Ein unmoralisches Angebot für Cinderella? - Julia James - E-Book

Ein unmoralisches Angebot für Cinderella? E-Book

Julia James

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Beschreibung

Das Tablett fällt, die Gläser zerbrechen – doch noch während Kellnerin Connie die Scherben aufsammelt, spürt sie den nachdenklichen Blick eines attraktiven Partygastes auf sich. Am nächsten Tag sucht der italienische Milliardär Dante Cavelli sie unerwartet in ihrem Cottage auf und macht ihr ein unerhörtes Angebot: Er braucht eine Ehefrau – würde Connie sich auf eine Scheinehe mit ihm einlassen? Alle ihre finanziellen Probleme, die sie wegen ihrer kranken Großmutter plagen, wären gelöst! Aber was, wenn diese pikante Abmachung sie ihr Herz kostet?

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Seitenzahl: 189

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IMPRESSUM

JULIA erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2023 by Julia James Originaltitel: „Contracted as the Italian’s Bride“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: MODERN ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe 2024 in der Reihe JULIA, Band 2659 Übersetzung: Tina Beckmann

Abbildungen: Harlequin Books S.A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 07/2024 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783751524872

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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PROLOG

Dante Cavelli nahm einen Schluck von seinem Martini und warf einen Blick auf seine goldene Armbanduhr.

Sie ließ auf sich warten.

In der gedämpft beleuchteten Cocktailbar spielte eine Pianistin melancholischen Blues. Mit ihrem langen blonden Haar, das ihr verführerisch über die Schulter fiel, weckte sie kurz Dantes Interesse. Er musterte sie über den Raum hinweg, sie war attraktiv, aber nicht sein Typ. Dante wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Eingang zu. Mit den Fingerspitzen trommelte er einen Stakkato-Rhythmus auf den blank polierten Tresen – und hielt plötzlich inne.

Cielo! Die Frau, die soeben die Bar betrat, war definitiv nach seinem Geschmack! Der Eingang zur Bar lag vor dem hell erleuchteten Hotelfoyer in diffusem Halbschatten. Aber was Dante sah, genügte, um jedes Y-Chromosom in seinem Körper in Aufruhr zu versetzen.

Ein pfauenblaues Cocktailkleid schmiegte sich wie eine zweite Haut um die aufregendsten Kurven, die er je erblickt hatte. Das Kleid endete knapp über den Knien und umspielte wohlgeformte Beine, die von den hochhackigen Satinpumps verführerisch betont wurden. Von den Schultern aufwärts waren verheißungsvolle Einzelheiten zu erkennen. Hochgestecktes, mahagonifarben schimmerndes Haar. Ausdrucksvolle Wangenknochen. Ein voller, sinnlicher Mund.

Dante war vollkommen hingerissen von diesem wahr gewordenen Männertraum. Nur eins passte nicht ins Bild: ihre unübersehbare Nervosität. Zögernd stand sie da und umklammerte mit einer Hand ihre Clutch, während die andere auf ihrem Dekolleté lag, als wolle sie sich ermuntern, tief durchzuatmen.

Aber warum in aller Welt war eine Frau mit ihrem Aussehen so nervös?

Gerade als Dante sie im Geist ermutigte, ihre Scheu zu überwinden und die Bar zu betreten, tat sie es. Neue Gäste kamen, denen sie den Weg verstellte, also blieb ihr gar nichts anderes übrig.

Langsam trat sie näher. Jetzt konnte er sie deutlich sehen – und ihm stockte der Atem.

Das konnte nicht sein.

Impossibile.

Es war völlig ausgeschlossen, und doch gab es keinen Zweifel.

Sie war es!

1. KAPITEL

Zwölf Monate zuvor

In halsbrecherischem Tempo brauste Dante über die schmale Landstraße. Seine Finger umklammerten mit eisernem Griff das Lenkrad. Seit der Verkündung der Erbschaftsregelung glich sein Zustand zunehmend einer tickenden Zeitbombe. Er hatte alles getan, was von ihm verlangt wurde, und war immer hundertprozentig loyal gewesen. Rund um die Uhr einsatzbereit. Und zum Dank hatte sein Großvater diese bösartige Killerklausel in sein Testament eingebaut!

Ein rascher Blick auf sein Navi verriet Dante, dass er sein Ziel fast erreicht hatte. Eine Hochzeit – was für ein schlechter Witz! Aber egal, hier würde er den einzigen Mann finden, der ihn jetzt retten konnte. Sein alter Freund Rafaello Ranieri mochte eine aalglatte Diva sein, aber er verstand sein Handwerk. Und zwar vollkommen zu Recht, verdammt noch mal! Es gab etwa dreißig superreiche Familien in Italien, und die Hälfte von ihnen ließ sich von Rafs Anwaltskanzlei vertreten. Die Cavellis gehörten ebenfalls dazu, wenngleich Dante zum ersten Mal Rafs professionelle Hilfe in Anspruch nehmen musste.

Dass er ihm bis zu diesem abgelegenen Landgut im äußersten Südwesten Englands nachjagen musste, wo Rafaello gerade als Gast des italienischen Bräutigams weilte, war alles andere als ein Vergnügen, aber der Mühe wert. Raf fand immer eine Lösung, egal wie verzwickt die juristische Lage war. Und bestimmt auch diesmal.

Der Druck auf Dantes Brust ließ ein wenig nach, doch bald darauf wurden seine Erwartungen bitter enttäuscht.

„Komm schon, Raf!“ Sein Blick bohrte sich beschwörend in den seines Freundes. „Da muss es doch irgendein Schlupfloch geben!“

Rafaello, der in seinem eleganten Smoking makellos wie immer aussah, zuckte bedauernd die Schultern. „Tut mir leid, mein Freund, aber da ist nichts zu machen. Die Klausel ist unanfechtbar.“ Er gab Dante die Kopie des Testaments zurück und verzog die Lippen zu einem amüsierten Lächeln. „Dann dürfen wir uns jetzt wohl alle gespannt fragen, wer die Glückliche ist, die Italiens begehrtester Junggeselle zum Traualtar führt. Bisher warst du ja eher auf flüchtige Affären spezialisiert.“

Dantes Augen blitzten verärgert auf. „Stell mich jetzt nicht als notorischen Frauenhelden dar, Raf. Du weißt ganz genau, dass ich keine Zeit für eine feste Beziehung hatte. Wann bitte schön hätte ich die denn aufbauen sollen?“

Rafaello nahm sein Glas von dem Stehtisch, auf dem er es abgestellt hatte, um das Testament zu überfliegen. „Vielleicht wollte dein Großvater das ja korrigieren und dafür sorgen, dass du nun endlich eine dauerhafte Bindung eingehst.“ Er trank einen Schluck Champagner und ließ den Blick durch die leere Lounge schweifen, in die sie sich fernab der Hochzeitsgesellschaft zurückgezogen hatten. „Aber natürlich bleibt dir immer noch die Möglichkeit, deinen Erbanspruch aufzugeben.“

„Nie im Leben!“, stieß Dante mit zusammengebissenen Zähnen hervor. „Ich habe für dieses Erbe gearbeitet. Sehr hart und sehr gut! Ich habe ihm alles gegeben, was er wollte, und jetzt will ich, was mir verdammt noch mal zusteht!“

Dante war bei seinem Großvater aufgewachsen, da dieser seinen Sohn und dessen Frau für unfähig zur Erziehung seines einzigen Enkels gehalten hatte. Nach dem, was Dante über seine Eltern wusste, war das wohl eine richtige Entscheidung gewesen. Es hieß, es habe selten ein egoistischeres und vergnügungssüchtigeres Paar gegeben. Dante selbst konnte sich kaum an seine Eltern erinnern. Er war erst sechs Jahre alt, als beide nach einer wilden Party bei einem Autounfall ums Leben kamen.

Angesichts dieser Vorgeschichte hatte der alte Cavelli keine Gelegenheit ausgelassen, seinem Enkel vor allem eines einzutrichtern: Geld wuchs nicht auf Bäumen, sondern musste durch harte, unermüdliche Arbeit verdient werden.

Und genau das hatte Dante getan. Nach seinem Einserabitur hatte er Wirtschaftswissenschaft studiert und die Hochschule als Jahrgangsbester verlassen. Seitdem arbeitete er als Arturo Cavellis Stellvertreter und designierter Nachfolger im Familienunternehmen. Die Nachfolge war fest vereinbart. Doch dann hatte der alte Teufel ihn mit dieser Zusatzklausel ausgetrickst!

„Jetzt lass nicht gleich den Kopf hängen, Dante.“ Rafaello musterte seinen Freund nachdenklich. „Das Testament verlangt zwar, dass du bei Antritt deines Erbes verheiratet sein musst, aber es sagt nichts über die Dauer dieser Ehe.“

Dantes Augen verengten sich. „Was wäre die Mindestlaufzeit?“

Rafaello trank in aller Ruhe einen weiteren Schluck Champagner, bevor er antwortete. „Auf keinen Fall darf der Eindruck einer Scheinehe entstehen. Jeder Beweis in dieser Richtung würde rückwirkend sämtliche Erbansprüche ungültig machen. Von daher würde ich mich auf zwei Jahre einstellen.“

„Zwei Jahre? Dio! Dann bin ich fast fünfunddreißig und gehe auf die vierzig zu!“

„Sagen wir, mindestens anderthalb Jahre. Verkraftest du das?“

Dante verzog das Gesicht, als hätte er in eine Zitrone gebissen. „Selbst ein Tag wäre noch zu lang, aber offenbar habe ich keine Wahl.“

„Du könntest eine Frau finden, die selbst an einer zeitlich begrenzten Zweckgemeinschaft interessiert ist und keine Forderungen stellt.“

„Als ob das so einfach wäre.“

Die kurzlebigen Liebschaften, die Dante gelegentlich in seinen eng getakteten Zeitplan einschob, lehrten ihn etwas anderes. Viele der Frauen hätten ihn zwar liebend gern geheiratet, aber keine wollte eine Pro-forma-Ehe mit integriertem Scheidungsdatum. Sie alle wollten das Gesamtpaket. Für immer an seiner Seite, mit einem großzügigen Taschengeld und ein oder zwei Kindern, die ihn binden würden, bis er alt und grau wäre.

„Warum nicht?“, beharrte Rafaello. „Vielleicht hat sie genau wie du Gründe, die ein solches Arrangement wünschenswert erscheinen lassen.“

Dante zog die dunklen Brauen hoch. „Und wie komme ich zu so einer äußerst praktischen Braut?“

„Wer weiß?“ Mit einem gutmütigen Lachen legte Rafaello ihm einen Arm um die Schultern und führte ihn zum Festsaal. „Vielleicht findest du sie hier. Also pack deinen Charme aus und versetze die Damen ein bisschen in Aufruhr.“

Connies Schicht neigte sich dem Ende zu. Die Hochzeitsgäste hatten sich gerade im Speiseraum zum Dinner gesetzt, sodass der Festsaal nun leer war. Connie musste nur noch die Gläser abräumen und in die Spülmaschine stellen, dann konnte sie gehen.

Idealerweise wäre sie überhaupt nicht hier, sondern zu Hause bei ihrer Gran, aber es ging nun mal nicht anders. Neben ihren Putzjobs in den Cottages neben dem ihrer Großmutter konnte sie ohnehin nur an den Abenden arbeiten, an denen Mrs. Bowen von gegenüber herüberkommen und bei Gran sitzen konnte.

Abendarbeit bedeutete eine Schicht in der Dorfkneipe oder, so wie heute, eine Hochzeit in Clayton Hall. Die Hochzeiten waren immer sehr stressig, aber die Eventagentur bezahlte besser als die Kneipe. Und Connie brauchte das Geld dringender denn je.

Das Cottage, in dem ihre Großmutter seit Jahrzehnten wohnte, war kürzlich verkauft worden, und der neue Eigentümer wollte daraus ein Ferienhaus machen. Das bedeutete, dass sie für sich und Gran eine neue Bleibe finden musste. Doch nirgends schien es eine geeignete Unterkunft zu geben, die auch nur annähernd bezahlbar gewesen wäre.

Bevor die Hoffnungslosigkeit sie überwältigte, schnappte Connie sich ein Tablett, ging durch die Personaltür in den verlassenen Saal und begann die benutzten Gläser von den Stehtischen zu räumen. Mit vollem Tablett eilte sie Richtung Küche zurück, vorbei an der Tür zur Lounge, die genau in diesem Moment von der anderen Seite aufgerissen wurde.

Jemand lief in sie hinein. Sie schrie erschrocken auf. Das Tablett geriet ins Wanken, und ein gutes Dutzend Champagnergläser zersprang klirrend auf dem Steinboden.

Mitten in Connies Entsetzen hinein brüllte eine Stimme: „Accidenti!“

Mit wild klopfendem Herzen ging sie in die Knie und begann mit bebenden Fingern die Scherben aufzusammeln.

„Mi dispiace. Ich bitte um Entschuldigung …“

Es war dieselbe Stimme wie eben, nur dass sie jetzt nicht wütend klang, sondern weich und reumütig. Und auf einmal sah sie zwei Hände, die dasselbe taten wie ihre. Connie riskierte einen raschen Seitenblick und sah muskulöse Oberschenkel, die sich unter einer dunklen Anzughose spannten. Sie blinzelte, hob zögernd den Blick – und war hin und weg! Der Mann, der neben ihr hockte, war schlichtweg atemberaubend. Schwarzes Haar. Tiefbraune, von langen dichten Wimpern umrahmte Augen und ein Gesicht, das wie geschaffen war für eine Kinoleinwand …

Als Connie bewusst wurde, dass sie ihn mit offenem Mund anstarrte, riss sie sich hastig von seinem Anblick los und fuhr fort, die Glasscherben einzusammeln. Ihre Wangen glühten, ihr Puls jagte. Eine andere Männerstimme sagte etwas auf Italienisch, worauf sich der Filmstar an ihrer Seite erhob und seinem Begleiter – ebenfalls auf Italienisch – antwortete.

Sie sammelte die letzte Scherbe auf und legte sie auf das Tablett. Dann stand sie ebenfalls auf. „Es tut mir so leid“, sagte sie leise und senkte schuldbewusst den Blick. Ganz wie es in Clayton Hall von einer einfachen Servicekraft erwartet wurde.

„Es war ja nicht Ihre Schuld.“ Der italienische Filmstar musterte die verspritzten Getränkereste auf dem Boden. „Eine ziemliche Schweinerei“, stellte er fest. „Ich fürchte, hier muss ein Wischmopp her.“

Connie schluckte. „Natürlich …“, murmelte sie mechanisch, während sie weiter dastand wie ein einfältiger Tropf, dem gerade ein Geist erschienen war.

Und das nur, weil ein umwerfender Mann mit ihr sprach!

„Ein Wischmopp!“, riss der andere Mann sie aus ihrer Erstarrung. Sein Tonfall war so kühl und abschätzig wie der Blick, mit dem er sie musterte.

Connie konnte nur stumm nicken, bevor sie durch die Personaltür in die Küche floh. Sie fühlte sich verletzt und gedemütigt, wollte raus aus ihrer Haut und hätte schreien mögen, weil das nicht möglich war.

Was war nur mit ihr los? Sie war doch an herablassende Blicke und Kommentare gewöhnt. Das war bei diesen Hochzeiten immer so. Und ein Mann, der aussah wie dieser, war geradezu prädestiniert dafür!

Nein, Moment mal … Connie runzelte die Stirn. Es war ja gar nicht der unglaublich schöne Italiener, der sie mit dem üblichen Blick taxiert hatte, sondern der andere. Der mit der dunklen, undurchschaubaren Ausstrahlung.

Sie stieß einen langen, wehmütigen Seufzer aus und wusste nicht warum.

Dann gab sie sich einen Ruck und machte sich auf die Suche nach einem Wischmopp.

Dante blickte lustlos in die fröhlich feiernde Runde. Rafaellos Freund und dessen englische Braut hatten ihn mit größter Selbstverständlichkeit willkommen geheißen und an ihrem Tisch ein weiteres Gedeck für ihn auflegen lassen. Das Essen und der Wein waren erstklassig, und da er reich, jung und nicht gerade hässlich war, fehlte es auch nicht an interessierten Blicken.

Nur konnte nichts davon Dantes Stimmung verbessern. Raf schien seine Situation amüsant zu finden, aber er musste ja auch nicht damit klarkommen.

Das Leben unter Arturo Cavellis eiserner Kontrolle war nie ein Zuckerschlecken gewesen, doch in den letzten Jahren hatte Dante es kaum noch ertragen. Nicht dass er seinen Großvater nicht gemocht hätte. In gewisser Weise hatte er ihn sogar geliebt. Er war ihm dankbar für die Stabilität, die er seinem Leben verlieh. Dennoch hatte Dante sich nach dessen plötzlichem Tod vor drei Monaten vor allem befreit gefühlt. Schon seit Langem plante er, das Unternehmen weiterzuentwickeln und neu zu investieren, vor allem in grüne Finanzen. Doch der erzkonservative Arturo hatte seine Ideen bis zum Schluss kategorisch vom Tisch gewischt.

Fast noch schlimmer waren seine permanenten Versuche gewesen, auch auf sein Privatleben Einfluss zu nehmen. Und nun, da Dante sich gerade von alldem erlöst glaubte, stellte sich heraus, dass der Alte ihm noch über sein Grab hinaus seinen Willen aufzwingen wollte.

Am liebsten hätte Dante seinen Frust und seine Wut im Alkohol ertränkt, doch er musste noch fahren. Da die Zimmer in Clayton Hall alle ausgebucht waren, hatte die Eventmanagerin ihn in einem Hotel in der nächstgelegenen Stadt einquartiert.

Wahrscheinlich ist es besser so, sagte er sich. Es hätte sowieso nichts geändert. Betrunken oder nüchtern – seine Zukunft sah verdammt düster aus.

Mit gesenktem Kopf eilte Connie die lange Auffahrt vom Herrenhaus zum Tor hinunter. Ein leichter Regen hatte eingesetzt, und sie hoffte inständig, dass es auf dem Heimweg nicht schlimmer wurde.

Sie hatte gerade das Tor mit dem Ausgangscode geöffnet und fischte ihre Taschenlampe aus der Umhängetasche, als sich vom Haus in hohem Tempo ein Fahrzeug näherte. Sekunden später blendeten Scheinwerfer auf. Das Tor schloss sich bereits wieder, aber der Fahrer wollte offenbar unbedingt hindurchfahren, anstatt kurz zu warten und das Tor ein zweites Mal zu öffnen.

Rasch wich Connie zur Seite. Mit einem lauten Aufheulen schoss der Wagen durch die immer schmaler werdende Lücke und wirbelte dabei eine Menge Kies auf. Als einige Steine Connies Beine trafen, schrie sie vor Schmerz und Schreck auf und ließ dabei ihre Taschenlampe fallen.

„Oh nein!“, jammerte sie. Die Straße zum Dorf war nicht beleuchtet, sie brauchte diese verflixte Lampe! Sie ging in die Hocke und begann den Boden abzutasten. Dabei bemerkte sie nicht, dass das Auto angehalten hatte und die Fahrertür geöffnet wurde.

„Alles in Ordnung?“, fragte aus der Dunkelheit eine Stimme, die ihr Herz einen Schlag aussetzen ließ.

Ruckartig hob sie den Kopf. „Ich habe meine Taschenlampe fallen lassen“, antwortete sie reflexhaft.

Der italienische Hochzeitsgast, der wie ein Filmstar aussah, kauerte sich neben sie und entdeckte die Lampe fast sofort. „Da ist sie ja.“ Er hob sie auf und reichte sie Connie.

„Oh … danke“, murmelte sie und richtete sich schwerfällig wieder auf. Der schöne Fremde tat dasselbe, wenn auch ungleich eleganter. Die harten Schatten, die die Autoscheinwerfer auf sein Gesicht warfen, ließen seine Züge noch faszinierender erscheinen. In seinem schwarzen Haar und den unglaublich langen Wimpern glitzerten winzige Regentropfen.

„Sie sind doch die Frau, die die Gläser hat fallen lassen“, stellte er fest und musterte sie stirnrunzelnd.

„Ja“, erwiderte Connie. Viel mehr gab es dazu nicht zu sagen.

Sein Stirnrunzeln vertiefte sich. „Sie haben keinen Schirm.“

„Hm … nein.“ Sie wandte sich zum Gehen. Der Regen wurde jetzt stärker, und sie musste dringend nach Hause. Außerdem wollte sie sich nicht länger mit ihrem Gestammel lächerlich machen.

„Ich fahre Sie.“

Ehe Connie wusste, wie ihr geschah, nahm er ihren Arm und führte sie zu seinem Wagen. Mit einem leisen Fluch auf Italienisch, der vermutlich dem Wetter galt, riss er die Beifahrertür auf und schob sie nach vorn. „Steigen Sie ein“, forderte er sie brüsk auf. „Und bitte schnell, wenn es geht. Ich werde nämlich nass.“

Connie ließ sich auf den Sitz fallen, weil es einfacher war, als ihm zu widersprechen. „Das ist sehr nett von Ihnen“, murmelte sie, als er um das Auto herumgelaufen und hinters Steuer geglitten war. „Aber Sie müssen mich nicht …“

Ein durchdringender Blick aus samtbraunen Augen ließ sie abrupt verstummen. „Ich fahre Sie, und damit basta. So weit kann es ja nicht sein, wenn Sie vorhatten zu laufen.“

„Nein, nein, ich muss nur ins Dorf.“ Vorsichtig lehnte Connie sich zurück. Der Sitz war sehr luxuriös. Das Auto war bestimmt das luxuriöseste und teuerste, in dem sie je gesessen hatte. Als der Motor mit einem tiefen kraftvollen Dröhnen zum Leben erwachte, befestigte sie rasch den Sicherheitsgurt.

Während der Fahrt ertappte sie sich immer wieder dabei, wie sie den unglaublichen Mann neben ihr verstohlen von der Seite musterte. So unbeholfen und eingeschüchtert Connie sich in seiner Gegenwart auch fühlte, insgeheim genoss sie die Situation. Unter normalen Umständen wäre sie komplett durch sein Wahrnehmungsraster gefallen, und nun chauffierte er sie nach Hause! Es war wie ein schöner, wenn auch kurzer Traum, von dem sie mit Sicherheit noch lange zehren würde.

Als bald darauf die ersten Häuser auftauchten, warf er ihr einen fragenden Blick zu. „Wo soll ich Sie absetzen?“

„Gleich hinter der Kirche stehen drei Cottages. Das rechte ist das meiner Großmutter.“

Seine schwarzen Brauen hoben sich leicht. „Sie wohnen bei Ihrer Großmutter?“

„Ja“, Connie konnte nicht verhindern, dass ihre Stimme leicht ins Schwanken geriet, „aber wir müssen bald ausziehen.“

„Wie schade.“ Er umrundete die Kirche mit dem alten Friedhof und hielt am Ende der kleinen Häuserzeile. „Dieser Ort hat sehr viel Flair.“

Sie seufzte. „Das haben die Touristen inzwischen auch entdeckt. Die Cottages neben unserem werden bereits an Gäste vermietet, und nun soll Grans Haus auch ein Ferienhaus werden. Also müssen wir raus.“

„Das ist bestimmt nicht einfach für Ihre Großmutter“, hörte Connie ihn sagen, als ihre Hand schon nach dem Türgriff tastete. „Alte Menschen brauchen ihre vertraute Umgebung.“

Es erschien ihr seltsam, jemanden wie ihn das sagen zu hören, aber es traf den Kern ihres Problems. „Besonders wenn sie an Demenz leiden“, ergänzte sie leise. „Jede Veränderung verwirrt sie furchtbar. Doch leider müssen wir wohl in eine winzige Sozialwohnung in einer Betonsiedlung ohne jedes Grün ziehen. Mir graut jetzt schon davor. Aber alles andere wird an Touristen vermietet oder ist zu teuer.“

Connie hörte die unterdrückte Panik in ihrer Stimme und hielt erschrocken inne. Warum um Himmels willen erzählte sie einem völlig Fremden, der sie nur aus Mitleid mitgenommen hatte, etwas so Persönliches?

„Na ja, es wird sich schon eine Lösung finden“, beendete sie schnell das Thema und zwang sich zu einem zuversichtlichen Lächeln. Als sie die Wagentür öffnete, stellte sie fest, dass der Regen aufgehört hatte. Zumindest das war gut. „Also dann gute Nacht. Und … danke fürs Mitnehmen.“

„Gern geschehen.“ Er betrachtete sie einen Moment lang schweigend, und Connie spürte, wie ihr heiß wurde. Es war nicht schwer zu erraten, was ihm bei ihrem Anblick durch den Kopf ging. Schließlich wusste niemand besser als sie, wie sie aussah: altbacken, dick und hässlich!

Eilig stieg sie aus und drückte die Beifahrertür zu. Als sie die Hand zu einem zaghaften Abschiedsgruß hob, war der Wagen schon auf dem Weg zum Ortsausgang.

Mit einem wehmütigen Ziehen im Herzen ging Connie auf das Gartentor zu. Sie hatte soeben den letzten Blick auf den erstaunlichsten Mann geworfen, dem sie je in ihrem Leben begegnet war.

2. KAPITEL

Nach einer schlaflosen Nacht fuhr Dante zu dem Dorf zurück, das er am Vorabend verlassen hatte. Es war verrückt, aber was konnte er anderes tun? Die Zeit drängte, und er musste handeln.

Er parkte den Mietwagen vor dem Cottage, an dem er letzte Nacht seine Mitfahrerin abgesetzt hatte. Im Gegensatz zum Vortag zeigte sich das Wetter heute von seiner besten Seite. Die Morgensonne tauchten den Ort in ein warmes Licht. Unweit der mittelalterlichen Kirche lagen ein traditioneller Pub, ein kleiner Gemischtwarenladen und mehrere hübsche Häuschen mit blühenden Vorgärten und weiß gestrichenen Zäunen. Eine typische, malerische englische Ortschaft. Kein Wunder, dass diese Gegend mehr und mehr Touristen anzog. In der Hochsaison ließ sich hier sicher gutes Geld verdienen. Leider gab es für viele alteingesessene Bewohner bald keinen Platz mehr …

Dante schob die Gedanken beiseite und besann sich auf den Zweck seines Kommens. Die ganze Nacht lang hatte er sich gefragt, ob er seine Idee tatsächlich in die Tat umsetzen sollte. Doch in Anbetracht der Lage blieb ihm keine andere Möglichkeit. Er tat es bestimmt nicht gern, aber das Leben war nun mal kein Wunschkonzert.

Als er auf das Cottage zuging, schienen Bleigewichte an seinen Füßen zu hängen. Er öffnete das Gartentor, und nach zwei Schritten stand er vor der blassgrünen, von einer Kletterrose umrankten Haustür.

Okay, auf in den Kampf!

Dante atmete tief durch, dann hob er die Hand und klopfte an.

Behutsam setzte Connie ihre Großmutter in den Gartensessel. Sie von einem Ort zum anderen zu bewegen war seit einiger Zeit eine langwierige Angelegenheit. Man durfte ihr nie das Gefühl von Eile und Hektik geben, und alles musste genau so ablaufen, wie sie es gewohnt war.

Auf dem Weg zurück ins Haus, wo sie Tee machen wollte, übermannte Connie wieder die Angst, die sie in Grans Gegenwart rigoros ausblendete. Demenz war eine grausame Krankheit, die langsam fortschritt und schließlich tödlich endete. Grans Hausarzt war sehr einfühlsam, aber auch sehr ehrlich. Ein Umzug wäre ein Schock für die alte Dame und könnte ihren Zustand erheblich verschlechtern. Vielleicht sogar so sehr, dass Connie sie in ein Pflegeheim geben müsste. Allein der Gedanke war fürchterlich, doch sie musste den Tatsachen ins Gesicht sehen.