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Leise raschelte es im Unterholz. Die letzten Sonnenstrahlen des Tages blitzten noch durch die Kronen der Pilzbäume. Die Schatten wurden länger und verschmolzen miteinander. Bald würde es völlig dunkel im Pilzwald sein und Stille würde einkehren. Wieder raschelte es und ein schwarzer Käfer wühlte sich aus einem der kleinen Büsche, welche die Stämme der Pilzbäume wie einen Ring umgaben. Etwas hatte ihn aufgeschreckt. Etwas, das nicht in den Pilzwald gehörte. Jedes Bild trägt eine Geschichte in sich. Komm mit auf Entdeckungsreise!
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Seitenzahl: 68
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Vorwort
Herbstwind
Schneezauber
Eiseskälte
Eisprinzessin
Frühlingssehnsucht
Maigrün
Ferienhaus mit Garten
Tor zu einer anderen Welt
Schlafende Drachen
Bruchlandung
Ritt auf dem Blitz
Wenn die Engel Plätzchen backen
Frostige Zeiten
Hallen aus Stein
Licht im Dunkeln
Neun ... Zehn ... Ich komme!
Mit dem Wind um die Wette
Mauerblümchen
Feuerrot
Weiße Weihnacht
Morgengrauen
Die Geheimtür
Blütenzauber
Stelldichein
Freiheit für Tessa
Fata Morgana
Einsamer Strand
Stufe für Stufe
Schachmatt
Engelszauber
Schneeelfen
Weite Sicht
Morgendämmerung
Schatzsuche
Spiegelbilder
Licht
Im Auge des Sturms
Schlechte Aussichten
Am Ende der Brücke
Felsenmeer
Weihnachtsbaum
Eisiges Geheimnis
Jedes Bild trägt eine Geschichte in sich. Sie kann traurig, lustig, fantastisch oder realistisch sein. Sie kann uns zum Nachdenken anregen, uns die Zeit vertreiben, uns ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Man muss nur genau hinschauen, sich ein wenig Zeit nehmen und schon wird man in eine andere Welt entführt. Komm doch mit auf Entdeckungsreise.
Triggerwarnung
Einige der Geschichten enthalten Beschreibungen physischer Gewalt.
Foto: Sabine Kalkowski
Fina warf einen kritischen Blick in die Höhe und seufzte dann erleichtert auf. Die letzte warme Herbstsonne hatte die Reiseschirme noch rechtzeitig reifen lassen. Jetzt musste alles schnell gehen. Schon lösten sich die ersten Schirme im auffrischenden Herbstwind. Eine kräftige Böe und sie würden alle ohne ihre wertvolle Fracht davonfliegen und Fina müsste sich erneut auf die Suche machen, um eine geeignete Reiseschirmblume zu finden. Hektisch winkte sie Sati, Tori und Nima zu, die sich schwer beladen durch das hohe Gras mühten. Fina lief ihnen entgegen und nahm ihnen einen Teil ihrer Last ab. Endlich erreichten sie die Blume.
Tori begutachtete die Reiseschirmblume mit einem scharfen Blick und nickte dann zufrieden. „Jetzt aber flott, der Wind frischt auf, sonst war die ganze Mühe umsonst!“
Sie nahm Bogen und Pfeil von der Schulter, band ein Seil an den Pfeil und schoss ihn in den Blütenkorb, an dem die Reiseschirme hingen. Geschickt kletterte sie an dem Seil hoch und zog dabei eine Strickleiter hinter sich her. Oben angekommen band sie die Leiter fest, pfiff laut und winkte Fina, Sati und Nima zu, ihr zu folgen.
In einem der kleinen Körbchen, die in die Kiepen gestapelt waren, rührte sich etwas. Fina beugte sich darüber und gurrte beruhigend. „Gleich geht es los“, flüsterte sie.
Dann schulterten sie die Kiepen und kletterten die Reiseschirmblume hinauf. Flink band Tori an jeden Schirm ein Körbchen und ließ einen Schirm nach dem anderen fliegen.
Die vier Feen saßen auf dem nun leeren Blütenkorb und schauten versonnen der Schirmwolke hinterher.
„Gute Reise!“, rief Nima.
„Viel Glück!“, wünschte Fina leise und blinzelte ein paar Tränen weg.
Tori legte ihr den Arm um die Schulter. „Keine Sorge, Fina. Die Kleinen werden eine gute Heimat finden, so wie all die Feengenerationen vor ihnen. Es gibt viel zu tun in dieser Welt. Und wer weiß, vielleicht sehen wir einige von ihnen wieder.“
Foto: Jörg Reiser
Verschlafen steckte Zip seine rote, spitze Nase zum Eingang seiner Koboldhöhle hinaus und blinzelte in die schon hoch am Himmel stehende Sonne. Sein Atem bildete kleine, weiße Wolken, die um die Äste seines Wohnbaums schwebten. Die Äste, gestern noch kahl und grau, waren heute mit weißem Schnee bedeckt. Zip jauchzte, machte vor Freude einen Hopser und stieß sich den Kopf an der niedrigen Decke des Eingangs. Er murmelte etwas über faule Spechte, die immer am Eingang sparten, und rieb sich einen Augenblick lang die schmerzende Stelle an seinem kahlen Kopf. Doch dann überkam ihn wieder die Freude über den nächtlichen Schneefall. Er rieb sich die Hände, steckte wieder den Kopf aus der Höhle und ließ den Blick über die weiße Landschaft streifen.
Was könnte er jetzt alles anstellen. Schnee in die Briefkästen stopfen, die Kufen von den Schlitten lockern, die Schnürsenkel von den Schlittschuhen verknoten, die Stiefel verstecken, Schneebälle aus dem Hinterhalt werfen … Zip kicherte froh gelaunt. Nur noch die Mütze aufsetzten, damit die großen Ohren nicht kalt wurden und … Zack! Ein großer Schneeball traf ihn mitten in das Gesicht und warf ihn von den Füßen. Schreiend und zeternd kullerte er in seine Höhle und blieb kopfüber unter dem Küchentisch liegen.
Wutentbrannt rappelte er sich auf, schnappte sich seine Mütze und zog sie sich über seine Ohren. So eine Frechheit! Wenn hier einer mit Schneebällen warf, dann war er das! Schnaufend erschien er wieder am Eingang und schon traf ihn der nächste Schneeball. Während er noch nach Luft japste, hörte er:
„Bist du endlich wach Zip? Komm, wir machen eine Schneeballschlacht!“
Foto: Sabine Kalkowski
Heftig kräuselte sich die Wasseroberfläche unter der eisigen Böe, die über den kleinen See hinwegfegte. Tanja zog die Mütze tiefer in das Gesicht und steckte die klammen Hände noch tiefer in die Taschen. Sie fror fürchterlich und der einsetzende Nieselregen steigerte ihr Wohlbefinden nicht gerade.
Was hatte sich Felix nur dabei gedacht, ausgerechnet diesen Ort als Treffpunkt auszusuchen? Und wo war er? Tanja schaute sich um und dann auf die Uhr. Unpünktlich zu sein, sah ihm gar nicht ähnlich. Das Telefonat von gestern Abend kam ihr wieder in den Sinn. Felix hatte sehr aufgeregt geklungen, so gar nicht er selbst.
Ein Rascheln schreckte sie aus ihren Gedanken. Sie sah sich um, war aber allein. Sie zog fröstelnd die Schultern hoch. Felix war einer gefährlichen Sache auf der Spur. Genaueres hatte er ihr am Telefon jedoch nicht erzählen wollen. Wieder ein Rascheln und bevor Tanja sich erneut umschauen konnte, legte sich eine behandschuhte Hand fest auf ihren Mund und ihre Nase und erstickte jeglichen Schrei im Keim.
Foto: Jörg Reiser
Sehnsüchtig schaute Bendik durch die dicken Gitterstäbe aus Eis hinaus in die Freiheit. Die letzten Sonnenstrahlen brachen sich im Eis und ließen es zart und zerbrechlich erscheinen. Doch Bendik wusste es besser. Die Eisstangen waren so hart wie Metall und ließen sich weder durch Wärme noch durch rohe Gewalt zerstören.
Sein erster und einziger Ausbruchsversuch lag nun drei Tage zurück. Noch immer schmerzten seine Rippen und sein Gesicht von den harten Schlägen der Wächter. Nachdem sie seine Bemühungen bemerkt hatten, waren sie über ihn hergefallen. Er machte sich nichts vor. Er kannte das Schicksal, das ihn erwartete. Es stand die Todesstrafe auf Wilderei in den Fischteichen der Eisprinzessin, die Nordland nun schon seit einer Generation in ihrer eisigen Faust hielt. Es hieß, ihr Herz sei so kalt wie der tiefste Winter im Eisgebirge. Sie kannte weder Mitleid noch Liebe. Sie lebte zurückgezogen in ihrem Eispalast am Fuße des Eisgebirges, wusste aber auf mysteriöse Art über jede Kleinigkeit Bescheid, die in ihrem Reich vorging.
Bendik seufzte. Es war ihm nicht einmal mehr die Zeit geblieben, den Fisch zu verspeisen, den er aus dem Teich gezogen hatte, bevor er von den Wächtern geschnappt worden war. Und von der dünnen Suppe, die es im Gefängnis einmal am Tag gab, wurde man nur noch hungriger. Wieder schaute er durch das vergitterte Fenster. Warum lebte er noch? Die Todesurteile wurden immer sofort vollstreckt. Was hatte die Eisprinzessin nur mit ihm vor?
Foto: Jörg Reiser
Traurig blickte Lamia auf die mit Eis überzogenen Knospen hinab. Der Winter war über Nacht zurückgekehrt und hatte das aufblühende Leben im Keim erstickt.
Es raschelte und knackte im Gebüsch hinter ihr. Lamia wirbelte herum und sah gerade noch ein Kaninchen im Dickicht verschwinden.
„Na, du hast wohl auch gedacht, dass der Winter endlich vorbei ist“, stellte sie fest und schüttelte dann niedergeschlagen den Kopf.
„Im Frühling bin ich wieder da“, hatte ihre Mutter versprochen, als sie sich im Herbst auf den Weg nach Süden gemacht hatte. Seitdem hatte Lamia nichts mehr von ihr gehört. Sie wartete sehnsüchtig auf den Frühling. Die Vorräte waren fast aufgebraucht, die Felder mussten bestellt werden, wenn sie im nächsten Winter nicht hungern wollte. Aber alleine würde sie es nicht schaffen.