Ein dreifaches Hoch auf den Mörder - Andreas Erlenkamp - E-Book
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Ein dreifaches Hoch auf den Mörder E-Book

Andreas Erlenkamp

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Beschreibung

Es wird Herbst in Niedermühlenbach und der berühmte Pralinenwettbewerb des Dorfes steht vor der Tür. Clarissa wird in die Jury berufen, um die eingereichten Süßigkeiten zu bewerten. Bei der Verkostung einer dreischichtigen Sahne-Trüffel-Praline bricht Jury-Mitglied Dorothee Ganswein tot zusammen. Zyankali! Bald stellt sich heraus, dass die leitende Bankangestellte jede Menge Feinde im Dorf hatte. Aber die Polizei tappt mal wieder im Dunkeln und so beschließt Clarissa - gemeinsam mit den anderen Mitgliedern des Krimi-Clubs - zu ermitteln ...

"Ein dreifaches Hoch auf den Mörder" ist der dritte Band der spannenden Mosel-Krimi-Reihe von Andreas Erlenkamp um die ehemalige Kommissarin Clarissa von Michel und die charmanten Mitglieder des Krimi-Clubs Niedermühlenbach.

Alle bisherigen Bände der charmanten Krimi-Reihe:

Ein Prosit auf den Mörder
Zwei Blüten für den Mörder
Ein dreifaches Hoch auf den Mörder
Vier Leichen und ein Todesfall

Das sagen waschechte Krimi-Fans zur Reihe:


»Clarissa und die Niedermühlenbachler haben mein Herz im Sturm erobert. Die Truppe ist eigenwillig und auch ein wenig skurril, hat aber das Herz am rechten Fleck. Solche Freunde wünscht man sich, da wird einem nicht langweilig.« (Redrose, Lesejury)

»Für Cosy-Crime-Fans und solche, die es werden wollen.« (Stein2203, Lesejury)

»Das Buch ist ein wirklich sehr guter und humorvoller Krimi. Der Schreibstil hat mir super gut gefallen. Die Charaktere sind sehr sympathisch und gut beschrieben, genau wie der Örtlichkeit. Ich komme von der Mosel und bin begeistert.« (Alex1208, Lesejury)

»Der Autor hat die Atmosphäre in diesem Buch gut umgesetzt. Mosel, Wein, Mord und Zwiebelkuchen, dies sind die Zutaten für diesen erfrischenden Regionalkrimi. Für mich ist es ein Wohlfühlkrimi für gemütliche Lesestunden.« (UlrikesBuecherschrank, Lesejury)

Für Leserinnen und Leser von Susanne Hanika, Ellen Barksdale oder Jessica Müller - und alle, die gerne unblutige Cosy Crimes und Provinz-Krimis lesen, die zum Miträtseln einladen.

ebooks von beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung!

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Ähnliche


Inhalt

Cover

Weitere Titel des Autors

Über dieses Buch

Die wichtigsten Personen in diesem Buch

Über den Autor

Titel

Impressum

Widmung

Zitat

Prolog

Die Jury

Im Dorf

Alex

Die Preisverleihung

Zwei Wochen danach

Dorothee

Drei Schichten mit Schuss

Rodenhausen

Zu früh gefreut

Ein Fall für den Krimi-Club

Ein zufälliger Mord?

Beate

Ein Autoren-Groupie gibt Auskunft

Werner

Ein ziemliches klares Bild

Akim

Ein ungewöhnlicher Mord

Ein wasserdichtes Alibi

Die richtige Entscheidung

Tobi

Pizza satt

Eine bekloppte Idee?

Ein Hoch auf die Gemütlichkeit

Der trauernde Witwer

Eine tödliche Dosis

Die Einladung

Kino und Vino

Lisa und Alex

Treffen im Garten

Morddrohungen

Sandra Gerber

Oft ist die augenfälligste Person der Täter

Jetzt sehe ich, wie die Gurken hängen

Pläne vor Mitternacht

Rotkehlchen an Adlerhorst

Punktsieg für den Krimi-Club

Die Falle

No risk, no fun

Freunde

Danksagung

Anmerkungen

Weitere Titel des Autors:

Ein Prosit auf den Mörder

Zwei Blüten für den Mörder

Über dieses Buch

Es wird Herbst in Niedermühlenbach und der berühmte Pralinenwettbewerb des Dorfes steht vor der Tür. Clarissa wird in die Jury berufen, um die eingereichten Süßigkeiten zu bewerten. Bei der Verkostung einer dreischichtigen Sahne-Trüffel-Praline bricht Jury-Mitglied Dorothee Ganswein tot zusammen. Zyankali! Bald steht sich heraus, dass die leitende Bankangestellte jede Menge Feinde im Dorf hatte. Aber die Polizei tappt mal wieder im Dunkeln und so beschließt Clarissa – gemeinsam mit den anderen Mitgliedern des Krimi-Clubs – zu ermitteln ...

Die wichtigsten Personen in diesem Buch

Clarissa Freifrau von Michel

Clarissa war mehr als dreißig Jahre lang Polizistin, bevor sie mit einundsechzig Jahren in den Ruhestand ging. In den letzten zwölf Jahren ihres Berufslebens hat sie als Erste Kriminalhauptkommissarin das Dezernat Kapitaldelikte geleitet. Kurz: Clarissa war die Leiterin der Mordkommission. Den Titel „Freifrau“ unterschlägt sie bei jeder Vorstellung ganz bewusst. Clarissa hat sich inzwischen auf dem Land, in Niedermühlenbach, niedergelassen. In dem örtlichen Krimi-Club hat sie Gleichgesinnte und neue Freunde gefunden. Sie liebt Wein und gutes Essen, Blumen und Gartenarbeit ... und sie hat ein feines Gespür für Mörder.

Alexander Freiherr von Michel, genannt Alex

Er ist Clarissas einziger Neffe. Mit nicht einmal dreißig Jahren hat er bereits acht Bestseller-Romane geschrieben, allerdings unter dem Pseudonym Alexandra von Seifenberg. Alex‘ größter Wunsch ist es, nicht mehr historische Familiensagas zu schreiben, sondern einen Krimi unter seinem eigenen Namen zu veröffentlichen. Kein Wunder, dass er regelmäßig Clarissa besucht, um sich Anregungen zu holen. Mittlerweile hat der Krimi-Club Alex in seine Reihen aufgenommen.

Kriminalkommissarin Lisa-Marlene Bellenberg

Die junge Frau ist Clarissas ehemalige Mitarbeiterin. In Clarissas Augen hat Lisa großes Potenzial als Polizistin. Sie will sich immer noch nicht damit abfinden, dass über Clarissa getuschelt wird, sie habe einen Einsatz verpatzt und trage deshalb die Verantwortung dafür, dass ein junger Polizist schwer verletzt wurde. Lisa hielt Alex lange Zeit für einen selbstverliebten Schnulzenschreiber. Er sie dagegen für eine Zicke ... aber diese Ansichten beginnen sich zu ändern.

Jochen Bremmer

Der Seniorchef eines Moselweinguts ist begeistert von Clarissas feinem Gespür für Wein. Er hätte nichts dagegen, sie öfter zu sehen.

Der Krimi-Club Niedermühlenbach

Alle vierzehn Tage treffen sich die Mitglieder des Krimi-Clubs, um über Kriminalromane zu sprechen. Seit Clarissa dort Mitglied ist, hat der Krimi-Club manchmal auch mehr zu tun, als nur über Bücher zu reden ...

Die Mitglieder sind:

Vera Adenau

Die Bäckerin kennt so ziemlich jeden in Niedermühlenbach. Mit dem Aussehen und der guten Laune eines Puttenengels fällt es Vera nicht schwer, auf Menschen zuzugehen. Und dass sie den besten Kirschstreuselkuchen der ganzen Region backt, ist auch kein Geheimnis.

Luise Hackenroth

Ist mit ihren zweiundfünfzig Jahren sozusagen das Küken im Krimi-Club. Als vor acht Jahren ihr Mann überraschend starb, verkaufte Luise die Firma und engagiert sich seitdem ehrenamtlich in der Gemeindebücherei. Luises ständiger Begleiter ist der Goldendoodle Ray, ein wollweißes Energiebündel.

Ferdinand Teichmann

War im ersten Leben Wirtschaftsprüfer, bevor er in den Schuldienst wechselte. Der bekennende England-Fan trägt am liebsten Tweed. Seit seiner Pensionierung ist Ferdinand ein begeistertes Mitglied des Krimi-Clubs. Genau wie Jochen Bremmer fühlt er sich in Clarissas Gegenwart sehr wohl.

Über den Autor

Andreas Erlenkamp ist das Pseudonym des erfolgreichen deutschen Krimiautors Andreas J. Schulte. Zusammen mit seiner Frau Christine schreibt er als Barbara Erlenkamp unterhaltsame Frauenromane. Mit seiner neuen Mosel-Krimi-Reihe um die ehemalige Kommissarin Clarissa von Michel und die Mitglieder des Krimi-Lese-Clubs in Niedermühlenbach verbindet er seinen Erfolg als Krimischriftsteller mit den Erlenkamp-Wohlfühlromanen. Der Autor wohnt mit seiner Familie am Rande der Osteifel.

Andreas Erlenkamp

Deutsche Erstausgabe

»be« – Das eBook-Imprint der Bastei Lübbe AG

Copyright © 2022 by Bastei Lübbe AG, Köln

Textredaktion: Clarissa Czöppan

Lektorat/Projektmanagement: Kathrin Kummer

Covergestaltung: Guter Punkt GmbH Co. KG unter Verwendung von Motiven von © Ryan McVay/iStock/Getty Images Plus; Thomas_Renz/iStock/Getty Images Plus; t_trifonoff/iStock/Getty Images Plus; ChoochartSansong/iStock/Getty Images Plus; Mistercheezit/iStock/Getty Images Plus; Galina Shafran/iStock/Getty; LianeM/iStock/Getty Images Plus; Nenov/iStock/Getty Images Plus; AVNphotolab/iStock; Iryna Kaliukina/iStock/Getty Images Plus; chengyuzheng/iStock

eBook-Erstellung: 3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 978-3-7517-0777-0

be-thrilled.de

lesejury.de

Für Wolfgang –

weil er nichts dagegen hatte, als Vorbild für »meinen« Kurt zu dienen.

»Nichts ist wertvoller als ein guter Freund, außer ein Freund mit Schokolade.«

Charles Dickens

Prolog

Engelbert Brunsdorf liebte die abendliche Runde am Moselufer. Er liebte das Plätschern des Wassers, den Geruch, der vom Fluss aufstieg. Unbedeutend und klein kam er sich vor, wenn er zu den steilen Felsen hochschaute, den weiten Hängen, auf denen die Rebstöcke standen. Uralte Weinberge, schon die Römer hatten den Moselwein geschätzt. Mehr als vierzig Jahre lang hat Engelbert im Wingert gearbeitet, sich den Rücken krumm geschuftet, um die Weinstöcke zu pflegen und die Trauben zu ernten. Er hatte gute und schlechte Jahre erlebt. Zum Glück mehr gute als schlechte. Hatte Schädlinge, Trockenheit und zu viel Regen gleichmütig ertragen. Es half ja nichts, warum sich beschweren? Gegen das Wetter konnte man nun mal nichts ausrichten, das musste man hinnehmen, wie es kam.

Was Engelbert Brunsdorf bei seinen Spaziergängen mit Dackelhündin Lizzy nicht liebte, war der große Parkplatz am Moselufer. Und ja, anders als beim Wetter half hier auch schon mal eine Beschwerde beim Ortsvorsteher. Da waren zum Beispiel die wilden Camper, die den ganzen Platz vollmüllten. Leider wurden die viel zu selten erwischt. Dann die jungen Kerle, die sich direkt auf dem Parkplatz mit billigem Fusel oder mit diesem neumodischen süßen Zeugs die Kante gaben – widerlich. Nichts gegen einen ordentlichen Rausch, aber dann doch bitte mit anständigem Wein oder einem guten Tresterbrand. Man war schließlich im Moseltal – weltweit bekannt für seine guten Tropfen. Und diese jungen Männer schossen sich ausgerechnet hier mit einem Zeug ab, das nach Gummibärchen schmeckte. Engelbert Brunsdorf schnaubte empört. Allein im letzten Monat hatte er drei solcher Partys oder, besser gesagt, deren Resultate miterlebt.

Er schlenderte den Uferweg entlang. Lizzy trottete an der Leine neben ihm her. Blieb ab und zu mal an einer Bank oder an einem Baum stehen, um zu schnüffeln oder kurz Wasser zu lassen.

Ja, das ganze Areal war ihm ein Dorn im Auge. Obwohl, es gab neben den Campern und den Säufern noch eine dritte Gruppe, die den Ort abseits der Straße aufsuchte. Die söhnte ihn dann schon fast wieder mit dem Parkplatz aus. Engelbert erkannte die Wagen immer an den beschlagenen Scheiben und manchmal an den eindeutigen Geräuschen aus dem Wageninneren. Hier, direkt am Moselufer, hatten wahrscheinlich schon ganze Generationen ihre Unschuld verloren.

Engelbert Brunsdorf grinste. Er hatte mal im Moselkrug beim Stammtisch gehört, dass gelegentlich sogar Ehepaare den Weg zum Moselufer suchten. Einfach, um mal ohne die neugierigen Ohren der Schwiegermutter oder der Kinder ... Sollten sie, dagegen gab es nichts einzuwenden.

Heute stand nur ein einziges Auto auf dem Platz. Kein Wochenende, vielleicht auch noch ein bisschen zu früh. Engelbert zog an der Hundeleine und machte einen großen Bogen um den weißen Audi. Die Scheiben sagten ihm alles, da wollte er nicht stören.

Tatsächlich saß in dem Auto ein Pärchen. Und das war auch verheiratet – allerdings nicht miteinander. Und was Engelbert Brunsdorf nicht mal im Traum eingefallen wäre: Das Pärchen im Audi war nicht in wildes Liebesspiel vertieft, sondern sprach schon seit einer Stunde über nichts anderes als Mord. Über einen eiskalt geplanten Mord.

Die Jury

Im August, beim ersten Regen, pflegt die Hitze sich zu legen.

Die alte Bauernregel ging Clarissa durch den Kopf, als sie an diesem herrlichen Augustmorgen durch ihren Garten schlenderte. In der Nacht hatte es geregnet. So heftig, dass sie befürchtet hatte, ihre Blumen würden zu Boden gedrückt werden. Doch wie sich jetzt zeigte, war diese Sorge unbegründet gewesen. Ihr Garten strahlte wie frisch geputzt. Die Farben intensiv, der Duft der Blumen betörend. In den nächsten Tagen würde – glaubte man der Wettervorhersage – die Sommerhitze zurückkommen. Heute aber war die Luft klar und überraschend kühl.

Jeder zufällige Beobachter, der an diesem Morgen über die alte Bruchsteinmauer des ehemaligen Forsthauses in den Garten geschaut hätte, hätte nichts von Clarissas Nervosität bemerkt. Nach außen wirkte sie ruhig und gelassen.

Die Gartenarbeit und die langen Spaziergänge in den letzten Monaten hatten ihren Teil dazu beigetragen: Clarissa besaß den frischen, gesunden Teint eines Menschen, der einen Großteil des Tages draußen verbrachte, man sah ihr die einundsechzig Jahre nicht an, sie wirkte deutlich jünger. Mit ihren kurzen grauen Haaren und ihrer mittelgroßen Gestalt ähnelte sie der britischen Schauspielerin Judi Dench. Allerdings einer sehr fitten Judi Dench, auch dafür sorgten die vielen Stunden mit Spaten und Schubkarre.

Clarissa setzte sich auf ihre überdachte Holzbank, die an der Mauer neben den Hortensien stand, und nickte zufrieden. Sie war bereit. Ihr Garten war bereit — die Jury konnte kommen.

***

Sie kamen zu dritt, und sie sahen sehr ernst aus. Dabei ging es doch nur um ihren Garten im Rahmen eines Dorfwettbewerbs. Niedermühlenbach ist nun weiß Gott nicht der Nabel der Welt und der Wettbewerb um den schönsten Bauerngarten sicher nicht die Konkurrenz zur Chelsea Flower Show in London, dachte Clarissa amüsiert. Um bei der Wahrheit zu bleiben: Im Grunde war das nicht einmal ihr Garten. Das ganze Grundstück am alten Forsthaus, außerhalb von Niedermühlenbach, gehörte Clarissas Kusine Elli.

Clarissa hatte nach ihrem Wechsel in den Ruhestand eine Auszeit nehmen wollen, und das Forsthaus hatte sich angeboten. Mittlerweile waren aus der kurzen Auszeit gut fünf Monate geworden. Clarissa hatte das Haus von Elli, die im fernen Berlin wohnte, für einen Spottpreis bis Ende des Jahres gemietet. Auch dafür gab es einen einfachen Grund: Sie hatte sich verliebt. In das Haus und in den Garten mit seinem Blick über ein weites, unbebautes Tal, mit den alten Bruchsteinmauern, der Obstwiese, dem Küchengarten mit seinen Hochbeeten. Und wenn sie ganz ehrlich war, sie liebte auch Niedermühlenbach, dieses kleine, idyllische Dorf oberhalb des Moseltals. Hier hatte sie neue Freunde gefunden, hier fühlte sie sich, schon nach wenigen Monaten, heimischer als in der Stadt am Rhein, in der sie mehr als dreißig Jahre gearbeitet hatte.

»Nun, ich muss sagen, stimmig, sehr stimmig.« Der ältere weißhaarige Herr riss Clarissa aus ihren Gedanken. Der Mann, Mitte siebzig und damit gut fünfzehn Jahre älter als Clarissa, ruckelte eine schmale Lesebrille auf seiner Nase zurecht. »Doch, doch, denn es sind ja nicht nur die Pflanzen und die Anlage der Beete, sondern das Gesamtensemble, das gefällt. Was meinen Sie, meine Damen?«

Die beiden angesprochenen Frauen nickten zustimmend. »Wenn Sie es sagen, Herr Doktor Bremmelkamp. Da sind Sie der Fachmann.«

Clarissa musterte die beiden Frauen. Die, die gerade geantwortet hatte, war eine stämmige Fünfzigjährige in Jeans, schweren Wanderschuhen und mit einem fliederfarbenen Wanderanorak über dem Arm. Sie hatte sich in den letzten Minuten unentwegt Notizen auf einem Klemmbrett gemacht, offensichtlich war das eine Art Checkliste mit Bewertungskriterien. Währenddessen war ihre Begleiterin stumm durch den Garten geschlendert. Missmutig, eher gelangweilt, so, als müsste sie eine lästige Pflicht erfüllen, hatte sie sich umgeschaut. Keine Sympathieträgerin, dachte Clarissa. Im schmalen Gesicht der Frau, deren Alter man nur schwer einschätzen konnte, sorgten zwei tiefe Falten neben den Mundwinkeln dafür, dass sie dauerhaft beleidigt aussah. Die Frau trug flache Schuhe, die fast wie Herrenschuhe aussahen, eine mausgraue Stoffhose und ein hellblaues Twinset. Die blonden Haare waren am Hinterkopf zu einem festen Knoten zusammengesteckt. Der Unterschied zwischen Wanderanorak und Twinset hätte nicht größer sein können.

»Frau von Michel, ich muss sagen, Respekt, was Sie hier in diesen wenigen Monaten geschaffen haben«, lobte Doktor Bremmelkamp.

Clarissa lächelte geschmeichelt. »Die Arbeit hat mir Spaß gemacht. Nein, ich sollte besser sagen, sie macht mir immer noch Spaß. Schließlich ist ein Garten nie fertig.«

Aus den Augenwinkeln sah Clarissa, wie Twinset in die Hocke ging, um eine der Stockrosen am weiß gestrichenen Gartenzaun aus der Nähe zu begutachten. Fast so, als wäre sie bei der Spurensicherung und müsste ein paar verräterische Indizien sichern, überlegte Clarissa. Mit Tatortbegehungen und Spurensicherung kannte sie sich aus. Clarissa von Michel oder, besser gesagt, die ehemalige Erste Kriminalhauptkommissarin Clarissa von Michel war schließlich bis vor wenigen Monaten noch die Leiterin der Mordkommission gewesen. Jetzt aber war sie im Ruhestand und Teilnehmerin des Wettbewerbs »Der schönste Bauerngarten«.

»Dorothee, was denkst du? Mir gefallen auch die Accessoires. Diese überdachte Holzbank, ich glaube, korrekt müsste man Philosophenbank sagen, der angenehme Kontrast von traditionellem Bruchstein und den Hortensien davor, der weiße Holzzaun, die Stockrosen, die du gerade angeschaut hast, das alte Gewächshaus. Wie ich schon sagte: stimmig, sehr stimmig.«

Die Frau im Twinset heißt also mit Vornamen Dorothee, dachte Clarissa, Fräulein Rottenmeier wäre passender gewesen.

»Nun, Hubertus, ich denke, du hast das alles sehr gut zusammengefasst. Ich sehe da kaum noch Ergänzungsbedarf. Haben Sie noch einen Punkt, Frau Denkel?«

Frau Denkel zuckte nervös zusammen. Um ein Haar hätte sie ihren Wanderanorak fallen gelassen. »Ich sehe das genauso wie Sie, Frau Ganswein und Herr Doktor Bremmelkamp.«

Okay, Zeit für ein paar Beobachtungen, dachte Clarissa. Doktor Bremmelkamp hat das Sagen, keine Frage. Er und Dorothee Ganswein kennen sich so gut, dass sie sich duzen. Frau Denkel dagegen ist neu in der Jury, sie will nichts falsch machen, deshalb das Klemmbrett und die Notizen. Und sie fühlt sich sowohl Doktor Bremmelkamp als auch Frau Ganswein unterlegen.

Während Doktor Bremmelkamp und Dorothee Ganswein ein paar Schritte zur Seite traten, um sich leise miteinander zu beratschlagen, trat Clarissa neben Frau Denkel. »Müssten Sie nicht auch Ihre Meinung einbringen, obwohl Sie ganz neu in der Jury sind?«

»Ach, das ist schon in Ordnung, die beiden kennen sich seit Jahren, und ich bin heute nur dabei, weil meine Schwester eine schwere Magen-Darm-Grippe hat. Ich möchte halt nichts falsch machen.« Frau Denkel schien sich nicht einmal darüber zu wundern, dass Clarissa von ihrer Anfängerrolle in der Jury des Gartenwettbewerbs wusste. Sie zwinkerte Clarissa verschwörerisch zu. »So begeistert habe ich Doktor Bremmelkamp in den letzten Tagen nie erlebt. Das ist ein gutes Zeichen, glauben Sie mir. Und Frau Ganswein ist regelrecht aus dem Häuschen. Wenn Sie mich fragen, dann ist Ihnen ein Platz auf dem Siegerpodest sicher.«

Dorothee Ganswein regelrecht aus dem Häuschen? Die hochgewachsene Frau verströmte eine Mischung aus Arroganz, Selbstbewusstsein und Missmut. So, als wäre ihre kostbare Zeit knapp bemessen. Sie zieht ein Gesicht, als hätte man ihren Zuchtpudel grün lackiert, dachte Clarissa. Nee, Begeisterung sah wirklich anders aus.

»Hubertus Bremmelkamp ist eine Koryphäe auf seinem Gebiet. Keine Sorge, wenn er Ihren Garten lobt, dann will das was heißen.«

In Clarissa stieg ein Kichern auf. Sie hatte bei ihrem Einzug im Forsthaus den großen ausgestopften Hirschkopf im Flur Hubertus getauft. Jetzt, wo sie wusste, dass Bremmelkamp den gleichen Vornamen trug, fiel es ihr schwer, ihn ernst zu nehmen. Anstatt seinen Worten zu lauschen, musste sie sich die ganze Zeit darauf konzentrieren, das Bild eines hochmütig blickenden stolzen Hirsches aus ihren Gedanken zu verscheuchen. Bremmelkamps helle Augenbrauen, seine schwermütig gesenkten Lider und der würdevoll leicht nach unten gezogene Mund taten ihr Übriges.

»Frau von Michel, ich möchte natürlich nicht vorgreifen, doch so viel darf ich wohl verraten ...« Hubertus Bremmelkamp warf Dorothee Ganswein einen Seitenblick zu, woraufhin diese huldvoll nickte. »Sie sollten sich übermorgen Abend nichts vornehmen. Beziehungsweise Sie sollten sich etwas ganz Bestimmtes vornehmen: Die Jury des Gartenwettbewerbs würde sich nämlich freuen, Sie in der alten Scheune begrüßen zu dürfen. Sie kennen doch die alte Scheune?«

Clarissa nickte. Die Scheune hatten ehrenamtliche Helfer aus dem Dorf in den letzten Jahren ausgebaut, um dort Sitzungen und Veranstaltungen abzuhalten. »Ich war beim ›Tanz in den Mai‹ in der Scheune. Ja, ich kenne sie gut.«

»Ausgezeichnet. Übermorgen Abend wird dort die Preisverleihung stattfinden, mehr sag ich nicht. Und jetzt entschuldigen Sie uns bitte, Frau von Michel, die Damen und ich haben einen eng gesteckten Zeitplan. Wir müssen noch drei weitere Gärten begutachten.«

Clarissa begleitete die Jury bis zum Gartentor und atmete auf, als der Wagen von ihrem Vorplatz rollte. Sie setzte sich auf die Holzbank an der Bruchsteinmauer, und es dauerte nur wenige Augenblicke, bis ein kleiner schwarzer Kater mit weißen Pfoten und hellem Bauchfell neben ihr auf die Bank sprang, um sich streicheln zu lassen.

»Na, Mister Stringer, waren dir die fremden Menschen unangenehm?« Clarissa kraulte mit den Fingerspitzen den Kater zwischen den Ohren. »Ich glaube, ich habe hier ganz gute Arbeit geleistet. Es könnte wohl sein, dass unser Garten einen Preis erhält. Und jetzt: Zeit für einen zweiten Becher Kaffee.« Als Antwort erhielt Clarissa nur ein leises, zufriedenes Schnurren. Das reichte ihr.

Im Dorf

Niedermühlenbach war unbestreitbar ein hübsches kleines Dorf, das sich seine alte Bausubstanz erhalten hatte. Die Bruchsteinhäuser entlang des Mühlenbachs mit ihren üppigen Blumenkästen vor den Fenstern, die Ställe und Nebengebäude aus verwittertem Holz und der große Marktplatz mit seinem Kopfsteinpflaster, das alles fügte sich zu einem Ort zusammen, an dem man sich gleich wohlfühlte. Natürlich hatte auch Niedermühlenbach modernere Einfamilienhäuser, aber die lagen am Ortsrand, und sie fügten sich in ihrer Bauweise durchaus in das Gesamtbild ein.

Anders als das sehr viel größere Obermühlenbach besaß das Dorf kein Gewerbegebiet und keine Filialen der bekannten Supermarktketten. In Clarissas Augen waren das alles Pluspunkte, schließlich konnte man, wenn größere Besorgungen anstanden, nach Obermühlenbach oder Wittlich fahren. Aber was man zum täglichen Leben benötigte, ließ sich leicht im Dorf einkaufen.

Der größte Pluspunkt– und hier übertrumpfte Niedermühlenbach alle Nachbarorte – war ohne Frage die Bäckerei Adenau. Was Vera und Wolfgang Adenau in ihrer Backstube zauberten, war unübertroffen, zumindest sah Clarissa das so. Hätte sie in den letzten Monaten nicht so viel körperlich gearbeitet und sich nicht angewöhnt, für die meisten Fahrten ins Dorf das Fahrrad zu nehmen, sie hätte wahrscheinlich mehrere Kilo zugelegt. Und für das Plus auf der Waage wären ganz allein Vera Adenaus Kuchen-Variationen verantwortlich gewesen.

Vera war zu einer guten Freundin geworden, schließlich gehörte die Bäckerin zum Krimi-Club Niedermühlenbach, der Clarissa schon kurz nach ihrer Ankunft mit offenen Armen aufgenommen hatte.

Wie so oft in den letzten Wochen passierte es auch diesmal wieder, dass Clarissa in der Bäckerei vor der Theke schwach wurde. Auf ihrer Einkaufsliste stand lediglich ein Roggenbrot, mehr wollte sie nicht kaufen. Doch dieser Vorsatz schmolz schneller dahin als ein Wassereis in der Augustsonne. Schuld war der Duft. Der warme, süße Duft von frisch gebackenem Kirschstreuselkuchen.

»Lass mich raten, du möchtest auch noch zwei Stückchen Kuchen mitnehmen?« Vera zwinkerte Clarissa fröhlich zu.

»Du kennst mich mittlerweile aber wirklich gut«, erwiderte Clarissa.

»Du hast den Duft meines Kuchens geschnuppert, das habe ich ganz deutlich gesehen, und dann hast du kurz gelächelt, als du das große Kuchenblech hier in der Auslage bemerkt hast. Außerdem hast du was zu feiern, und das geht nun einmal am besten mit dem Adenauschen Streusel. Ich sag immer: Hör auf dein Herz, außer wenn deine Bäckerin dir sagt, der Streuselkuchen ist noch warm, dann hör auf deine Bäckerin«, erklärte Vera und kicherte.

»Nun, Holmes, wenn Sie das alles so erklären, scheint es mir ganz einfach, aber zuvor klang es doch geradezu, als könnten Sie Gedanken lesen«, sagte Clarissa mit gestelzter Stimme, in Anlehnung an die vielen Dialoge, die Sherlock Holmes und Dr. Watson in Sir Arthur Conan Doyles Geschichten führten.

»In der Tat, Watson, in der Tat«, antwortete Vera ebenso würdevoll mit tiefer Stimme. Sie wechselte schnell wieder in ihre normale Stimmlage. »Und wie sieht es aus, darf ich dir zwei Stücke einpacken?«

»Darfst du. Und was hast du eben gemeint, als du gesagt hast, ich hätte etwas zu feiern?«

»Och komm, das fragst du noch? Ich habe heute schon von drei Kundinnen im Laden gehört, dass du mit deinem Garten Erfolg hattest. Von Anfang an habe ich gesagt, dass das klappt. Schon, als du dich im Frühjahr für den Wettbewerb angemeldet hast. Dein Garten ist wunderschön – und nun wird es sozusagen amtlich.«

Veras kleine untersetzte Gestalt hinter der Theke schien um mehrere Zentimeter zu wachsen, und ihr Gesicht, das an das eines fröhlichen Puttenengels erinnerte, strahlte stolz.

»Ja, das hast du von Anfang an gesagt«, räumte Clarissa ein, »auch wenn ich es selber nicht geglaubt habe. Aber die Buschtrommeln hier im Dorf überraschen mich immer wieder. Schließlich war die Jury doch erst heute Vormittag bei mir.«

Vera hob beide Hände in die Luft. »Was soll ich sagen, manche Nachrichten verbreiten sich in Windeseile – das ist eben Niedermühlenbach.«

Hinter Clarissas Rücken bimmelten die Messingglöckchen über der Eingangstür melodisch.

»Ja, hallo, wen haben wir denn da?«, begrüßte Vera den Neuankömmling.

Ein Mann Mitte sechzig betrat die Bäckerei. Er war mittelgroß, mit leichtem Bauchansatz. Seine weißen Haare und der sorgfältig getrimmte weiße Schnurrbart stachen bei seinem braun gebrannten Gesicht besonders hervor. Er trug ein hellblaues Oxford-Hemd mit aufgekrempelten Ärmeln und einen cremefarbenen Panamahut, den er jetzt zur Begrüßung der beiden Frauen vom Kopf nahm. Ferdinand »Ferdi« Teichmann, seines Zeichens Oberstudienrat im Ruhestand, gehörte ebenfalls zum Krimi-Club. Der bekennende England-Fan trug sonst regelmäßig Tweed und sah oft so aus, als würde er gleich zur Moorhuhnjagd aufbrechen. Panamahut und Oberhemd waren augenscheinlich seine Zugeständnisse an die sommerlichen Temperaturen der letzten Tage.

»Hallo, Vera, hallo, Clarissa. Schön, dass ich dich hier treffe, Clarissa. Eigentlich hatte ich vorgehabt, ein Stück Kuchen zu kaufen, um dich damit zu überraschen und deinen Erfolg zu feiern.« Selbst bei seiner Sonnenbräune sah man Ferdi die Verlegenheit an.

»Das ist sehr nett von dir, Ferdi. Jetzt habe ich aber gerade selbst schon zwei Stücke Kuchen ausgesucht. Was hältst du davon, wenn wir die bei mir im Garten mit einer Tasse Kaffee oder Tee genießen?«

»Das ... ähm ... ja, das wäre großartig.«

»Nun mal nicht so schüchtern, Ferdi, ich verrate schon keinem etwas von eurem Date«, sagte Vera mit einem Kichern.

»Du bist unmöglich, Vera«, erwiderte Ferdi kopfschüttelnd. »Aber ist es denn richtig, dass am Sonntagabend die große Preisverleihung stattfindet?«

»Ja, in Bartels alter Scheune«, antwortete Vera, »natürlich werden wir alle kommen, ich habe schon mit Luise telefoniert, damit sie Bescheid weiß. Wir werden toben, wenn du einen Preis bekommst, Clarissa.«

»Bei Luise wollte ich auch noch vorbeischauen, ich muss zwei Bücher in der Gemeindebücherei abgeben«, sagte Clarissa. »Macht es dir was aus, Ferdi, wenn wir diesen kleinen Umweg noch vor dem Kaffeetrinken erledigen?«

»Nein, ganz und gar nicht. Ich bin allerdings mit dem Fahrrad da.«

»Das passt gut, ich auch. Dann lass uns doch gleich aufbrechen.«

Ferdi bestand darauf, den Kuchen zu bezahlen. Clarissa durfte nur das Brot übernehmen. Gemeinsam verließen sie die Bäckerei.

Die Temperatur war in den letzten Stunden deutlich gestiegen. Es war viel zu warm, um die steile Straße zur St.-Hubertus-Kirche, neben der die Bücherei lag, hoch zu radeln. Clarissa verstaute Brot und Kuchen in ihrem Lenkerkorb. »Hast du was dagegen, wenn wir den Hügel raufschieben, Ferdi?«

»Überhaupt nicht, ich bin ja keine siebzehn mehr. Ich finde, bei dieser Wärme muss man sich nichts beweisen.« Ferdi lachte.

Während sie nebeneinander ihre Räder die Straße entlangschoben, beobachte Clarissa ihn verstohlen aus dem Augenwinkel. Angestrengt sieht er ganz und gar nicht aus, im Gegenteil, dachte sie. Ferdi bewegt sich voller Schwung und Elan. Er ist zwar kein siebzehn mehr, das stimmt, aber mit seinem Hut und dem braun gebrannten Gesicht macht er eine wirklich gute Figur. Und dieser Gedanke ließ sie heimlich schmunzeln, schließlich kam es nicht häufig vor, dass sie sich über einen Mann Gedanken machte.

***

Luise Hackenroth scannte die Signaturen von zwei Büchern ein und prüfte noch einmal die Daten im Computer, bevor sie die Bücher lächelnd an ein kleines Mädchen weiterreichte, das schon ungeduldig vor der Ausgabetheke der Bücherei wartete. »Hier, bitte schön, Tina, und pass auf, dass dein Bruder die Bücher nicht wieder mit in die Badewanne nimmt.«

»Ja, Frau Hackenroth, ich pass auf, versprochen. Er wollte auch gar nicht lesen, nur mich ärgern.«

»Lass dich nicht ärgern – und ich finde es toll, dass du so gerne liest.« Luise zwinkerte dem Mädchen zu, das mit den Büchern im Arm zum Ausgang lief und dabei kleine Hüpfer machte. Dann wandte sich Luise wieder Clarissa und Ferdi zu. »Also, am Sonntagabend um halb acht steigt die Preisverleihung.« Luise lächelte kokett und strich sich eine Strähne ihrer hellblonden Haare hinter das Ohr. »Ob ich für so einen Anlass überhaupt etwas Passendes zum Anziehen habe?«

Diese Frage war in etwa so begründet wie die Sorge, dass es am Nordpol nicht kalt sein könnte. Luise Hackenroth, Mitglied im Krimi-Club, hatte mit ihren zweiundfünfzig Jahren die Figur und das Aussehen eines Models. Und egal, was sie gerade trug, es sorgte bei Clarissa stets für den neidischen Gedanken, dass sie selber ein bisschen mehr auf ihr Aussehen achten sollte. Dabei war Luise aber nicht eingebildet oder auf Mode fixiert. Sie war schlicht eine attraktive, selbstbewusste Frau, die ihren eigenen Stil gefunden hatte. Heute trug sie beispielsweise einen olivfarbenen Minirock, dessen Farbe zu ihren schlanken, gebräunten Beinen passte, hellbraune italienische Ledersandalen mit flachen Absätzen und dazu eine weite weiße Leinenbluse, in die ein zartes Rankenmuster eingewebt war.

»Ich glaube kaum, dass die Preisverleihung zum schönsten Bauerngarten im Dorf für deinen Kleiderschrank eine Herausforderung ist«, stellte Clarissa fest. »Bei mir dagegen sieht es schon anders aus, ich habe schließlich noch nicht meine ganze Kleidung aus der Stadtwohnung ins Forsthaus geholt.«

»Du besitzt doch dieses hübsche Sommerkleid, um das ich dich immer beneide, das würde für die Preisverleihung bestimmt gut passen.«

Clarissa konnte sich nicht daran erinnern, dass Luise sie schon jemals irgendwann um ein Kleid beneidet hätte. Im Gegenteil, wahrscheinlich war Luise aufgefallen, dass Clarissa ihren Kleidungsstil bewunderte. Und nun wollte sie dieses Kompliment zurückgeben. Ihre Freundin war eben sehr einfühlsam.

»Du hast recht, das Sommerkleid könnte ich anziehen, und es ist ja auch kein Bankettsaal, sondern nur Bartels alte Scheune.«

»Lass das nicht das Ehrenamtsteam hören, das für den Umbau der Scheune verantwortlich war«, warf Ferdi grinsend ein.

»Und wer war in der Jury, die deinen Garten begutachtet hat?«, fragte Luise.

»Ein Dr. Bremmelkamp, der hatte das Sagen. Frau Denkel, die für ihre erkrankte Schwester eingesprungen war und das alles sehr aufregend fand. Und schließlich noch Dorothee Ganswein, die den Eindruck erweckt hat, als wäre ihr alles unglaublich lästig und unter ihrer Würde«, zählte Clarissa an den Fingern ab.

»Dorothee Ganswein, oha. Ich kann mir den Gesichtsausdruck sofort vorstellen«, erwiderte Luise mit einem Schnauben, »die Gute ist auch im Beirat der Bücherei und prüft jedes Jahr akribisch unsere Ausgaben. Einmal hat sie angemerkt, dass die Einrichtung für eine einfache Gemeindebücherei zu aufwendig sei. Dabei hatte ich haarklein dokumentiert, dass alle Extras durch Spenden, Sponsorengelder und Ehrenamt zustande gekommen waren.«

Diese Ganswein hat offenbar ein Händchen dafür, sich unbeliebt zu machen, dachte Clarissa, ich kann mir gut vorstellen, dass Luises Engagement misstrauisch beäugt wird. Bestimmt können manche Menschen nicht nachvollziehen, dass die Bücherei ihr Herzensprojekt ist. Die Gemeindebücherei war modern eingerichtet, und es gab ganz besondere »Ecken«, wie Luise diese Bereiche nannte. Zum Beispiel konnten Krimifans in der Nachbildung eines englischen Landhauszimmers samt Kaminattrappe und Ohrensesseln in den Büchern blättern. Luise hatte mit großer Eigeninitiative Sponsoren gefunden, scheute sich aber auch nicht, eigenes Geld aus dem Verkauf der Firma ihres verstorbenen Mannes zu investieren, wenn sie es für nötig hielt. So hatte sie etwas Einzigartiges geschaffen.

»Dorothee Ganswein als Beirätin, die hier jeden Cent umdreht? Du bist nicht zu beneiden«, sagte Clarissa.

»Die Ganswein ist ein ziemlich hohes Tier bei der Bank in Obermühlenbach, und sie sitzt in so gut wie jedem Entscheidungsgremium hier im Dorf«, erklärte Ferdi. »Das macht ihr zwar keinen Spaß, aber sie ist zu stolz und zu eingebildet, um anderen den Vortritt zu lassen.«

»Sehr treffend beobachtet, Ferdi«, sagte Luise. »Ich glaube, sie braucht das einfach für ihr Ego. Auf der anderen Seite muss man natürlich dankbar dafür sein, wenn sich heutzutage überhaupt noch jemand ehrenamtlich engagiert. Viele Gremien freuen sich über jemanden wie Dorothee Ganswein mit ihren Kontakten.«

»Lassen wir uns überraschen, wie die Jury sich entschieden hat. Ich bin jedenfalls schon sehr stolz darauf, mit dem Garten überhaupt in die engere Auswahl gekommen zu sein.«

»Glaub mir, der Krimi-Club wird dich feiern, ob du nun am Ende einen Preis bekommst oder nicht«, versicherte Luise. »Ach, was macht eigentlich unser jüngstes Mitglied? Wird Alex auch kommen? Er hat doch ganz schön in deinem Garten geschuftet.«

»Alex werde ich heute Abend anrufen. Du hast recht, ein Großteil der richtig schweren Arbeiten geht auf sein Konto. Mal sehen, ob er für Sonntag schon Pläne hat.«

Alex

Alexander Freiherr von Michel, von Freunden und Bekannten meist nur Alex gerufen, lehnte sich auf dem Stuhl zurück und wippte nervös mit dem Bein.

»Wenn du so rumzappelst, kann ich mich nicht konzentrieren.«

»Entschuldigung, Lisa, habe ich gar nicht gemerkt.«

Kriminalkommissarin Lisa Bellenberg behielt zwar den Blick auf den Seiten, die vor ihr auf dem Tisch lagen, aber in ihren Mundwinkeln zuckte ein amüsiertes Lächeln.

Wortlos blätterte sie im Ordner eine weitere Seite um und las den letzten Absatz, dann schaute sie hoch und nickte anerkennend.

»Super. Richtig gut, das letzte Kapitel kannte ich ja noch nicht, aber das macht wirklich Lust auf mehr. Schreibst du bald deinen nächsten Krimi?«

Alex stieß erleichtert die Luft aus. »Halleluja, da bin ich aber froh, dass du das sagst.«

»Nein, wirklich, das ist ein richtig guter Krimi geworden.«

»Muss er auch. Ich möchte nämlich in den kommenden Jahren nicht ausschließlich historische Familiensagas schreiben. Die Schicksale der Grafenfamilien von Falkenreich hängen mir zum Hals raus. Außerdem will ich endlich mal meinen eigenen Namen auf einem Cover lesen. Immer unter Alexandra von Seifenberg zu veröffentlich, das nagt am Ego.«

»Beiß nicht die Hand, die dich füttert«, sagte Lisa lachend.

»Schon klar, ich bin auch dankbar für die Verkaufserfolge der Romane, aber das hier«, Alex tippte mit dem Zeigefinger auf den Aktenordner, der zwischen ihnen auf dem Tisch lag, »das hier hat so viel mehr Spaß gemacht.«

»Kann ich verstehen. Und wie geht es jetzt weiter?«

»Ich überarbeite die Datei noch einmal, danach schicke ich alles meiner Agentin. Und Amelie gibt es an den Verlag weiter. Das Exposé für den zweiten Band von Tante Bruni ermittelt ist schon fertig, der Vertrag ist unterschrieben, ich kann sofort weitermachen.«

Alex, knapp unter dreißig, hatte in den letzten Jahren acht Bestseller veröffentlicht. Im Mittelpunkt seines Krimi-Debüts stand der Mordfall, den Clarissa und die Mitglieder des Krimi-Clubs gelöst hatten. Für Alex war das eine Steilvorlage gewesen. Natürlich waren die Namen geändert und andere Berufe eingebaut worden, aber im Grunde hatte er mit seinem Buch den Krimi-Club Niedermühlenbach literarisch verewigt. Eine Affäre rund um Falschgeld und den Tod des örtlichen Diakons – auch diesen Fall hatten Clarissa, Luise, Ferdi und Vera gelöst – lieferte die Grundlage für den zweiten Band seiner neuen Krimireihe.

»Ich finde es toll, dass Clarissa und die anderen nichts dagegen haben, von dir ›verarbeitet‹ zu werden.« Lisa deutete mit zwei Fingern jeder Hand Anführungszeichen in der Luft an. »Sie haben wirklich großartig ermittelt.«

»He, he, vergiss nicht, dass ich ebenfalls aktiv beteiligt war. Zum Schluss hat mich der Krimi-Club sogar als Mitglied aufgenommen.«

»Ja, das stimmt. Und was wirst du nach Band zwei schreiben?«

»Ich fürchte, ich werde mir selber einen Mord ausdenken müssen. Ist ja doch ziemlich unwahrscheinlich, dass wir als Krimi-Club noch ein weiteres Mal ermitteln werden.« Alex verzog so unglücklich das Gesicht, dass Lisa nicht anders konnte, als loszulachen.

»Du bist schrecklich, Alex. Du kannst dir doch nicht einen neuen Mordfall wünschen, nur damit du weiterschreiben kannst. Komm, zieh dich um, wir wollten schließlich noch laufen gehen.«

Alex stöhnte. »Ich dachte, das hättest du über dem Lesen vergessen und wir könnten direkt mit Wein und Pasta weitermachen.«

»Nix da, du willst fitter werden, also musst du dich bewegen.«

»Ich fahre morgen nach Niedermühlenbach. Wenn ich Pech habe, muss ich im Garten richtig ackern.«

»Warum auch nicht, das ist gut für dich«, kommentierte Lisa ungerührt. »Aber sag mal, gibt es einen besonderen Grund für deinen Besuch?«

»Clarissa hat angerufen. Ihr Garten wird möglicherweise prämiert, und ich darf an dieser Stelle daran erinnern, dass ich höchstpersönlich im Schweiße meines Angesichts den Holzzaun gebaut habe. Ganz abgesehen von den endlosen Schubkarren voll Unkraut und Steine, die ich für Clarissa bewegen musste.«

Lisa sah genau in Alex' Augen, wie sehr er sich für seine Tante freute und wie viel Spaß ihm die Arbeit gemacht hatte. So war es auch mit dem gemeinsamen Training in den letzten Monaten gewesen. Das Maulen war nur Fassade, Alex hatte sich wirklich gesteigert, und er genoss, soweit Lisa das beurteilen konnte, die gemeinsamen Abende.

Mir selber gefallen die gemeinsamen Abende auch, dachte sie, während Alex im Schlafzimmer seiner Wohnung verschwand, um sich umzuziehen. Er ist witzig, intelligent und aufmerksam — alles Eigenschaften, die ich bei einem Mann schätze. Außerdem sieht er mit seinen lockigen schwarzen Haaren wirklich gut aus. Wenn man bedenkt, dass ich ihn lange für einen eingebildeten Schnösel gehalten habe ... Lisas Finger strichen gedankenverloren über den Ordner mit dem Manuskript.

Zwei Todesfälle hatte es in Niedermühlenbach gegeben, es war mehr als unwahrscheinlich, dass Alex den Stoff für seinen dritten Krimi sozusagen vom Leben serviert bekam.

Doch da sollte sich Kriminalkommissarin Lisa Bellenberg, jüngstes Mitglied der Mordkommission, gründlich täuschen.

***

Dass Alex in den letzten Wochen in Sachen Fitness deutliche Fortschritte gemacht hatte, erkannte Lisa schon daran, dass er sich mittlerweile beim Joggen mühelos mit ihr unterhalten konnte. Anders als in den ersten Wochen, wo er wie ein Fisch auf dem Trockenen nach Luft geschnappt hatte, plauderte Alex munter drauflos. Das hörte immer erst auf, wenn sie das Tempo anzog.

Das gemeinsame Laufen gehörte für beide mittlerweile zum Wochenplan. Das gemeinsame Laufen und das Abendessen danach. Wo wird es wohl noch mit uns hinführen, dachte sie, als sie nebeneinander am Moselufer entlangtrabten.

»Ich wüsste ja zu gerne, woran du gerade denkst«, sagte Alex.

»Von wegen, du musst ja nicht alles wissen«, konterte sie und hoffte, dass er ihre Verlegenheit nicht bemerkte.

»Gibt es eigentlich schon Fortschritte bei deinen privaten Ermittlungen?« Alex' Frage bezog sich auf Nachforschungen, die Lisa praktisch unter dem Radar aller Vorgesetzten im Polizeipräsidium anstellte. Kurz bevor sie selber zur Mordkommission gekommen war, hatte es bei einer Verhaftung einen Schusswechsel gegeben, bei dem ein junger Kollege aus Clarissas Team schwer verwundet worden war. Offiziell war Tobi, so hieß der Kollege, von einem Querschläger getroffen worden. Tobi hatte überlebt – nicht zuletzt durch Clarissas Wiederbelebungsmaßnahmen. Dennoch hatte sie sich seine Verletzung sehr zu Herzen genommen, dazu kam dann noch übles Gerede hinter ihrem Rücken. Sie habe Fehler bei der Planung gemacht, hatte es hinter vorgehaltener Hand geheißen, im Grunde sei sie daran schuld, dass ihr junger Kollege so schwer verletzt worden war. Nach einem Jahr hatte Clarissa genug gehabt und war gegangen. Lisa fand, dass ihre Chefin etwas Besseres verdient hatte. Und mittlerweile wusste sie auch, dass die Kugel, die Tobi in den Rücken getroffen hatte, kein Querschläger gewesen war.

»Wir haben in der Mordkommission so viel zu tun, dass mir an vielen Tagen schlicht die Zeit fehlt. Außerdem ist der Vorgang offiziell abgeschlossen, und ich muss aufpassen, dass ich mit meinen, wie du sie nennst, privaten Ermittlungen nicht auf die Nase falle«, antwortete Lisa.

»Aber dass es sich bei der besagten Kugel nicht um einen Querschläger gehandelt haben kann, das ist sicher?«

»Ganz sicher! Die Kugel, die man knapp neben Tobis Wirbelsäule herausoperiert hat, ist überhaupt nicht deformiert, trotzdem stammt sie aus der Pistole, mit der der Verdächtige geschossen hat, als er auf Tobi zurannte.«