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Ein Ruf, geboren aus rücksichtsloser Grausamkeit. Ein Anführer, schwelgend in Blutvergießen und Eroberung. Ein Mann, hungrig auf Rache. Frisch verheiratet mit Eirik, jetzt Jarl von ganz Svolvaen, trage ich das Baby, nach dem wir uns beide sehnen. Aber Svolvaens schärfster Feind wird uns keinen Frieden gewähren. Wenn man in die Hände der Bestie fällt, gibt es kein Entkommen. Ich muss meine ganze Kraft aufbringen. Ohne sie werde ich nicht überleben. »Erobert — Beast« ist der dritte Roman der Reihe Entführt. Begehrt. Erobert: eine Geschichte über Liebe, Verrat, Geheimnisse und Erlösung.
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ENTFÜHRT. BEGEHRT. EROBERT.
BUCH DREI
Erschien ursprünglich in englischer Sprache unter dem Titel „Viking Beast“ unter dem Pseudonym Emmanuelle de Maupassant schreibt.
Copyright © 2023 Anna Quinn
Bucheinbanddesign von Victoria Cooper
Übersetzt von Corinna Vexborg
Redaktionelle Unterstützung: Carola Karth-Neu
Dark Castle Press : Keith Hall, Inverurie, Scotland, AB51 0LD
www.emmanuelledemaupassant.com
Kontact : [email protected]
Bei diesem Roman handelt es sich um eine fiktive Geschichte. Die Namen, Charaktere, Orte und Ereignisse sind entweder der Fantasie des Autors entsprungen oder werden auf fiktive Art und Weise integriert. Mit Ausnahme bekannter historischer Figuren und Orte ist jegliche Ähnlichkeit mit lebenden oder verstorbenen Personen sowie Geschäftsbetrieben, Ereignissen oder Orten vollkommen zufällig.
Der Zweck des Urheberrechts besteht darin, Autoren und Künstler darin zu bestärken, kreative Werke zu entwerfen, die unsere Kultur bereichern.
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Über die Autorin
Einleitung
Erobert — Beast
Rezensionen
Auch von Anna Quinn / Emmanuelle de Maupassant
Eine düster-sinnliche Kurzgeschichte Geschenk
Eine Einladung
Anna lebt mit ihrem Mann und ihrer Schnüffelnase, Archie, auch bekannt als ihr liebstes Fellknäuel und Liebhaber von quietschenden Spielzeugen und Schinken.
Anna Quinn schreibt als Emmanuelle de Maupassant
Hast du »Entführt — Serpent« gelesen, die Vorgeschichte zur Reihe?
Entdecke, wie die Geschichte für Elswyth und Eirik beginnt...
Und der zweite Band der Reihe: "Begehrt — Wolf"
Gib dich der unwiderstehlichen Verführung hin: eine Welt des brennenden Verlangens und der brutalen Leidenschaft, bedroht von Ehrgeiz, Eifersucht und Rache.
Mai 960 n. Chr.
Er erwachte vom Knistern der Flammen. Funken sprühend und spuckend stand das Dach in Flammen und glühte dumpf durch einen Schleier aus beißendem Rauch.
Er setzte sich auf, trat die Felle weg, holte Luft und wollte schreien, aber seine Kehle schnürte sich gegen die faulige Asche zu.
Er schüttelte seine schlafende Braut, aber sie antwortete nicht.
Bei den Göttern! Sie mussten hier raus.
Mit brennenden Augen hob er sie aus dem Bett.
Das Feuer bewegte sich schnell, die Flammen leckten durch das Gebälk.
Eldberg vergrub sein Gesicht in Brettas Schulter. Ihr Kopf sackte zurück.
Finde die Tür.
Er schaffte einige Schritte, obwohl er sich dabei die nackten Füße verbrannte. Es war nur wichtig, dass sie entkamen. Er war fast am Ziel, als ihm etwas gegen den Kopf schlug.
Er rief ihren Namen, als er stürzte: Zumindest glaubte er das.
Und dann, obwohl der Raum von den Flammen erhellt war, herrschte nur noch Dunkelheit.
Eldberg lag drei Tage und Nächte, sein Körper war noch nicht bereit zu erwachen. Als er es endlich doch tat, hatte er starke Schmerzen.
Die Erinnerung an jene Nacht kehrte mit der Kraft von Thors Donner zurück und jagte Eldberg Angst ein. Er kannte sein Schicksal bereits, wollte es aber nicht akzeptieren, bevor die Wahrheit nicht laut ausgesprochen worden war.
Sweyn, der Befehlshaber seiner Leibwache, stand mit ernster Miene an seiner Seite. Hinter ihm standen Fiske, Rangvald, Hakon und Ivar. Niemand wollte ihm in die Augen sehen, nicht einmal Thoryn, der standhafteste seiner eingeschworenen Männer.
Nur Sigrid – Brettas Tante – brachte den Mut auf. »Das Dach der großen Halle liegt in Trümmern.« Ihre Stimme ging nicht über ein Flüstern hinaus. »Ivar und Thoryn kämpften sich durch die Flammen, um dich herauszuziehen.«
Sigrid holte tief Luft. »Dreimal kehrte Thoryn zurück, um Bretta zu holen, aber der Rauch war zu dicht, die Hitze zu groß.« Sie biss sich auf die Lippe. »Rangvald und Fiske hielten ihn von einem weiteren Versuch ab. Meine Bretta! Sie ist … tot, mein Jarl.«
Ein Schauer durchfuhr ihn, eine plötzliche, schreckliche Verzweiflung. Er lag still da und bemühte sich, sein Verlangen, vor Schmerz zu heulen, zu beherrschen. Seine Frau! Die Frau, die er auf Geheiß ihres Vaters geheiratet hatte – eine vertraglich vereinbarte Ehe, um seine Treue zu Skálavík zu sichern. Die Frau, für die er nie erwartet hatte, Liebe zu empfinden. Die Frau, die ihn angehimmelt hatte – unerklärlicherweise und ohne Vorbehalte.
Und das Kind.
Seine Hände krampften sich in das Tuch, auf dem er lag.
Sein Kind. Sechs Monate im Mutterleib.
Eldberg schluckte die saure Galle hinunter und verkrampfte seinen Kiefer. Mit neuer Intensität musterte er die Gesichter vor ihm. Er schickte Sigrid weg und sah zu Thoryn.
Das Elend des Mannes war tief eingebrannt, seine Lippen ausgedörrt und weiß. Thoryn war mutig und loyal; er hätte sein Leben gegeben, um Bretta zu retten.
Eldberg wandte sich an Sweyn. Von all seinen Männern war dieser ihm selbst am ähnlichsten – ehrgeizig und unversöhnlich, fähig zu handeln ohne Reue oder Gnade.
Als Kind von marodierenden Berserkern geraubt, war Eldberg bis zu seinem fünfzehnten Lebensjahr ein Sklave gewesen, bis er sich aufgrund seiner Größe, seiner Stärke und seines unnachgiebigen Willens einen Platz unter ihnen erkämpft hatte. Er kannte nur ihre Sitten – wo Brutalität und Wildheit belohnt wurden.
Als Beornwolds Söldner, der für seine Raubzüge in den Westen bezahlt wurde, hatte Eldberg fünfzehn Jahre lang an Sweyns Seite gekämpft und seine Eifersucht miterlebt, denn Eldberg wurde bald vor allen anderen bevorzugt. Der alte Jarl hatte ihn auserwählt, Bretta zu heiraten, die Linie von Beornwold zu begründen und seinen Mantel als ihr Anführer zu übernehmen.
Sweyn gehorchte nicht aus einem Gefühl der Brüderlichkeit heraus, sondern weil es ihm Befehlsgewalt über andere einbrachte – im Namen seines Jarls.
Behalte deine Feinde in der Nähe, hatte Beornwold ihm vor langer Zeit gesagt.
Eldberg runzelte die Stirn. Er hatte diese Worte gut beherzigt und Sweyn Autorität verliehen, das Bedürfnis befriedigt, das den anderen Mann antrieb, und es ausgenutzt. War Sweyn gierig geworden? Hatte er sich den Tod seines Jarls und den von dessen noch nicht geborenem Erben gewünscht?
Die Nornen hatten nur einen Strang dieses Fadens auf ihrem Webstuhl aufgespürt.
Die Überzeugung überkam ihn: Sweyn hatte alles geplant. Er hatte versucht, ihn zu töten und seinen Platz einzunehmen. Er hatte Bretta ermordet!
»Wie ist das Feuer entstanden?« Eldberg sprach mit ruhiger Stimme und wandte sich damit nur an Sweyn. Trotz seiner Wut würde er sorgfältig nach Beweisen suchen.
»Das habe ich herausgefunden, mein Jarl, und ich habe den Schuldigen in Ketten gelegt.« Er machte eine Geste und schickte Ivar und Fiske aus dem Raum. »Wir haben ihn noch in der Nacht seines Verbrechens gefangen. Ein Spion aus Svolvaen, der geschickt worden ist, um dich zu ermorden.«
Eldberg sammelte seine Kräfte und richtete sich ein wenig auf. »Heb mich hoch, Sweyn.«
Sein Kommandant griff unter seine Arme und zog ihn in eine sitzende Position. Durch seine linke Seite, die in Salbe und Leinen gehüllt war, ging ein Schmerzstoß, der stärker war, als Eldberg erwartet hatte. Aber er hatte schon viele Wunden erlitten; dies hier war nicht anders.
Sigrid stürzte nach vorn, um Kissen hinter seinen Rücken zu legen. Eldberg nickte knapp und dankte damit für ihre Sorge. Wenigstens ihr konnte er vertrauen. Sigrid hatte Bretta wie ihr eigenes Kind aufgezogen und respektierte die Liebe zwischen ihrer Nichte und dem Jarl.
Der Mann, der gebeugt in den Raum geschleppt wurde, war einen Kopf kleiner als die Menschen um ihn herum. Fiske und Ivar stützten ihn auf beiden Seiten, denn er konnte nicht mehr stehen. Sein Kopf und die Gliedmaßen hingen schlaff herab, seine Hand- und Fußgelenke waren in einem unnatürlichen Winkel gekrümmt. Beide Augen waren in seinem blutverschmierten Gesicht zugeschwollen. Sein Kiefer hing schlaff und gebrochen herunter.
»Der Mann wurde fast zu Tode geprügelt.« Eldberg starrte Sweyn mit einem eisigen Blick an.
»Ich habe ihn verhört. Es war notwendig.«
Eldberg verengte den Blick. »Und jetzt kann er nicht mehr sprechen.«
»Ich habe alles herausgefunden, was du wissen musst, mein Jarl. Hallgerds Nachfolger, Gunnolf von Svolvaen, schickte ihn. Von einem Fischerboot aus schwamm er in die nördliche Bucht und erklomm die Klippen. Er wartete, bis es dunkel wurde, ging in die Wälder und beobachtete mehrere Tage, bevor er handelte.«
»Unentdeckt? Die ganze Zeit?«
Sweyn zuckte mit den Schultern. »Er ist mehr Wiesel als Krieger, geschickt im Verstecken.«
»Und warum? Was ist mit dem Vertrag? Nahezu dreißig Sommer sind vergangen. Warum sollte dieser Gunnolf so töricht handeln? Svolvaen ist nicht so stark wie wir.«
»Du beantwortest deine eigene Frage, Jarl.« Sweyn senkte den Kopf. »Aus Angst vor dem, was wir einst waren und was wir wieder sein könnten, schickte Gunnolf seinen Mann, um Informationen zu sammeln, die nützlich sein könnten.« Er blickte wieder auf. »Und um uns tödlich zu verletzen, indem er deinen Tod verursachen würde.«
Eldberg wankte und zuckte. »Ziehe seinen Kopf zurück. Ich will ihn sehen.«
Sweyn griff dem Mann in den Scheitel.
In der Hitze eines Gefechts dachte Eldberg nicht darüber nach, bevor er einem Mann Gliedmaßen oder den Kopf abtrennte, aber der Zustand des Gefangenen ließ ihn das Gesicht verziehen. Da er seinen Mund nicht schließen konnte, hing ihm blutiger Sabber vom Kinn. Sein Wangenknochen und seine Nase waren wahrscheinlich gebrochen, das Fleisch geprellt und wund.
Eldberg sah einem Mann gern in die Augen, aber bei diesem hier hinderte das geschwollene Fleisch ihn daran. Er richtete den Blick wieder auf Sweyn, dessen granitgraue Augen teilnahmslos blieben.
»Wie wurde es gemacht?«
Sweyn antwortete, ohne zu zögern. »Er hat herausgefunden, wo genau im Langhaus dein Lager ist. Er trug einen Bogen und war in der Lage, flammende Pfeile dorthin zu schießen, wo sie die größte Wirkung erzielten. Als unsere Wächter die Flammen sahen, stand deine Kammer bereits unter Rauch.«
Eldberg wurde ganz plötzlich von der Erinnerung an Beornwolds Beerdigung überfallen. Sweyn hatte einen Leinenstreifen in Fischöl getränkt und ihn dicht hinter die Pfeilspitze gewickelt. Diese hatte er in den Feuerkessel getaucht, bevor er auf den Scheiterhaufen auf dem Langschiff des alten Jarls zielte. Sweyn war nicht nur versiert im Umgang mit Schwert und Axt, sondern auch einer ihrer besten Bogenschützen.
Eldberg starrte Sweyn bedeutungsvoll an. »Der Schlag war also gut vorbereitet. Wäre er in der Lage, mir zu antworten, hätte ich ihn vieles zu fragen.«
Wenn sein Krieger die Wahrheit sagte, war der Mörder vor ihnen gerissen und mutig und von den Göttern begünstigt, denn die Wachen unter Sweyns Kommando durchkämmten täglich die Umgebung von Skálavík.
Der Handel mit Metallen und Waffen, die aus den in den Bergen abgebauten Erzen hergestellt wurden, hatte Skálavík reich gemacht. Es gab kaum Bedarf an Raubzügen, um Kopfgeld in ihre Kassen zu bringen. Viele aus der ganzen Region kamen zu ihnen. Ihre Krieger waren nun damit beschäftigt, den Handel der Stadt zu schützen und ihre Sicherheit zu gewährleisten.
»Was nun, mein Jarl?« Sweyn befeuchtete seine Lippen. »Ein paar Hiebe mit meiner Axt, und wir können ihn stückweise den Schweinen zum Fraß vorwerfen.«
Ein Gurgeln entrang sich der Kehle des Gefangenen, und seine Füße strampelten kurz, bevor er wieder schlaff wurde.
»Das ist angemessen«, erklärte Eldberg. »Wenn jemand bereit ist, Schmerzen zuzufügen, muss man Gleiches mit Gleichem vergelten.« Er hielt dem Blick seines Befehlshabers stand, aber Sweyn zuckte nicht zurück.
Als er signalisierte, dass er sich wieder hinlegen wollte, traten Rangvald und Hakon vor. Eldberg wurde bleich, als sie ihm halfen, aber er äußerte sein Unbehagen nicht. Die Verbrennungen würden nur langsam heilen, aber sie waren nichts im Vergleich zu den Wunden, die sein Herz zerrissen. Der Kummer würde ein Teil von ihm werden. Er würde sich auf diesen Schmerz konzentrieren, ihn fühlen und sich erinnern.
Und der Tag der Abrechnung würde kommen.
Er schloss die Augen und lehnte sich zurück. »Haltet den Kopf des Unglücklichen in die Feuergrube und haltet ihn dort, bis ich seine Schreie nicht mehr höre.«
* * *
Endlich schlief er ein.
In seinem Traum drückte er sie an sich. Ihre Haut war weich und ihre Hände zärtlich, obwohl ihre Finger kühl waren.
Geh nicht weg. Ich brauche dich. Bleib bei mir, Bretta!
Aber seine Arme konnten sie nicht halten.
Als er aufwachte, war er schweißgebadet, allein, und seine Brust war so eng, dass er kaum atmen konnte. Sie war für immer weg – seine einzige Liebe. Seine Frau und das Kind, das sie trug – sein Sohn oder seine Tochter.
Er wollte Odin und Thor anheulen und bei allen Göttern Rache schwören für das, was ihm genommen worden war. Er warf den Kopf zurück und stieß einen klagenden Schrei aus. Sollten andere ihn hören und erbeben, um seine Qualen zu erfahren. Er würde keine Ruhe finden, bis er seine Feinde verschlungen hätte. Sie sollten wissen, was für eine Bestie er war, und ihn fürchten – ein Mann, der nicht nur körperlich, sondern auch seelisch entstellt war: die Bestie von Skálavík.
30. Juli, 960 n. Chr.
Der Fjord war erfüllt von schimmerndem Licht und dem Kreischen der Tölpelküken.
Eirik zog tief an den Rudern, die Wärme des goldgeäderten Sommers auf seinem nackten Rücken. Seine Schultern bewegten sich, als er ruderte – bronzefarben und muskulös. Die Wellen plätscherten leise. Er ließ das Boot gleiten und hob die Ruder aus den Halterungen, um sie sicher zu verstauen. Er verschränkte die Hände hinter dem Kopf und ließ den Blick bedeutungsvoll dort ruhen, wo ich mein grünes Leinenkleid hochgezogen hatte, um die Sonne auf meiner Haut zu genießen.
»Ich mag dich lieber nackt, Frau.«
»Noch nicht deine Frau.« Ich unterdrückte ein Lächeln. »Ich kann tun und lassen, was ich will, bis das Gelübde gesprochen ist.«
»Willst du mir widersprechen?« Eiriks Augen flackerten schelmisch auf. »Wenn du eine Strafe willst, dann hebe deine Röcke und ich werde deinen Hintern mit Freuden röten.«
»Und was ist mit dir, Ehemann?« Ich zog mein Kleid höher und öffnete meine Beine, um ihm den Blick zu gewähren, den er suchte. »Werde ich dich bestrafen müssen? Oder wirst du deine Zügellosigkeit aufgeben, sobald wir verheiratet sind?«
Mit einer einzigen Bewegung kniete er vor mir nieder. »Ich habe nur Augen für dich, Frau.« Er zwinkerte und machte damit deutlich, wohin er seine Bewunderung richtete.
Ich riss seinen Kopf zurück. »Helka hat mir beigebracht, wie man den Bogen benutzt. Wenn du mir einen Grund gibst, musst du auf deinen eigenen Hintern aufpassen.«
Er tat so, als würde er darüber nachdenken, und ich zuckte noch fester zusammen und lachte.
Seine Hände kamen knapp über meinen Knien zur Ruhe. Seine Handflächen waren schwielig vom Umgang mit Schwert und Axt, aber auch mit Hacke und Spaten, von der Arbeit auf den Feldern, aber sie waren warm und seine Berührung sanft.
»Du brauchst nicht an meiner Treue zu zweifeln.« Er besiegelte sein Versprechen mit einem Kuss auf die Innenseite meines Oberschenkels. »Es wird nur Glück geben.« Er ging weiter nach oben, sein goldener Bart streifte sanft über meine Haut. »Und viele Kinder.«
Seine Stimme war heiser, als er den Mund auf meine Locken legte. Seine Zunge fand mich, die Spitze schnalzte hin und her. Ich stöhnte auf und spürte, wie ich immer feuchter wurde. Der vertraute Schmerz regte sich tief in meinem Bauch. Eirik hatte mir gezeigt, was es hieß, begehrt zu werden und sich selbst zu sehnen.
Sein Herz gehöre mir, sagte er. Dennoch hielt ich einen Teil von mir zurück – aus Angst, er könnte sehen, wie sehr ich ihn brauchte.
Vor noch nicht allzu langer Zeit hatte er Svolvaen auf Gunnolfs Befehl hin verlassen, um ein Bündnis zu schließen. Die Pflicht sei stärker als die Liebe, hatte er mir gesagt. Selbst jetzt, am Vorabend unserer Hochzeit, wusste ich nicht, ob ich ihm mein Herz anvertrauen konnte.
Ich wusste auch nicht, ob ich mir selbst vertrauen konnte.
In Eiriks Abwesenheit hatte ich glauben müssen, betrogen worden zu sein – dass Eirik mich nie geliebt hatte, dass er als Ehemann einer anderen zurückkommen würde. Stück für Stück war ich gestorben und hatte Gunnolf überlassen, was Eirik so achtlos weggeworfen hatte, bis ich kaum noch wusste, wer ich war. Ich hatte mich nicht erinnern wollen. Es war eine Zeit des seltsamen, verzehrenden Vergessens gewesen.
Ich drückte meine Hände gegen Eiriks Schultern, weil ich mir plötzlich unsicher war, aber er packte mich an der Taille und zog mich fest zu seinem Mund.
»Ich will dich.« Er vergrub seine Zunge tiefer, bis er dort ankam, wo sein Schwanz bald folgen würde. »Und das hier – für immer.«
Ich wehrte mich nur kurz und hielt mich an dem erhöhten Teil des Bootsdecks fest, bis ich nur noch daran denken konnte, dass er nicht aufhören durfte. Das war schon immer so gewesen, von den ersten Tagen an, als er Holtholm überfallen hatte und ich ihn nicht abweisen konnte.
Ich ließ die Finger durch sein Haar gleiten und gab dem dringenden Hunger seines Mundes nach. Mit sehnsüchtigem Schmerz begehrte ich ihn, aber er ließ sich Zeit, denn es erregte ihn, mich so zu sehen. Er neckte mich lange und langsam, bis sich mein Bauch zusammenzog und ich erschauderte.
Er löste die Fibeln, die mein Kleid hielten, und zog mir alles weg, was ich trug, bis ich so nackt dalag wie er, und er zog mich zu sich. Er drückte seine Lippen auf meine Augenlider und meine Stirn und auf die Vertiefung meines Halses, strich mein Haar zurück und kraulte mich hinter dem Ohr.
Ich schlang die Arme um seinen Nacken und begrüßte sein Gewicht und den gleitenden Stoß seines Eindringens.
»So eng. So warm.« Er vergrub das Gesicht an meiner Brust und saugte bei jedem Stoß, wobei er heftige Lust bei mir auslöste.
Ich streichelte seine Hinterbacken, zog ihn tiefer und schlang meine Beine um seine.
»Eirik!« Ich hauchte seinen Namen, als mich ein stechender Ruck erfasste. Ich hob meine Hüften, um ihn zu empfangen, und schrie, als er so tief eindrang.
* * *
Ich lauschte dem Plätschern des Wassers an der Seite des Bootes, während wir zusammenlagen.
Eirik nahm mich in den Arm. »Du gehörst mir, Elswyth.« Zärtlich strich er mir über das Haar. »Ich wünschte nur …«
Ich stützte mich auf den Ellbogen und wollte wissen, was ihn beunruhigte, aber er schüttelte den Kopf.
»Es ist töricht, denn sie ist seit dreißig Jahren tot.«
Ich setzte mich auf und legte meine Hand auf sein Herz. Er hatte nur ein einziges Mal von seiner Mutter gesprochen – von ihrer Entführung, als Eirik erst drei Sommer alt gewesen war.
»Willst du mir davon erzählen?«
Ein Schatten zog über sein Gesicht. »Es ändert nichts, in der Vergangenheit zu verweilen.«
Ich strich ihm die Haare aus den Augen. »Aber es könnte dein Herz erleichtern und …«
Er ergriff mein Handgelenk, drehte meine Handfläche zu seinen Lippen und hielt sie dort einige Augenblicke lang fest. »Du willst wissen, was mich schmerzt, Frau, damit du es verstehen kannst.«
»Das tue ich.«
Eirik legte meine Hand zurück auf seine Brust und hielt sie dort mit seiner eigenen. Er atmete langsam und sammelte seine Gedanken.
»Viele Jahre lang hatte ich keine Ahnung. Erst später habe ich erfahren, was mir niemand sagen wollte. Mein Großvater, zu seiner Zeit selbst Jarl, heiratete Ingrid von Skálavík, und es wurden zwei Kinder geboren: zuerst Hallgerd, dann meine Mutter Agnetha. Als Agnetha alt genug wurde, um verlobt zu werden, versprachen sie sie Beornwold, Ingrids Neffen – Jarl von Skálavík.«
Ich biss mir auf die Lippe, denn ich wusste, dass ein solcher Vertrag nie erfüllt worden war.
»Hallgerd, der nach dem Tod seines Vaters Jarl wurde, lehnte den Vertrag ab und gab Agnetha an seinen besten Freund Wyborn.«
»Eine Liebesheirat?«
Eirik nickte. »Die Hälfte der Mitgift, die Agnetha hätte mitbringen sollen, wurde als Entschädigung nach Beornwold geschickt, und damit schien die Sache erledigt zu sein. Meine Mutter gebar bald Gunnolf, gefolgt von Helka und mir. Mehr als sechs Jahre vergingen.«
Ich runzelte die Stirn, denn ich wusste, dass Blutfehden wegen weitaus geringerer Vergehen begannen. »Aber Beornwold hatte es nicht vergessen.«
»Nein, Beornwold hat weder vergessen noch vergeben. Nach dem Tod meiner Großmutter kam er, um Agnetha mit Gewalt zu holen, und sagte, dass das, was ihm versprochen worden war, nicht zurückgehalten werden sollte.«
»Und Hallgerd schlug die Skálavík-Räuber in die Flucht.«
»Ja«, sagte Eirik, »aber nicht, bevor mein Vater fiel und meine Mutter von Beornwold entführt wurde.« Er drückte meine Hand. »Svolvaen leerte seine Vorräte und Kassen für ihre Freilassung, und es wurde ein Pakt unterzeichnet. Der Bootsbauer und seine beiden ältesten Söhne gingen nach Skálavík, um drei Drachenschiffe zu bauen. Im Gegenzug sollte es keine weiteren Konflikte geben.«
Ich schluckte und fragte mich, ob ich mutig genug war, mehr zu fragen. »Und hat sie über die Ereignisse während ihrer Gefangenschaft gesprochen?«
Eirik antwortete nicht, sondern blickte nur auf den Fjord hinaus. Schließlich sagte er: »Als Svolvaen ein Lösegeld für ihre Freilassung forderte, schickte Beornwold sie zurück, aber sie war nicht mehr dieselbe. Eines Morgens wachte ich auf, und sie war wieder weg. Alle waren auf der Suche. Am nächsten Tag fand sie ein Fischerboot, das hier draußen trieb.«
»Oh, Eirik!«
Seine Mutter hatte sich das Leben genommen, weil sie um den Ehemann trauerte, den sie verloren hatte, und um den Teil von sich selbst, den Beornwold ihr genommen hatte. Das Traurigste daran war, dass Eirik, Helka und Gunnolf beide verloren hatten.
Eirik raffte meine Untertunika zusammen und streifte sie mir über den Kopf, dann hielt er mir mein grünes Gewand hin und half mir hinein, bevor er die eigenen Kleider anzog. »Mein Bruder wuchs damit auf, dass er Hallgerd für schwach hielt, weil er den Waffenstillstand unterzeichnet hatte. Er sprach immer von Rache für den Tod unserer Eltern, aber er wusste, dass wir nicht die Stärke von Skálavík hatten. Ein Angriff hätte das Ende von allem bedeutet.«
»Und was wünschst du dir, Eirik?«
»Auch ich habe mich nach Gerechtigkeit gesehnt, aber ich werde nicht von anderen verlangen, dass sie ihr Leben lassen, um meinen Schmerz zu lindern. Wir alle leben mit Wunden aus unserer Vergangenheit. Es ist am klügsten, einen Weg zu finden, über sie hinaus zu sehen.« Er ging zum anderen Ende des Bootes und legte die Ruder wieder in die Halterungen.
»Wir werden die von Gunnolf begonnenen Befestigungen fertigstellen, sobald die Sommerernte eingebracht ist, aber ich will keine Fehde mit Skálavík. Beornwold ist seit vier Jahren tot, und das böse Blut gibt es nicht mehr.«
Wir sagten nichts mehr, als Eirik das Boot wendete. Der Himmel war düster geworden – ein sanftes Zwielicht vor den kurzen Stunden der Dunkelheit.
Mein Herz hätte mit Freude erfüllt sein sollen, aber ein Geheimnis lag darin, das ich in den vergangenen Wochen festgehalten hatte. Zuerst war ich mir nicht sicher gewesen, aber meine Überzeugung war gewachsen, und ich musste es Eirik sagen. Er würde es schon bald selbst erkennen, und ich musste sprechen, bevor das geschah.
So lange hatte ich mir ein Kind gewünscht, und Freya hatte mich erhört, aber meine Vergangenheit lastete auf meinen Schultern.
Gunnolf war in der Nacht, in der Eirik nach Svolvaen zurückgekehrt war, gestorben, doch ich befand mich noch immer in seiner Gewalt, denn ich fürchtete, dass das Kind, das ich trug, nicht von dem Mann gezeugt worden war, den ich liebte.
Nur noch ein paar Wochen, dann werde ich es ihm sagen.
Aber was soll ich ihm sagen?
Dass sein eigener Bruder, nachdem er mich zu seiner Bettsklavin gemacht hatte, seinen Samen dort pflanzte, wo Eirik versagt hatte? Dass sein Erbe aus dieser Lust geboren werden könnte und nicht aus der Liebe zwischen uns?
Eirik hatte geschworen, alles zu verzeihen, was in jenen unsicheren Tagen geschehen war – aber würde er dies verzeihen? Wäre es nicht besser für mich, Gewissheit vorzutäuschen und zu behaupten, dass die Empfängnis erst nach Eiriks Rückkehr stattgefunden hatte? Es könnte sogar wahr sein.
Ich hatte mir eine Ehe gewünscht, die auf Vertrauen und Ehrlichkeit beruhte. Stattdessen würde sie mit einer Lüge beginnen.
31. Juli, 960 n. Chr.
»Ein Trinkspruch auf unseren Jarl und seine Lady«, brüllte Olaf, der auf dem Tisch stand. »Mögen die Götter uns allen solche Frauen schenken – klug und einfallsreich, und mit einer Schönheit, die nur von Freya übertroffen wird.«
Eirik grinste, und es wurde viel mit den Bechern geklappert.
»Du solltest dich im Wald auf die Suche nach deiner Liebsten machen, Olaf!«, rief Anders von der anderen Seite des Tisches. »Irgendeine Bärin wird sicher bereit sein, dich zu umarmen.«
»So weit muss er ja gar nicht gehen«, sagte Halbert lachend. »Der Schafstall ist gleich draußen. Da hast du ein halbes Dutzend Lieblinge zur Auswahl, Olaf!«
Die anderen brüllten vor Lachen, Männer und Frauen gleichermaßen, und machten abfällige Gesten. Guðrún, die mit ihrem Krug Met unter ihnen umherging, wurde von einem Schoß zum nächsten geworfen, bis sie auf Olafs Schoß landete – unter großem Jubel, und weil sie errötete, denn alle wussten, dass sie zärtliche Gefühle für ihn hegte.
Ich konnte nicht anders, als zufrieden zu sein. Seit meiner Ankunft in Svolvaen hatte ich um Akzeptanz und Anerkennung gekämpft. Nun, da ich Eirik glücklich gemacht hatte, gaben seine Leute mir ihren Segen.
Nur Bodil, die abseits stand, schaute finster drein, als ich in ihre Richtung blickte.
Du kannst deine mürrischen Blicke für dich behalten, denn ich bin jetzt verheiratet, und Eirik will nichts mehr von dir wissen! Ich schenkte ihr ein unschuldiges Lächeln, aber sie blickte weiterhin finster drein, und ich machte mir Vorwürfe wegen meiner Kleinlichkeit. Obwohl sie einst Eiriks Geliebte gewesen war, hatte er keine Neigung mehr für sie gezeigt, seit er mich nach Svolvaen gebracht hatte.
Ich beschloss, mich an der Fröhlichkeit zu erfreuen, die sich auf das Brechen von Ellbogen beim Armdrücken verlagerte. Da so viel Met getrunken wurde, eskalierten die Schlägereien schnell, bis mehrere Männer mit rotem Gesicht auf dem Boden herumtaumelten. Die Verlierer jedes Kampfes erhielten eine leichte Strafe – ein Horn Bier, das in einem langen Zug und unter großem Jubel getrunken wurde.
Ich lebte nun schon ein ganzes Jahr in Svolvaen, aber ich musste mich erst noch an die ausgelassene Art solcher Versammlungen gewöhnen. Erleichtert zog ich mich zurück – das ist das Privileg einer Braut – und bat Sylvi, das Tablett, das sie trug, beiseitezustellen und mit mir zu kommen, um mir die Haare zu kämmen. Ich hatte es heute offen getragen, wie es Eirik am besten gefiel, und es fiel mir bis zur Taille.
Von jenseits der hölzernen Trennwand in Eiriks Kammer ertönten Fußstapfen und Anfeuerungsrufe, als die Spiele der Männer weitergingen. Ich schloss die Augen, als Sylvi den geschnitzten Knochen durch mein Haar zog.
Sie sprach leise, während sie arbeitete. »Mögen die Götter dir ihren Segen schicken und alles Glück, das sich eine Braut wünschen kann.«
Ich berührte ihre Hand in Dankbarkeit. »Du warst immer freundlich, Sylvi – eine gute Freundin.«
Im Gegenzug drückte sie meine Finger, dann zog sie den Kamm erneut durch die dicken Strähnen. Sie strich mir die Haare von den Schultern und achtete darauf, dass sich die kupfernen Broschen, die an den geschlungenen Trägern meines Kleides befestigt waren, nicht lösten. Sylvi hatte die Wolle selbst gefärbt, indem sie sie in die Rinde der Bergerle getaucht hatte, und die Farbe war sehr lebendig geworden. Ich neigte den Kopf zurück und fingerte abwesend an der Verzierung meines Mieders. Nicht irgendeine Brosche, sondern die Elfenbeinbrosche, die Asta mir vor ihrem Tod geschenkt hatte.
Asta.
Ich konnte ihr Gesicht noch so deutlich sehen.
Seit der Nacht, in der Gunnolf und Faline in den Abgrund der Klippen gestürzt waren, waren die Gerüchte über Astas Geisterwanderung verstummt. Ich war froh darüber, denn dieses andere Reich hatte hier nichts zu suchen.
Gunnolfs Leiche war nach einigen Tagen an die Küste gespült worden, doch Falines Körper wurde nie gefunden. Mit Schwert und Schild auf der Brust hatten wir den Jarl auf dem Scheiterhaufen eines brennenden Schiffes ins nächste Leben geschickt.
Ich fragte mich, ob er und Asta den Frieden gefunden hatten, der ihnen in dieser Welt versagt geblieben war. Es hatte zu viel Tod und zu viel Unglück gegeben, aber Eirik hatte recht – wir würden neu beginnen.
An jenem Morgen hatten wir uns am Ufer des Fjords an der Seite von Helka und Leif das Eheversprechen gegeben, und ganz Svolvaen war Zeuge unserer Eheschließung geworden.
Helka würde bald mit ihrem neuen Mann nach Bjorgyn zurückkehren, um dort weitere Riten vor Leifs eigenen Leuten zu vollziehen, aber bis dahin würden wir gemeinsam feiern.
Eiriks Blick hatte keinen Moment lang von mir abgelassen, als er sein Versprechen gab, mich zu halten, wie es ein Ehemann tun sollte – für mich zu sorgen, mich zu ernähren und zu kleiden, mich zu beschützen und mir Kinder zu schenken. Das letzte Wort hatte er mit einem Lächeln gesprochen, das ich erwiderte, obwohl mein Herz zitterte, weil ich mir bewusst war, dass das Baby bereits in meinem Bauch wuchs.
Zwei Schweine und eine Ziege wurden Odin geopfert, und die Tiere wurden sofort zum Braten abtransportiert. Das Festmahl konnte erst richtig beginnen, wenn das Fleisch gegart war. Dennoch herrschte an den Tischen, die mit der Fülle unserer Mittsommerernte gedeckt waren, eine fröhliche Stimmung, und jeder Gast erhielt ein in Form eines Sonnenrades gebackenes Brot.
Obwohl Eirik unsere unverzügliche Heirat gewünscht hatte, hatten wir beschlossen, eine angemessene Zeit zu warten und unsere Feierlichkeiten mit dem lithasblot – dem Dank an Urda für die ertragreichen Ländereien von Svolvaen – zusammenfallen zu lassen. Das Wetter hatte die Ernte reifen lassen, und dank der Algen, die ich in den Felsenhöhlen entdeckt hatte, konnten wir die Krankheit, die unser Volk geplagt hatte, heilen. Wir waren wieder stark genug, um die Felder zu bestellen. Die ersten Feldfrüchte wurden geerntet, und dem Vieh ging es gut.
»So. Alles fertig, und es ist wie ein goldener Mantel, Mylady.« Sylvi legte den Kamm beiseite und kniete nieder, um mir die Schuhe wieder zuzuziehen. Auch sie waren neu, aus weichstem Leder gefertigt und passend zu meinem Brautkleid genäht.
Es war immer noch ein seltsames Gefühl, dass andere mich jetzt bedienten. So lange war ich kaum mehr als eine Sklavin gewesen – zuerst als Spielball Eiriks, den er zu seinem Vergnügen von den Küsten meiner Heimat geholt hatte, und dann in den dunklen Tagen von Eiriks Abwesenheit der Gnade seines Bruders Gunnolf ausgeliefert. Dem Namen nach war ich »frei« gewesen, aber ich hatte nur wenige Wahlmöglichkeiten gehabt.
Alvis, der Junge, der unser Vieh hütete, holte Wasser und Feuerholz, während sich Sylvi und Guðrún um den Haushalt kümmerten. Ich hatte ihnen geholfen, auch wenn es meine Hauptaufgabe gewesen war, mich um Asta zu kümmern. Es gab immer viel zu tun: Hasen putzen, die in den Kochtopf sollten, Brot kneten, Milch zu Käse und Butter verarbeiten, Fleisch und Fisch räuchern und pökeln. Wir würden noch wochenlang mit dem Einmachen beschäftigt sein. Als Frau des Jarls würde ich von den lästigen Aufgaben verschont bleiben, aber ich wollte mich nützlich machen, und weder Spinnen noch Weben gehörten zu meinen Fertigkeiten.
Ein weiteres schallendes Gelächter erhob sich aus dem Saal. Ich seufzte etwas müde, denn ich wusste, dass das Fest noch lange dauern würde.
Sylvi lächelte. »Es ist schon zu lange her, dass es Fröhlichkeit gab. Wir müssen sie ihren Spaß haben lassen.«
Sie hatte natürlich recht, aber ich wollte mich nicht noch einmal den rüpelhaften Scherzen und Dummheiten der Männer aussetzen. Die Tür des Langhauses stand in dieser Nacht weit offen, und es wäre ein Leichtes für mich, mich hinauszuschleichen, nur für eine Weile.
Eirik hatte mir ein Hochzeitsgeschenk gemacht, einen Umhang aus fein gewebtem Stoff, der mit dem rotbraunen Fell eines Fuchses besetzt war. Ich wickelte ihn mir um die Schultern und war froh darüber, als ich aus der Wärme des Langhauses heraustrat. Ein Windhauch ließ die Blätter des Waldes erzittern.
Obwohl die dunklen Stunden zu dieser Jahreszeit selten waren, brach nun die wahre Nacht an. Weiter unten, am Hafen, leuchtete der ferne Schein von Fackeln. Auch heute Nacht hielten dort Männer Wache. Sie würden ungeduldig auf ihren Posten sitzen und darauf warten, abgelöst zu werden, damit sie sich dem Gelage anschließen könnten.
Ich ging ein Stück den Hügel hinauf, begierig darauf, die unbändige Feier hinter mir zu lassen. Es war meine Gewohnheit, die Abendluft zu suchen, denn ich wurde oft von unruhigen Träumen gestört, die mich in letzter Zeit oft geplagt hatten. Vielleicht war das der Grund für meine Müdigkeit. Ich atmete tief durch und war bereit, meine Ängste loszulassen. Eirik und ich waren verheiratet, und nichts konnte mehr unserem Glück im Weg stehen. Bald würde ich ihm von dem Baby erzählen, und er würde glauben wollen, dass es seins wäre.
Dennoch nagte etwas an mir. Ich wusste nicht, was die Götter meiner neuen Heimat von meiner Falschheit halten würden, aber der allwissende Gott meines alten Lebens würde es nicht gutheißen. In meinem Herzen tat ich das auch nicht.
Ich schaute zum Himmel, als ob ich dort die Antwort suchte, und die Wolken öffneten sich und zeigten mir den Mond. Voll und tief hängend füllte er den Himmel mit Licht. Doch kaum hatte sich die Kugel offenbart, zog ein Schatten vorbei. Daraus schien sich ein Schädel zu formen, dessen Kiefer zu einem höhnischen Grinsen geöffnet war. Ich wollte wegschauen, aber die Vision ließ mich nicht los.
So etwas hatte ich noch nie zuvor gesehen, obwohl ich wusste, dass der Sommerhimmel angeblich die gleichen Streiche spielte wie das Polarlicht im Winter.
Im nächsten Moment sah ich aus den Augenwinkeln eine Bewegung oder hörte einen Schritt, aber wer auch immer da war, war schneller als ich. Eine stählerne Hand schloss sich um meine Kehle, eine andere umklammerte meinen Mund. Mein Protestschrei verhallte ungehört. Ich wurde von dort weggezerrt, wo ich stand, und meine Füße streiften über das Gras.
Es ist nur ein Scherz! Einer von Eiriks Männern ist gekommen, um mich zurückzutragen.
Aber das konnte nicht sein, denn wer auch immer das war, sein Umgang mit mir war viel zu grob. Er machte keine Anstalten zu sprechen, und wir gingen nicht auf das Langhaus zu, sondern in Richtung des Waldes.
Ich holte aus und stieß meinen Ellbogen hart in seine Rippen. Seine Finger waren immer noch auf meinen Mund gepresst, und ich biss zu, und als Antwort wurde mein Kopf heftig zurückgerissen.
»Mach das noch mal, und ich breche dir das Genick.« Seine Augen waren kalt, sein Gesicht eines, das ich noch nie gesehen hatte – ein Gesicht ohne Emotionen.
Ein Schrei lenkte meine Aufmerksamkeit zurück auf den Hügel.
Das Grasdach des Langhauses stand in Flammen. Es waren vielleicht dreißig Männer, von denen einige noch ihre Fackeln auf das Dach und durch die Tür warfen.
Es war so schnell passiert. Ich war nach draußen gegangen und hatte niemanden gesehen.
Die Nacht war erfüllt von verzweifelten Schreien. Diejenigen, die aus dem Langhaus herauskamen, waren nicht in der Lage, sich zu verteidigen. Als sie nach Luft schnappend zu Boden stürzten, waren die Waffen ihrer Angreifer bereits gezogen.
»Nein!« Meine Warnung wurde von der Hand, die mich festhielt und deren Finger sich in meine Wangen gruben, gedämpft.
Es gab ein rauschendes, knisterndes Geräusch, als die Hölzer unter dem Dach Feuer fingen. Große Teile der Außenverkleidung fielen in den darunter liegenden Raum. Die ölgetränkten Fackeln, die auf unser Haus geworfen worden waren, hatten schnell gewirkt. Der ganze Himmel schien zu brennen.
Eirik!
Ich sah ihn und auch Helka, wie sie durch den aufsteigenden Rauch husteten. Der Saum von Helkas Gewand stand in Flammen. Eirik warf sie ins Gras und rollte sie herum, um die Flammen zu ersticken. Den Mann, der sich ihm näherte und mit erhobenem Schwert über ihm stand, sah er nicht. In seiner Hochzeitskleidung konnte niemand am Status meines Mannes zweifeln. Er war der Jarl von Svolvaen.
Der Schrecken umklammerte mein Herz. In dem schrecklichen Licht erschien die Haut des Mannes rot und schrumpelig. Sein Gesicht wurde von einer bronzefarben schimmernden Haarmähne umrahmt. Mit beiden Händen hob er seine Klinge hoch und stieß sie nach unten, um Eiriks Körper zu durchbohren.
Ich schrie so laut, dass selbst die eiserne Hand auf meinem Mund meinen Schrei nicht zum Schweigen bringen konnte.
Der Rohling stellte seinen Fuß auf Eiriks Rücken, holte mit dem Schwert aus, und stieß ihn dann um, sodass Eiriks Augen auf die Sterne gerichtet waren. Ob diese Augen noch in der Lage waren, etwas zu sehen, konnte ich nicht sagen.
Eirik! Du musst aufstehen!
Der Schluchzer, der in meiner Kehle aufstieg, würgte mich.
Ich muss zu ihm gehen. Ihm helfen.
Ich kämpfte wieder und wusste, dass ich mich befreien musste. Obwohl meine Arme eingeklemmt waren, trat ich gegen das Schienbein meines Entführers hinter mir. Er spuckte einen Fluch aus, riss mich herum und ließ mich nur los, um mich hart auf die Wange zu schlagen.
Die Welt drehte sich, und ich spürte die Schulter des Mannes in meinem Bauch. Ich versuchte, den Kopf zu heben, damit Eirik mich hören konnte, aber ich hatte keinen Atem in der Lunge. Durch meine Tränen konnte ich nichts sehen.
Wir entfernten uns von der Siedlung, und er zerrte mich am Rande der Bäume entlang auf die Wiese zu. Wir schlugen uns durch Äste, die an meinen Haaren rissen, und drängten weiter, bis ich den Fluss hörte.
Als ich wieder auf meinen Füßen stand, merkte ich, dass meine Knie mich nicht mehr halten konnten.
Ich konnte nicht denken, konnte mich nicht bewegen. Nichts ergab einen Sinn.
Wenn sie mich nur in Ruhe lassen würden, würde ich mich unter den Bäumen zusammenrollen und meine Augen schließen. Vielleicht war das alles nicht echt. Wenn ich einschlief, würde ich dann nicht später aufwachen und feststellen, dass alles nur ein schrecklicher Traum gewesen war?
Aber ich wurde nicht allein gelassen. Vier Boote lagen tief im schimmernden Wasser. Männer schlitterten das Ufer hinunter und sprangen an Bord. Ich rutschte über halb verrottete Blätter, bevor ich über die Seite des letzten Schiffes geschwungen und in den Bug geschoben wurde.
So waren sie gekommen, ungesehen, aber woher? Und zu welchem Zweck? Um mich zu fangen? Es ergab keinen Sinn. Um Svolvaen zu zerstören? Wir hatten niemandem geschadet. Um unsere Vorräte zu plündern? Sie hatten nichts mitgenommen.
Das Boot war fast voll, und die, die mir am nächsten saßen, beobachteten mich. Einer, dessen Augen sanfter waren als die der anderen, neigte seinen Kopf in meine Richtung. »Was ist das, Bruder? Uns wurde gesagt, wir sollten niemanden mitnehmen. Er wird dir dafür den Arm brechen oder das Genick.«
»Das geht dich nichts an, Thoryn.« Mein Entführer schnaubte. »Außerdem gelten für mich andere Regeln. Ich mache, was ich will.«
Der andere Mann runzelte die Stirn.
»Stoßt die Boote ab. Wir sind fertig hier.« Der Ruf kam von ganz vorn.
Derjenige, der neben mir saß, holte ein Stück Seil unter dem Sitz hervor, und ich sah stumm zu, wie er meine Hände fesselte.
»Sag ein Wort oder mach mir Ärger, und ich schleudere dich über die Reling.« Er zog den letzten Knoten fest.
Ich schaute zurück und hoffte, Eirik zu sehen – ich wollte glauben, dass er unversehrt war und es irgendwie geschafft hatte, mir zu folgen.
Aber er war nicht da. In den Bäumen über uns war niemand zu sehen. Die Brise trug nur ein entferntes Heulen heran.
31. Juli, 960 n. Chr.
Ich sah nur die dunklen Silhouetten der Boote und die Männer, die vor mir hockten und unablässig ruderten. Wir fuhren durch Wiesen, bis die Ebenen zu Hügeln wurden und sich der Fluss durch ein bewaldetes Tal schlängelte. Mehr als einmal blieben die Boote in den schlammigen Untiefen stecken, und alle Hände wurden gebraucht, um uns wieder frei zu schieben.
Ich war allein, und die, die ich liebte, waren tot. Das Volk von Svolvaen war nicht von Geburt an mein Volk, aber es war meine Familie geworden. Meine Hände wurden von dem Seil ganz taub, aber ich tat mein Bestes, um meinen Umhang um mich zu ziehen.
Es gab weder einen Platz zum Hinlegen noch eine weiche Stelle zum Ausruhen meines Kopfes. Doch das ständige Plätschern der Ruder war wie ein Wiegenlied, und ich döste ein. Wir fuhren durch eine Schlucht mit steil aufragenden Felsen, als ich erwachte. Der Fluss war schmaler als je zuvor. Hier wuchsen Bäume auf beiden Seiten, ihre Wurzeln verschlungen mit dem aufragenden Stein. Wo die Äste tief hingen, ließen die Männer ihre Ruder ruhen. Wir beugten uns vor, während das Schiff lautlos durch das Laub glitt.
Der Mond war in einem violett leuchtenden Himmel verschwunden. Als ich aufblickte, sah ich, dass wir verfolgt wurden, aber nicht von menschlichen Augen. Ein Rudel Wölfe sprang über die Felsen hoch über uns. Zum Glück gab es noch andere Beute. Nur der Winter trieb sie zur rücksichtslosen Jagd.
Endlich öffnete sich der Abgrund auf einer Seite, und der Wald kam uns entgegen, mit Vogelgezwitscher und dem Rascheln kleiner Lebewesen, die sich unter den Farnen bewegten. Die Männer hatten auf der ganzen Reise kaum ein Wort miteinander gewechselt, aber sie schienen gelassener zu werden und lächelten einander zu – froh, nicht mehr weit von ihren Betten entfernt zu sein, wie ich annahm.
Die Sonne stieg stetig, und meine Lippen wurden trocken. Mein Entführer trank seinen Beutel leer und füllte ihn im Fluss wieder auf, stieß mich aber weg, als ich meinen Durst anzeigte. Nur Thoryn bot mir Wasser an, das ich dankbar schluckte, bis der andere Mann es mir wegschnappte. Er knotete ein zweites Seil, das er mir um den Hals legte. Ich war müde bis auf die Knochen und wehrte mich nicht. Das bisschen Kampf, das noch in mir steckte, würde ich für den Fall aufsparen, dass ich es brauchte.
Bald wich die Baumgrenze wieder einer Wiese und einer Landschaft, die ich unter anderen Umständen schön gefunden hätte. Hinter den Feldern und Obstwäldern lagen zerklüftete Gipfel, aber im Norden war der Blick frei auf das Meer. In der Luft lagen der vertraute Schrei der Möwen und der Geruch von Salz.
Als die ersten Boote ihre Taue an Land warfen, gingen die Männer unverzüglich von Bord. Einer war größer als die anderen, sein Haar war dunkelrot und wild und reichte ihm bis über die Schultern. Als er sich umdrehte, überkam mich eine neue Welle der Übelkeit. Die linke Gesichtshälfte war mit groben Narben übersät. Es war der Mann, der Eirik getötet hatte.
Instinktiv duckte ich mich, weil ich nicht wollte, dass er mich sah, denn es konnte nichts Gutes bringen, die Aufmerksamkeit eines so brutalen Menschen auf sich zu ziehen.
Mein Entführer wartete, bis alle anderen unser Boot verlassen hatten, bevor er mich auf den Steg hievte. Er zerrte an dem Seil, das mir um den Hals hing, und führte mich bergauf, wobei er die anderen hinter sich ließ.
Bald wurde der gesamte Fjord sichtbar – ein silbern glitzernder Streifen, der auf der anderen Seite von Bergen dominiert wurde. Die Siedlung erstreckte sich über die gesamte Breite ihres Hafens. Viele der Männer trennten sich von den anderen, machten sich auf den Weg zu diesen Behausungen hinunter, aber wir kletterten weiter, den Wald zu unserer Linken vor Augen.
Vor uns lag ein großes Gehöft, umgeben von Pferchen und Ställen für das Vieh. Ein Pferd wurde aus seinem Stall geführt. Frauen hängten Fisch in der Räucherkammer auf und stellten Butter her. Aus einem Gebäude drang der unverwechselbare Geruch von gegerbten Häuten – reichhaltig und erdig und leicht süßlich. Aus einem anderen Verschlag ertönte der Hammer eines Schmiedes.
Es schien mir unwirklich, dass das Herz von Svolvaen zerstört worden war, und mein eigenes mit ihm. Doch hier ging das Leben weiter wie gewohnt.
Ich erwartete, dass wir uns dem Langhaus nähern würden, denn ich würde nur eine Sklavin sein, die hergebracht worden war, um zu dienen. Wenn ich Glück hätte, würde ich wenigstens etwas zu essen und zu trinken bekommen, bevor ich mit der Arbeit beginnen sollte.
»Nicht da.« Als mein Entführer sah, in welche Richtung ich schaute, zog er fester an dem Seil und führte mich weiter.
Es gab noch eine weitere Hütte, hoch oben auf der Landzunge, abseits gelegen. Als ich näher kam, sah ich, dass man von hier oben nicht nur den Fjord und die Stadt sehen konnte, sondern auch die Berge in der Ferne und das offene Wasser, das mit kleinen Inseln übersät war. Es handelte sich um einen Wachposten mit einem Feuer hoch oben auf einem Pfosten, das zur Warnung angezündet werden konnte.
Drei Männer saßen da, die Waffen zur Seite gelegt, und beschäftigten sich mit irgendeinem Spiel. Sie sahen auf, als wir uns näherten.
»Was ist das, Sweyn?«, fragte einer von ihnen. »Unterhaltung?« Er grinste.
Sweyn grunzte nur und gab der Tür einen Tritt. Ich zögerte, aber er schob mich mit einem Ruck über die Schwelle. Ich schluckte einen Schluchzer hinunter. Meine Beine drohten unter mir nachzugeben, und mein Hals war wund gescheuert. Ich war hungrig, durstig und mehr als nur ein wenig verängstigt. Ich hatte ganz sicher nicht den Wunsch, mit diesem Mann allein zu sein.
Das Licht, das durch die offene Tür hereinfiel, ließ eine Bank an der einen Seite und eine große Truhe erkennen, in der sich in einer Ecke Bettzeug stapelte. Sweyn zog an dem Seil, bis kein Abstand mehr zwischen uns war.
In seinem Gesicht stand eine erfreute Grausamkeit. »Hübsche Kleider für eine schöne Dame. Sollen wir herausfinden, ob du darunter auch so hübsch bist?«
Er schob seine Hand in den weiten Ausschnitt meines Kleides, und seine schwieligen Finger strichen grob über meine Haut. Er ergriff Besitz von dem, was er nun für sein Eigentum hielt. Er fand meine Brustwarze und zwickte sie.
Ich versuchte, mich wegzudrehen, aber der Strick um meinen Hals machte das unmöglich. Ich stand ganz still und spürte den säuerlichen Geruch seines Atems. Trotz meiner Angst versuchte ich, eindringlich zu sprechen. »Warum bist du nach Svolvaen gekommen? Warum hast du mich mitgenommen?«
»Weil ich es konnte. Was macht das schon?« Mit einem anzüglichen Lächeln nahm er die Hand weg und schnauzte dann: »Zieh dich aus. Ich will dich nackt sehen, wenn wir ficken.«
»Das werde ich nicht.«
Er griff nach meinem Gesicht und drehte es nach oben. »Wir werden das draußen regeln. Du wirst sicher nicht mehr so hochmütig sein, wenn drei von uns dich niederhalten. Ich bin ein großzügiger Mensch. Wenn ich dich abgefüllt habe, kann jeder von ihnen an die Reihe kommen. Dann werden wir sehen, ob es sich lohnt, dich am Leben zu lassen.«
»Nein!« Das Wort kam erstickt heraus, und er lachte, seine Augen leuchteten vor böser Freude.
Ich war allein und hatte niemanden, der mir helfen konnte; niemanden, der sich darum kümmerte, ob ich lebte oder starb. Und ich wollte leben. Nicht nur um des Kindes willen, das ich in mir trug, sondern auch um meiner selbst willen.
Wenn ich schnell genug rennen könnte, vorbei an den Männern draußen, könnte ich das Gehöft erreichen. Dort würde sich jemand meiner erbarmen. Ich wäre ihnen ausgeliefert, aber die Frauen des Hauses würden nicht zulassen, dass sie mich als Hure benutzen. Das sagte ich mir und sammelte alle Kraft, die mir noch blieb. Da ich wusste, dass ich nur eine einzige Gelegenheit bekommen würde, zog ich mein Knie hoch.
Sweyn muss meine Absicht gespürt haben, denn er wich zurück, als ich ausholte, und schaffte es, sich halb wegzudrehen, sodass ich ihn nur teilweise in der Leiste traf. Aber es reichte aus, um ihn zu verblüffen. Fluchend ließ er mich los und taumelte rückwärts.
Mit hämmerndem Herzen rannte ich los und raffte meine Röcke, um nicht zu fallen. Aber ich hatte mich verschätzt, denn der Eingang wurde dunkel, und ich prallte gegen eine harte Wand. Eine Wand, die drei Köpfe über mir aufragte, einen ledernen Brustpanzer und eine Axt am Gürtel trug. Eine Wand aus reinen Muskeln, deren Hände meine Schultern umklammerten.
Ich hatte keine Kraft mehr, mich zu bewegen.
Es war der Dämon, sein wildes Haar eine feurige Mähne. Die Seite seines Gesichts war vernarbt. Sein linkes Auge kaum verheilt. Die Verbrennungen waren noch nicht lange her, aber vor langer Zeit hatte eine Klinge tief in seine Wange geschnitten und eine Wunde in seinem Bart hinterlassen.
Ohne zu blinzeln, schaute er auf mich herab, und sein Blick zog mich in seinen Bann. Selbst in diesem schwachen Licht sah ich, wie ungewöhnlich seine Augen waren – grün und gold. In diesem Blick lag Macht. Ich hatte das Gefühl, er könnte alles verlangen, und die anderen würden gehorchen.
Als wäre er sich nicht sicher, ob ich wirklich existierte, wurde sein Griff fester. Seine Stimme kam tief aus der Brust und rasselte. »Ich habe befohlen, dass es keine Gefangenen gibt.«
Ich konnte den Rohling, vor dem ich geflohen war, nicht sehen, aber ich hörte das Schlurfen seiner Füße.
»Die Götter haben sie mir leicht in den Weg gelegt, Jarl. Sie wollten, dass ich sie mitnehme.«
Als Antwort berührte der rote Dämon die elfenbeinfarbene Brosche am Mieder meines Kleides. Er begutachtete den Strick um meine Handgelenke und die dicke Schlinge, die um meinen Hals hing. »Nimm dir so viele Sklavinnen, wie dein Schwanz braucht, Sweyn, aber nicht diese Frau.«
Mein Herz schlug seltsam. Sollte ich also doch noch gerettet werden? Diese Augen, so intensiv, wandten sich nicht von mir ab.
»Ich bin es, der sie besitzen wird, denn man ist mir etwas schuldig.«
1. August, 960 n. Chr.
Ich erhielt einen Becher mit Buttermilch, die ich gierig hinunterschlang, und ein Stück Brot. Nachdem mein Hunger gestillt war, war mein Wille wiederhergestellt.
Mehr als einmal hatte ich dem Tod ins Auge geblickt, aber ich war immer noch hier. Wenn die Götter einen Plan für mich hatten, war ich bereit, ihn zu hören. Aus irgendeinem Grund war ich in die Hände dieses Mörders geraten – des Mannes, der meinen Mann getötet hatte und der wohl den Befehl zum Abfackeln unseres Langhauses gegeben hatte.
Die Erinnerung daran erfüllte mich mit dem Wunsch, meinen Magen zu leeren, aber ich musste stärker sein als das. Die Trauer, die mich erfüllte, verwandelte sich bereits in Wut; ein Gefühl, das ich mir zunutze machen konnte, denn es könnte mich am Leben erhalten.
Der Jarl befahl, dass ich gewaschen werden sollte, und so wurde ich ins Badehaus gebracht. Die beiden Sklavinnen hatten ihren Herrn nicht angesehen, als er ihnen seine Befehle gab, und sie wollten mich zunächst auch nicht ansehen.
Die Hütte enthielt eine tiefe Holzwanne, die wie ein Fass verstrebt war. Über dem Feuer hing ein Kessel, aus dessen langer Tülle man Wasser in das Bad kippen konnte. Der Genuss war nicht für mich bestimmt gewesen, da war ich mir sicher, ebenso wenig wie die Wäsche und die feine Seife, die daneben lagen.
Die beiden Frauen halfen mir, mich auszuziehen und die Treppe hinaufzusteigen, wobei sie meine Hände festhielten, als ich mich in das dampfende Wasser sinken ließ. Allmählich wurden sie mutiger, und ich sah, wie sie einander an- und dann wieder zu mir blickten.
Zweifellos bemerkten sie die ausgeprägte Wölbung unten an meinem Bauch. Eirik hatte gedacht, ich würde nur gut essen, aber ich konnte sehen, dass sie es besser wussten.
Ich muss ihr Vertrauen gewinnen. Vielleicht wissen sie einen Weg, wie ich entkommen kann. Oder, wenn ich bleibe und lange genug lebe, um die Geburt dieses Kindes zu erleben, könnten sie einen sicheren Ort für das Kind finden.
Daran wollte ich nicht denken. Ich konnte nicht daran denken, denn das schien mir zu weit weg und zu traurig, nach allem, was in den vergangenen Tagen und Nächten geschehen war.
Aber ich brauchte sie, und so lächelte ich, als sie mir den Rücken schrubbten und meinen Kopf neigten, damit sie mir die Haare waschen konnten. Ich murmelte meinen Dank, fragte nach ihren Namen und woher sie kamen. Daraufhin zuckten sie nur mit den Schultern. Beide waren hier geboren worden – Thirka und Ragerta – und waren immer Sklavinnen gewesen.
Der Name dieses Ortes? Skálavík.
Ich kämpfte gegen meine Angst an. Erst vor zwei Tagen hatte mir Eirik seine Geschichte von den dunklen Taten des Beornwold von Skálavík erzählt. Aber dieser Jarl, der Dämon, war nicht Beornwold.
Ich durchforstete mein Gedächtnis. Vor einiger Zeit hatte ich zugehört, wie Gunnolf das Bündnis geplant hatte, das Svolvaen stärken sollte. Eirik hatte eine Heirat zwischen Helka und dem neuen Jarl von Skálavík vorgeschlagen. Sie hatte vehement protestiert, aber Gunnolf hatte die Idee ohnehin verworfen; der Jarl sei frisch verheiratet, hatte er gesagt.
Das war schon etwas! Wenn ich mit seiner Braut sprechen könnte, würde sie sicher Mitleid mit mir haben, denn ich hatte so viel verloren. Jeder Mensch, der ein Herz hatte, würde meinen Schmerz spüren. Ich würde nach ihr fragen, wenn ich die Gelegenheit dazu hätte. Aber zuerst wollte ich mehr über meinen Feind erfahren, über den Mann, der alles zerstört hatte, was ich liebte.
»Die Bestie, so nennt man ihn – Aifur«, sagte Ragerta. »Obwohl sein Geburtsname schon furchterregend genug ist.«
»Der Feuerberg – das ist es, was es bedeutet, Eldberg.« Thirka senkte die Stimme, als ob sie ihn in den Raum zaubern könnte, wenn sie nur seinen Namen aussprach.
»Und was hat er getan, um diesen Ruf zu verdienen?« Ich drehte die Seife in meinen Händen und tat so, als wäre das alles mir egal, was ich nicht fühlte.
Ragerta warf einen Blick auf die Tür. »Man sagt, dass er als Junge von Berserkern entführt und unter ihnen als Sklave aufgezogen wurde, aber dass seine Tapferkeit ihm seine Freiheit einbrachte und er eine Zeit lang unter ihnen kämpfte.«
»Hast du schon von den Männern gehört, die eher wie Tiere sind?«, fügte Thirka hinzu. »Sie tragen nur das Fell von Bären oder Wölfen und leben wie diese im Wald.«
»Sie können sogar durch Feuer springen, ohne Schaden zu nehmen.« Ragertas Augen waren groß.
»Er behauptet, dass er das kann?«
»Nein. Er spricht nie von diesem Leben.« Ragerta bewegte sich unruhig, ihr Blick schweifte ab. »Nur einmal habe ich gehört, wie ein Mann dies erwähnte – ein Kaufmann, vor Jahren, bevor Eldberg Jarl wurde. Er hat einen Scherz darüber gemacht, dass er nicht in den Wald geht, um wilde Tiere zu jagen, sondern um sich mit ihnen zu paaren.«
»Was ist passiert?« Ein Teil von mir wollte es nicht wissen, aber ich hörte trotzdem zu.
»Es war, als wäre er besessen.« Ihre Stimme wurde leiser. »Seine Wut war so groß, dass ich dachte, er würde sich vor uns in eine echte Bestie verwandeln.«
»Seine Zähne!«, fügte Thirka hinzu. »Er fletschte die Zähne, als wollte er zubeißen.«
»Und der Händler?«
»Ich habe noch nie jemanden so verängstigt gesehen. Er floh, aber Eldberg folgte ihm nach draußen.« Thirka schlug sich die Faust vor den Mund.
Ich schaute zu Ragerta und ermutigte sie, die Geschichte zu beenden.
Sie biss sich auf die Lippe und fügte schnell hinzu: »Als er zurückkam, hatte er etwas Kleines in der Hand, das er den Hunden zuwarf.«
Ich schluckte einen plötzlichen Anflug von Galle hinunter. Es war eine üble Sache, eine Leiche zu entweihen.
»Sein Boot wurde natürlich das von Eldberg«, sagte Thirka.
Im nächsten Moment spürte ich einen Luftzug an meinem Rücken, und die beiden Frauen wichen zurück.
* * *
Ich drückte die Knie an meine Brust und hielt ganz still. Obwohl ich ihn nicht sehen konnte, hörte ich die Schwere seiner Schritte und spürte seine Anwesenheit hinter mir.
Thirka und Ragerta machten sich eilig davon.
»Steh auf.« Wieder diese raue Stimme, die abrupt gesprochenen Worte in der Erwartung, dass man ihm widerspruchslos gehorchen würde.
Weder antwortete ich, noch bewegte ich mich.
Er brauchte nur zwei Schritte, bis er mich erreichte. Er legte seine Hand in meinen Nacken, und mein Herz machte einen Sprung in meiner Brust. Er war nicht nur ein Fremder, der meine nackte Haut berührte, sondern der Mann, den ich bei der Ermordung meines Mannes beobachtet hatte – ein Mann, den ich aus gutem Grund hassen musste.
Ich hatte zu viel Angst, ihn anzuschauen, und ich wollte auch nicht nachgeben, aber was sollte ich tun? Könnte ich überhaupt vernünftig mit einem solchen Mann reden?
Bevor ich mich entscheiden konnte, verstärkte sich der Druck auf meinen Nacken. Langsam hob er mich hoch. Meine Füße zappelten, um Halt zu finden, während meine Hände dorthin flogen, wo er mich festhielt, aber gegen seine Kraft war kein Kraut gewachsen. Wasser floss aus meinen Haaren und an meinem Körper herunter.
Ich fühlte mich sofort gedemütigt und bedeckte mich mit den Händen.
Er drehte mich zum Feuerschein. »Du wirst mich ansehen.«
Der Raum war warm vom Dampf, doch ich fröstelte.
Er musterte mich – nicht meinen Körper, sondern meinen Mund, meine Nase und meine Augen. Seine Stirn zog sich konzentriert zusammen. »Du siehst aus wie jemand …« Seine Stimme verstummte. »Und doch, du bist nicht von Skálavík und auch nicht von Svolvaen.«
»Ich komme aus Holtholm, weit im Westen. Mein Mann und seine Männer suchten bei uns Zuflucht in einem Sturm, und ich kehrte freiwillig mit ihm nach Svolvaen zurück.« Ich hielt das Kinn ein wenig höher. »Ist es eure Gewohnheit, Frauen von euren Verbündeten zu entführen und ihre Dörfer niederzubrennen? Ich habe dich gesehen! Du hast Eirik nicht einmal die Möglichkeit gegeben, aufzustehen. Er wusste nicht einmal, wer ihn angriff.«
»Es war nicht mein Plan, dich zu entführen. Dieser Gedanke war allein Sweyns Sache. Aber die Götter haben dich in meine Hände gebracht, so wie sie mir das Glück beschert haben, das ganze Volk von Svolvaen an einem Ort versammelt zu finden. Ich habe mir den Tod eines Mannes gewünscht, und er ist es. Ich bedaure nur, dass er so schnell von uns gegangen ist. Was deinen Mann angeht, so hörte ich, dass du seinem Bruder verfallen warst, sobald du auf dich allein gestellt warst.«
Seine Aussage schockierte mich so sehr, dass ich schwieg. Ich ließ den Kopf sinken und spürte die Scham jener dunklen Tage. Meine Sünden zerrten noch immer an meinem Herzen. Selbst als Eiriks Braut hatte ich es versäumt, ehrlich zu sein. Ich hatte meine Befürchtung, dass das Kind, das ich in mir trug, das von Gunnolf war, nicht zugegeben.
Ich schlang die Arme fester um meinen Körper. »Du hast unseren Friedensvertrag gebrochen. Aus welchem Grund?«
Eldbergs Antwort war eiskalt. »Du siehst mein Gesicht, verursacht durch den Mörder, den euer Jarl nach Skálavík geschickt hat.«
»Mein Mann wünschte sich Frieden. Er hätte niemals …«
Eldberg unterbrach mich, bevor ich mehr sagen konnte. »Ich spreche von Jarl Gunnolfs Befehl, der mich meiner Braut und meines ungeborenen Kindes beraubt hat.«
Seine Frau und sein Kind? Tot?
In seinen letzten Tagen wurde unser ehemaliger Jarl von einem seltsamen Wahn befallen. Er hatte niemandem getraut. Er war gewalttätig und grausam gewesen, sogar gegenüber denen, die ihm dienen wollten. Könnte er eine schreckliche Tat gebilligt haben?
Doch Eirik trug keine Schuld an den Taten seines Bruders.
Ich begann zu erklären, aber Eldberg stürzte sich auf mich.
»Das ändert nichts!« Bei jedem Wort schüttelte er mich. »Dein Mann hat nichts getan, um das Böse seines Bruders einzudämmen, und dafür hat er den Tod verdient. Seine Verwandten haben mir genommen, was mir am meisten lieb war, und ich werde es ihnen mit gleicher Münze heimzahlen. Sein Ende war schnell, aber deine Bestrafung wird sich nach meinem Belieben entfalten.«
Ich schluchzte, denn er packte mich schmerzhaft.
»Du bist jetzt nichts weiter als meine Sklavin und wirst in meinem Bett dienen – ob du willst oder nicht –, bis du mich deinen Herrn nennst.«
»Niemals!« Ich hob die Hand, um ihn zu schlagen, aber er hielt mein Handgelenk fest und drehte meinen Arm zurück.
Ich schrie auf.
Instinktiv wollte ich mich seinem Griff entziehen – fliehen, obwohl ich nirgendwo hin konnte. Ich war nackt und ohne Freunde. Könnte ich mich ihm unterwerfen? Jeder Schlag meines Herzens protestierte. Ich sollte in Angst gehalten werden, weil ich wusste, dass jede Abweichung eine noch schlimmere Strafe nach sich ziehen würde.
»Ich bitte dich um Gnade. Wisse, dass ich nicht nur für mich selbst bitte, sondern auch für das Kind, das ich trage. Es ist unschuldig und sollte nicht bestraft werden.«
Als er mich losließ, trat er zurück, und diesmal war es mein Körper, den er im Schein des Feuers begutachtete: meine Brüste, dann meinen Bauch, zwischen meinen Beinen und an ihnen entlang.
Mit einem spöttischen Lächeln griff er unter meine Brust, maß ihr Gewicht und ihre Geschmeidigkeit und streifte meine Brustwarze mit dem groben Abdruck seines Daumens. Seine andere Hand legte er auf meinen Schoß. Seine Berührung war sanft, aber ich erschauderte. Tränen stachen mir in die Augen, als ich hilflos dastand.
Ich hatte viel ertragen – die Heirat mit meinem Schwein von Ehemann in Holtholm, die Unterwerfung, selbst durch Eirik in den ersten Tagen; die Qualen in den langen Monaten seiner Abwesenheit, als Gunnolf mein Liebhaber wurde. Könnte ich das hier nicht auch ertragen?
In Eldbergs Augen lag ein dunkles Glitzern, als er mit seiner Hand tiefer fuhr und mein Fell streichelte. Sein Finger öffnete mich, und ich zuckte zusammen. Langsam schob er den Finger hinein.