Das Geheimnis der fünf Könige - Andreas Erlenkamp - E-Book

Das Geheimnis der fünf Könige E-Book

Andreas Erlenkamp

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Beschreibung

Der Krimi-Club Niedermühlenbach hilft dem örtlichen Pfarrer bei der Vorbereitung einer Versteigerung zugunsten der Kirchenfenster. Auf der Suche nach verborgenen Schätzen wird auf einem Dachboden das Ölgemälde "Anbetung der Heiligen Fünf Könige" des verstorbenen Heimatdichters Höhlbein-Bröhmke der Ältere entdeckt. Doch kurz darauf wird das Bild gestohlen, und die Diebe begehen einen brutalen Mord. Was macht das Gemälde so wertvoll, dass es sich lohnt dafür zu töten?

Gemeinsam mit den anderen Mitgliedern des Krimi-Clubs nimmt die pensionierte Kriminalbeamtin Clarissa von Michel die Ermittlungen auf. Wird es ihnen gelingen, das Geheimnis der fünf Könige zu lüften?

»Das Geheimnis der fünf Könige« ist der fünfte Band der spannenden Mosel-Krimi-Reihe von Andreas Erlenkamp um die ehemalige Kommissarin Clarissa von Michel und die charmanten Mitglieder des Krimi-Clubs Niedermühlenbach.


Das sagen waschechte Krimi-Fans zur Reihe:

»Clarissa und die Niedermühlenbachler haben mein Herz im Sturm erobert. Die Truppe ist eigenwillig und auch ein wenig skurril, hat aber das Herz am rechten Fleck. Solche Freunde wünscht man sich, da wird einem nicht langweilig.« (Redrose, Lesejury)

»Für Cosy-Crime-Fans und solche, die es werden wollen.« (Stein2203, Lesejury)

»Das Buch ist ein wirklich sehr guter und humorvoller Krimi. Der Schreibstil hat mir super gut gefallen. Die Charaktere sind sehr sympathisch und gut beschrieben, genau wie der Örtlichkeit. Ich komme von der Mosel und bin begeistert.« (Alex1208, Lesejury)

»Der Autor hat die Atmosphäre in diesem Buch gut umgesetzt. Mosel, Wein, Mord und Zwiebelkuchen, dies sind die Zutaten für diesen erfrischenden Regionalkrimi. Für mich ist es ein Wohlfühlkrimi für gemütliche Lesestunden.« (UlrikesBuecherschrank, Lesejury)

Für Leserinnen und Leser von Susanne Hanika, Ellen Barksdale oder Jessica Müller - und alle, die gerne unblutige Cosy Crimes und Provinz-Krimis lesen, die zum Miträtseln einladen.

ebooks von beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 324

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Ähnliche


Inhalt

Cover

Grußwort des Verlags

Über dieses Buch

Die wichtigsten Personen in diesem Buch

Titel

Prolog

Dachbodenfunde

Drei Gemälde

Pizza für alle

Der fünfte König

Medienrummel

Dr. Hummrich

Die Pressekonferenz

Ein Abend für ein Kaminfeuer

Jagdfieber

Auf gute Zusammenarbeit

Arbeitsteilung

Spurensuche

Zeugenbefragung

Alex

Ein lauer Sommerabend

Wer stiehlt so ein Bild?

Neue Instruktionen

Jochen

Ein Verdächtiger

Busche Car International

Gilbertos Entdeckung

Nachts

Ein hinreichender Tatverdacht

Pater Pirmin

Der Anschlag

Das Verhör

Der Überfall

Hast du Sorgen, brauchst du Kuchen

Die Industriestraße

Rosie

Route 66

Zurück auf Los

Morgens im Garten

Winzersteaks und neue Spuren

Sehr früh morgens

Lass das mal Akim machen

Aufgespürt

Eine Zeugin

Rechercheergebnisse

Neue Pläne

Mitternacht

Vier Wochen später ...

Im nächsten Band

Über den Autor

Weitere Titel des Autors

Impressum

LESEPROBE

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Über dieses Buch

Der Krimi-Club Niedermühlenbach hilft dem örtlichen Pfarrer bei der Vorbereitung einer Versteigerung zugunsten der Kirchenfenster. Auf der Suche nach verborgenen Schätzen wird auf einem Dachboden das Ölgemälde ”Anbetung der Heiligen Fünf Könige” des verstorbenen Heimatdichters Höhlbein-Bröhmke der Ältere entdeckt. Doch kurz darauf wird das Bild gestohlen, und die Diebe begehen einen brutalen Mord. Was macht das Gemälde so wertvoll, dass es sich lohnt dafür zu töten?

Gemeinsam mit den anderen Mitgliedern des Krimi-Clubs nimmt die pensionierte Kriminalbeamtin Clarissa von Michel die Ermittlungen auf. Wird es ihnen gelingen, das Geheimnis der fünf Könige zu lüften?

Die wichtigsten Personen in diesem Buch

Clarissa Freifrau von Michel

Clarissa war mehr als dreißig Jahre lang Polizistin, bevor sie mit einundsechzig Jahren in den Ruhestand ging. In den letzten zwölf Jahren ihres Berufslebens hat sie als Erste Kriminalhauptkommissarin das Dezernat Kapitaldelikte geleitet. Kurz: Clarissa war die Leiterin der Mordkommission. Den Titel „Freifrau“ unterschlägt sie bei jeder Vorstellung ganz bewusst. Clarissa hat sich inzwischen auf dem Land, in Niedermühlenbach, niedergelassen. In dem örtlichen Krimi-Club hat sie Gleichgesinnte und neue Freunde gefunden. Sie liebt Wein und gutes Essen, Blumen und Gartenarbeit ... und sie hat ein feines Gespür für Mörder.

Alexander Freiherr von Michel, genannt Alex

Er ist Clarissas einziger Neffe. Mit nicht einmal dreißig Jahren hat er bereits acht Bestseller-Romane geschrieben, allerdings unter dem Pseudonym Alexandra von Seifenberg. Alex’ größter Wunsch war es, nicht mehr historische Familiensagas zu schreiben, sondern einen Krimi unter seinem eigenen Namen zu veröffentlichen. Das ist ihm mit großem Erfolg gelungen. Er hat die Fälle des Krimi-Clubs als Grundlage für seine Tante Bruni ermittelt-Bücher genommen. Kein Wunder, dass er regelmäßig Clarissa besucht, um sich neue Anregungen zu holen. Mittlerweile hat der Krimi-Club Alex in seine Reihen aufgenommen.

Kriminalkommissarin Lisa-Marlene Bellenberg

Die junge Frau ist Clarissas ehemalige Mitarbeiterin. In Clarissas Augen hat Lisa großes Potenzial als Polizistin. Lisa hielt Alex lange Zeit für einen selbstverliebten Schnulzenschreiber. Er sie dagegen für eine Zicke ... aber das hat sich längst geändert, die beiden sind mittlerweile ein Paar.

Jochen Bremmer

Der Seniorchef eines Moselweinguts ist begeistert von Clarissas feinem Gespür für Wein. Er hätte nichts dagegen, sie öfter zu sehen.

Der Krimi-Club Niedermühlenbach

Alle vierzehn Tage treffen sich die Mitglieder des Krimi-Clubs, um über Kriminalromane zu sprechen. Seit Clarissa dort Mitglied ist, hat der Krimi-Club manchmal auch mehr zu tun, als nur über Bücher zu reden ...

Die Mitglieder sind:

Vera Adenau

Die Bäckerin kennt so ziemlich jeden in Niedermühlenbach. Mit dem Aussehen und der guten Laune eines Puttenengels fällt es Vera nicht schwer, auf Menschen zuzugehen. Und dass sie den besten Kirschstreuselkuchen der ganzen Region backt, ist auch kein Geheimnis.

Luise Hackenroth

Ist mit ihren dreiundfünfzig Jahren sozusagen das Küken im Krimi-Club. Als vor neun Jahren ihr Mann überraschend starb, verkaufte Luise die Firma und engagiert sich seitdem ehrenamtlich in der Gemeindebücherei. Luises ständiger Begleiter ist der Goldendoodle Ray, ein wollweißes Energiebündel.

Ferdinand Teichmann

War im ersten Leben Wirtschaftsprüfer, bevor er in den Schuldienst wechselte. Der bekennende England-Fan trägt am liebsten Tweed. Seit seiner Pensionierung ist Ferdinand ein begeistertes Mitglied des Krimi-Clubs. Genau wie Jochen Bremmer fühlt er sich in Clarissas Gegenwart sehr wohl.

Andreas Erlenkamp

Das Geheimnis der fünf Könige

Clarissas feines Gespür ... für Kunst

In Erinnerung an Alfred Schulte (1915 – 1993)

Papa, du hättest Spaß an diesem Buch gehabt.

»Das Schöne, das sterblich ist, vergeht,

aber nicht das Kunstwerk.«

Leonardo da Vinci

Prolog

Er zog die Tür ins Schloss und vergewisserte sich, dass die Fensterläden geschlossen waren, bevor er die Petroleumlaterne anzündete. Vielleicht war diese Vorsicht unnötig, aber die letzten drei Jahre hatten ihn gelehrt, dass man gar nicht vorsichtig genug sein konnte.

Entweder man passte auf oder man wurde erschossen. Er hatte genug Männer notdürftig verscharrt, die nicht aufgepasst hatten. Ein verräterisches Glimmen der Zigarette im Schützengraben, das flackernde Licht einer Kerzenflamme, ein einzelnes Husten beim Wachgang ... die Scharfschützen auf der gegnerischen Seite lauerten nur auf diese kleinen Unachtsamkeiten. Er hatte bisher überlebt, weil er sich keine Fehler erlaubt hatte.

Oskar seufzte, die Erinnerungen an die Schützengräben und die Front würden ihn weiter in seinen Albträumen heimsuchen, aber sie durften ihn nicht lähmen. Er hatte eine Aufgabe zu erledigen, eine wichtige Aufgabe. Vor wenigen Tagen hatte die Oberste Heeresleitung die Reichsregierung dazu gedrängt, um einen Waffenstillstand zu bitten.

In dem Moment war ihm und Pastor Sternemann klar geworden, dass sie handeln mussten. Das Deutsche Kaiserreich würde untergehen, doch sie hatten nicht vor, dass der wertvollste Schatz ihres geliebten Heimatortes in den Strudel dieses Untergangs hinabgerissen würde. Nicht, solange sie die Möglichkeiten hatten, das zu verhindern.

Entschlossen schlug er den hellen Leinenstoff zurück, der die große Leinwand auf der Staffelei verdeckte. Ja, keine Frage, er hatte sein Bestes gegeben. Ob es gut genug war, würde die Geschichte zeigen.

Oskar zündete eine weitere Laterne an, um mehr Licht für seine letzte Arbeit zu haben. Dann trat er zwei Schritte zurück. Im Licht der Laternen tanzten Staubflocken. Ein Vers schoss ihm durch den Kopf, während er sein Werk musterte.

»Staubflocken, tanzen, tanzen frei. Die Nacht bricht an, bald ist's vorbei«, murmelte er. Das klang nicht mal übel. Das sollte er aufschreiben. Überhaupt würde er viel mehr dichten, das war seine wahre Berufung. Er würde es seiner Familie zeigen. Er würde ihnen beweisen, dass er zu mehr fähig war, als nur ein paar Ochsen zu mästen. Er hatte sogar schon einen kleinen Lyrikverlag an der Hand, der sehr angetan von seinen ersten Gedichten war.

Vielleicht sollte er sich noch einen wohlklingenden Künstlernamen zulegen, das kam bei den Leserinnen immer gut an. Ja, genau. Oskar Leander Höhlbein-Bröhmke der Ältere. Das klang nach langer Familientradition und nicht nach Schweinemast und Ochsen. Oskar seufzte. Er sah seinen Weg genau vor sich.

Doch bevor er sich ganz und gar der Dichtung widmen konnte, musste er seine Mission beenden. Für ihn war klar, zerbrach das Reich, würde es nicht lange dauern, bis die Franzosen und Engländer auch durch die Gassen Niedermühlenbachs marschierten. Pastor Sternemann konnte vor Angst und Sorge schon seit Tagen nicht mehr richtig schlafen. Er war nie an der Front gewesen.

Sollte der Feind ruhig kommen, er, Oskar Leander Höhlbein, hatte seinen Teil des Plans erfüllt. Aus der Hosentasche zog er ein kleines Messingschild und nahm aus seiner Werkzeugkiste einen Hammer. Mit wenigen kurzen Schlägen nagelte er das Schildchen unten am Rahmen fest. Die Anbetung der fünf Könige stand auf dem Schild, daneben die Zahl 0918 und die Worte: Aliquid stat pro aliquo.

Oskar fuhr noch einmal mit der Fingerspitze über die Gravur. Würde es irgendwann einmal einen klugen Kopf geben, der seinen Hinweis verstand? Er hoffte das inständig. Entschlossen hob er das Gemälde von der Staffelei und hängte es an dem großen Nagel auf, den er schon gestern in die Wand geschlagen hatte. Jetzt hing das Gemälde zwischen einigen anderen biblischen Motiven. Fertig, er hatte es geschafft. Was in den nächsten Wochen, Monaten und Jahren geschehen würde – nun, das lag in der Hand des Allmächtigen. Mit einem letzten Blick auf sein Werk löschte er die Laternen und verließ den alten Speicherraum so, wie er gekommen war: leise und darauf bedacht, sich keine Unachtsamkeit zu leisten. In tiefer Dunkelheit tastete er sich die Treppe hinunter.

Dachbodenfunde

Mehr als 100 Jahre später ...

Die alte Eichentür schabte mit einem hässlichen Geräusch über den Fußboden. Ferdi musste sich mit der Schulter gegen das verzogene Türblatt stemmen.

»Warte, Ferdi, ich helfe dir.« Clarissa drückte mit beiden Händen gegen das Holz, und mit vereinten Kräften gelang es ihnen, die Speichertür ganz zu öffnen.

»Du meine Güte, wenn in den nächsten Wochen hier immer wieder Sachen herausgetragen werden sollen, dann sollte sich einmal ein Tischler die Tür vornehmen«, sagte Luise.

»Ich schreibe es auf meine To-do-Liste«, versprach Gilberto. Wenn das doch nur das Einzige wäre, was ich noch angehen muss, dachte er. Seit etwas mehr als zwei Monaten war er nun Pfarrer der St.-Hubertus-Kirche in Niedermühlenbach, und noch immer hatte er das Gefühl, vor einem Berg von Aufgaben zu stehen. Zum Glück hatte er hier Freunde und Unterstützer gefunden. An diesem Nachmittag halfen ihm gleich drei Mitglieder des Krimi-Clubs, und das war auch dringend nötig.

Die vier betraten den Dachboden. Der Raum erstreckte sich über die ganze Länge des Pfarrhauses der St.-Hubertus-Kirche. Ein unüberschaubares Sammelsurium von alten Möbeln, deckenverhüllten Gegenständen, Kisten, Koffern und Plastiksäcken füllte einen Großteil des Speichers. Lediglich in der Mitte war noch eine Fläche frei. Es machte den Eindruck, als wären im Laufe der Jahre nach und nach immer mehr Gegenstände an den Seiten und in den Ecken abgestellt worden. Obwohl es ein halbes Dutzend kleine Dachfenster gab, herrschte hier oben ein schummriges Dämmerlicht. Draußen strahlte die Julisonne an einem wolkenlosen Sommerhimmel, aber hier oben sorgte der Staub von Jahrzehnten auf den Glasscheiben dafür, dass nur wenig Tageslicht hereinkam.

Ferdi betätigte einen schwarzen Drehschalter neben der Tür, und ein paar Neonröhren im Dachgiebel begannen zu leuchten, zunächst flackernd, dann kalt-weiß strahlend. Im Neonlicht war das ganze Ausmaß des Dachbodens sichtbar.

»Beim heiligen Antonius und seiner flammenden Sau, deine Vorgänger, Gilberto, hatten offenbar einen Hang zum Sammeln«, sagte Ferdi.

»Ich denke, mein Lieber, das ist genau der Grund dafür, dass wir heute hier oben sind«, erwiderte Clarissa. »Und deswegen habe ich auch einen Karton mit nützlichen Sachen mitgebracht. Handschuhe, Müllbeutel, Klebeband, Schnur, Papier zum Einwickeln, alte Lappen zum Abwischen. Und gute Taschenlampen. Bedient euch, wenn ihr was braucht.«

»Wir werden bestimmt fündig, auch wenn ich keine Hoffnung darauf habe, dass wir hier oben einen Teil des Bernsteinzimmers finden werden.« Luise schmunzelte. »Ich finde solche alten Dachböden unglaublich spannend. Bestimmt gibt es das eine oder andere interessante Stück. Was suchst du denn genau, Gilberto?«

Der Pfarrer fuhr sich mit der Hand durch seinen schwarzen Vollbart. Mit Mitte dreißig war er deutlich jünger als die anderen drei. Er hatte eine erstaunliche Ähnlichkeit mit Carlo Pedersoli, besser bekannt als Bud Spencer. Kompakt und kräftig war er, und um die Körpermitte sah man ihm seine Leidenschaft fürs Essen an.

»Was soll ich sagen, wir brauchen für die Auktion zugunsten der Kirchenfenster ein paar Stücke, die wir versteigern können. Vielleicht alte Möbel, Haushaltsgegenstände, Dinge, für die unsere Auktionsgäste bereit sind zu bieten. Unsere Pfarrgemeinderatsvorsitzende Inge Beumann-Schlöpftal hat jeden Eid geschworen, dass dieser Dachboden noch die eine oder andere Überraschung birgt.«

»Die Schlöpftal hat immer gute Vorschläge, nur wenn es dann ans Arbeiten geht, kommt bei ihr stets überraschend etwas dazwischen«, empörte sich Luise. Was, wie Gilberto wusste, ganz und gar nicht ihre Art war. Aber die gut aussehende Leiterin der Gemeindebücherei hatte wohl schon ihre ganz eigenen Erfahrungen mit diversen Gemeindemitgliedern, unter anderem mit Frau Beumann-Schlöpftal, gemacht.

»Ich will gar nicht meckern«, Luise hob abwehrend die Hände, »zumindest sieht das hier oben sehr vielversprechend aus. Also, wir haben einen klaren Auftrag, lasst uns verkaufbaren Trödel finden. Am besten verteilen wir uns.«

»Du hast recht«, sagte Clarissa. »Ich schlage vor, dass wir drei nach geeigneten Stücken suchen und sie hier in der Mitte des Raumes abstellen. Und du, Gilberto, kannst die Sachen dann genauer anschauen und entscheiden, ob du sie versteigern lassen oder behalten möchtest.«

»Ich könnte aber auch ein bisschen herumsuchen«, erwiderte der Pfarrer. »Ich will mich nicht davor drücken, in den staubigen Ecken herumzuwühlen.«

»Clarissa hat aber recht mit ihrer Aufgabenverteilung, du bist schließlich der Hausherr, und du musst entscheiden, was in die Auktion gehen soll. Das können wir nicht beurteilen«, sagte Ferdi. Luise nickte zustimmend, und damit war es entschieden: Drei gegen einen, was sollte er schon dagegen sagen?

Gilberto blieb also auf der freien Fläche inmitten des Dachbodens stehen und wartete darauf, dass die anderen fündig wurden. Die verteilten sich in verschiedene Richtungen auf dem Dachboden.

Gilberto seufzte leise. Ihn juckte es in den Fingern, auch etwas zu tun. Na, wenigstens ein paar Kartons hier vorne konnte er doch öffnen. Er riss den Klebestreifen von dem erstbesten Karton. Nicht sehr vielversprechend. Es waren offenbar alte Gemeindebriefe. »St.-Hubertus-Rundbrief«, las er halblaut. »Na klasse, die sind ja uralt.« Er nahm zwei, drei Hefte in die Hand. Alle gehörten zur gleichen Ausgabe: Weihnachten 1978. Toll, dachte er, warum hat man so viele Exemplare aufgehoben? Er kramte mit der Hand die anderen Hefte in der Kiste durch, ja, alles dieselbe Ausgabe. Davon konnte man mal zwei behalten, der Rest aber gehörte ins Altpapier. Er legte zwei der Gemeindebriefe neben der Tür auf den Boden, klebte anschließend die Kiste wieder zu und trug sie zur Seite. Hier würde er alles sammeln, was definitiv entsorgt werden konnte. Gilberto schaute sich um. Wie weit waren die anderen?

Clarissa, Ferdi und Luise waren, wie es aussah, mit Feuereifer bei der Sache. Während Gilberto die drei Mitglieder des Krimi-Clubs Niedermühlenbach beobachtete, wurde ihm klar, dass jeder seiner neuen Freunde eine andere Vorgehensweise hatte. Luise Hackenroth zum Beispiel war mit ihren dreiundfünfzig Jahren die Jüngste im Trio, aber sie sah mindestens zehn Jahre jünger aus. Er wusste, dass Luise regelmäßig ins Fitnessstudio ging. Und so arbeitete sie auch: Sie steuerte zielstrebig einen Kistenstapel an, stemmte mühelos einen Umzugskarton zur Seite und begann ihn durchzusehen. Gilberto fühlte sich zwar dem Gebot des Zölibats verpflichtet, aber er war auch ein Mann und nicht blind. Luise sah für ihn aus wie ein ehemaliges Supermodel, daran konnte auch die etwas zu große Nase nichts ändern, im Gegenteil, sie gab Luises Gesicht etwas Außergewöhnliches.

Ferdinand Teichmann dagegen konnte offenbar der Versuchung nicht widerstehen und blätterte in aller Ruhe alte, ledergebundene Kirchenbücher durch, anstatt sich einen Überblick zu verschaffen. Ferdi war eben mit Leib und Seele Oberstudienrat im Ruhestand, das ließ sich nicht leugnen. Ebenso wenig leugnen ließ sich, dass Ferdi ein bekennender England-Fan war. Heute trug er, trotz der sommerlichen Wärme, eine leichte blaue Tuchweste über seinem Oxfordhemd und einen hellen Panamahut. So gekleidet hätte er jederzeit an einem Sommerpicknick im Hydepark teilnehmen können. Die Dritte im Bunde, Clarissa von Michel, blieb offenbar bei ihrer Routine, die sie sich im Laufe von mehr als dreißig Dienstjahren als Kriminalpolizistin angeeignet hatte. Die ehemalige Leiterin der Mordkommission betrachtete einen Stapel Möbel von allen Seiten, als würde sie einen Tatort begutachten. Mit schief gelegtem Kopf prüfte sie offenbar, ob es sich lohnen könnte, weiterzusuchen. Clarissa hatte mit ihren kurzen grauen Haaren eine verblüffende Ähnlichkeit mit der Schauspielerin Judi Dench in ihrer Rolle als Chefin des MI 6.

»Hier, was hältst du davon, Gilberto?« Luises Frage riss ihn aus seinen Gedanken. Sie stellte einen großen Umzugskarton vor ihm ab. »Das sind lauter kleine Kerzenständer, schwarz lackiert, womöglich hat man die einmal für Osterkerzen gekauft.«

»Würdest du bei einer Aktion auf einen kleinen Kerzenständer bieten?«

»Wahrscheinlich nicht, aber wenn wir jeweils drei oder vier davon zu einem Set zusammenfassen und noch ein paar hübsche Stumpenkerzen dazukaufen, sieht die Sache schon anders aus.«

»Das ist eine großartige Idee.« Gilberto warf einen Blick in den Karton. »Guter Jesus, das sind ja fünfzig oder sechzig Stück.«

»Entsprechend viele Sets können wir dann verkaufen«, antwortete Luise und schmunzelte. »In der zweiten Kiste sind allerdings nur alte Dias, darauf müsstest du einen Blick werfen. Wenn wir sowieso dabei sind, alles zu sortieren, willst du vielleicht direkt entscheiden, was auf jeden Fall weggeworfen werden kann.«

»Habe ich schon mit den Gemeindebriefen dort drüben angefangen. Ich hole mir die Kiste mit den Dias. Such du nur weiter.«

»Hör mal, Gilberto«, rief Ferdi von der anderen Seite des Dachbodens. »Hier gibt es alte Gesangsbücher. Die werden wir vielleicht nicht versteigern können, aber ein Mitglied unseres England-Vereins beliefert bundesweit Antiquariate. Wir sollten ihm diese Bücherkisten einmal zeigen.«

»Gut, stell sie bitte gleich hier neben die Tür, dort, wo die beiden Gemeindebriefe auf dem Boden liegen.«

»Ich habe hier zwei Kisten mit altem Geschirr«, meldete sich Clarissa zu Wort. »Gilberto, du müsstest einmal mit anfassen, die Kisten sind ziemlich schwer.«

»Bin gleich bei dir, Clarissa.«

***

In den nächsten zwei Stunden wuchsen die Stapel. Zum einen fanden sich immer mehr Dinge, die entsorgt werden konnten, zum anderen waren da aber auch Gegenstände, die sie bei der Versteigerung anbieten würden. Vor allem Clarissa und Luise steuerten immer wieder kreative Ideen bei, was man mit dem einen oder anderen Stück tun konnte, damit es Käufer fand. Hatte Gilberto am Anfang des Nachmittages noch Zweifel gehabt, ob man überhaupt genügend Gegenstände für die Kirchenfenster-Auktion finden würde, war er jetzt zuversichtlich, dass das Ganze ein Erfolg werden würde.

Drei Gemälde

»Huhu, jemand zu Hause?«

Der Ruf kam aus dem Erdgeschoss. Eine Frauenstimme. Gilberto, der eben dabei war, ein paar alte Buchstützen zu begutachten, ging zur Dachbodentür und rief: »Hier oben, einfach alle Treppen rauf.«

»Das klang nach Vera«, meldete sich Clarissa zu Wort. Sie und Ferdi waren dabei, Dutzende von Altkleidersäcken zur Seite zu tragen. Dahinter schaute das Oberteil eines Küchenbüfetts aus dunklem Eichenholz heraus. Selbst aus mehreren Metern Entfernung waren durch die Vitrinentüren ein paar hübsche Blumenvasen zu erkennen.

Ferdi zog seine Taschenuhr aus der Hosentasche und ließ den Deckel mit einem Knopfdruck aufklappen.

»Ja, das könnte passen. Zehn nach fünf.«

Die beiden hatten richtig vermutet. Kurze Zeit später betrat Vera Adenau den Dachboden des Pfarrhauses. »Hallöchen, ihr Lieben. Na, ich hoffe, ihr habt noch ein bisschen Arbeit für mich übrig gelassen? Mein Wölfchen hat die Bäckerei übernommen, ist ja auch nur noch für eine Stunde bis Ladenschluss. Er hat den ganzen Tag bei der Cousine einer Nichte eines Freundes ausgeholfen und tapeziert. Der Arme, das war bestimmt nicht leicht. O nein, ich plappere und plappere, dabei hättet ihr jetzt bestimmt gerne einen Kaffee und ein Stück Quarkstreusel, oder? Natürlich wollt ihr, deshalb habe ich hier im Korb alles für eine anständige Pause. Zum Glück hat mich der Küster ins Haus gelassen, ich habe bestimmt drei Mal geklingelt, aber klar, hier oben hört man das nicht. Ich dachte schon, ich müsste den Korb wieder nach Hause tragen, hätte keinen Spaß gemacht.«

Vera stellte einen großen Weidenkorb mit Deckel auf den Boden und ließ sich auf den nächststehenden Karton sinken. »Himmel, ich werde auch nicht jünger. Erst die Steigung zum Pfarrhaus und anschließend die ganzen Treppenstufen. Ich bin fix und fertig.«

»Liebe Vera, ich bin sehr dankbar, dass du noch gekommen bist und dann auch noch mit Kaffee und Kuchen. Tatsächlich könnte ich ein Stück Kuchen vertragen, um bei Kräften zu bleiben«, erklärte Gilberto.

Vera Adenau, ebenfalls aktives Mitglied im Krimi-Club, betrieb zusammen mit ihrem Mann Wolfgang die Bäckerei am Marktplatz in Niedermühlenbach. Ihre Kuchen hatten über die Grenzen des Ortes einen legendären Ruf.

Sie klatschte lachend in die Hände. »Da bin ich ja doppelt froh, genügend Kuchen eingepackt zu haben.« Wie selbstverständlich übernahm Vera das Kommando. »Gilberto, mach dich nützlich und schieb bitte ein paar Kisten zusammen. Ich habe auch eine Tischdecke dabei, die wir als Unterlage benutzen können. So, und hier sind fünf Becher. Wo hab ich denn den Zucker? Ah, hier. Und jetzt noch Teller, Löffel und Kuchengabeln. Na bitte.« Vera kramte immer wieder in ihrem Korb. Sie war augenscheinlich ganz in ihrem Element. Die kleine Frau mit der runden Hornbrille hatte eine verblüffende Ähnlichkeit mit einem ewig freundlichen Puttenengel und strahlte eine Energie und Lebensfreude aus, die geradezu ansteckend war.

Clarissa und Ferdi wechselten einen amüsierten Blick. »Kaffee nach fünf ist mir eigentlich zu spät, aber bevor ich unsere Vera verärgere ...«, raunte er Clarissa zu und laut sagte er: »Dann lass mal sehen, was du alles dabeihast, liebe Vera.«

Vera füllte die mitgebrachten Becher mit Kaffee und nahm die Kunststoffdeckel von zwei großen Glasdosen. »Bitte schön, bedient euch. In der einen Dose ist Quarkstreusel, in der anderen ein Schmandkuchen mit Pfirsichen. Ich habe auch noch irgendwo Servietten, ach ja, hier unten im Korb.«

Alle griffen zu und ließen sich den Kuchen schmecken. Gilberto schloss genießerisch die Augen. »Mhmm, Vera, ich weiß, dass meine Nonna, meine Oma, mich mit dem bösen Blick strafen würde, wenn sie mich jetzt hören könnte, aber deine Kuchen ... ein Traum. Die besten, die ich je gegessen habe. Und glaube mir, in meiner Familie gilt meine Nonna als die ungekrönte Königin des Backens.«

Vera kicherte vergnügt. »Meine Lippen sind versiegelt, Herr Pastor. Von mir erfährt deine Oma ganz sicher nichts. Und nebenbei: Ganz herzlichen Dank für das Kompliment. Ich will mich nicht selbst loben, aber der Schmandkuchen ist mir wirklich gut gelungen. Wölfchens Tante hat ja mal einen gebacken, damit hättest du auch eine Gasse pflastern können, so trocken und hart war der. Hier, Luise, möchtest du noch ein Stück?«

»So gerne ich deine Kuchen esse, Vera, muss ich doch jetzt passen, ansonsten ist mir bald jede Hose zu eng«, wehrte Luise ab.

»Dann bin ich noch mal so frei und greife zu, meine Hosen haben da noch einen gewissen Spielraum am Bund«, sagte Gilberto und füllte seinen Kuchenteller großzügig auf.

»Nur zu, nur zu. Wie weit seid ihr denn gekommen?« Vera schaute sich neugierig um.

»Leider ist der Stapel der Dinge, die entsorgt werden müffen, gröfer alsf daf, waf wir verkaufen können«, erklärte Gilberto mit vollem Mund, was ihm einen tadelnden Blick von Clarissa einbrachte. Rasch kaute er zu Ende, schluckte und setzte hinzu: »Aber es gibt auch schon einiges, was sehr vielversprechend ist.«

»Gilberto hat recht. Uns fehlt allerdings noch ein Highlight für die Versteigerung, etwas, das die Neugierde der Menschen weckt, damit sie auch wirklich zur Auktion kommen«, sagte Clarissa.

»Aber wir stehen noch ganz am Anfang, auch wenn es mir schwerfällt, das nach mehr als zwei Stunden hier oben auf dem Dachboden zu sagen«, ergänzte Ferdi.

Luise trank ihren Becher leer und stellte ihn energisch auf die zum Tisch umfunktionierten Kisten zurück. »Wir sollten nicht jammern, sondern weitermachen. Es war doch klar, dass hier jahrzehntelang Sperrmüll und Altpapier gelagert wurden. Unsere Aufgabe ist es eben, die Spreu vom Weizen zu trennen.«

»Prima, dann stürze ich mich mal in die Arbeit. Gibt es eine Ecke, die ihr noch nicht unter die Lupe genommen habt?«, fragte Vera.

Clarissa deutete nach links. »Dort hinter dem Kamin war noch niemand von uns. Ferdi schaut drüben noch Kisten durch, ich wollte mir die Möbel ansehen und Luise ist da hinten beschäftigt.«

»Und was macht unser Pastor?«

»Schau nicht so missbilligend, Vera, ich hab auch zu tun. Mir wurde aufgetragen, hier in der Mitte des Raumes die Spreu vom Weizen zu trennen und zu entscheiden, was versteigert werden soll. Aber wie heißt es schon beim Evangelisten Lukas: Wer da sucht, der findet. Ich bin sicher, wir werden genügend Brauchbares für unsere Versteigerung zusammenbekommen.«

»Also gut, dann nehme ich mir den Abschnitt hinter dem Kamin vor.« Vera stand auf und klopfte sich ein paar Kuchenkrümel von den Jeans. »Ich kann ja um Hilfe rufen, wenn ich ein paar starke Männerarme benötige.«

***

Die Nachmittagssonne war der Abenddämmerung gewichen. Auf dem Dachboden türmten sich die Dinge, die entsorgt werden sollten. Aber auch der Haufen mit dem, was verkauft werden konnte, hatte bemerkenswerte Ausmaße angenommen.

Gilberto schaute auf seine Armbanduhr. »Ich denke, wir sollten Feierabend machen. Es ist gleich acht Uhr, und wir haben wirklich genug gearbeitet.«

»Acht Uhr, du meine Güte, ich habe gar nicht auf die Zeit geachtet«, antwortete Clarissa.

Ferdi ließ einen Sack voll Altkleider neben der Tür zu Boden fallen, nahm seinen Hut vom Kopf und wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn. »Ich hätte auch nichts dagegen, für heute Schluss zu machen.«

»Wir sollten morgen vielleicht als Erstes die Dinge sortieren, die für die Versteigerung geeignet sind. Ich muss am Nachmittag in der Gemeindebücherei sein, aber morgen früh könnte ich schon mal anfangen«, schlug Luise vor.

»Das können wir gerne zusammen erledigen«, bot Clarissa an.

»Neununddreißig, vierzig ...« Vera hatte ebenfalls aufgehört zu arbeiten. Langsam und mit sonderbar steifen Schritten wanderte sie zu den anderen zurück. Während des Gehens murmelte sie weiter: »Einundvierzig, zweiundvierzig, dreiundvierzig. Komisch!«

Sie pustete eine Haarsträhne aus der Stirn und schob mit dem Zeigefinger ihre Brille auf der Nase zurecht. »Wisst ihr, was ich merkwürdig finde?«, sagte sie. »Wir haben doch beim letzten Gemeindefest dieses Schätzspiel organisiert. Da musste man zum Beispiel raten, wie viele Schritte das Pfarrhaus lang ist.«

»Ich erinnere mich noch, dass die Meinungen weit auseinandergingen«, erwiderte Ferdi. »Aber was ist daran merkwürdig?«

»Ich bin in den letzten Stunden pausenlos hin und her gelaufen. Irgendwann ist mir dabei etwas aufgefallen, und jetzt bin ich sicher. Ich habe gerade von da vorne«, Vera deutete nach rechts, »die Schritte bis ganz nach hinten gezählt. Dieser Dachboden erstreckt sich doch über die ganze Länge des Pfarrhauses, aber es fehlen zehn Schritte.«

»Es fehlen zehn Schritte?«, fragte Gilberto ungläubig. »Aber hier oben gibt es keinen weiteren Raum. Es gibt nur die eine Tür am Ende der Treppe, durch die wir hier hereingekommen sind. Das ist alles.«

Vera legt den Kopf schief und spitzte die Lippen. »Und trotzdem ist der ganze Dachboden zehn Schritte kürzer, als er sein sollte. Das weiß ich ganz genau. Ich habe nämlich damals das Spiel für das Gemeindefest vorbereitet, und ich bin das Pfarrhaus mindestens fünf Mal abgegangen, um die richtige Länge herauszufinden.«

»Vielleicht stimmt es gar nicht, dass sich der Dachboden über die komplette Geschossfläche erstreckt«, überlegte Clarissa laut, »oder ...«

»Oder was?«, fragte Gilberto.

»Oder wir haben hier oben bisher einen weiteren Raum übersehen.«

»Oh, ich liebe es, wenn du diesen Kommissarinnen-Blick hast«, sagte Vera, »danach wird es garantiert immer spannend.«

»Kommissarinnen-Blick, so, so. Nun ja, allzu viele Möglichkeiten gibt es in diesem Fall nicht«, erwiderte Clarissa. »Punkt eins: Wir gehen davon aus, dass du dich bei den Schritten nicht verzählt hast. Punkt zwei: Da drüben an der Stirnseite des Hauses ist ein kleines Fenster, da kann also kein verborgener Raum sein. Es bleibt also nur der Bereich rechts von uns.«

Wie auf ein Kommando drehten sich alle Köpfe in die Richtung, in die Clarissa gezeigt hatte. Dieser Abschnitt des Dachbodens versank bereits im Dämmerlicht, weil der Schein der Neonröhren nicht ausreichte, um den Bereich auszuleuchten. Undeutlich waren ein altes Sofa, ein hoher unförmiger Gegenstand und unzählige Säcke zu erkennen.

Ferdi strich sich nachdenklich über den weißen Schnurrbart. »Es fehlen also zehn Schritte in der Hauslänge. Vera hat sich bestimmt nicht geirrt, und der Dachboden kann definitiv nicht kleiner sein als das Erdgeschoss. Das Haus ist ja völlig gerade. Wie sagte schon Sherlock Holmes: Wenn man das Unmögliche ausgeschlossen hat, dann ist das, was übrig bleibt, die Wahrheit, wie unwahrscheinlich sie auch ist.«

»Also dann, Sherlock, lass uns nachsehen.« Luise stieß Ferdi den Ellenbogen in die Seite. Noch im Gehen zog sie ihr Handy aus der Hosentasche und aktivierte die Taschenlampe. Clarissa und Ferdi folgten ihrem Beispiel. Drei grellweiße Lichtkegel holten den großen Haufen Gerümpel aus dem Dunkel, unter anderem eine Wohnzimmerschrankwand, die in den siebziger Jahren bestimmt ein Einrichtungshighlight gewesen war.

»Uhh, so ein Ding haben meine Eltern auch in ihrem Wohnzimmer stehen, inklusive verspiegeltem Barfach. Wir mussten das Ganze mal zum Tapezieren von der Wand abrücken. Das war gar nicht so leicht, schwere furnierte Spanplatte und Massivholz, so eine Schrankwand wiegt gefühlt ein paar Tonnen«, sagte Luise.

»Aber ihr habt es geschafft. Dann können wir das auch. Fass bitte mit an, Gilberto«, sagte Ferdi. »Wir wollen doch mal sehen, was sich hinter der Schrankwand verbirgt.«

»Wartet, wir helfen auch mit. Auf drei. Eins, zwei, drei«, sagte Clarissa. Mit vereinten Kräften schoben die Mitglieder des Krimi-Clubs die große Schrankwand zur Seite.

»Ich werd verrückt, schaut euch das an!« Gilberto fuhr mit der flachen Hand über eine Holzwand, die hinter dem Schrank zum Vorschein gekommen war. Im Licht der Taschenlampen war deutlich eine schmale Türritze erkennbar. Eine Tür, die zwar keine Klinke oder einen Knauf besaß, aber auf halber Höhe ein Schlüsselloch aufwies.

»Moment, das haben wir gleich.« Clarissa lief zurück zu den Altkleidersäcken und nahm einen dünnen Drahtkleiderbügel. Sie bog zunächst den Haken gerade. Dann schaute sie sich suchend um, wählte aus dem Abfallhaufen ein kurzes, stabiles Brett aus und legte es auf den Boden. Die anderen schauten ihr gespannt zu. Nun klemmte sie das äußerste Drahtende unter das Brett, stellte den Fuß darauf und zog den Draht mit aller Kraft nach oben. Mit diesem improvisierten Schraubstock gelang es ihr, etwa einen Zentimeter Draht in einem rechten Winkel zu biegen.

»Ferdi, Luise, bitte leuchtet mir doch einmal.« Clarissa kniete sich vor das Schlüsselloch und führte ihren gebogenen Draht hinein.

»Ein Dietrich«, hauchte Luise ehrfürchtig. »Du überraschst mich immer wieder.«

Indessen stocherte Clarissa ein wenig im Schloss herum. »Ein einfaches Kastenschloss, keine wirkliche Herausforderung«, sagte sie mehr zu sich selbst. Sie hatte offenbar den gewünschten Punkt im Schloss gefunden. Mit einem zufriedenen »Na geht doch« drehte sie den Drahtbügel herum und drückte gleichzeitig mit der flachen Hand gegen die Tür, die nach innen aufschwang.

»Ich bin beeindruckt, Clarissa«, lobte Gilberto.

Clarissa stand auf und klopfte sich den Staub von der Hose. »Gelernt ist gelernt. Bitte tretet ein.«

Hinter der Tür setzte sich der Dachboden fort. Es gab nur ein einziges winziges Dachfenster, das mit Sackleinen verhängt war. Anders als auf dem Rest des Speichers stand hier nichts herum.

»Leer. Nichts. Ach, das ist aber schade.« Man hörte Luise ihre Enttäuschung an. »Da finden wir schon einmal einen verborgenen Raum und dann ist er leer.«

»Leer? Das würde ich so nicht sagen.« Vera deutete auf die Trennwand hinter ihnen. An der Wand hingen drei große Bilder. Die Bilder waren mit Leintüchern verhängt, nur rechts und links schauten die goldenen verschnörkelten Rahmen unter dem Stoff hervor.

»Stets findet Überraschung statt, da, wo man's nicht erwartet hat. Wilhelm Busch«, verkündete Ferdi. »Oder anders gesagt: Das Leben ist doch eine Wundertüte.«

Entschlossen trat Gilberto vor das mittlere Bild und ergriff das Leintuch. »Dann schauen wir doch mal, was in unserer Wundertüte ist.« Behutsam zog er das Tuch vom Bilderrahmen.

»Heilige Muttergottes, was ist denn das?«, stieß er überrascht hervor. Das Bild war groß: einen knappen Meter breit und bestimmt anderthalb Meter hoch. Es zeigte den Stall zu Bethlehem, eine größere Anzahl von Engeln über dem Stall, Hirten, Schafe und die heilige Familie.

»Ich bin keine Fachfrau, aber das sieht recht hübsch aus«, stellte Luise fest.

»Ja, der Stall zu Bethlehem, Maria, Josef, Ochs und Esel – das kennt man, ein gängiges Motiv«, bestätigte Clarissa.

»Ich muss dir widersprechen, Clarissa, das hier ist alles andere als ein gängiges Motiv«, erwiderte Gilberto, »oder habt ihr schon einmal ein Bild gesehen, auf dem gleich fünf Könige an der Krippe unserem Herrn huldigen?«

Pizza für alle

»Und Onkel Alfredo lässt ausrichten, dass du dich wieder in Runkel blicken lassen sollst. Pronto, hat er gesagt. Er hat Angst – und hier zitiere ich wörtlich –, dass sein Neffe vergisst zu essen und völlig abmagert. Wobei ... abgemagert siehst du nicht gerade aus, das scheint mir das falsche Wort zu sein.«

»Sehr witzig, liebe Cousine, das Wort, das du suchst, heißt wohlgenährt oder gesund oder zufrieden – du darfst eins wählen. Wenn ich jeden Tag bei Onkel Alfredo essen würde, bekäme ich Probleme mit dem Messgewand, und wahrscheinlich würde ich bald so aussehen wie Nero Wolfe in den Rex-Stout-Krimis.«

»Oder wie Bud Spencer in Vier Fäuste für ein Halleluja.«

»Haha, unglaublich witzig. Dein Vater will mich doch nur sehen, damit er Mama beruhigen kann. Aber ich verspreche dir, ich schaue am Sonntag nach der Messe bei euch vorbei.«

»Ich richte es aus, Gilberto, und jetzt lasst es euch schmecken.«

»Lieben Dank. Ciao, Isabella.«

»Ciao, Gilberto.«

Clarissa schmunzelte, weil der Dialog zwischen Gilberto und der Pizzabotin im Wohnzimmer des Pfarrhauses gut zu hören gewesen war.

»Der arme Gilberto steht ganz schön unter Beobachtung«, sagte sie. Die übrigen Mitglieder des Krimi-Clubs nickten zustimmend.

»Also ich würde es lieben, wenn Alfredo mit seiner Steinofenpizza zur Familie gehören würde«, erwiderte Ferdi und erntete damit ein Kichern von Vera.

Mit drei großen Pizzakartons, auf denen er mehrere Papiertüten balancierte, kam Gilberto zurück ins Wohnzimmer. »Drei große Familienpizzen mit allem. Außerdem gibt es Brötchen, Kräuterbutter, Onkel Alfredos spezielle Antipasti und zwei große Insalata mista, ah, delizioso ... Kommt zu Tisch, Essen ist fertig.«

»Schon praktisch, wenn der Besitzer der besten Pizzeria in der Region der eigene Onkel ist«, stellte Luise fest.

»Eigentlich ist er der Cousin meiner Mutter«, verbesserte Gilberto, »aber ich habe schon als kleiner Junge Onkel Alfredo zu ihm gesagt, und dabei wird es wohl auch bleiben.«

»Es ist jedenfalls nett, dass du noch Pizza bestellt hast«, sagte Vera.

»Das ist ja wohl das Mindeste, was ich tun kann, nachdem ihr den ganzen Nachmittag oben auf dem Dachboden geschuftet habt.«

Die Mitglieder des Krimi-Clubs nahmen sich Teller und bedienten sich aus den verschiedenen Kartons und Schüsseln.

»Darf ich euch ein Glas Wein anbieten?«, fragte Gilberto.

»Sehr gerne«, antworteten Ferdi und Clarissa wie aus einem Mund. Auch Vera nickte zustimmend, nur Luise hob abwehrend die Hand.

»Für mich bitte nur Wasser, ich muss gleich noch mit dem Auto meinen Hund bei einer Freundin abholen. Sie war so nett und hat den Nachmittag über auf Ray aufgepasst.«

»Also Wein für vier und einmal Wasser, kommt sofort.« Gilberto stellte seinen Teller auf den Tisch und verschwand in Richtung Küche. Kurze Zeit später kehrte er mit Gläsern, Wein und einer Wasserkaraffe zurück.

»Lass mich einschenken, Gilberto, deine Pizza wird ja sonst kalt«, bot Clarissa an.

Das ließ sich der Pfarrer nicht zweimal sagen, griff nach seinem Teller und biss genüsslich die Spitze von einem großen Pizzastück ab. Clarissa füllte die Weingläser, bevor sie sich auch noch etwas von der Pizza nahm. Erst beim Essen merkte sie, wie hungrig sie vorher eigentlich gewesen war.

Neugierig schaute sie sich im Wohnzimmer um. Es war das erste Mal, seit Gilberto ins Pfarrhaus eingezogen war, dass sie wieder in diesem Raum stand. Die drei Gemälde vom Dachboden hatten sie hinunter ins Wohnzimmer getragen und an eine leere, weiß gestrichene Wand gelehnt. Die riesigen Bilder wirkten deplatziert in dem ansonsten karg eingerichteten Wohnzimmer. Außer einem Fernseher, einem Esstisch mit zwei Stühlen, einem alten Bücherschrank und einem Sofa samt zwei nicht zusammenpassender Sessel stand hier nichts. Die Möbel verloren sich in dem großen Raum. Die Wände waren noch völlig kahl, da waren keine Bilder, keine eingerahmten Familienfotos. Gardinen und Vorhänge fehlten. Gilberto war hier erst vor wenigen Wochen eingezogen, und es war offensichtlich, dass er noch keine Zeit für die Inneneinrichtung seines Pfarrhauses gefunden hatte.

Keine Zeit oder kein Interesse, überlegte Clarissa. Sie kannte den Raum noch aus der Zeit, als Gilbertos Vorgänger, Bernhard Wohlgemuth, hier gewohnt hatte. Zu dessen Zeit hatten hohe Bücherregale die Wände bedeckt, Wohlgemuth hatte sich eine gemütliche Sitzecke und einen zusätzlichen Leseplatz eingerichtet. Der junge Geistliche war Opfer eines Mordanschlags geworden, und Clarissa versetzte die Erinnerung an ihn immer noch einen schmerzhaften Stich. Wenigstens blieb ihr die Genugtuung, dass sie die Mörder hatte überführen können, und sie freute sich darüber, dass Gilberto, ähnlich wie Bernhard Wohlgemuth, einen Sinn fürs Gärtnern besaß. Der Pfarrgarten war unter Bernhards Händen zu einem kleinen grünen Juwel geworden. Gilberto hat mit der Gartenarbeit weitergemacht und sogar schon ein neues Beet angelegt und bepflanzt.

»Was haltet ihr von unserem Fund?«, fragte Gilberto. »Ich möchte zu gerne wissen, ob die Bilder absichtlich versteckt wurden.« Seine Frage verdrängte bei Clarissa die wehmütigen Erinnerungen an Bernhard Wohlgemuth.

»Ich denke, dass die Krippendarstellung etwas Besonderes ist«, begann Ferdi. »Nicht nur wegen der fünf Könige vor dem Stall zu Bethlehem. Aber ich bin kein Fachmann, das ist mehr so ein Bauchgefühl.«

»Auf jeden Fall ist die Darstellung des alten Niedermühlenbachs ein ziemlich bekanntes Motiv, und Gemälde des heiligen Georg, wie er mit dem Drachen kämpft, gibt es auch zur Genüge. Aber dieses Krippenbild ... so etwas habe ich noch nie gesehen«, sagte Luise.

»Um aber auf deine Frage zurückzukommen, Gilberto«, sagte Clarissa, »ich vermute, die Gemälde sind nicht einfach nur weggeräumt worden. Vielleicht wollte man sie dort zwischenlagern. Dass die Holztür fast nahtlos in der Wand verschwindet und keine Klinke besitzt, ist natürlich ein Hinweis darauf, dass der kleine Raum auf dem Dachboden nicht sofort ins Auge fallen sollte. Aber dann hat man diesen Raum schlicht vergessen und den Zugang mit Möbeln vollgestellt.«

»Warum werden drei Gemälde auf einem ungeheizten Dachboden an eine Wand gehängt? Schließlich besteht dort die Gefahr, dass sie feucht werden.« Vera rieb sich nachdenklich die Nasenspitze.

»Dafür kann es viele Gründe geben«, erwiderte Ferdi. »Möglicherweise hingen sie hier unten in der Wohnung oder – was ich für wahrscheinlicher halte – in der Pfarrkirche. Vielleicht hat man die Bilder aus der Kirche entfernt, als der Innenraum renoviert wurde.«

»Oder man wollte die Gemälde in Sicherheit bringen. Ist die Pfarrkirche nicht sogar während des Zweiten Weltkriegs bei einem Bombenangriff beschädigt worden?«, fragte Luise.

»Das stimmt, ein Teil des Daches musste ersetzt werden. Das habe ich in einer Kirchenchronik gelesen«, bestätigte Ferdi.

»Das klingt plausibel. Es herrscht Gefahr in den Kriegstagen. Man sichert Gemälde, holt sie aus der Kirche«, Gilberto nickte zustimmend.

»Wäre dafür nicht der tiefe Felsenkeller im Pfarrgarten geeigneter gewesen? Außerdem, der Dachboden des Pfarrhauses bietet nicht mehr Schutz als das Kirchenschiff«, warf Clarissa ein.

»Oh, der Keller ist erst Jahre nach dem Krieg wieder nutzbar gemacht worden. Der stand nicht zur Verfügung«, erklärte Ferdi.

»Wie auch immer, fest steht, dass ein unscheinbarer Raum auf dem Dachboden ein ungewöhnlicher Platz für drei Gemälde ist. Bedenkt bitte: Man hat die Bilder nicht einfach zur Seite gestellt oder in einer Kiste versteckt. Sie wurden ganz bewusst an die Wand gehängt und mit Leintüchern abgedeckt«, führte Clarissa aus.

»Und das bedeutet was?«, fragte Vera.