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Geschäftsreisen muss man machen, auch wenn sie öde sind, findet Martin, der erfolgreiche Unternehmer. Als er eines Abends in Santiago de Chile allein in einem Lokal sitzt, wird er von einer Blumenverkäuferin angesprochen. »Kaufen Sie meine Rose, Señor! Es ist meine letzte, dann kann ich nach Hause gehen.« Natürlich hilft er dem Mädchen. Doch wem soll er die Rose schenken? Er schickt die Kleine mit der Blume an den Nachbartisch zu einer der vier jungen Damen. Das wird sein Leben verändern …
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Übersetzung aus dem Englischen von Barbara Röhl
Vollständige E-Book-Ausgabe der im Piper Verlag erschienenen Taschenbuchsonderausgabe
1. Auflage 2008
ISBN 978-3-492-95747-2
© Piper Verlag GmbH, München, 2002 Auszug aus: »Der Traum des Leuchtturmwärters« Umschlaggestaltung: Cornelia Niere, München Umschlagabbildung: Lucy Truman / New Division Datenkonvertierung: CPI – Clausen & Bosse, Leck
Nie werde ich vergessen, wie ich zum ersten Mal einen Leuchtturm sah.
Ich war damals ein Kind von fünf oder sechs Jahren und machte große Augen vor Ehrfurcht. Dieser Wächter am Rande der Klippen, der Schiffe und erschöpfte Matrosen sicher durch tückische Gewässer führte, sprach sofort mein Herz an. Wie konnte ein einzelnes Licht für so viele Menschen von so großer Bedeutung sein? Wie konnten so viele Menschen diesem Licht und jenen vertrauen, die darüber wachten?
Wenn ich heute, als Erwachsener, Leuchttürme betrachte, verstehe ich, warum mich diese wundervollen Warntürme stets so fasziniert haben. Ich bin tief beeindruckt von dem gleißenden Lichtstrahl und dem Zweck, den er erfüllt: Schiffe und ihre Besatzungen zu leiten. Bei Regen und Sturm, bei Nebel und Dunst – das Licht ist immer da, hinter der Glaslinse und der Glaswand, die das Licht bündeln und weit hinaustragen.
Trotzdem strahlt das Licht erst dann heller, wenn es die gläserne Wand durchbrochen hat.
Solche Wände stellt das Leben auch vor uns auf.
Gläserne Wände. Sie sind überall. Wir können sie nicht sehen, aber wir wissen, dass sie da sind. Sie machen den Weg zu unserer Bestimmung noch steiniger, noch schmerzlicher. Könnten wir die einengenden Grenzen überschreiten, würden wir im helleren Licht stehen und alles ganz klar sehen, dann würden wir die Wahrheit erkennen, wie sie wirklich ist: nackt und wunderbar.
Leichter gesagt als getan.
Und doch gibt es die gläsernen Wände nur in unseren Köpfen und in unseren Herzen.
Indem die Welt immer mehr zusammenwächst und erfundene Grenzen durch die Globalisierung an Bedeutung verlieren, können wir merken, dass der beste Weg, unser wundervolles Abenteuer Leben zu genießen, Ehrlichkeit mit uns selbst ist. Wir können es schaffen, wir selbst zu sein, unseren Überzeugungen zu vertrauen und sie mit anderen zu teilen; wir können das Leben, das wir uns erträumten, ans Licht bringen. Und uns von den Ketten befreien, die wir einzig und allein in unseren Köpfen und in unseren Herzen tragen.
Wir können wie Leuchttürme sein, deren Strahl die gläserne Wand durchdringt und zur Wahrheit führt.
Geschäftsreisen muss man machen, auch wenn sie öde sind. Um die nötigen Auslandskontakte herzustellen und ein Geschäft zum Laufen zu bringen, muss man eben reisen.
Mein Ziel war Santiago de Chile, eine moderne, geschäftige Stadt am Fuße der Anden. Ich lebte damals in Lima, wo ich mich einige Monate zuvor niedergelassen hatte. Geboren bin ich in Sydney, dort wurde ich zum passionierten Surfer, und nach dem weit entfernten Peru war ich ausgewandert, weil ich gehört hatte, dass dort die tollsten Wellen an die Küste schlagen.
Der Hauptgrund für den Umzug war jedoch mein Wunsch, meinem Leben einen Sinn zu geben, ich wollte Menschen helfen, die im Erreichen ihrer Ziele nicht so viel Glück hatten wie ich. Nachdem ich so viele Geschichten gehört hatte über Armut und Not und den Überlebenskampf gegen alle Widrigkeiten, wollte ich wissen, wie Menschen in einem unterentwickelten Land leben. Ich war Anfang vierzig, finanziell unabhängig, und ich hatte den Traum, anderen zu helfen, indem ich das berufliche Können anwandte und weitergab, das ich mir in zwanzig Jahren im Bereich Marketing und Verkauf von Lebensmitteln angeeignet hatte. Ich wollte eine Firma gründen, wo unterprivilegierte Menschen neue Fähigkeiten erwerben könnten und so die Möglichkeit hätten, für sich und ihre Familie eine vielversprechende Zukunft aufzubauen. Mit den Gewinnen der Firma wollte ich Schulen für Bedürftige bauen, wo sie einen guten Start ins Leben bekommen sollten.
Wenn es in diesem wundervollen, fremden Land, dem Land der Inka, eine gute Dünung gab, surfte ich regelmäßig nach der Arbeit, wie ich es als Kind an den fernen Stränden von Oz getan hatte. Immer noch gleite ich begeistert über Wellenkämme; das schenkt mir ein einzigartiges Gefühl, das Gefühl, lebendig zu sein, ewig zu leben, in guten wie in schlechten Zeiten.
Doch es war mir unangenehm, an einem Ort zum Surfen zu gehen, wo mich so viel Armut umgab. Ich fand es nicht fair. Ich war in einem hoch entwickelten Land geboren und konnte den Gedanken nicht ertragen, ein bequemes Leben zu haben, wo es so viel Hunger gab, so viel Not. Mit der Zeit gewöhnt man sich an alles, und viele Menschen in Dritte-Welt-Ländern schenken Kindern, die um ein paar Münzen oder eine Brotrinde betteln und auf der Straße verhungern, überhaupt keine Beachtung mehr. In solchen Gesellschaften ist es normal, dass Arm und Reich nebeneinander leben. Ich konnte es jedoch nicht mit ansehen, ich wollte etwas dagegen tun. Der einzige Schatz im Herzen der Armen ist die Hoffnung, dass ihnen irgendwann einmal jemand die Chance gibt, ihre Lebensqualität zu verbessern. Anstatt also auf die Abgeklärten zu hören, die mir sagten: »Das Problem ist zu groß, du kannst nichts ausrichten«, sagte ich mir: »Lebe deinen Traum, Martin, schaffe etwas aus dem Nichts, hilf denen, die nicht so viel Glück hatten wie du selbst. Und wenn es schwierig wird, lass dich immer von deinem Traum leiten.«
Und so kam ich nach Santiago de Chile, um Geschäftskontakte zu knüpfen, die ich für die Verwirklichung meines Traums brauchte.
In Lima hatte ich eine kleine Firma gegründet; ich importierte Käse und Wein aus Australien, wo es hervorragenden Wein und ausgezeichnete Milchprodukte gibt. Um nun mein Käsesortiment mit chilenischen Produkten zu erweitern, reiste ich nach Santiago.
Doch auf Geschäftsreisen langweilt man sich manchmal und fühlt sich schrecklich allein.
Nachdem alle Termine erledigt waren, hatte ich vor dem Rückflug nach Lima noch einen freien Abend. In Santiago war es schon Sommer, die Tage waren heiß und schwül, die Abende jedoch angenehm kühl.
Ich war hundert Kilometer im Landesinneren und fühlte mich wie immer verloren, wenn ich so weit vom Meer entfernt war. Da ich nichts Besseres zu tun hatte, ging ich zu Fuß in ein Stadtviertel, das mir der Hotelangestellte empfohlen hatte; dort gebe es Restaurants, Bars und Cafés, wo ich bei einem Glas ausgezeichnetem chilenischen Wein das Treiben beobachten könnte.
Ende der Leseprobe