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Dieses Buch bietet fundierte Hintergrundinformationen zu allen wesentlichen Dimensionen einer Mitarbeiterbefragung und gibt zahlreiche praktische Tipps zur Interpretation der Ergebnisse. Damit ist es eine unerlässliche praktische Hilfe für alle, die konkret mit Befragungsergebnissen arbeiten müssen.
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Seitenzahl: 152
Veröffentlichungsjahr: 2023
Über dieses Buch
Mitarbeiterbefragungen sind für viele Führungskräfte und Personaler ein etabliertes Instrument. Bei der Interpretation der Ergebnisse fehlt allerdings oft die Orientierung. Wie ist etwa ein bestimmter Ergebniswert einzuordnen? Die gleiche Zahl kann exzellent, gut, mittelmäßig, schlecht oder sogar alarmierend sein. Aber woran soll man es festmachen? Hier setzt dieses Buch an. Es bietet fundierte Hintergrundinformationen zu allen wesentlichen Dimensionen einer Befragung und gibt zahlreiche praktische Tipps zur Interpretation. Damit ist es eine unerlässliche praktische Hilfe für alle, die konkret mit Befragungsergebnissen arbeiten müssen.
Über den Autor
Klaus D. Mittorp war viele Jahre Führungskraft im Personalwesen eines DAX-Konzerns sowie eines familiengeführten, mittelständischen „Hidden Champion“ und arbeitete ein knappes Jahrzehnt als Senior Vice President in einer großen internationalen Unternehmensberatung. Er hat in dieser Zeit hunderte von Mitarbeiterbefragungen konzipiert und begleitet und sich dabei intensiv mit dem Thema befasst und hierzu auch international publiziert.
Klaus D. Mittorp
Ergebnisse von Mitarbeiterbefragungen richtig deuten
Eine praktische Orientierungshilfe
© 2021 Klaus D. Mittorp
Lektorat: Michael Zuch
Umschlag: Annegret Mirbach
Verlag & Druck:
tredition GmbH
Halenreie 40–44
22359 Hamburg
ISBN:
Hardcover
978-3-347-46825-2
e-Book
978-3-347-46829-0
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Die Welt der Befragungen
Der Markt
Die Anbieter
Externes Reporting (Kapitalmarkt)
Presse
(Innen-)Politische Dimension
Rahmenbedingungen
Befragungsarten
Spezifische Befragungen
Allgemeine Befragungen
Art der Durchführung
Zeitpunkt und Dauer
Fragebogen
Anonymität
Skala
Geschäftsverlauf
Verknüpfung mit Performance-Management
Das Modell
Gründe für die Entwicklung
Gängige Modelle
Unvorhergesehene Ereignisse
Ergebnisse lesen und verstehen
Beteiligung (Rücklaufquote)
Zahlenwerte
Zustimmungsraten
Indices
Kontextualisierung
Trends
Benchmarks
Interne Vergleiche
Die Story Line
Segmentierungen
Fehler
Schaubilder und Grafiken
Treiberanalysen
Einzelne Dimensionen
Engagement
Befähigung/Arbeitsumfeld (inkl. Empowerment)
Stolz
Extrameile
Mitarbeiterbindung
Arbeitgeberimage
Entwicklungsmöglichkeiten
Kommunikation/Information
Tagesstimmungen
Vergütung
Anerkennung und Respekt
Zusammenarbeit
Well-Being
Führung / Vertrauen in das Topmanagement
Führung / direkter Vorgesetzter
Performance Management
Innovation/Zukunftsaussichten
Aussagekraft der konkreten Einzelwerte
Blinde Flecken
Führungsspanne
Präferenzen der Mitarbeitenden
Kulturelle Unterschiede bei Befragungsergebnissen
Engagement
Enablement
Kündigungsrisiko
Well-Being
Branchen
Falsche Antworten
Religion
Operationelles Risiko
Was Führungskräfte bewegen (können)
Einflusspotenzial
Realer Einfluss
Direkte oder indirekte Umsetzbarkeit
Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
Stichwortverzeichnis
Einleitung
Möglicherweise kennen Sie derartige Situationen: Ihre Firma hat (wieder einmal) eine Mitarbeiterbefragung durchgeführt. Als Ad-hoc-Maßnahme oder als Teil des Monitorings der sogenannten „Employee Experience“1. Es gab zu den allgemeinen Ergebnissen institutionalisierte Kommunikation vom Topmanagement und Sie bekommen als Führungskraft Reports mit den Zahlen für Ihren Verantwortungsoder Zuständigkeitsbereich. Vielleicht sogar Zugang zu einer ganzen Datenbank mit Ihren Werten.
Oder Sie arbeiten im Personalwesen. Spezialisten aus Ihrem eigenen Bereich haben die Befragung durchgeführt und Sie stehen jetzt mit den Ergebnissen vor Ihren internen Kunden, ohne wirklich über die Hintergründe informiert worden zu sein.
Egal in welcher Rolle, jetzt sollen Sie etwas daraus machen. Für das gesamte Unternehmen oder zumindest einen (großen oder kleinen) Teilbereich.
Für das durchführende Projektteam und die ggf. involvierten externen Berater ist das Thema an der Stelle oft schon weitgehend erledigt. Dort liegt der Fokus im Zweifel nur noch darauf, Sie eine gewisse Zeit später nach der Umsetzung von abgeleiteten Maßnahmen zu fragen.
Aber Sie arbeiten nicht dauernd mit Befragungen, der Zeitdruck ist groß, die Ressourcen sind knapp und so können Sie sich oft nur beiläufig mit den Ergebnissen beschäftigen. Verlässlicher Rat ist schwer zu bekommen. Und die Chefs wollen irgendwann hören, was sich seit der Befragung getan hat.
Es ist beispielsweise eben nicht offensichtlich, ob es ein gutes oder schlechtes Ergebnis ist, wenn 70 % Ihrer Mitarbeitenden stolz sind, in Ihrer Abteilung zu arbeiten oder was die verschiedenen Indices, die da berechnet werden, eigentlich konkret bedeuten.
Weil ich immer wieder selbst erlebt habe, dass sich Führungskräfte und auch Personaler mit der Flut an Daten aus Befragungsergebnissen ziemlich allein gelassen fühlen, ist dieses Buch entstanden.
Es soll, aufbauend auf meiner langjährigen konkreten Erfahrung mit solchen Situationen, eine praktische Orientierungshilfe geben, um aus den Ergebnissen möglichst einfach möglichst zielführende Erkenntnisse ableiten zu können. Auch darüber, was eine Befragung – aller anderslautenden Beteuerungen zum Trotz – nicht leisten kann.
Dazu werden die aus meiner Erfahrung wichtigsten Aspekte beleuchtet, die zum Verständnis der Ergebnisse einer Mitarbeiterbefragung erforderlich sind – egal auf welchem Wege die Befragung durchgeführt worden ist.
Hierzu gehören die Art der Befragung ebenso wie das zugrundeliegende Befragungsmodell, der Befragungszeitpunkt, die Führungssituation, der kulturelle Rahmen, die Erwartungshaltung, die Arbeitsmarktsituation sowie – ganz wichtig – die Einbettung in den jeweiligen geschäftlichen Kontext.
Eine große Rolle spielt auch, welche Veränderungsbewegung Kennzahlenvergleiche mit früheren Befragungen zeigen und welche Referenzgrößen herangezogen werden.
Nach einer kurzen Einführung in die Welt der Befragungen ist jedem dieser Aspekte ein entsprechender Abschnitt gewidmet, in dem – verständlich und präzise – Wechselwirkungen aufgezeigt werden und erklärt wird, wie aus den Ergebnissen tatsächlich brauchbare Erkenntnisse herausgelesen und gewonnen werden können.
Damit es auch in der Praxis möglichst hilfreich sein kann, habe ich die Informationen im Buch an den passenden Stellen jeweils auch mit ganz konkreten praktischen Tipps ergänzt, die meiner langjährigen persönlichen Erfahrung entspringen.
Frankfurt am Main, im November 2021
1 die Gesamtheit aller wichtigen Momente und Berührungspunkte der Mitarbeitenden in ihrem Unternehmen
Die Welt der Befragungen
Einer Mitarbeiterbefragung zu begegnen, ist als Führungskraft oder Personaler selbst in kleinen und mittleren Unternehmen heutzutage nichts Außergewöhnliches mehr.
Eine solches Instrument gehört inzwischen zum regelmäßigen Standard der allermeisten Unternehmen. Dabei herrscht große Vielfalt. Es gibt spezifische Befragungen zu bestimmten Themen, Befragungen im Rahmen von Bedarfserhebungen und interne Kundenbefragungen. Ebenfalls weit verbreitet sind auch Befragungen zu Führungskräfte-Feedbacks (360-Grad-Feedback) oder Exit- oder Onboarding-Befragungen. Diese sind in ihrer Zielsetzung und auch in der Aussage der Ergebnisse alle relativ selbsterklärend.
Deutlich anders verhält sich dies bei den allgemeinen, unternehmensweiten Mitarbeiterbefragungen. Sie sind weit verbreitet, ihre Ergebnisse sind aber meist alles andere als leicht zu interpretieren.
Nach einer langfristigen Betrachtung der Ruhr-Universität Bochum ist der Anteil der deutschen Topunternehmen, die solche Mitarbeiterbefragungen durchführen, von 80 % im Jahr 2007 auf fast 90 % in 2017 gestiegen.2
In einer breit angelegten Untersuchung kamen die Beratungsunternehmen Hewitt und Kienbaum im Jahr 2008 zu ähnlichen Erkenntnissen über die große Verbreitung von Mitarbeiterbefragungen.3
Inzwischen liegt der Anteil sogar noch etwas höher (s. Abb. 1).4 Ein Grund für die zunehmende Beliebtheit ist sicher, dass regelmäßige Mitarbeiterbefragungen bei fast allen Nachhaltigkeitsprüfungen ein positives Kriterium im Bereich „Mitarbeitende“ darstellen und damit fast jedes ESG-Rating positiv beeinflussen.
Abbildung 1: Verbreitung verschiedener Befragungsarten
An der Verbreitung von Befragungen ändert auch die Tatsache nichts, dass einige Unternehmen (z. B. Daimler) ihre Befragungen in Coronazeiten vorübergehend ausgesetzt haben. Die Form der Befragung hat sich im Lauf der Zeit allerdings zum Teil geändert.
Allgemeine Mitarbeiterbefragungen sind heutzutage oft eingebettet in eine sogenannte „Listening-Strategie“5. Sie bilden damit nach wie vor die mit Abstand häufigste Befragungsform. Nach Untersuchungen der Beratungsfirma Questback6 wird sie von 94 % der Unternehmen verwendet und hat in den letzten Jahren keineswegs an Beliebtheit verloren.
Ebenfalls stabil ist nach der gleichen Untersuchung der Einsatz von 360-Grad-Feedbacks, internen Kundenbefragungen (etwa zur Zufriedenheit mit Personal, IT o. Ä.), und Onboardingbzw. Exit-Befragungen.
In einer Untersuchung von 2020 kam die Beratungsgesellschaft Willis Towers Watson zu ganz ähnlichen Ergebnissen bezüglich der Verbreitung von Befragungsarten.7
Trotz ihrer großen Verbreitung ist die allgemeine Mitarbeiterbefragung die am schwersten zu lesende. Sie soll deshalb in diesem Buch den Schwerpunkt der Betrachtung darstellen.
Der Markt
Zum Verständnis von Befragungsergebnissen gehört zunächst auch das Wissen darum, dass das Durchführen und Auswerten von Mitarbeiterbefragungen einen recht großen Markt darstellen, auf dem sich eine Vielzahl von unterschiedlichsten Anbietern tummelt, die klare kommerzielle Interessen verfolgen. Darauf wird später noch gesondert eingegangen.
Die meisten Unternehmen bedienen sich in der Tat für die Umsetzung ihrer Mitarbeiterbefragungen externer Dienstleister. Dies hat vor allem zwei Gründe:
1. ist es ökonomisch meist wenig sinnvoll, derartige Expertise und Ressourcen firmenintern vorzuhalten,
2. ist es über einen externen Anbieter sehr viel leichter und glaubwürdiger, die in den meisten Fällen gewünschte Anonymität (zumindest dem Anschein nach) darzustellen.
Speziell zum Markt der Mitarbeiterbefragungen gibt es keine offiziellen Daten. Dennoch kann man sich leicht ein Bild von den beträchtlichen Dimensionen dieses Marktes machen.
In Deutschland geben Unternehmen pro Jahr aktuell knapp 36 Mrd. EUR für Beratungsleistungen aus.8 Knapp 10 % davon entfallen auf HR-bezogene Leistungen, also etwa 3,6 Mrd. EUR. Wie viel hiervon auf Befragungen entfällt, ist unklar. Allerdings ist über die Bundesagentur für Arbeit bekannt, dass es in Deutschland in 2021 etwa 33,5 Mio. sozialversicherungspflichtig Beschäftigte gibt.
Wenn also in 94 % der Unternehmen Befragungen durchgeführt werden, dürften knapp 31,5 Mio. Beschäftigte entsprechend befragt werden.
Auch die Ausgaben der Unternehmen hierfür können nur geschätzt werden. Bekannt ist aber, dass in großen, personalstarken Unternehmen leicht sechsstellige Beträge für die Durchführung einer einzigen konzernweiten Befragung erreicht werden.
Die Fachzeitschrift „Personalwirtschaft“ recherchierte die Preisspanne pro befragten Mitarbeitenden zwischen 0,70 und (erstaunlich hohen) 120 EUR.9 Die meisten Anbieter starten bei 2 bis 7 EUR pro Kopf. Unterstellt man einen Wert von 5 EUR als realistisch, ergäbe sich ein Gesamtvolumen in Deutschland von jährlich mindestens 150 Mio. EUR, wahrscheinlich ist es deutlich mehr.
Weltweit wird der Beratungsmarkt für Mitarbeiterbefragungen auf knapp eine Mrd. USD geschätzt, mit einer Wachstumsprognose auf 2,1 Mrd. USD bis 2026.10
Von vielen Anbietern wird also gutes Geld verdient. Es ist folglich ratsam, sich klarzumachen, dass bei einer Befragung meist auch Dritte beteiligt sind, die (durchaus legitime) eigene (kommerzielle) Interessen haben.
Auch sollte man wissen, dass es keine wissenschaftlichen Belege für die Wirksamkeit solcher Befragungen gibt. Das klingt zunächst erstaunlich. Tatsächlich haben aber die Anbieter offenbar wenig Interesse, diesen Zustand zu verändern oder zu thematisieren.
Forscher der Universität Mannheim haben diesen Aspekt schonungslos offengelegt. Sie stellten bzgl. Mitarbeiterbefragungen fest, dass
„trotz der großen Verbreitung und des vielfältigen Einsatzes des Instruments in der Praxis keine wirklich eindeutigen empirischen Belege für dessen Wirksamkeit vorliegen“.11
Einen möglichen Grund für den Mangel an konkreten Evaluationsstudien sehen die Mannheimer Forscher darin, dass es an der Bereitschaft der Befragungsanbieter mangeln könnte, die eigenen, teuer verkauften Produkte systematischen Wirksamkeitsanalysen zu unterziehen bzw. diese dann auch zu publizieren, wenn sie damit nicht die erhoffte Wirksamkeit nachweisen können.12
Die Anbieter
Wie schon erwähnt, ist die Phalanx der Anbieter auf diesem Gebiet sehr umfänglich und entsprechend unübersichtlich. Entsprechend komplex ist für Unternehmen die Entscheidung, welcher Anbieter für die Durchführung ihres Befragungsvorhabens am besten geeignet ist.
Es gibt zwar einige Anbieter, die fast ausschließlich auf das Durchführen von Mitarbeiterbefragungen spezialisiert und fokussiert sind, aber grundsätzlich kommen die meisten Anbieter von Mitarbeiterbefragungen aus drei sehr unterschiedlichen Expertisefeldern (s. Abb. 2)
Abbildung 2: Expertise der Anbieter von Mitarbeiterbefragungen
Ein beträchtlicher Teil der Anbieter kommt aus der Markt- und Meinungsforschung. Sie bringen besonders ihr methodisches Wissen und die Erfahrung mit der Befragung von Kunden oder auch der allgemeinen Bevölkerung in dieses spezielle Feld ein. Hierzu gehören Anbieter wie Ipsos, INSA, IfD Allensbach und viele andere mehr.
Eine weitere Gruppe kommt aus der HR-Beratung. Diese Unternehmen bringen insbesondere ihre Kenntnis zu Personalthemen in die Befragungsprojekte ein. Hierzu gehören traditionell Firmen wie Willis Towers Watson und viele andere mehr. In den letzten Jahren haben sich auch sogenannte Headhunter zunehmend für das Thema Mitarbeiterbefragungen interessiert. So haben Korn Ferry durch die Akquisition der Hay Group und Spencer Stuart durch den Kauf von AON Talent Solutions (dann umfirmiert in Kincentric) für sich in den letzten Jahren entsprechend neue Geschäftsfelder aufgebaut.
An Bedeutung gewinnen Anbieter aus der IT und Softwareentwicklung. In einer Zeit, in der mehr und mehr Unternehmen auch auf Echtzeitbefragungen und möglichst hohe Flexibilität setzen, ist die spezielle Expertise, die diese Firmen einbringen, von besonderem Interesse. Hierzu zählen neben vielen anderen IBM Kenexa, Qualtrics, Saba.
Es gibt darüber hinaus auch Anbieter, die sich in Zwischenbereichen der genannten drei Felder positionieren: So verbinden Firmen wie Netigate, Rogator oder Questback Wissen auf dem Gebiet der Marktforschung mit dem aus der Softwareentwicklung. Workday oder Success Factors (SAP)/Semos wiederum verbinden ihren Software-Kern mit HR-Expertise. Starkes Wachstum verzeichnen auch sogenannte agile Anbieter (wie z.B. SayWay, Team Echo u. v. a. m.) die neben klassischen Befragungen auch Feedbacksysteme als offenen Kanal anbieten, um ein tägliches, wöchentliches oder kontinuierliches Stimmungsbarometer zu erhalten.
Weitere Anbieter bewegen sich auch in ganz eigenen Nischen. Ein Beispiel ist die GPTW Deutschland GmbH (Great Place to Work). Sie ist darauf spezialisiert, bestimmte „Awards“ zu vermarkten. Ein Beispiel ist die Zertifizierung bzw. Auszeichnung als „bester Arbeitgeber“.
GPTW bietet ihren Kunden an, sie für Preise – je nach Größe der Belegschaft – zwischen 1.500 und 15.000 EUR13 in „sechs Wochen zum zertifizierten Arbeitgeber“ zu machen, inklusive Aufnahme „in eine unserer Besten-Listen“.14
Andere Awards funktionieren ähnlich, wie etwa „Top Job“ oder „Top Arbeitgeber“ u. a. m. Hierzu kommentierte das Magazin „Der Spiegel“:
„diverse Wettbewerbe küren Deutschlands beste Arbeitgeber. Bei jedem gewinnen andere Firmen […] Jobsuchenden bringen die Rankings wenig. Denn nur wer zahlt, wird überhaupt geprüft.“15
Wer sich auf solche Angebote einlässt, erhält als Teil des Prozesses eine Mitarbeiterbefragung mit dazu, die in ihrer Gestaltung zwar begrenzt ist, deren Ergebnisse aber auch für andere Zwecke gebraucht werden können.
An dieser Stelle geht es ausdrücklich nicht darum, eine bestimmte Typologie von Anbietern zu empfehlen. Alle haben ihre Vor- und Nachteile und eine Auftragsvergabe hängt immer sehr stark auch vom Budget, den Gegebenheiten und der Zielsetzung des jeweiligen Unternehmens ab.
Die hier genannten Unterschiede der besprochenen Anbieter zu kennen, ist aber bei der Betrachtung von Befragungsergebnissen von Bedeutung, weil die jeweilige Kernexpertise des Anbieters durchaus sehr unterschiedliche Akzente in der Durchführung und Auswertung der Mitarbeiterbefragung setzen kann.
Externes Reporting (Kapitalmarkt)
Mitarbeiterbefragungen spielen auch in der externen Kommunikation der Unternehmen eine zunehmende Rolle. Eines der ersten DAX-Unternehmen, das seinen sogenannten „Mitarbeiter-Commitment-Index“ regelmäßig veröffentlichte, war ab Ende der 1990er Jahre die Deutsche Bank AG.
Inzwischen ist eine derartige Berichterstattung weit verbreitet. Stark befördert wurde dies sicher durch einen rechtlichen Rahmen, der gewisse Veröffentlichungen vorschreibt. Gemäß einer 2014 beschlossenen EU-Richtlinie sind Unternehmen mit Sitz in der EU und mehr als 500 Mitarbeitenden, die im besonderen Interesse der Öffentlichkeit stehen, ausdrücklich verpflichtet, über Nachhaltigkeitsaspekte zu berichten. Die Bundesrepublik Deutschland hat diese Richtlinie im Jahr 2017 in deutsches Recht umgesetzt.
Diese Richtlinien schreiben zwar Mitarbeiterbefragungen nicht explizit vor, alle gängigen ESG-Kriterien fordern aber einen etablierten und formalen Dialog mit den verschiedenen „Stakeholdern“ eines Unternehmens. In der Kategorie „Mitarbeitende“ bietet sich daher für viele Unternehmen das Instrument der Mitarbeiterbefragung ganz offenkundig an.
So führen ganz unterschiedliche Firmen wie beispielsweise Allianz16, BMW17 oder Deutsche Telekom18 (ebenso wie noch viele andere) in ihren Unternehmensberichten die Mitarbeiterbefragung (und ggf. zusätzliche Puls-Befragungen) explizit als Bestandteil der ESG-Berichterstattung an. Dabei verweisen sie meistens auf das sogenannte Ziel „SDG 8“.19
Bei den 160 Unternehmen der DAX-Familie ist die Berichterstattung nach SDGs inzwischen weit verbreitet. Da nicht alle SDGs für jedes Unternehmen die gleiche Relevanz besitzen, priorisieren die meisten Unternehmen die SDGs und wählen somit die für sie relevanten SDGs aus. Insgesamt priorisieren 75 % der DAX-Unternehmen die SDGs, über die sie berichten,20 und ebenfalls 75 % berichten dabei nach dem bereits erwähnten SDG 8.21
Betrachtet man also die Ergebnisse von Mitarbeiterbefragungen, muss man auch vor Augen haben, dass diese inzwischen auf dem Gebiet der ESG-Kommunikation und damit für den Kapitalmarkt und die Reputation eines Unternehmens grundsätzlich eine wichtige Rolle spielen. Diese wird in den nächsten Jahren voraussichtlich noch kontinuierlich weiter an Bedeutung gewinnen.
Presse
Auch in der Pressearbeit werden Befragungsergebnisse immer wieder genutzt, um bestimmten Interessen Vorschub zu leisten und/oder die Wahrnehmung des Unternehmens aktiv zu beeinflussen.
Airbus, Commerzbank, Deutsche Telekom, Europäische Zentralbank (EZB), HypoVereinsbank und SAP sind nur einige der Organisationen, über deren interne Befragungen im Lauf der Jahre gezielt in der Öffentlichkeit berichtet wurde.
In den Medien widersprachen sich beispielsweise der Vorsitzende des Personalrats und der oberste Personalverantwortliche der EZB in der richtigen Einordnung der Ergebnisse der zweiten Mitarbeiterbefragung.22
Auch die negativen Schlagzeilen über die Commerzbank AG erhielten durch das Thematisieren der Mitarbeiterbefragung immer wieder neue Nahrung. Im Jahr 2011 titelte die FAZ mit Blick auf die Ergebnisse der damaligen Mitarbeiterbefragung23
„Mitarbeiterbefragung bei der Commerzbank: Misstrauensvotum gegen Blessing24“.
Zehn Jahre später, 2021, titelte das Handelsblatt:
„Die allermeisten Commerzbanker blicken pessimistisch in die Zukunft“25
und schrieb dazu:
„Die desolaten Ergebnisse einer Mitarbeiter-Umfrage zeigen, dass die Bankvorstände der Belegschaft neue Perspektiven eröffnen und ihr Vertrauen zurückgewinnen müssen.“
Bei der Deutschen Telekom wurde vom Manager Magazin auf Basis von Befragungsergebnissen schon mal ein „hohes Maß an Verbitterung“ der Mitarbeitenden diagnostiziert,26 in der Deutschen Bank sah die FAZ „schlechte Stimmung“27 und bei EADS machte das Fachmagazin Flug Revue „eine Abstrafung des Arbeitgebers in der Umfrage“ aus28.
Im Jahr 2010 wurde lt. Financial Times Deutschland sogar der plötzliche „Rauswurf“ des damaligen CEO der SAP AG, Leo Apotheker, unter anderem mit schlechten Ergebnissen der Mitarbeiterbefragung begründet.29
Manchmal lassen sich Ergebnisse von Mitarbeiterbefragungen natürlich auch positiv nutzen. So hieß es über die Deutsche Bank AG im Zusammenhang mit Mitarbeiterbefragungen auch schon, die Stimmung der Mitarbeitenden „helle sich auf“30 oder die Mitarbeitenden „stehen zu ihrem Institut“31. Bei VW wurde festgestellt, die Stimmung „verbessere sich wieder“.32
In diesem Kontext ist es also wichtig zu bedenken, dass jede, wirklich jede Mitarbeiterbefragung aus den unterschiedlichsten Gründen und Interessenlagen mit ihren Ergebnissen nach außen gelangen kann, auch ohne dass das Unternehmen über deren Kommunikation die Kontrolle hat.
Auch dieser Aspekt sollte von den Verantwortlichen stets sorgsam bedacht werden, wenn es um die Bewertung und Kommunikation von Befragungsergebnissen geht.
(Innen-)Politische Dimension
Befragungsergebnisse haben schließlich auch immer eine politische Dimension im Unternehmen selbst (und manchmal auch darüber hinaus). Das zeigt die unterschiedliche Art und Weise, wie Ergebnisse immer wieder in die Öffentlichkeit lanciert werden.33
Nicht selten stecken dahinter Motive, die mit der internen „Büropolitik“ zusammenhängen.34
Aber auch ohne Einbeziehung der Öffentlichkeit werden in Unternehmen immer wieder gerne Befragungsergebnisse genutzt, um die eigenen Mühlen mit Wasser zu versorgen oder den internen Wettbewerbern selbiges abzugraben.
Schlechte Ergebnisse werden auch genutzt, um Führungskräfte unter Druck zu setzen und offene Rechnungen zu begleichen.
Schon 1997 warnten Fachleute um Prof. Bungard von der Universität Mannheim davor, dass Führungskräfte „wie Gladiatoren in eine Arena geschubst werden, um sie dem Fraß der Mitarbeiterbefunde auszusetzen“.35
Insofern ist es auch von Bedeutung, an welcher Stelle im Unternehmen der Auftrag für eine Befragung gegeben wird bzw. bei wem die Verantwortung für die Durchführung der Befragung liegt.
Am häufigsten kommt nach einer von Kienbaum und Hewitt vor einigen Jahren erstellten Analyse der Auftrag für die Durchführung einer Mitarbeiterbefragung von der Unternehmensleitung, gefolgt von HR.