Ein Blick, der die große Liebe verspricht - Joss Wood - E-Book

Ein Blick, der die große Liebe verspricht E-Book

Joss Wood

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Beschreibung

Diese Frechheiten lässt sie sich nicht gefallen: Erbost kündigt Event-Planerin Ella! Doch dann bittet ihr mächtiger Ex-Boss Micah Le Roux sie um Hilfe bei der Hochzeit seiner Schwester in Johannesburg. Und sein Blick ist so verheißungsvoll, dass Ella spontan Ja sagt …

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Seitenzahl: 178

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IMPRESSUM

Ein Blick, der die große Liebe verspricht erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2022 by Joss Wood Originaltitel: „The Powerful Boss She Craves“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA EXTRABand 532 - 2023 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg Übersetzung: Valeska Schorling

Umschlagsmotive: mauritius images / Roman Samborskyi / Alamy / Alamy Stock Photos

Veröffentlicht im ePub Format in 7/2024

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783751530514

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

Katzen-Meme … Linsen-Limetten-Salat-Rezept … Sonnenuntergangsfoto … Motivationsspruch … noch ein Katzen-Meme …

Zu Tränen gelangweilt klickte sich Ella Yeung durch ihre sozialen Medien. Gott sei Dank musste sie nur noch drei Wochen bei Le Roux Events durchhalten. Dieser letzte Monat war der längste ihres Lebens gewesen!

Natürlich hätte sie die letzten Wochen auch einfach zu Hause bleiben können, so wie ihr Chef es ihr nahegelegt hatte, aber schon aus Stolz ging Ella weiterhin jeden Tag zur Arbeit. Solange sie hier noch angestellt war, ließ sie sich schon allein deshalb täglich blicken, um Winters und Siba von der Personalabteilung ein schlechtes Gewissen zu machen. Die beiden sollten sich bei ihrem Anblick daran zu erinnern, wie schändlich sie nicht nur Ella, sondern auch mehrere andere weibliche Angestellte im Stich gelassen hatten.

Die beiden Feiglinge verließen jetzt immer sofort den Raum, wenn sie ihn betrat. Aber schon bald würden sie Ella endgültig los sein und sie und ihre Beschwerde wieder vergessen.

Bis Neville Pillay, der wichtigste Auftraggeber der Agentur und ein extrem beliebter Entertainer, die nächste Angestellte sexuell belästigte …

Wie lange wollten sie ihn noch schützen und seine Missetaten unter den ohnehin schon schmutzigen Teppich kehren? Wie konnten Winters, Siba und die beiden Eigentümer der Firma, die Le-Roux-Zwillinge, sich selbst eigentlich noch im Spiegel angucken?

Ella hatte versucht, Pillays zahlreiche Übergriffe aufzudecken, aber niemand schien sich dafür zu interessieren. Sie konnte nur hoffen, dass ihn das nicht noch mehr ermunterte. Er musste sich inzwischen unbesiegbar vorkommen. Wie weit würde er wohl nächstes Mal gehen, wenn eine Eventmanagerin, Sekretärin, Make-up-Artistin oder Assistentin seine Aufmerksamkeit erregte?

Erst nachdem ihre Anschuldigungen durchgesickert waren – zumindest in der Firma –, hatte sie erfahren, dass er dort mindestens drei weitere Frauen sexuell belästigt hatte, und unter Garantie waren sie nicht die Einzigen. Aber wie sollte sie ihm das Handwerk legen, wenn die Geschäftsführung ihre Beschwerden nicht ernst nahm und einfach ignorierte? Ella hatte das alles so satt! Sie war es leid, allein kämpfen zu müssen und sich vergeblich darum zu bemühen, dass man ihr glaubte!

Sie hatte sich erst an ihren Chef gewandt, Winters, und dann an Siba, den Personalreferenten. Beide waren der Meinung gewesen, dass das, was ihr passiert war, doch gar nicht so schlimm war; schließlich sei es nicht zum Äußersten gekommen.

Nicht schlimm?! Der Kerl hatte ihr unter den Rock gefasst!

Daraufhin hatte sie dem Personalchef von Le Roux International, dem internationalen Firmenkonglomerat, zu der die Eventagentur gehörte, eine Mail geschickt. Der reizende Mensch hatte von ihr verlangt, den Mund zu halten und keinen Ärger zu machen, und ihr im Gegenzug eine Gehaltserhöhung angeboten. Als Ella das Angebot abgelehnt hatte, hatte er ihr nahegelegt, ihren Job im Austausch gegen eine Abfindung zu kündigen.

Natürlich hatte sie abermals Nein gesagt – und war von ihrem lichtdurchfluteten Eckbüro in einen kleinen, mit staubigen Kartons und aussortierten Möbeln vollgestopften Raum weit ab von den Kollegen versetzt worden. Sie bekam nur noch die anspruchslosesten Events zugeteilt, Aufträge, die man normalerweise den Praktikanten gab, damit sie Erfahrung sammeln konnten. Ihren Firmenwagen hatte man ihr auch weggenommen.

Es war offensichtlich, dass man sie rausekeln wollte. Nach sechs Wochen hatte sie die Nase voll gehabt und ihre Kündigung eingereicht. Ella wusste nicht, welche Emotion überwog – Wut oder Erleichterung. Sie wusste nur, dass sie sich besiegt fühlte.

Machtlos.

Wertlos …

Sich in ihrem Sessel zurücklehnend sah Ella aus dem Fenster mit der nicht ganz so tollen Aussicht auf den Parkplatz. Wie hatte es mit ihrer Karriere nur so schnell bergab gehen können?

Noch vor einem Jahr war sie eine gefragte Eventmanagerin bei einer kleinen Start-up-Agentur in Durban gewesen – bekannt dafür, Budgets einzuhalten und Aufträge pünktlich und mit Pepp zu erledigen. Nachdem sie erfolgreich ein paar Promi-Events organisiert hatte, hatte Le Roux Events, eine der größten Eventagenturen des Landes, ihr das Angebot gemacht, nach Johannesburg zu ziehen – mit dem dreifachen Gehalt und diversen Extras. Die Gelegenheit hatte sie sich natürlich nicht entgehen lassen wollen und hatte das Angebot angenommen.

Und jetzt, nachdem sie gerade zur Senior Eventmanagerin befördert worden war, war alles schon wieder vorbei. Die Firmenleitung stand geschlossen gegen sie, und ihre Kollegen gingen ihr aus dem Weg. Natürlich tat sie ihnen leid, und eigentlich standen sie auf ihrer Seite, aber die Zeiten waren hart, und niemand wollte sich mit dem Chef anlegen. Er gehörte zu jener Sorte Mensch, die jeden als Gegner betrachteten, der anderer Meinung war, und niemand wollte riskieren, ihretwegen seinen Job zu verlieren.

Ella konnte das verstehen, wirklich – viele Kollegen hatten Hypotheken abzubezahlen und Familien zu ernähren, aber trotzdem tat es weh, ganz allein dazustehen. Ihr schon lange gehegter Verdacht, dass Menschen nur das glaubten, was sie glauben wollten, hatte sich in den letzten Wochen bestätigt. Sie brauchte nicht mehr darauf zu hoffen, dass man ihr zuhören oder ihr Glauben schenken würde. Der einzige Mensch, auf den sie sich verlassen konnte, war sie selbst.

Ihr Vater hatte ihr seinerzeit auch nicht zuhören wollen! Vielleicht wäre ihre Mutter jetzt noch am Leben, wenn er Ellas Sorge damals ernst genommen hätte …

Und jetzt weigerte sich ihr Chef, ihre Vorwürfe ernst zu nehmen, und den hohen Tieren bei Le Roux International war der Profit offenbar wichtiger als das Wohlergehen ihrer Angestellten.

Ihre Mutter war tot, und dieser schreckliche Pillay machte Frauen gegenüber weiterhin ungestraft anzügliche Bemerkungen. Drückte sie in leeren Konferenzzimmern gegen die Wand, um eine Hand zwischen ihre Schenkel zu schieben …

Bei der Erinnerung daran schnürte sich ihr der Hals zu, und ihre Hände begannen so heftig zu zittern, dass ihr die Unterlagen aus der Hand rutschten. Wenigstens würde sie nie wieder etwas mit Pillay zu tun haben müssen! Sie war inzwischen sicher vor ihm, und ehrlich gesagt hatte sie noch Glück gehabt. Wer weiß, wie weit er noch gegangen wäre, wenn nicht irgendwo im Flur eine Tür geknallt hätte und jemand vom Reinigungspersonal gekommen wäre.

Hatte sie vielleicht irgendwelche Warnsignale übersehen – irgendetwas, das darauf schließen ließ, dass Pillay sich in ein wildes Tier verwandelte, wenn kein anderer da war? Ella fiel beim besten Willen nichts ein.

Wie sollte sie nur je wieder mit einem Mann allein sein? Nächstes Mal würde sie bestimmt alles hinterfragen und sich vor lauter Angst nicht entspannen können. Wie sollte sie je wieder unbefangen mit einem Mann ausgehen, geschweige denn, ihn mit nach Hause nehmen und mit ihm schlafen? Nach allem, was in den letzten Wochen passiert war, war ihr sowieso nicht besonders stark ausgeprägtes Vertrauen in andere Menschen erst recht ruiniert.

Und ihr Selbstvertrauen gleich mit.

Aber das Schlimmste war die Gewissheit, dass Pillay es wieder tun würde. Was war, wenn nächstes Mal niemand dazwischenkam und er tatsächlich eine Frau vergewaltigte? Würde sie damit leben können?

Andererseits hatte sie getan, was sie tun konnte. Sie hatte die Geschäftsführung informiert, sie war bei der Polizei gewesen. Sie hatte ihr Bestes gegeben, das musste reichen.

Nur reichte es ihr leider nicht.

Ihre Ohnmacht erinnerte sie wieder an das, was vor vierzehn Jahren passiert war. Sie hatte ihren Vater angeschrien, damit er ihr zuhörte, hatte ihn angefleht, ihre Mutter ins Krankenhaus zu bringen. Sie hatte gebettelt, geweint und gebrüllt, aber da ihre Mutter kurz vorher ihren geliebten Gin Tonic zum Mittagessen getrunken hatte, war ihr Vater davon ausgegangen, dass ihre verwaschene Sprache und ihre Schläfrigkeit vom Alkohol kamen. Er hatte darauf bestanden, dass alles in Ordnung war und sie sich nur ausschlafen musste. Kurz darauf war Ellas Mutter an einer Gehirnblutung gestorben.

Wie damals fragte Ella sich auch jetzt, nachdem sie sexuell belästigt worden war, ob sie vielleicht die falschen Worte gewählt, sich nicht klar und deutlich genug ausgedrückt hatte. War sie vielleicht zu emotional gewesen, nicht präzise genug?

Eine knallende Tür im Flur riss Ella aus ihren trüben Gedanken. Die Schultern straffend befahl sie sich, die Vergangenheit abzuhaken und nach vorn zu blicken. Hier in Südafrika hatte sie sowieso keine Zukunft mehr. In der Eventszene kannte jeder jeden, und Winters hatte bereits dafür gesorgt, dass Ella in der Branche inzwischen als schwierig galt. Was ihre Chance, in Johannesburg einen neuen Job mit dem gleichen Gehalt und Renommee zu bekommen, gen null gehen ließ.

Sie könnte natürlich auch nach Durban zurückkehren – ihr Vater lebte noch dort –, aber wozu, wenn er sowieso kein Interesse an einem Kontakt mehr hatte? In ihrer alten Firma würde sie auch nicht mehr so große Projekte leiten wie hier und weniger verdienen. Es wäre ein Rückschritt.

Nein, sie würde direkt nach Ablauf ihres Arbeitsverhältnisses nach England auswandern! In einem Monat würde sie in London leben und hoffentlich einen neuen Job haben. Dann lagen sechstausend Meilen zwischen ihr und ihrem Vater, sodass sie sich nicht mehr dazu verpflichtet fühlen würde, ihn zu besuchen, obwohl er sie sowieso nicht sehen wollte. Sie würde wieder von vorn anfangen – endlich wieder durchatmen und sie selbst sein können. Und in hundert Jahren oder so würde sie vielleicht sogar einen Mann finden, der sie unterstützte und ihr glaubte.

Quatsch, eher hatte sie sechs Richtige im Lotto!

Durch das geschlossene Fenster hörte sie das Grollen eines starken Motors näher kommen. Ella stand neugierig auf und ging zum Fenster. Beim Anblick des silbernen Bentley Bentayga, der gerade auf den Parkplatz bog, keuchte sie verzückt auf.

Als ihr Vater und sie sich noch gut verstanden hatten, waren sie oft zusammen bei Automobilmessen gewesen. Der Bentayga war ein außergewöhnlicher SUV und so unfassbar teuer, dass es davon nur sehr wenige gab. Nur zu gern würde sie ihn sich mal ansehen und noch viel lieber fahren. Fasziniert beobachtete sie, wie der Wagen in eine enge Parklücke gesteuert wurde.

Kurz darauf ging die Fahrertür auf, und ein Mann stieg aus. Ella war überrascht, wie groß er war – mindestens eins neunzig. Er hatte breite Schultern und einen wirklich tollen Po. Die Ärmel seines weißen Hemds waren hochgekrempelt, sodass man sehnige, gebräunte Unterarme sah. Das Hemd steckte in einer dunkelblauen Hose mit einem Ledergürtel, der perfekt zu seinen Schuhen passte. Sein kurzes, lockiges Haar war gut geschnitten, die Farbe eine Mischung aus Hellbraun und Dunkelblond.

Von hinten sah er schon mal absolut umwerfend aus. Wenn sein Gesicht zu seinem Körper passte, könnte er problemlos das Titelblatt von Men’s Health zieren. Als er sich umdrehte, um auf den Eingang des Firmengebäudes zuzugehen – war er etwa ein potenzieller Kunde? –, sah sie ein markantes Gesicht mit Dreitagebart und sexy Mund. Oh ja, der Typ hatte das Gesicht eines gefallenen Engels!

Als spürte er ihren Blick, blieb der Mann plötzlich stehen und ließ den Blick über die Fenster gleiten. Da es Ella nicht rechtzeitig genug gelang, sich zurückzuziehen, fing sie seinen Blick prompt auf. Der Mann war zu weit weg, um seine Augenfarbe zu erkennen, aber sein Blick traf sie trotzdem mit voller Wucht. Ihre Haut begann zu prickeln.

Erwischt …

Errötend hob sie eine Hand und winkte ihm halbherzig zu. Seinem selbstgefälligen Schmunzeln nach zu urteilen war ihm nur allzu bewusst, wie attraktiv er war. Er hob zwei Finger zur Schläfe und salutierte spöttisch.

Genervt öffnete Ella das Fenster. Sie hatte die Nase gestrichen voll von Männern, die sich für Halbgötter hielten! „Kriegen Sie sich wieder ein, ich habe nur Ihren Wagen bewundert!“

Belustigt hob er die Augenbrauen und lächelte. Oh Gott, war das etwa ein Grübchen in seiner linken Wange? Das wurde ja immer schlimmer!

„Ach, wirklich? Sie wissen doch bestimmt noch nicht mal, was für ein Modell das ist.“

Was für eine Stimme, so warm und tief und kultiviert! Eine richtige Schlafzimmerstimme …

Reiß dich zusammen, Ella!

Sie würde Mr. Selbstgefällig jetzt nämlich zeigen, wo der Hammer hing! Höchste Zeit, ihm mal einen kleinen Dämpfer zu verpassen.

„Das ist ein Bentley Bentayga S-Modell mit 626 PS und Zwölfzylindermotor und Sechsgangautomatik. Er gilt als schnellster SUV der Welt, obwohl Lamborghini das abstreiten würde, da der Urus auch ziemlich toll ist.“

Wie zu erwarten, blickte der heiße Typ sie überrascht an.

„Und nur, falls Sie es noch nicht wussten, Sie Schlaumeier – auch Frauen interessieren sich für Autos“, fügte Ella hinzu, bevor sie das Fenster wieder schloss. Himmel, hatte sie sie es satt, ständig unterschätzt und nicht für voll genommen zu werden! Vor allem von Männern, die sich für die Krone der Schöpfung hielten!

Es klopfte an ihre Tür, und ihre Kollegin und Freundin Janie betrat das Zimmer. „Rate mal, was gleich passiert“, sagte sie aufgeregt.

Da Ella sowieso nicht mehr lange hier sein würde, hielt ihr Interesse sich in Grenzen. „Kriegt Paul in der Buchhaltung eine Haartransplantation, oder hat wieder jemand Evas Parkplatz besetzt?“

Janie schüttelte den Kopf. „Weder noch. Aber anscheinend ist der Big Boss gerade aufgetaucht!“

„Big Boss?“

„Micah Le Roux, einer der Eigentümer von Le Roux International!“

Ella runzelte die Stirn. Sie wusste, dass diese Eventagentur den Le-Roux-Zwillingen gehörte, hatte die beiden bisher jedoch nie zu Gesicht bekommen. Wenn sie etwas zu klären hatten, was die Firma betraf, beorderten sie Winters zum Hauptsitz der Firma und nicht umgekehrt.

Janie ging zum Fenster und zeigte auf den Parkplatz. Als Ella über ihre linke Schulter spähte, sah sie eine Gruppe von fünf Männern um den Bentayga herumstehen und fachsimpeln.

„Das da ist sein Wagen, und Naomi hat gerade bestätigt, dass er gekommen ist, um mit Ben zu sprechen. Ich frage mich, warum. Glaubst du, es hat mit deiner Beschwerde zu tun?“

Dann war der heiße Typ in dem coolen Wagen also einer der beiden Eigentümer der Firma. Hm, interessant …

Ella dachte kurz über Janies Frage nach und schüttelte den Kopf. „Das bezweifle ich. Würde er sich wirklich dafür interessieren, hätte er längst ein Meeting in seinem Büro anberaumt, statt Wochen später persönlich vorbeizukommen.“

„Was glaubst du, warum er dann hier ist?“

„Interessiert mich nicht die Bohne“, sagte Ella achselzuckend. Warum sollte es auch? Sie hatte hier zwölf Stunden am Tag geschuftet und hervorragende Arbeit geleistet. Die Agentur hatte dank ihrer harten Arbeit viel Geld verdient, aber kaum hatte sie mal Unterstützung gebraucht, hatte man ihr einfach die kalte Schulter gezeigt. Das war einfach nicht fair. Mehr als das, es war falsch.

Vielleicht sollte sie das Micah Le Roux direkt ins Gesicht sagen, wenn er schon mal hier war! Das würde zwar nichts an ihrer Situation ändern, aber wenigstens würde er dann wissen, was sie von seiner Firma und ihrem skandalösen Umgang mit sexueller Belästigung hielt. Und vielleicht, nur vielleicht, würde er daraufhin mal die Firmenpolitik überdenken und das Thema etwas ernster nehmen.

Entschlossen drehte sie sich zu Janie um. „Drück mir die Daumen.“

„Was hast du vor?“

„Ich gehe zu Micah Le Roux und sage ihm gründlich die Meinung.“

Wenn sich danach immer noch nichts änderte – wovon sie ausging –, würde sie zumindest mit der Gewissheit auswandern können, absolut alles in ihrer Macht Stehende getan zu haben, um andere Frauen vor Pillay zu schützen!

Micah musste grinsen, als er außer Sichtweite der hübschen, braunäugigen Frau war. Dass sie sich so gut mit Autos auskannte, erhöhte ihren Sexyness-Faktor locker um zehn Prozent. Ihm gefiel auch ihre scharfe Zunge. Sie hatte ihn deutlich in die Schranken gewiesen, was ihm als einer der mächtigsten Geschäftsmänner des Kontinents nicht gerade oft passierte. Oder vielmehr nie.

Er hatte ihren Blick schon beim Aussteigen gespürt – am Prickeln im Nacken und den kribbelnden Handflächen. Er hatte nicht lange gebraucht, um sie an einem der Fenster im ersten Stock zu entdecken.

Er hatte sich absolut nichts dabei gedacht, sie anzulächeln und zu salutieren. Eigentlich hatte er ihr damit nur signalisieren wollen, dass er sie bemerkt hatte, aber anscheinend hatte sie das als Flirtversuch aufgefasst … Na ja, wer weiß, vielleicht war es sogar einer gewesen. Flirten gehörte einfach zu seiner Natur – war ein Baustein seiner charmanten Fassade. Er galt als der lockere, zugängliche Zwilling, während sein Bruder Jago den Ruf hatte, distanziert und aufbrausend zu sein.

Dabei war es in Wirklichkeit genau anders herum. Er war derjenige, der dringend seinen Jähzorn zügeln musste, genauso seine Impulsivität und seine flinke Zunge. Sein Charme und seine lockere Art waren nichts weiter als eine Maske, die er jederzeit auf- und wieder absetzen konnte.

Aber die Frau am Fenster hatte er offensichtlich nicht beeindruckt. Micah war sich vorgekommen wie der letzte Volltrottel, als er reglos dagestanden war und zu ihr hochgestarrt hatte, wie geblendet von ihrer Schönheit.

Sie war eine faszinierende Mischung verschiedener Kulturen – hatte anscheinend chinesische, europäische und möglicherweise indische Vorfahren. Ihr glattes Haar schimmerte so warm und braun wie Tropenholz. Sie hatte hohe Wangenknochen, einen sinnlichen Mund und ein energisches Kinn und einen schmalen, aber kurvigen Körper, soweit er das hatte erkennen können. Sie wirkte noch jung – vielleicht Mitte zwanzig, aber ihre Selbstsicherheit und ihr Witz ließen eher auf ein höheres Alter schließen, Ende zwanzig vielleicht oder Anfang dreißig.

Wer mag sie wohl sein?, fragte er sich, als er auf den Eingang zuging. Sie musste hier arbeiten, sonst wäre sie nicht im Gebäude. Und wahrscheinlich wusste sie nicht, wer er war; nur sehr wenige seiner Angestellten kannten ihn. War sie Sachbearbeiterin, Eventmanagerin, Buchhalterin, oder arbeitete sie in der Verwaltung? Gefiel ihr die Arbeit bei Le Roux Events? Wie lange war sie schon bei der Firma?

Die Versuchung stehen zu bleiben, sich in den Server von Le Roux International einzuloggen und ihre Personalakte aufzurufen, war fast überwältigend groß. Diese kleine Niederlassung beschäftigte nur dreißig oder vierzig Menschen, da würde er die Unbekannte schnell finden. In nur fünf Minuten würde er ihr Alter, ihren Werdegang, ihre Kreditwürdigkeit, ihr Gehalt und ihre Beurteilungen herausfinden.

Kopfschüttelnd rieb er sich das Kinn. Bisher hatte er seine Macht als Geschäftsführer noch nie dazu missbraucht, Angestellte auszuspionieren, und er hatte auch jetzt nicht die Absicht. Das wäre ein Riesenvertrauensbruch. Jago und er waren übereingekommen, sich Personalakten nur dann anzusehen, wenn sie einen wirklich triftigen Grund hatten, und bisher hatten sie nie einen gehabt. Unter anderem, weil sie nichts mit den laufenden Geschäften der Firmen zu tun hatten, die ihnen gehörten. Dazu waren es einfach zu viele.

Sein heutiges Kommen war eine Ausnahme. Er war nur hier, weil er dringend eine neue Hochzeitslocation für die Promi-Hochzeit seiner Schwester in zwei Monaten brauchte, und hatte weder die Zeit noch die Neigung, Nachforschungen über eine Angestellte anzustellen, nur weil er sich wie aus heiterem Himmel hingezogen zu ihr fühlte.

Micah musste eine Firma leiten, Geschäfte abschließen, Geld verdienen. Er hatte zwar keine Ahnung, wie er zusätzlich zu seinen Sechzehnstundentagen auch noch eine Hochzeitslocation ausfindig machen sollte, trotzdem übernahm er – mal wieder – die Verantwortung für ein Problem, das nicht seins war …

Aber so war er nun mal gestrickt. Wenn in seiner Familie etwas schiefging, stürzte er sich sofort auf die Problemlösung. Wenn er schon nicht wieder in Ordnung bringen konnte, was Brianna vor zwanzig Jahren zugestoßen war, dann …

Micah schnürte sich der Hals zu bei der Erinnerung an Brianna. Spontan änderte er seinen Kurs und ging statt durch den Eingang seitlich um das Gebäude herum in eine schmale Hintergasse, wo er sich gegen die rote Ziegelmauer lehnte und das Gesicht in die Sonne hielt. Diesen Monat jährte sich Briannas Einweisung in die Klinik zum zwanzigsten Mal. Fast siebentausendfünfhundert Tage verbrachte sie jetzt künstlich ernährt in einem Krankenhausbett.

Und das nur seinetwegen. Er hatte sie dorthin gebracht.

Warum um alles in der Welt hatte er sie damals nur angerufen, nachdem er mit blutender Nase aus Hadleigh House gestürmt war? Warum hatte er ihr seine Wut und seinen Schmerz mitgeteilt?

Aber er wusste die Antwort auf diese Frage schon: Weil Brianna abgesehen von Jago der einzige Mensch gewesen war, der die gestörte Familiendynamik der Le Roux’ kannte. Und Jago war an jenem schicksalhaften Abend nicht da gewesen.

Briannas Eltern und seine waren schon so lange befreundet gewesen, dass Brianna praktisch mit Jago und ihm zusammen aufgewachsen war. Sie hatte Theos Wutausbrüche und seine tyrannische Art oft genug mitbekommen, um Micah zu prophezeien, dass seine häufigen Auseinandersetzungen mit seinem Vater eines Tages in einer Tragödie enden würden.

Sie hatte recht gehabt damit, aber nicht er, sondern sie war diejenige gewesen, die den Preis für Micahs Unbeherrschtheit und Impulsivität hatte zahlen müssen. Weil sie ihn geliebt hatte und voller Sorge um ihn war, hatte sich Brianna damals auf die Suche nach ihm gemacht – und war auf einer vielbefahrenen Straße in Johannesburg ihrem Schicksal begegnet.