Einfach kochen - Felix Olschewski - E-Book

Einfach kochen E-Book

Felix Olschewski

0,0

Beschreibung

Wer sein Gemüse selbst putzt und anrichtet, Soßen anrührt und Kräuter hackt, lebt gesünder und bereichert sein Leben weit über Küche und Esszimmer hinaus: Wenn wir unsere Lebensmittel mit allen Sinnen erleben und den Gaumen kultivieren, dienen wir der Gesundheit von Körper und Geist, unseren Beziehungen zueinander und unserer Gesellschaft. Dieses Buch stößt zum Erleben des Kochens an und erklärt, warum wir selbst kochen sollten. Rund 70 Rezepte dienen als Anregungen zum Nachkochen einfacher und nahrhafter Gaumenfreuden oder als Ausgangspunkt für eigene Experimente.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 148

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Für jeden, der gerne kocht.

INHALT

Einleitung

Kochen ist einfach. Koch doch einfach.

Ab in die Küche

Komm, wir kochen was

Anhang

Index der Rezepte

Einleitung

Dieses Buch richtet sich an alle, die gerne regelmäßig kochen würden und den Lohn ernten möchten: Genuss, Gesundheit und eine gute Figur. Ganz gleich ob Anfänger oder fortgeschrittener Koch: Einfach kochen soll dir als Motivation dienen, möglichst häufig zu kochen. Das macht dich unabhängig und bereichert dein Leben, dient deiner Gesundheit und Umwelt und es erdet dich. Möglicherweise wird auch der Sex leidenschaftlicher und der Hund hört besser. Die Katze nicht.

Auf der ersten Seite eines Buches schreibe ich meist einen Überblick über den Inhalt. Diesmal gebe ich dir stattdessen eine Abwandlung meiner drei Leitsätze mit.

1. Wenn Du kochst, dann koche. Tu und denk nichts anderes. Sei achtsam.

2. Fürchte nichts. Kochen ist kein Wettbewerb. Explosionen sind unwahrscheinlich und solange du die Finger auf der richtigen Seite der Messerklinge hältst, besteht kein Grund zur Beunruhigung.

3. Kochen macht Spaß. Wenn nicht, machst du etwas falsch.

Was daran eine Abwandlung ist? An die Stelle des Kochens setze ich in diesen Aphorismen: Leben. Leben macht Spaß. Dazu gehört auch mal Trauer und Schmerz. Leben ist kein Wettbewerb. Und wenn du etwas machst, dann mach es richtig oder gar nicht. Sei dabei immer achtsam.

IN DER KÜCHE DUZEN WIR UNS

Du hast es schon bemerkt: Ich duze dich. Im Deutschen schafft das Siezen Distanz. Die können wir in der Küche nicht gebrauchen, denn da müssen wir eng zusammenarbeiten. Sonst schmeckts nicht. Auch sprachlich ist Siezen umständlicher als Duzen. Machen wir es uns also leicht.

DANKE

Ich danke dir, lieber Leser, für die Aufmerksamkeit, die du diesem Buch widmest. Wenn du selbst kochst und Zutaten direkt vom Erzeuger kaufst, machst du die Welt ein wenig besser.

Außerdem danke ich Helmut Backers und seinem Team, Christian Holtkötter und Helga und Wolfgang Möllering für die Hingabe, mit der sie Lebensfreude schöpfen. Ihr bereichert das Leben mit weit mehr als Gaumenkitzel. Danke, dass ich teilhaben darf.

Kochen ist einfach. Koch doch einfach.

Jeder kann kochen.

Wenn du dein Frühstücksei selbst salzt, erfüllst du bereits alle Voraussetzungen, die man zum Kochen benötigt: Geschmack und den Willen, ihn zu befriedigen. Echtes Kochen ist nicht, was wir im Fernsehen sehen, wo Kasper das Volk unterhalten, dabei um die Wette quasseln und Zutaten zusammenwerfen mit vielen Tricks und Spektakel.

Und nur selten finden wir das echte Kochen bei den Berufsköchen im Restaurant, die unter Zeit- und Gelddruck arbeiten und zu oft viel Rummel um wenig Geschmack machen.

Das echte Kochen gibt es zu Hause in der Küche. Da macht einer, selten ein Profi, die Familie satt und verzaubert sie oft mit höchstem Genuss.

Das ist das echte, das eigentliche Kochen. Es ist das Kochen, das Eltern – meist Mütter und Großmütter – an ihre Kinder weitergeben und so bewahren und stets weiter entwickeln. Es ist eine Quelle der Tradition, es definiert uns kulturell. Es ist das tägliche Kochen; das Kochen, das unsere Zivilisation aufgebaut hat. Es ist das einfache Kochen, das jeden Tag Menschen sättigt und das Überleben sichert. Kochen ist einfach. Es ist kein Wettkampf, es braucht kein Diplom, keine Institution, keine Profis. Jeder kann kochen. Jeder darf kochen. Jeder sollte kochen. Dafür gibt es mindestens acht gute Gründe.

WARUM SELBST KOCHEN?

Selbst kochen verändert das Leben. Es dient der eigenen Gesundheit, körperlich und geistig, Tag für Tag. Es erweitert den Horizont, schärft die Sinne und pflegt Beziehungen. Das gilt zugleich für jeden einzelnen und übergreifend für die gesamte Menschheit.

GENUSS UND ERLEBNIS

Kochen ist vergleichbar mit dem Vorspiel beim Sex. Es erhöht die Empfindsamkeit, Intensität und Extase der Sinneswahrnehmung.

Wer nicht selbst kocht, beschränkt hingegen seine Sinne. Man erlebt dann nur einen oberflächlichen Ausschnitt der verfügbaren Aromen. Die fertige Speise auf dem Teller ist nur der Endpunkt einer Abenteuerreise durch die Welt der Stimulanzien in der Hitze der Küche. Nur der Koch erlebt die ganze Reise, ist hautnah dabei, wenn ein Dutzend Gewürze zu einem Ganzen werden; er schöpft aus Eis und Feuer und atmet auch die flüchtigsten Aromen. Dem bloßen Esser, dem Verbraucher mangelt es an solcher Sinneskompetenz. Wer nicht selbst kocht, beurteilt Essen mit einer beschränkten Sichtweise. Natürlich kann der Esser trotzdem beurteilen, ob ihm etwas schmeckt. Doch das ist ein tragischer Selbstbetrug: Was er isst, hat jemand anders zubereitet. Als betrachtete er die Fotos der Abenteuerreise eines Fremden. Sein Horizont bleibt stets beschränkt durch anderer Menschen Geschmack, Rezepte und Bräuche. Kann so jemand überhaupt erwarten, von jemand anderem ein köstliches Mahl vorgesetzt zu bekommen?

Wer nie selbst gekocht hat, nie selbst geschnitten, geschmort, gewürzt und gebraten hat, weiß gar nicht um die bestehenden Möglichkeiten – und Unmöglichkeiten. Er weiß nicht, was seine eigenen Sinne überhaupt können. So jemand lebt in einer nebulösen Welt, fremdbestimmt durch die Geschmäcke anderer Menschen.

BIOLOGIE UND EVOLUTION

Kochen macht uns zum Menschen, meint der Primatologe und Professor für biologische Anthropologie an der Harvard Universität Richard Wrangham. Unser direkter Vorfahre Homo erectus entstand demnach vor rund 1,8 Millionen Jahren durch die Entdeckung des Feuers. Er hatte kleinere Zähne als sein Vorgänger Homo habilis und sein Brustkorb deutet auf einen kleineren Magen hin. Nie zuvor in der Evolution waren die von der Ernährung abhängigen Veränderungen am Körper so groß. Das passt zur Vermutung, die Qualität der Ernährung habe sich verbessert und das Essen sei weicher geworden. Andererseits verloren wir die Fähigkeit zum effizienten Klettern und schliefen somit auf dem Boden. Das sei ohne Kontrolle über das Feuer als Schutz kaum zu erklären. Gleichzeitig vergrößerte sich unser Schädelvolumen um beinahe die Hälfte. Das deutet auf bessere Verfügbarkeit von Energie hin, denn davon benötigt das Gehirn besonders viel.

Energie ist die Grundlage des Lebens. Deswegen ist Kochen von zentraler Bedeutung für das Leben: Es erhöht die Energieverfügbarkeit. Zum Gewinnen der gleichen Energiemenge muss man rohe Nahrung erheblich länger kauen als gekochte, beziehungsweise verarbeitete Nahrung. Schimpansen verbringen zum Beispiel etwa sechs Stunden täglich nur mit Kauen und Verdauen.1 Für den frühen Menschen war die bessere, einfachere und schnellere Energieversorgung durch das Kochen daher ein entscheidender Durchbruch in der Evolution sozial, ökonomisch und intellektuell.

An diesen physiologischen Auswirkungen lässt sich zwar der Wert des Kochens unbestreitbar ablesen. Jedoch folgt daraus nicht, man müsste unbedingt selbst kochen. Warum sollte man es nicht von jemand anderem erledigen lassen? Weil der Wert nicht in der gekochten Nahrung allein steckt, sondern auch in der Tätigkeit selbst. Der Nutzen zeigt sich psychologisch, sozial und kulturell – aber auch greifbar gesundheitlich.

PSYCHOLOGIE UND KULTUR

Es sei kaum zu glauben, schreibt die amerikanische Essayisin M. F. K. Fisher, »dass normale Menschen das durchschnittliche Restaurantessen nicht nur tolerieren, sondern dem Essen zu Hause sogar vorziehen. Die einzig mögliche Erklärung für solch vorsätzliche Massenvergiftung, eine Art Suizid des Geistes wie des Körpers ist, dass die Mahlzeiten in der Intimität des familiären Esszimmers oder der Küche unerträglich sind.«2 Ihre Vermutung untermauert sie mit Beispielen aus der Literatur.

So etwa Richardson Wright, Autor des Bed-Book of Eating and Drinking: »Das erste Anzeichen ehelicher Probleme ist, wenn Mann oder Frau es anwidert, gemeinsam am Esstisch zu sitzen. […] Probleme am Esstisch sind häufig Probleme in der Ehe. Ein gemeinsamer, gesunder Appetit und Wissen über Essen und Kochen sind die Basis für eine gute Beziehung.« Mehr gemeinsame Mahlzeiten am Küchentisch würden »den ehelichen Status stabilisieren. Ich glaube, dass ein Mann nicht um die Bedeutung und Sicherheit einer glücklichen Ehe weiß, bevor er sich selbst eine Mahlzeit gekocht hat.« (Wer es sich noch nicht selbst gemacht hat, kann auch andere nur schlecht befriedigen. Siehe dazu Seite →.)

Der französische Gastrosoph Jean Anthelme Brillat-Savarin überrascht kaum mit seiner Äußerung »Gesundes Interesse an Tafelfreuden, das heißt kultiviertes Essen am Tisch, kann viel Glückseligkeit bringen.«

Fisher setzt ihre Vorstellung in ein greifbares Verhältnis: »Den Gaumen zu kultivieren ist mindestens so wichtig wie die Perfektionierung des Golfschwungs oder die Leibesertüchtigung.«

All diese Beschwörungen mahnen zu Sorgfalt und Aufmerksamkeit beim Essen. Und sie rechnen der eigenen Küchenarbeit einen hohen Stellenwert zu, denn nur dadurch kann echte Sorgfalt geschehen. Wer nur isst und nicht kocht, beschränkt sich auf weniger als die Hälfte der Esserfahrung. Zum vollständigen Erlebnis des Essens gehört das Beschaffen und Verarbeiten der Lebensmittel. Wer diese Schritte überspringt, enthält sich selbst den Zusammenhang vor und er verpasst den scheinbar magischen Zeitpunkt in der Küche, an dem aus Lebensmitteln ein Gericht wird – oder ein Festmahl. Und er beraubt sich grundsätzlich der sozialen Aktivität des gemeinsamen Kochens.

Vor diesem Hintergrund sind Fertiggerichte aus der Mikrowelle häufig eine Katastrophe. Nicht nur entfallen hierbei Einkauf und Zubereitung der Zutaten; auch das gemeinsame Essen, das Teilen der Mahlzeit geht verloren. Denn in kaum einer Mikrowelle kann man Essen für mehr als ein oder zwei Personen zubereiten oder aufwärmen. Man isst nacheinander im fünf-Minuten-Takt, jeder für sich mit der eigenen, abgeteilten Portion. Die Mikrowelle hat unsere Esskultur und dadurch unsere Gesellschaft verändert, indem ihr Einsatz vielerorts das soziale Zusammensein am Esstisch zerstörte. Auch die Historikerin Bee Wilson beschreibt in Am Beispiel der Gabel den zentralen Stellenwert des Feuers in der Gesellschaft. Feuer war der Mittelpunkt des Zusammenseins: Der Feuerplatz im Dorf, dann der Feuerplatz im Haus. Diesen Platz nahm später der Herd in der Küche ein. Setzt sich der technologische Trend fort, weicht der Herd endgültig der Mikrowelle. Der Esstisch – ein Symbol des familiären Beisammenseins – ist häufig schon der Verwahrlosung preisgegeben, begraben unter Zeitungen, Notizen, Post und Steuerformularen. Dabei ist gerade die Gemeinschaft eine der großen Stärken unserer Spezies.

Den Wert einer gemeinsam verspeisten Mahlzeit können wir auch bei unseren nächsten Verwandten beobachten: Wenn Schimpansen auf der Jagd Fleisch erbeutet haben, verzehren sie es gemeinsam. Das verstärkt die sozialen Bindungen in der Gruppe, verbessert so die Zusammenarbeit und fördert den künftigen Erfolg.3

Die Arbeitsteilung in der modernen Küche ist hingegen ein Paradoxon: Wir können sie nicht sehen und doch ist sie umfangreicher als je zuvor. Früher schufteten Sklaven, Diener oder Frauen in der heimischen Küche. Heute verrichtet Elektrizität die Arbeit. Die Energie gewinnen wir aus fossilen Brennstoffen durch die Arbeit anderer Menschen in der Ferne. Damit betreiben wir Küchengeräte, zusammengebaut von fremden Händen in anderen Teilen der Welt. Wir verarbeiten Zutaten, abermals angebaut, gesammelt, geerntet und geschlachtet durch die Mühe anderer Individuen. Schweiß und Schmutz entstehen in jedem Falle. Wer selbst kocht, kann allerdings immerhin einen kleinen Teil seiner Unabhängigkeit wahren und Demokratie leben – oder Solidarität mit den Erzeugern bekunden. Der Lohn ist eine bessere Gesundheit.

GESUNDHEIT UND SICHERHEIT

Kochen macht schlank. Das klingt spektakulär, ist jedoch fundiert und bedarf im Detail einer längeren Erklärung – die folgt auf Seite →. Wenn man eine Mahlzeit selbst kocht, sei das ein größeres Anzeichen gesunder Ernährung als der Nährstoff- oder Kaloriengehalt, argumentiert auch Michael Pollan, Autor mehrerer Bestseller über Ernährung, Lebensmittel und deren Entstehung.4Denn wenn ein Industrieunternehmen kocht, benutzt es in der Regel verhältnismäßig viel Salz, Zucker und Fett. So kann man den minderen Geschmack schlechter Zutaten einfach überdecken.

Die Arbeitserleichterung für aufwendige Speisen wie Pommes Frites spielt eine zusätzliche Rolle. Sind solche als ungesund geltenden Nahrungsmittel einfach aus dem Supermarktregal verfügbar, isst man sie häufiger. Muss man sie hingegen selbst zubereiten, ist man zu dem damit verbundenen Aufwand erheblich seltener bereit.

Regelmäßiges Kochen mit frischen, unverarbeiteten Zutaten schult die Sinne und die Fähigkeit zum Unterscheiden guter und schlechter Lebensmittel. Das ist ein wirksames Hilfsmittel zum Kauf der besten und gesündesten Lebensmittel wie auch gegen viele Formen des Lebensmittelbetrugs. Das Selbstkochen erhöht so die Transparenz und Sicherheit des Essens.

»Das gemeinsame Mahl erhebt Essen vom mechanischen Prozess der Energieversorgung zu einem Ritual der Familie oder Kommune, von tierischer Biologie zu einem Akt der Kultur.«5Was Michael Pollan als Ritual und Akt der Kultur bezeichnet, wirkt direkt auf die Gesundheit: Alleine essen macht krank. Alleinstehende oder verwitwete Senioren essen seltener und weniger vielseitiges Obst und Gemüse. Zugleich neigen sie häufiger zu Übergewicht, wobei allein essende Männer zugleich stärker von Untergewicht gefährdet sind.6Essen Jugendliche häufig mit ihren Eltern zu Abend, berichten sie mit erheblich höherer Wahrscheinlichkeit von einem hervorragenden Verhältnis zu ihren Eltern. Eine solch gute Beziehung ist schon für sich genommen gesund und angenehm und gewiss streben die meisten Familien dies an. Doch der Effekt geht darüber hinaus: Jugendliche mit einem so guten Verhältnis zu ihren Eltern bleiben mit bis zu vierfacher Wahrscheinlichkeit Drogen wie Marihuana, Alkohol und Tabak fern. Das bestätigt die These, ein positiv gefestigtes soziales Umfeld schütze effektiv gegen Drogenmissbrauch.7

Lebt eine Familie von Fertiggerichten, die in Einzelportionen zu beliebiger Tageszeit aus der Mikrowelle kommen, fördert das keine gemeinsame Mahlzeit. Entsteht hingegen eine große, gemeinsame Mahlzeit in der Küche, vereinen sich alle Familienmitgleider über den Zeitpunkt und den Inhalt des Essens. Man trifft sich am Esstisch und teilt die Mahlzeit.

ZUSAMMENFASSUNG

Selbst kochen ist gut für dich, es dient deiner körperlichen und geistigen Gesundheit und deinem Sozialleben.

Kochen macht dich zum Menschen, schult deine Sinne und verbessert deine Genussfähigkeit.

Kurz: Kochen bereichert dein Leben wesentlich.

WAS HEIßT GUT KOCHEN?

»Die Küche ist ein Ort, an dem gute Dinge passieren.«

–TATSACHE

Gutes Kochen ist einfach. Es ist zugleich effizient und elegant, ökologisch und ökonomisch. Denn nur dann ist es nachhaltig, das heißt: Nur dann können wir es auch in Zukunft noch tun.

Gut gekocht ist es dann, wenn es schmeckt (doch nicht alles, was gut schmeckt, ist gut gekocht). Kann ein Essen jedermann schmecken? Schließlich sind Geschmäcke so verschieden wie Menschen. Wenigstens einem kann es immer schmecken: Dir selbst. Gut gekocht ist das Essen also, wenn es dem Koch schmeckt. Wer kocht, hat Recht.

Eine gut gekochte Mahlzeit ist mehr als die Summe ihrer Teile. Gutes Kochen addiert nicht nur, es multipliziert. Das Ergebnis ist stets etwas Neues.

Gutes Kochen macht viel aus wenig. Es verschwendet nichts und nutzt alle Reste optimal.

Und was steht gutem Kochen im Weg? Genau das, was wir oft mit Kochen gleichsetzen: Rezepte.

REZEPTE: DER NATÜRLICHE FEIND GUTEN ESSENS?

Viele Menschen verstehen Kochrezepte als Eckpfeiler guten Kochens. Genaue Kochrezepte sind jedoch eine Illusion. Denn frische Zutaten unterliegen natürlichen Schwankungen und unterscheiden sich in Geschmack und Größe, Festigkeit und Textur und mehr. Wie alt ist das Mehl? Wann und wie wurde es gemahlen?

Auch Küchengeräte sind ungenau und reagieren verschieden. Backöfen haben Hotspots und erwärmen sich unterschiedlich stark und schnell. Die eingebauten Thermostate erfassen auch nicht den großen Einfluss der Luftfeuchtigkeit an verschiedenen Stellen im Ofen.

Gutes Essen zeichnet sich allein durch seinen Geschmack aus. Den beurteilen wir durch unsere Sinne. Also können auch bei der Zubereitung nur unsere Sinne maßgebend sein, nicht Temperaturanzeigen oder Zeitangaben.

Das gute Essen eines guten Kochs stammt nicht aus dem genauen Einhalten des Rezepts. Im Gegenteil: Ein guter Koch reagiert flexibel auf die individuellen Herausforderungen, vor den die natürlichen Schwankungen frischer Zutaten ihn stellen. Durch aufmerksamen Einsatz seiner Sinne macht er das Beste daraus.

Natürlich misst auch ein kreativer Koch: Nämlich wenigstens per Augen- oder Handmaß. Und das Festhalten von Zahlen als Richtwerte ist unbestreitbar hilfreich. Doch niemals können diese Zahlen Erfahrungen und Sinneseindrücke – die Menschlichkeit – ersetzen.

»Von der Größe einer Walnuss«, »eine Handvoll«, »ein Schluck« – wenn Oma beim Weitergeben ihrer Rezepte solche Angaben macht, treibt sie so manchen Sohn in den Wahnsinn. Doch gerade diese vermeintlich unwissenschaftlichen Maße funktionieren in der Praxis am besten. Die Größe einer Walnuss variiert genauso wie die nötige Menge Tomatenmark für eine Soße.

Zahlen und Maße sind nützliche Hilfsmittel. Ein Rezept kann ein Ausgangspunkt sein. Doch schon beim Salzen eines gekochten Eies zeigen sich die Grenzen von Mengenangaben: Wie viel Salz braucht es? Ein, drei oder fünf mal den Salzstreuer kippen? Unterschiedliche Salzstreuer und Salze bedingen ein immer anderes Maß. Die Temperatur des Eies beeinflusst den Geschmack. Und es ist Geschmacksache. Das fremde Maß kann ein Ausgangspunkt, eine Vorstellung der Größenordnung sein, jedoch niemals mehr.

Kochrezepte führen in der Regel nicht zum besten Essen, sondern zum Mittelmaß. Denn Rezepte enthalten Angaben für durchschnittliche Zutaten. Hält man sich daran, ignoriert man jegliche Abweichungen der Zutaten von der Norm. Das gilt besonders für frisches Obst und Gemüse. Das Ergebnis der Bemühungen kann dann ebenfalls nur mittelmäßig sein. Befolgt man ein gutes Rezept strikt, kann das bestenfalls helfen, eine Katastrophe zu vermeiden. Doch es verhindert zugleich die Entstehung etwas Herausragenden.

Wenn wir mathematisiert kochen, uns also auf Zahlen und Maße versteifen, missachten wir viele nicht messbare Variablen. Darunter den Geschmack auf unserer Zunge und persönliche Vorlieben.

Kochrezepte beginnen meist dort, wo der Koch sich beim Schreiben befand: Mindestens gedanklich in seiner voll ausgestatteten Küche. Ausgehend von der fertigen Mahlzeit ermittelt er die nötigen Zutaten, arbeitet sich durch die Zubereitung voran und endet jäh mit dem Servieren. Er berücksichtigt dabei nicht die Situation des Lesers zu Hause. Was liegt gerade in seinem Kühlschrank, was ist gestern übrig geblieben? Welche Zutaten sind vorrätig, was muss verbraucht werden? Irgendwo muss der schreibende Koch beginnen und enden und er sucht sich den bequemsten Zeitpunkt aus.

Doch unser Alltag verläuft nicht so abgehackt: Die Küche ist nicht immer aufgeräumt, der Kühlschrank nur selten voll bestückt. Sinnvoller scheint daher, das Kochen zu beginnen, wo und wann man den Hunger hat.8Mit dem, was gerade im Haus ist. Dabei helfen allgemeine Kochfähigkeiten mehr als ein Haufen Rezepte. Dann kann man sich einfach vorbereiten: Gewürze, Parmesan, getrocknete Pilze, Hafergrütze, Maisgrieß, getrocknete Bohnen, Knoblauch und Zwiebeln, Balsamico-Essig, Olivenöl, ein paar Gemüse – aus diesen gut haltbaren Dingen kann man jederzeit eine köstliche Suppe zubereiten.

Versteifen wir uns in der Küche hingegen auf Maße (Gewichte, Temperaturen, Volumen), verdrängen wir die Menschlichkeit aus der Zubereitung. Kochen wird mechanischer und weniger persönlich. Diese Art des Kochens nach Zahlen und Maßen degradiert den Koch zur ausführenden Maschine. Solche Rezepte suggerieren, die Sinne des Kochs seien bedeutungslos. Seine Arbeit könne auch ein Roboter übernehmen. Und genau das passiert, da wir immer mehr und komplexere Küchenmaschinen einsetzen. Wir entwerten die Fähigkeit des Kochens, indem wir sie Automaten überlassen.