Enzian und Trüffeltod - Jessica Müller - E-Book
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Enzian und Trüffeltod E-Book

Jessica Müller

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Beschreibung

Wohl bekomm's! Hauptkommissar Hirschberg ermittelt in München.

Hirschbergs Onkel Vincent eröffnet sein Restaurant in der bayrischen Hauptstadt. Eingeladen ist auch Vincents alte Bekannte Antonia von Hohenburg. Als der Kommissar und seine Frau verspätet zum vornehmen Dinner eintreffen, ist die spitzzüngige Adlige bereits verstorben - eine allergische Reaktion auf die Vorspeise. Hirschberg glaubt nicht an einen unglücklichen Zufall und beginnt in der Münchner Schickeria zu ermitteln. Offenbar hatte die von Hohenburg eine Menge Feinde ... Aber war es tatsächlich Mord?

Urkomisch, spannend, bayrisch: Hirschbergs vierter Fall.

eBooks von beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung.


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Inhalt

Cover

Weitere Titel der Autorin

Über dieses Buch

Über die Autorin

Titel

Impressum

Widmung

PROLOG

KAPITEL 1

KAPITEL 2

KAPITEL 3

KAPITEL 4

KAPITEL 5

KAPITEL 6

KAPITEL 7

KAPITEL 8

KAPITEL 9

KAPITEL 10

KAPITEL 11

KAPITEL 12

KAPITEL 13

KAPITEL 14

KAPITEL 15

KAPITEL 16

Leseprobe TOTE LÄCHELN NICHT

Weitere Titel der Autorin

Eisenhut und Apfelstrudel – Hauptkommissar Hirschbergs erster Fall

Weihnachtsgans und Krippenmord – ein weihnachtlicher Kurzkrimi mit Hauptkommissar Hirschberg

Leberkäs und Hackebeil – Hauptkommissar Hirschbergs zweiter Fall

Edelweiß und Heckenschere – Hauptkommissar Hirschbergs dritter Fall

Über dieses Buch

Hirschbergs Onkel Vincent eröffnet sein Restaurant in der bayrischen Hauptstadt. Eingeladen ist auch Vincents alte Bekannte Antonia von Hohenburg. Als der Kommissar und seine Frau verspätet zum vornehmen Dinner eintreffen, ist die spitzzüngige Adlige bereits verstorben – eine allergische Reaktion auf die Vorspeise. Hirschberg glaubt nicht an einen unglücklichen Zufall und beginnt in der Münchner Schickeria zu ermitteln. Offenbar hatte die von Hohenburg eine Menge Feinde … Aber war es tatsächlich Mord?

Über die Autorin

Jessica Müller, geboren 1976 in München, verbrachte ihre Kindheit im Dachauer Land, wo auch der fiktive Ort Krindelsdorf liegt. Nach einem abgeschlossenen Übersetzerstudium folgten Auslandsaufenthalte in England und Irland. Derzeit lebt sie in Bonn und studiert Geschichte an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität.

JESSICA MÜLLER

Enzian undTrüffeltod

EIN BAYERN-KRIMI

beTHRILLED

Originalausgabe

»be« – Das eBook-Imprint der Bastei Lübbe AG

Copyright © 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Textredaktion: Texterei Zinßer, Stuttgart

Lektorat/Projektmanagement: Lukas Weidenbach

Covergestaltung: U1berlin / Patrizia Di Stefano unter Verwendung von Motiven © shutterstock: Bachkova Natalia | sockagphoto | Scisetti Alfio | Maglara | engel.ac | Andrey_Kuzmin und © iStockphoto/ben phillipsVignette im Innenteil: © Shutterstock/NadinkaMinina

eBook-Erstellung: Jilzov Digital Publishing, Düsseldorf

ISBN 978-3-7325-7534-3

www.luebbe.de

www.lesejury.de

Dieses eBook enthält eine Leseprobe des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes »Tote lächeln nicht« von Franz Hafermeyer.

PROLOG

Antonia von Hohenburg griff nach dem Likörglas vor sich auf dem Tisch und leerte es in einem Zug. Jedes Mal, wenn diese Kreislaufschwäche über sie kam, nahm sie zwei oder drei Gläser Crème de Cassis zu sich und fühlte sich augenblicklich besser. Ihr verstorbener Mann Wilhelm von Hohenburg hatte stets bemerkt, was für eine geschickte Krankheit sie doch habe.

Sie seufzte beim Gedanken an ihren Wilhelm und warf einen melancholischen Blick auf ihren Ehering. Sie konnte es nach außen hin nicht zugeben, denn Schwäche zu zeigen war nicht ihre Art, aber sie vermisste ihren Mann sehr. Wilhelm von Hohenburg hatte sie angebetet und ihr jeden Wunsch von den Augen abgelesen, und auch sie hatte alles für ihn getan. Durch die Heirat mit ihm trug sie nun nicht nur seinen adligen Nachnamen, sondern war nach seinem Tod auch in den Genuss des stattlichen Vermögens der von Hohenburgs gekommen. Die Tochter aus kleinen Verhältnissen, die sich einst mit Kellnern ihr Kunstgeschichtsstudium hatte finanzieren müssen und in erster Ehe an den ganz Falschen geraten war, hatte es doch noch zu etwas gebracht!

Mit einem versonnenen Lächeln griff sie nach der Diamantkette um ihren Hals, die Wilhelm ihr zu ihrem ersten Hochzeitstag geschenkt hatte. Diamanten ließen ihre grünen Augen noch mehr leuchten, als sie es ohnehin schon täten, hatte Wilhelm immer behauptet. Und er hatte es verstanden, ihre Augen erstrahlen zu lassen! Gleich nach ihrer Hochzeit hatte er ihr dabei geholfen, ihre eigene Galerie zu eröffnen. Ihre glamourösen Vernissagen waren schnell zum Stadtgespräch geworden, und so mancher Künstler hatte ihr seinen Durchbruch zu verdanken.

Seit dem Tod ihres Mannes vor drei Jahren aber war Antonias Leben einsam und leer. Der plötzliche Infarkt brachte nicht nur Wilhelms Herz zum Stehen, sondern brach auch Antonias. Ein beträchtlicher Teil von ihr war mit ihm gestorben. Alte Freunde waren nach der Hochzeit der beiden zu Fremden oder gar zu Neidern geworden. In Antonias und Wilhelms Leben hatte es keinen Platz für andere gegeben.

Richtig nahe stand ihr nun nur noch Picasso. Sie beugte sich lächelnd nach unten und tätschelte den Kopf des Mopses, der sogleich schmachtend nach oben blickte und ihre Finger leckte.

»Du bist ein guter Junge«, säuselte sie und stand auf. »Es wird Zeit, dass wir dir einen kleinen Snack zubereiten.«

Picasso sprang sogleich auf und folgte seiner Herrin in die Küche. Die Warnungen des Tierarztes, Picasso nicht zu überfüttern, schlug Antonia in den Wind.

Sie griff nach seinem frisch gespülten Napf neben der Spüle und warf einen flüchtigen Blick aus dem Fenster. Antonia erstarrte. Der Napf fiel polternd zu Boden, und Picasso stieß ein erschrockenes Jaulen aus. Sie kniff die Augen zusammen und griff sich schwer atmend an ihr Dekolleté. Seit einer Ewigkeit hatte sie das Gesicht auf der gegenüberliegenden Straßenseite nicht mehr gesehen. Das konnte doch nicht möglich sein! Antonia schüttelte den Kopf und blickte erneut aus dem Fenster. Die Gestalt war verschwunden.

Sie musste sich getäuscht haben, versuchte sie sich einzureden. Sie fühlte, wie das Adrenalin durch ihren Körper raste und Gänsehaut sich auf ihren Armen ausbreitete. Picassos Appetizer war vergessen, als sie aus der Küche stürzte, um sich ein weiteres Glas Likör einzuschenken.

Irgendjemand erlaubte sich einen sehr schlechten Scherz mit ihr. Fieberhaft überlegte sie, was sie nun tun sollte.

Nachdem sie ihre Gedanken geordnet und einen Entschluss gefasst hatte, ging sie zum Wohnzimmertisch. Sie griff nach der unverhofften Einladung, die ihr vor einiger Zeit ins Haus geflattert war. Antonia lächelte. Die Eröffnungsfeier des Restaurants ihres alten Bekannten Vincent Dornberg war eine willkommene Abwechslung. Und sie fand bereits morgen Abend statt. Kam sie erst einmal wieder unter Leute, würde sie auf andere Gedanken kommen, und die Geister der Vergangenheit würden sich im Nu wieder in nichts auflösen.

KAPITEL 1

Vincent Dornberg steuerte seinen Wagen auf den Hof von Biobauer Feistl und parkte im Schatten einer hohen Tanne. Susan auf dem Rücksitz blickte aus dem Fenster. Es war ein sonniger Oktobernachmittag, und für die Jahreszeit war es ungewöhnlich mild. Der goldene Oktober machte seinem Namen alle Ehre. Ginge es nach ihr, konnte die kalte Jahreszeit ruhig noch eine Weile auf sich warten lassen.

Dornberg löste seinen Gurt und hielt einen Moment inne, während seine Finger auf dem Lenkrad herumtrommelten. Die Nerven des sonst so gelassenen Geschäftsmanns flatterten. Susan schmunzelte. Dornberg freute sich wie ein kleiner Junge auf die bevorstehende Eröffnung seines neuen Restaurants in München am nächsten Abend, doch die Vorstellung, es könne etwas schiefgehen, raubte ihm seit Tagen den Schlaf. Seine Frau Isobel auf dem Beifahrersitz tätschelte ihm beruhigend den Arm.

»Ich kann die Eröffnung des Vincobel’s überhaupt nicht mehr erwarten! Du kannst ganz beruhigt sein, Darling. Das wird bestimmt ein großartiger Abend! Deine Idee mit der Sonderabfüllung Enzian-Schnaps für das Vincobel’s mit den dazu passenden Schnapsgläschen ist phänomenal! Die Gäste werden begeistert sein!« Isobel Dornberg strahlte über das ganze Gesicht.

»Enzian-Schnaps?« Susan war erstaunt. Dornberg liebte edlen Scotch, und rustikaler Enzian wollte so gar nicht zu ihm passen.

»Ich eröffne ein Restaurant in der Alpenmetropole, Susan. Da darf bayerisches Flair nicht fehlen«, erklärte er ihr mit erhobenem Zeigefinger.

»So ist es. Und wenn das Restaurant und die Kochschule gut laufen, sollten wir uns wirklich überlegen, ob wir nicht auch nach London oder Paris expandieren. Ich weiß ja, dass alles, was du anfasst, zu Gold wird, Darling«, schwärmte seine Frau weiter, bevor sie sich umwandte. »Ist der Kleine eingeschlafen, Susan?« Ihre Frage wurde mit einem fröhlichen Krähen beantwortet. Julian strahlte und spuckte seinen Schnuller aus.

»Er ist fit wie ein Turnschuh, Tante Isobel«, lächelte Susan, während sie sich daranmachte, ihren Gurt zu lösen. »Aber das ist mir ganz recht so. Wie du weißt, lasse ich Julian nur ungern allein im Auto. Ich möchte nicht, dass er aufwacht und Angst bekommt. Und es wird ja sicher eine Weile dauern«, vermutete sie.

»Ich hoffe, nicht«, widersprach Dornberg mit nach oben gezogenen Augenbrauen. »Eigentlich sollte alles unter Dach und Fach sein. Ich möchte nur sichergehen, dass morgen alles pünktlich geliefert wird. Es wäre nicht auszudenken, wenn auch nur irgendetwas schiefginge! Beim Filmen kann man die Szenen wenigstens immer wiederholen, aber ein Eröffnungsdiner leider nicht. Ich hoffe wirklich, du behältst recht, Liebes.« Der Geschäftsmann, der mit Pornofilmen ein Vermögen gemacht hatte, seufzte und drückte die Hand seiner Frau. »Es ist schlimm genug, dass Rosina und Lars nicht kommen können! Das ist hoffentlich kein schlechtes Omen.« Er schüttelte den Kopf. »Lars hat zusammen mit Herrn Schreiber ein wahres Juwel aus den Räumen gemacht! Er und Rosina werden wirklich fehlen morgen Abend.«

Der Architekt Lars Baumann und der Bauunternehmer Schreiber hatten sich wieder einmal selbst übertroffen, musste Susan Dornberg zustimmen. Vor einem guten Monat waren die Arbeiten an seinem Restaurant mit angegliederter Kochschule beendet worden. Dornberg und Isobel waren von dem Ergebnis begeistert. Das Restaurant erinnerte nun an eine antik-römische Villa. Wandmalereien, die süditalienische Landschaften und die Ruinen von Pompeji zeigten, ließen das antike Zeitalter so wiederauferstehen, wie viele Menschen es sich heutzutage vorstellten. In Susans Augen hatte man es damit aber ein wenig übertrieben. Über dem Eingang zur erotischen Kochschule im hinteren Bereich des Gebäudes hatte Vincents Freund Piotr das berühmte Priapos-Fresko aus dem Haus der Vettier in Pompeji verewigt. Priapos, Sohn des Dionysos und der Aphrodite, war ein griechischer Gott der Fruchtbarkeit, dessen beeindruckender Freudenspender wirklich jede Frau glücklich gemacht hätte, wie Susans Tante es schwärmerisch formuliert hatte. In der Mitte des großzügigen Gastraums befand sich ein kleiner ovaler Innenbrunnen, dessen Boden aus einem Mosaik bestand, das Neptun mit einem Dreizack zeigte. Da für ihn die Antike das sinnlichste aller Zeitalter war, passte dieser Stil perfekt zu dem erotischen Konzept seines Restaurants, fand Dornberg. Dem kleinen Julian hatte es aber vor allem ein unschuldiger Springbrunnen im Innenhof vor dem Eingang des Restaurants angetan. Susans Sohn war aus dem Strahlen gar nicht mehr herausgekommen, als er die Fontänen sah und das Wasser plätschern hörte.

Dornberg hatte das Ende der Umbauarbeiten kaum erwarten können, erinnerte sich Susan. Auch ihre Tante war begeistert, und das nicht zuletzt, weil Baumann und Schreiber sich nunmehr voll und ganz auf ihr neues Domizil in Krindelsdorf konzentrieren konnten. Aufgrund von Dornbergs geschäftlichen Verpflichtungen hatte sich das frischgebackene Ehepaar zunächst in München auf die Suche nach einem weiteren Wohnsitz begeben, allerdings hatte sie kein noch so luxuriöses Domizil zufriedenstellen können. Nachdem Landrat Seitlbach und seine Lebensgefährtin Nicole Reinhardt ihnen vorgeschlagen hatten, das Grundstück mit dem alten Bauernhaus, auf dem vor einem Jahr die junge Mutter Bettina Bahrens ermordet worden war, zu erwerben, hatten die Dornbergs nicht lange gefackelt. Das alte Bauernhaus war mittlerweile abgerissen worden, und die Arbeiten an ihrer Villa schritten zügig voran. Susan und ihr Mann Alexander waren immer wieder erstaunt, um nicht zu sagen entsetzt, dass die Dornbergs so Feuer und Flamme für ihren neuen Wohnsitz auf dem Land waren. Susan hoffte inständig, die beiden würden trotz des Restaurants die meiste Zeit in Isobels Stadtvilla in London Chelsea verbringen.

»Abends auszugehen ist für Rosina und Lars jetzt schwierig mit der Kleinen«, bemerkte Susan verständnisvoll, als sie die Tür öffnete. Die Tochter ihrer Freunde war erst vor zwei Wochen zur Welt gekommen. »Rosina und Lars wollen Sophia jetzt noch nicht einen ganzen Abend lang allein lassen. Als Julian noch so klein war, sind Alex und ich auch zu Hause geblieben«, erinnerte sie die beiden.

»Du hast natürlich völlig recht, Susan«, stimmte Vincent ihr zu, als er Julian aus seinem Kindersitz hob. Der Kleine streckte lachend die Arme nach ihm aus. Er war verrückt nach Onkel Vincent, wusste Susan lächelnd. »Die beiden sind wirklich sehr verantwortungsvolle Eltern. Aber Isobel und ich werden uns etwas ganz Besonderes für die beiden einfallen lassen, nicht wahr, Liebes? Ein romantisches Dinner bei Kerzenschein. Alberto wird sicher ein exzellentes Menü für die beiden zaubern.« Er lächelte verklärt. Alberto Benedetti war Dornbergs neuer Koch, den er dank eines alten Geschäftsfreundes kennengelernt hatte. Nach einem Probeessen hatten er und Isobel den Koch vom Fleck weg eingestellt.

»Das wird er ganz bestimmt. Und wir werden keine Kosten und Mühen für die Baumanns scheuen«, nickte seine Frau, die Julians Bauch kitzelte und ihm ein fröhliches Lachen entlockte. »In ein paar Wochen werden sich die beiden nach einem freien Abend sehnen, und dann werden wir sie im Restaurant verwöhnen. Frau Dachshofer passt bestimmt liebend gern auf die Kleine auf. Dabei fällt mir ein: Sie weiß doch Bescheid, dass sie morgen Abend bei Julian bleiben wird?«, erkundigte sich Isobel ein wenig alarmiert. »Es fehlte gerade noch, dass sie etwas vorhat und ihr beide nicht kommen könntet!«

»Es ist alles mit Frau Dachshofer besprochen, Tante Isobel«, beruhigte Susan sie. »Sie freut sich auch schon sehr darauf, auf Julian aufzupassen.« Die Krindelsdorfer Kräuterkundige war ebenfalls ganz vernarrt in Susans Sohn und hatte sich nur zu gern bereit erklärt, am nächsten Abend ein paar Stunden bei ihm zu bleiben.

»Ich würde es auch nicht überleben, wenn es anders wäre!«, behauptete ihre Tante theatralisch. »Ich bin fast noch nervöser als vor unserer Hochzeit! Da hatte ich ja weiß Gott genügend Generalproben. Vincent hat völlig recht! Die Eröffnung des eigenen Restaurants lässt sich nun einmal nicht wiederholen. Wird morgen Abend Geschirr zerbrochen, kann es nicht so einfach wieder zusammengesetzt werden. Es wäre wirklich wünschenswert, wenn wir die Eröffnung ohne unangenehme Zwischenfälle überstehen würden. Und du und Alex denkt bitte an angemessene Kleidung! Ihr werdet morgen Abend schließlich nicht in einer x-beliebigen Pizzeria essen, sondern mit hochrangigen Persönlichkeiten am Tisch sitzen.«

»Wir werden euch schon nicht blamieren, Tante Isobel«, presste Susan zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

»Natürlich nicht, Susan. Es wird schon alles gut gehen, Liebes«, versicherte Dornberg seiner Frau mit einem zuversichtlichen Lächeln, bevor er sich wieder an Susan wandte. »Einige der Gäste sind zwar ein wenig exzentrisch, wie du und Alex feststellen werdet, aber sie freuen sich allesamt sehr über die Einladung. Es haben auch tatsächlich fast alle zugesagt.«

»Exzentrisch?«, erkundigte sich Susan argwöhnisch, als sie zum Eingang des Hofladens schlenderten. Neben der Krindelsdorfer Prominenz wie Landrat Seitlbach und dessen Lebensgefährtin Nicole Reinhardt waren auch einige Geschäftspartner und alte Freunde Dornbergs eingeladen.

»Es sind allesamt starke Charaktere, Susan. Manche von ihnen sind ein wenig schwierig. Aber ich musste sie alle auf die Gästeliste setzen, weil sie wichtige Geschäftspartner sind. Als Unternehmer darf ich niemanden brüskieren, dessen Hilfe ich womöglich eines Tages wieder benötigen könnte.« Er machte eine ausladende Handbewegung. »Aber du musst dir wirklich keine Sorgen machen. Sie sind alle sehr umgänglich. Allerdings hat mein alter Freund Raimund Öchsli ein paar merkwürdige Ansichten. Deine Tante und ich waren doch sehr erleichtert, dass er im Juni nicht zu unserer Hochzeit kommen konnte.« Er warf Isobel einen bedeutsamen Blick zu, und sie nickte. »Wir wussten nicht, ob er sich mit Harry Bingford verstanden hätte.«

»Wieso hätten sich die beiden denn nicht verstehen sollen?« Susan dachte an den Mann von Isobels Freundin Bridget, der sein Leben der Royal Air Force gewidmet hatte. Ihre Mundwinkel zuckten, als sie sich daran erinnerte, wie er auf der Hochzeit der beiden bei jeder Gelegenheit salutiert hatte.

»Das werdet ihr dann schon sehen«, antwortete Dornberg ausweichend. »Nimm am besten nicht allzu ernst, was er sagt.«

»Das Eröffnungsdiner wird eine gute Übung für dich und Alex sein, denn auch komplizierte Kontakte müssen unbedingt gepflegt werden, Susan«, erklärte ihre Tante mit erhobenem Zeigefinger. »Vincent und ich müssen euch in dieser Hinsicht wirklich noch viel beibringen. Du und vor allem Alex müsst lernen, auch mit schwierigen Persönlichkeiten umgehen zu können.«

»Müssen wir das?« Susan wandte sich ab und verdrehte die Augen.

»Du solltest ihr keine Angst machen, Liebes«, meinte Dornberg beschwichtigend. »Du wirst sehen, Susan, dass meine Freunde und Geschäftspartner alle ganz reizend sind. Raimund ist im Grunde sehr amüsant. Und er hat ein unglaubliches Händchen für gewinnbringende Investitionen. Auch an der Börse ist er ein Ass. Sein Riecher fürs Geschäft ist geradezu legendär! Im Laufe der Jahre hat er ein unglaubliches Vermögen angehäuft! Und das, obwohl er zwei Ehefrauen großzügig abfinden musste.« Dornberg grinste. »Raimund scherzt immer, dass er diese Summen in einem halben Jahr nach der Scheidung mühelos wieder reingeholt habe. Er hat eben nur ein paar merkwürdige Ansichten. Das ist nicht weiter tragisch.«

»Wie merkwürdig sind seine Ansichten denn?«, hakte Susan nach, als sie den Laden betraten.

»Mach dir keine Sorgen, Susan«, wiegelte Dornberg ab. »Ihr beide werdet euch morgen Abend prächtig amüsieren!«, bekräftigte er, bevor ein gequälter Ausdruck auf seinem Gesicht erschien. »Einzig und allein, dass meine Freundin Antonia vorhin doch zugesagt hat, bereitet mir noch ein wenig Kopfzerbrechen. Ich hoffe, dass sie und Jutta sich nicht gegenseitig an die Gurgel gehen.«

»Sie hat zugesagt?«, erkundigte sich Susan mitfühlend. Dornberg hatte die beiden Streithennen, wie er sie nannte, nur widerwillig eingeladen, weil er etwaige Konflikte auf seiner Eröffnungsfeier vermeiden wollte. Als Geschäftsmann aber konnte er es sich nun einmal nicht leisten, ehemalige Geschäftsfreunde und Weggefährten vor den Kopf zu stoßen, hatte er betont. Auch wenn diese sich nicht riechen konnten. »Möchtest du die beiden vielleicht vorwarnen?«, schlug sie vor.

»Das wäre keine gute Idee«, wehrte er ab. »Am Ende würden sie mir beide die Pistole auf die Brust setzen, eine von ihnen in letzter Minute auszuladen. Dramen dieser Art verkrafte ich am Tag vor der Eröffnung nicht! Schlimm genug, dass ich auf die Schnelle Ersatz für den Kellner finden musste, der mir abgesprungen ist!«

»Die beiden werden sich schon benehmen, Darling. Und wenn nicht, werde ich einen Weg finden, sie zum Schweigen zu bringen!«, versprach seine Frau.

»Ah, guten Tag, Herr und Frau Dornberg.« Eine brünette Frau kam mit einem strahlenden Lächeln in den Verkaufsraum, bevor Susan noch etwas erwidern konnte. Ihre haselnussbraunen Augen strahlten, als sie Julian sah. »Ich habe schon damit gerechnet, dass wir Sie heute noch mal zu Gesicht bekommen. Sie möchten bestimmt zu Herrn Feistl wegen morgen. Und du bist sicher Julian«, begrüßte sie Susans Sohn. »Ich habe ja schon so viel von dir gehört.«

Julian gluckste und ergriff ihren ausgestreckten Zeigefinger.

»Ganz recht, Frau Sterzenbach«, nickte Isobel. »Wir möchten noch ein paar Kleinigkeiten mit Herrn Feistl besprechen. Ist er hier?«

»Er müsste jeden Moment zurück sein«, nickte sie. »Er wollte nur eben nach den Kühen sehen.«

»Sind Sie neu hier, Frau Sterzenbach?«, erkundigte sich Susan lächelnd. Sie hatte die junge Frau zuvor noch nie gesehen.

»Ja, ich bin erst seit einer guten Woche hier«, antwortete sie. »Ich war längere Zeit im Ausland und wollte eigentlich direkt zurück nach München ziehen, aber die Mieten sind viel zu hoch. Und einen Job hatte ich auch noch nicht.« Sie zog eine Grimasse. »Deswegen habe ich mich im Umland nach einer Wohnung umgesehen und habe hier etwas gefunden. Und als ich erfahren habe, dass Herr Feistl eine neue Mitarbeiterin für seinen Laden sucht, habe ich die Gelegenheit beim Schopf gepackt und mich vorgestellt. Wie Sie sehen, hatte ich Glück«, lachte sie.

»Das freut mich sehr«, lächelte Susan. »Die Feistls haben ja eine Weile nach einer zuverlässigen neuen Mitarbeiterin gesucht. Manchmal geht es hier im Laden zu wie in einem Taubenschlag, die Leute kommen sogar aus München hierher auf den Hof, um einzukaufen. Das können sie gar nicht allein stemmen.«

»Ja, es ist oft sehr viel los hier, aber die Qualität spricht eben für sich. Man merkt, dass die Leute heute doch mehr auf ihre Ernährung achten. Aber die meisten Kunden sind sehr freundlich, auch wenn es einmal hoch hergeht, und die Arbeit macht mir großen Spaß. Die Feistls sind auch wirklich goldig«, betonte sie.

»Dann kann ich nur sagen: herzlich Willkommen in Krindelsdorf!« Susan wandte sich um, als die Tür des Bioladens geöffnet wurde.

»Ah, die Dornbergs und die Frau Hirschberg!« Biobauer Feistl kam mit einem strahlenden Lächeln herein. »Und der kloane Mann is a dabei.« Er grinste Julian an.

»Wir wollten noch einmal Rücksprache wegen morgen halten, Herr Feistl.« Dornberg schüttelte die ausgestreckte Hand des Biobauern. »Auch wenn ich mir sicher bin, dass ich mich voll und ganz auf Sie verlassen kann«, fügte er jovial hinzu.

»Das können’s ganz und gar, Herr Dornberg«, versicherte ihm der Bauer. »Es wird ois nach Plan laufen. Die Frau Sterzenbach wird alles pünktlich ins Restaurant fahren.«

»Wie wäre es denn, wenn meine Nichte ihre Einkäufe erledigt, und wir besprechen uns in der Zwischenzeit?«, schlug Isobel vor, während Susan Vincent ihren Sohn abnahm.

»Das is a guade Idee. Frau Sterzenbach, Sie kümmern sich um die Frau Hirschberg?«, bat Feistl seine Mitarbeiterin, bevor er sich mit den Dornbergs zurückzog.

»Natürlich, Herr Feistl«, nickte seine neue Mitarbeiterin.

»Dann gehen wir beide jetzt Obst und Gemüse kaufen, mein Schatz«, erklärte Susan ihrem Sohn, und er gluckste zustimmend. »Und anschließend besuchen wir noch Kiki.« Kiki war Susans Lieblingshuhn, das ihr immer entgegenlief, wenn sie auf dem Hof Eier kaufte. »Sie haben doch hoffentlich noch ein paar Eier für uns, Frau Sterzenbach?«

»Genügend. Kommen Sie, Frau Hirschberg.«

Susan folgte Anja Sterzenbach nach draußen in Feistls Hühnerhaus. Sie hoffte, das strahlende Wetter würde bis zum nächsten Tag halten. Dornberg wäre untröstlich, würde der geplante Champagnerempfang im Innenhof des Restaurants ins Wasser fallen.

KAPITEL 2

Hauptkommissar Alexander Hirschberg rückte seine Krawatte ein zweites Mal zurecht. Isobel hatte ihm unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass der Ehemann ihrer Lieblingsnichte an Dornbergs großem Abend in adäquater Kleidung zu erscheinen habe. Er würde nie wieder den Fehler machen, Julian in Abendgarderobe zu füttern, sagte sich Hirschberg mit einem Blick auf das verdreckte, abgelegte Hemd. Sein Sohn schien kein Fan von püriertem Brokkoli zu sein.

Er blickte in den Spiegel und seufzte. Ein ruhiger Abend vor dem Fernseher wäre mehr nach seinem Geschmack gewesen, doch um das Eröffnungsdiner im Vincobel’s kam er nicht herum. Dass sich LKA-Präsident Krämer und dessen Frau unter den geladenen Gästen befanden, machte ihn zudem misstrauisch. Er fürchtete, Isobel könnte vorhaben, seine Karriere voranzutreiben und würde vielmehr das Gegenteil bewirken. Er konnte das unsichtbare Nagelbrett, auf dem er den ganzen Abend sitzen würde, bereits spüren.

Auch die laut Dornberg recht exzentrische Gästeschar bereitete Hirschberg Kopfzerbrechen. Schon Isobels und Vincents Hochzeit im vergangenen Juni hatte sich als wahrer Spießrutenlauf entpuppt. Zu vorgerückter Stunde musste sich Dornbergs Onkel Bernardo auf der Toilette mehrmals übergeben, weil er trotz seiner Magen-Darm-Probleme heimlich von den Tellern seiner Tischnachbarn genascht und zu viel Wein getrunken hatte. Susans Onkel Seamus hatte wild getanzt und dabei entschieden zu viel von dem gezeigt, was sich unter seinem Kilt befunden hatte. Während Susans Vater und Dornberg zu ihm auf die Tanzfläche geeilt waren, hatte Harry Bingford lauthals verkündet, dass so ein Verhalten in der Royal Air Force niemals geduldet worden wäre.

Beim Gedanken an Bingford hielt Hirschberg einen Moment lang inne. Susan hatte ihm von Dornbergs kryptischer Bemerkung erzählt, dass er sich womöglich nicht mit dessen altem Freund Raimund Öchsli verstanden hätte. Neugier, gemischt mit einer Prise Argwohn, drängte sich ihm auf. Der Hauptkommissar hoffte inständig, sie würden den Abend ohne nennenswerte Zwischenfälle überstehen. Aber solange die Gäste nicht mit Messer und Gabel gegenseitig aufeinander losgingen, würde es wohl ein gelungener Abend werden.

»Bist du fertig, Alex?« Susan erschien mit Julian auf dem Arm in der Tür. Seine Mundwinkel zuckten. Über ihrer schwarzen Strumpfhose trug sie ein altes T-Shirt. Ihr Haar war nachlässig nach oben gebunden.

»Wie siehst du denn aus?«, lachte er. »So kannst du nicht auf Vincents rotem Teppich erscheinen! Deine Tante hätte einen Schlaganfall!«

»Sehr witzig.« Seine Frau klang wenig amüsiert, aber Julian stimmte sogleich in das Gelächter seines Vaters mit ein. »Glaubst du etwa, ich wollte, dass es mir so geht wie dir? Ich habe dir doch gesagt, dass du ihn nicht Galagarderobe füttern sollst. Jetzt muss ich auch noch zusehen, dass ich die Brokkoliflecken aus deinem Hemd wieder herausbekomme.« Ihr Blick fiel auf das weiße Hemd, das er achtlos auf das Bett geworfen hatte, und sie verdrehte die Augen. Sie streckte ihm seinen immer noch grinsenden Sohn entgegen. »Ich muss mich jetzt endlich auch fertig machen, sonst kommen wir erst zum Dessert an, und Tante Isobel macht uns für den Rest unseres Lebens die Hölle heiß! Ich habe ihr zwar Bescheid gegeben, dass wir ein wenig später kommen, weil Frau Dachshofer sich verspätet, aber …« Susan warf einen raschen Blick auf ihre Armbanduhr. »Sie sollte jeden Moment hier sein. Und bis dahin bin ich besser abfahrbereit. Und du machst dich jetzt nützlich und wickelst deinen Sohn. Aber pass bitte auf, dass er dich nicht anpullert!«, rief sie im Gehen. »Dir gehen langsam die Hemden aus.«

»Sind denn keine mehr gebügelt?«, erkundigte er sich geflissentlich und bereute seine Frage sofort, als er den Gesichtsausdruck seiner Frau sah. »Ich gehe besser den Kleinen wickeln«, murmelte er und flüchtete mit Julian auf dem Arm ins Kinderzimmer.

Hirschberg wollte das strampelnde Baby gerade auf den Wickeltisch legen, als es an der Haustür läutete.

»Das wird deine Babysitterin sein«, rief er erleichtert und nahm ihn hoch. Mit einem glucksenden Julian auf dem Arm lief er nach unten, um Frau Dachshofer die Tür zu öffnen.

»Fesch sehen’s aus, Herr Hirschberg!«, bemerkte Dachshofer bewundernd, als sie sich ihre Jacke von den Schultern streifte. »Es tut mir leid, dass i zu spät bin, aber i bin beim Dr. Brenner doch länger gsessen, als i dacht hab. Ab und zu muss a i zum Doktor«, fügte die Naturheilkundlerin grinsend hinzu.

»Keine Sorge, Frau Dachshofer. Ich hoffe, es ist nichts Ernstes?«, erkundigte sich Hirschberg lächelnd.

»Na.« Sie winkte ab. »I muss zum Orthopäden wegen meim Knie, hat er gmeint. Nur zur Sicherheit, weil i es mir vor a paar Tagen anghaut hab. Aber da wird scho nix sein!«

»Da bin ich ja beruhigt. Was täten wir denn, wenn Sie ausfallen würden, Frau Dachshofer?«, entgegnete er, als er mit ihr nach oben in Julians Kinderzimmer ging. »Meine Frau ist auch noch nicht fertig, und ich muss noch Julian wickeln.« Er warf einen Blick auf die Uhr an seinem Handgelenk und fühlte sogleich Schweißperlen in seinem Nacken. Sie mussten sich schnellstens auf den Weg machen!

»In dem Anzug wollen’s Eana Sohn wickeln?«, rief Dachshofer mit entsetztem Gesichtsausdruck. »Der Kloane bieselt Sie doch am End no voll! Gebn Sie ihn mir, i mach das! Dafür bin i ja eh da!«

»Das ist sehr nett von Ihnen, Frau Dachshofer. Er hat mich vorhin schon mit Brokkoli vollgekleckert, und ich habe kein frisch gebügeltes Hemd mehr. Jetzt sollte ich wohl besser das schmutzige noch in die Waschmaschine stecken«, fiel ihm ein. »Sonst gehen die Flecken am Ende nicht mehr raus.«

»Das mach i, wenn der Kloane im Bett is! Da brauchen’s sich jetzt net kümmern! Und später kann i Eana a a paar Hemden bügeln, Herr Hirschberg. Wenn der Julian schläft, hab i ja Zeit«, bot Dachshofer an.

»Wenn Sie das wirklich möchten, wäre das sehr nett von Ihnen!«, strahlte Hirschberg. »Ich bringe Ihnen das Hemd.« Er lief rasch ins Schlafzimmer, um es zu holen.

»Legn Sie’s einfach auf das Schaukelpferd«, bat Dachshofer, als sie Julians Windel wechselte. »I kümmer mi dann glei drum.«

»Hallo, Frau Dachshofer.« Susan erschien lächelnd in der Tür zum Kinderzimmer, bevor Hirschberg sich nochmals bedanken konnte. »Sie kümmern sich jetzt also auch um die Wäsche meines Ehemanns?« Sie blickte ihn mit nach oben gezogenen Augenbrauen an.

»Das is doch net der Rede wert, Frau Hirschberg«, versicherte sie ihr. »Wenn i scho da bin, kann i mi a nützlich machen.«

»Nochmals vielen Dank, dass Sie auf Julian aufpassen«, lächelte Susan. »Unsere Handynummern haben Sie für den Notfall?«

»Die hab i, aber es wird koan Notfall gebn! Sie beide müssen sich koane Sorgen machn!«

»Sehr gut! Dann sollten wir uns jetzt auf den Weg machen, Alex. Isobel und Vincent sitzen bestimmt schon auf glühenden Kohlen! Wenn wir Glück haben, schaffen wir es noch zum Hauptgang!«

»Die Zwoa brauchn gar net so nervös sein.« Dachshofer griff nach Julians Schlafanzug. »Da kann doch gar nix schiefgehen heit Abend! Der Herr Dornberg is a solcher Perfektionist! Der macht ganz bestimmt koane Fehler!«

»Da haben Sie recht, Frau Dachshofer«, stimmte Susan ihr zu. »Ich glaube, er ist ein wenig wegen seiner Gäste besorgt, weil sie angeblich alle ein bisschen schwierig sind.«

»Ach! Solang sie sich net gegenseitig umbringen!«, erwiderte Dachshofer lachend.

»Susan, wir müssen jetzt wirklich los«, Hirschberg tippte auf seine Armbanduhr. »Wenn wir nicht wenigstens zum Hauptgang dort sind, werden wir gelyncht«, seufzte er.

Die beiden verabschiedeten sich hastig von Frau Dachshofer und liefen die Treppe hinunter. Dank ihrer Verspätung entkamen sie wenigstens dem Feierabendverkehr, dachte Hirschberg erleichtert. Während Susan auf ihrem Handy herumtippte, fragte er sich, was der Abend für sie bereithalten würde. Obwohl er Isobels und Vincents Zuzug nach Krindelsdorf skeptisch gegenüberstand, freute er sich für die beiden. Dornbergs Herzblut steckte in dem Restaurant, und er konnte gut verstehen, dass der erfolgsverwöhnte Pornomanager, zum ersten Mal, seit er ihn kannte, richtig nervös war. Bei der Vorbereitung auf das Eröffnungsdiner hatten er und Isobel aber nichts dem Zufall überlassen. Hirschberg war sich sicher, dass der Abend ein voller Erfolg werden würde.

Vincent Dornberg betrat die Küche seines Restaurants und blickte sich um. Es duftete verführerisch nach allerlei Kräutern. Die letzten Vorbereitungen für das Galadiner waren in vollem Gange. Beim Anblick der bereits angerichteten Bruschette mit Tomate und Parmesanspänen lief ihm trotz seines Lampenfiebers das Wasser im Mund zusammen.

»Alberto.« Er ging lächelnd auf den Koch zu, und seine Augen wanderten zu den Platten mit Antipasti. »Das sieht alles hervorragend aus! Die Gäste werden sich die Finger lecken! Apropos Gäste: Sie denken doch daran, dass Frau von Hohenburg laktoseintolerant ist und der Trüffelrisotto für sie mit pflanzlicher Sahne zubereitet werden muss? Die Kellner dürfen ihren Teller nicht verwechseln!« Seine Stimme klang fast flehend. Antonia von Hohenburg konnte sehr nachtragend sein, wusste Dornberg. Nicht auszudenken, wenn ihr Magen-Darm-Trakt ausgerechnet heute Abend aus dem Takt geraten würde!

»Frau …«, begann Alberto, als einer der anderen Köche ihn im Vorbeigehen anrempelte, und der Löffel, den er in der Hand hielt, zu Boden fiel. Er bückte sich sogleich, um ihn aufzuheben. Als er wieder hochkam, wischte er sich Schweißperlen von der Stirn.

»Alles in Ordnung, Alberto?«, erkundigte sich Dornberg.

»Si! Natürlich!«, versicherte er ihm. »Nur der übliche Küchenstress. Frau von Hohenburgs Teller hat den silbernen Rand und nicht den goldenen wie die anderen. So können wir ihn nicht verwechseln.«

»Wunderbar, Alberto. Wie ich sehe, haben Sie alles fest im Griff!« Dornberg klopfte ihm anerkennend auf die Schulter.

»Guten Abend, Herr Dornberg!« Anja Sterzenbach kam lächelnd auf die beiden zu. »Schön, dass ich Sie an Ihrem großen Abend noch sehe, bevor ich wieder fahre! Die Feistls wünschen Ihnen übrigens viel Glück für heute Abend! Aber das werden Sie gar nicht brauchen.« Sie blickte sich um. »Es läuft alles wie am Schnürchen. Mir scheint, Ihre Mitarbeiter sind bereits ein eingespieltes Team!«

»Haben Sie vielen Dank, Frau Sterzenbach!« Dornberg strahlte sie an. »Grüßen Sie mir die beiden ganz herzlich!«

»Das mache ich«, entgegnete sie, und Dornberg drückte ihre Hand, bevor er sich zum Gehen wandte.

Mit hochroten Wangen ging er zurück in den Gastraum. Er war erleichtert. Alles schien nach Plan zu laufen. Benedetti entpuppte sich als wahrer Glücksgriff, und auch seine Mitarbeiter arbeiteten auf Hochtouren und waren dabei bester Laune. Der Chefkoch war ganz in seinem Element, dachte Dornberg zufrieden bei sich. Seine Entscheidung, ihn einzustellen, würde er sicher nicht bereuen.

»Ich bin so glücklich, wieder am Herd stehen zu können!«, hatte er beteuert. Dornberg war das Strahlen in seinen Augen nicht entgangen. Der Pornotycoon wusste, dass der Koch sein eigenes Restaurant aufgrund eines unangenehmen Zwischenfalls vor zwei Jahren hatte schließen müssen. Es hieß, ein Gast habe sich nach dem Genuss von Benedettis Speisen in ein Krankenhaus begeben müssen. Doch sein alter Freund Raimund Öchsli hatte sich für ihn verbürgt und behauptet, dass Benedetti lediglich übel mitgespielt worden war. Und wenn sein skeptischer Geschäftspartner jemandem vertraute, dann konnte ein Vincent Dornberg das auch, hatte er sich gesagt. Zudem verließ er sich voll und ganz auf die Menschenkenntnis seiner Frau.

»Glaub mir, Darling, du kannst mit Alberto gar nichts falsch machen! Sein Menü war Erotik pur«, hatte sie geschwärmt. »Und genau darauf kommt es doch in deinem Restaurant an! Du brauchst einen Chefkoch, der alle Sinne stimulieren und nicht nur den Kaureflex auslösen kann. Weiß der Himmel, welcher Tölpel nicht auf seinen Reizdarm geachtet hat und ihm deshalb etwas anlasten wollte!« An dieser Stelle hatte sie die Augen verdreht. »Diese Neider kriechen doch wirklich aus jedem Loch!«

Seine Frau war in jeder Hinsicht eine Göttin, schoss es Dornberg durch den Kopf, als er sie jetzt in ihrem bordeauxroten Etuikleid mit den dazu passenden Pumps am Eingang des Restaurants erblickte. Der Rubinschmuck, den er ihr in der Hochzeitsnacht geschenkt hatte, da Rot die Farbe der leidenschaftlichen Liebe war, funkelte um ihren Hals und an ihren Ohrläppchen. Sie würde die schönste Frau an diesem Abend sein. Die Gäste würde sie genauso verzaubern wie ihn.

»Da bist du ja, Darling«, mit einem strahlenden Lächeln drehte sie sich zu ihm um. »Wie sieht es in der Küche aus? Läuft alles nach Plan?«

»Wie am Schnürchen, Liebes!« Dornberg ergriff ihre Hand und küsste sie. »Du hattest so recht! Alberto ist ein wahrer Künstler am Herd! Er strahlt eine solche Leidenschaft aus! Es werden bestimmt alle begeistert sein!«

»Natürlich werden sie das, Darling. Sie wären ja verrückt, wenn nicht.« Isobel blickte sich suchend um. Sie winkte den Kellner zu sich, der sich gerade noch rechtzeitig vorgestellt hatte. »Herr Franke! Ich glaube, es wäre an der Zeit, die Champagnergläser zu füllen. Die ersten Gäste müssten gleich eintreffen. Wir möchten, dass alle mit einem Glas begrüßt werden. Und denken Sie bitte an das Himbeermus mit Cointreau. Das macht sich hervorragend in Champagner, falls jemand etwas Extravagantes möchte.«

»Wir kümmern uns sofort darum, Frau Dornberg.« Franke wandte sich um und rief nach seinen Kollegen.

»Herr Dornberg.« Zwei Männer in fast identischen dunkelgrauen Anzügen kamen auf sie zu. Einer der beiden trug eine Kamera, und er überragte seinen Begleiter um mindestens zwei Köpfe. »Ich bin Robert Killer, und das ist mein Kollege Mike Dorsch. Wir sind vom Magazin Gaumenschmaus. Wir haben telefoniert.« Die zwei Männer schüttelten die Hände der beiden. »Wäre es in Ordnung, wenn Herr Dorsch ein paar Fotos von Ihnen und Ihrem Restaurant machen würde? Der Artikel erscheint dann in der Novemberausgabe.«

»Natürlich, Herr Killer.« Dornberg räusperte sich und warf seiner Frau einen flüchtigen Blick zu. »Ich hoffe sehr, Sie beide fühlen sich heute Abend wohl bei uns. Auf Sie wartet ein fantastisches Menü!«

»Darauf freuen wir uns schon sehr, Herr Dornberg«, entgegnete Dorsch lächelnd.

Der Fotograf war das männliche Äquivalent einer grauen Maus, fand Dornberg. Er bezweifelte, dass die semmelblonde Bohnenstange mit den blassgrauen Augen und nahezu eingefallenen Wangen tatsächlich ein Gourmet war. Allerdings würde Herr Killer den Artikel schreiben, und dieser war eindeutig kein Kostverächter, stellte Dornberg mit einem Blick auf seinen sanft gewölbten Bauch fest. Killer war einer der bedeutendsten Restaurantkritiker Deutschlands. Vincent kämpfte gegen die plötzlich in ihm aufkeimende Nervosität an. Mit nur ein paar Worten konnte Killer seinem Namen alle Ehre machen und Dornberg vernichten.

»Ich hoffe doch sehr, er wird heute Abend mein Restaurant nicht in Grund und Boden schreiben«, flüsterte er Isobel zu, als Killer und Dorsch hineingingen, um sich im Restaurant umzusehen. »Das wird doch kein schlechtes Omen sein!« Ihm wurde flau, und er widerstand nur mit Mühe und Not dem Drang, seine Krawatte zu lockern. Ein derartiges Lampenfieber hatte er bis dato nicht gekannt.

»Das ist nur deine Aufregung. Stell dir einfach vor, die beiden wären Stan und Olli. Sie sehen doch wirklich so aus, findest du nicht?« Isobel strich ihm über die Wange. »Mach dir keine Sorgen, Darling! Es wird alles gut!«

»Du wirst doch nicht etwa Lampenfieber haben, Vincent!«, rief Nicole Reinhardt, die gefolgt von ihrem Lebensgefährten, Landrat Seitlbach, auf sie zusteuerte. In ihrem hautengen schwarzen Kleid und den dazu passenden High Heels bot die Dessousdesignerin wie immer einen atemberaubenden Anblick. »Glaub mir, das hast du nicht nötig! Ihr zwei seht übrigens großartig aus!«, strahlte sie.

»Danke, Nicole! Es ist wunderbar, dass du und Günther hier seid!« Dornberg begrüßte sie mit einem Kuss auf beide Wangen.

»Um nichts in der Welt hätten wir uns das entgehen lassen, Vincent.« Seitlbach klopfte ihm jovial auf die Schulter. »Ich habe gerade LKA-Präsident Krämer mit seiner Frau gesehen. Sie müssten auch jeden Augenblick hier sein.«

»Wir müssen uns ganz besonders um die Krämers kümmern«, entgegnete Isobel. »Ich möchte unbedingt Alex’ Aufstiegschancen ausloten, wenn ihr versteht.« Sie zwinkerte ihnen zu. »Auf Veranstaltungen wie dieser knüpft man schließlich auch Kontakte und treibt die Karriere voran. Ich hoffe, dass er das irgendwann einmal begreifen wird! Wo er doch so ein brillanter Ermittler ist!« Sie schüttelte den Kopf.

»Es ist nie verkehrt, die richtigen Leute einzuladen«, stimmte Reinhardt ihr zu. »Networking ist heutzutage alles, was zählt!«

»Da hast du völlig recht, mein Schatz.« Seitlbach nickte lächelnd. »Aber ich bin mir ganz sicher, dass Hauptkommissar Hirschberg die besten Karriereaussichten hat. Bei seiner Erfolgsbilanz! Und ich bin auch jederzeit bereit, mich für einen Mann von seiner Integrität zu verwenden«, fügte er lächelnd hinzu. »Wir könnten viel mehr so tatkräftige Ermittler wie ihn brauchen.«

»Wo sind die beiden eigentlich?« Seine Lebensgefährtin blickte sich suchend um. »Sie kommen doch sicher, oder?«

»Frau Dachshofer hat sich ein wenig verspätet, aber sie müssten mittlerweile schon auf dem Weg sein«, antwortete Dornberg lächelnd und steuerte, nachdem er sich entschuldigt hatte, auf eine Frau in einem dunkelblauen Kleid zu.

»Jutta, ich freue mich sehr, dich zu sehen!« Er küsste sie auf beide Wangen. »Es ist eine Ewigkeit her! Wie geht es dir?«

»Ich gebe das Vermögen meines Ex-Mannes aus, also gut«, erwiderte sie mit einem selbstgefälligen Lächeln. Sie war frisch geliftet, fiel Dornberg auf, und er zweifelte keine Sekunde daran, dass sie gerade aus dem Kosmetiksalon kam. Ihr Teint wirkte viel zu natürlich, um echt zu sein.

Er räusperte sich und warf ihr einen entschuldigenden Blick zu. Ihre Scheidung vor über zwanzig Jahren war ein sensibles Thema, wusste Dornberg. Noch im Gerichtssaal hatte sie ihrem millionenschweren Ex-Mann gedroht, nie wieder zu heiraten und ihn bis an sein Lebensende bluten zu lassen. Tristan Moulin hatte sein Vermögen mit Champagner, Wein und Likör gemacht. Er konnte die Unterhaltszahlungen für seine Ex-Frau und die gemeinsame Tochter zwar verschmerzen, doch es herrschte Eiszeit zwischen ihm und Jutta Griebel, die nach der Scheidung ihren Mädchennamen wieder angenommen hatte.

»Also, was Tristan betrifft …«

»Du hast ihn doch nicht etwa eingeladen?«, erkundigte sie sich alarmiert. »Ich will sein Geld sehen, aber ganz sicher nicht ihn!«

»Jutta, wo denkst du hin!«, beschwichtigte Dornberg. Natürlich hatte er auch Moulin eine Einladung zukommen lassen, da er ein alter Freund war, aber er war erleichtert, dass der französische Geschäftsmann in diesen Tagen ein Weingut in Kalifornien besuchte. »Nur sein Champagner ist hier. Aber ich kam leider nicht umhin, Antonia einzuladen, und …«

»Du lädst den Seitensprung meines Ex-Mannes ein? Den Grund für unsere Scheidung?« Ihre grauen Augen starrten ihn eisig an. Er griff nach einem Glas Champagner, als eine der Kellnerinnen an ihnen vorbeikam, und reichte es ihr.

»Jutta, du weißt, dass sie mir ein paar Türen geöffnet hat. Du kennst meine Einstellung bezüglich alter Freunde, und …«

»Beruhige dich, Vincent.« Sie grinste und tätschelte seinen Arm. »Ich habe bereits damit gerechnet, dass du gar nicht anders kannst, als dieses Biest einzuladen. Ich habe mich deshalb gut auf das Zusammentreffen mit ihr vorbereitet.« Sie nahm einen Schluck von ihrem Champagner. »Mach dir keine Sorgen. Ich weiß, wie ich mit ihr umzugehen habe.«

»Möchtest du mich nicht vorstellen, Darling?« Isobel kam mit einem strahlenden Lächeln auf die beiden zu. Vincent war erleichtert. Isobel und seine alte Bekannte wechselten ein paar freundliche Worte, bevor Griebel sich entschuldigte, um einige der anderen Gäste zu begrüßen.

»Wie hat sie es aufgenommen?«, wollte Isobel wissen, nachdem sie verschwunden war.

»Verdächtig gelassen. Sie meinte, sie habe bereits damit gerechnet, dass ich Antonia auch eingeladen habe.« Er zuckte die Schultern. »Die beiden können sich schließlich nicht ständig meiden. Sie werden sich heute Abend schon nicht gegenseitig die Augen auskratzen.« Seine Miene verfinsterte sich sorgenvoll. »Wenn man vom Teufel spricht …«

»Vincent!« Eine Frau in einem eng anliegenden, knöchellangen dunkelgrünen Kleid kam mit ausgebreiteten Armen auf ihn zu. Ein hechelnder Mops folgte ihr auf dem Fuß.

»Antonia! Es freut mich sehr, dich zu sehen!« Aus den Augenwinkeln heraus beobachtete Dornberg, wie der Hund neugierig am Fuß seiner Frau schnüffelte. Wie konnte sie nur ihren Hund mitbringen? Das hier war doch kein Streichelzoo!

»Und ich mich erst! Es ist ewig her!«, lachte sie. »Du hast doch nichts dagegen, dass ich Picasso mitgebracht habe?« Sie bückte sich, um ihren Mops auf den Arm zu nehmen. »Er ist abends nicht gern allein zu Hause.«

»Nein, natürlich nicht. Wir werden schon etwas zu fressen für ihn finden«, entgegnete Dornberg mit einem tapferen Lächeln.

»Es muss nur frisch zubereitet sein«, flötete von Hohenburg. »Alles andere verabscheut er. Aber ich weiß ja, dass es nicht deine Art ist, deine Gäste zu enttäuschen.«

»Das würde mir nie in den Sinn kommen, Antonia. Darf ich dir meine Frau Isobel vorstellen?«

»Ehemals Burton, nicht wahr?« Sie musterte Isobel von Kopf bis Fuß, und Dornbergs Magen zog sich schmerzhaft zusammen. Er konnte förmlich sehen, wie sie mit einem unsichtbaren Giftpfeil auf Isobel zielte. »Ich erinnere mich. Ich habe schon viel von Ihnen gehört.« Sie rümpfte die Nase. »Wir haben nämlich eine gemeinsame Bekannte. Lorraine Waterman. Was sie nicht alles über Sie erzählt hat …«

»Lorraine Waterman?«, wiederholte Isobel, und ihr Tonfall gefiel Dornberg ganz und gar nicht.

»Ja, mein verstorbener Mann und ich haben sie im Skiurlaub in Aspen kennengelernt. Sie war ganz reizend zu uns, aber auf Sie war sie nicht so gut zu sprechen. Sie hat Sie eine primitive Amazonen-Nymphomanin genannt, wenn ich mich recht erinnere. Aber das wussten Sie bestimmt bereits.« Sie wandte sich um, bevor Isobel oder Dornberg etwas hätten erwidern können. »Ich gehe mir ein Glas Champagner holen. Und es gibt doch bestimmt einen Snack für Picasso, nicht wahr?«

»Da wäre ich mir nicht so sicher«, giftete Isobel ihr nach.

»Liebes, es tut mir so leid! Du bist eine wunderbare Frau! Antonia hat leider die Angewohnheit, es sich mit Menschen zu verderben! Es ist fast so etwas wie ihr Hobby. Hätte sie nicht so viele Kontakte in die Kunstwelt, hätte ich nie den Umgang mit ihr gepflegt! Soll ich sie doch bitten, zu gehen?«

»Auf gar keinen Fall! Du kannst dir keinen Skandal heute Abend leisten!« Isobel drückte beruhigend seine Hand. »Du vergisst, dass ich eine Lady bin! Ich werde nicht zulassen, dass dir diese Giftschlange den Abend ruiniert!«

»Ich danke dir, Liebes!« Dornberg küsste ihre Hand. »Und ich bewundere deine Größe! Aber wer ist diese Lorraine?«, wollte Dornberg wissen.

»Mein Ex-Mann hatte eine unbedeutende Affäre mit ihr, aber dann kam ich, und er hat mit ihr Schluss gemacht«, erklärte sie ihm.

»Liebes, das tut mir so leid! Wenn ich gewusst hätte, dass Antonia …«

»Das weiß ich doch, Darling«, unterbrach sie ihn sanft. »Aber wir werden den Abend schon gut über die Bühne bringen. Ich werde die Haltung einer Lady bewahren! Auch wenn ich diesen Mops im Moment gern zum Waisen machen würde!«, fügte sie hinzu.

»Liebes, ich bitte dich, tu mir das nicht an! Nicht heute Abend!«

Dornberg überkam das dumpfe Gefühl, dass sein Restaurant wie einst Pompeji jeden Moment untergehen konnte. Antonia von Hohenburg war ein menschlicher Vesuv!

»Beruhige dich, Darling.« Isobel seufzte und leerte ihren Champagner in einem Zug. »Wir sollten die Gäste langsam zu Tisch bitten. Bis auf Susan und Alex müssten jetzt alle hier sein.«

»Ich hoffe doch sehr, die beiden schaffen es bis zum Hauptgang«, entgegnete Dornberg mit einem Blick auf die Uhr.

»Deine Frau sieht großartig aus, Vincent!« Raimund Öchsli klopfte ihm beim Hineingehen freundschaftlich auf die Schulter. »Auch Eliana ist begeistert von ihr.« Er nickte in Richtung seiner Schwester, die ein paar Worte mit Isobel wechselte und herzlich lachte. »Du hast wirklich Glück!«

»Das weiß ich, Raimund.« Dornberg lächelte, und er begann, sich zu entspannen, als er sich setzte. Wenn erst einmal alle etwas zu essen bekommen hatten, würden sich die Gemüter beruhigen, sagte er sich zuversichtlich, als die Kellner begannen, die Vorspeise zu servieren. Ein exquisites Essen konnte schließlich die größten Streithähne einen.

»Ich kann mich darauf verlassen, dass der Risotto laktosefrei ist?«, hörte er von Hohenburg fragen, nachdem Franke den Teller mit dem silbernen Rand vor sie auf den Tisch gestellt hatte.

»Selbstverständlich!«, rief er über den Tisch hinweg. »Er ist speziell für dich zubereitet worden.«

»Es wäre ja auch zu schade, wenn sich Ihre Innereien aufblähen würden wie ein Dudelsack, Frau von Hohenburg«, kam es spöttisch über Griebels Lippen. Ihre Tischnachbarin Frau Schreiber, die Frau des Bauunternehmers, blickte sie mit nach oben gezogenen Augenbrauen an. Ihr Mann räusperte sich peinlich berührt.

»Mein Mann legt größten Wert darauf, dass sich jeder seiner Gäste wohlfühlt, Frau von Hohenburg«, rief Isobel mit einem strahlenden Lächeln. »Sie können den Risotto ganz beruhigt genießen«, versicherte sie ihr, bevor sie sich mit einem boshaften Flüstern an ihren Mann wandte. »Mit etwas Glück könnte sie aber noch an einem Reiskorn ersticken.«

»Ich bitte dich, Liebes«, flehte Dornberg in gedämpftem Tonfall. »In ein paar Stunden ist die Eröffnung vorbei, und wir müssen sie nie wieder sehen. Ich werde sie ganz sicher nicht mehr einladen«, versprach er seiner Frau.

»Entschuldige bitte, Darling.« Sie drückte seine Hand. »Ich wollte dich nicht aufregen. Es wird alles gut.« Sie griff nach ihrem Smartphone, und ihr Gesichtsausdruck erhellte sich. »Susan und Alex sind endlich hier. Sie müssen nur noch einen Parkplatz finden.«

»Das ging ja schneller als erwartet!« Dornberg lächelte und bemerkte aus den Augenwinkeln heraus, dass Antonia von Hohenburg sich etwas schwerfällig erhob. Er runzelte die Stirn, als sie in Richtung der Toiletten wankte. Hitze stieg in ihm auf. Er hoffte inständig, sie möge sich nicht mit irgendeiner Köstlichkeit den Magen verdorben haben.

»Der Auftakt ist hervorragend, Herr Dornberg«, lobte der Gaumenschmaus-Kritiker Killer, und die anderen Gäste nickten zustimmend.

»Der Koch ist wirklich exzellent, Vincent«, stimmte Reinhardt ihm zu. »Dein Restaurant wird sicher eine Goldgrube werden.«

»Entschuldigt bitte die Verspätung!« Susan kam lächelnd in das Restaurant. »Alex kommt auch gleich. Er parkt noch.«

Dornberg sprang mit einem strahlenden Lächeln auf. »Wenn ich vorstellen dürfte: Das ist Susan Waters-Hirschberg, unsere Nichte. Ich will Sie jetzt aber nicht mit einer endlosen Vorstellungsrunde quälen, denn es gibt ja Tischkarten«, lachte er. »Und da kommt endlich auch ihre bessere Hälfte«, stellte er Hirschberg vor, der gerade durch die Tür kam.

»Ich muss dringend noch wohin«, flüsterte Susan ihrer Tante und Dornberg zu. »Ich bin gleich wieder da.«

»Ich bin so froh, dass ihr endlich hier seid«, Dornberg blickte Hirschberg erleichtert an.

»Stimmt etwas nicht?«, erkundigte dieser sich stirnrunzelnd.

»Nein, nein«, beschwichtigte Dornberg. »Es ist alles in Ordnung«, lächelte er, als ein Aufschrei an sein Ohr drang, und die Gäste wie auf Knopfdruck verstummten.

KAPITEL 3