Ein großer Fang - Günter Dönges - E-Book

Ein großer Fang E-Book

Günter Dönges

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Beschreibung

Exzellent – das ist er im wahrsten Sinne des Wortes: einzigartig, schlagfertig und natürlich auch unangenehm schlagfähig. Wer ihn unterschätzt, hat schon verloren. Sein Regenschirm ist nicht nur sein Markenzeichen, sondern auch die beste Waffe der Welt. Seinem Charisma, Witz und Charme kann keiner widerstehen. Der exzellente Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht! Butler Parker legte seinen behandschuhten Finger auf den Klingelknopf, läutete und trat abwartend zurück. Er war zwar eine knappe halbe Stunde vor der verabredeten Zeit gekommen, aber er hoffte, trotzdem empfangen zu werden. Als habe man im Haus nur auf dieses Signal gewartet, so prompt waren Schritte zu hören, die sich der Tür näherten. Sekunden später wurde sie spaltbreit geöffnet. Ein schmales, nervös wirkendes Gesicht war zu erkennen. Josuah Parker lüftete seine Melone. »Mr. Bracer?« erkundigte er sich. »Stimmt, und was wollen Sie?« »Ich bin Parker, mit dem Sie sich verabredet haben.« »Richtig, natürlich. Warten Sie, ich werde die Sperrkette aushaken.« Die Tür wurde angedrückt, Jeff Bracer löste die Kette und zog die Tür weit auf. »Treten Sie bitte näher«, sagte er. »Ich habe schon auf Sie gewartet!« »Hoffentlich bin ich nicht zu früh gekommen«, sagte Josuah Parker. »Es wäre mir peinlich, falls ich Ihren Zeitplan gestört haben sollte.«

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Der exzellente Butler Parker – 102 –

Ein großer Fang

Günter Dönges

Butler Parker legte seinen behandschuhten Finger auf den Klingelknopf, läutete und trat abwartend zurück. Er war zwar eine knappe halbe Stunde vor der verabredeten Zeit gekommen, aber er hoffte, trotzdem empfangen zu werden.

Als habe man im Haus nur auf dieses Signal gewartet, so prompt waren Schritte zu hören, die sich der Tür näherten. Sekunden später wurde sie spaltbreit geöffnet. Ein schmales, nervös wirkendes Gesicht war zu erkennen.

Josuah Parker lüftete seine Melone.

»Mr. Bracer?« erkundigte er sich.

»Stimmt, und was wollen Sie?«

»Ich bin Parker, mit dem Sie sich verabredet haben.«

»Richtig, natürlich. Warten Sie, ich werde die Sperrkette aushaken.«

Die Tür wurde angedrückt, Jeff Bracer löste die Kette und zog die Tür weit auf.

»Treten Sie bitte näher«, sagte er. »Ich habe schon auf Sie gewartet!«

»Hoffentlich bin ich nicht zu früh gekommen«, sagte Josuah Parker. »Es wäre mir peinlich, falls ich Ihren Zeitplan gestört haben sollte.«

»Aber das spielt doch keine Rolle«, meinte Bracer lächelnd. »Moment, ich werde vorausgehen. Nehmen Sie hier im Wohnraum Platz, Mr. Parker.«

Der Butler folgte seinem Gastgeber, ließ sich in einen Sessel nötigen und stellte seinen schon sagenhaften Universal-Regenschirm zwischen die Knie.

»Warten Sie, ich werde uns ein paar Drinks besorgen«, sagte Bracer. »Ich bin gleich wieder zurück.«

»Machen Sie nur keine Umstände«, wehrte Parker sehr verhalten ab. Bracer ließ sich nicht stoppen, sondern verließ den Wohnraum.

Seine Schritte verhallten im Korridor, eine Tür wurde geöffnet und leise geschlossen.

Josuah Parker sah sich diskret im Wohnraum um. Die Einrichtung war schlechter Durchschnitt. Auf dem Boden lag ein abgewetzter Teppich, auf dem frische Schmutzspuren zu erkennen waren, die hinüber zur halb geöffneten Terrassentür führten. Rechts von dieser Tür befand sich eine Sitzecke aus ein paar billigen Sesseln und einem altertümlichen Ledersofa.

Neben dem imitierten Kamin, in dem eine Gasheizung untergebracht war, stand eine Stehlampe, die den Raum nur sehr sparsam erhellte. Mr. Bracer schien sehr viel geraucht zu haben. Warmer Tabakgeruch hing dicht und schwer unter der Zimmerdecke.

Obwohl Josuah Parker sich erst für zwanzig Uhr angesagt hatte, mußte Jeff Bracer bereits auf ihn gewartet haben. Parker war gespannt, was Bracer ihm wohl zu erzählen hatte. Am Telefon hatte er sich nur mit Andeutungen begnügt.

Irgendwo im Haus klappte eine Tür.

Parker wartete auf Bracer und auf die Drinks. Seiner Schätzung nach war Bracer völlig durcheinander und sehr nervös, sonst hätte er mit den Drinks viel schneller erscheinen müssen. Parker sah zur Tür. Aber sie öffnete sich nicht.

Die Minuten verrannen.

Parker, der seine Taschenuhr befragt hatte, verlor die Geduld. Er war nicht gewohnt, sich derart behandeln zu lassen. Seine Zeit war schließlich kostbar. Er wollte sich gerade erheben und nach Mr. Bracer forschen, als er ein seltsames Geräusch hörte. Es klang wie ein ersticktes, heiseres Röcheln, das Sekunden danach mit einem Gurgeln schloß. Dieses unheimliche Geräusch kam aus dem Zimmer, in dem sich Parker aufhielt.

Parker erhob sich, lauschte und hörte im gleichen Moment das Zufallen einer Tür.

Beruhigt ließ sich der Butler wieder nieder und wartete auf Mr. Bracer. Aber er sollte sich getäuscht haben. Mr. Bracer erschien nicht. Selbst Schritte waren nicht zu vernehmen.

Dafür klang das seltsame Geräusch wieder auf.

Josuah Parker, der den Dingen stets auf den Grund ging, stand nun endgültig auf und verließ seinen Platz. Er ging auf die Sesselgruppe zu, vor der ein niedriges, langes Bord lief. Es war mit geschmacklosen Schaustücken in Bleikristall, Porzellan und anderem Material gefüllt.

Parker kam um das Bord herum und blieb wie erstarrt stehen. Vor ihm auf dem Boden lag ein füllig aussehender Mann, der sich langsam und schwerfällig auf die Seite rollte. Das Gesicht dieses Mannes war jetzt zu erkennen. Es war unnatürlich bleich, die Nase war spitz, und die Lippen hatten sich schmerzvoll verzogen. Mit solch einer schrecklichen Überraschung hatte Parker gewiß nicht gerechnet.

Die Augen des Mannes waren weit geöffnet, dennoch reagierten sie nicht auf den Butler, der sich niederbeugte, um den Mann näher zu untersuchen.

Der Mann war offensichtlich angeschossen und schwer verwundet. Aus seinem Mundwinkel rann ein dünner Blutfaden. Sein Hemd stand am Hals offen und war verschmiert von Blut, das noch nicht geronnen war.

Parker ließ sich auf die Knie nieder. Wie sollte er sich in diesem Moment Gedanken über den Mann machen, der ihn ins Haus gelassen hatte? Helfen wollte er, das Blut stoppen und retten, was noch zu retten war.

Durch den Körper des schwer getroffenen Mannes ging ein krampfhaftes Zucken. Seine Beine bewegten sich und plötzlich erkannte er Parker. Der Ausdruck panischer Angst trat in seine Augen. Abwehrend versuchte er die Arme zu heben, aber dazu war er bereits zu kraftlos.

»Ich will Ihnen helfen...!« sagte Parker langsam und laut. »Bleiben Sie ruhig liegen!«

Die Lippen des Mannes bewegten sich, aber Worte oder auch nur Laute waren nicht mehr zu vernehmen. Parker sah, daß dieser Mann sterben mußte. Es konnte sich nur noch um wenige Minuten handeln.

»Wer hat geschossen?« fragte Parker laut. »Wer hat geschossen? Sie müssen antworten! Antworten Sie doch!«

Der Butler brachte sein Ohr dicht an die Lippen des Sterbenden. Der Mann schien ihn nämlich verstanden zu haben. Er nahm den Rest seiner Kräfte zusammen, versuchte sich verständlich zu machen.

»Jane... Jane soll vorsichtig sein«, hauchte der Sterbende.

»Hat Jane geschossen?« fragte Parker.

Der Sterbende schüttelte den Kopf, ganz schwach nur, aber Parker bemerkte es.

»Wer hat geschossen?« fragte der Butler noch einmal sehr eindringlich. »Der Mörder darf nicht entkommen. Sie müssen reden.«

»Hank Müsset... aufpassen. Er muß...!«

Das war alles.

Es hatte keinen Sinn, weitere Fragen zu stellen. Der Mann war tot. Die Augen brachen. Der Unterkiefer fiel herab.

Josuah Parker richtete sich auf und suchte nach dem Telefonapparat, den er auf dem Bord fand. Er wählte eine Nummer und wartete, bis Anwalt Mike Rander sich meldete.

»Sir, ich habe die traurige Pflicht, Sie vom überraschenden Ableben des Mr. Bracer zu verständigen«, sagte Parker in seiner etwas umständlichen Art. »Augenscheinlich ist er durch zwei Schüsse getötet worden.«

»Donnerwetter«, gab Mike Rander, bekannter Anwalt und Strafverteidiger, zurück. »Was ist passiert?«

Parker schilderte kurz, was geschehen war.

»Es ist mir äußerst peinlich, sagen zu müssen«, schloß er, »daß ich den Mörder, der mir die Tür öffnete, mit Mr. Bracer verwechselte. Er konnte ohne Schwierigkeiten entwischen.«

»Woher wissen Sie, daß der Mann an der Tür der Mörder war?« fragte Mike Rander zurück.

»Sir, das ist eine Annahme von mir«, berichtigte sich Parker sofort. »Eines möchte ich allerdings herausstellen, er verfügte über erstaunlich gute Nerven.«

»Das muß ich auch sagen, Parker. Aber lassen Sie sich deshalb keine grauen Haare wachsen. Sie hatten Bracer ja vorher noch nie gesehen. Übrigens eine Frage am Rande: Sind Sie sicher, daß der Tote auch wirklich Jeff Bracer ist?«

»Sir, ich bin ganz sicher«, erwiderte Josuah Parker. »Genau neben mir steht ein Foto, das den Toten zeigt. Es ist eine ältere Aufnahme, worauf der Tote zusammen mit einigen anderen Männern zu sehen ist. Die Widmung beweist, daß Bracer der Tote ist.«

»Schön, Parker, verständigen Sie jetzt die Mordkommission. Ich werde selbst so schnell wie möglich dort sein. Und noch etwas. Auf ein paar Minuten wird es gewiß nicht ankommen. Bevor Sie die Polizei verständigen, könnten Sie vielleicht eine erste Sichtung vornehmen, wie? Sie haben mich doch verstanden, ja?«

»Ich habe begriffen, Sir.«

»Ende«, sagte Mike Rander nur. Es knackte in der Leitung, und Parker ließ den Hörer zurück auf die Gabel gleiten.

Er sah sich den Toten noch einmal an und begann anschließend mit einer ersten Untersuchung. Nach fünf Minuten verständigte Parker die Mordkommission und ließ sich abwartend in einem Sessel nieder.

Er dachte an die Vorgänge, die diesen Besuch eingeleitet hatten. Ein Mr. Jeff Bracer hatte sich telefonisch an das Anwaltsbüro Mike Rander gewandt und um Hilfe gebeten. Bracer, ein entlassener Häftling, hatte von bösen Schwierigkeiten gesprochen.

Rander hatte Bracer vorgeschlagen, doch zu ihm in die Kanzlei zu kommen, aber Bracer hatte das fast ängstlich abgelehnt. Er hatte von Beschattung und Überwachung gesprochen und flehentlich darum gebeten, man möge ihm doch einen unauffällig wirkenden Mann ins Haus schicken, mit dem er seine Probleme besprechen könne.

Mike Rander hatte daraufhin seinen Butler losgeschickt. Josuah Parker, ein Kriminalist aus Leidenschaft, hatte aber leider so gut wie nichts mehr in Erfahrung bringen können. Was hatten die wenigen Worte zu besagen, die Jeff Bracer vor seinem Tod gehaucht hatte? Von einer Jane hatte er geflüstert, und der Name Hank Mussel war zu verstehen gewesen. Vielleicht waren das bereits Hinweise, die eine erkennbare Spur ergeben würden. Daher beschloß Parker, diese spärlichen Angaben vorerst nicht auszuposaunen. Wenn es sein mußte, konnte er als echter Butler ungemein schweigsam sein!

*

»Sie müssen Jeffs Mörder finden«, sagte Mrs. Bracer mit monotoner Stimme. »Sie müssen ihn finden, ich hätte sonst keine Ruhe mehr. Mein Gott, wie hatten Jeff und ich uns das alles ausgemalt! Es sollte so schön werden. Er mußte die schrecklichen Jahre vergessen, die hinter ihm lagen.«

Tränen erstickten ihre Stimme. Sie ließ den Kopf sinken und zupfte an ihrem kleinen Taschentuch.

Jane Bracer war zweiunddreißig Jahre alt, mittelgroß, schlank und glich einem verschüchterten Vogel, der keinen Platz mehr in der Welt hat. Ihr naturbraunes Haar wirkte ungepflegt, aber das war verständlich. Die vergangenen Stunden hatten ihr schrecklich zugesetzt. Sie war zusammen mit einer Freundin im Kino gewesen und wurde zu Hause von der Mordkommission in Empfang genommen. Ohne große Rücksicht hatte man sie vor ihren Mann gebracht, den sie identifizieren mußte. Sie brach zusammen und wurde später von Mike Rander, der am Schauplatz der Tat eingetroffen war, mit in die Anwaltspraxis genommen. Rander hatte sich gleich als ihren Anwalt bezeichnet, um die junge, verzweifelte Frau vor den Fragen der Polizisten zu schützen.

»Wir werden alles tun, Mrs. Bracer, um den Mörder zu finden«, sagte Mike Rander. »Aber ohne Ihre Hilfe werden wir nicht viel ausrichten können.«

»Wie könnte ich Ihnen schon helfen?« fragte sie mutlos und nahm den Kopf hoch. »Ich hatte doch schließlich keine Ahnung, daß Jeff sich an Sie gewandt hat.«

»Mit Ihnen hat er nie über seine Schwierigkeiten gesprochen?« fragte Mike Rander weiter.

»Nein, niemals«, war ihre Antwort. »Jeff hatte sich sehr verändert. Er war anders, verstehen Sie? So verschlossen. Er ging kaum aus dem Flaus. Er war menschenscheu geworden.«

»Verständlich«, sagte Mike Rander und nickte. »Immerhin war er jahrelang von der Außenwelt abgeschlossen worden.«

»Warum soll ich das verschweigen?« meinte Mrs. Bracer tapfer. »Ich habe trotzdem immer zu ihm gehalten. Immer... Da konnten die Leute reden, was sie wollten.«

»Wir wissen leider nur sehr wenig über Ihren Mann, Mrs. Bracer.«

»Er hat im Gefängnis gesessen. Vier Jahre.«

»Und was hat ihn dahin gebracht?«

»Daß Jeff gegen das Gesetz verstoßen hatte, hat er immer offen zugegeben«, schickte sie voraus. »Aber Jeff war kein Gangster, Mr. Rander. Leider war er nur sehr leicht zu beeinflussen.«

»Weswegen wurde er verurteilt?«

»Er hat einen Wagen gefahren, in dem drei Bankräuber flüchteten. Es kam zu einer Schießerei. Der Wagen prallte gegen einen Hydranten. Jeff wurde schwer verletzt, brach sich einige Rippen und hatte einen leichten Schädelbruch.«

»Was wurde aus den drei anderen Männern?«

»Einer starb sofort nach dem Unfall, einer konnte entkommen, der dritte erhielt lebenslänglich. Er hatte einen Polizeibeamten erschossen.«

»Wann ist das passiert, Mrs. Bracer?«

»Vor gut vier Jahren«, erwiderte Jane Bracer. »Jeff wurde vor vier Wochen entlassen. Eigentlich sollte er zehn Jahre bleiben, aber der Rest der Strafe wurde wegen guter Führung geschenkt.«

»Hat ihr Mann vielleicht nach seiner Entlassung Besuche erhalten?«

»Nein, gar keine. Er wollte auch keinen Menschen sehen. Er hatte sich vollkommen verändert.«

»Wollte er wieder in seinen alten Beruf zurückkehren?«

»Ich redete ihm gut zu, aber Jeff konnte sich noch nicht entschließen. Er wollte noch damit warten.«

»In welchem Beruf hat er gearbeitet?«

»Jeff war Automechaniker, Sir.«

»Und wie haben Sie sich durchgeschlagen, Mrs. Bracer?«

»Ich habe als Verkäuferin gearbeitet«, sagte Jane Bracer. »Ich bin Zigarettengirl in einem Nachtclub.«

»Kein leichtes Leben«, sagte Mike Rander mitfühlend. »Wann haben Sie geheiratet?«

Diese Frage hätte er nicht stellen sollen. Er schien eine offene und besonders schmerzhafte Wunde berührt zu haben. Jane Bracer schluchzte auf und brach zusammen.

Mike Rander sah sich hilfesuchend nach seinem Butler um, der sich im Hintergrund gehalten hatte.

Als geschulter Butler hatte Parker bereits wirksame Mittel zur Hand, um die Frau zu beleben. Er servierte einen Kognak, den Jane Bracer sich fast willenlos von Mike Rander einflößen ließ.

Sie schüttelte sich, als das Getränk über ihre Lippen rann. Nur langsam erholte sie sich von ihrem Schock. Ihre Augen waren nun tränenlos. Tapfer richtete sie sich auf und preßte die Lippen zusammen, bis ihre Nerven sich beruhigt hatten.

»Sie sollten jetzt nicht mehr antworten«, meinte Rander. »Ich werde Sie nach Hause bringen, Mrs. Bracer.«

»Nein, auf keinen Fall werde ich zurück ins Haus gehen«, sagte sie. »Ich würde doch nur immer an... an das erinnert.«

»Können Sie anderweitig Unterkommen?«

»Ich werde wohl zu meiner Freundin gehen. Bringen Sie mich bitte zu ihr!«

»Aber das ist doch selbstverständlich«, sagte Rander und erhob sich.

»Sie fragten mich, wann ich Jeff geheiratet habe«, redete Jane Bracer weiter. »Erst vor vier Wochen. Verstehen Sie jetzt, wie es in mir aussieht?«

»Du lieber Himmel«, sagte Mike Rander bestürzt. »Das konnte ich leider nicht wissen. Verzeihen Sie meine Frage!«

»Ich habe die ganze Zeit über auf Jeff gewartet«, redete Jane Bracer weiter. »Ich wußte, daß er im Grunde ein guter Kerl war, glauben Sie mir. Wir wollten die Stadt verlassen und irgendwo völlig neu beginnen. Er hatte sich bereits um eine Stelle in Los Angeles beworben.«

»Wir sollten jetzt aber wirklich gehen«, sagte Mike Rander. »Sie muten sich zuviel zu, Mrs. Bracer.«

»Sie glauben ja nicht, wie gut es tut, sich mal richtig auszusprechen«, redete sie weiter und beschäftigte sich erneut mit dem kleinen Spitzentaschentuch, das fast zerrupft und zerfetzt war. »Warum ist Jeff wohl erschossen worden? Er hatte doch seine Strafe verbüßt. Er hat doch keinem Menschen etwas getan?«

»Eines Tages werden wir die Antwort auf Ihre Fragen wissen«, tröstete Rander die junge Frau.

»Sie wollen das also in die Hand nehmen, Sir?« fragte sie. »Ich zahle jeden Preis. Ich habe gespart. Sie verstehen?«

»Wir werden Ihnen helfen«, sagte Rander. »Aber jetzt wollen wir wirklich gehen. Sie haben immerhin ein Verhör der Polizei hinter sich.«

»Wenn Sie erlauben, Mrs. Bracer, möchte ich Ihnen gern einige Beruhigungstabletten mitgeben«, schaltete sich Parker aus dem Hintergrund ein. »Sie werden dann wenigstens schlafen können.«

»Parker, bringen Sie Mrs. Bracer nach Hause«, sagte Rander. »Ich habe noch etwas zu erledigen. Sie werden mich hier in der Kanzlei finden.«

Josuah Parker schien Mitleid mit der jungen Frau zu haben, denn er umsorgte sie mit einer Wärme, die man sonst nicht an ihm beobachten konnte. Sorgsam geleitete er sie hinaus, führte sie zum Lift und fuhr mit ihr hinunter in die große Halle.

Mrs. Bracer merkte überhaupt nicht, in was für einen eigenartigen Wagen sie einstieg. Es handelte sich um Butler Parkers hochbeiniges Monstrum, ein ehemaliges Londoner Taxi, das nach speziellen Wünschen des Butlers umgebaut worden war.

Parker gab sich die größte Mühe, nicht zu schnell zu fahren. Für seine Begriffe kroch er förmlich durch die Straßenschluchten. Normalerweise fuhr er ein anderes Tempo, das starke Männer schwach werden ließ.

»Wohin darf ich Sie bringen?« erkundigte sich Parker während der Fahrt.

Sie nannte ihm die Adresse.

Parker fuhr hinüber in den Ostteil der Stadt und setzte die junge Frau vor einem grauen Mietblock ab.

»Ich bringe Sie gern hinauf«, sagte er.

»Aber das ist wirklich nicht nötig«, wehrte Jane Bracer ab. »Sie haben schon so viel für mich getan.«

»Es macht mir wirklich nichts aus.«