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Der Gnade einer wilden Bande von Wikingern ausgeliefert. Gegen ihren Willen gefangen gehalten. Ist Elswyth stark genug, um sich mit dem Mann, der sie beherrschen will, zu arrangieren, oder ist sie dazu bestimmt, alles aufzugeben, auch ihr Herz? Unterwirf dich dem brennenden Verlangen und der brutalen Leidenschaft, in einer Welt, die von Ehrgeiz, Eifersucht und Rache bedroht ist. Entdecke aber auch, was es bedeutet, von einem Wikinger geliebt zu werden. Hitzegrad: feurig
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ENTFÜHRT. BEGEHRT. EROBERT.
BUCH EINS
Erschien ursprünglich in englischer Sprache unter dem Titel „Viking Thunder“ unter dem Pseudonym Emmanuelle de Maupassant schreibt.
Copyright © 2023 Anna Quinn
Bucheinbanddesign von Victoria Cooper
Übersetzt von Corinna Vexborg
Redaktionelle Unterstützung: Carola Karth-Neu
Dark Castle Press : Keith Hall, Inverurie, Scotland, AB51 0LD
www.emmanuelledemaupassant.com
Kontact : [email protected]
Bei diesem Roman handelt es sich um eine fiktive Geschichte. Die Namen, Charaktere, Orte und Ereignisse sind entweder der Fantasie des Autors entsprungen oder werden auf fiktive Art und Weise integriert. Mit Ausnahme bekannter historischer Figuren und Orte ist jegliche Ähnlichkeit mit lebenden oder verstorbenen Personen sowie Geschäftsbetrieben, Ereignissen oder Orten vollkommen zufällig.
Der Zweck des Urheberrechts besteht darin, Autoren und Künstler darin zu bestärken, kreative Werke zu entwerfen, die unsere Kultur bereichern.
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Über die Autorin
Entführt — Serpent
Rezensionen
Eine düster-sinnliche Kurzgeschichte Geschenk
Auch von Anna Quinn / Emmanuelle de Maupassant
Eine Einladung
Anna lebt mit ihrem Mann (Hersteller von Tee und Obstkuchen) und ihrer Schnüffelnase, Archie, auch bekannt als ihr liebstes Fellknäuel und Liebhaber von quietschenden Spielzeugen und Schinken.
Anna Quinn schreibt als Emmanuelle de Maupassant
Ich träumte, dass das Moos unter meinen Füßen feucht war und die Bäume schimmerten. Ein brüllender Bär kam auf mich zu, und ich stürzte vor Schreck, mein Nacken erwartete die Schwere seiner großen Pranke.
Stattdessen zog mich eine weiche, blasse Hand wieder hoch. Eine Frau sprach meinen Namen, und ihre Augen waren der Spiegel meiner eigenen. Sie bat mich, die Mähne des Bären zu streicheln, und ich kletterte auf seinen Rücken, sein Fell war warm unter mir.
Warum wurde ich nicht als Junge geboren?
Ich wartete, bis meine Großmutter irgendwann endlich eingeschlafen war, ehe ich zu ihnen lief, um mit ihnen zu spielen. Ich habe im Wald Kaninchen gefangen und im See Forellen geangelt. Ich konnte so hoch klettern wie jeder Junge. Sogar noch höher. Ich wäre lieber gestürzt und hätte mir das Genick gebrochen, als meine Angst zu zeigen. Wir haben Feuer gemacht und uns gegenseitig Geschichten erzählt.
Was haben die Frauen gemacht?
Du kennst die Antwort.
Sie spannen Wolle, um zu weben und zu nähen, sie melkten Ziegen und stellten Käse her, hüteten Babys, pflegten Gemüse, und sie kochten.
Ich konnte diese Dinge tun. Dafür hatte meine Großmutter gesorgt. Ich konnte spinnen und weben, aber mein Herz war nicht dabei. Die Fäden verhedderten sich ständig. Sie wollten nicht den einfachen Weg gehen.
Aber sie hatte mir auch andere Fähigkeiten beigebracht: ein Feuer zu machen, egal wie feucht das Holz war, und jede Pflanze zu finden und zu bestimmen. Sie, meine Großmutter, hatte Medizin hergestellt, Tinkturen zur Heilung des Körpers.
Ich war nie wie die anderen Mädchen. Wurde nie eingeladen, ihre Geheimnisse zu teilen.
»Sie sind eifersüchtig«, sagte meine Großmutter und streichelte meine Wange.
Wie seltsam das war, wo ich doch selten Freude an mir selbst hatte.
* * *
Die Jungen schwammen im See. Wenn sie ins Wasser sprangen, traten sie gegen das Sonnenlicht. Sie verschwanden unter Wasser und tauchten wieder auf, mit triefenden Haaren und vor Aufregung leuchtenden Augen. Alles, was sie kannten, war die Vorfreude auf den nächsten Sprung. Ihre Körper sangen vor Freude, am Leben zu sein.
Ich würde dann meine Tunika ausziehen und neben ihnen herspringen, die Luft war kühl auf meiner Haut, das Wasser eisig, aber aufregend.
Ich dachte, ich könnte auch so sein. Was machte es schon, dass ich keinen Schniedel hatte? So eine Kleinigkeit, dachte ich immer. Dabei waren sie stolz genug auf sie: ihre Hechte, Pflüge und Puddingpiekser. So viele Bezeichnungen, die sie diesem Ding gaben.
Meine hatte keinen Namen. Dein geheimer Ort, so nannte das meine Großmutter.
Was war drin? Nicht viel, was ich sehen konnte. Es war wie ein zweiter Mund, rosa und weich, geriffelt und glatt, wie die Innenseite meiner Wange, in der Lage, meine Finger zu greifen. Wenn ich mich in meinem Bett zusammenrollte, legte ich meine Hand dorthin und empfand seltsamen Trost, aber ich wusste nicht, wozu das gut sein sollte.
Bis mein Körper anfing, sich zu verändern, und es in mir einen Ruck gab.
Ich fasste mir zwischen die Beine und stellte fest, dass meine Finger blutig waren.
»Du bist jetzt eine Frau.« Meine Großmutter war so erfreut, wie ich sie noch nie gesehen hatte. Vielleicht hoffte sie jetzt, dass ich mich nicht mehr mit den Jungs im Wald herumtreiben, sondern mich weiblichen Beschäftigungen zuwenden würde.
* * *
Einmal sah ich zwei der Jungen, Brust an Brust, Hüfte an Hüfte, die Beine eng umschlungen. Sie glaubten wohl, niemand könnte sie sehen, aber ich schaute von oben, versteckt in den Ästen eines Baumes.
Ich habe sie beobachtet.
Die Hände um ihre Schwänze, als hätten sie nur einen, nicht zwei, streichelten sie gemeinsam.
Ich berührte mich selbst und wünschte, ich hätte auch einen Hecht. Wie leicht sah es aus, diese Rute am Körper eines anderen zu reiben und sich zu vergnügen.
* * *
Nordmänner kamen. Sie haben ihn aufgespießt, wie wir es mit den Schweinen machen, sagte sie.
Ungeheuer.
Einen Mann aufschlitzen, damit seine Eingeweide dampfend herausquellen.
Sie hatte sich mit meiner Mutter unter dem Bett versteckt, aber ist das nicht der erste Ort, an dem man nachschauen sollte?
Sie hatten gelacht, als sie sie fanden. Sie ließen meine Großmutter ihren Eintopf servieren, und als sie ihn gegessen hatten, wechselte sich jeder mit meiner Mutter ab.
Sie hat nicht geweint, sagte meine Großmutter.
Sie hob ihre Röcke und fügte sich. Es hielt sie am Leben.
Ich wurde geboren, als der Januarschnee fiel, und wer kann schon sagen, welcher dieser Nordmänner mein Vater war.
Was spielt es schon für eine Rolle?
Ich bin halb Monster, halb Mörder, halb etwas, das nicht dazugehört; wegen der Farbe meines Haares und meiner blassblauen Augen.
Machen diese Dinge einen Menschen schön oder hässlich? Mehr als einmal habe ich mir das Gold vom Kopf geschnitten.
Als ich noch zu klein war, um sie zu kennen, wurde meine Mutter von einem Fieber dahingerafft, aber meine Großmutter ist stark. Es ist ihre Hand, die mich großgezogen hat, und das wachsame Auge meiner Tante.
Meine Tante hatte unseren Häuptling geheiratet und ein Mädchen geboren, Faline, so dunkel, wie ich schön bin.
Als meine Tante starb, war ich alt genug, dass sein Blick zu mir wanderte. Der Mensch kann seinen Hunger nicht besser verbergen als der Wolf oder der Bär.
»Nimm ihn als deinen Ehemann an«, drängte meine Großmutter. »Du wirst in Sicherheit sein und alles haben, was du dir wünschst.«
Ich befolgte ihren Rat. Es reizte mich, mich schöner zu kleiden und bewundert zu werden. Mein Mann war alt genug, dass er selbst mich gezeugt haben könnte, und das hatte etwas, das mich neugierig machte. Er musste so viel mehr wissen als ich. Was würde ich in seinem Bett lernen?
In unserer ersten Nacht musste ich lachen, als ich seinen winzigen Schniedel unter seinem Bauch sah. Er nannte mich nicht Ehefrau, als er mich zu Boden stieß. Ich war seine lockende Hure, eine stinkende Fotze.
Er wickelte mein Haar dick um seine Faust. Er hatte diese Locken einmal »Sonnenfäden« genannt. Er riss sie mir vom Kopf, als er in mich hineinspritzte.
Ich sagte nichts, und endlich verstand ich, warum meine Mutter nicht geschrien hatte.
Juni 959 n. Chr
Überall entlang der Küste wurden Dörfer niedergebrannt, Männer erschlagen, Frauen vergewaltigt und auf die Boote gebracht. Solche Geschichten verbreiteten sich schnell. Aber es war Jahre her, dass ein Nordmann so weit im Süden gelandet war.
Es war noch vor der Morgendämmerung, als sie kamen, nach einer Nacht mit Wind und Gewitter. Der Hahn hatte noch nicht gekräht, und die meisten von uns schliefen noch. Wie hätten unsere Männer noch nach Axt oder Messer greifen können? Diejenigen, die sich als Erste aus ihren Betten erhoben, wurden niedergeschlagen. Es war vorbei, bevor es begonnen hatte.
Mein Mann stöhnte und rollte sich von der Matratze, der Aufprall seines Körpers auf dem Boden holte mich aus meinen Träumen vom Wald zurück. Er versuchte, sich unter dem Bett zu verstecken, aber sie zerrten ihn heraus; mich auch, unter der Bettdecke holten sie mich heraus, und ich stand barfuß in meinem Nachthemd vor ihnen.
»Nehmt sie euch«, sagte er, dieser Mann, der mein Ehemann war. »Elswyth ist jung und stark.«
Er kroch wie ein Wurm. »Nehmt euch alles, was ihr haben wollt.«
Ihre Augen hatten den Kelch und die Broschen erspäht, die dazu da waren, mein Haar und meinen Mantel zu schmücken.
»Alles«, flehte er und hob sein zitterndes Gesicht.
Sie nahmen ihm seine Stimme mit einer Klinge an der Kehle. Sein karmesinroter Puls bespritzte den Saum meines Gewandes, und er blieb mit vor Überraschung offenem Mund regungslos liegen. Sein Blut versickerte im Boden, dick und klebrig an meinen Zehen.
Ich hatte keine Stimme, mit der ich um ihn klagen konnte, und auch keine für mich selbst.
* * *
Ich kannte diesen Blick, als sie mir das Gewand nahmen.
Der Erste legte seine Hände in das frisch vergossene Blut meines Mannes und verschmierte es purpurrot über meinen Bauch, über meine Brüste. Sie lachten, während sie zusahen. Er strich mit seiner Zunge über meine Haut, schmeckte den Tod und das Leben. Das erregte ihn, denn sein Schwanz brauchte keine Hilfe, um seinen Weg zu finden.
Was hätte ein Kampf gebracht? Es war besser, meine Beine zu heben und ihnen das Vergnügen zu erleichtern. Es bedeutete nicht mehr als der Schafbock, der das Schaf rammelte, oder der Stier, der die Kuh bestieg.
Ich war nichts für sie, und sie waren nichts für mich. Sie waren kräftiger als mein Mann, ihre Stöße waren härter. Darüber hinaus konnte ich kaum einen Unterschied feststellen. Ich war eine Scheide für ihr Schwert, ein Loch, in das sie sich bis zum gewünschten Ende hineintreiben konnten.
Ich dachte an meine Mutter, als sie mich nahmen.
Wären sie älter gewesen, diese drei Nordmänner, hätte ich mich vielleicht gefragt, ob einer von ihnen mein Vater hätte sein können. Spielte das Schicksal nicht solche Streiche? Meinen eigenen Vater zu schicken, um mich zu vergewaltigen, wäre ein echter Scherz. Das waren die Gedanken, die mir durch den Kopf gingen, während sie sich durch ihre Arbeit grunzten.
Als der Letzte seinen Samen verspritzte, klopften ihm die anderen gratulierend auf den Rücken.
In diesem Moment trat sie ein. Kein Nordmann, sondern eine Frau, die so scharf sprach wie eine Mutter zu ungezogenen Kindern. Auf ihr Kommando hin standen die Männer ein wenig aufrechter.
Sie trat näher heran und streckte ihre Hand aus. Ihr Gesicht war älter als meines, aber es war, als würde ich in den See schauen, in mein eigenes Spiegelbild. Ihr Haar, ihre Augen, die Länge ihrer Nase und etwas in der Form ihres Mundes; ich sah einen anderen Teil von mir, ein anderes Ich, geboren in einer anderen Haut.
Und dann sprach sie, und obwohl ihre Worte unbeholfen waren, verstand ich sie.
»Ich bin Helka. Ich helfe dir jetzt, und du kannst mir helfen.«
Was kann ich von jenem Tag erzählen, an dem alle um mich herum weinten, weil Ehemänner, Brüder und Söhne erschlagen worden waren?
Hatten die anderen Frauen ihren Kindern befohlen, ihre Gesichter zu verbergen oder sich zur Wand zu drehen, um sie nicht zu sehen?
Ich machte den Eindruck einer trauernden Witwe, obwohl er für mich weniger als eine Ziege gewesen war: unwürdig, ein Mann genannt zu werden, geschweige denn der Häuptling unseres Dorfes.
Meine Tränen galten eher den Jungen, mit denen ich meine Kindheit verbracht hatte.
Bevor die Nordmänner eingetroffen waren, hatte sich meine Großmutter mit Schmerzen in den Beinen in ihr Bett gelegt, und Gott sei Dank hatten sie sie dort gelassen. Das war ein Segen, denn sie wusste nichts von dem, was geschehen war.
Die Fremden würden jetzt verschwinden. Es gab keinen Grund zu bleiben.
Helka sah mich mit den Augen an, die meine eigenen waren. »Wir waren auf dem Meer, als der Sturm kam und uns hierherwehte. Der Wind hat unsere Segel zerrissen, auch unsere Ruder – einige sind gebrochen.«
Wenn wir ihnen helfen würden, würden sie verschwinden.
Ich war die Witwe des Häuptlings. Was blieb mir anderes übrig, als unsere Leute aufzufordern, bei der Reparatur dieser Segel zu helfen? Beeilt euch und schickt sie auf den Weg.
Die Nordmänner aßen, schliefen und sammelten alles ein, was von Wert war. Ich fand sie brutal, und ihre Sprache klang rau.
Sie trugen ihr Haar zu Zöpfen geflochten wie eine Frau, aber ihre Körper waren die von Männern – breit und stark. Sie hatten keine Angst, einen jeden mit ihren Blicken zu durchbohren.
Ich ertappte mich dabei, wie ich auf die Muskeln unter ihren Lederwesten und Pelzen schaute, auf die Größe ihrer Hände. Solche Hände hatten sich unter meinen Hintern geklemmt, um mich auf dem Hämmern der Lust zu halten.
Einer von ihnen war größer als die anderen und hatte eine lange Narbe auf der Wange. Er trug das Grün und Blau ihrer Hautverzierungen bis hinauf zum Nacken.
Ich hörte, wie sie ihn Eirik nannten.
Er packte den kleinen Sohn unseres Schmieds am Genick und schüttelte ihn wie eine Puppe. Erst als Helka ihn zur Rede stellte, hörte er auf.
Er lachte, aber er hörte auf, den armen Grindan zu quälen.
Wie alle anderen auch zollte er ihr Respekt.
Waren sie verheiratet?, fragte ich mich. Es war eine Beziehung, wie ich sie noch nie erlebt hatte.
»Komm, Elswyth«, sagte Helka. »Führ uns in euren Wald, zeig uns, wo wir hartes Holz finden.«
Unsere Frauen hatten die Segel aufgespannt und Schafsdärme eingefädelt, um sie zu flicken. Die Nordmänner würden ihre Ruder selbst machen, und dazu brauchten sie Eichenholz.
Ich führte sie – Helka und zehn ihrer Nordmänner – über die Wiese, während die Augen der Dorfbewohnerinnen mir in den Rücken stachen. Sie hatten schon immer geglaubt, dass ich mich für etwas Besseres halten würde, dass es mir Freude bereiten würde, anders zu sein. Jetzt waren sie mir gegenüber misstrauisch, schließlich waren die Nordmänner unsere Feinde.
»Warum sprichst du unsere Sprache?«, fragte ich, als wir in die Schatten der ersten Bäume traten. Meine Neugierde war zu groß, um zu schweigen.
»Unser Vater kam vor Jahren hierher, als Eirik und ich noch klein waren. Er brachte Sklaven mit, die bei uns lebten.«
Sie sprach über die Sklaverei so einfach, wie andere über das Fett einer Sau oder die Reifung der Gerste sprechen würden.
»Eirik und ich haben über ihre seltsamen Worte gelacht. Wir wollten lernen. Es war ein Spiel. Wenn wir heimlich sprechen wollten, ohne dass unsere Mutter wusste, was wir sagten, haben wir diese anderen Worte benutzt.«
»Er ist also dein Bruder, Eirik?«, fragte ich. »Nicht dein Mann?«
Darüber musste sie lachen. »Als ob ich den jemals heiraten würde! Er treibt mich in den Wahnsinn und wieder zurück.«
Wir gingen eine Weile schweigend weiter. Ich lenkte uns um die Stellen herum, wo die Brombeeren am dichtesten wuchsen. Für die Früchte war es noch zu früh, nur die Dornen waren reichlich vorhanden.
Als sie wieder sprach, war ihre Stimme leiser. »Ich war verheiratet, aber mein Mann ist jetzt in Walhalla. Ich werde wieder heiraten, wenn mein Körper und mein Geist es wünschen.«
Sie hielt im Gehen inne und berührte meinen Arm. »Es tut mir leid, um deinen Mann, um seinen Tod. Ich verstehe ein bisschen von dem, was du jetzt fühlst.«
Meine Erwiderung war aus meinem Mund, bevor ich mich zurückhalten konnte. »Er war kein Mann. Er war wie Ungeziefer in der Scheune. Ich bin froh, dass er tot ist.« Ich spuckte die Worte aus, spuckte sie aus, als wären sie Gift. Ich hatte diesen Hass zu lange in mir aufgestaut.
Ich schaute mich nervös um, als erwartete ich, dass sich die Nordmänner, die hinter uns gingen, wütend gegen mich wenden würden. Was für eine Frau war ich, dass ich so über meinen Mann sprach?
Der Erste stützte die Hand auf seine Axt. Er hatte natürlich angenommen, dass sich meine Wut auf Helka richtete. Sie schüttelte den Kopf in seine Richtung und berührte meine Schulter, als wollte sie mich beruhigen.
»Wir haben viele Eigenschaften von Tieren in uns. Schlau wie der Fuchs, mutig wie der Adler oder standhaft wie der Ochse, jeder Mensch hat seine tierischen Verwandten. Unsere fylgja begleitet uns durch das Leben: der Teil von uns, der mehr tierisch als menschlich ist.«
Das war eine Vorstellung, über die ich noch nie nachgedacht hatte. Unser Volk war seit Langem christlichen Glaubens, den uns die Mönche gelehrt hatten. Dabei ging es darum, dass wir über den Tieren standen und nach Gottes Ebenbild geschaffen worden waren. Das war etwas, an das zu glauben ich wirklich versucht hatte, aber ich fühlte mich den Tieren auf den Feldern, in den Wäldern und am See näher als allen Menschen, denen ich je begegnet war.
»Wenn ein Kind geboren wird, kommt sein tierischer Geist, um es zu finden. Meine Mutter erzählte mir, dass am Tag meiner Geburt eine Eule ins Zimmer flog und sich auf das Ende des Bettes setzte.«
Eine seltsame Geschichte, aber sie hatte etwas von einer Eule an sich, das war wahr. Ich fragte mich, ob irgendwo in den Bäumen eine Eule saß, die uns in diesem Moment beobachtete.
Helka hob einen Stein vom Boden auf und ein Blatt.
»Auch diese haben Wissen und Leben, weil die Götter in ihnen sind. Freya ist in der Erde und den Bäumen, so wie Thor im Donner ist. Wir wissen, dass Odin und seine Brüder alles, was uns umgibt, zuerst geformt haben, aber es wird jeden Tag von uns neu geformt.«
Es ist nur ein Stein, dachte ich, nur ein Blatt. Ich bin Christin, über mich wacht ein Gott, der alles geschaffen hat und der die Schwärze unserer Herzen neben dem Guten sieht.
Und doch hörte ich ihr zu.
»Sieht der Baum die Welt so wie ich? Ich kann es nicht wissen, aber er und ich teilen diese Welt«, sagte Helka.
Sie erzählte mir auf unserem Spaziergang, dass ihre Götter im kleinsten Sandkorn und in jedem Wassertropfen wohnten. Sie erzählte mir auch von Trollen und Zwergen, Eisriesen, Seeschlangen und Zauberern.
Meine Großmutter hatte mich mit Geschichten von Elfen und Drachen unterhalten, als ich klein gewesen war, von Opfern an die alten Götter und den alten Bräuchen, wie ihre Großmutter sie ihr erzählt hatte. Aber es waren nur Geschichten. Ich weiß, dass es in den Wäldern keine Riesen gibt, und ich glaube nicht an Magie oder daran, dass das Opfern von Menschenblut die Ernte besser wachsen lässt.
Aber Helka war eine solche Geschichtenerzählerin, dass ich es fast bedauerte, als wir endlich an eine Stelle kamen, wo der Sturm einige Eichenäste zu Fall gebracht hatte.
Während sie die besten nach Größe und Umfang auswählten, um sie den Weg zurückzuschleppen, den wir gekommen waren, bückte ich mich, um einen Fliegenpilz zu pflücken, der auf verrotteter Rinde wuchs.
Niemand sah es.
Ich brauchte mir nur das Boot der Nordmänner anzusehen, um zu wissen, dass sie geschickt waren. Ich fragte mich, ob einer dieser Männer den Drachenkopf an der Vorderseite des Schiffes geschnitzt hatte, mit hervorquellenden Augen und gefletschten Zähnen.
Diejenigen, die gerade neue Ruder anfertigten, erzählten sich während der Arbeit Witze.
Es wirkte vollkommen unpassend.
Am Rande des Dorfes wurde ein Feuer angezündet, und die Leichen wurden darauf gestapelt. Diese Fremden hatten keinen Respekt vor unseren Bestattungsritualen. Sie achteten jedoch auf die Windrichtung, sodass uns ein Teil des Rauchs, der Asche und des beißenden Brandgeruchs erspart blieb.
Die Nordmänner hatten Appetit, und zwar nicht nur auf Essen.
Sie ließen uns ein Festmahl im Festsaal zusammenstellen. Die überlebenden Männer stellten sie in der Scheune unter Bewachung, und die alten Frauen schickten sie zum Schlafen nach Hause. Sie wollten die Jüngeren von uns, um ihnen Bier zu servieren und eine Nacht des Feierns zu garantieren.
Helka ließ mich außer Sichtweite bleiben. Die Leiche meines Mannes war weggebracht, aber sein Blut noch nicht weggewischt worden. Ich wischte mit Lappen und hörte dabei das Getöse in der Halle und die Schreie der Frauen, als die Nordmänner Hand an sie legten. Ein Tisch war nicht nur zum Essen da, sondern auch, um darauf zu ficken.
Der Gedanke war beängstigend, aber diese Vorstellungen rührten auch etwas in mir auf. Ich wurde rot vor Scham, obwohl ich allein war und niemand mich verurteilen konnte.
Ich betastete den Pilz in meiner Tasche. Ich hätte das Ding in den Eintopf geben können, den die Nordmänner gegessen hatten. Ein Fliegenpilz enthielt genug Gift, um alle außer Gefecht zu setzen. Doch das hatte ich nicht. Ich hatte den Pilz versteckt gehalten.
Später am Abend kam er zu mir, der Nordmann Eirik, und stürmte durch meine Tür, mit dem Kopf voran.
Als er mich am Arm packte, biss ich in sein Handgelenk, aber er schwang mich so leicht über seine Schulter wie einen Fasan oder einen Hasen.
Sein Anblick erfüllte mich mit Hass, aber auch mit etwas anderem. Ein seltsamer Ruck ging durch meinen Körper, und mein Puls beschleunigte sich; Angst und Aufregung gleichermaßen.
»Komm zu uns«, erklärte er. »Trink mit uns.«
Er brachte mich nicht ins Bett, sondern in die große Halle, und hielt auf dem Weg dorthin inne, um sich zu erleichtern und in den Schlamm zu pissen. Er sang, während der Urin spritzte, ein Lied seines Volkes. Seine Schulter drückte sich unangenehm in meinen Bauch, und ich wünschte mir, er würde sich beeilen, damit er mich absetzen konnte, obwohl ich mich vor dem, was vor mir lag, fürchtete.
Als wir eintraten, gab es Beifall. Eirik führte mich vor, immer noch hoch oben auf seiner Schulter balancierend. Helka erhob sich mit einem entschuldigenden Blick, als er mich auf den Stuhl setzte, auf dem sie gesessen hatte. Es schien, dass auch ihr Einfluss seine Grenzen hatte. Sie flüsterte ihrem Bruder etwas ins Ohr, und er nickte, bevor sie ging. So viel zu ihrer Freundschaft, wenn es das sein sollte, was wir zu teilen begonnen hatten. Sie war genauso schlimm wie alle anderen.
Eirik reichte mir seinen Becher und bedeutete mir zu trinken. Ich dachte darüber nach, ihm den Inhalt ins Gesicht zu werfen, aber ich war durstig. Er sah zu, wie ich den Becher leerte, dann nahm er den Zopf meines goldenen Haares und strich daran entlang. Er löste das Tuch, mit dem das Ende befestigt war, und entwirrte die Strähnen, sodass mein Haar frei herunterhing.
»Aufstehen«, sagte Eirik. »Tanz für uns.«
Er packte meinen Ellbogen und schob, aber ich weigerte mich, mich zu bewegen. Ich war kein Minnesänger, dem man befehlen konnte, zu unterhalten. Ungeduldig griff er um meine Taille und hob mich hoch, um mich dort hinzusetzen, wo sein Teller gestanden hatte.
Ich gab ihm eine Ohrfeige: ein kräftiger Schlag auf die Wange, der wehgetan haben dürfte. Seine Männer lachten umso mehr, als sie es sahen, und trotz meiner Angst freute ich mich über meine eigene Tapferkeit. Was auch immer geschah, diesmal würde ich mich nicht einfach zurücklehnen und die Beine öffnen.
Sein Blick war einen Moment lang streng, wandelte sich dann aber in Nachsicht und Belustigung.
Er verlangte, dass sein Becher nachgefüllt wurde, und erhob ihn zu einem Toast. In seiner eigenen Sprache wandte er sich an den gesamten Raum. Die Worte bedeuteten mir nichts, aber offenbar ging es um mich, denn sie lösten einen mächtigen Chor und viel Fußgetrampel aus.