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Der reiche Prinz Ashraf braucht eine Frau zum Repräsentieren. Karen sucht einen Mann, der ihr ein Baby schenkt. Die Lösung: eine Vernunftehe. Dass Ashraf jedoch ihr Herz erobern will, ahnt Karen nicht ...
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Seitenzahl: 172
IMPRESSUM
Ein Traumprinz für Karen erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© 2003 by Harlequin Books S.A. Originaltitel: „Expecting The Sheikh’s Baby“ erschienen bei: Silhouette Books, Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe COLLECTION BACCARABand 246 - 2007 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg Übersetzung: Stefanie Aigner
Umschlagsmotive: Harlequin Books S.A.
Veröffentlicht im ePub Format in 08/2018 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733737573
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY
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Der Mann sah aus wie ihr verstorbener Vater.
Mit zitternden Fingern strich Karen Rawlins über das Foto in der Bostoner Tageszeitung. Es zeigte Paul Barone. In dem Artikel ging es um ein Familientreffen der Barones, das vor Kurzem stattgefunden hatte, und bei der Gelegenheit wurde die alte Geschichte um die mysteriöse Entführung von Pauls Zwillingsbruder Luke noch einmal aufgerollt. Für Karen bedeutete dies nur eine Bestätigung dessen, was sie schon aus dem vergilbten Tagebuch ihrer Großmutter wusste: Ihre geliebten Großeltern hatten jahrzehntelang mit einer Lüge gelebt.
Karen saß in ihrer Wohnung im Herzen Montanas, geplagt von so vielen offenen Fragen und quälenden Erinnerungen. Hatte ihr Vater von dem Schwindel erfahren, bevor er starb? Hatte er gewusst, dass er eigentlich aus einer reichen Familie aus Massachusetts stammte? Dass er von einer Frau entführt worden war, von der er immer gedacht hatte, sie sei seine Mutter, und dass er in Wirklichkeit nicht Timothy Rawlins hieß, sondern Luke Barone?
Sie legte die Zeitung beiseite. Ihre Fragen würden für immer und ewig unbeantwortet bleiben, denn ihre Großeltern waren vor zwei Jahren innerhalb weniger Monate gestorben, und ihre Eltern waren vor einem Jahr bei einem schrecklichen Autounfall ums Leben gekommen.
Es war für Karen schwer gewesen, mit diesem unermesslichen Verlust fertig zu werden. Vielleicht hätte sie zu dem Zeitpunkt nicht auch noch die Verlobung mit Carl lösen sollen. Aber sie wollte ihr Leben nach ihren Vorstellungen leben und nicht, wie Carl es von ihr erwartete. Er brauchte eine Frau, die sich ihm unterordnete und nicht eine, die eigene Träume hatte, eigene Ansichten und eigene Ziele.
Fröstelnd legte Karen ihre Hände um die warme Kaffeetasse. Trotz des warmen Juliwetters spürte sie eine innere Kälte, die ihr bis tief in die Knochen drang. Sie fühlte sich schrecklich einsam.
Im vergangenen Jahr war einiges schiefgelaufen in ihrem Leben, und nun fragte sie sich, was sie hier in Silver Valley eigentlich noch hielt. Diese verschlafene Kleinstadt hatte nichts weiter zu bieten als schmerzhafte Erinnerungen. Erschwerend kam hinzu, dass alles, was sie bisher über ihre Familie und ihre Herkunft zu wissen geglaubt hatte, sich als Lüge herausgestellt hatte – bis auf die Tatsache, dass ihre Eltern und Großeltern sie über alles geliebt hatten.
Vielleicht sollte sie nach Boston gehen. Bestimmt gab es dort die Möglichkeit für einen Neuanfang. Karen beschloss, Kontakt mit den Barones aufzunehmen und Paul alles über seinen verlorenen Zwillingsbruder zu erzählen. Sie könnte sich dort eine neue Arbeit suchen, und eines Tages würde sie vielleicht sogar ihr eigenes Mode-Studio haben. Sie würde sich ein neues Leben aufbauen. Und um ihr Glück perfekt zu machen und die Leere in ihrem Inneren auszufüllen, wünschte sie sich ein Kind. Ein kleines Wesen, das sie lieben würde und das ihre Liebe erwidern würde.
Nein, das vergangene Jahr war wirklich kein gutes Jahr gewesen für Karen Rawlins. Aber das sollte sich von heute an ändern. Sie musste ihre Pläne nur in die Tat umsetzen. Karen war fest entschlossen, ihre Ziele zu erreichen – und zwar ohne die Hilfe eines Mannes.
Oh nein! Nicht der schon wieder!
Karen Rawlins stand hinter dem Marmortresen der berühmten Baronessa Gelateria und unterdrückte einen Aufschrei, als sie mit dem Ellbogen an die Registrierkasse stieß. Im Hintergrund erklang die Melodie von „Santa Lucia“. Verärgert beobachtete sie den exotisch aussehenden Mann, der am Fenster Platz genommen hatte.
Vor einem Monat hatte sie Scheich Ashraf ibn-Saalem bei der Willkommensfeier kennengelernt, die ihr zu Ehren von den Barones ausgerichtet worden war. Zugegeben, er war sehr charmant und sah unheimlich gut aus, aber für Karens Begriffe war er zu sehr von sich selbst überzeugt. So ein Mann war nichts für sie, auch wenn sie jedes Mal, wenn er sie ansah, Herzklopfen bekam. Trotzdem konnte sie nicht vergessen, was bei ihrem ersten Treffen passiert war.
Er hatte sie geküsst.
Es war ein heißer, leidenschaftlicher Kuss gewesen, der ihr den Boden unter den Füßen weggezogen hatte.
Aber das hatte nichts zu bedeuten. Am besten, sie beachtete diesen Mann gar nicht. Sie würde einfach ignorieren, wie er mit seinen braunen Augen ständig zu ihr herübersah. Eine wirklich schwierige Aufgabe! Heute trug er anstatt seines traditionellen arabischen Gewands einen beigen Anzug, darunter einen schwarzen Rollkragenpulli, genauso schwarz wie sein volles, seidig schimmerndes Haar. Er sah aus wie ein Geschäftsmann, der sich eine kurze Erholungspause von der hektischen Finanzwelt gönnte.
Sie warf ihm noch einmal einen verstohlenen Blick zu, dann drehte sie sich um und rückte die Eisbecher im Regal hinter der Theke gerade. Schließlich war sie hier, um zu arbeiten.
Vor einem knappen Monat war sie nach Boston gekommen, und ihre neue Familie hatte sie mit offenen Armen empfangen. Mit einem Mal hatte sie eine Unmenge an Verwandten. Voller Freude hatte sie die Stelle als stellvertretende Geschäftsführerin der Gelateria angenommen und war in das Apartment eingezogen, in dem früher Gina gewohnt hatte. Es machte ihr großen Spaß, mit ihrer liebenswerten Cousine Maria zusammenzuarbeiten. Ihr Leben lief wieder in geordneten Bahnen, und sie spürte kein Verlangen nach einem Mann an ihrer Seite. Selbst wenn es sich dabei um einen attraktiven Prinzen handelte.
Karen konnte der Versuchung nicht widerstehen und warf ihm noch einmal heimlich einen Blick zu. Die Mittagszeit war vorbei, und die Leute, die sich vor dem Regenguss in die Eisdiele geflüchtet hatten, gingen wieder ihren sonstigen Aktivitäten nach.
Scheich ibn-Saalem war der einzige Gast außer einem Pärchen, das flüsternd und Händchen haltend in der anderen Ecke saß, während das Eis, das die beiden vor langer Zeit bestellt hatten, langsam schmolz.
„Ich sehe, du hast Besuch bekommen.“ Maria lächelte verschmitzt.
„Warum hast du mir nicht gesagt, dass er kommen würde?“ Karen war nicht gerade erfreut darüber, dass Ashraf ibn-Saalem so unvermutet hier auftauchte.
„Du warst gerade unten im Keller, als er kam“, erklärte Maria. „Übrigens hätte ich nicht gedacht, dass dich das so durcheinanderbringt.“
„Ich bin nicht durcheinander.“ Mit übertriebenem Eifer wischte Karen die Theke sauber, die ohnehin blitzblank war. „Für mich ist er ein Gast wie jeder andere.“
„Ich glaube, er ist nicht wegen unseres guten Kaffees hier. So, wie er dich ansieht, hat sein Besuch einen anderen Grund …“
Karen krempelte die Ärmel ihrer weißen Bluse hoch. „Hat der Kerl denn keine Arbeit?“
„Doch. Daniel hat mir erzählt, er sei selbstständig und arbeite als Finanzberater. Angeblich verdient er nicht schlecht und ist viel im Ausland unterwegs.“
Daniel war der Sohn von Paul, dem Zwillingsbruder von Karens Vater. Er war es gewesen, der den Scheich zu der Willkommensfeier eingeladen hatte.
Maria stützte sich auf die Theke. „Egal, ob er arbeitet oder nicht, jedenfalls ist er ziemlich reich. Und es fließt königliches Blut in seinen Adern …“ Plötzlich richtete sie sich auf. „… und er kommt direkt auf uns zu.“
Karen erstarrte. Wie festgenagelt blieb sie mit dem Rücken an den Tresen gelehnt stehen, während ihr ein kalter Schauer über den Rücken lief.
„Können wir Ihnen behilflich sein, Scheich ibn-Saalem?“
Immer noch wagte Karen es nicht, sich umzudrehen. Starr blickte sie geradeaus, selbst als sie hörte, dass er sich auf einen Barhocker am Tresen setzte.
„Ja, nennen Sie mich Ash. Ich mag nicht von Freunden mit meinem Titel angesprochen werden. Und die Barones gehören zu meinen Freunden.“
„Na klar“, sagte Maria. „Freunde von Daniel sind auch unsere Freunde, stimmt’s, Karen?“
Karen verzog das Gesicht, als Maria ihr plötzlich mit dem Ellbogen in die Seite stieß. „Ja, natürlich.“
Er lächelte sie an, was Karen nur noch mehr einschüchterte. Warum musste er nur so verdammt attraktiv sein?
„Hübsch siehst du heute aus, Karen“, sagte er. Er hatte eine angenehme, warme Stimme.
Sie konnte nicht glauben, dass er die Frechheit besaß, sie beim Vornamen zu nennen. Okay, er war ja schließlich auch so dreist gewesen, sie zu küssen, warum also sollten sie weiterhin auf Förmlichkeiten bestehen? Ihr Puls fing an zu rasen. „Danke.“
„Gefällt dir die Arbeit hier?“
„Ja, mir macht es großen Spaß.“ Sie zwang sich zu einem Lächeln. „Was darf ich dir bringen?“
Er beugte sich vor. „Was hättest du denn anzubieten?“ Ein betörender Duft ging von ihm aus.
Oh nein! Karen hatte keine Lust auf diese Spielchen. „Wie wär’s mit einem Eis? Das verschafft Abkühlung.“
„Was würdest du sagen, wenn ich dich darum bitten würde, mit mir nach der Arbeit essen zu gehen?“
„Ich glaube nicht …“
„Miss, ich würde gern etwas bestellen.“
Am anderen Ende der Theke saß ein schlecht gekleideter Geschäftsmann mittleren Alters und wartete ungeduldig darauf, bedient zu werden. Karen sah sich nach Maria um, doch die war verschwunden.
„Entschuldige mich.“ Mit Stift und Notizblock in der Hand ging Karen zu dem Gast. „Was darf ich Ihnen bringen, Sir?“
Mit einem leicht säuerlichen Gesichtsausdruck antwortete dieser: „Einen Kaffee.“
„Espresso, Cappuccino oder …“
„Einfach nur Kaffee. Zum Mitnehmen.“
„Gern. Ich habe gerade frischen aufgesetzt, der wird gleich fertig sein.“
„Ich bin in Eile.“
„Es dauert nicht mehr lange“, antwortete sie.
„Du hast meine Frage noch nicht beantwortet, Karen.“
Sie blickte zu Ash. Freundlich lächelnd sagte sie zu dem mürrischen Gast: „Entschuldigen Sie mich einen Augenblick.“ Dann ging sie wieder zu Ash zurück. „Ich habe heute Abend schon etwas vor.“
„Etwas Wichtiges?“
„Ja.“
„Also wäre es nicht angebracht, wenn ich mit dir mitkommen würde?“
Insgeheim dachte Karen, dass es gar nicht schlecht wäre, wenn er mit in die Kinderwunschklinik kommen würde. Er könnte ja eine Samenspende abgeben. Wer würde schon so einen Spender abweisen? Doch sie würde ihm auf keinen Fall verraten, was sie vorhatte. „Ich habe einen Termin beim Arzt.“
Besorgt sah er sie an. „Bist du krank?“
„Nur eine Routineuntersuchung.“ Das war nicht einmal ganz gelogen. „Mir geht es gut.“
„Ist der Kaffee endlich fertig?“, rief erbost der Mann vom anderen Ende der Theke.
Einerseits war Karen froh darüber, dass ihr Gespräch unterbrochen wurde, andererseits fühlte sie sich gefangen zwischen zwei aufdringlichen Männern. Sie zwang sich zu einem Lächeln. „Einen Augenblick noch, er ist gleich so weit.“
Der Mann schlug auf den Tresen. „Ich habe aber keine Zeit mehr. Wenn Sie endlich die Güte hätten, das Gespräch mit Ihrem Freund zu unterbrechen und mir meinen Kaffee zu bringen, wäre ich Ihnen sehr verbunden. Im Gegensatz zu anderen Leuten hier habe ich eine Arbeit, die auf mich wartet.“
Karen musste sich zusammennehmen. „Ich verstehe Sie ja sehr gut, Sir, aber der Kaffee ist noch nicht fertig. Kann ich Ihnen in der Zwischenzeit ein Glas Wasser anbieten?“ Am liebsten hätte sie ihm das Wasser gleich ins Gesicht gekippt.
„Ich will Ihr verdammtes Wasser nicht. Ich will meinen Kaffee.“
Bis jetzt hatte sich Ash nicht für den Nörgler interessiert, doch nun änderte sich sein Gesichtsausdruck. Er stand auf, zog seine Jacke aus und legte sie behutsam auf den Stuhl neben sich. Dann schob er die Ärmel seines Pullis hoch. Karen fürchtete plötzlich, der Scheich könnte mit seinen Fäusten auf den verärgerten Gast losgehen. Aber stattdessen lief er um den Tresen herum, griff nach einem Pappbecher, füllte ihn mit dem Rest lauwarmen Kaffee, der noch in der Kanne war, und stellte den Becher vor dem Mann auf die Theke.
„Damit Sie hier endlich verschwinden“, sagte er mit leiser, bedrohlicher Stimme. „Wenn Sie nicht in dreißig Sekunden das Lokal verlassen haben, werde ich Sie höchstpersönlich hinausbefördern.“
Wutentbrannt stürmte der Mann aus der Eisdiele.
Als Karen sich schließlich wieder gefasst hatte, sah sie Ash fragend an. „War das wirklich nötig?“
„Ich habe etwas gegen ungehobelte Menschen. Besonders, wenn sie Frauen schlecht behandeln.“
Du meine Güte! „Es war nicht nötig, mich zu beschützen. Aber du hast es ja nur gut gemeint.“
Er sah sie herausfordernd an. „Du könntest deine Dankbarkeit zeigen, indem du heute Abend mit mir essen gehst.“
„Ich habe dir bereits gesagt, dass ich keine Zeit habe.“ Zudem fehlte ihr der Mut dazu.
Plötzlich tauchte Maria wieder auf. Verwundert blickte sie zu Scheich ibn-Saalem, der hinter dem Tresen stand. Zu Karen gewandt sagte sie: „Ich sehe, du hast eine Aushilfe bekommen, während ich unten war.“
Karen griff nach ihrem Autoschlüssel. „Er hat mir bei einem schwierigen Gast geholfen.“
„Wie nett von dir, Ash“, sagte Maria. „Findest du nicht, Karen?“
Widerwillig blickte Karen noch einmal zu Ashraf ibn-Saalem. Zugegeben, er sah ziemlich gut aus. Unerhört männlich. Und seine Augen waren umwerfend. Sie wandte sich zu Maria. „Ist Mimi schon da? Ich muss nämlich los.“
Maria machte eine Handbewegung in Richtung Tür. „Geh nur. Ich schaffe das schon allein, bis sie kommt.“
Plötzlich fühlte sich Karen von diesem überheblichen, arroganten fremdländischen Prinzen angezogen. So etwas Verrücktes!
Eilig ging sie zur Tür, bevor sie doch noch auf Ashs Einladung einging.
„Du weißt, wo du mich erreichen kannst, Karen.“
Einen kleinen Augenblick zögerte sie, als sie seine dunkle Stimme noch einmal hörte. Doch dann hastete sie schnell zu ihrem Auto und fuhr los.
So leicht gab sich Ashraf ibn-Saalem nicht geschlagen. Seit er Karen auf der Willkommensfeier zum ersten Mal gesehen und sie geküsst hatte, war er von ihr verzaubert. Er würde alles daransetzen, sie für sich zu gewinnen, auch wenn er dafür sehr viel Geduld aufbringen musste.
„So ein Mist!“
Marias Ausruf riss ihn aus seinen Gedanken. „Gibt es ein Problem?“
Sie hielt eine schwarze Lederhandtasche hoch. „Karen war so in Eile, dass sie ihre Tasche vergessen hat.“
Ash sah seine Chance gekommen. Vielleicht gab es doch noch eine Möglichkeit, Karen umzustimmen. „Ich bringe sie ihr.“
„Jetzt?“
„Ja, sie braucht sie bestimmt. Wahrscheinlich sind ihr Führerschein und ihre Geldbörse darin.“
Maria zögerte. „Ich weiß nicht, ob sie es gut finden wird, wenn ich dir sage, wo sie ist.“
„Sie hat mir von ihrem Arztbesuch erzählt.“
„Wirklich?“
Das war zwar nur die halbe Wahrheit, aber das brauchte Maria ja nicht zu wissen. „Kennst du die Adresse der Arztpraxis?“
Eine grauhaarige, hagere Frau sprang hilfreich ein. „Sie hat mich gestern nach einer Adresse in Blakenship gefragt. Industrial Drive 200. Wahrscheinlich ist sie dorthin gefahren.“
Maria warf der Kellnerin einen tadelnden Blick zu. „Mimi, vielleicht möchte Karen nicht, dass du diese Information weitergibst.“
Mimi rollte mit den Augen. „Aber sie braucht doch ihre Handtasche. Er wird schon nicht ihre Kreditkarte klauen.“
Ash streckte die Hand aus, und Maria reichte ihm widerwillig die Tasche. „Vertrau mir“, sagte Ash. „Ich werde Karen finden und ihr die Handtasche geben.“ Lächelnd verließ Ash das Lokal. Was für ein glücklicher Zufall! Er hatte etwas in der Hand, was Karen dringend benötigte. Das war seine Chance.
Gut gelaunt ging er zu dem silbernen Rolls-Royce, den er am Straßenrand geparkt hatte, stieg ein und fuhr los. Der Verkehr in Richtung Innenstadt wurde immer dichter, und er wurde allmählich ungeduldig. Nach einer Ewigkeit war er endlich in der Straße angekommen, die Mimi ihm genannt hatte, und er fand ein rotes Backsteingebäude, das offensichtlich eine Klinik war.
Auf einem Schild stand Milam Fertility Center, und Ash dachte schon, er sei falsch. Dann aber sah er auf dem Parkplatz den blauen Kleinwagen, mit dem er Karen vorhin hatte wegfahren sehen.
Er parkte, griff nach der Handtasche und stieg aus dem Auto. Dann lehnte er sich gegen die Motorhaube. Warum ging sie in eine Kinderwunschklinik? Plötzlich sah er, wie sich die Autotür öffnete und Karen ausstieg.
Schnell ging er zu ihr. Karen beugte sich in den Wagen, da sie offensichtlich ihre Handtasche suchte. Einen Augenblick hielt Ash inne und betrachtete ihre Rundungen und die wohlgeformten Beine.
„Suchst du das hier?“
Erschrocken drehte sie sich um. „Was machst du denn hier?“, fragte sie entsetzt.
Er hob die Handtasche hoch und ließ sie hin- und herbaumeln. „Ich wollte dir das bringen.“
Verärgert griff sie nach der Tasche. „Danke. Ich hatte sie noch gar nicht vermisst.“
Er blickte zu dem Schild. „Was machst du hier?“
Während sie nervös die Träger ihrer Handtasche um ihre schmalen Finger wickelte, stammelte sie: „Ich habe doch gesagt, ich habe …“
„Einen Arzttermin. Richtig. Aber warum hier? Willst du dich hier um eine neue Arbeitsstelle bewerben?“
„Natürlich nicht!“, rief sie empört. Dann schloss sie mit einem kräftigen Hüftschwung die Tür, lehnte sich gegen das Auto und blickte ihn herausfordernd an. „Das ist meine Angelegenheit.“
Ash war enttäuscht, dass sie ihm nichts sagen wollte. „Ich würde nur gern verstehen, warum du gerade in diese Klinik gehst.“
„Das geht dich nichts an.“
„Es geht mich sehr wohl etwas an, falls du zusammen mit einem anderen Mann ein Kind haben willst.“
„Wieso denn das?“
„Weil ich dann nicht mehr darauf drängen werde, dass du mit mir ausgehst. Ich möchte nicht in das Territorium eines anderen Mannes eindringen.“
Ihre hellgrünen Augen funkelten wild. „Zu Ihrer Information, Scheich ibn-Saalem: Ich bin keineswegs das Territorium irgendeines Mannes. Und außerdem braucht eine Frau heutzutage nicht unbedingt einen Mann, um schwanger zu werden. Es gibt inzwischen andere Möglichkeiten.“ An ihrem Gesichtsausdruck konnte er sehen, dass es ihr äußerst unangenehm war, darüber zu sprechen.
Nachdenklich strich er sich über das Kinn. „Du willst also ein Kind haben, aber keinen Partner?“
Sie blickte ihn herausfordernd an. „Ja, das stimmt.“
„Du würdest wirklich ein Kind haben wollen von einem Mann, von dem du überhaupt nichts weißt?“
„Jawohl, und mein Entschluss steht fest. Immerhin bin ich schon einunddreißig, und ich werde nicht jünger. Das ist genau der richtige Zeitpunkt dafür.“
Ash dachte über ihre Worte nach. Was wäre, wenn er ihr zu einem Wunschkind verhelfen würde? Er würde es ohne Zögern für sie tun. Auch sie könnte ihm etwas geben, wonach er sich sehnte: Die Möglichkeit, ein Kind zu haben und eine feste Beziehung mit einer Frau einzugehen, die zugleich intelligent und attraktiv war. Vor vielen Jahren war seine damalige Beziehung in die Brüche gegangen, weil sein Vater sich ihnen in den Weg gestellt hatte. Seitdem wartete er auf die Richtige.
„Vielleicht könnte ich dir in dieser Angelegenheit weiterhelfen“, sagte er schließlich.
Sie sah ihn mit großen Augen an. „Heißt das, du würdest eine Samenspende für mich abgeben?“
„Nein, ich habe keine Lust, mich mit einem Plastikbecher zu vergnügen. Ich bevorzuge die natürliche Methode.“
Karen schüttelte den Kopf. „Auf keinen Fall.“
Er trat näher an sie heran. „Hast du etwa Angst davor?“
Ihr trotziger Blick bestätigte seine Vermutung. „So ein Unsinn, ich habe keine Angst. Wovor denn?“
Er stützte sich am Auto ab und beugte sich über sie. „Vielleicht fürchtest du dich davor, dass du etwas für mich empfinden könntest, wenn wir miteinander schlafen.“
Ganz leise schnappte sie nach Luft. Das einzige erkennbare Zeichen dafür, dass er recht hatte. „Es wäre keine gute Idee, das ist alles.“
„Es ist eine außerordentlich gute Idee! Ich habe mir schon seit einiger Zeit überlegt, dass es schön wäre, eine eigene Familie zu haben. Also wäre uns beiden geholfen.“
Gereizt stöhnte sie auf. „Ich will aber nur ein Kind und keine Beziehung.“
„Du willst ein Kind, das seinen Vater nicht kennt? Ich glaube nicht, dass du dir das für dein Kind wünschst. Ganz besonders, nachdem du von der Entführung deines Vaters erfahren hast.“
Verlegen blickte Karen hinunter auf ihre schwarzen Leinenschuhe. „Ich wünsche mir ein Baby mehr als alles andere auf der Welt.“
Sanft legte Ash den Finger unter ihr Kinn und zwang sie, ihn anzusehen. In ihren Augen lag Unentschlossenheit. Da sie offensichtlich nicht völlig abgeneigt war, wollte er noch einmal versuchen, sie von seinem Vorschlag zu überzeugen. „Das ist ein einzigartiges Angebot. Ich wäre bereit, der Vater deines Kindes zu werden.“
Sie blickte ihn misstrauisch an. „Und was erwartest du als Gegenleistung?“
Ein einziges Mal hatte er sein Herz an eine Frau verschenkt. Diesen Fehler würde er kein zweites Mal begehen. Trotzdem wäre es schön, eine eigene Familie zu haben. Er könnte Karen und dem Kind ein angenehmes Zuhause und eine sichere Zukunft bieten. „Ich möchte, dass du mich heiratest.“
Sie runzelte die Stirn. „Das ist verrückt. Wir kennen uns ja kaum.“