Enwor - Band 13: Die verschollene Stadt - Wolfgang Hohlbein - E-Book
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Enwor - Band 13: Die verschollene Stadt E-Book

Wolfgang Hohlbein

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Beschreibung

Hoffnung kennt nur der Narr: „ENWOR – Band 13: Die verschollene Stadt“ von Wolfgang Hohlbein und Dieter Winkler jetzt als eBook bei dotbooks. ENWOR: Kriegsgeboren und vom Feuer getauft – eine postapokalyptische Welt voller Gefahren. Die Qualen, die dem jungen Satai-Krieger Daart auferlegt wurden, sind unvorstellbar – und doch noch nicht zu Ende: Eine grausame Göttin verfolgt ihn mit all ihrem Hass und Chaos zieht über Enwor hinweg. Wer ist Freund und wer ein Feind? Daart ist verzweifelt: Nur wenn er endlich das Rätsel um Eternity löst, jener verschollenen Stadt, von der die dunklen Legenden berichten, wäre Enwor noch zur retten. Doch ist es dafür bereits zu spät? Jetzt als eBook kaufen und genießen: „ENWOR – Band 13: Die verschollene Stadt“ von Wolfgang Hohlbein und Dieter Winkler. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag. JETZT BILLIGER KAUFEN – überall, wo es gute eBooks gibt!

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Über dieses Buch:

ENWOR: Kriegsgeboren und vom Feuer getauft – eine postapokalyptische Welt voller Gefahren. Die Qualen, die dem jungen Satai-Krieger Daart auferlegt wurden, sind unvorstellbar – und doch noch nicht zu Ende: Eine grausame Göttin verfolgt ihn mit all ihrem Hass und Chaos zieht über Enwor hinweg. Wer ist Freund und wer ein Feind? Daart ist verzweifelt: Nur wenn er endlich das Rätsel um Eternity löst, jener verschollenen Stadt, von der die dunklen Legenden berichten, wäre Enwor noch zur retten. Doch ist es dafür bereits zu spät?

Über die Autoren:

Wolfgang Hohlbein, 1953 in Weimar geboren, ist Deutschlands erfolgreichster Fantasy-Autor. Der Durchbruch gelang ihm 1983 mit dem preisgekrönten Jugendbuch MÄRCHENMOND. Inzwischen hat er 150 Bestseller mit einer Gesamtauflage von über 44 Millionen Büchern verfasst. 2012 erhielt er den internationalen Literaturpreis NUX.

Dieter Winkler, geboren 1956 in Berlin, hat zusammen mit Wolfgang Hohlbein ENWOR entwickelt. Nach langen Jahren als Chefredakteur schrieb er mit Wolfgang Hohlbein das elfte Buch der ENWOR-Saga »Der ewige Schlaf« und führte die Serie mit neuen Abenteuern fort.

Wolfgang Hohlbein im Internet: www.hohlbein.de

Bei dotbooks veröffentlichte Wolfgang Hohlbein die Romane FLUCH – SCHIFF DES GRAUENS, DAS NETZ und IM NETZ DER SPINNEN, die ELEMENTIS-Trilogie mit den Einzelbänden FLUT, FEUER UND STURM und die große ENWOR-Saga; eine chronologische Übersicht der einzelnen Romane finden Sie am Ende dieses eBooks.

Wie wird es mit den Kriegern Skar und Del weitergehen? Finden Sie es heraus im nächsten Roman der ENWOR-Saga: ENWOR – Band 14: Der flüsternde See. Eine Leseprobe finden Sie am Ende dieses eBooks.

***

Neuausgabe Februar 2016

Copyright © der Originalausgabe 2004 Piper Verlag GmbH, München

Copyright © der Neuausgabe 2016 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Tanja Winkler, Weichs

E-Book-Herstellung: Open Publishing GmbH

ISBN 978-3-95824-521-1

***

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Wolfgang Hohlbein Dieter Winkler

ENWOR

Band 13: Die verschollene Stadt

Roman

Im Tal des Vergessens,

wo stürzende Fluten die Zeit gebären,

sah ich mich Gewalten gegenüber,

die, längst vergangen,

ihren Bannstrahl auf mich richteten

und mir zu nehmen drohten,

was mir gerade erst gegeben:

die Geliebte!

Das zwölfte Buch

Vorwort

Wie geht die Reihe weiter? Diese Top-Frage jeder Veranstaltung, bei der eine Buchreihe im Mittelpunkt steht, trifft in ganz besonderem Maße auf Enwor zu. Die Romane um die beiden Satai-Krieger Skar und Del gehören nicht nur zu meinen ersten längeren Texten, sondern sind mir ganz besonders ans Herz gewachsen; wie ich hoffe, dem einen oder anderen Leser auch. Umso schöner finde ich es, dass sich Skar und Del auch in der neuen Enwor-Staffel als weitaus lebendiger erweisen, als das der eine oder andere von Ihnen vielleicht glauben mag …

Und damit bin ich schon beim Thema: der Fortsetzung der Enwor-Reihe, der Geschichte von Daart und Carnac im Kampf gegen den Feuerkult der Guhulan. Im Vorwort zum ersten Band der Feuer-Trilogie habe ich beschrieben, wie Enwor entstanden ist und warum ausgerechnet Dieter Winkler die neuen Abenteuer schreibt. Das möchte ich an dieser Stelle noch einmal aufgreifen, wenn auch unter einem anderen Aspekt. Und dazu muss ich zurückblicken in die Zeit, als der Terminator in die Kinos kam und Stephen King mit »ES« ein großartiges Debüt hinlegte, also genau vor … Aber lassen wir das. Jedenfalls waren wir damals noch ziemlich jung.

Fremde Welten und phantastische Geschichten hatten mich und meinen Jugendfreund Dieter Winkler schon immer fasziniert. Wir haben entsprechende Literatur nicht nur verschlungen, sondern auch für Verlage wie Heyne, Bastei und Goldmann übersetzt. Und bevor Michael Jacksons Horror-Videoclip »Thriller« herauskam, hatte es jeder von uns bereits geschafft, einige Kurzgeschichten zu veröffentlichen.

Das war ganz nett. Aber wir wollten mehr. Jeder von uns bastelte in seinem stillen Kämmerchen an einer eigenen Fantasy-Reihe, und irgendwann an einem grauen Novembertag kurz vor fünf Uhr morgens – also der für Autoren kreativsten Zeit – beschlossen wir, unsere Ideen zusammenzuschmeißen und eine gemeinsame Welt zu kreieren. Das war der Startschuss der ENdWORld-Saga.

Grundlage dafür war einerseits eine Geschichte von Dieter, in der die beiden Satai Skar und Del ihr erstes Abenteuer erlebten (»Malicia«, nachzulesen in »Das Vermächtnis der Feuervögel«, Piper 2003), und andererseits ein Romananfang von mir, in dem Menschen, Reptilienkrieger und Mutanten das düstere Erbe eines Konflikts zwischen den Alten und den Sternengeborenen antreten mussten. Bevor der erste Enwor-Roman auf der Basis dieser Ideen entstand, verdrückte sich Dieter nach München zu CHIP und übernahm dort die Chefredaktion. Damit oblag es mir, Enwor vorerst allein weiterzuschreiben. Meine Begeisterung für diese Reihe scheint sich auf die Leser übertragen zu haben: Die zehn Romane zählen nach wie vor zu den erfolgreichsten ihres Genres.

Kaum kam »Matrix« in die Kinos, wechselte Dieter wieder ins Autorenlager (ob das eine mit dem anderen etwas zu tun hat, entzieht sich allerdings meiner Kenntnis) und stieg für »Das Elfte Buch« bei Enwor wieder mit ein. Die beiden geplanten Nachfolgebände blieben durch die Irrungen und Wirrungen eines Verlagsverkaufs auf der Strecke, und wir entschlossen uns dann für einen radikalen Schnitt: neuer Verlag, neue Staffel. Der erste Roman mit dem Titel »Das magische Reich« erschien, als Costa Cordalis zum Dschungelkönig gekrönt wurde, aber wir schwören, dass das eine mit dem anderen nichts, aber auch gar nichts zu tun hat.

Und in Sachen Enwor – wie geht die Reihe nun weiter? So viel sei verraten: Auf »Die verschollene Stadt« folgt eine Reise in den Norden Enwors, zu den Cor-Seen. Bevor »Der flüsternde See« jedoch sein Geheimnis preisgibt, werden Daart und Carnac noch ihr blaues Wunder erleben – und dabei auf ein unglaubliches Geheimnis stoßen, in dessen Mittelpunkt Skar steht. Denn die Saga um Skar und Del ist noch lange nicht zu Ende …

Viel Spaß bei Enwor wünscht Wolfgang Hohlbein

TEIL 1

Wer die Augen vor der Wahrheit verschließt, ist verloren.

Das zwölfte Buch

Kapitel 1

Der Himmel über ihnen war auf eine Weise erstarrt, wie Daart es nie zuvor gesehen hatte. Das erdrückende Grau hing so schwer über dem Tal, als hätte ein Schmied gewaltige Mengen flüssigen Erzes ausgegossen und in einer einzigen Einheit erkalten lassen – Gestalt gewordene Warnung vor Mächten, denen man mit einem Gewaltritt nicht entkommen konnte.

Daarts Hand krampfte sich schmerzhaft um den Zügel, als er nach vorn blickte. Erst ein ganzes Stück hinter der Schlucht ging das Grau in eine hellere Farbe über, nahezu weiß und dabei doch schmutzig wirkend, an den Rändern ausfransend, so merkwürdig durchscheinend und fest zugleich, dass es sich jeder Beschreibung entzog. Dahinter glaubte er Unruhe wahrzunehmen, die sich bis tief in den Horizont in eine sonnendurchtränkte Region hinein erstreckte, in der es flirrte und flimmerte, als wirbelten dort heftige Winde über Baumkronen und Felsgestein. Doch so sehr er sich auch bemühte, er konnte keine Einzelheiten ausmachen, ja, er war nicht einmal sicher, ob ihn nicht ein Trugbild narrte.

Dieser Umstand berührte Daart tiefer, als es ihm lieb war. Täuschung, Magie, Blendwerk – es gab viele Ausdrücke für das, was sich jeder Erklärung entzog. Für ihn hatte all das jedoch eine mehr als nur vage Bedeutung, und die hing untrennbar mit Nubina zusammen. Er war noch nie zuvor einer Frau begegnet, die eine Aura solch kalter Macht verströmt hatte wie die Herrscherin von Nyingma – und die noch dazu so atemberaubend schön war, dass neben ihr kein anderes weibliches Wesen bestehen konnte. Es war sicherlich kein Zufall, dass er gerade jetzt an sie denken musste. Vom Tal wehte ein lauer Luftzug herüber, der die Blätter der Bäume ganz sachte rascheln ließ, ein sanfter Hauch, der kaum merklich über seine Wangen strich. Er hätte ausreichen müssen, um Unruhe in die erstickende Wolkenschicht über ihnen zu bringen, doch diese war so bar jeder Bewegung, dass es ihm vollkommen unerklärlich war. Irgendetwas ging hier vor, das mit Nubina zu tun hatte – oder doch zumindest mit dem Magier, den sie ihr vor der Nase weggeschnappt hatten.

Nur mit Mühe schüttelte Daart den Gedanken ab. Sie hatten mittlerweile viele Tagesritte zwischen sich und Nyingma gebracht, und jetzt mussten sie sehen, dass sie ihre kostbare Fracht so schnell wie möglich ans Ziel brachten. Er war froh, Carnac an seiner Seite zu wissen, obwohl er sich noch immer nicht recht im Klaren darüber war, woran er mit ihr sei. Er wusste, wie ihr Haar roch und ihr Körper schmeckte, aber er wusste nicht, ob ihre Seele noch immer den Prophetinnen gehörte, auf deren Geheiß hin sie sich in einen weiblichen Satai-Sjen verwandelt hatte.

Carnac hatte mittlerweile ebenfalls ihr Pferd gezügelt und neben dem seinen zum Stillstand gebracht. In ihrer Montur aus schwarzem Echsenleder wirkte sie genauso erstarrt wie die graue Glocke über ihnen, eine zarte, fast zerbrechliche Gestalt, die eine Hand auf den Griff ihres Schwerts gelegt und den Kopf leicht zurückgebeugt hatte, als erwartete sie, der Himmel werde über ihr aufreißen und feindliche Krieger ausspeien. Ihr Pferd hob den Kopf, scharrte mit den Hufen und zog witternd die Luft durch die Nüstern. Daart wunderte sich nicht darüber. Tiere nahmen oft viel früher als Menschen Veränderungen in jener Grauzone wahr, die Magie und Realität nur sehr unvollkommen trennte.

Besorgt ließ er den Blick über die Felsen gleiten, die das Tal einrahmten, und weiter hinab auf den üppig bewachsenen Talgrund. In dem sonderbar gebrochenen Licht, das in weiter Ferne herrschte, waren mehr Einzelheiten erkennbar als in dem trüben Einerlei um sie herum. Doch so weit sein Blick auch reichte, entdeckte er kein Anzeichen einer menschlichen Behausung, keine Felder oder auch nur Rodungsspuren, die daraufhingedeutet hätten, dass hier irgendwann einmal Menschen gelebt hatten oder das noch immer taten. Das war seltsam. Die Gegend, durch die sie gekommen waren, hatte nicht gerade vor Fruchtbarkeit gestrotzt und war dennoch besiedelt gewesen. Warum gab es hier nicht wenigstens ein kleines Dorf?

Er kniff die Augen zusammen und musterte die Gegend, wo sich der bislang steinige Weg unter einem sprießenden Blätterdach durch das Gestrüpp wand. Die Luft, die über diesem Abschnitt des Tals stand, schien fast unmerklich zu flirren, doch das lag wohl eher an der verdunstenden Feuchtigkeit, welche die Morgensonne aus der reichen Vegetation trieb, als an etwas, das sich mit gewöhnlichen Sinnen nicht fassen ließ. Es lag etwas Verführerisches in diesem Anblick. Sie alle brauchten dringend Wasser, so ausgedörrt wie sie waren; vor allem die Pferde würden nicht mehr lange durchhalten. Als Daart in der Ferne einen Bach entdeckte, der sich zischend und sprudelnd durch das Tal wand, begann sein Herz hart und heftig zu schlagen. Alles in ihm drängte danach, so schnell wie möglich dort hinunterzukommen. Neben dem Bach entdeckte er den Pfad, der bald vollständig unter einem Dach wuchernder Sträucher und eng stehender Bäume verschwand und irgendwo weit am Horizont in die steinige Mulde am Rand einer Hügelkette auslief.

»Das gefällt mir nicht«, sagte Carnac. Sie deutete nach oben. »Die Wolken … sie sehen so unnatürlich aus. Als ob sie sich absichtlich über uns zusammenballten.«

Ihr Tonfall klang fast beiläufig, aber es schwang etwas darin mit, das Daart fast noch mehr beunruhigte als ihre durchaus zutreffende Beobachtung. Spätestens seit sie von Tikar aus mit frischen Pferden in Richtung Norden aufgebrochen waren, beobachtete Daart mit Sorge, wie Carnac mehr und mehr verfiel. Sie versuchte ihre Erschöpfung vor ihm zu verbergen, aber es genügte ein einziger Blick in ihr Gesicht, um zu wissen, wie es um sie stand. Unter ihren Augen lagen tiefe Ränder, die Wangen waren eingefallen und von den Spuren der Brandwunden gezeichnet, die sie sich bei der Explosion von Nubinas Feuer-Tempel zugezogen hatte. Das Schlimmste aber war die fahle Farbe ihres Gesichts; die Haut in den Augenhöhlen und um die Mundwinkel herum sah beinahe aus wie die einer Toten.

»Sora ist bekannt für seine Naturschauspiele«, sagte er nach einer Weile. »Ich würde dieser… Wolkenerscheinung keine allzu große Bedeutung beimessen.«

Carnac schwieg. Ihre Augen füllten sich mit einer Dunkelheit, die Daart bis ins Mark erschütterte. Vielleicht nur, weil er den Anblick dieser Schwärze nicht mehr ertrug, wandte er sich ruckartig ab und warf einen Blick nach hinten, zu dem dritten Pferd, das er an seinem eigenen mit einem Seil festgebunden hatte. Zar’Toran, der Feuer-Magier, konnte diesmal seinen Blick nicht hochmütig erwidern, wie er es für gewöhnlich tat. Er hatte sich umgedreht und starrte auf den Weg zurück, den sie als Abkürzung zum Tormon-Gebirge gewählt hatten, und Daart fragte sich, was wohl der Grund dafür sein mochte. Zar’Toran war nicht müde geworden, ihnen zu erklären, dass es nicht lange dauern werde, bis Nubinas Silberkrieger oder die Guhulan seine Spur aufnehmen und ihn befreien würden. Was Nubina anging, so mochte er durchaus Recht haben: Wenn sie auch nur ahnte, dass er und Carnac noch am Leben waren, würde sie nichts unversucht lassen, sie wieder in ihre Gewalt zu bringen.

»Nubina«, murmelte Carnac.

Daart drehte sich wieder zu ihr um. Es war ein Gefühl überwältigender Zärtlichkeit, das in ihm hochstieg, als er sie selbstversunken auf dem Pferd sitzen sah, den Blick in die Ferne gerichtet und sich wahrscheinlich gar nicht bewusst, dass sie den Namen der Herrscherin von Nyingma laut ausgesprochen hatte.

»Nubina hat ein ganz besonderes Verhältnis zu Wolken«, sagte Carnac, als sie bemerkte, dass Daart sich ihr zugewandt hatte.

»Zumindest nach dem zu urteilen, was wir auf dem Dach ihrer gigantischen Festungsanlage erlebt haben«, bestätigte Daart. »Aber das hat nichts zu sagen. Nubina mag über eine Menge magischer Tricks verfügen, und sie ist sicherlich die unumschränkte Herrscherin über ihre Untertanen«, und vielleicht sogar über viele weitere Menschen, fügte er in Gedanken hinzu. »Aber sie herrscht nicht über das Wetter – und noch nicht einmal über diese Gegend hier. Auch wenn sie sich ganz Enwor untertan machen will, ist sie doch nicht allmächtig.«

»Allmächtig.« Carnac nickte, als hätte sie nur auf dieses Stichwort gewartet. Sie warf Daart einen flüchtigen Seitenblick zu und fuhr leiser fort: »Werden wir verfolgt?«

Daart schüttelte kaum merklich den Kopf, obwohl er alles andere als sicher war. »Ich glaube nicht. Trotzdem sollten wir machen, dass wir weiterkommen.«

»Durch dieses Tal dort?« Carnac durchlief ein kaum merklicher Schauder. »Ich weiß nicht. Können wir nicht einen anderen Weg wählen?«

»Natürlich«, sagte Daart bedächtig. »Aber wahrscheinlich keinen, der uns nicht mindestens einen zusätzlichen Tag kostet – oder mehr. Denn wenn wir zu weit in das Gebiet der Südlichen Schwertbünde geraten, könnte es sein, dass wir uns mit einem Haufen übel gelaunter Soraner herumschlagen müssen.«

»Und was wäre daran so schlimm?«, fragte Carnac leise.

Daart zuckte mit den Schultern. »Du weißt doch, wie sie sind. Sie verlangen von jedem Reisenden Wegzoll, und das nicht zu knapp. Sie sind mit Sicherheit auf unsere Pferde aus – und wenn wir uns weigern, sie herzugeben, könnte es brenzlig werden.«

Carnac seufzte. »Mit ein paar Soranern werden wir wohl noch fertig werden.«

»Wahrscheinlich«, stimmte Daart zu. »Aber was ist, wenn unsere Pferde dabei zu Schaden kommen, und sei es nur, weil wir sie zu hart rannehmen müssen, um Abstand zwischen uns und die Angreifer zu bringen? Nein.« Er schüttelte den Kopf und fuhr erst nach einer Weile und in einem geradezu beschwörenden Tonfall fort: »Wir müssen jede unnötige Auseinandersetzung vermeiden. Das gebietet uns nicht nur der Ehrenkodex der Satai, sondern auch der Zeitdruck, unter dem wir stehen.«

»Wahrscheinlich hast du Recht«, sagte Carnac nach einer Weile, und ihre Augen füllten sich wieder mit Schwärze. »Dennoch: Mir gefällt das Tal vor uns nicht.«

»Mir auch nicht«, gestand Daart. »Aber dort gibt es Wasser. Die Pferde müssen endlich einmal wieder die Köpfe in einen Bach stecken können – und ich übrigens auch. Ganz zu schweigen davon, dass mein Wasserschlauch genauso trocken wie meine Kehle ist.«

»Vielleicht regnet es ja gleich«, sagte Carnac schaudernd.

Daarts Blick glitt nach oben, mitten hinein in das erstickende Grau, das noch immer bewegungslos über ihnen hing. Ihm wurde leicht schwindelig, als er den Kopf in den Nacken legte und dem Ausmaß der grauen Wand folgte. Ein kaltes Frösteln überlief ihn. Blutrot waren die Wolken gewesen, die ihn auf Nubinas Festung eingehüllt hatten, und sie hatten ein Grauen verborgen, das er selbst heute noch nicht in Worte fassen konnte. Was, wenn dieses undurchdringliche Grau über ihnen etwas für sie bereithielt, das noch unfassbarer war? Er war nicht erpicht darauf herauszufinden, was geschähe, wenn es hier zu regnen anfinge. In jedem Fall waren die Wolken ein Grund mehr, diese Gegend so schnell wie möglich zu verlassen.

»Ich glaube nicht, dass wir einen Hinterhalt zu befürchten haben«, sagte er betont unbekümmert. »Und wenn, dann stoßen wir hier wahrscheinlich nur wieder auf versprengtes Gesindel, wie damals in den Sonora-Höhen.«

Carnac rieb in einer unbewussten Bewegung über das verstärkte Schulterstück ihres Lederpanzers, genau dort, wo der Pfeil eingedrungen war, der sie auf der Hinreise erwischt hatte. »Dann können wir ja nur darauf hoffen, dass nicht wieder ein begabter Pfeilschütze unter ihnen ist.«

Daart verzichtete auf eine Antwort. »Ich bin gespannt, was Skarissa Rabork zu unserem Fang sagen wird«, sagte er stattdessen.

»Fluchen wird er, weil wir ihm nicht die Essenz des Lebens bringen, sondern nur diesen abgehalfterten Magier«, vermutete Carnac.

»Wenn das alles ist, bin ich ja schon zufrieden«, sagte Daart düster. »Manchmal frage ich mich, ob wir überhaupt das Richtige tun.«

Carnac warf ihm einen müden Seitenblick zu. »Wie meinst du das?«

Daart zuckte mit den Schultern. Er musste sich beherrschen, um nicht erneut einen Blick zurückzuwerfen. »Vielleicht hätten wir Zar’Toran irgendwo in sicherem Gewahrsam zurücklassen sollen, um auf schnellstem Weg zur Korona zu reiten. Der Kerl hält uns doch bloß auf.«

»Das tut er allerdings«, bestätigte Carnac. »Aber wir brauchen ihn nun einmal …«

»Richtig erkannt, Satai-Sjen«, erschallte Zar’Torans tiefe, dröhnende Stimme hinter ihnen. Obwohl sie sehr leise gesprochen hatten, schien der Magier jedes Wort mitbekommen zu haben. »Und wie es aussieht, seid ihr schon sehr bald auf meine bescheidenen Dienste angewiesen.«

Daart drehte sich wütend zu ihm um. »Wir sind nicht im Geringsten auf dich angewiesen. Und was dein weiteres Schicksal angeht …«

»Ja?«, fragte Zar’Toran betont ruhig. »Was ist damit? Glaubt ihr im ernst, mich unbehelligt in die Korona schleppen zu können, damit ich mich vor Skarissa Rabork in den Staub werfe und ihn um Vergebung anflehe?«

Daart wartete auf das tief grollende Lachen, das den Spott des Magiers stets zu begleiten pflegte, doch vergebens.

»Das da oben …«, sagte Zar’Toran und deutete mit den gefesselten Händen in Richtung Himmel, »sollte dir zu denken geben, Daart. Alles wird in den Strudel sich überschlagender Veränderungen gesogen, nur der Himmel über uns – der sieht so aus, als hätten ihn dunkle Götter zu Anbeginn der Zeit mit einem Fluch zur Bewegungslosigkeit verdammt.«

Daart starrte eine Zeit lang schweigend nach oben. Zar’Toran hatte Recht. Wo immer sie gewesen waren, hatten sie die Ruhelosigkeit gespürt, welche die Menschen erfasst hatte, und mehrfach hatten sie alles daransetzen müssen, um nicht in irgendwelche ungewöhnlich heftigen Auseinandersetzungen mit hineingezogen zu werden. Dagegen wirkte der Himmel über ihnen wie das Sinnbild von Beständigkeit. Das war absurd.

»Ich kenne dich sehr gut, Daart«, fuhr Zar’Toran fort.

»Ach ja?«, fragte Daart. Er versuchte höhnisch zu sein, aber selbst in seinen eigenen Ohren klang es eher hilflos. »Und was nutzt dir das, jetzt, wo du dich gefesselt in meiner Gewalt befindest?«

»Gefesselt, die Beine in Ketten und geschwächt durch Hunger und Durst«, sagte Zar’Toran unbeeindruckt. »Du hast sehr viel Angst vor einem einzelnen Mann. Und du begreifst nichts. Du warst verlieren, Daart.«

»Das lass mal meine Sorge sein.«

»Sorgen – ja, die solltest du dir tatsächlich machen.« Zar’Toran richtete sich im Sattel so weit auf, wie es die unter dem Bauch seines Pferdes hindurchlaufende Kette zuließ, mit der seine Beine zusammengebunden waren. »Vergiss nicht: Ich kenne dich besser als jeder andere lebende Mensch, deine wandlungsfähige Begleiterin mit eingeschlossen. Und ich spüre, wie die alte Furcht in dir wieder aufbricht.«

Daart hatte sich genug in der Gewalt, um nicht zusammenzucken oder auf andere Weise zu zeigen, wie sehr ihn die Worte des Magiers trafen. Er wollte nicht an die Vergangenheit erinnert werden. Das Feuer würde nie wieder Gewalt über ihn erlangen, das hatte er sich geschworen. Das heiße Fauchen gieriger Lohen, das lüsterne Flackern leckender Flammen auf seiner Flaut, das erstickende Beißen des Rauchs in seiner Kehle und die allumfassende Angst, die ihn jedes Mal ergriffen hatte, wenn der Magier vor ihm gestanden hatte, groß und fast übermächtig für den Jungen, der er einst gewesen war – all das gehörte der Vergangenheit an.

Als er begriff, dass ihn die Schrecken vergangener Tage beinahe übermannt hätten, biss er sich so fest auf die Unterlippe, bis er Blut schmecken konnte. Zar’Toran war in mehr als nur einer Hinsicht ein rotes Tuch für ihn. Die tausend kleinen Sticheleien der letzten Tage waren nur ein schwacher Abglanz all dessen, was er ihm vor vielen Jahren angetan hatte, in dem kleinen, unbedeutenden Dorf zwischen den Schattengebirgen und den Sümpfen von Cosh, in dem er aufgewachsen war. Zar’Toran, der Feuer-Magier, der nichts unversucht gelassen hatte, seinen Willen zu brechen – ausgerechnet dieser Mann spielte nun wieder eine zentrale Rolle in seinem Leben.

»Vielleicht können wir dort unten etwas erlegen«, sagte Carnac mitten in seine düsteren Gedanken hinein. »Mein Magen fühlt sich schon an, als wäre er auf Erbsengroße geschrumpft.«

»Also denn.« Daart gab seinem Rappen mit leichtem Schenkeldruck zu verstehen, dass es weiterging. Obwohl das Tier weitaus geschwächter vor Hunger und Entbehrung war als er selbst – oder Zar’Toran –, setzte es sich gehorsam in Bewegung. Und kurz darauf erreichten sie das Tal.

***

Der Pfad, der durch das Tal führte, war so schmal, dass sie nur hintereinander reiten konnten. Zweige peitschten in Daarts Gesicht, und manchmal musste er regelrecht unter einem Ast wegtauchen, um nicht aus dem Sattel gerissen zu werden. Gewöhnlich wäre es ihm nicht nur ein Leichtes gewesen, hier entlangzupreschen, es hätte ihm sogar riesigen Spaß gemacht. Heute war das anders. Seit dem Aufbruch zu ihrer zeremoniellen Satai-Sjen-Reise in den Süden Enwors waren nur wenige Wochen vergangen, aber die waren die Hölle gewesen, und der scharfe Ritt durch die kargen Sora-Ebenen hatte ihnen den Rest gegeben. Eigentlich hätten sie dringend eine Ruhepause benötigt, ein paar Tage Schonung für sich und die völlig erschöpften Pferde. Aber das Schicksal hatte es anders gewollt. Mit Zar’Toran hatte es ihnen den einzigen Menschen in die Hände gespielt, der jenen Satai retten konnte, um den sich Tausende von Legenden rankten – und von dem viele glaubten, er sei auch nicht mehr als eine Legende: Skar.

Sie ritten eine Zeit lang schweigend hintereinander her; Daart ritt vor Zar’Toran, und Carnac bildete den Abschluss der merkwürdigen Formation aus zwei jungen, erschöpften Satai-Sjen und einem alterslosen Magier, der im Vergleich zu ihnen geradezu unverschämt ausgeruht wirkte. Ein zufälliger Beobachter hätte meinen können, dass der Magier in Begleitung zweier Leibwächter unterwegs war, zumal Carnac in ihrer schwarzen Lederkluft, dem Tschekal an ihrer Seite und der Haltung eines Kriegers auf den ersten Blick als Mann durchging.

Obwohl Daart es nicht für möglich gehalten hätte, wurde der Wald noch dichter und setzte sich auch nach einer lang gestreckten Biegung fort, die sie von oben nicht hatten einsehen können. Und hier stießen sie endlich auf den Fluss. Auf den letzten Metern fielen die Pferde in einen schnellen Trab, und kaum am schlammigen Ufer angekommen, rutschten Daart und Carnac aus den Sätteln und rannten wie kleine Kinder in das schäumende Nass. Während die Pferde gierig tranken, spritzte Daart Carnac mit einer wahren Wasserfontäne nass, und sie zahlte es ihm lachend heim. Es waren nur wenige Augenblicke, die sie übermütig herumtobten, aber sie dehnten sich für Daart zu einer kleinen Ewigkeit voller Unbeschwertheit. Als Carnac schließlich die Wasserschläuche füllte, warf Daart einen Blick nach oben. Die erstickende Wolkendecke hing noch immer über dem Tal, aber direkt über ihnen hatte sich ein Loch gebildet, durch das Sonnenstrahlen mit einer Heftigkeit auf sie herabfielen, als wollten sie sie verbrennen.

Nachdem Daart auch Zar’Toran hatte trinken lassen und ihre Wasservorräte vollständig aufgefüllt waren, brachen sie wieder auf. Sie ritten eine Weile neben dem Fluss her, bis er in mehrere Arme zerfaserte. Neben einem Seitenarm, dessen Bett unter einem Wust von Unterholz und wuchernden Luftwurzeln verschwand, suchten sie sich mühsam ihren Weg. Immerhin half es Daart, seine Müdigkeit zu vergessen. Er war in einer merkwürdigen Stimmung, fast empfindungslos vor Erschöpfung und doch erfüllt von einer kribbelnden Nervosität, die eher zu- als abnahm, je weiter sie vorankamen.

Der Weg wurde mit jedem Schritt schwieriger, und sie mussten ihre ganze Konzentration aufbringen, immer wieder neue Lücken und Breschen im Unterholz zu erspähen, um nicht plötzlich in einer Dornenhecke oder einem Sumpfloch stecken zu bleiben. Die Sonne kletterte allmählich höher, und auch wenn die wärmenden Strahlen nach wie vor nur durch eine kleine Lücke in der Wolkendecke auf sie herabschienen, wurde es bald schwülwarm. Daart zog den Umhang aus, den er zusammen mit den Pferden und dem Proviant in einem kleinen Nest westlich von Tikar erstanden hatte, und legte ihn zusammengefaltet vor sich über den Sattel. Das Tal erschien ihm wie ein gewaltiges lebendes Treibhaus. Die größtenteils geschlossene Wolkendecke ließ die Wärme der Sonne zwar herein, aber nicht wieder hinaus.

Dann wurde der Weg wieder breiter, und Carnac schloss zu Daart auf, kam aber nicht so nah heran, dass er ein Gespräch beginnen konnte. Nicht, dass ihm unbedingt danach gewesen wäre. Aber er fand es merkwürdig, dass sie ihm geradezu auswich, und das, nachdem sie am Fluss so übermütig herumgetobt hatten wie selten zuvor. Vielleicht wollte sie ja nicht, dass er ihr Fragen stellte, ganz bestimmte Fragen nach ihrer Herkunft und nach dem geheimen Auftrag, den ihr die Prophetinnen mit auf den Weg gegeben hatten. Dabei war sich Daart nicht einmal sicher, ob er mehr darüber wissen wollte. Zumindest im Augenblick erschien es ihm ratsam, weiter so zu tun, als wäre sie ein ganz gewöhnlicher Satai-Sjen – wenn auch der erste weibliche seit langer Zeit.

Schließlich lichtete sich der Wald und machte einer geröllbeladenen Lichtung Platz. Der Wasserlauf war längst irgendwo rechts von ihnen verschwunden, und so war nichts weiter zu hören als das Zirpen der Vögel, das leise Rauschen des Windes in den Bäumen hinter ihnen und das Getrappel der Pferde, die sich mühsam einen Weg über den steinigen Untergrund bahnten. Die Geräusche brachen sich an den Felsen, die sie hier unten umschlossen wie die Mauern eines Gefängnisses. Daart tauschte einen nervösen Blick mit Carnac und brachte dann sein Pferd zum Stillstand.

»Was ist?«, fragte Carnac leise.

»Ich weiß nicht«, murmelte Daart. Er legte den Kopf in den Nacken und starrte nach oben. Auf den spärlich bewachsenen Felsen schien sich etwas zu bewegen. Es mochte eine Täuschung sein, hervorgerufen durch das diffuse Licht, das in dem Gezweig verkrüppelter Bäume und Büsche spielte, oder aber … die Reflexion der Sonne auf silbern glänzenden Rüstungen. Er fuhr sich mit Zeigefinger und Daumen über die Augen, blinzelte und sah abermals nach oben. Diesmal war er fast sicher, eine Bewegung am oberen Rand des Felsen wahrzunehmen, ein schattenhaftes Huschen, das sich nicht mit den Augen einfangen ließ.

»Was ist?«, fragte Carnac abermals. Ihre Stimme klang angespannt.

Daart lenkte seinen Rappen ein Stück zur Seite. »Ich weiß nicht«, sagte er leise. »Aber ich fürchte beinahe, du hattest Recht. Es wäre vielleicht tatsächlich besser gewesen, das Tal zu meiden.«

Carnac folgte seinem Blick. Sie kniff den Mund zusammen und schlug mit der Hand dreimal hintereinander auf den Schwertgriff, eine Marotte, die Daart schon öfter an ihr beobachtet hatte, wenn sie ihre Unruhe nicht beherrschen konnte. Dann runzelte sie die Stirn, schien etwas sagen zu wollen und brach wieder ab.

»Was ist?«, fragte Daart besorgt.

»Vielleicht …« Carnac blinzelte und verzog dann das Gesicht zu einem freudlosen Grinsen. »Du wirst es nicht gern hören.«

»Was denn ?«

»Vielleicht sollten wir besser zurückreiten und dieses verdammte Tal so schnell wie möglich auf der anderen Seite verlassen«, fuhr Carnac fort.

Daart starrte wieder nach oben. Das Huschen und die schattenhaften Bewegungen waren jetzt bei bestem Willen nicht mehr zu leugnen, und trotzdem erkannte er immer noch nicht genug, um sagen zu können, wer – oder was – sich dort oben herumtrieb. Er glaubte, ein metallisches Aufblitzen zu sehen, aber er war sich dessen nicht wirklich sicher. Vielleicht waren es ja tatsächlich die Silbermasken von Nubinas Kriegern, auf denen sich funkelnd die Sonne brach.

Er drehte den Kopf. Die Bäume, die sie gerade erst hinter sich gelassen hatten, standen so dicht gedrängt nebeneinander wie Krieger, die begierig auf den Befehl zum Angriff warteten. Nur vereinzelte Lichtstrahlen brachen sich ungehindert einen Weg durch die grüne Phalanx, und Daart musste den Kopf schief legen, um durch eine Lücke spähen zu können, die groß genug war, um mehr als ineinander verschränktes Geäst zu erkennen.

Einen Augenblick später wünschte er sich, er hätte es nicht getan.

»Worauf wartest du?«, fragte Carnac nervös.

Daart zog sein Tschekal. »Ich fürchte, wir bekommen gleich Besuch.«

Carnac deutete mit einer kaum wahrnehmbaren Kopfbewegung nach hinten. »Sind sie auch hinter uns?«

»Natürlich sind sie das«, sagte Zar’Toran grob. Er grinste geradezu unverschämt. »Jetzt wüsstet ihr sicher gern, wer euch hier eingekesselt hat, nicht wahr? Sind es Guhulan, die mich befreien wollen? Was meinst du, Daart? Deine alten Freunde werden dich sicherlich mit Freuden in ihren Kreisen willkommen heißen. Schließlich bist du ja im Grunde deines Herzen immer noch einer von ihnen.«

Daarts Hand krampfte sich um den Griff seines Schwertes. Er wollte nicht an die Zeit erinnert werden, in der die Guhulan nach seiner Seele gegriffen hatte, um mit feuriger Gewalt alles Menschliche aus ihm herauszubrennen; er wollte nicht einmal daran denken, dass Zar’Toran schon einmal alles daran gesetzt hatte, um ihn zu einem Guhulan zu machen, der die Satai aus tiefsten Herzen hasste – und gegen sie statt mit ihnen kämpfte.

Carnac brachte ihr nervöses Pferd mit einem harten Ruck am Zügel zur Räson. »Der Weg zurück ist uns versperrt«, sagte sie besorgt. »Mit Zar’Toran im Schlepptau können wir dort nicht durchbrechen. Aber die steinige Ebene, die sich vor uns auftut, scheint mir auch nicht gerade Vertrauen erweckend.« Sie deutete nach oben. »Ein paar Bogenschützen könnten uns von den Hängen aus ohne Schwierigkeiten in Schach halten.«

»Wenn Bogenschützen dabei sind«, wandte Daart ein.

»Das sind sie, verlass dich darauf.« Zar’Toran lachte gehässig. »Die Guhulan sind hervorragende Bogenschützen. Die silbernen Krieger Nubinas übrigens auch. Und was das Beste daran ist: Alle zählen sie zu meinen engsten Freunden.«

Daart drehte sich wütend zu ihm um. »Dann wollen wir doch mal sehen, wie viel du deinen Freunden Wert bist«, zischte er. »Oder dein abgeschnittener Kopf deinen Feinden.«

Zar’Toran hielt seinem Blick mühelos stand, aber sein Grinsen gefror. »Ich hatte euch gewarnt«, zischte er. »Oder habt ihr etwa wirklich geglaubt, mich unbemerkt durch halb Enwor schleifen zu können?«

»Schleifen ist eine gute Idee.« Daart umfasste mit der linken Hand das Seil, das er an seinem Sattelknauf festgemacht hatte, und spannte es. Zar’Torans Pferd, ein kräftiger Brauner mit dem ersten Anflug schaumigen Schweißes auf den Flanken, sah auf. Daart schnalzte mit der Zunge und zog gleichzeitig am Seil, nicht stark, aber deutlich genug, dass der Braune das Zeichen verstand. Gehorsam setzte er sich in Bewegung.

»Was hast du vor?« Zar’Torans Hände waren gebunden, sodass er nicht ins Zaumzeug greifen konnte, um sich gegen das zu wehren, was Daart mit ihm vorhatte. Nicht, dass es einen Unterschied gemacht hätte. Daart war nicht bereit, jetzt noch irgendwelche Rücksicht zu nehmen.

Als der Braune auf gleicher Höhe mit ihm war, griff er in sein Zaumzeug und zog ihn so nah wie möglich zu sich heran. Gleichzeitig brachte er das Schwert mit einer geradezu lässigen Bewegung nach oben. Die Klinge schoss auf Zar’Torans Hals zu und kam nur einen Hauch vor seiner Kehle zum Stillstand.

»Was soll das?«, keuchte der Magier. »Was hast du vor, du Verrückter?«

»Ich kann dir genau sagen, was ich vorhabe«, sagte Daart in bewusst unbekümmerten Tonfall. »Ich will herausfinden, ob das da oben wirklich deine Freunde sind.« Als Zar’Toran nicht gleich antwortete. fügte er hinzu: »Jetzt wollen wir doch hoffen, dass es nicht nur ein paar Straßenräuber sind. Sonst könnte es sein, dass sie nicht nur uns, sonst auch dich mit Pfeilen durchbohren wollen.«

»Das … das könnt ihr nicht machen.« Zar’Toran hatte den Kopf in den Nacken gelegt und sich so weit wie möglich zurückgebeugt, was allerdings vollkommen überflüssig war, da ihm Daarts Klinge folgte, als wäre sie durch eine geheimnisvolle Magie dazu gezwungen. »Die Guhulan werden nicht dulden, dass du so mit mir umspringst!«

»Die Guhulan kümmern mich einen Dreck«, entgegnete Daart heftig. »Ich bin ein Satai-Sjen, falls du es schon vergessen haben solltest – und sobald ich in die Korona zurückgekehrt bin, wird mich der Hohe Rat mit allergrößter Freude in den Stand eines regulären Satai erheben, wenn ich dich ihm vorführe. Dabei glaube ich nicht, dass es irgendjemandem darauf ankommt, ob du aufrecht im Sattel sitzt oder kopflos über dem Rücken eines Pferdes hängst. Also pass besser auf, dass du nicht zu sehr herumhampelst, wenn deine Freunde angreifen.«

»Ich weiß nicht, ob das eine so gute Idee ist«, sagte Carnac.

Daart warf ihr einen verärgerten Blick zu. Das war nun ganz und gar nicht der richtige Zeitpunkt für ein Streitgespräch.

»Vielleicht solltest du ihm besser gleich die Kehle durchschneiden«, fuhr Carnac fort. »Sein dummes Geschwätz ist unerträglich.«

Daart nickte erleichtert. Er begriff, worauf Carnac hinauswollte. »Stimmt. Lebend bringt er uns eigentlich keine Vorteile.« Er ließ das Tschekal einen kleinen Ruck nach vorn machen. Die Spitze ritzte die Kehle des Mannes, der ihn seine ganze Kindheit über gequält hatte. Blutstropfen quollen aus dem winzigen Schnitt.

Zar’Toran erstarrte regelrecht. »Wen willst du eigentlich mit diesem Unsinn beeindrucken?«, fragte er mühsam beherrscht. Er hatte mittlerweile den Oberkörper so weit nach hinten gebeugt, dass er wohl vom Pferd gefallen wäre, hätte ihn nicht die rasselnde Beinkette gehalten. Doch jetzt richtete er sich ganz vorsichtig wieder auf, sodass Daart die Bewegung mit dem Schwert mitmachen musste, um ihn nicht ernsthaft zu verletzen. »Die Substanz, die ihr mir abgenommen habt, wird euch überhaupt nichts nutzen, um das Leben des Sternengeborenen zu verlängern«, sagte Zar’Toran langsam, so als bereitete ihm das Sprechen Schmerzen. »Ihr braucht mich, um daraus die Essenz des Lebens zu fertigen.«

Das war vermutlich die Wahrheit, und Daart wäre gut damit beraten gewesen, nicht darauf zu antworten. Trotzdem setzte er zu einer Entgegnung an. Dass er nicht mehr dazu kam, sie auszusprechen, war nicht sein Verdienst. Eine Staubwolke vor ihnen kündigte Besuch an. Zar’Torans Freunde hielten mit großer Geschwindigkeit auf sie zu.

Kapitel 2

So, wie es aussah, scheuten die Ankömmlinge nicht vor einer offenen Konfrontation zurück. Das konnte alle möglichen Gründe haben, aber die wenigsten davon gefielen Daart. Mit einer raschen Handbewegung gab er Carnac zu verstehen, dass sie ihr Pferd auf ZarTorans linke Seite lenken sollte. Wenn es tatsächlich Guhulan oder Silberkrieger waren, die da auf sie zusprengten, war es besser, den Magier in der Zange zu haben.

Carnac folgte seiner Aufforderung so rasch, als wäre sie im Vollbesitz ihrer Kräfte, und noch bevor sie ihr Pferd von der anderen Seite gegen ZarTorans drängte, zog sie ihr Schwert. Daart konnte nicht umhin, sie zu bewundern. Wann immer er geglaubt hatte, dass ihre Kraftreserven endgültig aufgebraucht wären, hatte sie ihn eines Besseren belehrt. Am Ende würde wahrscheinlich er es sein, der irgendwann vor Erschöpfung aus dem Sattel fiele, und nicht sie.

Im Augenblick sah es allerdings nicht danach aus, als ob er sich darüber Sorgen machen müsste. Ohne das Tschekal zurückzuziehen, löste er den Blick von ZarToran und schaute hinter halb zusammengekniffenen Lidern nach vorn. Noch war der Reitertrupp zu weit entfernt, um Einzelheiten zu erkennen. Alles, was er sah, waren flirrende, zuckende Bewegungen, von denen etwas so Drohendes ausging, dass Daart sich allen Ernstes fragte, ob er verrückt war, hier in aller Ruhe auf den anrückenden Trupp zu warten, statt den Durchbruch in die andere Richtung zu wagen.

»Das sieht gar nicht gut aus«, sagte Carnac. »Wenn wir Pech haben, sind wir mitten in das Aufmarschgebiet von Nubinas Heer geraten.«

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