Ein Wolf unter den Schafen - Julia Chapman - E-Book

Ein Wolf unter den Schafen E-Book

Julia Chapman

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Beschreibung

Ein tödlicher Unfall auf dem Bruncliffer Viehmarkt veranlasst den Auktionator dazu, Samson und Delilah zu Hilfe zu rufen. Was harmlos beginnt, wird rasch gefährlich, als die beiden eindeutige Hinweise auf einen Mord finden. Gleichzeitig meldet sich Clive Knowles bei ihnen, ein Schäfer, dessen Tiere von Dieben bedroht werden, die die Dales seit geraumer Zeit unsicher machen. Und damit nicht genug: Pete Ferris, ein Wilderer, nutzt die Gelegenheit und will Samson endlich das Fell über die Ohren ziehen. Hängen alle Vorgänge zusammen? Samson und Delilah merken: Böse Wolle lässt sich tatsächlich nicht färben - und setzen alles daran, die Schuldigen zur Strecke zu bringen, komme, was da wolle!

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Über dieses Buch

Ein tödlicher Unfall auf dem Bruncliffer Viehmarkt veranlasst den Auktionator dazu, Samson und Delilah zu Hilfe zu rufen. Was harmlos beginnt, wird rasch gefährlich, als die beiden eindeutige Hinweise auf einen Mord finden. Gleichzeitig meldet sich Clive Knowles bei ihnen, ein Schäfer, dessen Tiere von Dieben bedroht werden, die die Dales seit geraumer Zeit unsicher machen. Und damit nicht genug: Pete Ferris, ein Wilderer, nutzt die Gelegenheit und will Samson endlich das Fell über die Ohren ziehen. Hängen alle Vorgänge zusammen? Samson und Delilah merken: Böse Wolle lässt sich tatsächlich nicht färben – und setzen alles daran, die Schuldigen zur Strecke zu bringen, komme, was da wolle!

Über die Autorin

Julia Chapman ist das Pseudonym von Julia Stagg. Sie lebt in den wunderschönen Yorkshire Dales im Norden Englands. Wenn sie nicht schreibt, erkundet sie zu Fuß oder mit dem Rad ihre Umgebung, die wichtiger Bestandteil ihrer Krimis ist – allen voran die kleinen Dörfer und Ortschaften mit ihren liebenswerten Einwohnern.

Kriminalroman

Übersetzung aus dem Englischen vonAxel Franken

Vollständige E-Book-Ausgabe

des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes

Deutsche Erstausgabe

Für die Originalausgabe: Copyright © 2020 by Julia Chapman/Staggland Limited

Titel der englischen Originalausgabe: »Date With Danger«First published 2020 by Pan Books, an imprint of Pan Macmillan, London

Für die deutschsprachige Ausgabe:Copyright © 2024 byBastei Lübbe AG, Schanzenstraße 6–20, 51063 Köln

Textredaktion: Dr. Frank Weinreich, Bochum

Umschlaggestaltung: Guter Punkt, München | www.guter-punkt.de

Einband-/Umschlagmotiv: © iStock/Getty Images Plus: TraceyAPhotos | binkski | nigelb10 | Olga Ternavska | bazilfoto

eBook-Produktion: hanseatenSatz-bremen, Bremen

ISBN 978-3-7517-5597-9

luebbe.de

lesejury.de

Für PeterVon einer Bibliophilen an einen anderen –Danke für all die Schwätzchen über Bücher!

1

Harry Furness war der glücklichste Mensch auf der Welt.

Von seinem Podium aus überblickte er die bis auf den letzten Platz besetzte Auktionshalle. Volles Haus! Nicht ein Platz war mehr frei auf den abgestuften Sitzreihen, die den Ring zu drei Vierteln umgaben, und auch der Gang darunter war überfüllt. Und auf den Ring selbst wartete eine Reihe erstklassigen Viehs – genug, um die Leute zum Bieten zu bringen und die Preise in die Höhe zu treiben.

Für einen Auktionator in seiner Glanzzeit war das ein erhebender Anblick. Und in Verbindung mit einem unerwarteten Sieg des Rugbyklubs Bruncliffe am Wochenende gab es kaum etwas, das einen Mann noch glücklicher hätte machen können.

Er warf einen Blick nach rechts auf die zierliche Gestalt, die in der obersten Sitzreihe saß. Umgeben von der Masse der Bauern zu beiden Seiten wirkte sie winzig, wie ein neugeborenes Swaledale-Lamm inmitten strammer Texel-Schafböcke. Als ob sie die Schwere seines Blicks spürte, sah sie von dem Buch in ihrem Schoß auf und lächelte mit süßen Grübchen, erwiderte kurz seinen Blick, bevor sie, mit brennenden Wangen und ins Gesicht fallendem blondem Haar, wieder wegsah.

Sarah Mitchell. Die Frau, die Harrys Herz erobert hatte. Und von der er hoffte, dass sie am Ende des Tages einwilligen würde, seine Frau zu werden.

»Machen wir eine außerplanmäßige Pause, Harry, oder kommt bald das nächste Los?«, rief eine trockene Stimme von der anderen Seite der Zuschauertribüne. »Weil ich nämlich gerne ein paar Lämmer kaufen würde, solange sie faktisch noch Lämmer sind, deshalb.«

Harry richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf seine Arbeit und grinste den Zwischenrufer an. »Sie haben ja recht, John, Sie brauchen sich nicht gleich die Haare zu raufen – die wenigen, die Sie noch haben!«

Lautem Gelächter von den Zuschauerrängen folgte ein Nicken Harrys zu der Kollegin, die das Gatter bediente, und eine kleine Herde gedrungener Beltex-Auen und -Lämmer drängte in den Ring.

Mit dem Hammer in der Hand nahm Harry Furness, leitender Auktionator und glücklichster Mensch auf der Welt, seine Arbeit wieder auf.

Die Dinge waren nicht so, wie sie sein sollten. Er war so lange in ein und derselben Branche tätig gewesen, dass er wusste, wenn etwas im Busch war. Im Schutz einer Steinmauer holte er langsam sein Handy aus der Tasche, hielt es so ruhig wie möglich und richtete die Kameralinse in den Pferch auf die Gestalt, die sich über die Schafe beugte. Aber seine Hände waren nicht mehr so zuverlässig wie früher, denn das leichte Zittern des Alters machte sich bemerkbar, und die blanke Oberfläche des Handys verrutschte in seinem arthritischen Griff. Aber es würde reichen müssen. Was er auch einfing, egal wie unscharf, es wäre besser als nichts. Etwas, das er Harry zeigen konnte, sobald die Auktion vorbei war.

Der arme Junge würde am Boden zerstört sein. All die harte Arbeit auf diese Weise vergolten zu bekommen!

Im Hintergrund kam ein weiteres Los unter den Hammer; Harrys laute Stimme dröhnte durch den Ring, als er mit Scherzen und seinem schelmischen Grinsen zu höheren Geboten ermunterte.

Hier bei den Pferchen war es ruhiger. Dunkler. Das verkaufte Vieh ordentlich eingesperrt und zur Abholung bereit. Die Gassen zwischen den Pferchblöcken waren menschenleer, denn die Leute waren vom Auktionsgeschehen angezogen worden. Nur er und ein paar andere Stallarbeiter waren hier hinten und behielten die Dinge im Auge. Dinge wie dieses. Leute, die nicht da waren, wo sie sein sollten, und die Dinge taten, die sie nicht tun sollten.

Eine Bewegung im Pferch veranlasste ihn, sich hinter die Mauer zurückzuziehen, während die Gestalt, das Beweisstück in der Hand, sich umdrehte und in die Gasse hinausschlüpfte und davoneilte.

Er wartete noch einen Moment und ging dann hinüber, hob den Riegel am Gatter an und betrat den Pferch. Die Schafe kauten teilnahmslos, nichts deutete darauf hin, dass man sich an ihnen zu schaffen gemacht hatte. Was auch zu erwarten war, wenn man bedachte, was er gesehen hatte. Was zum Teufel war hier los?

Denn normal war das, was hier vorging, nicht.

Nachdenklich wandte er sich zum Gehen.

»Is was?«

Die Worte kamen aus einem fiesen Mund in einem noch fieseren Gesicht, dessen linoleumgraue Augen von schwarzen Brauen überschattet wurden. In der Gasse stand ein Mann und starrte ihn an.

Plötzlich schien die Zuflucht des Auktionsrings in weiter Ferne zu liegen.

»Eins neunzig geboten, zwei, zwei zehn, Ihr Gebot, zwei fünfzehn, alle auf dieser Seite raus …« Harry ließ seine Hand über die linke Seite der Arena wandern und suchte mit den Augen die Menge nach denjenigen ab, die mitgeboten hatten, aber ausgestiegen waren.

Ein Kopf zuckte, nicht mehr als ein leichtes Neigen einer flachen Mütze. Er brauchte kein weiteres Zeichen.

»Zwei zwanzig«, stürzte er sich darauf und wandte sich wieder an den ursprünglichen Bieter, »zwei zwanzig, Ihr Gebot, zwei fünfundzwanzig, zwei dreißig …«

Naserümpfen und ein entschiedenes Kopfschütteln. Noch einer, der ausstieg. Nur noch ein Bieter übrig. Harry spürte den Abschluss nahen.

»Höre ich zwei fünfunddreißig?« Er musterte erneut die Reihen der Gesichter. »Dann verkaufe ich jetzt, zwei dreißig … zwei dreißig – verkauft!«

Harry ließ den Hammer fallen und blickte automatisch nach rechts zum Auslassgatter, das sich öffnen sollte …

»Megan!«

»Hab’s!« Megan, die Auszubildende, war da und schob mit hochrotem Gesicht und dickem blondem Zopf, der ihr über die Schulter baumelte, das Gatter weit auf und scheuchte die verkauften Schafe in den Pferch. Noch bevor sich das Gatter hinter ihnen geschlossen hatte, war Harry schon bei der nächsten Versteigerung.

»Schön, als Nächstes das, worauf Sie alle gewartet haben …«

Erwartungsvolles Raunen lief durch die Arena: Jetzt ging es ans Eingemachte. Das war die Art von Versteigerung, die sowohl Schaulustige als auch Kaufinteressenten anlockte. Es war die Art von Versteigerung, die Harry liebte.

»Nun denn«, dröhnte er, als das erste der schlachtreifen Lämmer mit seiner Mutter den Ring betrat, »das sind erstklassige Exemplare, also keine Scheu! Wer gibt mir eins zwanzig für die beiden?«

Mit einer gemurmelten Entschuldigung schloss er das Gatter hinter sich und bewegte sich instinktiv nach rechts, weg von dem Mann, weg vom Auktionsring. Er musste sich zwingen, nicht zu rennen, denn die Stahlgitter, aus denen die Pferche bestanden, engten ihn ein. Gelangweilte Schafe beobachteten sein Tun.

Das Handy hielt er immer noch in der Hand. Sollte er jemanden anrufen? Oder war er einfach nur töricht?

Von hinten hörte er Schritte. Er warf einen Blick über die Schulter. Der Mann folgte ihm. Wahrscheinlich auf dem Weg zum Hauptausgang. Kein Grund zur Sorge.

Aber wenn das, was er gesehen hatte, das war, wofür er es hielt? Dann gab es eine Menge, worüber er sich Sorgen machen musste. Und niemanden, dem er vertrauen konnte.

Er hob das Telefon ans Gesicht und schielte auf den Bildschirm, während er sich durch die Gasse zwängte, aber ohne seine Lesebrille war alles verschwommen. Er erkannte eine Strähne blonden Haares und drückte auf das Profilbild. Sie war die Einzige, an die er sich wenden konnte.

Das Vieh vor ihm bestand jetzt aus Rindern, die Boxen waren robuster, die Insassen unruhiger. Und hinter ihm beschleunigten sich die Schritte.

Ein weiteres Los zu einem Rekordpreis verkauft. In der Auktionshalle herrschte fieberhafte Aufregung; Ostern stand vor der Tür, und da gingen diese Lämmer weg wie seltene Juwelen. Harry nickte, und das Gatter zu seiner Linken wurde geöffnet. Das nächste Los kam hereingestürmt, hüpfte herum und blökte laut.

»Also gut, hier haben wir ein paar tolle Exemplare. Erstklassige Mule-Suffolk-Kreuzungen. Erstes Gebot, eins dreißig hier rechts …«

Aus der Fassung gebracht, ließ er das Telefon Telefon sein und begann in Trab zu verfallen. An echtes Laufen war nicht zu denken, denn eine Hüftoperation, deren erhofftes Resultat sich nie richtig eingestellt hatte, hatte ihm ein ausgeprägtes Hinken beschert, das sich noch verschlimmerte, wenn er versuchte, sich schnell zu bewegen. Schwer humpelnd hastete er an den Boxen vorbei, der Puls in den Ohren wummernd, das Handy noch in der Hand, aber ohne die Zeit, es zu benutzen.

Nicht mehr weit, und er würde die Abzweigung zu den Laderampen erreichen.

Im Freien gab es bestimmt Bauern, die Vieh abholten, oder andere Leute, die sich dort aufhielten. Da wäre er in Sicherheit.

Nur dass es nicht dazu kam. Denn vor ihm war eine weitere Gestalt aufgetaucht. Größer als der erste Mann. Noch bedrohlicher. Er stand in der Gasse und versperrte den Zugang zu den Rampen – an dem vorbeizukommen war unmöglich.

Ein schneller Blick nach hinten: Sein Verfolger hatte das Tempo zu einem Schlendern gedrosselt. Er lächelte. In seiner rechten Hand lag ein Messer, dessen Klinge gemein glitzerte.

Er hatte keine Wahl. Er würde durch die Boxen gehen müssen.

Er öffnete das nächstgelegene Gatter und schlüpfte in die Box; das Vieh darin wich vor ihm zurück.

Erst als sich das Gatter hinter ihm schloss, bemerkte er seinen Fehler.

Jungstiere. Die ihn schon beobachteten. Nervös und reizbar nach einem langen Tag auf engstem Raum. Aber da er sein ganzes Leben mit Vieh gearbeitet hatte, wusste er, was er tat.

»Ruhig, Jungs«, murmelte er und ging langsam auf sie zu. »Ganz sachte!«

Sie bewegten sich unruhig, einer senkte den Kopf. Schnaubte.

Er warf einen Blick über die Schulter: Die beiden Männer blieben am Gatter stehen. Er war sicher. Sie waren nicht gewillt, ihm zu folgen. Wenn er es auf die andere Seite der Box schaffte, konnte er über die Absperrung in die nächste Gasse klettern. Ab da hatte er es nur noch mit einer Herde gutmütiger Schafe zu tun, bevor er sich endgültig in Sicherheit bringen konnte.

»Ganz ruhig!« Zwei der Stiere bewegten sich zur Seite. Dann hinter ihn. Nicht ideal. Aber das bot ihm auch weiteren Schutz vor den Männern.

Oder auch nicht.

Ein Brüllen von einem der Tiere in seinem Rücken; er wirbelte herum und spürte die veränderte Atmosphäre. Die Gefahr. Ein Schlag in seine Seite, und er fiel hin, mitten unter die Stiere, die mit aufblitzenden Hufen erschrocken in ihrem Gehege herumstampften.

Innerhalb weniger Augenblicke war er bewusstlos.

Megan Gifford liebte ihren Job. In der Schule gab es viele, die sie für verrückt gehalten hatten, als sie ihnen erzählte, dass sie auf der Auktion arbeiten würde. Dass sie selbst Auktionatorin werden wollte, genau wie der großartige Harry Furness. Während viele ihrer Freunde und Freundinnen es kaum erwarten konnten, die erdrückende Enge des Kleinstadtlebens zu verlassen, um in der weiten Welt ihren Weg zu machen, wollte Megan nur Vieh verkaufen. Nichts in irgendeiner Großstadt konnte den Adrenalinstoß eines überfüllten Auktionsrings übertreffen, wenn die Preise in die Höhe schossen, während die Gebote niederprasselten.

So wie heute.

Mit einem heftigen Knall ließ Harry Furness seinen Hammer fallen, zeigte mit dem Finger auf den Käufer, und in der Halle brach Lärm aus.

Megan ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen. Sie kannte ihre Aufgabe: den Ring räumen, sobald der Verkauf abgeschlossen war, damit das folgende Los hereingebracht werden und die nächste Auktion beginnen konnte.

Zeit war Geld. Vor allem, weil sie heute fast tausend Zuchtschafe durchzuschleusen hatten. Und die dreifache Menge an schlachtreifen Schafen, denn der Osteransturm heizte den Markt an.

Als der Hammer also vor Harry Furness auf das Pult schlug, war Megan bereits dabei, das Auslassgatter zu öffnen, um die verkauften Schafe zu den Pferchen zu treiben. Doch als sie das Gatter zu sich zog, fiel ihr etwas ins Auge.

Sie drehte schnell den Kopf, sodass ihr der blonde Zopf über die Schulter flog, und sah eine verschwommene Bewegung, sah etwas, das durch die Gasse zwischen den Pferchen gestürmt kam.

»Stiere!«, schrie sie und schlug das Gatter wieder zu, als zwei Tiere auf sie zusteuerten. Erst als sie das Metall im Rücken spürte, das ihr die Flucht verwehrte, fragte sie sich, ob es der beste Einfall gewesen war, auf derselben Seite des Gatters zu bleiben wie das Vieh.

»Megan!« Harry hatte sich bereits in Bewegung gesetzt, sprang vom Podium und landete unsanft im Auktionsring, was die Schafe auf die gegenüberliegende Seite stieben ließ. Ein paar andere Mitarbeiter waren ebenfalls in den Ring gesprungen, als sie das Problem erkannten, und rannten zum Gatter, um zu helfen.

Sie war so klein! Ein schmächtiges Mädchen, das Harry kaum bis zur Brust reichte. Schon deshalb hatte er lange gezögert, sie überhaupt einzustellen. Sie hatte keine Chance gegen die beiden großen Jungstiere, die auf sie zustürmten.

»Schaff dich hier rein, Megan!«, rief er und stieß das Gatter zur Gasse auf.

Aber sie hörte nicht zu. Sie wuchtete das Gatter zu dem leeren Pferch auf der rechten Seite auf und zog die Metallbarriere herüber, während die Tiere in Panik auf sie losgingen.

»Kommt schon!«, brüllte sie mit ausgebreiteten Armen und versuchte, die Tiere in die Umzäunung zu treiben. »Rein da!«

Der vordere Jungstier kam rutschend zum Stehen, der hintere krachte in ihn hinein, dann drehten beide nach links ab, in den Pferch hinein.

Das Gatter schlug hinter ihrem Schnauben zu, und Megan verriegelte es schnell, bevor sie zitternd zurücktrat.

»Sack Zement!«, sagte Harry und klopfte seinem Lehrling auf die Schulter. »Das war knapp. Aber wo zum Henker steckt Ron?«

Mit großen Augen schüttelte Megan den Kopf und schluckte schwer. »Keine Ahnung.«

»Was ist hier los?« Adam, einer der Stallarbeiter, kam aus dem Pferchbereich gerannt.

»Sag du es mir!«, schnauzte Harry ihn an. »Hier randalieren zwei Stiere herum. Solltest du nicht in diesem Bereich arbeiten?«

Das Gesicht des Mannes verfinsterte sich bei dieser Anschuldigung. »Ich war draußen bei den Laderampen. Ron war hier unten.«

»Ron!«, brüllte Harry und schaute durch die Gasse zu dem Pferchblock, für den Ron Watson eigentlich zuständig war. In all den Jahren, die er den Vorarbeiter kannte, hatte Harry noch nie erlebt, dass der Mann einen Fehler gemacht hatte, was in einer Branche, die voller Gefahren steckte, aber auch eine unverzichtbare Eigenschaft darstellte. Doch jetzt hatten sie auf einmal zwei verängstigte Jungstiere, die unkontrolliert durch die Gegend rannten.

»Ron!«, schrie er noch mal, fischte sein Handy aus der Tasche und wählte den Mann an. Keine Antwort.

»Soll ich ihn suchen gehen?«, fragte Megan, in deren Wangen langsam wieder Farbe kam.

»Aye«, stimmte Harry zu. »Du auch, Adam. Vergewissere dich dabei, dass dahinten alle Gatter geschlossen sind. Und Megan …« Er nickte ihr zu, beeindruckt von ihrer schnellen Auffassungsgabe. »Gut gemacht, Mädchen!«

Sie grinste. »Danke, Boss.«

Megan und Adam gingen durch die Gasse und schauten auf der Suche nach dem vermissten Ron in jeden Pferch, wobei die junge Frau neben der hochgewachsenen Gestalt des Stallarbeiters geradezu winzig wirkte. Harry wandte sich wieder dem Auktionsring zu. Herbeigerufen durch die Panik, die sich über den Lautsprecher verbreitet hatte, waren weitere Mitarbeiter eingetroffen, darunter auch der Geschäftsführer des Auktionsmarkts, Martin Butler, der aus seinem Büro am anderen Ende des Geländes herbeigerannt gekommen war. Er machte einen besorgten Eindruck.

»Irgendwelche Verletzungen?«, erkundigte er sich.

»Keine«, sagte Harry, »dank Megan. Die hat Schneid!«

»Wie zum Teufel sind die Viecher rausgekommen?«

»Keinen blassen Schimmer.«

»Herrgott!« Martins Erleichterung wich jetzt dem Ärger, und er blickte finster drein. »Das hätte nicht passieren dürfen! Es hätte tödlich enden können!«

Harry betrachtete die beiden Jungstiere, große Tiere, die er früher an diesem Tag als Teil einer Gruppe für eine saftige Summe verkauft hatte. Sie waren immer noch unruhig, vor allem der eine lief umher, schnaubte und versuchte, mit dem Kopf sein Hinterteil zu erreichen. Als sich das Tier unter eine der Lampen bewegte, nahm Harry einen feuchten Glanz wahr und streckte eine Hand durch die Gitterstäbe, um die warme Flanke zu berühren.

»Ist das …?«

»Ron!« Megans Schrei kam von ziemlich weit hinten in der Gasse. »Ron! Hilfe!«

Harry und der Rest des Teams waren schon losgerannt.

2

Pete Ferris stand kurz davor, seinen Traum zu leben. Ein einfaches Gespräch, und er war drauf und dran, das große Los zu ziehen.

Er grinste, den Blick auf die zweigliedrige Fassade von Taylor’s Estate Agents auf der anderen Seite des Platzes gerichtet. Es war ein schöner Frühlingstag, die Sonne strahlte auf Bruncliffe herab, die Fjälls hinter der Stadt, die sich über dem grauen Stein der Häuser erhoben, leuchteten grün. Es war so ein Tag, der die Leute dazu brachte, die dicken Mäntel zu Hause zu lassen, so als ob sie den Winter endlich abschütteln wollten.

Aber es war Anfang April in North Yorkshire. Wenn man sich zu lange im Schatten aufhielt, schlüpfte die Kälte zwischen die dünnen Kleiderschichten und machte die Illusion zunichte, dass die berauschenden Tage des Sommers schon vor der Tür standen. Von der Position aus, die er im Schatten des schmalen Gässchens eingenommen hatte, das vom Marktplatz abging, war Pete unempfindlich gegenüber der beißenden Luft um ihn herum. Selbst der Schal, den er trug, diente nicht dem Schutz vor der Kälte. Als jemand, der sein Leben lang gewildert hatte, war er es gewohnt, in der freien Natur bei jeder Witterung darauf zu warten, dass seine Beute endlich auftauchte.

Was sie gerade getan hatte. Über den gepflasterten Platz schritt selbstbewusst der Mann, den er erwartet hatte. Blondes Haar schimmerte im Sonnenschein, ein herzlicher Gruß zurück an die Leute, die ihn grüßten – der attraktive Bauunternehmer wirkte völlig sorgenfrei.

Pete wusste es besser. Die Welt des Mannes war gerade erschüttert worden.

Der Mann stieß die Tür zum Maklerbüro auf, ging hinein und wurde von der Empfangsdame begrüßt, bevor er in das Büro im hinteren Teil geführt wurde.

Von der anderen Seite des Marktplatzes aus konnte Pete nicht länger sehen, was passierte, nicht ohne Fernglas jedenfalls, und das hätte bloß Aufmerksamkeit erregt. Außerdem würde die Bürotür bestimmt geschlossen und die Männer, um die es ihm ging, ohnehin nicht zu sehen sein.

Es war ausgeschlossen, dass die Unterhaltung, die Petes Anruf angestoßen hatte, in aller Öffentlichkeit stattfand. Nicht einmal über ein Telefon. Also verbrachte er die Minuten so, wie er es immer tat, wenn er auf der Jagd war – er lauschte, beobachtete und ließ sich durch nichts aus der Ruhe bringen. Denn dies war die gefährlichste Beute, die er je gejagt hatte, und der Einsatz war der höchstmögliche – ein Jackpot von unglaublichem Ausmaß. Oder ein gewaltsamer Tod.

Es würde Petes ganzes Können erfordern, um die Sache durchzuziehen.

»Schon Glück mit« – röchel – »Mrs Hargreaves’« – röchel – »Phantomköter gehabt?«

Die Frage kam zwischen abgehackten Atemzügen, während Samson O’Brien gekrümmt dastand, die Hände auf den Knien, das Gesicht puterrot.

Delilah Metcalfe grinste. Er schindete Zeit, indem er ihr Fragen zu einem laufenden Fall stellte, um sich ein paar Sekunden zum Durchschnaufen zu verschaffen, bevor sie sich auf den Rückweg nach Bruncliffe machten.

Nicht dass es ein Tag gewesen wäre, an dem man sich hätte beeilen müssen. Der Himmel über ihnen war von einem zarten Blau, das von weichen Wolkenkissen durchsetzt war, und die Sonne stand am Firmament und ließ die Oberfläche des Malham Tarn unter ihnen wie einen glitzernden Spiegel erscheinen. Hier oben auf den Fjälls, von wo aus man den See überblickte, war eine Oase der Ruhe. Nur die schrillen Rufe der Kiebitze, die in der Frühlingssonne Kapriolen schlugen, störten den Frieden.

Die und Samsons Röcheln.

»Bis jetzt nicht«, antwortete Delilah, auch wenn sie sich nicht sicher war, ob er sie über seinen pfeifenden Atem überhaupt hörte. »Der Hund ist nicht mehr aufgetaucht, seit wir die Überwachungskamera installiert haben. Und ich kann nicht sagen, ob Mrs Hargreaves froh darüber ist oder ob sie sich ärgert, weil der Schuldige nicht gefasst wurde.«

Es war der erste Fall, an dem sie zusammengearbeitet hatten, seit sie Samsons Dales Detective Agency erweitert hatten, um einige von Delilahs technischen Fähigkeiten einzubringen. Und obwohl die Installation einer Kamera über der Tür von Bruncliffes Metzgerei, um den Hund zu ertappen, der immer wieder auf die Stufe des Eingangs kotete, nicht gerade die aufregende Detektivarbeit war, die Delilah sich vorgestellt hatte, so war es doch ein Anfang. Auch wenn der Übeltäter sich als schwer zu fassen erwies.

»Er muss wohl« – röchel – »kamerascheu sein«, keuchte Samson und brachte ein Lachen zustande, das schnell in einen Hustenanfall überging.

Neben ihm sah ihm der große graue Schatten, der Delilahs Weimaraner war, mit zur Seite geneigtem Kopf und gespitztem Ohr zu, kaum außer Atem nach dem bisherigen Lauf. Der Unterschied zwischen Delilahs Trainingspartnern hätte größer nicht sein können.

»Alles in Ordnung?«, erkundigte sich Delilah und verkniff sich ein Lächeln, als Samson, dessen vorher feuerrote Wangen inzwischen nur noch scharlachrot waren, sich aufrichtete.

Er nickte. »Gerade so.«

So wie ihre offizielle Zusammenarbeit in der Detektei noch in den Kinderschuhen steckte, so war auch ihr gemeinsames Trainingsprogramm noch jung. Nachdem Samson rechtmäßiger Untermieter im obersten Stockwerk des Bürogebäudes geworden war, das Delilah gehörte und in dem ihrer beider Unternehmen ihren Sitz hatten, war es wie ein logischer Schritt erschienen, ihm anzubieten, ihr bei ihren morgendlichen Läufen auf die Fjälls Gesellschaft zu leisten. Und Samson wurde schnell fitter, sodass Delilah die Laufstrecken erweitern und die Geschwindigkeit, mit der sie sie liefen, erhöhen musste, um ihn zu fordern. Nicht mehr lange, und er würde sie fordern, so wie er es früher getan hatte, als sie ein Teenager mit einer glänzenden Zukunft als Fjällläuferin gewesen war. Und sie konnte es kaum erwarten. Denn nach vierzehn Jahren Abwesenheit war Samson O’Brien wieder in Bruncliffe und in ihr Leben zurückgekehrt, und sie hatte erneut Spaß am Laufen gefunden.

»Dann bist du so weit?«, fragte sie.

»Ich glaube schon«, murmelte er. Dann sah er den Weimaraner an, der bereits zwischen ihnen hin- und herlief, begierig darauf aufzubrechen. »Ich bin überzeugt, sie versucht, mich umzubringen, Tolpuddle.«

Tolpuddle stieß ein lautes Bellen aus, das die Kiebitze aufschreckte und sie beide zum Lachen brachte.

»Ich nehme an, wir sollten uns auf den Rückweg machen«, sagte Delilah, der es plötzlich widerstrebte, diesen Ort zu verlassen, weil die Wärme der Sonne und die angenehme Gesellschaft sie in ihren Bann schlugen. »Wir haben Fälle zu lösen.«

Samson zuckte mit den Schultern. »Ein paar Minuten mehr können nicht schaden …«

Das Klingeln seines Handys störte den Frieden. Er fischte es aus seiner Gesäßtasche und hielt es ans Ohr, wobei er sich leicht drehte, um die Windgeräusche zu vermindern. Ein paar spärliche Worte, länger dauerte das Gespräch nicht, dann drehte er sich wieder zu ihr um und lächelte nicht mehr.

»Das war Harry«, sagte er und steckte das Telefon weg. »Im Auktionsmarkt ist etwas passiert. Mehr wollte er nicht sagen, aber er möchte, dass wir sofort hinkommen.«

Sie liefen los, drei Gestalten, die über die hohen Fjälls die Stadt in der Ferne ansteuerten.

Selbst wenn Pete auf seinem Posten eingeschlafen wäre, hätte das Klappern der Tür des Immobilienmaklers ausgereicht, um ihn zu wecken. Aber Pete schlief nicht. Er hatte seine Aufmerksamkeit unentwegt auf die glänzenden Fenster von Taylor’s gerichtet und sah sofort, wie der blonde Mann an der Empfangsdame vorbeistürmte, wie die Tür aufgerissen wurde und wie der Bauunternehmer, dessen sonst so weltmännische Gesichtszüge einer verärgerten Miene gewichen waren, den Marktplatz überquerte.

Noch immer rührte Pete sich nicht. Diese Jagd war insofern ungewöhnlich, als er eine wilde Bestie verfolgte – besser, sie aus der Ferne zu fangen, ohne gesehen zu werden. Sie mit einem Lockvogel zu fangen.

Und dieser Lockvogel eilte gerade durch den Hauptraum des Maklerbüros und mühte sich damit ab, seinen Mantel über die rundliche Gestalt zu ziehen. Sekunden später riss auch er die Eingangstür auf und trat auf den Platz hinaus, die Wangen fleckig, die Lippen zusammengepresst. Er sah gestresst aus.

Noch immer mit seinem Mantel kämpfend, machte er sich in die entgegengesetzte Richtung des ersten Mannes auf, auf das Rathaus zu. Erst da bewegte sich Pete Ferris und schlüpfte aus dem Gässchen, um ihm zu folgen, als sein Lockvogel zur Rückseite des gotischen Gebäudes stapfte, das als administratives Zentrum von Bruncliffe diente.

Pete ließ den Mann zu seinem Privatparkplatz gehen und schlüpfte hinter den Spar, wo er seinen ramponierten Pick-up neben den Müllcontainern stehen gelassen hatte. Eine Minute später lenkte er ihn auf die Straße, als ein schwarzer BMW vorbeifuhr. Es war ein Auto, das leicht zu verfolgen war, denn es stach heraus in einer Gegend, für die Land Rover und Traktoren typisch waren. Mit einigem Abstand folgte Pete ihm über den Marktplatz und durch die Church Street bis zur Abzweigung zur Horton Road. Im Nu hatten sie die Kleinstadt hinter sich gelassen, und die Häuser und Geschäfte waren Feldern und den Hängen der Fjälls gewichen, die dieses Dale säumten.

Pete ließ den Abstand zwischen sich und seiner Beute größer werden. Auf einer Straße mit so wenig Verkehr brauchte er nicht so nah an ihr dranzuhängen. Außerdem wusste er genau, wo der Mann hinwollte. Und tatsächlich, nachdem sie ein paar Weiler durchquert hatten, bog der BMW nach rechts auf das kleine Sträßchen ab, das hoch nach Silverdale führte. Ein steiler Anstieg, und bald waren sie oben; der Wilderer ließ den Abstand zwischen ihnen jetzt richtig wachsen, denn diese zwei waren die einzigen Fahrzeuge weit und breit. Zu beiden Seiten der schmalen Straße schlossen Steinmauern sie ein, hinter denen sich die Fjälls erstreckten, die mit Schafen und der einen oder anderen verfallenen Scheune besprenkelt waren.

Es war eine abgelegene Gegend – und damit genau das, was Pete gewollt hatte.

Nachdem er die Abzweigung zur Henside Road auf der rechten Seite passiert hatte, eine kurvenreiche Strecke, die zurück nach Bruncliffe führte, ließ er sich noch weiter zurückfallen, während die Straße noch einmal steil anstieg. Oben angekommen, hielt Pete in einer Toreinfahrt, holte sein Fernglas aus dem Handschuhfach, stieg aus und schloss leise die Tür des Pick-ups.

Indem er das Fernglas auf die Windungen des Asphalts richtete, der auf der anderen Seite abfiel, folgte er der Straße damit bis zu einem kleinen Gebäude auf der rechten Seite. Eine ausgediente Scheune, die so ausgerichtet war, dass das Tor zu den Fjälls hin lag. Außer Sicht. Und groß genug, um ein oder zwei Autos zu verbergen.

Mit Befriedigung beobachtete er, wie der BMW von der Fahrbahn abbog, auf die Scheune zufuhr und wie befohlen auf der anderen Seite abgestellt wurde. Eine Sekunde später stieg der Fahrer aus und schaute sich um. Erst da zog Pete sich den Schal über den Mund und tätigte den Anruf.

Aus der Ferne hörte er das leise Klingeln eines Handys. Und dann ging der Mann an sein Telefon.

»Das ist lächerlich«, blaffte er ohne Vorrede, »verdammt lächerlich! Wissen Sie nicht, wer ich bi–«

»Gehen Sie zur Scheune!«, schnitt ihm Pete, dessen Stimme durch den Schal gedämpft wurde, das Wort ab. »Sehen Sie den Eimer? Schauen Sie hinein!«

Durch das Fernglas sah er, wie der Mann den leeren gelben Futterbehälter aufhob, der in der Tür stand. Sah, dass er den Deckel anhob. Und dann spürte Pete einen Anflug von Genugtuung, als der Mann den Inhalt herausholte und mit einem Ausdruck der Verzweiflung im Gesicht gehetzt um sich blickte, sich instinktiv vergewissernd, dass es keine Zeugen außer den Schafen und den Fjälls gab.

Es entstand eine lange Pause. Pete wartete einfach und erhöhte so den Druck auf sein Jagdwild, während der Mann berechnete, was er alles zu verlieren hatte.

Dann ergriff der Mann das Wort. »Was wollen Sie?«

»Ich melde mich wieder.«

Mit einem Fingerwisch beendete Pete den Anruf, stieg in seinen Wagen und fuhr davon, während der Bürgermeister von Bruncliffe auf einem Feld stand und über das Ende der Welt, wie er sie kannte, nachdachte.

Der kleine rote Nissan Micra legte die Strecke zwischen der Stadt und dem Auktionsmarkt zügig zurück. Das lag zum Teil daran, dass es trotz der bevorstehenden Osterfeiertage ruhig auf den Straßen war, zum Teil aber auch an Delilahs Fahrstil.

»Wie viele Anläufe hast du eigentlich gebraucht, um die Führerscheinprüfung zu bestehen?«, brummelte Samson, als das Auto um eine weitere Ecke bog und eine Steinmauer seinem Fenster gefährlich nahe kam.

»Beim ersten Mal bestanden. Und du?«

Samson hatte keine Chance zu antworten, denn die nächste Ecke schleuderte ihn zur Seite, und er schlug mit dem Arm gegen das Beifahrerfenster.

Mit einem dumpfen Geräusch fiel die Scheibe herunter und verschwand in der Versenkung.

»Was zum Geier?« Samson drehte sich zu Delilah um, die einen finsteren Blick auf das offene Fenster warf.

»Warum hast du dagegengeschlagen?«, fragte sie unwirsch.

»Was meinst du damit? Du hast mich dagegen geworfen!« Er drückte den Fensterschalter. Nichts geschah, außer dass kalte Frühlingsluft ins Auto strömte. Er drückte ihn erneut. Ein leises Surren aus dem Inneren der Türverkleidung, aber das Fenster blieb offen.

»Lass. Ist kaputt«, murmelte Delilah. »Ich hatte noch keine Gelegenheit, es reparieren zu lassen.«

»Du meinst, es muss so bleiben?«

Sie nickte. »Bis wir aussteigen. Sobald ich abschließe, kommt das Fenster wieder hoch.«

»Machst du Witze?« Samson stieß ein verblüfftes Lachen aus. »Wie lange geht das schon so?«

»Es hat letzte Woche angefangen. Tolpuddle ist an der Tür hochgesprungen, und die Scheibe ist runtergefallen. Zum Glück hatte ich gerade erst den Motor angelassen, und wir fuhren noch nicht.«

Samson starrte auf die Stelle, wo das Glas sein sollte, und wandte sich dann mit einem Grinsen wieder Delilah zu. »Erzähl mir noch mal – wie viel hast du für dieses Auto bezahlt?«

Sie warf ihm einen bösen Blick zu. Die Tatsache, dass sie den Micra als Teilzahlung für die Gestaltung einer Website für Barry Dawson von Plastic Fantastic bekommen hatte, amüsierte ihn immer wieder aufs Neue. Das kaputte Fenster würde jeglichem zukünftigen Spott nur weitere Nahrung liefern.

»Ich kümmere mich darum, wenn ich das Geld dafür habe. In der Zwischenzeit – versuch einfach, nicht dagegenzuschlagen!«

Samson zog die Kapuze seines Parkas hoch und kauerte sich zum Schutz vor dem Wind zusammen, was in dem kleinen Wagen gar nicht so einfach war. Er war froh, als sie um eine weitere Ecke bogen und der Gebäudekomplex des Bruncliffer Auktionsmarkts in Sicht kam.

»Mein Gott, es ist Jahre her, dass ich hier war!«, sagte Delilah.

»Bei mir auch«, murmelte Samson, auf den plötzlich Erinnerungen eindrangen.

Während die Landwirte sich üblicherweise auf die wöchentliche Auktion freuten, hatte er das damals meist ganz anders erlebt. In den ersten Monaten nach dem Tod seiner Mutter hatte er es als ein Vergnügen betrachtet, die Schule zu schwänzen und seinen Vater zur Auktion zu begleiten, um zu kaufen und zu verkaufen. Doch als die Zeit verging und sein Vater Trost im Alkohol suchte, waren die notwendigen Besuche für den jungen Samson traumatisch geworden. Als er neun war, übernahm er schon am Vortag die Verantwortung für die Vorbereitung der Schafe. Als er zehn war, ging er allein auf die Fjälls und trieb sie zusammen – nur um festzustellen, dass sein Vater, wenn es Zeit zum Aufbruch war, oft nicht in der Lage war, Auto zu fahren, weil er am Küchentisch, umgeben von leeren Bierflaschen, ohnmächtig geworden war. Als Samson schließlich alt genug war, um seine Fahrprüfung abzulegen und die Verantwortung für den Transport und auch alles andere zu übernehmen, war die Auktion für Samson nichts als ein weiterer Versuch, die angeschlagene Twistleton Farm vor den Klauen des Bankdirektors zu bewahren.

»Es ist ein bisschen größer geworden, seit ich das letzte Mal hier war«, sagte er und versuchte, die Vergangenheit zu verdrängen, während er die Veränderungen an dem einst kleinen Markt betrachtete – einem Markt, der aufgrund eines verheerenden Ausbruchs der Maul- und Klauenseuche kurz vor dem finanziellen Ruin gestanden hatte, als er ihn zuletzt sah.

Heute sah er alles andere als bankrott aus. Der Standort war immer noch derselbe, in der Nähe der A65 und somit für die Landwirte aus den Dales sowie aus Lancashire und Cumbria leicht zu erreichen, aber das Gelände war nun von einem riesigen begrünten Parkplatz umgeben. Und statt des einzelnen, zugigen Gebäudes, in dem die Auktionen zu Samsons Zeiten stattgefunden hatten, gab es nun vier miteinander verbundene Bauten, und der Haupteingang bestand aus einem raffinierten Design aus Glas und Stahl. Aber auch wenn der Komplex hochtechnologisch und modern aussah, bewahrten die ihn umgebenden grünen Felder und die hügelige Landschaft die Verbindung zu dem Land, mit dem alle seine Kunden ihr Geld verdienten.

»Vieles davon ist Harrys Werk«, erklärte Delilah, als sie auf den Parkplatz einbog, wo ihr kleiner roter Micra zwischen all den Geländewagen und Anhängern deplatziert wirkte. Sie parkte ihn neben der einzigen anderen Anomalie, einem grauen Audi Coupé, das mit seinen eleganten Konturen wie ein Vollblut unter Zugpferden aussah. »Er hat wirklich was aus diesem Standort gemacht«, fuhr sie fort. »Da stellt sich mir die Frage, was zu seinem Anruf geführt haben könnte. Er hat nicht gesagt, warum er uns hier haben will?«

»Mit keinem Wort. Aber ich könnte mir vorstellen, dass es etwas damit zu tun hat.« Durch das offene Fenster deutete Samson über die geparkten Fahrzeuge hinweg auf die Seite von einem der Gebäude, wo ein Krankenwagen mit eingeschaltetem Blaulicht von einer großen Menschenmenge umringt wurde. Dahinter stand ein Polizeiauto. Und neben diesem, im Gespräch mit Sergeant Gavin Clayton, ein sehr angespannt wirkender Harry Furness.

3

»Er ist tot? Ron Watson?« Samson schüttelte ungläubig den Kopf.

»Ich kann es auch nicht fassen«, murmelte Harry. Er rieb sich mit der Hand übers Gesicht, und seine sonst so unbeschwerte Miene spiegelte Sorge und Kummer gleichermaßen wider.

Sie saßen in Harrys Büro, Delilah und Samson auf dem abgenutzten Sofa und der Auktionator ihnen gegenüber in einem Sessel. Es war einige Zeit vergangen, seit sie eingetroffen waren, denn das Team der Dales Detective Agency hatte warten müssen, bis alle Formalitäten erledigt waren, bevor Harry Furness mit ihnen sprechen konnte. Als es schließlich so weit war, hatte er sie aus der aufgeladenen Atmosphäre des Foyers des Auktionsmarktes – das immer noch mit Bauern gefüllt war, die zu fassungslos waren, um an die Heimreise zu denken, obwohl die restlichen Geschäfte des Tages abgesagt worden waren – in sein Büro über dem Empfangsbereich geführt.

»Was zum Teufel ist passiert?«, fragte Samson.

»Er ist in eine Box mit zwei aggressiven Jungstieren geraten. Sie haben ihn umgerannt. Er hatte keine Chance.«

»Ron?« Delilahs Stimme war voller Skepsis. »Das klingt gar nicht nach ihm! So dumm war er nicht.«

Samson nickte, denn er erinnerte sich an den Vorarbeiter, der schon fester Bestandteil des Marktes war, als er selbst hier noch Kunde war. Er hatte sein Leben lang mit Vieh zu tun gehabt und war stets alles andere als leichtsinnig gewesen, wenn es um den Umgang mit den Tieren ging. Er war auch einer der wenigen, die keine Mühen gescheut hatten, um dem jungen O’Brien-Spross damals zu helfen.

»Da gebe ich Delilah recht. Der Ron, an den ich mich erinnere, wäre niemals so dumm gewesen, sich zu Tode trampeln zu lassen. Es sei denn, du willst sagen, dass er dem Alter schließlich doch nicht mehr entfliehen konnte?«

Harry schnaubte. »Weit gefehlt! Er war immer noch blitzgescheit und so vorsichtig wie eh und je.«

»Dann frage ich dich noch einmal, wie ist es passiert?«

»Wir wissen es nicht. Gerade war die Auktion noch in vollem Gange, keinerlei Probleme, da rasen plötzlich zwei Stiere durch die Gasse auf den Ring zu. Hätte Megan, unsere Auszubildende, nicht so gedankenschnell reagiert, hätte es bestimmt Verletzte gegeben, aber sie hat sie in einen Nebenpferch gescheucht. Und dann hab ich sie losgeschickt, um nach Ron zu sehen.« Der Auktionator ließ den Kopf sinken und die Schultern hängen, während er um Fassung rang, denn vor seinem inneren Auge sah er wieder Megans entsetzten Gesichtsausdruck, als er zu ihr hinrannte. Sah erneut den reglosen Körper, der verdreht auf dem Boden der Box lag. »Er ist gestorben, bevor der Krankenwagen kam.«

»Ich nehme an, du hast bereits eine Untersuchung in die Wege geleitet?«, fragte Samson.

»Selbstverständlich. Wir müssen einen vollständigen Bericht vorlegen und beweisen, dass es sich um einen einmaligen Unfall handelte und dass die Arbeitsschutzbestimmungen nicht verletzt wurden. Jedenfalls nicht durch den Auktionsmarkt.« Harry verzog das Gesicht. »Es kommt einem so herzlos vor, sich abzusichern, wo doch Ron gerade ums Leben gekommen ist. Aber so ist das nun einmal. Wir arbeiten in einem hochgefährlichen Umfeld. Der kleinste Hinweis auf leichtfertiges Handeln, und man macht uns dicht. Erst letzten Monat haben sie einen kleinen Markt drüben in Lancashire wegen eines geringeren Vorfalls als diesem geschlossen.«

»Ron hätte bestimmt Verständnis dafür gehabt«, sagte Delilah sanft.

»Aye, bestimmt. Er war immer sehr auf Sicherheit bedacht. Deshalb ist das alles auch so …« Harry ließ den Satz in der Luft schweben und fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen. »Entschuldigt«, murmelte er. »Diese Geschichte hat mich hart getroffen.«

Delilah legte ihre Hand auf seinen Arm. »Ich bin sicher, dass es keinem anders geht. Es ist so furchtbar!«

»Hat jemand gesehen, wie es passiert ist?«, fragte Samson.

Harry schüttelte den Kopf. »Nein. Die meisten von uns waren mit der Auktion beschäftigt, also waren wir im Ring oder in der Nähe davon. Und die beiden anderen Stallarbeiter, die in den Auslieferungspferchen Dienst hatten, haben draußen einem der Bauern geholfen, eine große Herde von Auen und Lämmern aufzuladen.«

»Also war Ron allein im Pferchbereich?«

»Aye.«

»Und aus irgendeinem unbekannten Grund ist er in die Box mit den Jungstieren gegangen.«

»Aye.«

Samson schwieg, die Augen auf seinen Freund gerichtet. Als er wieder sprach, geschah es leise. »Möchtest du uns sagen, was dich quält, Harry?«

Der Auktionator hob mit einem Ruck den Kopf und machte große Augen. »Ich bin mir nicht sicher, was du meinst …«

»Warum sind wir hier? Du hast doch nicht nur angerufen, um uns das hier zu erzählen!«

»Ich weiß nicht genau, weshalb ich angerufen habe. Ich bin ausgeflippt, das war alles. Ich wusste nicht, was ich tun sollte … Du warst die erste Person, die mir in den Sinn kam.«

Samson nahm ihm das nicht ab. Harry war ein Mensch, der die Fährnisse des Lebens mit Intelligenz und Ruhe meisterte. Selbst als jemand im November letzten Jahres versucht hatte, ihn zu töten, hatte er es auf die leichte Schulter genommen. Die Vorstellung, dass Harry Furness in blinder Panik zu seinem Handy griff und Samson anrief, als er seinen toten Kollegen entdeckt hatte, war einfach absurd.

»Harry, wir sind’s! Du kannst uns alles sagen, und es wird den Raum nicht verlassen. Das weißt du.«

Einen Moment lang dachte Samson, Harry würde seine Scharade fortsetzen. Doch dann verzog sich das Gesicht des Mannes, und eine Träne kullerte über seine Wange.

»Die Sache ist die«, brachte er schließlich heraus und tupfte sich mit dem Ärmel seiner Auktionatorenjacke die Augen ab, »ich weiß nicht genau, was mich quält, wie du es ausdrückst.« Er holte tief Luft, warf einen Blick auf die geschlossene Tür seines Büros und beugte sich dann vor, und seine Stimme wurde zu einem Flüstern. »Ihr werdet mich für verrückt halten, aber ich glaube nicht, dass Rons Tod ein Unfall war.«

»Was meinst du damit?«, fragte Delilah. »Du hast doch selbst gesagt, dass er in die Box gegangen ist. Wie sollte denn jemand anders daran schuld sein?«

»So sieht es nach außen hin aus. Aber wie erklärt ihr euch dann das hier?« Der Auktionator nahm die linke Hand aus der Tasche und streckte sie ihnen hin.

Quer über den Handteller zog sich ein breiter dunkler Streifen, der wie Blut aussah.

»Du begreifst es nicht! Wir könnten alles verlieren!«

Rick Procter unterdrückte den Anflug von Ungeduld, der ihn zu überkommen drohte, als er die Panik in der Stimme seines Kompagnons hörte.

»Ich sage dir, der blufft nicht, wer immer er auch ist!« Bernard Taylor, Bürgermeister von Bruncliffe und Betreiber des Immobilienbüros Taylor’s Estate Agents, konnte sich kaum zurückhalten, und seine geflüsterten Worte klangen fast hysterisch. »Er wird uns vernichten!«

Vielleicht ist dies nicht der beste Ort für dieses Folgetreffen, sinnierte Rick. Er war eigentlich davon ausgegangen, dass niemand ein gemeinsames Mittagessen zweier der bedeutendsten Geschäftsleute Bruncliffes in der exklusiven Brasserie seines Low-Mill-Bauprojekts hinterfragen würde und es weniger riskant wäre als der Versuch, sich in einer Stadt voller Topfgucker heimlich zusammenzusetzen. Aber er hätte es besser wissen müssen. Bei ihrem knappen Treffen in Taylors Büro hatte der Bürgermeister bereits kurz vor der Auflösung gestanden; jetzt, mit schweißnasser Stirn, schien der Mann einem Nervenzusammenbruch nahe zu sein.

Man musste kein Genie sein, um zu erkennen, dass hier etwas im Busch war.

»Hast du die Fotos dabei?«, fragte Rick, während er in seine geräucherte Entenleber schnitt und sich dabei darüber ärgerte, dass der exquisite Geschmack durch die Gesellschaft beeinträchtigt wurde. Sie hatten noch nicht einmal den ersten Gang hinter sich gebracht gehabt, als Taylor auch schon zu labern begonnen hatte.

»Hier.« Bernard Taylor blickte sich hektisch um, um sich zu vergewissern, dass sie niemand beobachtete – womit er mehr Aufmerksamkeit auf sich zog, als wenn er einfach nur gelassen geblieben wäre –, und schob einen Umschlag über den Tisch.

Rick legte sein Besteck hin, tupfte sich mit der Serviette die Lippen ab und nahm in aller Ruhe den Umschlag in die Hand. Sorgfältig darauf bedacht, den Inhalt niemandes Blicken auszusetzen, zog er die Fotos heraus und betrachtete sie, bevor er sie wieder wegsteckte.

»Interessant.« Er nahm Messer und Gabel erneut zur Hand und setzte seine Mahlzeit fort. Aber er hatte recht gehabt: Der zarte Geschmack der Ente war von einer Bitterkeit überlagert worden, die dem Ärger entsprang.

Jemand erpresste sie. Als er an diesem Morgen den panischen Anruf von Taylor erhalten hatte, hatte er gehofft, es wäre ein Scherz. Doch der Inhalt des Umschlags, der neben seinem Teller lag, war alles andere als ein Scherz, sondern reichte aus, um Rick Procters Welt aus den Angeln zu heben. Und wer auch dahintersteckte, er war clever genug gewesen, sich das schwächste Glied in der Kette vorzunehmen.

Was tun?

Er griff nach seinem Glas, trank einen Schluck des Burgunders und tat so, als würde er ihn genießen, während er über den nächsten Schritt nachdachte. Die ganze Zeit starrte ihn das pummelige, von Sorge gezeichnete Gesicht seines Kompagnons über den Tisch hinweg an.

»Also«, sagte Rick schließlich und stellte das Glas wieder auf den Tisch, »ist dir während eurer Unterhaltung möglicherweise eine Idee gekommen, wer der Typ sein könnte? Gab es vielleicht etwas Auffälliges an der Art, wie er sprach?«

Ein klägliches Kopfschütteln, das das Doppelkinn zum Wackeln brachte. »Es war wie beim ersten Mal. Seine Stimme war gedämpft.«

»Jemand von hier?«

»Würde ich sagen.«

»Würdest du sagen? Kannst du dich nicht etwas genauer ausdrücken?«

»Ich hab dir doch schon gesagt, dass er nicht viel redet. Als er mich im Büro anrief, sagte er nur, ich hätte eine Stunde Zeit, um zu der Scheune an der Silverdale Road zu kommen, sonst würde er mich ruinieren. Dabei hat er auch das Haus erwähnt.« Bernard Taylor tupfte sich mit seinem Taschentuch die Stirn ab. Sein Rehcarpaccio lag nach wie vor unberührt auf dem Teller; der Mann hatte den Appetit verloren, und es war leicht zu begreifen, warum.

Jemand hatte ein Foto von ihnen auf dem Bauernhof an der abgelegenen Henside Road gemacht – unter normalen Umständen ein unauffälliger Ort für ein Treffen. Aber wenn das Grundstück als Cannabisfarm genutzt wurde, dann waren die Folgen einer Entdeckung nicht auszudenken. Der Bürgermeister von Bruncliffe, der mit dem erfolgreichsten Geschäftsmann der Stadt unter einer Decke steckte und nebenbei ein illegales Unternehmen betrieb!

Wobei nebenbei eigentlich das falsche Wort war, denn das Bauernhaus war nur eines von vielen. Und Rick und sein Kompagnon nur zwei Rädchen in einem Getriebe, das viel größer war als sie. Und auch sehr viel gefährlicher.

Derjenige, der sie erpresste, spielte an einem Tisch mit weit höheren Einsätzen, als er sich jemals hätte vorstellen können.

»Was ist mit diesem Mal? Was hat er gesagt?«

»Er hat mich einfach zu einem Futtereimer dirigiert, der neben dem Scheuneneingang stand, und da habe ich die da gefunden.« Der Bürgermeister zeigte mit zitterndem Finger auf den Umschlag auf dem Tisch. »Dann meinte er, er würde sich wieder melden, und legte auf. Wie gesagt, nicht viel, woraus man etwas schließen könnte, und es hörte sich an, als ob er unter Wasser wäre oder so was.«

Rick schnitt sich noch ein Stück Leber ab und dachte angestrengt nach. Das Ganze sah nach äußerst sauberer Arbeit aus. Nichts, wodurch man den Erpresser hätte identifizieren können. Aber vielleicht war genau das der Punkt, wo er einen Fehler gemacht hatte …

»Wie lange hat es gedauert, bis er dich an der Scheune angerufen hat?«

Taylor zuckte mit den Schultern. »Ein paar Augenblicke, nachdem ich angekommen war. Warum?«

»Woher wusste er, dass du da warst?«

Es entstand eine Pause, während der der Mund des Bürgermeisters offen stand, aber kein Wort herauskam. Dann errötete er. »Er hat mich beobachtet«, zischte er. »Der Dreckskerl hat mich beobachtet!«

»In der Tat.« Rick trank einen weiteren Schluck Wein, hauptsächlich um sich selbst davon abzuhalten, seinen Komplizen zu beschimpfen. Der Possenreißer hatte zugelassen, dass ihn jemand bis ins verdammte Silverdale verfolgte, einen Ort, der so abgelegen war, dass alles, was kein Fell und vier Beine hatte, Verdacht erregen musste. Und doch hatte Taylor nichts gesehen!

Wäre Rick nicht so sehr auf die Dienste des Mannes angewiesen gewesen – Taylors Immobilienagentur war für die Beschaffung von Räumlichkeiten für ihre illegalen Unternehmungen unerlässlich –, er wäre versucht gewesen, ihn den Leuten zu opfern, die die ganze Angelegenheit betrieben. Aber so, wie er die Leute kannte, mit denen sie im Bunde standen, würde das kleinste Wort über diesen jüngsten Fehler sie beide umbringen. Es lag also an Rick, diesen Schlamassel zu bereinigen.

»Überlass die Sache mir«, forderte er, nahm den letzten Bissen Ente zu sich und legte sein Besteck auf den leeren Teller.

»Was ist, wenn er mich wieder kontaktiert?«

»Dann sagst du mir sofort Bescheid! Aber in der Zwischenzeit darfst du dich nicht so einschüchtern lassen – wir können es uns nicht leisten, in diesem Stadium die Nerven zu verlieren!«

Bernard Taylor nickte unglücklich, stand mit einer Entschuldigung auf und verließ das Restaurant.

»Darf ich abtragen, Sir?« Der Kellner stand am Tisch und betrachtete mit einer hochgezogenen Augenbraue das unberührte Rehcarpaccio. »War alles zu Ihrer Zufriedenheit?«

»Ja. Tut mir leid, mein Begleiter war nicht hungrig«, antwortete Rick.

Der Kellner nickte, lächelte, nahm die Teller und machte sich auf den Weg in die Küche, wo er zweifellos die Tatsache kommentieren würde, dass der Bürgermeister von Bruncliffe, ein Mann, der dafür bekannt war, dass er gerne gut speiste, keinen Appetit hatte. Und das war in dieser kleinen Stadt schon genug, um für Gesprächsstoff zu sorgen.

Rick musste den Erpresser finden, und zwar schnell.

Er dachte darüber nach, was Bernard ihm erzählt hatte. Die Art und Weise, wie die Anrufe getätigt worden waren. Als der Kellner mit seinem Hauptgang zurückkam, ging ihm ein Licht auf: Das Timing! Warum hatte der Erpresser Bernard eine Stunde Zeit gelassen, um zur Scheune zu kommen? Wenn er von der Existenz der Scheune wusste, dann wusste er auch, dass es nur eine dreißigminütige Fahrt war. Dennoch hatte er Bernard genug Zeit gelassen, um Rick anzurufen, bevor er sich auf den Weg machte.

Denn er hatte gewusst, dass Bernard genau das tun würde!

Rick lächelte. Er hatte es mit einem Einheimischen zu tun. Irgendein Hinterwäldler, der über die Cannabisfarm gestolpert war und beschlossen hatte, diese Entdeckung zu seinem Vorteil zu nutzen. Damit standen die Chancen doch gleich erheblich besser.

Ein wenig beruhigt, machte er sich daran, sein Filetsteak mit Genuss zu verspeisen.

Ein bisschen Blut auf einer Hand. Das war nichts, was Samson verwunderte, wenn man bedachte, dass gerade ein Mann zu Tode getrampelt worden war.

»Na und?«, fragte er achselzuckend.

Delilah hingegen starrte auf die große Handfläche, die Harry ihr hinhielt, und schlug die Hand vor den Mund. »Ist das Rons …?«

»Nein, es ist nicht von Ron«, sagte der Auktionator. »Es stammt von einem der Stiere, die ausgerissen sind.«

Noch immer konnte Samson Harrys Besorgnis nicht teilen. »Deshalb sind sie durchgedreht: Sie müssen sich an irgendwas geschnitten haben.«

»Aye, das war auch mein erster Gedanke. Aber ich habe die Boxen inspiziert, wo wir Ron fanden. Dort gab es nichts, woran sie sich hätten schneiden können. Auch kein Blut, abgesehen von dem auf dem Boden …«

Harrys Stimme verlor sich, er sackte in seinen Sessel zurück und rieb sich mit der Hand übers müde Gesicht, als er wieder an die schmerzhaften Ereignisse dieses Tages dachte.

»Woher stammt es dann?«, fragte Samson, der jetzt doch neugierig wurde.

»Ich vermute, es handelt sich um etwas viel Schlimmeres.« Der Auktionator holte sein Handy aus der Tasche seines dunkelgrünen Overalls und reichte es weiter. »Seht euch das mal an.«

Eine seitliche Aufnahme des Stiers füllte den Bildschirm aus; die Flanke des Tiers war von einer roten Linie gezeichnet. Sauber. Keine ausgefransten Ränder, wo sich das Tier die Haut aufgerissen haben könnte. Ein Schnitt, und der war präzise ausgeführt. Das Foto veranlasste den Detektiv dazu, sich auf dem Sofa nach vorne zu beugen.

»Das sieht aus wie –«

»Eine Messerwunde!« Unterbrach Delilah Samson, die über seine Schulter auf das Telefon schaute. Sie fuhr mit den Fingern über den Bildschirm, um die Verletzung zu vergrößern.

»Ich bin froh, dass ich nicht der Einzige bin, der das denkt«, murmelte Harry mit ernstem Gesicht.

»Aber das würde ja heißen, dass jemand den Stier absichtlich geschnitten hat! Warum?«

Harry zuckte mit den Schultern. »Was weiß ich. Aber der arme Ron hat den Preis dafür bezahlt.«

»Und Ron kann es nicht selbst gewesen sein? Vielleicht aus Versehen?« Schon während er es sagte, wusste Samson, dass seine Frage lächerlich war. Im Umgang mit Vieh war Ron Watson einer der besten gewesen, die er je kennengelernt hatte – es war undenkbar, dass der Mann für die Verletzung auf dem Foto verantwortlich war. Und selbst wenn er es gewesen wäre, wäre er nicht so dumm, sich der daraus resultierenden Panik in den Weg zu stellen.

»Ausgeschlossen!«, erwiderte Harry entschieden. »Der alte Ron war brillant mit dem Vieh!«

»Das heißt also, dass es jemand anderes gewesen sein muss«, folgerte Delilah. »Aber warum?«

»Deshalb habe ich euch kommen lassen.« Harry stand auf und ging zur Tür, öffnete sie, schaute in den Korridor und schloss sie dann wieder. »Tut mir leid, ich werde langsam paranoid«, erklärte er. »Es ist nur so, wenn Ron es nicht getan hat, dann muss es jemand vom Auktionsmarkt gewesen sein. Und im Moment traue ich niemandem außerhalb dieses Zimmers.«

»Was ist mit der Videoüberwachung? Die muss doch alles zeigen, was du wissen willst?«

Der Auktionator reagierte mit einem Kopfschütteln auf Delilahs Frage. »Das könnte man meinen. Aber es gibt keine Videoüberwachung.«

»Ihr habt keine Kameras im Gebäude?«, fragte Samson ungläubig.

»Oh, Kameras haben wir schon, eine ganze Menge von den Drecksdingern sogar. Aber aus irgendeinem unerklärlichen Grund haben die im Pferchbereich nicht funktioniert. Und das«, fuhr Harry fort, während er im Zimmer auf und ab ging, »ist Anlass genug, mir Sorgen zu machen. Große Sorgen sogar. So große, dass ich euch beide engagieren möchte, um der Sache auf den Grund zu gehen.«

Samson betrachtete das Foto, das vor ihm noch auf dem Bildschirm zu sehen war, den blutroten Streifen auf der Flanke des Stiers. Und er hatte das schreckliche Gefühl, dass sich dies als ein weiterer folgenschwerer Fall für die Dales Detective Agency erweisen würde.

4

In den Yorkshire Dales war endlich der Frühling angekommen. Seit einigen Tagen lag ein taubenblauer Himmel über den Fjälls, und eine warme Sonne lächelte wohlwollend auf die auf grünen Feldern herumtollenden Lämmer herab und weichte die harten Konturen der grauen Steinmauern, die das Land durchzogen, mit ihrem Licht auf. Entlang der schmalen Sträßchen sprenkelten Krokusse und die wippenden Köpfe von Narzissen die Wiesen mit bunten Farbtupfern, und an den knospenden Bäumen zeigten sich zarte Blüten. All das wurde durchzogen vom schwermütigen Ruf der Brachvögel unten am Fluss.

Es war ein perfekter Frühling. Eine Jahreszeit für neues Leben. Eine Zeit für neue Liebe.

Acht Meilen nördlich der kleinen Stadt Bruncliffe, an den Hängen des Pen-y-ghent, spürte niemand die Anziehungskraft der Jahreszeit mehr als der Besitzer der Mire End Farm.

»Ich bin am Arsch!« Clive Knowles lehnte an dem Gatter, das auf das Feld neben dem Bauernhaus führte, und richtete Worte gen Himmel, die nur die Schafe vor und der alternde Collie neben ihm hörten. »Ruiniert«, führte er aus. »Erledigt.«

Er schüttelte den Kopf, fassungslos angesichts der schicksalhaften Wendung, die sein Leben genommen hatte, und rieb sich die Brust, die unter seiner Berührung schmerzte. Wie eine echte Wunde.

»Wenn das Liebe ist«, brummte er verdrießlich, »dann, finde ich, dürfte sie nicht so wehtun.«

Oder so kostspielig sein.

Er beobachtete die Neuankömmlinge auf dem Feld: eine gesunde Herde Mutterschafe mit Lämmern, die er in der Woche zuvor spontan auf der Auktion erstanden hatte.

Das letzte Mal, dass er für Vieh so tief in die Tasche gegriffen hatte, war im Herbst für seinen preisgekrönten Swaledale-Schafbock Ralph gewesen. Aber das hier war etwas anderes. Von einem Widder war zu erwarten, dass er die Ausgabe mehr als rechtfertigte, und der Anzahl der hochträchtigen Auen auf dem Feld auf der anderen Seite des Bauernhauses nach zu urteilen, hatte Ralph genau das getan.

Aber Mutterschafe mit Lämmern zu kaufen … so was hätte er nie getan. Normalerweise. Aber als er letzte Woche am Rand des Auktionsrings stand, hatte er eine Art Tagtraum gehabt und darüber nachgedacht, wie sich die Mire End Farm verändern könnte. Wie sein Leben in Zukunft aussehen könnte, wenn er nur den Mut fände, die Gelegenheit zu ergreifen. Und ehe er sichs versah, nickte er diesem verdammten Dämon von Auktionator Harry Furness zu, der prompt den Hammer fallen ließ und mit dem Finger geradewegs auf ihn zeigte. Urplötzlich war er stolzer Besitzer einer Schafherde gewesen, die er eigentlich gar nicht hatte kaufen wollen.

Er war zu stolz gewesen, um einen Rückzieher zu machen; stattdessen hatte er sich eingeredet, dass es eine schöne Bereicherung seines Hofes sein würde, der damit auf bessere Tage zusteuerte.

Aber Texels! Eigentlich keine Rasse, mit der er sich abgab; zu teuer für seinen Geschmack und nicht wirklich geeignet für sein Land. Außerdem waren sie nicht gerade die hübschesten Tiere, sondern erinnerten eher an Rausschmeißer in einem anrüchigen Nachtklub.

Und so, da er seine Lektion gelernt hatte, hatte er heute zum ersten Mal seit über einem Jahrzehnt die Auktion gemieden. Zweifellos würde seine Abwesenheit kommentiert werden, aber er konnte es sich einfach nicht leisten, seine Zeit am Auktionsring zu vertun, wenn Harry Furness auf dem Podium stand.

»Es wird mich in den Ruin treiben«, murmelte er dem Hund zu. »Wenn ich diesen Liebesunsinn nicht bald in den Griff bekomme, bin ich aufgeschmissen!«

»Clive!«

Er drehte sich zu der Frau um, die in seiner Haustür stand und deren schriller Schrei in seinen Ohren als süße Symphonie erklang.

»Essen steht auf dem Tisch!«, rief sie. »Wärmer wird’s nicht!« Die Tür knallte zu.

Der Bauer blickte noch einmal zum Himmel und sandte ein stummes Dankgebet an jenen Gott, der auf die Gegenwart des Engels, der derzeit auf Mire End Farm lebte, verzichtet hatte. Und ließ unmittelbar darauf eine Bitte um Hilfe folgen. Denn Clive Knowles war verliebt und hatte keine Ahnung, wie er das Objekt seiner Begierde für sich gewinnen sollte.

In Anbetracht dessen, dass dort drin ein Mensch gestorben war, sah die leere Box unverfänglich aus – abgesehen von der Stelle mit dem blutgetränkten Sägemehl auf dem Boden.

Nachdem sie Harry verlassen hatten, damit er sich um die Auswirkungen von Ron Watsons Tod kümmern konnte, waren Samson und Delilah an ein paar verschlossenen Bürotüren vorbei nach unten in den Empfangsbereich gegangen. Als sie in den Gang kamen, der um den leeren Auktionsring herumführte, sahen sie keine Menschenseele. Durch den plötzlichen Abbruch des Tagesgeschäfts hatte sich das große Areal von einem Bienenstock voller Aktivitäten in eine Geisterstadt verwandelt.

Als sie in den Bereich mit den Pferchen und Boxen kamen, verhielt es sich nicht viel anders. Die Bauern hatten genug Zeit gehabt, das Vieh einzusammeln, das sie an diesem Morgen gekauft hatten, oder die Tiere, die sie nicht hatten verkaufen können, wieder aufzuladen, und jetzt war es unheimlich still auf der riesigen Fläche: kein Zuschlagen von Gattern, keine frustrierten Schreie, weil Schafe zu entkommen drohten, während sie auf die wartenden Anhänger verladen wurden.

Nachdem sie ein paar Boxen passiert hatten, in denen noch einige ruhige Rinder standen, waren Samson und Delilah am Ort von Rons Unfall angekommen.

»Hier ist es«, sagte Delilah nach einem Blick auf die Karte, die Harry ihnen gegeben hatte und auf der ein grob gezeichnetes Kreuz die Stelle markierte. »Nicht dass wir den Plan gebraucht hätten«, fügte sie hinzu und deutete auf den Fleck auf dem Boden.

Samson lehnte sich an den Metallzaun und betrachtete die Box. Es war schwer, sich die blitzenden Hufe der in Panik geratenen Jungstiere vorzustellen. Die plötzliche Bewegung der ganzen Muskeln und Knochen auf relativ kleinem Raum. Einen Mann, der dazwischen in der Falle saß. Ron hatte nicht die geringste Chance gehabt.

»Was zum Kuckuck hat ihn dazu veranlasst, da reinzugehen, wenn die verrücktspielen?«, fragte er.

Delilah zuckte mit den Schultern. »Eventuell haben sie das ja gar nicht. Vielleicht ist er aus einem anderen Grund reingegangen, und sie haben sich erschreckt.«

»Selbst wenn, Ron war ein alter Hase in diesem Spiel. Er wäre in dem Moment wieder raus, als die Biester anfingen, sich aufzuregen. Er war kein Mensch, der Risiken einging.«

»Vielleicht ging das Gatter nicht mehr auf?«

Mit einem einzigen Finger zog Samson den Riegel zurück und drückte das Gatter auf, und eine hochgezogene Augenbraue zeigte in Delilahs Richtung. »Glaube nicht, dass es das war.«

»Aber was dann?«

»Weiß der Geier.« So mühelos, wie er es geöffnet hatte, schloss Samson das Gatter wieder, und das Einrasten des Verschlusses klang laut in der sie umgebenden Stille.

»Was ist mit der möglichen Messerwunde?«, fragte Delilah, die das Foto auf ihrem Handy betrachtete, das Harry von dem verletzten Stier gemacht hatte. »Ändert das die Sachlage nicht ein bisschen?«

»Auf jeden Fall – wenn es wirklich eine ist, dann würde das die Sachlage sogar grundlegend ändern. Vor allem, wenn wir davon ausgehen, dass es nicht Ron war, der die Verletzung verursacht hat.«

Delilah sah zu ihm auf und setzte das Szenario in ihrem Kopf zusammen. »Du denkst, Ron war in der Box und derjenige, der das Messer hatte, war hier draußen?«

»Es würde einen Sinn ergeben.«

Delilah atmete hörbar ein und drehte sich um sich selbst, um den Pferchbereich erneut in Augenschein zu nehmen. Die schwache Beleuchtung. Die Reihen der Pferche und Boxen mit den dazwischenliegenden Gassen. Keine Menschenseele weit und breit. Es war irgendwie beunruhigend. Erst recht an einem Auktionstag – die Lautsprecherdurchsagen in der Ferne, alle um den Auktionsring am anderen Ende der Gasse versammelt oder draußen mit dem Verladen des Viehs beschäftigt. Außer Ron, der hier hinten war und aus irgendeinem Grund diese Box betrat. Und dann …

»Er hatte Angst davor, herauszukommen«, sagte sie.

Samson nickte. »Ich glaube, damit könntest du richtigliegen. Dem armen Ron blieb nichts anderes übrig, als sein Glück bei den Stieren zu versuchen.«