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Eine gesunde Balance zwischen Bewegung und Entspannung ist im heutigen Kita-Alltag wichtiger denn je. Kinder brauchen Dynamik und Ruhe gleichermaßen. Gerade im Wechselspiel beider Erfahrungen können sie die eigenen Kräfte spüren und ihren Körper besser kennenlernen. Renate Zimmer hat mehr als 50 Angebote zusammengestellt, die Kinder spielerisch dabei unterstützten, zu sich selbst zu finden: Entspannungsübungen und abwechslungsreiche Spiele eröffnen die Chance, Ruhe und Stille als Kraftspender zu entdecken. Mit Anregungen zur Raumgestaltung, Wissenswertem zu kindgerechten Entspannungsmethoden und zahlreichen Tipps zur Umsetzung zeigt das Praxisbuch, wie Entspannung mit Kita-Kindern gelingt.
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Seitenzahl: 75
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Völlig überarbeitete Neuausgabe von Wilde Spiele zum Austoben 2023
(9. Gesamtauflage)
© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2018
Alle Rechte vorbehalten
www.herder.de
Umschlagkonzeption: wunderlichundweigand, Schwäbisch Hall
Umschlaggestaltung: Verlag Herder
Illustrationen auf dem Cover: © TopVectors – iStock
Illustrationen im Innenteil: © Graphics RF – Adobe Stock
Fotos im Innenteil: © Renate Zimmer; S. 10: © SerrNovik – GettyImages; S. 71: © gradyreese – GettyImages; S. 77: © monkeybusinessimages – GettyImages
Satz und Gestaltung: Sabine Ufer
E-Book-Konvertierung: Newgen Publishing Europe
ISBN Print 978-3-451-38939-9
ISBN E-Book (PDF) 978-3-451-82866-9
ISBN E-Book (EPUB) 978-3-451-82877-5
Einleitung
Kapitel 1: Über Bewegung zur Ruhe finden
Feuer, Wasser, Sturm und Sonne
Wellenspringen
Verzaubert
Fliegende Ufos
Zappeltanz
Fliegende Schmetterlinge
Die Königin befiehlt
Praxistipp: Die Körperwahrnehmung stärken
Kapitel 2: Wilde Spiele und Stilleübungen
Tanz auf heißem Sand
Klammern jagen
Pferdegespanne
Zeitungszauber
Schlangen fangen
Schatz bewachen
Würfelrennen
Boxkampf
Wissen kompakt: Blockaden lösen, Selbstvertrauen gewinnen
Kapitel 3: Die Kraft des Atems spüren
Welke Blume
Sternschnuppen
Pusteballon
Wattepusten
Kuscheltier-Schaukel
Luftballon
Wissen kompakt: Was heißt Entspannung?
Kapitel 4: Spannung und Entspannung – Die Balance finden
Gummiband
Samenkörner wachsen
Locker und angespannt
Luftmatratze aufpumpen
Aufzug
Fliegen aus der Luft fangen
Ein Langschläfer erwacht
Der schmelzende Schneemann
Wissen kompakt: Progressive Muskelentspannung
Praxistipp: Regeln und Rituale
Wissen kompakt: Wirkungen von Entspannung
Kapitel 5: Kuschelkissen – Kissenschlacht
Wurftraining
Kissen suchen
Kissenschlacht
Autoscooter
Kissenschleuder
Kartonmauern umwerfen
Haltet das Spielfeld frei
Kissenrennen
Praxistipp: Rückzugsräume schaffen – Buden, Höhlen, Hängematten
Praxistipp: Selbst Ruhe bewahren
Kapitel 6: Wahrnehmung und Konzentration
Geheimnisvolle Geräusche
Begrüßung international
Geisterwald
Inselhüpfen
Knochen bewachen
Tastquiz
Abschleppwagen
„Mit den Händen sehen“ – Der Fühlsack
Detektiv Scharfauge
Zublinzeln
Schaukelmatte
Kapitel 7: Spielerische Massageübungen
Ballmassage
Sandsäckchen spüren
Autopolierstation
Autowaschstraße
Wetterbericht
Kuchen backen
Waldspaziergang
Rückenbilder
Wissen kompakt: Die kinästhetische Wahrnehmung
Wissen kompakt: Sensorische Entspannungsverfahren
Kapitel 8: Fantasiereisen und Traumstunden
Reise durch den Körper
Luftballonreise
Eine Fahrt mit dem Boot
Wissen kompakt: Imaginative Verfahren
Tipps zum Weiterlesen
Kinder brauchen Bewegung – aber Kinder brauchen auch Ruhe. Beides gehört zu den Grundbedürfnissen von Kindern, deren Erfüllung für eine gesunde Entwicklung unverzichtbar ist. Über Bewegung setzt sich ein Kind aktiv mit seiner Umwelt auseinander, es wirkt auf sie ein und passt sich ihr an, dabei lernt es sich selbst, aber auch seine Umwelt und deren Gesetzmäßigkeiten kennen. Hierzu bedarf es jedoch neben dem aktiven Handeln immer auch des Innehaltens, der Ruhe, des Wahrnehmens und des Sich-Bewusstwerdens des eigenen Körpers.
Bewegung und Aktivität sind also für Kinder genauso wichtig wie Ruhe und Stille. Aktivität und Ruhe stehen in einer engen Beziehung zueinander. Es gilt, die richtige Balance zwischen beiden Polen zu finden. Dies ist im Alltag heute oft nicht mehr so einfach möglich: Kinder spüren die Folgen eines hektischen, ruhelosen Alltags. Sie wachsen in eine Gesellschaft hinein, in der Informationen jeder Art nahezu unbegrenzt erhältlich sind. Die modernen Medien stehen ihnen fast jederzeit zur Verfügung, und so nehmen sie – meist sitzend und in körperlicher Unbeweglichkeit – eine Vielzahl an Eindrücken und Informationen auf. Es fehlt ihnen jedoch die Möglichkeit, diese auf der körperbezogenen Ebene zu verarbeiten. Das führt zu einem Missverhältnis von äußeren Anforderungen und inneren Ressourcen. Häufig sind Stresssymptome wie Schlaflosigkeit, Nervosität oder Konzentrationsprobleme die Folge, es entstehen Unruhe und Rastlosigkeit, die das Kind nicht nur in seinem Verhältnis zu seiner Umwelt, sondern auch in seinen Entfaltungsmöglichkeiten beeinträchtigen.
Mit Ruhe-Ritualen und Entspannungsübungen kann weder der Alltagsstress verringert, noch können die Lebensbedingungen der Kinder in ihrem sozialen Umfeld wesentlich beeinflusst werden. Worauf jedoch Einfluss genommen werden kann, ist die Art und Weise, wie die Kinder diesen Bedingungen begegnen: Der Umgang mit Belastungssituationen kann erleichtert, Bewältigungsstrategien können eingeübt und die Kinder so angeleitet werden, dass sie die wohltuende Wirkung von Ruhe- und Stilleübungen in Ergänzung zu Bewegungsaktivitäten bewusst erleben und in der Folge vielleicht sogar selbst suchen werden. Damit wird die Verarbeitung von belastenden Faktoren sowie der Abbau von Stress unterstützt. Das Kind lernt, selbst Wege zu finden, mit Belastungen umzugehen, bei Bedarf „abzuschalten“, sich eine „Auszeit“ zu nehmen. So hat es die Chance, auf die vielfältigen Eindrücke in seinem Leben nicht mit Symptomen der Überforderung, sondern mit Gelassenheit zu reagieren, sich bewusst zu entspannen.
Spannung und Entspannung in der Muskulatur wahrzunehmen ist die Voraussetzung, um mit Stresssituationen umgehen und Belastungen bewältigen zu können. Bei Nervosität und körperlicher sowie psychischer Anspannung erhöht sich der Spannungsgrad der Muskulatur unwillkürlich. Diesem Zustand kann man sich hilflos ausgeliefert fühlen, man kann aber auch aktiv daran arbeiten, wieder lockerer zu werden. Schon die Erfahrung und das Bewusstsein, dass man sich in einer belastenden, angstbesetzten Situation selbst helfen kann, tragen dazu bei, dass die Anspannung sich wieder verringert.
Entspannungsübungen können Konzentrations- und Lernprobleme nicht unmittelbar beseitigen, aber sie können die Voraussetzungen dafür schaffen, damit kognitives Lernen besser gelingt und Kinder auf diese Weise Methoden kennenlernen, mit deren Hilfe sie sich besser konzentrieren können.
Stille kann bereichern! Um dies zu erleben, bedarf es jedoch einer geschützten Umgebung, eines Hinführens durch den Erwachsenen. Stille und Ruhe bieten die Voraussetzungen, um besser wahrnehmen zu können, um genau zu hören, differenzierter zu sehen und feinfühliger zu spüren. Die kleinen Dinge des Alltags, die sonst leicht verloren gehen, geraten ins Bewusstsein. In Ruhe- und Entspannungssituationen ist ein In-sich-Hineinhören und -Hineinspüren möglich, die Körperwahrnehmung wird sensibilisiert. Über die körperliche Entspannung gelangen Kinder – und auch die Erwachsenen – zu einer psychischen Gelöstheit.
Entspannung hat darüber hinaus eine regenerierende Wirkung. Nach einer Entspannungsphase fühlt man sich meist ausgeglichener, ruhiger, man spürt „neue“ Kräfte.
Aber bevor Kinder sich entspannen können, müssen sie erst einmal ihren Bewegungsbedürfnissen nachgeben können. Das Bedürfnis nach Ruhe stellt sich dann fast von alleine ein, es kann jedoch von den Erwachsenen unterstützt und durch Spielideen begleitet werden.
Das bewusste Erleben von Bewegung, Aktivität und Dynamik auf der einen Seite und Ruhe, Stille und Entspannung auf der anderen Seite hilft Kindern, zu sich selbst zu finden und sich bei Bedarf zu konzentrieren. Damit ist eine bessere Selbstkontrolle und Selbstregulation möglich, die nicht von den Erwachsenen verlangt und angeordnet, sondern im Spiel als lustvoll erfahren und als Erweiterung der eigenen Möglichkeiten erlebt wird.
Ziel der in diesem Buch beschriebenen Anregungen ist das Erreichen einer Balance von Bewegung und Ruhe.
Lassen Sie sich inspirieren!
Renate Zimmer
Über Bewegung zur Ruhe finden
Vor allem bewegungsfreudige Kinder hören immer wieder von Erwachsenen unvermittelt die Ermahnung, doch endlich einmal still zu sitzen, nicht so viel herumzurennen oder wenigstens mal fünf Minuten ruhig zu sein. Statt dieser verbalen Aufforderungen, die oft als Vorwurf empfunden werden, kann es für alle Beteiligten sehr viel hilfreicher sein, zunächst einmal dem Bedürfnis nach Bewegung Raum zu geben. In diese Spielsituationen können dann Ruhephasen eingebaut werden.
In den folgenden Beispielen haben die Bewegungsphasen zunächst den größeren Anteil, Ruhephasen werden eher am Ende einer Bewegungseinheit durchgeführt, um die Kinder erst einmal über einen sehr kurzen Zeitraum mit den positiven Wirkungen von Ruhe und Stille vertraut zu machen.
Hier wird Ruhe nicht von außen eingefordert, sondern folgt einem natürlichen Rhythmus des Organismus: Intensive Aktivität ist nur möglich, wenn auch Entspannungs- und Ruhephasen erlebt werden. Der Bewegungsdrang wird also nicht unterdrückt, das Kind wird nicht aufgefordert still zu sein, es kann vielmehr dem eigenen Bedürfnis folgen. So wird eine positive Beziehung zur Ruhe hergestellt, Ruhe und Stille werden als angenehm empfunden.
Die Reaktionen der Kinder beobachten
Unterschiedliche Aktivierungsniveaus werden auch von Kindern als wohltuend erlebt. Dabei dürfen die Ruhephasen zunächst allerdings nur geringe Anforderungen an die Konzentration der Kinder stellen, diese Einheiten sind daher vorerst kurz zu halten und die Reaktionen der Kinder aufmerksam zu beobachten.
Material: Hocker, Tische, Bänke
Die Idee: Das Reaktions- und Laufspiel – mit Ruhephasen – kann im Bewegungsraum, aber auch im Gruppenraum unter Nutzung der Einrichtungsgegenstände Hocker, Stühle und Tische durchgeführt werden. Vereinbaren Sie mit den Kindern die Regeln:
• Bei „Feuer“ laufen die Kinder ganz schnell in eine bestimmte Ecke des Raumes, bei „Wasser“ steigen sie auf Hocker und Bänke, bei „Sturm“ kriechen sie unter die Bänke und Tische, bei „Sonne“ legen sie sich auf den Boden, genießen die warmen Sonnenstrahlen und ruhen sich aus.
Auch eines der Kinder kann die Signalwörter ausrufen.
•Variation: Anstelle der akustischen Signale zur Änderung der Bewegungsformen können auch Bildsymbole verwendet werden. Ein rotes Blatt Papier ist das Zeichen für Feuer, ein blaues steht für Wasser, ein graues für den Sturm. Eine auf ein Blatt Papier gemalte Sonnenblume (oder eine Sonne) bedeutet, dass nun die Ruhephase beginnt.
Material: großes Schwungtuch
Die Idee: Ein großes Schwungtuch bietet mehreren Kindern gleichzeitig Platz für Bewegungsspiele, es ist groß genug, um anschließend als Unterlage für eine Ruhephase genutzt zu werden.
•Bewegungsphase: Alle mitspielenden Kinder stehen um das Schwungtuch herum. Sie fassen es mit beiden Händen und bewegen es auf und ab, sodass große Wellen entstehen.
Fordern Sie einen Teil der Kinder auf, sich auf das Tuch zu stellen und durch die Wellen zu laufen, in die Wellen hineinzuspringen oder über die Wellen hinwegzuspringen. Dabei wird der Sturm immer stärker, und auch die Wellen werden höher.