Forbidden Seduction – Verbotene Verführung - Anna Quinn - E-Book
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Forbidden Seduction – Verbotene Verführung E-Book

Anna Quinn

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Beschreibung

In der ersten Nacht von Ceciles Transatlantiküberquerung wird ein Passagier tot aufgefunden. Lady Cecile McCaulay glaubt, dass der Mörder noch einmal zuschlagen wird. Kann sie die beschützen, die sie liebt? Vielleicht kann sie das, aber wer wird sie beschützen? Die Trilogie ist in sich abgeschlossen, mit garantiertem Happy End und leidenschaftliche Szenen. Forbidden Pleasure – Verbotenes Vergnügen Forbidden Temptation – Verbotene Versuchung Forbidden Seduction – Verbotene Verführung

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Bei diesem Roman handelt es sich um eine fiktive Geschichte. Die Namen, Charaktere, Orte und Ereignisse sind entweder der Fantasie des Autors entsprungen oder werden auf fiktive Art und Weise integriert. Mit Ausnahme bekannter historischer Figuren und Orte ist jegliche Ähnlichkeit mit lebenden oder verstorbenen Personen sowie Geschäftsbetrieben, Ereignissen oder Orten vollkommen zufällig.

Es dürfen keine Auszüge dieses Buches, die zum jetzigen Zeitpunkt bereits existieren oder zu einer späteren Zeit veröffentlicht werden, ohne die ausdrückliche schriftliche Genehmigung des Autors in irgendeiner Form oder auf elektronischem oder maschinellem Wege vervielfältigt werden, einschließlich in Informationsspeicherungs- und Datenabfragesystemen, mit Ausnahme kurzer Zitate, die Teil einer Kritik oder Buchrezension sind.

Die hier erteilte Lizenz zum Lesen dieses E-Book dient lediglich zu Unterhaltungs- oder Kritikzwecken. Unbeschadet der Allgemeingültigkeit der vorhergehenden Bestimmung ist jegliche Verwendung dieses Werks für maschinelles Lernen oder Entwicklungszwecke für künstliche Intelligenz nicht in der Lizenz inbegriffen und somit ausdrücklich untersagt.

Erschien ursprünglich in englischer Sprache unter dem Titel „Murder on the SS Leviathan“ und unter dem Titel „Forbidden Seduction“

Copyright © 2022 Emmanuelle de Maupassant

Bucheinbanddesign von Victoria Cooper

Übersetzt von Anna Grossman

Redaktionelle Unterstützung: Carola Karth-Neu

Der Zweck des Urheberrechts besteht darin, Autoren und Künstler darin zu bestärken, kreative Werke zu entwerfen, die unsere Kultur bereichern.

Beim Scannen, Hochladen oder der Verbreitung dieses Buches ohne die ausdrückliche schriftliche Genehmigung des Autors handelt es sich um Diebstahl geistigen Eigentums.

Dark Castle Press : Keith Hall, Inverurie, Aberdeesnhire, AB51 0LD, Scotland, UK

www.emmanuelledemaupassant.com

Kontact : [email protected]

INHALT

Über die Autorin

Forbidden Seduction – Verbotene Verführung

Band 3 der »Verrucht«-Trilogie

Bewertungen

Eine Einladung

ÜBER DIE AUTORIN

Anna lebt in den schottischen Highlands mit ihrem Mann (Hersteller von Tee und Obstkuchen) und ihrer Schnüffelnase, Archie, auch bekannt als ihr liebstes Fellknäuel und Liebhaber von quietschenden Spielzeugen und Schinken.

Bekannt ist Anna Quinn auch für die historische Liebesromanreihe »Handbuch einer Lady«, die sie unter dem Pseudonym Emmanuelle de Maupassant schreibt.

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FORBIDDEN SEDUCTION – VERBOTENE VERFÜHRUNG

BAND 3 DER »VERRUCHT«-TRILOGIE

ANNA QUINN

Ins Deutsche übertragen von Anna Grossman

Redaktionelle Unterstützung: Carola Karth-Neu

Sinnlich, gefährlich, sündig – im Sog der Leidenschaft

»Forbidden Seduction – Verbotene Verführung« ist der dritte Band der Serie »Verrucht«.

 Forbidden Pleasure – Verbotenes Vergnügen

Forbidden Temptation – Verbotene Versuchung

Forbidden Seduction – Verbotene Verführung

Die Trilogie ist in sich abgeschlossen, mit garantiertem Happy End und expliziten Szenen.

PROLOG

Lissabon

Anfang September 1899

Von der Reling des Oberdecks aus ließ Lucrezia ihren Blick über die Menschenmenge schweifen, die sich entlang des Docks drängte. Ihr Jubel schwoll an, als sie mit Händen und Taschentüchern winkten, um diejenigen zu verabschieden, die sich in eine neue Welt und ein neues Leben aufmachten.

Ihr Blick blieb kurz an den Damen hängen, die die Gangway der ersten Klasse überquerten, die Hüte elegant gefiedert, die Ärmel lang und die Hüften schmal, die Röcke weit nach hinten geschwungen.

Früher hätte sie befürchtet, neben ihnen schäbig zu wirken. Jetzt nicht mehr, natürlich nicht. Obgleich sie bei dem Feuer, das ihr Haus verbrannt hatte, fast alles verloren hatte, war der Earl großzügig gewesen und hatte für sie gesorgt.

Die Reise war angenehm verlaufen, über Rom, Toulouse und Madrid, bis hin zur Iberischen Halbinsel. Sie hatte darauf geachtet, sich zu benehmen und so zu wirken, wie es nötig war – obgleich sie die Anstrengung genervt hatte. Jetzt, wo sie in See stachen, fühlte sie sich sicherer in ihrer Position.

Das Schicksal hatte an dem Tag gelächelt, als der Earl und seine Familie nach Scogliera gekommen waren. Nicht, dass Lucrezia wirklich an Schicksal glaubte. Glück war am wirkungsvollsten, wenn man es selbst in die Hand nahm.

Ihre Aufmerksamkeit richtete sich auf die Männer, die Truhen, Kisten und Postsäcke in den Frachtraum hievten, und auf die bunte Menge, die sich in die unteren Etagen des gewaltigen Schiffsrumpfes drängte.

Sie erkannte keinen von ihnen.

Was auch immer sie für eine Vorahnung gehabt hatte, es war reine Einbildung. Die Geister der Vergangenheit waren genau das und besaßen keine Substanz, mit der sie verfolgt werden konnte. Diejenigen, die ihr Böses gewünscht hatten, waren in den Ruinen des Castello zu Asche verbrannt. Wenn sie eine Seele hatten, so vertraute sie darauf, dass sie jetzt an einem Ort mit ewiger Hitze schmorten.

Dennoch blieb ein gewisses Maß an Beunruhigung. Lucrezia hatte so lange unter dem Joch der Angst gelebt, dass es ihr unmöglich war, sich in völliger Sicherheit zu wähnen.

Das Kreischen einer Möwe, die sich in der Meeresbrise drehte und glitt, brachte sie in den Moment zurück.

»Ist es nicht wunderbar?« Cecile hielt ihre Wange in die Wärme der späten Nachmittagssonne und stieß einen zufriedenen Seufzer aus. »Nicht nur das Schiff, sondern alles: ein ganz neues Land zu entdecken, sogar einen anderen Kontinent. Ein wahres Abenteuer, Lucrezia! Genau das, wonach wir uns gesehnt haben.«

»Sì, cara.« Lucrezia lächelte nachsichtig, bevor sie eine wehmütige Miene aufsetzte.

Cecile drückte ihrer Freundin beruhigend die Hand. »Verzeih mir. Ich sehe, dass du mit deinen Gedanken woanders bist, und es tut dir gut, dich zu erinnern …«

Lucrezia senkte ihren Blick. Sie fühlte nur Erleichterung darüber, dass sie von dem dunklen Einfluss ihres Bruders befreit war. Was ihre arme Schwester betraf, so war sie schon lange vor dieser Flammennacht für die Welt verloren gewesen.

Zum Glück für Cecile hatte sie nur einen Bruchteil von Lorenzos Bösartigkeit abbekommen. Da sie sensibel für die Gefühle anderer war, hatte sie kaum über ihre eigene Begegnung mit der Gefahr gesprochen. Welche Wunde sie auch immer durch Lorenzos Hand erlitten hatte, ihre sanfte Natur neigte eher zu Mitleid, als sich mit dem Schmerz zu befassen.

Wenn Cecile daran glaubte, dass Lucrezia ein ähnlich großes Herz besaß, konnte es nicht schaden, sie in diesem Glauben zu bestärken.

»Du kennst mich zu gut.« Lucrezia erwiderte den Druck von Ceciles Hand. »Ich kann meine Gefühle nicht vor dir verbergen, aber ich werde mich erholen. Alle Schatten werden verbannt, wenn du an meiner Seite bist.«

Das plötzliche Dröhnen des Schiffshorns übertönte jede Antwort, die Cecile vielleicht hatte geben wollen.

Auf der Brücke gab der Kapitän sein Kommando. Die Motoren dröhnten und schickten ihre Kraft zu den großen Propellern unter den Wellen. Das Wasser wurde aufgewühlt, und das Schiff, das von einer Reihe von Schleppern über den Ozean gezogen wurde, setzte sich unter dem zustimmenden Gejohle der Menge mühelos in Bewegung.

* * *

In der Kabine ihrer Herrin blickte Claudette von dem Kleid auf, das sie gerade ausgeschüttelt hatte. Durch das Bullauge glitzerten die untergehenden Sonnenstrahlen auf dem Meer, und für einen Moment hob sich ihr Herz.

Sie hatte sich den Wert der Diskretion zu eigen gemacht, wofür sie angemessen entschädigt wurde. Noch ein oder zwei Jahre, und sie könnte genug gespart haben, um einen anderen Weg einzuschlagen. Rio war nicht Paris, aber genau diese Tatsache würde ihr helfen, ein Auskommen zu haben. Ein bescheidenes Atelier oder einen Salon de Coiffeure oder eine kleine Parfümerie – Orte nicht für die ganz Reichen, sondern für Frauen wie sie, die Geld für ihr gelegentliches Vergnügen ausgeben konnten.

Claudette legte das Kleid auf das Bett. Die Countess würde es wahrscheinlich heute Abend tragen wollen, um in ihrer ersten Nacht an Bord des Schiffes einen gewissen Eindruck zu hinterlassen. Normalerweise wählte sie den roten Samt, wenn sie an einen neuen Ort kamen, gepaart mit den Rubinen, die ihr Ehemann ihr geschenkt hatte.

Vielleicht würde es eines Tages einen Ehemann für sie geben. Einen Mann, der sie so verehren würde wie der Earl of Rancliffe seine Ehefrau.

* * *

Runter, runter geht’s, zur Maschine der Bestie und zu denen, die ihr Feuer nähren.

Der Neuankömmling wischte sich den Schweiß aus den Augen. Schwarz verschmiert mit Ruß, seine eigene Mutter hätte ihn nicht erkannt.

Und das war auch gut so.

Sein jetziges, von anderen Flammen gezeichnetes Gesicht würde selbst die mutigste Hure in die Knie zwingen.

Dieser Gedanke war nicht unattraktiv. Er hatte schon lange eine Vorliebe für die Eroberung zarter Gemüter.

Für den Moment würde er Kohle schaufeln und gegen seinen Schmerz die Zähne zusammenbeißen.

* * *

Wer weiß schon, was in der tiefsten Dunkelheit des Ozeans lauerte, welche geheimnisvollen Aale und messerschwingenden Fische, welche Kreaturen mit Klauen und Tentakeln. Kreaturen, die sich auf diejenigen stürzen, die nicht hinsahen oder deren Augen in die falsche Richtung gerichtet waren.

Manche würden sie als Monster bezeichnen, aber sie sind einfach unbekannt. Dinge, die wir nicht verstehen, machen uns immer Angst.

Beobachtet ein solches Wesen die Leviathan, wie sie durch die Wellen des riesigen Atlantiks dampfte?

Vielleicht.

Aber nicht alles, was furchterregend ist, lebt in der Tiefe.

Einiges lebt unter uns.

KAPITELEINS

»Zu viele Rüschen und goldene Verzierungen!« Lucrezia rümpfte missbilligend die Nase. »Kein Mensch mit Geschmack könnte ein solches Zimmer einrichten! Und die Farben! So geschmacklos!«

Cecile unterdrückte einen Seufzer, ließ sich auf die mit apricotfarbenem Samt gepolsterte Chaiselongue sinken und legte die Hände in den Schoß. »Wahrlich, es erinnert mich an das Hôtel Ritz in Paris. Die Vorhänge sind ganz sicher im gleichen Stil gehalten. Die Kabine ist sehr groß und geräumig.«

Letzteres würde sicherlich der Fall sein, sobald Lucrezias Gepäck ausgepackt worden war. Im Moment nahm es den größten Teil der Bodenfläche im Wohnzimmer ihrer Suite ein.

Lucrezia schürzte die Lippen, offensichtlich nicht überzeugt. Sie betrachtete die hässlichen Vorhänge mit Abscheu. »Wenn sie aus reiner Seide wären, könnte ich sie vielleicht ertragen, aber mit so vielen Blumen und diesem …«

Sie zupfte verächtlich an den kunstvollen Fransen der Draperie. »Ich kenne das Wort nicht, aber dieses ornamento. Es ist zu grausam!«

»Vielleicht ein wenig prunkvoller als nötig …« Cecile lächelte beschwichtigend. »Aber sieh nur, wie gut die Suite ausgestattet ist, Lucrezia. Das Schlafzimmer hat einen separaten Waschplatz, und dieser kleine Salon ist groß genug, damit wir bequem sitzen können.«

Sie blickte sehnsüchtig auf das Teeservice, das auf dem Tisch stand. »Du bist nur erschöpft, brauchst Ruhe und eine Erfrischung.« Cecile fühlte sich zumindest so.

Sie wollte sich in ihre eigene Suite nebenan zurückziehen, die in einem identischen Farbschema eingerichtet war, aber es würde kein Nickerchen geben, bis Lucrezia besänftigt war.

»Lass mich dir eine Tasse einschenken.« Cecile neigte den Kopf in Richtung des Tellers mit den eisgekühlten Törtchen neben der Teekanne. »Und die sehen köstlich aus. Es wäre eine Schande, sie nicht zu genießen.«

»Du bist immer so freundlich.« Lucrezia näherte sich und strich Cecile über die Wange. »Und geduldig ob meiner Launenhaftigkeit, wie es nur eine wahre Freundin sein kann.«

Das Besatzungsmitglied, das den Tee gebracht hatte, räusperte sich. »Wenn alles zu Ihrer Zufriedenheit ist, Señoras …?«

Cecile hatte ganz vergessen, dass er da war. Sie hatte ihm bereits ein Trinkgeld gegeben, aber sein Abgang war wahrscheinlich dadurch verzögert worden, dass Lucrezia durch den Raum fegte und diese missbilligenden Geräusche von sich gab. Jetzt richtete sich ihr Blick voller Unzufriedenheit auf den Steward.

»Sind die Kabinen alle gleich?«

Der Steward zog die Stirn in Falten, während er seine Englischkenntnisse bemühte. »Ja, alle gleich: Bett, Tisch, Stühle. Alles vom Feinsten.« Er machte zwei Schritte in Richtung der Tür.

»Aber diese colore rivoltante?«, unterbrach ihn Lucrezia.

Der Steward hob flehend die Hände. »Diese Farbe und verde – Grün, wie Ihr es nennt. Aber das ist doch schön, ja, für die Señoras?«

»Grün?« Lucrezia streckte ihre Hand aus und drückte sie gegen die Wand, nur wenige Fingerbreit vom Kopf des Mannes entfernt, um seine Flucht zu verhindern. »Gibt es eine grüne Kabine auf diesem Gang?«

Misstrauisch nickte der Steward.

»Dann ist alles ganz einfach. Schafft mein Gepäck in eine der grünen Kabinen.« Lucrezia machte eine flüchtige Bewegung mit ihren Fingern, um ihn zum Gehen aufzufordern.

Sie wandte sich wieder an Cecile. »Entschuldige mein Getue, cara. Du siehst, wie kühn wir sein müssen, um unseren Komfort zu gewährleisten.«

Cecile bemühte sich, die Verärgerung aus ihrer Stimme zu halten. »Lucrezia, komm und setz dich, und lass den Mann zu seiner Arbeit zurückkehren.«

»Aber natürlich.« Lucrezia hob den Deckel der schweren silbernen Kanne an und betrachtete die Blätter darin.

»Aber, Señora!« Der Steward rang die Hände, sein Tonfall klang flehend. »Alle Kabinen haben Gäste. Bleibt hier, ja? Ist bequem. Ist schön.«

Lucrezia ließ den Deckel klappern. Mit drei Schritten stand sie dem unglücklichen Mann gegenüber und schimpfte ihn diesmal in einem heftigen Schwall von Italienisch aus.

Cecile beobachtete verblüfft, wie Lucrezia die Tür aufriss und den Steward rückwärts stieß. Mit einem Schrei des Entsetzens stolperte er über die Türschwelle, verlor das Gleichgewicht und landete ausgestreckt auf dem Gang draußen.

Entsetzt sprang Cecile auf, um ihm aufzuhelfen. Sie war an Lucrezias Launenhaftigkeit und Exzentrik gewöhnt, aber noch nie hatte sie eine solche Unhöflichkeit erlebt.

Doch noch bevor sie die Tür erreicht hatte, erschien eine hochgewachsene Gestalt, deren Silhouette sich von der untergehenden Sonne abhob.

Die Stimme, die sprach, war butterweich, die Vokale lang gezogen wie geschmolzenes Karamell. »Hoppla. Ihr habt Euch ziemlich verausgabt, Kumpel.«

Etwas in Cecile flatterte, als sich die Gestalt hinunterbeugte, um dem Steward auf die Beine zu helfen.

Sie hatte ihn vorhin gesehen, als sie den Holzsteg in ihren Teil des Schiffes überquerte, und ihn sofort erkannt, denn die Erinnerung an ihre erste Begegnung hatte sie nie verlassen – auch nicht inmitten des Wahnsinns, der sie im Castello di Scogliera ereilt hatte.

Aber sie hatte nicht damit gerechnet, ihn – den Besitzer dieser breiten Schultern und der markanten honigblonden Locken – so schnell wiederzutreffen, und schon gar nicht unter solch peinlichen Umständen.

»Obrigado senhor. Obrigado.« Der Steward gewann seine Würde zurück und sah überaus dankbar aus, obgleich seine Augen weiterhin besorgt zwischen dem barmherzigen Samariter und Lucrezia hin- und herwanderten, die unnachgiebig die Hände in die Hüften gestemmt hatte.

So sehr Cecile auch versucht war, sich in den Raum zurückzuziehen, so gab es doch nur eine richtige Reaktion. Auf Zehenspitzen stehend, spähte sie über Lucrezias Schulter.

»Mr. Robinson! Wie schön, Euch wiederzusehen.«

Als er sich wieder zu seiner vollen Größe aufgerichtet hatte, blinzelte das stattliche Mannsbild schnell. »Lady McCaulay, seid Ihr das? Ich meine, es ist mir eine große Freude, Euch hier anzutreffen, aber ich hatte ja keine Ahnung …«

Es war gerade genug Platz für Cecile, um ihre Hand auszustrecken, die von warmen Fingern ergriffen und fest geschüttelt wurde. Blinzelnd nahm sie die edlen Konturen seines Gesichts wahr. Seine durchdringend blauen Augen sahen in ihre.

Doch ein deutliches Räuspern von Lucrezia brachte Cecile zurück in die Gegenwart. Sie hielt immer noch seine Finger fest, oder vielmehr hielt er ihre. Sie entzog ihm ihre Hand.

»Mr. Robinson, bitte entschuldigt. Die Überraschung hat mich selbst vergessen lassen. Ich hatte überhaupt nicht damit gerechnet, dass wir uns noch einmal über den Weg laufen würden.« Errötend stellte sie ihm Lucrezia vor.

»Guten Tag, Euch beiden, und nennt mich Lance, ja? Es tut gut, nach all meinen Reisen ein vertrautes Gesicht zu sehen.«

Lucrezia zog eine Augenbraue hoch. »Ihr kennt euch, cara? Du hast mir nie von einem solchen Mann in deiner Vergangenheit erzählt.«

»Wir sind uns nur kurz begegnet. Im Zug nach Paris, eigentlich nur im Vorbeigehen, auf dem Gang …« Cecile war sich bewusst, dass sie schwärmte. Wenn sie an die Zeit zurückdachte, als sie sich zum ersten Mal begegnet waren, kam es ihr wie eine Ewigkeit vor. Es war so viel passiert.

»Ihr wolltet drei Monate auf dem Kontinent verbringen, nicht wahr?« Sie straffte die Schultern und zwang sich, sich wie die erwachsene Frau zu verhalten, die sie war. »Ich dachte, Ihr wärt jetzt schon in Argentinien.«

»Ihr habt ein gutes Gedächtnis, Lady McCaulay, und Ihr habt natürlich recht. Ich hätte die Überfahrt schon im Juni machen sollen, aber ich war zu sehr mit meinen Angelegenheiten beschäftigt. Europa hat mir wirklich die Augen geöffnet.«

Lucrezia schmunzelte. »Eure Augen haben sicher alles genossen, Mr. Robinson, und nun steht Ihr davor, lateinamerikanische Köstlichkeiten zu probieren. So ist das Leben eines jungen Mannes aus wohlhabenden Verhältnissen. Immer auf der Suche nach Vergnügen.«

»Wirklich, Lucrezia, du darfst solche Vermutungen nicht anstellen. Mr. Robinson ist ein Geschäftsmann. Er reist auf Geheiß seines Vaters von Brasilien aus nach Argentinien. Ihr Interesse gilt der Eisenbahn, und es ist alles bedeutungsvoll. Er war zu einer Reihe von Besprechungen in Europa, nicht um zu flanieren.« Aus irgendeinem Grund fühlte sich Cecile gekränkt.

Lucrezia schüttelte den Kopf. »Wenn du das sagst, dann muss es wahr sein, obgleich ich mich wundere, dass du so viel über Mr. Robinsons Absichten weißt – und das nach nur ein paar Minuten Gespräch im Vorbeigehen.«

Cecile hatte darauf keine Antwort, aber das schien auch nicht nötig zu sein, denn Lucrezias Aufmerksamkeit war wieder auf den Steward gerichtet, der sich nun vollständig erholt hatte und den Eindruck erweckte, flüchten zu wollen, solange er konnte.

»Da Mr. Robinson hier ist, kann er vielleicht helfen.« Lucrezia schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. »Ich habe ihm erklärt, dass ich eine Kabine mit grünem Dekor benötige und nicht diese …« Sie deutete mit der Hand hinter sich. »Aber der Steward scheint das nicht zu verstehen, er sagt, alle Kabinen seien schon vergeben. Ihr könnt ihn doch überreden, oder?«

Lance warf einen kurzen Blick über Lucrezias Kopf hinweg auf die beleidigende Einrichtung, aber was auch immer er von dem Raum hielt, verriet er nicht durch seinen Gesichtsausdruck. »Wenn das der Fall ist, stehe ich Euch gern zur Verfügung. Meine Kabine ist gleich hier, zwei Türen weiter, und Ihr könnt sie gern benutzen. Ich kann nicht genau sagen, welchen Grünton sie hat, aber sie ist grün.«

»Wirklich Lucrezia! Wir können Mr. Robinson nicht all diese Mühe machen.« Cecile warf Lucrezia einen warnenden Blick zu, aber Lance hob protestierend die Hände.

»Wenn ein Gentleman nicht helfen kann, dann ist er kein Gentleman, und es dauert nicht länger als ein oder zwei Minuten, das Gepäck zu transportieren.«

Lucrezia klatschte vor Freude in die Hände. »O ja, ein wahrer Ritter in einer glänzenden Rüstung. Vielen Dank, Mr. Robinson.«

»Lance, bitte – kurz für Lancelot.«

»Seine Mutter liebte die Geschichten von Camelot«, hörte sich Cecile sagen und spürte, wie ihr erneut die Hitze in die Wangen stieg.

Lance grinste. »Ja, das tat sie, und was würde sie wohl sagen, wenn ich es versäumte, einer Dame einen kleinen Gefallen zu erweisen.«

Ohne weitere Einwände half der Steward dabei, Lucrezias Gepäck in die Kabine auf der anderen Seite von Ceciles Räumlichkeiten zu befördern, das Lucrezia viel besser gefiel, und die Koffer von Lance fanden in ihrer Kabine Platz.

* * *

»Viel besser, oder?« Lucrezia stieß die Tür mit dem Absatz zu. Ihr Gesichtsausdruck war von selbstgefälliger Zufriedenheit geprägt.

Cecile nahm ihren strengsten Tonfall an. »Ich bin froh, dass du zufrieden bist, und ich gebe zu, dass diese Kabine für das Auge beruhigender ist, aber ich wünschte, du wärst nicht so hart mit dem Steward umgegangen. Er hat nur seine Arbeit gemacht. Wenn du ihn das nächste Mal siehst, solltest du dich wirklich entschuldigen.«

Lucrezias Augen blitzten kurz auf. Es war ein Blick, den Cecile kannte, denn ihre Freundin zeigte immer unverblümt, wenn sie sich schlecht behandelt fühlte. Doch im nächsten Moment senkte sie den Blick.

»Du hast recht. Ich bin müde, und mein Temperament hat mich übermannt. Ich möchte nur, dass alles perfekt ist, aber ich bin zu selbstherrlich. Ich werde mich bei dem Steward entschuldigen, wie du gesagt hast, und ihn dazu bringen, mir zu verzeihen.« Sie blickte durch ihre Wimpern auf und schenkte Cecile ein kleines Lächeln. »Und du, piccola? Verzeihst du mir?«

Cecile wollte nicht, dass sie sich stritten. Nur Lucrezia konnte nachvollziehen, was sie durchgemacht hatten; nur Lucrezia wusste, wie diese Ereignisse Cecile verändert hatten. Um ehrlich zu sein, sie war die einzige Person, mit der Cecile sprechen konnte. Was hatte sie jetzt mit den Freunden gemeinsam, die sie an der Beaulieu-Akademie kennengelernt hatte? Würde irgendjemand, den sie in London kennengelernt hatte, Mitleid mit ihr haben? Wenn sie wüssten, was Cecile erlitten hatte – was sie unter Lorenzos Dach ertragen hatte –, würden sie sie verschmähen, daran hatte sie wenig Zweifel.

Selbst Maud hatte sich von ihr entfernt, war ganz in ihr Eheleben vertieft. Sie war sehr höflich, aber sie hatte kein Interesse daran, die Geheimnisse von Ceciles Herz zu erfahren.

Nicht, dass Cecile all ihre Gedanken teilen wollte, nicht einmal mit Lucrezia.

Cecile legte ihre Wange an die ihrer Freundin. »Wir alle sagen Dinge, die wir nicht sagen sollten, wenn wir nicht in guter Stimmung sind. Liebes, ich befürchte, dass die Bewegung des Meeres mir zu schaffen macht. Ich werde mich für eine Weile in meine Kabine zurückziehen. Claudette müsste mit dem Auspacken fertig sein.«

Obgleich sie sich auf dem obersten Deck des Schiffes befanden, spürte Cecile ein leichtes Summen unter ihren Fußsohlen. Das Auf und Ab des Meeres am Horizont erinnerte sie daran, dass sie bereits einige Meilen von den ruhigen Gewässern des Hafens entfernt waren.

Lucrezia runzelte die Stirn. »Du willst nicht das Schiff erkunden? Man kann nicht alle Dinge nach ihrer Größe beurteilen, aber dieses Schiff ist grandios. Vielleicht brauchst du nur eine Tasse heißen Tee, um dich wiederzubeleben.«

»Ich bin sicher, dass es mir bald besser gehen wird. Aber dusolltest dich mal an Deck umsehen. Claudette kann als Anstandsdame fungieren, wenn du sie brauchst.«

Lucrezia ging zum Bullauge und blickte hinaus. »Ich halte das kaum für nötig. Was kann auf einem Schiff wie diesem schon passieren? Und es ist kein Skandal, wenn man spazieren geht, wenn andere das auch tun. Sieh nur, diese Dame geht spazieren, und sie ist ganz allein.«

Lucrezia winkte Cecile zu sich. »Ihr Kleid ist sehr elegant, nicht wahr? Obgleich sie vielleicht mehr Haarnadeln benötigt, sonst fliegt ihr Kopfschmuck noch vor uns nach Brasilien.«

Ein plötzlicher Windstoß zwang die Frau, mit der einen Hand ihren Florentinerhut festzuhalten und sich mit der anderen an die Reling zu klammern. Sie war nur wenig älter als sie und hatte eine ähnliche Hautfarbe wie Lucrezia. Ihr eng anliegendes, smaragdfarbenes Kostüm und der bescheidene Schleier, der ihr Gesicht bedeckte, zeugten von Seriosität – oder von den Bemühungen, so zu erscheinen.

Lucrezia legte ihre Hand kameradschaftlich um Ceciles Taille. »Ich werde jetzt Pfefferminztee und Ingwerkekse für dich bestellen und bei meiner Rückkehr nach dir sehen. Wenn du immer noch kränklich bist, werden wir zu zweit zu Abend essen, und dann werde ich dich ins Bett stecken.«

Sie lehnte ihren Kopf an Ceciles Schulter und sprach leise. »Wir sind jetzt alles füreinander, mia cara, und bist du nicht glücklich? Es gibt niemanden, der uns sagt, was wir zu tun haben, und unser Abenteuer beginnt gerade erst.«

»Niemanden, abgesehen von meinem Bruder.« Cecile stützte sich mit der Hand auf den runden, polierten Rand des Bullauges und beobachtete, wie die Frau in Grün vorsichtig weiterging und sich am Geländer festhielt, während sie die Stufen zum zweiten Aussichtsdeck hinunterstieg.

»Er wird uns keine Schwierigkeiten machen. Lady Maud hat ihren Ehemann in ihren Bann gezogen, und wenn wir Rio erreichen, werden wir uns frei amüsieren können.« Lucrezia richtete sich auf und strich Cecile eine blonde Locke hinter das Ohr. »Dein Bruder wird mit seinen Ausflügen in den Dschungel beschäftigt sein, um die Vögel zu studieren. In ihrem Zustand wird Maud pflichtbewusst zurückbleiben, aber ich glaube nicht, dass sie in seiner Abwesenheit die Tyrannin spielen wird.«

Cecile kämpfte gegen den Schwall von Übelkeit an, der sie plagte. Ganz sicher war sie seekrank. Was sollte es sonst sein? Obgleich Lucrezia gesagt hatte, dass so viel auf sie wartete, konnte sich Cecile nicht vorstellen, was genau Lucrezia nach ihrer Ankunft in einer unbekannten Stadt vorhatte.

»Niemand wird uns beachten, cara.« Lucrezia wandte sich wieder dem Fenster zu. »Überhaupt niemand.«

KAPITELZWEI

Später am Abend

Henry strich mit der Bürste durch Mauds Haar, fuhr sanft mit den weichen Borsten durch die Längen und die Spitzen, bevor er den Arm hob, um erneut zu beginnen.

Es war ihr Ritual: Sie saß an ihrem Frisiertisch, er stand hinter ihr.

Normalerweise folgte sie der rhythmischen Bewegung seiner Hand, die sich im Spiegel vor ihnen reflektierte.

Heute Abend waren ihre Augen geschlossen.

Als Maud den großen Salon betreten hatte, um zu speisen, hatte sie um einen Tisch gebeten, der von den anderen Passagieren getrennt war. Sie schien abgelenkt zu sein, probierte jedes Gericht, das ihnen vorgesetzt wurde, aß aber wenig.

Cecile, die noch nicht wieder auf den Beinen war, hatte in Gesellschaft von Miss di Cavour das Essen in ihrem Zimmer eingenommen. Obgleich die Italienerin etwas zu weltgewandt war, war er erleichtert, dass Cecile eine eigene Begleiterin hatte.

Er hielt mitten in der Bewegung inne und hob die rotbraune Strähne an, um Maud einen Kuss auf das Ohr zu hauchen. »Du bist so still, meine Liebe. Sag mir, dass es dir gut geht.«

»Ich bin nur ein wenig erschöpft.« Geistesabwesend berührte sie die leichte Rundung ihres Bauches. »Vielleicht sollte ich für eine Weile auf die Gesellschaft verzichten und dich mich bedienen lassen. Wäre es dir recht, Ehemann, dass du mir die ganze Reise über alles gibst, was ich verlange, hier in diesem Zimmer? Nur du und ich, zusammen auf der Dünung und Brandung des Ozeans reitend?«

Sie schob die Passe ihres Nachthemdes an die äußere Rundung ihrer Schulter und erschauderte, als seine Fingerspitzen über die freigelegte Haut fuhren. Ihr Kopf ruhte an seiner Brust, und er war hin- und hergerissen zwischen dem Kuss, zu dem sie ihn einlud, und der sanften Fülle ihrer Lippen, die leicht geöffnet waren und so nah an seinen lagen.

Er wollte, dass sie seine Liebe erfuhr, dass er sie befriedigte, dass sie sich ganz fühlte.

Wenn so etwas möglich war.

Wie konnte ein Mann dieses Kunststück vollbringen, wenn die Frau, die er liebte, so viel von sich selbst zurückhielt?

Vielleicht war er ein Narr, aber er war zu sehr in ihrem Bann, um jemals wegzugehen – ein williger Sklave ihrer Wünsche. »Was immer dein Herz begehrt, sag es mir einfach.«

»Gib mir, was du willst.« Während sie ihn ansah, erhob sie sich und zog an den Bändern, die ihr Nachthemd geschlossen hielten. Das weiche Leinen rutschte leicht zu Boden, sodass sie nackt vor ihm stand.

Eine ansteigende Welle, die sich am Bug des Schiffes brach, hob den Boden für einen Moment an, und sie klammerte sich an seine Arme und verließ sich darauf, dass er sie festhielt. Da er den unvermeidlichen Sturz voraussah, griff er unter ihre Knie, zog sie ganz in seine Arme und trug sie die wenigen Schritte zum Bett.

Sie erreichten es in dem Moment, als der Boden unter ihnen wegsackte und er sie auf die Damastdecke fallen ließ. Lachend zog sie ihn mit sich, und sie rollten zusammen auf das Bett.

Er wusste, wie sehr es sie erregte, auf diese Weise genommen zu werden. Sie war nackt, während er vollständig bekleidet war, als würde sie gegen ihren Willen genommen, entkleidet und entblößt, ihre Brustwarzen kratzten an den Knöpfen und ihre seidenen Schenkel wurden von der Wolle seiner Hose aufgescheuert.

Ihre Augen hatten sich bereits verdunkelt, die Pupillen waren groß, und sie warf den Kopf zurück, um ihre Kehle zu entblößen und seinen Mund, seine Zähne einzuladen. In ihrem Spiel der halben Hingabe lehnte sie zärtliche Küsse ab, wollte, dass er sie nahm, als gäbe es keine Liebe zwischen ihnen, nur animalisches Verlangen.

Er drückte sie mit seinem Gewicht fest an sich, und sie stieß ihn mit ihren Händen zurück, wölbte sich jedoch, um sich weiter in seinen Mund zu schieben, als er eine Brust mit drängendem Saugen eroberte.

Ein plötzlicher Schweißausbruch überkam ihn, sein Körper brannte vor Hitze und verlangte danach, sich zu verausgaben. Er lehnte sich auf seinen Fersen zurück, öffnete seine Hose und gab seine Härte frei. Auch das gefiel ihr: den Beweis für sein Verlangen zu sehen, seinen Schwanz, der stolz, glitzernd und begierig aufragte – und zu wissen, dass sie dieses Verlangen hervorrief.

Sie fuhr mit den Fingern an ihrem Körper hinunter und öffnete ihre Beine, wollte, dass er zusah, wie sie ihr purpurnes Selbst entblößte.

Als Antwort darauf senkte er seinen Mund auf ihre feuchte Hitze und zog sie an sich, wobei er ihren Hintern grob umfasste, sodass ihr Geschlecht ganz ihm gehörte. Er vergnügte sich mit dem weichsten Teil von ihr, der nach Moschus duftete, intensiv und köstlich war. Sein Opium.

Bei jedem Stoß seiner Zunge zog sie an seinen Haaren und wand sich in spöttischem Protest, bis er nicht mehr warten konnte.

Sein Schwanz fand die weiche Haut ihres Bauches und dann die Erleichterung, tief in den Ort zu gleiten, der für seinen Komfort und ihr Vergnügen geschaffen war. Ihre Beine umklammerten die Rückseiten seiner Oberschenkel und verhinderten jeden Rückzug. Ihr Körper hob sich ihm entgegen und passte sich seinen Stößen an. Sie umklammerte seine Pobacken, trieb ihn an und zog ihn fest an sich.

Sie erlaubte seinen Lippen, die ihren zu berühren, und legte ihre Arme um seinen Hals. Der Kuss wurde ihm zum Verhängnis. Die Mauer zwischen ihnen schmolz schließlich dahin; ihr Mund schmiegte sich an seinen, ihr leises Wimmern war ungebremst, ihr Wunsch nach Verbindung verraten.

Was auch immer sie suchte, hier kam sie ihm am nächsten, da war er sich sicher.

Danach entledigte er sich seiner Kleidung, und sie legten sich unter die Bettdecke, ihr Bein über das seine gelegt, ihre eleganten Finger streichelten seine Brust.

Seine Handfläche ruhte auf der Wölbung ihres Bauches – ein Beweis für seinen Samen, der den Fortbestand der Linie versprach. Ein Sohn, der den Namen Rancliffe in die mutige neue Welt des kommenden Jahrhunderts tragen würde, oder eine Tochter, die sicherlich genauso glänzen würde wie ihre Mutter.

War das Kind von ihm?

Er konnte es nur hoffen.

Die Tatsache, dass es ihr Kind war, würde ausreichen, und er würde es genauso beschützen wie seine Mutter.

* * *

In Lucrezias Träumen war sie nicht allein – weder im Zimmer noch in ihrem Bett.

Seine Hand, die eiskalt war, legte sich um ihren Hals.

Ganz gleich, wie sie den Kopf drehte, er umklammerte ihren Kiefer, die Finger schmerzten.

Schnurrbärtige Lippen flüsterten ihren Namen: ein leises Zischen und der letzte Vokal, der mit einem sterbenden Atem ausgeatmet wurde. Ein fauliger Geruch, stärker als seine abgestandenen Zigarren, drang in ihre Kehle, und mit ihm die erstickende, schreckliche Dunkelheit.

Die Dunkelheit seiner Gegenwart, die sich wie Gift in ihr bewegte, pulsierte schwarz bis zu den letzten Schlägen ihres Herzens.

Mit einem ruckartigen Keuchen wachte sie auf, warf die Bettdecke beiseite, trat mit den Füßen dagegen und schickte das erstickende Grauen zurück hinter den Schleier.

Immerhin war sie allein.

KAPITELDREI

»Ich bin froh, dass es dir jetzt gut genug geht, um das zu genießen, cara.« Ob des zahlreichen Geplauders und der lebhaften Darbietung von Vivaldis Vier Jahreszeiten durch das Streichquartett musste sich Lucrezia nahe heran lehnen, um sich Gehör zu verschaffen.

Obgleich die Kronleuchter im Speisesaal sanft schwangen, war Cecile dankbar, dass die Bewegung des Schiffes ihr nicht mehr den Magen umdrehte. Da sie seit ihrer Ankunft an Bord nur wenig gegessen hatte, war sie begierig, das Menü zu probieren.

Als sie zu ihrem Tisch im Herzen des zentralen Atriums der Leviathan gingen, drehten sich die Köpfe. Cecile war einen solchen Effekt ob Mauds Begleitung schon seit Langem gewohnt, aber einige der Blicke blieben auch auf Lucrezia hängen, deren dunkle Schönheit – auch wenn sie nicht die Einzigartigkeit von Mauds tizianrotem Haar und blasser Haut besaß – unbestreitbar auffällig war.

Cecile fühlte sich im Vergleich dazu eher minderwertig, obgleich ihr Kleid für diesen Abend zweifellos schmeichelhaft war: taubengrauer Chiffon mit einer Überschicht aus schimmernder, mit Silberfäden durchzogener Gaze und diaphanen Tüchern, die ihre Schultern und den oberen Teil ihrer Arme bedeckten.

Maud und sie trugen Seidenblumen im Haar: sie selbst eine weiße Lilie und ihre Schwägerin ein Arrangement aus scharlachroten Rosen – passend zu den Rubinen, die sie so sehr liebte.

Lucrezia bewegte sich mit ihrer gewohnten, gebieterischen Haltung. Ihr Kleid aus blassgrüner Seide, das am Mieder mit Guipurespitze besetzt war, bildete einen schlichten Kontrast zu dem Diamantcollier an ihrem Hals. Ein passendes Band umrahmte ihr Haar, das sie zu kunstvollen Locken hochgesteckt hatte.

Die Diamanten waren die wertvollsten ihrer Juwelen. Nicht die, die sie in der Nacht, als sie aus dem brennenden Castello geflohen waren, in ihre Taschen gesteckt hatte, sondern die Diamanten der di Cavour, die sie aus dem Safe des Earls geborgen hatte, als die Ruinen noch rauchten.

Wie gut, dass Lucrezia dessen Kombination gewusst hatte.

Glücklicherweise wurde daneben ein Brief gefunden, der besagte, dass die Juwelen im Falle des Todes des Earls an Lucrezia gehen sollten und nicht an den entfernten Cousin, der das restliche Vermögen der di Cavours erben würde.

Nur die Zynischsten würden vermuten, dass die Handschrift nicht das übliche Flair des Earls besaß. Das Papier und das Siegel waren unverkennbar das seine – zumindest behauptete das der örtliche Magistrat.

Lucrezia hatte ihn in den Wochen nach der Tragödie mehrmals besucht, um sicherzustellen, dass er ihr Ansinnen, die letzten Wünsche ihres Bruders zu erfüllen, in vollem Umfang verstehen würde.

Nachdem sie sich an den Ehrentisch gesetzt hatten, tat Cecile ihr Bestes, um sich die vorgestellten Gäste des Kapitäns zu merken: ein angesehener portugiesischer Gentleman, der anreiste, um sein Amt als Botschafter in Brasilien anzutreten, in Begleitung seiner Ehefrau; der Schiffsarzt; zwei ältere Damen; und die attraktive junge Frau, die Lucrezia und sie am Vortag gesehen hatten.

Es war ihr jedoch unmöglich, denn direkt gegenüber saß Mr. Robinson, der in seiner Abendgarderobe lächerlich elegant aussah und ihr ein breites Grinsen schenkte.

Schüchtern erwiderte Cecile ein halbes Lächeln, bevor sie ihre Aufmerksamkeit den Damen zuwandte, zwischen denen sie Platz genommen hatte. Weder Henry noch sonst irgendjemand sollte sie dabei beobachten, wie sie einem Fremden bewundernde Blicke zuwarf.

Mr. Robinson war zweifellos charmant und galant, aber er war ein Mann von Welt. Ihre kindlichen Vorstellungen von Gentlemen, die sich auf den ersten Blick hoffnungslos verliebten, hatte sie schon lange hinter sich gelassen.

Eine Platte mit Lachsmousseline, Hummer und Krabben, garniert mit Gurkenbändern, wurde serviert, und sie bemühte sich, alle Speisen so elegant wie möglich zu verzehren. In der Zwischenzeit berichteten ihr die Schwestern Eliza und Letitia Arbuthnot von ihrer Reise, die in Tunbridge Wells begonnen hatte und mit der Ankunft ihres Bruders, des britischen Honorarkonsuls in São Paulo, enden sollte.

Cecile tat ihr Bestes, um mit angemessenem Interesse zu antworten.

Um sie herum flossen die Gespräche in Strömen, begleitet von Silberbesteck auf feinstem Porzellan und dem anerkennenden Gemurmel der Tischnachbarn. Privileg und Reichtum waren eine glückliche Kombination, und bei den servierten Weinen und Köstlichkeiten waren keine Kosten gescheut worden.

Mr. Robinson schien sich zwischen seinen eigenen Tischnachbarn sehr wohlzufühlen: Lucrezia zu seiner Linken und die auffällige junge Frau zu seiner anderen Seite, die heute Abend ihre dunkelgrüne Wolle gegen Taft in einem ähnlichen Farbton getauscht hatte. Als Mr. Robinson den Kopf neigte, um zu hören, was die Señora sagte, konnte Cecile nicht umhin, sich zu fragen, worüber sie sprachen.

Sein leises Lachen drang über den Tisch.

Beim Blick auf den nächsten Gang, Austern, verging Cecile der Appetit.

Die Misses Arbuthnot diskutierten über die Vorzüge von pochiertem Heilbutt gegenüber Seezunge. Cecile warf einen seufzenden Blick auf Lucrezia, die ihre Aufmerksamkeit sofort auf sie richtete. Sie hob eine Auster an ihre Lippen und zwinkerte ihr zu, nachdem sie geschluckt hatte.

Cecile unterdrückte ihr Lachen und richtete ihr Interesse auf die große Glaskuppel, die sich über ihnen wölbte, um ihr aufkommendes Unwohlsein zu unterdrücken.

Der große Salon machte seinem Namen alle Ehre. Seine mindestens hundert Fuß langen Wände waren goldfarben gestrichen und mit zarten orientalischen Motiven versehen. Kraniche und Gänse, Reiher und Reiherenten schwebten anmutig über den Gästen und reckten ihre Schnäbel in den Himmel. Bei der üppigen Einrichtung waren keine Kosten gescheut worden, von den massiven Mahagoninischen, die den äußeren Bereich säumten, bis zu den prächtigen Teppichen unter den Füßen und den reichen ockerfarbenen Damastvorhängen an den Fenstern.

Fast noch schillernder als das Dekor waren die Gäste im Raum. Im Gegensatz zur düsteren Abendgarderobe der Herren waren ihre Begleiterinnen mit der neuesten Mode ausgestattet, und ihre Gewänder waren so auffällig wie das eines jeden Vogels, der an den getäfelten Wänden abgebildet war.

Luxuriöse Seidenstoffe wetteiferten mit satt gefärbten Samtstoffen, und an Hälsen, Ohren und Handgelenken glitzerten Juwelen, deren Facetten nicht nur vom Kerzenlicht, sondern auch von den sanft scheinenden Glühbirnen eingefangen wurden.

Ihre Aufmerksamkeit wurde von Henrys Stimme abgelenkt, die sich enthusiastisch über die anderen erhob.

»Der Künstler hat eine lobenswerte Arbeit geleistet …«

An der Blickrichtung ihres Bruders konnte sie erkennen, dass auch er die gemalten Vögel bewunderte.

»Obgleich ich glaube, dass sie den Kapuzenkranich mit dem Sibirischen und dem Rotscheitelkranich verwechselt haben.« Er blickte nach oben. »Die karminroten Markierungen sind bei keiner der mir bekannten Arten an der richtigen Stelle.«

»Nun, Liebling, niemand außer dir würde so etwas bemerken«, spottete Maud sanft. »Für uns andere sind sie einfach bezaubernd.«

Kapitän Rocha neigte den Kopf in Anerkennung des Kompliments und wagte es, den Earl, wenn auch etwas wortkarg, zu befragen. »Seid Ihr ein Vogelkundler?«

»Das kann man so sagen.« Henrys Augen leuchteten auf. »Man muss sich bemühen, alles zu lernen, was man kann – nicht nur aus Büchern, sondern auch durch Feldstudien. Neulich erst …«

Seine Pause wurde von einem leichten Zucken und einem Zusammenbeißen der Lippen begleitet. Ein Blick auf ihre Schwägerin überzeugte Cecile davon, dass diese soeben einen Tritt – oder etwas Ähnliches – unter dem Tisch ausgeteilt hatte.

Henry hustete leicht. »Jedenfalls sind die anderen Mitglieder der Expedition der Ornithologischen Gesellschaft bereits in Brasilien, und ich werde mich ihnen bald anschließen, dank der schnellen Überfahrt der Leviathan.«

Kapitän Rocha bestätigte in seiner ruhigen Art: »Ja, wir sind schnell, wie Ihr angemerkt habt. Achtzehn Knoten, solange das Wetter hält. Natürlich könnten wir schneller fahren, aber das kann zu Vibrationen führen, die die Passagiere als unangenehm empfinden. Geschwindigkeit ist wichtig, aber ebenso Komfort. Wie Ihr seht …« Er machte eine ausladende Geste. »… ist uns der Komfort sehr wichtig.«

»Und Sicherheit, hoffe ich«, fügte Botschafter Barbosa hinzu. »Haltet Ihr in der Nacht ein solches Tempo aufrecht, Kapitän? Es muss schwierig sein zu sehen, wohin Ihr fahrt.«

Kapitän Rocha lächelte nachsichtig. »Alles ist sicher, das verspreche ich Euch. Unser Rumpf besteht aus zwei Metallwänden, sodass wir selbst bei einer Kollision über Wasser bleiben würden. Aber dort, wohin wir fahren, ist das Wasser warm, sodass Eisberge keine Chance haben, und wir haben Männer, die nach anderen Schiffen Ausschau halten. Wenn man solche Vorsichtsmaßnahmen trifft, sind Kollisionen unmöglich.«

»Achtzehn Knoten sind kein Pappenstiel.« Lance lehnte sich in seinem Stuhl vor. »Aber ich habe gehört, dass man bei der Cunard Line daran arbeitet, vierundzwanzig Knoten zu erreichen.«

Der Kapitän zuckte mit den Schultern. »Es gibt immer Verbesserungen …«

Es entstand eine Pause, als die Teller abgeräumt wurden, um dieses Mal durch Gänseleberpastete ersetzt zu werden. Henry warf einen warnenden Blick auf Cecile. Neben dem Tragen von Federn war es eine weitere seiner Überzeugungen, dass diese Delikatesse vermieden werden sollte. Die Gänse wurden mit Mais zwangsgefüttert und waren im Allgemeinen dagegen abgeneigt.

»Es ist sehr faszinierend.« Mr. Robinson rieb sich nachdenklich das Kinn. »Ich hoffe, dass ich in Argentinien etwas von der gleichen Leichtigkeit und dem gleichen Luxus in den Zugverkehr bringen kann – wenn auch natürlich nicht in diesem Ausmaß. Ich nehme nicht an, dass es möglich wäre, einen Rundgang zu machen? Ich würde gern nicht nur die öffentlichen Bereiche, sondern auch die Maschinenräume sehen.«

Der Kapitän überlegte einen Moment. »Ich selbst habe keine Zeit, aber Mr. Lopez, unser Chefingenieur, kann Euch herumführen. Ihr versteht sicher, dass ich das nicht jedem Passagier zugestehe, aber da Ihr ein echtes Interesse habt, Mr. Robinson …«

»Wie wunderbar!«, zwitscherte eine der Misses Arbuthnot. »Auch ich würde gern sehen, wie das Schiff funktioniert. Dürfen wir, Kapitän?« Sie sah ihre Schwester eifrig an. »Eliza, Liebes, es würde dir gefallen, nicht wahr?«

Die zweite Miss Arbuthnot schien weniger sicher. »Es klingt zwar aufregend, aber so viele Schritte, Letitia, und meine Hüfte ist nicht mehr das, was sie einmal war.«

Kapitän Rocha unterbrach, bevor die Angelegenheit fortgeführt werden konnte. »So erfreulich es auch ist, Euer Interesse zu vernehmen, so ist dies doch nicht geeignet für jemanden mit Eurem Feingefühl, meine Damen. Das heißt, das Alter macht den Kopf weise, aber den Körper weniger stabil, und auf den steilen Leitern muss man sich unbedingt festhalten, sonst kann ich die Folgen nicht abschätzen …«

»O ja, daran hätte ich denken müssen.« Miss Letitia Arbuthnot erschauderte, während Eliza sehr erleichtert aussah. »Überhaupt nicht geeignet.«

»Und was ist mit den jüngeren Damen?«, ertönte Mauds Stimme. »Ich hoffe, es steht uns nichts im Wege. Ich benutze zu Hause ständig die Bibliotheksleitern und bin noch nie in Schwierigkeiten geraten.«

»Ich denke nicht, Liebste.« Henry legte seine Hand auf die seiner Ehefrau. »Nicht im Moment. Denk an dein Gleichgewicht …«

Nach kurzem Zögern nickte Maud mit enttäuschter, aber resignierter Miene.

Cecile war sich des besonderen Grundes für die Zurückhaltung ihres Bruders bewusst, denn er und Maud hatten ihre Neuigkeiten einige Wochen zuvor mitgeteilt, als die Beweise für ihr Eheglück noch deutlicher geworden waren.

Kapitän Rocha nickte zustimmend. »Möchte Ihre Lordschaft an dem Rundgang teilnehmen? Oder Ihr, Mr. Barbosa?«

Der Botschafter stimmte bereitwillig zu, aber Henry lehnte höflich ab. »Ich muss zugeben, dass ich mich mehr für das interessiere, was über Deck ist. Ich habe gehört, dass Fratercula arctica gesichtet worden sind. Papageientaucher. Außergewöhnlich, so weit im Süden. Ich habe vor, morgen mit meinem Fernglas auf der Backbordseite des Schiffes Position zu beziehen.«

Cecile sah, wie Lucrezia mit den Augen rollte, kurz bevor sie aufsprang. »Und was ist mit mir, Kapitän? Ich bin nicht gebrechlich – weder aus Altersgründen noch aus anderen Gründen. Und ich habe nichts gegen ein wenig Öl auf meinem Saum einzuwenden. Ich habe auch keinen Ehemann, der es mir verbietet.« Lucrezia lächelte lieblich.

Henry antwortete, bevor der Kapitän die Gelegenheit dazu hatte. »Ich glaube nicht, Miss di Cavour. Es wäre nicht angemessen. Nicht ohne eine angemessene Anstandsdame.«

»In diesem Fall könnten Cecile und ich zusammen gehen.« Lucrezia klatschte in die Hände, als wäre alles geklärt. »Ihr wollt doch nicht etwa andeuten, dass Mr. Lopez oder Mr. Robinson zulassen würden, dass uns etwas zustößt, Mylord?«

Ein leichtes Rascheln von Röcken von unter dem Tisch war zu hören. Henrys Gesichtsausdruck verfinsterte sich um einige Nuancen, aber er sprach die verbietenden Worte nicht aus.

Wieder spürte Cecile, dass sie das Maud zu verdanken hatte.

Lucrezia schenkte dem Hauptmann ihr gewinnendstes Lächeln. »Wie Ihr seht, Kapitän Rocha, der Earl hat Vertrauen in die Würde und den Schutz unserer Gruppe – und wir versprechen, alles zu tun, was Mr. Lopez anordnet. Wir werden ein Vorbild an Gehorsam sein.«

Der Kapitän sah alles andere als glücklich darüber aus, in eine Ecke manövriert worden zu sein.

Mr. Robinson ergriff als Erster das Wort. »Ihr wisst, was man sagt, meine Herren – es gibt zwei Wege, mit einer Frau zu streiten, und keiner von beiden funktioniert. Wenn Ihr einverstanden seid, wäre es mir ein Vergnügen, die Damen zu begleiten, ihnen bei Bedarf meinen Arm anzubieten und ihnen zu zeigen, wie sie ihre Füße auf etwaige Leitern setzen.«

Die Offenheit seiner Miene und sein leichtes Auftreten sprachen für seine ehrenhaften Absichten.

»Dann ist es also beschlossen. Übermorgen würde gut passen.« Der Kapitän winkte abweisend mit der Hand und hatte offensichtlich kein Interesse daran, die Diskussion weiterzuführen.

»Ah, die gebratene Ente! Die werdet Ihr genießen, meine Damen – mehr als die Rohre und den Dampf unter Deck zu inspizieren, oder?« Er nahm sein Besteck und richtete es auf den brutzelnden Teller.

Lucrezia tat es ihm gleich und sah sehr zufrieden aus.

Von allen Anwesenden widmete sich nur Mr. Robinson nicht dem Teller vor sich. Stattdessen richtete sich sein Blick auf Cecile, und selbst als er sah, dass sie seinen Blick erwiderte, wandte er seine Augen nicht ab.

Mit einem Erröten brach sie den Kontakt ab.

Der Rest des Essens verging ohne weitere Konversation, wobei Kapitän Rocha ihnen stolz mitteilte, dass der berühmte französische Koch Georges Auguste Escoffier für das Menü verantwortlich war und dass das Team der Köche einen ganzen Monat lang unter ihm gearbeitet hatte, bevor es an Bord kam.

Angesichts der Aussicht auf den Rundgang fühlte sich Cecile seltsam beschwingt, auch wenn sie selbst nie für dieses Privileg plädiert hätte. Ihr Appetit kehrte kräftig zurück, bis zum letzten herzhaften Gang, dem Filet Mignon mit Château-Kartoffeln und Spargel.

Cecile bemerkte jedoch, dass Señora Fonseca die Lust am Essen verloren zu haben schien, und fragte sich, ob es daran lag, dass niemand in ihrem Namen gesprochen hatte, um herauszufinden, ob sie sich der Führung anschließen wollte – nicht einmal Mr. Robinson. Mit wehmütiger Miene schob die Señora ein paar Bissen hin und her und ließ sich nicht einmal von den köstlich süßen Pfirsichen in Chartreuse-Gelee in Versuchung führen. Sobald die Mahlzeit beendet war, sagte sie »Gute Nacht« und erhob sich.

Kapitän Rocha nickte. »Die Damen werden sich zurückziehen, um ihren Schönheitsschlaf zu halten, während wir Herren uns in den Rauchsalon begeben, um den besten Cognac zu trinken.«

Nur Mr. Robinson lehnte das freundliche Angebot ab, da er kein großer Spirituosentrinker sei und nie einen Geschmack für Zigarren entwickelt habe. Zum Abschied reichte er der Señora seinen Arm und bot ihr an, sie zu ihrer Kabine zu begleiten.

Mit einem kleinen Anflug von Neid beobachtete Cecile, wie die Señora ihre Hand unter Mr. Robinsons Ellbogen legte.

Als sie schließlich das Licht löschte und es sich unter ihrer Bettdecke gemütlich machte, in die Federkissen sank und die bunte Bettdecke bis zum Kinn hochzog, konnte Cecile nicht umhin, sich den wohlproportionierten Texaner auf der anderen Seite der Wand vorzustellen, der dort in seinem Bett lag.

KAPITELVIER

Maud war bereits eingeschlafen, als sich Henry zu ihr ins Bett gesellte. Seine Schritte waren ein wenig unsicher, als er den Raum durchquerte, dank der Kombination aus großzügiger Ausschweifung und dem sanften Rollen des Schiffes.

Als er aufwachte, war es noch dunkel, und dort, wo Mauds Kopf hätte liegen sollen, war das Kissen leer.

Wo war sie nur?

Die Frau, die er geheiratet hatte, war nicht wie andere Frauen. Das hatte er von Anfang an gewusst. War das nicht die erste Flamme ihrer Anziehungskraft für ihn gewesen? Er hatte sich eingeredet, er wollte nicht, dass sie sich veränderte.

Bis Scogliera.

Dort hatten ihre Impulse sie in tödliche Gefahr gebracht. Eine Kraft, sei es Glück, Schicksal oder Instinkt, hatte ihn zu ihr geführt und sie sicher nach Hause gebracht.

Hatte sie nichts aus dieser schrecklichen Nacht gelernt?

Hatte sie nicht das Bedürfnis, ihn immer an ihrer Seite zu haben, egal, was sie tat? Und doch war das Bett kühl, wo sie die Bettdecke zurückgeworfen hatte.

Er zog sich Bademantel und Pantoffeln an und warf einen Blick durch das Bullauge, dann trat er hinaus. Das Oberdeck war leer, sanft beleuchtet von einem tief stehenden Mond. Er blickte nach unten, auf das Unterdeck, und sah sie.

Sie stand allein an der Reling und starrte auf das aufgewühlte Wasser unter sich und trug ihren samtenen Umhang über ihrem Nachthemd. Ein Rendezvous? Er beobachtete sie eine Weile, aber niemand näherte sich.

Unbeweglich, wie hypnotisiert von der Bewegung der Wellen, stand sie da, zwischen ihr und dem Meer war nur die Reling. Was dachte sie?

Als er sich näherte, flüsterte er ihren Namen, um sie nicht zu erschrecken.

Sie warf einen Blick über ihre Schulter und lächelte kurz, bevor sie sich wieder abwandte.

»Einen Penny für deine Gedanken.« Von hinten kommend, legte er seine Arme um sie.

»So viel?«

»Um ehrlich zu sein, ich habe keinen einzigen Penny bei mir.«

»Das ist schade.« Sie lehnte sich gegen seine Brust. »Wir hätten ihn ins Meer werfen und uns etwas wünschen können.«

Er war versucht, herauszufinden, was sie sich wünschen würde, wusste aber, dass man nur dann nachforschen sollte, wenn man auf die Antworten vorbereitet war. Er spürte, dass dies nicht der beste Zeitpunkt war, um sie danach zu fragen.

Es wehte kaum ein Lufthauch, und das Schiff bewegte sich ruhiger vorwärts als früher am Tag. Dennoch hatte man das Gefühl, dass die Luft an einem vorbeizog, und in einiger Entfernung trieb eine Nebelbank auf sie zu.

»Was meinst du, was da unten ist?« Sie legte ihre Hände über seine, die über der Wölbung ihres Bauches ruhten.

»Die unergründlichen Tiefen?« Er berührte mit seinem Kinn ihren Scheitel und zog sie näher zu sich, um sie an seiner Wärme teilhaben zu lassen. »Fangzahnfische und Vampirtintenfische, Schiffswracks und versunkene Städte. Vielleicht eine Meerjungfrau oder zwei.«

»Alles, wohin das Licht nicht vordringt …« Sie sprach so leise, dass er sie kaum hören konnte.

»Hast du Angst, meine Liebe?«

Sie antwortete nicht sofort, aber als sie es tat, konnte er erkennen, dass sie sich bemühte, beherzter zu wirken, als sie war.

»Ich bin nur verunsichert.« Sie drückte auf seine Hände, unter denen neues Leben wuchs. »Nervös, nehme ich an. Ich glaube, das fühlen alle Frauen, wenn sie sich auf diesen Lebensabschnitt vorbereiten. Es ist nicht nur mein Körper, der sich verändert. Wenn das Kind erst einmal da ist, wird nichts mehr so sein wie vorher …« Ihre Stimme verstummte.

»Nichts bleibt, wie es ist, da hast du recht – aber so wissen wir, dass wir leben, nicht wahr?« Er hielt inne. »Sogar Cecile hat sich verändert, meinst du nicht? Ich frage mich manchmal, ob es klug war, sie auf diese Reise mitzunehmen. Sie ist noch unschuldig und beeinflussbar, und ich bin mir nicht sicher, ob der Einfluss von Miss di Cavour wünschenswert ist.«

»Sie ist willensstärker, als du vielleicht denkst, und mutiger … weißt du noch, wie sie blieb, als das Castello brannte, um einen Diener zu retten, den sie gefangen glaubte?« Mauds Stimme war jetzt fester, es fiel ihr leichter, von jemand anderem als von sich selbst zu sprechen. »Ganz zu schweigen davon, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hat, um eine Heirat mit dem Earl zu vermeiden. Man soll nicht schlecht über Tote reden, aber mein Cousin Lorenzo wäre kein geeigneter Ehemann für sie gewesen.«

Dem stimmte Henry zu.

»Ich war nachlässig, als ich ihr erlaubte, dort zu bleiben, weil ich dachte, meine Großmutter wäre Anstandsdame genug, um eine unkluge Liaison zu verhindern.« Maud zog ihren Mantel zu. Der Nebel hatte das Schiff schon fast erreicht und verdeckte heimlich die Dünung und den graublauen Kamm.

»Wenn jemand dafür Reue empfinden sollte, dann bin ich es. Sie ist schließlich meine Schwester. Ich trage die Verantwortung dafür, sie in der Gesellschaft einzuführen und sie zu beschützen, bis sie heiratet.«

So wie ich versucht habe, dich zu beschützen.

Bei allem, was Maud von der Welt und von sich selbst zu verstehen geglaubt hatte, hatte sie Anlass gegeben, diesen Schutz zu brauchen. Ihre Entscheidungen waren so töricht gewesen wie die einer Debütantin, die sich von den Lichtern eines Ballsaals auf schattige Gartenwege verirrte. Wäre er ihr in den Bergen oberhalb von Scogliera nicht zu Hilfe gekommen, wäre sie jetzt vielleicht nicht mehr am Leben – oder sie wäre so gebrochen, dass sie es lieber nicht wäre.

»Ich werde ein wachsames Auge auf Cecile haben. Das werden wir beide.« Maud drehte sich um, drückte sich an seine Brust und neigte ihren Kopf für seinen Kuss zurück.

»Nicht hier. Der Nebel ist feucht, und du bist bereits ausgekühlt.« Die weiße Gaze wehte jetzt über das Deck, kühle Ranken kringelten sich um ihre Beine. Er legte seinen Arm um ihre Schulter und führte Maud zurück zur Treppe, die zum Oberdeck führte.

Sie gähnte und war zu müde, um die ganze Nacht aufzubleiben. Er würde dafür sorgen, dass sie ausschlief und im Bett frühstückte.

Sie hatten die oberste Stufe erreicht, als er sah, dass sich unten etwas bewegte. Der Nebel hatte sogar das Rauschen der Wellen gedämpft, aber er hörte einen Schritt und das Ziehen von etwas auf dem Deck.

Maud musste es auch gehört haben. »Ist da jemand?«

Kopfschüttelnd drückte Henry seinen Finger auf ihre Lippen und spähte schweigend durch das Nichts.

Der Mondschein war gedämpft, verschluckt von der einhüllenden Wolke, aber er war sich sicher, dass er eine Gestalt gesehen hatte; jemanden, der seltsam hinkend ging. Jemanden, der sich den Kabinen direkt unter ihnen näherte.

Es war unheimlich still, selbst die Vibrationen des Schiffes schienen zum Stillstand gekommen zu sein. In Anbetracht des herannahenden Nebels hatten sie natürlich die Maschinen zurückgefahren. Oben waren die Schornsteine kaum zu sehen.

Er strengte sich an, um wieder zu lauschen, aber das Horn des Schiffes ertönte ohrenbetäubend und überdeckte alle anderen Geräusche. Maud zuckte zusammen, dann lachte sie keuchend und vergrub ihr Gesicht in seinem Arm.

Das Horn verstummte, und sein Klang wurde weit genug getragen – so hoffte man –, um andere Schiffe zu warnen, falls welche in der Nähe waren.

Henry blickte sich in dem wabernden Schleier um, aber es war nichts mehr zu sehen.

KAPITELFÜNF

Es war ihr dritter Tag auf See, und obgleich der Wind etwas frisch war, schien die Sonne hell und vertrieb den morgendlichen Nebel.

Cecile warf einen Blick auf Mr. Robinsons Tür, halb in der Hoffnung, er möge heraustreten.

Lucrezia nahm Ceciles Arm und lenkte sie fest in die entgegengesetzte Richtung. »Gestern Abend hast du ihm zu viele schmachtende Blicke zugeworfen. Sei vorsichtig, cara, sonst kommt er noch auf falsche Gedanken.«

»Schmachtende Blicke! Lucrezia, du redest Blödsinn!«, erwiderte Cecile empört. »Außerdem habe ich nach den Erfahrungen mit deinem Bruder keine Lust, mich an einen Mann zu binden, auch wenn er ziemlich …« So amüsant sie auch war, Lucrezia liebte es, zu provozieren, und Cecile hätte es besser wissen müssen, als den Köder zu schlucken.

»Binden – nein.« Lucrezia grinste verrucht. »Nur mit Samtbändern …«

»Pst! Jemand könnte dich hören!« Cecile führte sie von der Stelle weg, an der mehrere Passagiere in Liegestühlen saßen und sich gegen die Kälte in Pelze und Schals gehüllt hatten. Eine Dame, mit ihrem kleinen Pudel auf dem Schoß, betrachtete sie hochmütig.

»Reg dich nicht auf, piccola. Er ist zu langweilig, um sich solche Dinge vorzustellen, aber er wirkt männlich und stark. Ich denke, man könnte ihm beibringen, zu gefallen.«

»Du bist unverbesserlich!« Cecile konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Sie mochte unschuldig sein, so wie ihr Bruder den Begriff definieren würde, aber sie wusste mehr, als er jemals vermuten würde, dank Lucrezias unverblümter Vertraulichkeiten.

Cecile blickte auf das Unterdeck ihres Teils des Schiffes hinunter. Eine überraschende Anzahl von Menschen war direkt unter ihnen versammelt, und es schien ein ziemlicher Tumult zu herrschen.

»Glaubst du, da ist etwas im Gange? Ein Unterhaltungskünstler? Oder eines dieser organisierten Spiele?«

Lucrezia verrenkte sich den Hals. »Zu viele ernste Gesichter, cara. Komm, lass uns nachsehen.«

Als sie unten an der Treppe ankamen, wurde deutlich, dass wirklich etwas nicht in Ordnung war. Eine der Kabinen war abgesperrt worden, und ein Mitglied der Besatzung stand an der Tür und forderte die Passagiere auf, weiterzugehen. Keiner von ihnen wirkte jedoch geneigt, dem Folge zu leisten. Sie beharrten auf ihre Fragen in mindestens drei Sprachen, die Cecile nicht verstand.

Lucrezia runzelte die Stirn. »Es scheint, dass jemand in der Nacht verstorben ist. Sie haben die Leiche bereits weggeschafft.«

»Oh! Wie traurig. Es tut mir leid, das zu hören.« Cecile unterdrückte ein Schaudern, obgleich es ihrer Meinung nach nicht ungewöhnlich war, dass auf einer Reise mindestens eine Person im Schlaf verstarb, vor allem, da es so viele ältere Passagiere gab.

»Meine Lieben, ist es nicht schrecklich?« Eine zitternde Hand legte sich um Ceciles Ellbogen. »Unsere Kabine ist gleich nebenan, und der Gedanke, dass wir vielleicht etwas hätten unternehmen können …« Es war eine der Misses Arbuthnot, die sich zu Wort meldete.

»Eine so attraktive junge Frau, die ihr ganzes Leben noch vor sich hatte«, sagte die andere Miss Arbuthnot. »Señora Fonseca war Witwe, wisst Ihr, aber sie hatte Familie in Rio. Sie hat uns erst gestern Abend erzählt, wie sehr sie sich darauf freute, dorthin zurückzukehren.«

»Señora Fonseca?« Cecile blickte von einer Schwester zur anderen. Sicherlich waren sie verwirrt. Die Señora war kaum älter als sie selbst.

»Ja! Das hätten wir uns nie träumen lassen … unter solchen Umständen!« Die alte Dame holte ein Taschentuch aus ihrer Tasche und tupfte sich die Augen ab.

»Nun, Eliza, wir haben versprochen, nicht zu tratschen«, ermahnte ihre Schwester sie sanft.

»Da habt Ihr ganz recht, und Ihr pflegt die perfekten englischen Manieren«, sagte Lucrezia anerkennend. »Aber wir Frauen sind am stärksten, wenn wir unsere Bürden teilen.«

Ihr Ton war vertraulich. »Wenn Ihr etwas wisst, das uns helfen könnte, unseren Verstand zu bewahren, bitte ich Euch, es uns zu sagen, meine Damen, wir werden natürlich alles für uns behalten.«

»Vielleicht solltet Ihr es wissen.« Letitia Arbuthnot stieß einen Seufzer aus und zog sie etwas weiter von der Menge zurück. »Es gab Geräusche, versteht Ihr?«

»Sehr spät in der Nacht«, fügte Eliza hinzu. »Und man fragt sich …«

»Wir glauben nicht, dass sie allein war.« Letitia blickte nach beiden Seiten und senkte ihre Stimme zu einem Flüstern. »Eine Verabredung! Leidenschaft, die zu weit ging und in einer Tragödie endete.«

Die andere Miss Arbuthnot schniefte. »Wir urteilen natürlich nicht über sie. Die heutige Zeit ist nicht die unserer Großmütter, und wenn eine Frau diskret ist …«

»Ihr glaubt also, dass ihr Tod nicht natürlich war?« Trotz der Wärme der Sonne auf ihrem Rücken überlief Cecile ein kalter Schauder.

»Nein, meine Liebe, und das haben wir auch dem Arzt gesagt. Als er ankam, konnten wir kurz einen Blick in die Kabine werfen, und ich habe es sofort gesehen – Flecken um den Hals des armen Mädchens, und die Decke war weggerissen.«

»Das ist genug, Eliza. Es hat keinen Zweck, sich mit reißerischen Details aufzuhalten.« Ihre Schwester tauschte bedeutungsvolle Blicke mit Cecile und Lucrezia aus. »Da kommt seine Lordschaft und dieser nette Mr. Robinson.«

Cecile hatte kaum Zeit, ihre Gesichtszüge zu entspannen, bevor die beiden Männer neben ihnen standen.

Henry nickte den älteren Damen zu und grüßte sie knapp, bevor er Ceciles Arm um seinen schlang und sie wegführte.

»Wirklich, Bruder, es gibt keinen Grund, mich so energisch zu eskortieren.«

Erst als sie ein Stück weit weg waren, lockerte er seinen Griff. »Ich nehme an, dass du, so wie du dagestanden und drein geblickt hast, von dieser üblen Sache gehört hast?«

»Ich war kaum …«

Er ließ Cecile keine Gelegenheit, ihren Protest zu äußern. »Eine wohlerzogene junge Dame wüsste, dass man nicht herumlungert und dem Geschwätz alter Schachteln zuhört.«

»Wirklich, ich …«

Er hielt seine Hand in die Höhe, um zu unterbrechen, was auch immer sie hatte sagen wollen. »Bis auf Weiteres bitte ich dich, dich nicht ohne meine Begleitung oder die von Mr. Robinson auf dem Schiff zu bewegen.«

»Mr. Robinson?« Bei der Erwähnung seines Namens spürte Cecile, wie ihre Wangen warm wurden.

Henry seufzte, seine Miene wirkte plötzlich müde. »Wir kennen uns noch nicht lange, aber ich erkenne einen ehrbaren Mann, wenn ich einen sehe, und ich würde darauf wetten, dass er in der Lage ist, sich selbst zu schützen. Da ich nicht jede Minute des Tages bei dir sein kann, bat ich ihn, die Aufgabe mit mir zu teilen.«

Cecile war unsicher, wie sie reagieren sollte. Henry reagierte über und war dabei zu ruinieren, was eine wunderbare Reise hätte sein sollen. Was auch immer Señora Fonseca zugestoßen war, so schrecklich es auch war, es hatte nichts mit ihr zu tun – oder mit einem von ihnen.

Es blieb ihr jedoch keine Zeit, sich dazu zu äußern, denn Kapitän Rocha kam gemeinsam mit Mr. Robinson über das Deck auf sie zu.

Auch Lucrezia eilte herbei.

»Ihr wolltet mich sprechen?« Der Blick des Kapitäns schweifte kurz über Lucrezia und Cecile. »Vielleicht nicht direkt vor den Damen.«

Cecile biss die Zähne zusammen. Es war immer das Gleiche: Männer meinten, sie müssten die zarten Gefühle einer Frau schützen.

Zu ihrer Überraschung stimmte Lucrezia schnell zu und führte sie ein paar Schritte weg. Sie flüsterte leise: »Tu so, als ob du mit mir sprichst, aber mach keinen Lärm, damit ich etwas verstehen kann.«

Die Herren dachten wohl, sie wären außer Hörweite, hatten aber die Richtung des Windes nicht beachtet. Selbst Cecile, die ihnen fast den Rücken zugewandt hatte, konnte einige Worte verstehen, als der Kapitän seine Vermutungen wiedergab.

»… allein reisend … ein Liebhaber … die Tür war nicht gewaltsam geöffnet … entweder hat sie ihn hereingelassen, oder er hatte einen Schlüssel.«

Aber die Frau hatte Flecken an ihrem Hals. Welcher ein Liebhaber würde so etwas tun?

Als ob sie ihre Gedanken gelesen hätte, begegnete Lucrezia ihrem Blick, schüttelte ein wenig den Kopf und hörte weiter zu.