Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Im November 1838 reist ein berühmtes Liebespaar nach Mallorca: George Sand und der von Tuberkulose gezeichnete Frédéric Chopin, der sich im südlichen Klima gesundheitliche Besserung erhofft. Zudem wollen die exzentrische Schriftstellerin und der Komponist ihr junges Liebesglück fernab von Klatsch und Tratsch der Pariser Gesellschaft genießen. Doch diese Reise ist voller Widrigkeiten: Erst nach längerem Suchen finden sie eine Unterkunft, das verlassene Kloster von Valldemosa, die Bevölkerung verhält sich feindselig und intolerant, mangelnder Komfort und katastrophales Wetter prägen diese Zeit auf der Baleareninsel, die George Sand trotz allem genießt und gleichermaßen eindrucksvoll wie amüsant in ihrem Buch schildert.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 245
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
George Sand (1804 – 1876) war berühmt, berüchtigt und heftig umstritten. Sie war wohl die erste Frau, die Männerkleider trug, Pfeifen und Zigarren rauchte. Sie machte ihre Liebschaften öffentlich, und das zu einer Zeit, als für Frauen noch Zuchthaus auf Ehebruch stand. Geborene Amantine-Aurore-Lucile Dupin, Urenkelin Moritz’ von Sachsens, verheiratete Baronin Dudevant, lässt sie 1831 ihren Mann und ihre beiden Kinder in der Provinz zurück und geht nach Paris. Ihre Liebesbeziehungen mit Alfred de Musset, Prosper Mérimée, Frédéric Chopin oder der Schauspielerin Marie Dorval sind legendär. Mit ihren zahlreichen Romanen, die sie unter ihrem männlichen Pseudonym veröffentlichte, erreichte sie ihre finanzielle Unabhängigkeit und einen Platz in der Weltliteratur.
Im November 1838 reisen George Sand mit ihren beiden Kindern und der von Tuberkulose gezeichnete Frédéric Chopin, der sich im südlichen Klima gesundheitliche Besserung erhofft, nach Mallorca. Doch die Reise ist voller Widrigkeiten: Erst nach langer Suche finden sie eine Unterkunft, das verlassene Kloster von Valldemosa, die Bevölkerung verhält sich feindselig und intolerant, mangelnder Komfort und katastrophales Wetter prägen diese Zeit auf der Baleareninsel. Die strenggläubigen Mallorquiner sind geradezu entsetzt: George Sand und ihre Tochter tragen Hosen, Chopin, schwer lungenkrank und schon daher verdächtig, lebt im »Konkubinat« mit George Sand – und keiner der vier geht je in die Kirche! Statt dessen klettert die 34jährige Familienmutter tollkühn über Felsen, schimpft über Ungeziefer im Bett, flucht über Flöhe in der Suppe – und schildert das alles in ihrem amüsanten, farbigen Reisebericht, der hier in einer neuen Übersetzung vorliegt. Sie setzt den Mallorquinern damit ein überaus galliges Denkmal, das heute noch ebenso reizvoll zu lesen ist wie damals.
Den Komponisten Frédéric Chopin lernt George Sand durch Franz Liszt kennen und beginnt 1838 eine Liebesbeziehung mit ihm. Im November desselben Jahres reist sie auf Anraten eines Arztes mit ihren Kindern Maurice und Solange nach Mallorca, da sie sich eine Verbesserung des Gesundheitszustandes ihres Sohnes erhofft, den eine rheumatische Erkrankung quälte. Aber auch Chopin, der an Tuberkulose litt, verspricht sich eine Linderung seines Leidens durch das mildere Klima und schließt sich der Familie an. Während Maurice sich erholt, verschlimmert sich der Gesundheitszustand Chopins zusehends aufgrund von Kälte, mangelnder Hygiene, schlechter Nahrung, fehlender Arznei und schlechtem Wetter. Die unüberbrückbare Distanz der Mallorquiner gegenüber dem unverheirateten Paar lassen den Aufenthalt teils zu einem wahren Alptraum werden. Nach 98 Tagen verlassen Chopin und Sand die Insel wieder. Sie hat später einen ausführlichen, lebendigen Bericht über diese »Familienreise« geschrieben: EIN WINTER AUF MALLORCA
Dieses Buch trägt sein Entstehungsdatum in einem Widmungsbrief an meinen Freund François Rosina und den Grund seines Zustandekommens in den Betrachtungen zu Beginn des vierten Kapitels – ich kann sie nur wiederholen: »Warum reist man, wenn man nicht dazu gezwungen ist?« Heute, da ich von den gleichen Breitengraden zurückkomme, die ich an einem anderen Punkt Südeuropas überschritten habe, gebe ich mir dieselbe Antwort wie bei meiner Rückkehr von Mallorca: Es geht nicht so sehr ums Reisen als vielmehr ums Fortfahren. Wer von uns hat nie einen Schmerz gekannt, den es zu vertreiben galt, oder ein Joch, das abzuschütteln gewesen wäre?
Nohant, den 25. August 1855
George SAND
Du, der du sesshaft geworden bist aus Pflicht, mein lieber François, glaubst, dass ich, mitgerissen vom stolzen und launischen Zeitvertreib der Unabhängigkeit, in dieser Welt kein glühenderes Vergnügen erlebt habe, als Meere und Gebirge, Seen und Täler zu durchmessen. Und doch habe ich meine schönsten, meine angenehmsten Reisen an meinem Kamin gemacht, mit den Füßen am warmen Feuer und den Armen aufgestützt auf die abgewetzten Lehnen des Sessels meiner Großmutter. Ich bezweifle nicht, dass du ebenso angenehme und tausendmal poetischere Reisen unternimmst: Deswegen rate ich dir, nicht zu sehr der Zeit nachzutrauern, nicht den Anstrengungen, nicht deinem Schweiß, die du in den Tropen gelassen hast. Ebenso wenig deinen halb erfrorenen Füßen in den Ebenen des Pols, auch nicht den schrecklichen Stürmen auf dem Meer, nicht den Überfällen der Räuber sowie kleineren Gefahren, keine Erschöpfung die du jeden Abend aushalten musst, ohne deine Pantoffeln abzustreifen und ohne andere Beeinträchtigungen hinnehmen zu müssen als die Löcher, die dir die Zigarre ins Hemd brennt.
Um dich darüber hinwegzutrösten, dass du den wirklichen Raum und die körperliche Bewegung nicht erfährst, schicke ich dir den Bericht der letzten Reise, die ich außerhalb Frankreichs gemacht habe, damit du mich mehr bedauerst als du mich beneidest und damit du diese wenigen Momente der Bewunderung und Verzückung, die ich meinem Ungemach abgerungen habe, zu teuer bezahlt findest.
Dieser Bericht, den ich schon vor einem Jahr geschrieben habe, hat mir seitens der Bewohner Mallorcas außerordentlich fulminante und komische Diatriben eingebracht. Ich bedauere, dass sie zu lang sind, um als Anhang meiner Erzählung veröffentlicht zu werden. Der Ton, in dem sie nämlich verfasst sind, sowie die Art der an mich gerichteten Vorwürfe bestätigen nämlich meine Annahmen über die Gastfreundschaft, den Geschmack und die Zuvorkommenheit der Mallorquiner gegenüber Fremden. Dies wäre ein ziemlich seltsames Beweisstück: Allein, wer könnte es bis zum Ende lesen? Darüber hinaus: Wenn Eitelkeit und Dummheit darin liegt, Komplimente zu veröffentlichen, die man bekommen hat, läge nicht vielleicht noch mehr darin, heutzutage Aufhebens um Beleidigungen zu machen, deren Gegenstand man ist?
Ich erspare dir also dies alles und beschränke mich darauf, dir zu sagen, um die Einzelheiten, die ich dir über diese naive Bevölkerung Mallorcas schulde, zu vervollständigen, dass die geschicktesten Anwälte Palmas, vierzig an der Zahl, sich nachdem sie meinen Bericht gelesen hatten, versammelt haben, um mit vereinten Kräften ein schreckliches Schriftstück gegen den unmoralischen Schriftsteller aufzusetzen, der sich gestattet hatte, über ihre Habsucht und ihre Hingabe an die Schweineaufzucht zu lachen. Hier darf man ihnen wohl nachsagen, dass sie alle zusammen schlau wie zehn kleine Dörfer gewesen sind.
Aber lassen wir diese braven Leute in Frieden, die so aufgebracht gegen mich sind. Sie haben Zeit gehabt, sich zu beruhigen, und ich meinerseits hatte Zeit, ihre Handlungsweise und wie sie sprechen und schreiben zu vergessen. Ich erinnere mich unter den Insulanern dieses schönen Landes nur noch an fünf oder sechs Menschen, deren herzlicher Empfang und deren liebenswürdige Manieren immer als eine Entschädigung und eine Wohltat des Schicksals in meiner Erinnerung bleiben werden. Wenn ich sie nicht namentlich erwähnt habe, dann weil sie mich nicht für eine Persönlichkeit gehalten haben, die bedeutsam genug gewesen wäre, ihnen Ehre zu erweisen und sie durch meine Dankbarkeit auszuzeichnen; jedoch bin ich sicher (und ich glaube, es im Laufe meiner Erzählung erwähnt zu haben), dass sie mich ihrerseits in freundlichem Andenken behalten werden und sich durch meine respektlosen Spötteleien nicht gemeint fühlen werden und deshalb auch nicht an meiner Achtung für sie zweifeln werden.
Ich habe dir nichts von Barcelona erzählt, wo wir indes ein paar anstrengende Tage verbracht haben, bevor wir uns nach Mallorca eingeschifft haben. Es ist hinreißend, bei schönem Wetter und auf einem guten Dampfschiff von Port-Vendres nach Barcelona zu fahren. Wir begannen, an der Küste Kataloniens die Frühlingsluft wieder zu finden, die wir im November in Nîmes geatmet hatten, die uns aber nach Perpignan abhanden gekommen war; auf Mallorca wurden wir von Sommerhitze empfangen. In Barcelona machte eine frische Brise vom Meer die strahlende Sonne erträglich und fegte alle Wolken vom weiten Horizont, der in der Entfernung manchmal von schwarzen, kahlen, dann wieder von weiß verschneiten Gipfeln eingegrenzt war. Wir machten einen Ausflug aufs Land, nicht ohne dass die guten andalusischen Pferdchen, die uns zogen, ihren Hafer gefressen hatten, damit sie uns im Falle von unliebsamen Begegnungen wieder in die Mauern der Zitadelle bringen konnten.
Du weißt, dass damals (1838) überall in diesem Land Räuberbanden umherzogen, die einem den Weg versperrten, die in den Städten und Dörfern auftauchten und sogar den bescheidensten Behausungen etwas abpressten und sich in den Landhäusern einnisteten, die bis zu einer halben Meile vor der Stadt lagen, um dann, ohne dass man sich’s versah, hinter jedem Felsen hervorzuspringen um vom Reisenden das Geld oder Leben zu verlangen.
Wir jedoch wagten uns bis auf wenige Meilen ans Meer und trafen nur Delegationen von Christinos, die nach Barcelona unterwegs waren. Es hieß, dies seien die schönsten Truppen Spaniens; es waren ziemlich schöne Männer, nicht zu übel anzuschauen für Leute, die aus dem Felde kamen, aber Männer und Pferde waren so mager, die einen von einer solch gelblichen und blassen Gesichtsfarbe, die anderen mit solch hängenden Köpfen und mageren Flanken, dass man sie am Hunger leiden fühlte, sobald man ihrer ansichtig wurde.
Einen noch traurigeren Anblick boten die Mauern, die um die kleinsten Dörfer und die ärmlichsten Hütten herum errichtet worden waren: Ein kleiner Schutzwall aus groben Steinen – kein großer gezackter Turm –, der dick wie ein Kloß vor jeder Tür stand, oder niedrige Mäuerchen mit Schießscharten um jedes Dach zeugten davon, dass sich kein Bewohner dieser reichen Landschaft in Sicherheit wiegen konnte. An vielen Stellen trugen diese zerfallenen kleinen Schutzmauern jüngere Spuren von Angriffen und Verteidigungen.
Als wir durch die großartigen und gewaltigen Schutzmauern von Barcelona gekommen waren, durch ich weiß nicht wie viele Tore, über Zugbrücken, Thermen und Wälle, kündigte nichts mehr an, dass wir eine Stadt des Krieges betraten. Hinter einer dreifachen Reihe von Kanonen und durch Räubereien und den Bürgerkrieg vom Rest Spaniens abgeschnitten, ging die strahlende Jugend in der Sonne der Ramblas spazieren, einer langen Allee, die wie unsere Boulevards von Bäumen und Häusern gesäumt war: Die schönen Frauen waren graziös und kokett und ausschließlich mit dem Faltenwurf ihrer Mantillen und dem Spiel ihrer Fächer beschäftigt; die Männer kümmerten sich lachend, schwatzend und den Damen Blicke zuwerfend um ihre Zigarren, während sie sich über die italienische Oper unterhielten, und schienen sich nicht um das zu sorgen, was jenseits ihrer Mauern geschah. Aber wenn die Nacht hereingebrochen war, die Oper zu Ende und die Gitarren weit entfernt, wurde die Stadt den Wachgängen der Serenos übergeben, und man hörte, mitten im monotonen Rauschen des Meeres, nur noch die düsteren Rufe der Wachposten, Schüsse, die noch düsterer waren und in unregelmäßigen Abständen fielen, manchmal seltener, manchmal häufiger, von verschiedenen Orten aus, sei es ein Schusswechsel, seien sie vereinzelt, manchmal aus ziemlicher Entfernung, manchmal in der Nähe und stets bis zum frühen Morgengrauen. Dann kehrte über alle für ein oder zwei Stunden Stille ein, die Bürger schienen tief zu schlafen, während der Hafen erwachte und das Volk der Matrosen munter wurde.
Falls es einem während der vergnüglichen Stunden des Spaziergangs einfiel zu fragen, woher denn dieser seltsame und schreckliche Lärm des Nachts gekommen war, wurde einem lächelnd geantwortet, dies ginge niemanden etwas an, und es sei unvorsichtig, sich danach zu erkundigen.
Zwei englische Touristen entdeckten vor ungefähr fünfzig Jahren, glaube ich, das Tal von Chamonix, so bezeugt es eine Inschrift, die in einen Felsbrocken am Eingang zum Gletscher Mer de glace gemeißelt ist.
Dies scheint ziemlich anmaßend, wenn man die geografische Position dieses Tages in Betracht zieht, aber bis zu einem gewissen Grad gerechtfertigt, wenn diese Touristen, deren Namen ich nicht behalten habe, die Ersten gewesen sind, welche die Dichter und Maler auf diesen romantischen Ort aufmerksam gemacht haben, wo Byron sein bewundernswertes Drama »Manfred« erträumt hat.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!