Ein Schaffhauser auf dem Karhunkierros - Roman Alexander Bolli - E-Book

Ein Schaffhauser auf dem Karhunkierros E-Book

Roman Alexander Bolli

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Beschreibung

Die Abenteuerlust bewog mich zum Wintertrekking und ich wurde nicht enttäuscht. Während der Wind heulend um die Blockhütte zog, hielt ich die warme Kaffeetasse und blickte in das prasselnde Feuer im Ofen. In klirrender Kälte wanderte ich über knirschenden Schnee, der Wind liess Schneekristalle durch den Sonnenschein tanzen und ich genoss diese unglaubliche Stille. Verzweifelt versuchte ich mich aus den gewaltigen Schneemassen zu befreien. Jeder Schritt brannte in den Oberschenkeln, der Atem ging pfeifend, die Finger absolut gefühllos. Mitten auf dem gefrorenen See hörte ich dieses Knirschen und schlagartig wurde mir bewusst, wenn das Eis nachgibt bin ich weg. Spurlos. Trekking im Winter stellt auch den erfahrenen Wanderer vor neue Herausforderungen. Man ist noch einen Schritt näher bei der Natur mit all ihrer Schönheit. Und ihren Gefahren.

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Roman Alexander Bolli

Ein Schaffhauser auf dem Karhunkierros

Wintertrekking in Finnland

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Vorwort

Die Vorbereitung

Anreise

Montag

Dienstag

Mittwoch

Donnerstag

Freitag

Samstag

Sonntag

Zurück in die Zivilisation

Nachtrag

Der Autor

Impressum neobooks

Vorwort

Der Norden liess mich nicht mehr los. An sich wollte ich die Tour bereits im März 2016 in Angriff nehmen. Nun ist es jedoch so, dass ich meinen Urlaub bereits im Vorjahr anmelden muss. Daher reservierte ich mir eine Woche, bevor ich die fixe Idee im Kopf hatte den Karhunkierros zu wandern. Bei aller Sportlichkeit, sieben Tage sind einfach zu knapp. Zumindest, wenn man, kaum die wohlige Wärme des Terminals verlassen, die Stiefel nicht direkt zum Startpunkt des Trekkingpfades wendet.Da ich nun nichts besseres vor hatte und der Schweizer Winter einmal mehr mit frühlingshaften Temperaturen aufwartete, traf ich die Entscheidung, doch einen Abstecher nach Ruka zu machen. Eine Prise winterliches Finnland nehmen. Ich wanderte den Pieni Karhunkierros, die kleine Bärenrunde, streifte durch den Oulangan kansallispuisto, Oulanka Nationalpark, und wanderte kleine Tagesetappen auf dem Karhunkierros.Diese Rekognoszierung liess mich glauben, die Bärenrunde wäre eine ganz nette Wanderung. Man darf sich vom Wortteil "Runde" nicht irreführen lassen, es ist kein Rundtrip. Ja, ganz nett, vielleicht ein wenig kühl, aber in einer atemberaubenden Landschaft, fern jeglicher Einflüsse der Zivilisation. Ja, ich liess mich vom Sonnenschein, dem kompakten, festen Schnee und nicht zuletzt vom leichten Rucksack zur irrigen Idee hinreissen, der Karhunkierros wäre vielleicht gar in vier Tagen zu machen.

Das war etwa elf Monate vor diesem Dienstag, an welchem ich in Vasaoja in einem Laavu kniete und die Finger, kältebedingt jeglichen Gefühls beraubt, wie fremd gesteuerte Körperteile versuchten die vereisten Schnallen des Rucksacks zu schliessen.

Ob ich im Wissen um die Strapazen das Abenteuer angegangen wäre? Niemals. Würde ich es wieder tun? Die Frage darf nicht lauten ob, sondern wann.

Der Schweizer Extrem-Bergsteiger Ueli Steck sagte einmal; "Die meisten Menschen scheitern daran, dass sie es gar nicht erst versuchen."Der Leitsatz gefällt mir.

Die Vorbereitung

Das Rekognoszieren einer Tour ist ein unerhörter Luxus. Bereits im Winter 2016 besuchte ich Finnland. Ich residierte in Ruka, etwas präziser, nördlich des Zentrums in einer Absteige namens Motelli Ruka Tupa. Nebst der eigentlichen Unterkunft im Hauptgebäude bietet der Betreiber kleine Blockhütten feil. Bestechend schöne Bilder auf führenden Buchungs-Plattformen, ergänzt mit Lobhudeleien in Form von fünf Daumen hoch, nur fünf weil da einfach kein sechster zur Auswahl stand, und ergänzenden Kommentaren auf russisch. Motelli Ruka Tupa muss das Hilton unter den Blockhütten, an der Grenze zur Wildnis von Lappland sein.Eine Blockhütte mit Dusche, WC, Küche und Schlafnische. Klingt lauschig und nach jeder Menge Privatsphäre. So privat und verlassen, dass ich bei meiner Ankunft an einem sonnigen Samstag vor einer verschlossenen Rezeption stand. Meinen ersten Urlaubseuro investierte ich in ein Telefonat um den Betreiber zu finden.Mit einer 'Na wenn es denn sein muss'-Miene präsentierte er mir die Blockhütte. Bettwäsche und Handtücher würde er gleich nachreichen.Einige Telefonate später erstand ich dann Montags eigene Bettlaken und ein nettes rotes Handtuch. Etwas Abwaschmittel, einen Schwamm, Trockentuch und was man so eben einer kompletten Küche noch hinzufügen muss. Insbesondere, wenn das Kochgeschirr förmlich nach einer Wäsche schrie. Gespiesen habe ich die Tage darauf von einem Pappteller.Zugute halten möchte ich, dass die Privatsphäre hoch gehalten wurde. Bis und mit dem Tag der Abreise bekam ich den Gastgeber nicht mehr zu Gesicht.

Von diesen kleinen Unannehmlichkeiten abgesehen, war ich viel unterwegs. Ich wanderte den Pieni Karhunkierros. Einen 12 Kilometer langen Rundwanderweg in der Nähe von Juuma. Vom Besucherzentrum des Oulanka National Park erkundete ich zwei Wegstücke des Karhunkierros. Zu guter Letzt stieg ich noch zur Valtavaara-Hütte hoch. Alles gemütliche Tagesetappen. Und genau so fühlte ich mich auch. Wie ein Tagestourist. Es waren nicht viele Trekking-Wanderer, welche mir begegneten. Doch bei jedem durchfuhr mich ein grosses Gefühl von Neid und vor allem Scham. Weiss ich doch, wie man mit dem grossen Rucksack auf dem Rücken, nach Tagen der Strapazen auf die Tagestouristen schaut. In ihren hübschen Kleidern, nur fünfhundert Meter vom SUV mit der programmierten Standheizung entfernt.Ich konnte mir einen Eindruck verschaffen, die Kälte einschätzen und im Geiste schon die Ausrüstung zusammenstellen. Nach meiner Erfahrung auf dem Laugavegur (Ein Schaffhauser auf dem Laugavegur) war klar, es musste ein Vier-Jahreszeiten-Zelt her. Ein Vier-Jahreszeitenzelt, 4-Season heisst es modern, ist winter- und wüstentauglich. Das Aussenzelt lässt sich bis zum Boden abspannen. Das Innenzelt besitzt nicht nur ein Moskito-Netz sondern kann ebenfalls komplett verschlossen werden. So zischt der Wind nicht durch. Des weiteren verfügt es über eine bessere Abspannung und kann aufgrund des geodätischen Aufbaus durchaus auch etwas Schneelast tragen. Man darf sich jedoch nicht der Illusion hingeben, dass das Ding auch Wärme speichert.Der Markt ist mit bezahlbaren 4-Jahreszeiten-Zelte nicht übersättigt. Natürlich, wenn man ein grenzenloses Budget hat, steigt auch die Auswahl. Ich testete die Zelte zweier Lieferanten, deren Preise im dreistelligen oberen Mittelfeld angesiedelt waren. Nebst den oben erwähnten Eigenschaften war für mich das Gewicht und die Einfachheit des Aufbaus ausschlaggebend. Mit Tränen in den Augen retournierte ich das Exemplar von Salewa. Es war eine wunderschöne Behausung, mit einer beeindruckenden Stabilität, ein bezauberndes Design, kurz gesagt, ein Traumhaus. Ohne Handschuhe brauchte ich zwanzig Minuten für den Aufbau. Auf einem Campingplatz ist dies nicht weiter tragisch. Mit dem Bier nebenstehend, während sich in der Grillstätte eine hübsche Glut bildet und die werte Begleitung das Fleisch mariniert. Zieht einem die Kälte um die Ohren, bei jedem Schritt versinkt man eine Stiefelhöhe tief im Boden und das prächtige Weiss von oben bedeckt langsam die Ausrüstung, sind 20 Minuten eine entsetzlich lange Zeit. Das Marmot Miwok 2P wird nie einen Schönheitspreis gewinnen. Das muss es auch nicht. Innert vier Minuten stand es zum Einzug bereit. Aufgebaut mit Handschuhen.

Was noch fehlte waren die Schneeheringe. Etwas breiter, etwas länger. In betörendem rot gehalten und so leicht, dass man sie aufgrund ihres Gewichts mit geschlossenen Augen nicht von einer Gänsefeder unterscheiden könnte.Rückblickend hätte ich mir besser einen 410er-Firstnagel zugelegt, aber dies sind die Erfahrungen, welche den Reiz des Abenteuers ausmachen. Zwölf Stück von diesem wertvollen Utensil trug ich mit. So konnte ich auch die letzte Schlaufe und Leine im Boden verankern.Verpackt habe ich sie in zwei Bündel à 6 Stück, gehalten von einem Klettband, welches ich an einem Hering befestigte. Ich habe begonnen stets einige Klettverschlüsse mitzuführen. Sie sind universell einsetzbar, man muss nichts verknoten und nicht mit starren Fingern kleine Schlaufen durch passgenaue Laschen ziehen. Wobei ich einräumen möchte, man kann es mit dem Verstauen auch übertreiben. Irgendwann kommt der Punkt, an welchem man einfach alles oben in den Rucksack stopft. Sei es, weil einem der Schnee in den Nacken fällt oder man langsam am Boden anfriert, bisweilen muss es einfach schnell gehen.Als nächstes musste in neuer Schlafsack her. Einer, welcher den Temperaturen gewachsen war. Wir dürfen nicht vergessen, es ist nicht nur eine Frage des Komforts. Irgendwie haben die meisten von uns auch das Ziel, morgens wieder aufzuwachen. Bisher sträubte ich mich stets etwas gegen Daunenschlafsäcke. Dem Reiz, eine tote, nasse Gans durch die Landschaft zu tragen konnte ich nichts abgewinnen.Nun ist es jedoch so, dass man bei den Temperaturen in der Nähe des Polarkreises um das abgelegte Federkleid der lieben Gans nicht herumkommt. Ich nehme euch gleich die Illusion, anhand der Werte den perfekten Schlafsack finden zu wollen. Es ist ein Ratgeber, im Endeffekt muss man die Erfahrung selber machen. Das Gute daran, ihr macht die Erfahrung einmal, danach wisst ihr, wie ihr euer Outdoor-Schlafzimmer ausstattet. Der Händler eures Vertrauens wird euch, unauffällig auf das Preisschild schielend, vielleicht folgende Temperaturen an den Kopf werfen. Den Komfortbereich (T-comf), den unteren Grenzbereich (T-lim) und den extremen Bereich (T-ext). Wenn er sich ganz wichtig machen will, führt er noch den oberen Grenzbereich (T-max) ins Feld, welcher in etwa so relevant ist, wie die Farbe des Verpackungsbeutels. T-max vermittelt die unverzichtbare Information, wann der normale Mensch zu schwitzen beginnt. Also dieser normale Mensch, welcher einfach den Reissverschluss auf zippt, wenn es im Schlafsack zu warm wird.Der T-comf gibt den Wert an, bei welchem die normale Frau nicht friert und komfortabel die Nacht verbringt. Bevor nun die Genderbewegung dieses Teufelsbuch verbrannt; Dies ist nichts sexistisches, man braucht nun mal einen Referenzwert und darauf bezieht sich diese Norm. Sprich 25 Jahre, 60 Kilogramm und 160 Zentimeter Körpergrösse. Beim Mann sind es übrigens 25 Jahre, 70 Kilogramm und 173 Zentimeter Körperlänge. Doch beim Mann stossen solche Normwerte für gewöhnlich nicht auf mediales Echo, irgendwie verkraften Männer auch die Duschgel-Werbung mit dem muskelbepackten Frauentraum besser.Was das Frieren anbelangt, dies ist nicht etwa eine Schwäche der Frau, man beachte zum Beispiel englische Teens während dem Feiern im Freien. Halbnackt bei Unternull. Für die übrigen Vertreter des Homo Sapiens gilt der Fakt, dass der weibliche Körper naturgemäss etwas weniger Muskeln und mehr Fett als der männliche Körper aufweist. Nun ist es so, dass Fett wohl ein wenig isoliert, allerdings kann es keine Wärme erzeugen. Dies können nur Muskeln. Wir kennen dies vom umgangssprachlichen Bibbern. Kleine Muskelkontraktionen versuchen Wärme zur erzeugen. Das Zittern ist die letzte Reaktion des Körpers auf Kälte. In erster Linie haben wir die Gänsehaut, ein Urreflex, welcher das Ziel hat, das Fell aufzustellen und eine Isolationsschicht zu bilden. Nur haben wir nicht mehr allzu viel Fell. Deshalb beginnt der Körper die Muskeln um die Blutgefässe zu bewegen. Er schmeisst unsere Extremitäten wie Hände und Füsse der Kälte zum Frass vor, reduziert die Durchblutung und schützt die inneren Organe sowie das Rückenmark. Zudem stellt er die Schweissproduktion ein. Die sommerliche Kühlung ist hier nicht von Nöten. Erst nach diesem Prozess beginnen wir wirklich zu zittern.Zurück zum Schlafsack. Relevant sollte der Komfortwert sein. Dieser "garantiert" eine angenehme Nacht. Beim T-lim schläft der Mann gerade noch irgendwie, beim T-ext geht es um das nackte Überleben. Hätte ich dieses Buch mal früher gelesen.Ich entschied mich für einen Mumienschlafsack von Nordisk, T-comf -4 Grad, T-lim -10 Grad und T-ext -30 Grad. Empfohlen für eine Körpergrösse von 185 Zentimeter. So gern man sich auch im Schlafsack bewegt, hier sollte man nicht zu grosszügig sein. Jeder Freiraum im Schlafsack will erwärmt werden. Von Mumienschlafsäcken bin ich gar kein Freund. So eingezwängt schlafe ich sehr schlecht. Zieht man erst noch die Kapuze zusammen, geht auch der letzte Komfort flöten. Aber es sagte ja niemand, dass dies hier ein Club-Urlaub werden würde.

Schlafsack, Zelt, was braucht man noch?Wäre ich nicht vorgängig in Finnland gewesen, hätte ich wohl eine schwere Daunenjacke hochgeschleppt. Ich baute auf eine leichte Jacke mit Windstopp-Eigenschaft und intelligent verteilter Isolierung. Ist ein Drittel so dick und halb so schwer wie die Bekleidung, welche mancher Büroangestellter für die 5 Minuten Wartezeit an der Bushaltestelle trägt. Des weiteren musste für die Dekoration der Kapuze auch kein Nerz sein Fell lassen.Für das Beinkleid fiel die Wahl auf eine Gore-Tex-Hose. Also Power-Tex, wie das bei Salewa heisst, doch im Aufbauprinzip dasselbe. Theoretisch geht die Feuchtigkeit raus, das Wasser bleibt trotzdem draussen. Windstopper, dies ist schon noch wichtig. Eine Dura-Stretch-Hose. Liegt doch ziemlich eng an. Mag seltsam anmuten, wenn man dies in etwa mit Skihosen vergleicht, welche doch schon sehr flauschig isoliert sind. Doch sobald man sich bewegt, weiss man es zu schätzen. Der Schweiss wird sofort nach aussen geleitet, ja, man öffnet sogar die seitliche Belüftung, dann trennt einem nur noch ein feines Netz von der Umwelt.Die Temperaturen variierten von -5 bis -20 Grad. Die genaue Messung schenkte ich mir. Meine Armbanduhr, welche mich diesbezüglich hätte informieren können, war am Handgelenk, was die Temperaturmessung dann doch ein wenig verfälschte.Obwohl die Hosen über einen Steigeisen- und Schneeschuhbeständigen Abschluss verfügten, wollte ich nicht auf die Schneegamaschen verzichten. Diese schützen nicht nur das Beinkleid vor Beschädigungen und das Schuhwerk vor eintretender Nässe, sie haben durchaus auch eine isolierende Eigenschaft. So isolierend, wie ein Plastikbeutel um die Füsse eben ist. Nach diversen Schichten Imprägnierung scheint mir der Vergleich durchaus angemessen.Unterhalb dieser Kleidungsschicht befand sich nur noch die Thermowäsche. Dies reicht völlig aus, wenn man in Bewegung ist.Für die weniger aktiven Tätigkeiten hatte ich einen Pullover im Gepäck. Dies war dann auch schon meine komplette Marschbekleidung. Ende Woche roch ich doch ein wenig streng. Sehr streng. Offen gesagt, mir wurde von meinen eigenen Ausdünstungen beinahe übel, aber damit muss man leben.Wie ihr bestimmt wisst, einiges Wärme verliert man über den Kopf. Ich bin bekennender Fan von Buff's geworden. Diese Schläuche, welche man sich über den Kopf zieht. Lässig als unkomplizierter Schal um den Hals getragen, oder bei Bedarf halb über den Kopf gezogen. Bisweilen wirkte ich wie Loco aus 'Leichen pflastern seinen Weg' oder etwas weniger eindrücklich wie eine Kräuterhexe. Was mir, ehrlich gesagt, ziemlich egal war. Die Ohren sind eingepackt, der Nacken bleibt warm und wenn man sich noch eine Mütze aufsetzt ist man gut versorgt. Ich besitze eine Schirm-Mütze. Reine Schurwolle mit einem Polyester-Anteil von 67 Prozent.Etwas muss beim Packen vergessen gehen, mein Buff lag zuhause. Netterweise sprang ein finnischer Bekleidungsladen in die Bresche. Die teuersten 50 Zentimeter Stoff meines Lebens.

Mein Schuh, der Salewa Raven welcher in dieser Form leider nicht mehr hergestellt wird, verblüffte mich einmal mehr. Er trägt mich im Hochsommer in die Berge, ohne dass mein Fuss komplett zerfliesst, er trug mich durch Schottland, er trug mich in Island durch Bäche, er trug mich über Gletscher, Klettersteige und er hielt meine Füsse in Lappland warm. Stets mit einer einfachen Trekkingsocke.Ich besitze zwei Paar dieser Stiefel welche ich abwechselnd benutze. Also wenn ich wirklich eine Beziehung zu einem meiner Outdoor-Artikel aufgebaut habe, ist es mein Salewa Raven.Ein Thema für sich sind die Handschuhe. Wenn ich eine Achillesferse habe, sind es, neben der eigentlichen Achillessehne auch, die Hände. Nahezu immer trug ich ein Paar dünne Handschuhe. Einmal zog ich sie aus, worauf ich mein Lehrgeld sofort bezahlte. Dazu später mehr. Bei Bedarf streifte ich ein zusätzliches Paar Handschuhe darüber. Normale Ski-Handschuhe, ohne spezielle Thermoeigenschaften. Klima- und bewegungsbedingt war ich permanent am Handschuhe aus und anziehen. Rückblickend wären vielleicht ein paar Fäustlinge die richtige Wahl. Wenn Fäustlingen auch ein Touch Primarschüler anhaftet, die Dinger geben doch richtig warm, weil die Finger kuschelig beinander liegen.Für die Reise hatte ich noch ein Paar Hosen und ein T-Shirt dabei, dies war es auch schon, was die Garderobe anbelangt.

Spassig wird es doch erst bei der Hardware.Schneeschuhe gibt es in unzähligen Varianten, für jeden Einsatzbereich. Ein zur Ellipse gebogenes Rohr, darüber eine bessere Mülltüte gespannt und eine Kunststoff-Schnallenbindung ist ein gängiges Modell. Die Benutzer derselbigen erkennt man für gewöhnlich daran, dass sie bei der kleinsten Neigung des Weges wild mit den Armen rudern, während sie unaufhaltsam den Hang hinuntergleiten.Meine treuen Leser kennen mich; Bisweilen lasse ich mich noch auf das Glatteis führen, doch im Grundsatz bin ich zu arm um billig zu kaufen.Der MSR Lightning Ascent lässt keine Wünsche offen. Beinahe keine. Die Verwendung von Duraluminium, umgangssprachlich Luftfahrt-Aluminium, reduziert das Gewicht eines Schuhs auf knapp 800 Gramm. Durch eine optional zu erwerbende Verlängerung wird die Auflagefläche um einen Viertel erhöht. Die Bindung ist aus Kautschuk gefertigt und keine Schnallenbindung sondern Riemen, welche bis minus 40 Grad geschmeidig flexibel bleiben. Die Harscheisen sind rundherum in den Rahmen gefräst, die Querstreben mit mörderischen Zacken bewehrt und an der Fussspitze graben sich lange Zähne in Schnee, Eis und den Teppichboden des Hotelzimmers. Letzteres war ein Unfall. Man muss nun mal eben auf den Schuh stehen, um die Verlängerung zu montieren.Neben der Leichtigkeit zeichnet diesen Schuh seine unglaubliche Traktion aus. Solange da ein wenig Untergrund ist, erklimmt ihr jede Steigung. Um eure Achillessehne nicht zu überdehnen oder die Waden zu verheizen klappt ihr die Ergo Televator Steighilfe aus. Nichts anderes als ein Bügel unterhalb der Ferse, welcher den Fuss in eine angenehme Position bringt, während der Schneeschuh in einem beinahe unnatürlichen Winkel im Hang steckt. Simple Technik, grosse Wirkung.Den einzigen Abstrich mache ich bei der Bindung. Es sind pro Fuss vier flache Riemen mit unzähligen Löchern. Diese werden von der Aussenseite zur Innenseite des Fusses gelegt, durch eine Lasche geführt und automatisch fixiert. Der überstehende Riemen, er ist so grosszügig ausgelegt, dass ihr auch die ausgemusterten Moon-Boots vom Dachboden holen könntet, wird über den Fuss wieder zurückgelegt und an einem Noppen fixiert. Ist ein ziemliches Gefummel. Vielleicht werdet ihr eines kalten Morgens dem Designer die Pest an den Hals wünschen. Nein, ihr werdet gewiss. Doch mit den Schneeschuhen ist es im Norden wie mit der Unterwäsche; Die zieht ihr morgens an, so ihr sie überhaupt ausgezogen habt, und tragt sie dann den ganzen Tag. Wahrscheinlich wechselt ihr die Schuhe auch so oft wie die Unterwäsche. Als Unterstützung hatte ich Teleskop-Stöcke bei mir. So praktisch Teleskopstöcke beim Transport sind, so mühsam finde ich sie im Gebrauch. Meine jedenfalls haben die Eigenschaft, sich im unglücklichsten Moment zum handlichen Packformat zusammen zu schieben.

Des weiteren erfordert der Winter eine angemessene Kochausrüstung.Wieder setzte ich auf meinen MSR-Benzinkocher. Mein Flieger landete in Kuusamo. Ein Flughafen im nirgendwo. Weit und breit kein Outdoor-Shop. Die weitere Reise führte mich nach Ruka. Der Wintersportort in Finnland. Ausgerichtet auf Schneehasen, Schneemobilfahrer oder einfach russische, zweibeinige Pelztierchen. Für durchgeknallte Wanderer mit der Absicht, sich in die Wildnis abzusetzen ist der Ort nur dürftig vorbereitet. Dies bedeutet, nach Gas brauchte ich gar nicht erst zu suchen. Abgesehen davon, bei dauerhaften Minustemperaturen verbinden sich Patrone und Brenner zu einer Einheit. Wenn der Brenner überhaupt noch funktioniert. Mit Benzin ist man auf der sicheren Seite. Zum einen friert es nicht ein, es ist universell einsetzbar und man kriegt es in Ruka an zwei Orten.Mein MSR arbeitet mit einer abgesetzten Flasche. Dieses System ist sehr praktisch. Man kann mehrere Behälter mit sich führen und gewichtsmässig ideal im Rucksack platzieren. Grob überschlagen dachte ich, 1,5 Liter Benzin sollten ausreichen. Unter Einberechnung der Tatsache, dass ich jeden Tropfen Wasser schmelzen musste und mir auch öfters als üblich eine warme Mahlzeit bereiten wollte.Ein Benzinkocher ist nicht absolut wartungsfrei. Man sollte ihn schon kennen bevor man hinaus zieht, zumindest unter Idealbedingungen einmal zerlegt haben. Da gibt es Gummidichtungen, welche geschmeidig bleiben wollen, Düsen, welche zu verstopfen drohen und nicht zuletzt, schon um des Komforts willen, empfiehlt es sich dann und wann das Ding zu entrussen. Für Notfälle habe ich ein kleines Wartungskit mit den gängigsten Verschleissteilen dabei. Die Natur gibt einem schon, was man braucht, aber ein halb-Zoll-Gummiring wächst nicht an der nächsten Kiefer. Man schleppt an den hundert Gramm nicht viel und es ist doch wie mit dem Fahrradschlauch-Flickzeug. Solange man es bei sich trägt, wird man es nie brauchen.Wie auch die Schneeschaufel. In Reiseführern wird einem die Schneeschaufel wärmstens ans Herz gelegt. Ja, nach der flüchtigen Durchsicht von Erfahrungsberichten kann ich mir kaum erklären, wie ich bisher ohne Schneeschaufel durch das Leben gekommen bin. Natürlich habe ich mir eine zugelegt, versteht sich von selbst. Das leichteste Teil am Markt. Zerlegbar bis auf Hosentaschengrösse. Leider fand ich dennoch keinen Platz in, oder an meiner Packung. Nach dem fünften Versuch, diese grüne Schaufel irgendwie in meinen Rucksack-Sack zu quetschen, entschied ich mich todesmutig, das Ding zuhause zu lassen. Und es war gut so, denn ich hätte sie gewiss am zweiten Tag in den Wald gepfeffert und mich die folgenden Tage ob der Umweltverschmutzung ganz elend gefühlt. Vermisst habe ich sie keine Sekunde.