. Und das Wochenende werde ich hier zu Hause über Berichten und Arbeitsanleitungen und Gebrauchsanweisungen liegen, die alle Welt ins Englische übersetzt haben will. Freu dich, wenn du mich hinter meinem Stapel Lexika überhaupt noch erreichen kannst.«
»Träum von mir«, verlangte Bernhard lachend.
»Nein!« rief Bea laut aus. »Nein, meine Träume gehören mir, bitte.«
»Und du gehörst zu mir«, sagte Bernhard leise. »Schlaf gut, mein Liebes. Mit dir ist die Sonne in meinem Leben wieder aufgegangen.«
Er legte ganz schnell auf, weil er gar nicht weiterreden konnte. Er sehnte sich jetzt schon so sehr nach Bea, daß ihm innerlich ganz angst und bang war.
*
»Wie viele Überstunden haben Sie in den letzten Monaten mal wieder angesammelt?« fragte Bernhard Kollmann am Montag seine Sekretärin. Er lehnte in seinem Vorzimmer an Frau Paulsens Schreibtisch und sah sie mit fast hypnotischem Blick an. Sie kannte das schon bei ihm. »Für drei Tage reicht es«, sagte sie lachend. »Das tut mir wirklich leid«, fügte sie fröhlich hinzu, denn sie wußte, was gleich kommen würde.
»Mir tut es leid«, versetzte Bernhard Kollmann lächelnd. »Sie sollten vielleicht mal ein Kritikgespräch mit Ihrem Chef führen. Er scheint ein ganz unmöglicher Mensch zu sein.«
»Kein Kommentar«, erwiderte Frau Paulsen mit amüsiertem Glitzern in den Augen. »Wollen Sie mit dieser Umschreibung andeuten, daß ich diese Tage frei nehmen kann, wenn sie auf Reisen sind?«
»Einer muß ja dafür sorgen, daß Sie sich hier nicht tot arbeiten«, scherzte Bernhard Kollmann. »Wenn Sie für einen funktionierenden Telefondienst sorgen, können Sie meinetwegen abschwirren, wenn ich fort bin.«
»Schön, schön«, sagte Frau Paulsen erfreut. »Damit habe ich schon fest gerechnet. Meine Reise nach Rom ist für genau vier Tage gebucht.«
Bernhard war schon an der Tür zu seinem Büro. Ruckartig drehte er sich zu seiner Sekretärin um.
»Wie lange arbeiten Sie jetzt schon für mich?« fragte er mit gespielt scharfer Stimme.
»An die sechs Jahre«, gab Paulsen prompt Auskunft.
»Kein Wunder«, meinte Bernhard, »daß Sie mich besser kennen als ich mich selber.«
Als er seine Bürotür von innen schloß, hörte er den kleinen Seufzer, der ihm ungewollt entfuhr. Er versagte es sich, auf die Uhr zu sehen, und er versuchte alles, um nicht an diesen Namen zu denken, der in ihm herum summte wie eine Melodie, die man morgens beim Frühstück im Radio hört und den ganzen Tag über dann nicht mehr los wird.
Bea, Bea, Bea.
Sie hatte sich noch nicht gemeldet, und nun war es schon fast sechs Uhr nachmittags, und er hatte alle Hoffnung aufgegeben, daß sie ihre Verabredung in London heute noch fest vereinbaren konnten. Er mußte gleich das Haus verlassen, weil er mit einem sehr betuchten Kunden mehrere Villen in den teuren Außenbezirken der Stadt besichtigen wollte. Und wenn es heute noch zu einem Abschluß kam, dann würde er mit dem Kunden zu Abend essen und kaum vor Mitternacht zu Hause sein.
»Hoffentlich ruft sie daheim an«, murmelte er vor sich hin, während er zu dem Telefonapparat auf seinem Schreibtisch griff, der nicht an das Büronetz angekoppelt war. Er drückte die Taste, die mit einer privaten Nummer belegt war und ließ es klingeln.
»Sie muß doch zu Hause sein«, sagte er laut und ungehalten vor sich hin, als das Freizeichen mindestens zehnmal in sein Ohr getutet hatte.
»Ja?« Melanies Stimme – atemlos und heftig.
»Ich bin es«, sagte Bernhard. »Bist du eben erst ins Haus gekommen?«
»Nein«, erwiderte Melanie. »Ich war in meinem Zimmer und hatte die Musik ganz laut an. Ich habe das Klingeln erst eben gehört, weil ich aus der Küche etwas zu trinken holen wollte. Wann kommst du denn nach Hause?«
»Das weiß ich leider noch nicht, Melli«, sagte Bernhard, und er fühlte in sich eine Art Schuldbewußtsein seiner Tochter gegenüber. Es war wirklich kein Dauerzustand, daß er sie so viel allein lassen mußte. Wenn sie sich bloß mit Bea anfreunden könnte, dachte er, dann könnten wir die Dinge ein wenig verbessern.
»Melli«, sagte er mit eindringlichem Tonfall, »es könnte sein, daß Bea sich aus London bei mir meldet. Sei so gut und laß deine Zimmertür offen, damit du den Anruf nicht verpaßt, ja? Es ist sehr, sehr wichtig für mich, okay?«
»Okay«, sagte Melanie mit einigem Widerstand in der Stimme. »Und was soll ich ihr sagen?«
»Sie sagt dir etwas für mich, klar?«
»Klar, und ich soll es dir ausrichten.«
»Ja, mein Schatz, so ist es. Und sei mir nicht böse, daß ich heute wohl erst heimkommen werde, wenn du schon schläfst. Ich muß mit einem wichtigen Kunden zwei oder drei Häuser ansehen, und wenn ich ihm eines verkaufe, dann hast du einen Wunsch offen. Wie findest du das?«
Es entstand eine längere Pause, in der Melanie nachzudenken schien. »Alles ist immer wichtiger als ich«, erwiderte sie schließlich mit leiser, traurig klingender Stimme. »Und ich habe überhaupt keinen Wunsch. Ich möchte so gern mal wieder mit dir zusammen etwas unternehmen. Nur du und ich, Papa, und nur einen einzigen Tag lang.«
Bernhard erschrak. In diesem Ton hatte seine Tochter noch nie mit ihm gesprochen, und jedes ihrer Worte fiel ihm wie sollte ins Herz. Nun war er es, der längere Zeit schwieg.
»Weißt du«, sagte er dann genauso leise wie Melanie zuvor, »wenn ich könnte, würde ich heute den Termin abblasen, aber der Mann hatte nur heute Zeit. Ich verspreche dir, daß wir uns diesen Tag nehmen werden, sobald ich aus Spanien zurück bin. Ich werde jetzt gleich, wenn wir aufgelegt haben, mit Frau Paulsen den Tag aussuchen und ihn für dich freihalten. Ist das ein Angebot, das du annehmen kannst?«
»Ja«, sagte Melanie sofort. »Ja, das ist gut, Papa. Und wenn du heimkommst, kannst du noch in mein Zimmer sehen. Vielleicht bin ich ja noch wach, und wir können wieder einen Kakao miteinander trinken.«
»Ja«, sagte Bernhard, »ja, mein Herzchen.« Es war lange her, daß er seine Tochter so genannt hatte. Und es verfehlte die Wirkung nicht, wie er beabsichtigt hatte.
»Tschüs, Papa, vielleicht bis heute abend«, kam Melanies weiche Mädchenstimme an sein Ohr. »Ich habe dich sehr lieb.«
»Ich dich auch, Melli, ich dich auch«, sagte er hastig, und er hatte Mühe, die Tränen, die ihm in die Augen steigen wollten, zurückzudrängen. Wie hatte er denn bloß in den letzten Monaten Melanies Biestigkeiten für wahr nehmen können, anstatt dahinter ihren Kummer zu spüren!
»Es wird alles gut werden, Melli«, flüsterte er, während er auf die Uhr sah und entsetzt feststellte, daß er schon reichlich spät dran war für seinen Termin. Eilig verließ er sein Büro, warf Frau Paulsen im Vorbeihasten ein kurzes ›Tschüs bis morgen‹ zu, und rannte zum Fahrstuhl. Den freien Tag, den er hatte festlegen wollen, hatte er in der Eile schon wieder ganz vergessen.
*
»Soll ich oder soll ich nicht?« fragte sich Melanie während sie die Knöpfe an ihrer Weste abzählte. Nicht, lautete die Antwort des letzten Knopfes.
Melanie nickte zufrieden und warf dem Foto ihrer Mutter einen triumphierenden Blick zu.
»Ich werde ihm also nichts ausrichten, falls diese Bea überhaupt anrufen sollte. Es ist Schicksal, Mama, das mußt du doch einsehen, oder?« Und dabei verschwieg sie vor sich selbst und dem Foto ihrer Mutter, daß sie noch einmal gezählt hätte, wenn die erste Antwort ja gelautet hätte.
Das Telefon klingelte erst gegen neun Uhr, und im ersten Augenblick hoffte Melanie, daß ihr Vater anrief und ihr sagte, daß er jetzt gleich nach Hause kommen würde.
»Melanie Kollmann«, meldete sie sich ordnungsgemäß.
»Bea Rohrbach, hallo Melanie«, hörte sie die helle Stimme der verhaßten Freundin ihres Vaters rufen. »Ist dein Vater daheim?«
»Nein«, sagte Melanie knapp. »Er ist mit einem Kunden unterwegs.«
»Kannst ihm dann bitte etwas ausrichten?« fragte Bea.
»Ja, klar«, sagte Melanie.
»Sag ihm doch bitte, daß wir uns am Freitagabend treffen können. Ich wohne in einer kleinen Pension in der Nähe der Innenstadt. Sie heißt Rose Garden. Kannst du das behalten? Rose Garden – Rosengarten auf deutsch. Hast du mich verstanden, Melanie?«
»Klar habe ich das. Ich bin ja nicht blöd. Und Englisch habe schon in der Grundschule gehabt.«
»Prima«, überging Bea ihren wütenden Einwurf. »Ich bin ab 18 Uhr in der Pension und warte auf ihn. Ich bin dann hier mit allem fertig, und wir können am Sonntag zusammen nach Hause fliegen. Alles klar, Melanie?«
»Alles klar«, sagte Melanie eisig und legte den Hörer auf die Gabel zurück, ohne sich von Bea zu verabschieden. Ihr war wirklich alles klar. Da flog Papa am Mittwoch nach Spanien und statt am Freitag gleich nach Hause zu fliegen, wollte er noch nach London, um Bea dort zu treffen.
»Ha!« rief Melanie fuchsteufelswild aus. »Aber nicht mit mir!«
Sie rannte in ihr Zimmer zurück und knallte die Tür so laut sie konnte hinter sich ins Schloß.
›Du mußt gut nachdenken, Melli‹, sagte eine kleine boshafte Stimme in ihren Kopf. ›Nicht, daß der Papa dir draufkommt, wenn du die Wahrheit verdrehst, Melli.‹